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„Ratgeber für Flüchtlinge in Thüringen“ erschienen (3/2007

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Impressum<br />

2<br />

Dieser <strong>„Ratgeber</strong> <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen“ wird zur Zeit <strong>in</strong> arabischer, deutscher, englischer,<br />

und russischer Sprache erstellt.<br />

Er ist kostenlos. Interessierte können ihn als Broschüre oder als CD-Rom (mit allen Sprachen)<br />

gegen Rückporto bestellen beim:<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gsrat Thür<strong>in</strong>gen e.V.<br />

EQUAL-Projekt „Arbeit und Bildung International“<br />

Warsbergstraße 1, 99092 Erfurt<br />

Tel: 0361/217272-0, Fax: 0361/21727-27<br />

EMail: <strong>in</strong>fo@fluechtl<strong>in</strong>gsrat-thr.de<br />

Weiterh<strong>in</strong> steht der Ratgeber kostenlos als Download unter: www.ab-<strong>in</strong>ternational.dgb-bwt.de,<br />

www.fluechtl<strong>in</strong>gsrat-thr.de zur Verfügung.<br />

Die Bankverb<strong>in</strong>dung lautet:<br />

Konto<strong>in</strong>haber: Flüchtl<strong>in</strong>gsrat Thür<strong>in</strong>gen e.V.<br />

Konto- Nr.: 19 63 70 42 00<br />

BLZ: 860 101 11<br />

Kredit<strong>in</strong>stitut: SEB Bank Leipzig<br />

Impressum<br />

Titel: <strong>„Ratgeber</strong> <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen“<br />

Hrsg.: Flüchtl<strong>in</strong>gsrat Thür<strong>in</strong>gen e.V., EQUAL-Projekt „Arbeit und Bildung International“<br />

Warsbergstraße 1, 99092 Erfurt<br />

Tel: 0361/217272-0, Fax: 0361/21727-27<br />

Mail: <strong>in</strong>fo@fluechtl<strong>in</strong>gsrat-thr.de, Mail: beratung.equal@fluechtl<strong>in</strong>gsrat-thr.de<br />

AutorInnen und Mitwirkende:<br />

Adel<strong>in</strong>o Massuvira ~ Andrea Dittrich ~ Antje-Christ<strong>in</strong> Büchner ~ Antje Fischer ~Cordula Traubel<br />

~ Daniela Hohmann ~ Ellen Könneker ~ Evelyn Kranz ~ Frank Lipschik ~ Frank Schnabel ~<br />

Georg Classen ~ Ingrid Röseler ~ Jana Weidhaase ~ Julika Bürg<strong>in</strong> ~ Kar<strong>in</strong>a Stolz ~ Manuela<br />

Wenzel ~ Marion Böttger ~ Sab<strong>in</strong>e Bern<strong>in</strong>ger ~ Sab<strong>in</strong>e Djimakong ~ Sandra Jesse ~ Silke<br />

Günther ~ Susanne Schmiedel ~ Sylvia Hörner ~ Steffen Dittes<br />

ÜbersetzerInnen: Anastasia Bundakov, Mar<strong>in</strong>a R<strong>in</strong>ck (russisch) ~ Ario Far<strong>in</strong> (englisch) ~<br />

Rustem H. Ablosch (arabisch)<br />

Druck: City Druck GmbH<br />

Dieser Ratgeber wurde mit f<strong>in</strong>anzieller Unterstützung der EQUAL-Geme<strong>in</strong>schafts<strong>in</strong>itiative<br />

erstellt.<br />

Liebe Leser<strong>in</strong>nen und Leser!<br />

Dieser Ratgeber wendet sich an <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>, die <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen<br />

leben und an all die Menschen, welche sich <strong>in</strong> der Flüchtl<strong>in</strong>gsarbeit<br />

engagieren. Koord<strong>in</strong>iert durch den Flüchtl<strong>in</strong>gsrat<br />

Thür<strong>in</strong>gen e.V. <strong>in</strong>nerhalb des EQUAL Projektes „Arbeit und<br />

Bildung International“ wurden se<strong>in</strong>e vielen verschiedenen<br />

Kapitel im Laufe des Jahres 2006 zusammen mit vielen<br />

Praktikern der Flüchtl<strong>in</strong>gsarbeit <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen und anderen<br />

Bereichen geme<strong>in</strong>sam erarbeitet. Der Ratgeber versteht sich<br />

außerdem als „nicht endgültig“, sondern wird sich hoffentlich<br />

zukünftig durch Ihre Anmerkungen, Erfahrungen und Aktualisierungen<br />

- durch Ihre praktische Mithilfe - weiterentwickeln.<br />

Mit dem Begriff des „Flüchtl<strong>in</strong>gs“ <strong>in</strong> diesem <strong>„Ratgeber</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen“ me<strong>in</strong>en wir alle Menschen, die <strong>in</strong><br />

Deutschland Schutz suchen. Sie können im Asylverfahren se<strong>in</strong><br />

(Asylsuchende), als asylberechtigt anerkannt se<strong>in</strong> (Asylberechtigte),<br />

nach § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz anerkannt se<strong>in</strong> (Konventionsflüchtl<strong>in</strong>ge),<br />

e<strong>in</strong>e andere Aufenthaltserlaubnis aus<br />

humanitären Gründen besitzen oder geduldet se<strong>in</strong>. Die jeweiligen<br />

Erklär-ungen da<strong>für</strong> f<strong>in</strong>den Sie im Kapitel 2.<br />

Sie als Flüchtl<strong>in</strong>g f<strong>in</strong>den hier sehr viele Informationen, die Sie im<br />

und nach dem Asylverfahren dabei unterstützen sollen, sich im<br />

„Dschungel” der deutschen Gesetze und Vorschriften zurechtzuf<strong>in</strong>den.<br />

Sie sollen über Ihre Rechte, Pflichten und Handlungsmöglichkeiten<br />

<strong>in</strong>formiert werden. Gleichzeitig soll die Broschüre<br />

e<strong>in</strong> Leitfaden <strong>für</strong> alle se<strong>in</strong>, die Sie unterstützen wollen oder sich<br />

über Ihre rechtliche Situation <strong>in</strong>formieren möchten.<br />

Wir haben versucht, die wichtigsten Informationen zum Asylverfahren<br />

und zu Ihren sozialen Rechten zusammenzutragen.<br />

Alle Informationen haben wir nach bestem Wissen und<br />

Gewissen zusammengestellt. Diese Informationsbroschüre<br />

kann aber nur als Orientierungshilfe verstanden werden und<br />

ersetzt ke<strong>in</strong>e professionelle Beratung. Im letzten Teil f<strong>in</strong>den Sie<br />

deswegen Adressen von Ansprechpartnern und Beratungsstellen,<br />

an die Sie sich bei Fragen oder Problemen wenden können.<br />

Da die Regelungen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Bundesländern zum Teil<br />

sehr unterschiedlich s<strong>in</strong>d, gelten manche der Informationen <strong>in</strong><br />

dieser Broschüre nur <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen. Sollten die<br />

Behörden <strong>in</strong> Ihrem Wohnort ganz anders handeln als <strong>in</strong> diesem<br />

Ratgeber beschrieben, wenden Sie sich an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle<br />

oder e<strong>in</strong>en Anwalt.<br />

Das Autorenteam<br />

Vorwort 3


Inhaltsverzeichnis<br />

4<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Impressum 2<br />

Vorwort 3<br />

1. Verwaltung <strong>in</strong> Deutschland 6<br />

1.1 Ämter und Behörden 6<br />

1.2 Gesetze und Vorschriften 6<br />

1.3 Antrag und Bescheid 7<br />

1.4 Klage und Widerspruch 8<br />

1.5 Kosten des Verfahrens bei Behörden und Gerichten 10<br />

2. Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz 11<br />

2.1 Aufenthaltsgestattung 11<br />

2.2 Aufenthaltserlaubnis 11<br />

2.3 Niederlassungserlaubnis (§ 26 AufenthG) 16<br />

2.4 Duldung (§ 60 a AufenthG) 16<br />

2.5 Grenzübertrittsbesche<strong>in</strong>igung (§ 50 AufenthG) 17<br />

2.6 Fiktionsbesche<strong>in</strong>igung (§ 81 AufenthG) 17<br />

3. Asylverfahren 17<br />

3.1 Anspruch auf Asyl 17<br />

3.2 Wo stellen Sie den Asylantrag? 18<br />

3.3 Wie stellen Sie den Asylantrag? 19<br />

3.4 Zuweisung <strong>in</strong> die Landesaufnahmestelle 20<br />

3.5 Mündliche Anhörung beim Bundesamt 21<br />

3.6 Ablauf des Asylverfahrens 25<br />

3.7 Perspektiven nach e<strong>in</strong>em negativen Asylverfahren 28<br />

3.8 Weiterwanderung und Rückkehr 29<br />

3.9 Abschiebung und „freiwillige“ Ausreise 30<br />

4. Residenzpflicht 31<br />

4.1 Räumliche Beschränkung des Aufenthaltes<br />

<strong>für</strong> Asylsuchende und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Duldung 31<br />

4.2 „Urlaubssche<strong>in</strong>e“ <strong>für</strong> Asylsuchende und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Duldung 33<br />

4.3 Wohnsitzauflage zur Aufenthaltserlaubnis 34<br />

5. Unterbr<strong>in</strong>gung und Umverteilung 35<br />

5.1 Zuweisung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft (GU) <strong>für</strong> Asylsuchende 35<br />

5.2 Umverteilung <strong>für</strong> Asylsuchende und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Duldung 35<br />

5.3 Lebenssituation <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft´ 37<br />

5.4 E<strong>in</strong>zelunterbr<strong>in</strong>gung 38<br />

5.5 Mitteilungspflicht <strong>für</strong> Asylsuchende und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Duldung 40<br />

6 Soziale Leistungen und mediz<strong>in</strong>ische Versorgung 40<br />

6.1 Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG),<br />

Arbeitslosengeld (ALG) II oder Sozialhilfe 40<br />

6.2 Grundleistungen nach § 3 AsylbLG 42<br />

Seite<br />

6.3 Kürzung der Leistungen (§ 1 a AsylbLG) 44<br />

6.4 Erhöhung der Leistungen (§ 2 AsylbLG) 46<br />

6.5 Mediz<strong>in</strong>ische Versorgung (§§ 4, 6 AsylbLG) 48<br />

6.6 Schwangerschaft und Geburt 54<br />

6.7 Sonstige Leistungen (§ 6 AsylbLG) 56<br />

6.8 Arbeitsgelegenheiten (§ 5 AsylbLG) 57<br />

6.9 E<strong>in</strong>kommen und Vermögen (§ 7 AsylbLG) 58<br />

6.10 Familienleistungen 59<br />

7. Ehe und Familie 63<br />

7.1 Eheschließung 63<br />

7.2 Aufenthaltsrecht <strong>für</strong> verheiratete <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> 66<br />

7.3 Aufenthaltsrecht nach Scheidung oder Trennung 69<br />

7.4 Lesbische und schwule Paare 70<br />

7.5 Vorwurf der “Sche<strong>in</strong>ehe” 70<br />

7.6 Eltern und K<strong>in</strong>der 71<br />

8. K<strong>in</strong>dertagesbetreuung, Schule, Hort 73<br />

8.1 K<strong>in</strong>dertagesbetreuung 73<br />

8.2 Schule 74<br />

8.3 Hort 74<br />

9 Arbeit, Studium, Ausbildung, Deutschkurse 75<br />

9.1 Arbeitsmarktzugang und Aufenthaltstitel 75<br />

9.2 Wie prüfen Ausländerbehörde und Arbeitsagentur den Antrag auf Arbeitserlaubnis? 76<br />

9.3 Ihre Rechte und Pflichten, wenn Sie arbeiten 77<br />

9.4 Selbständigkeit 80<br />

9.5 Studium 80<br />

9.6 Berufsausbildung 82<br />

9.7 Sprachkurse 85<br />

10. Weitere Informationen 86<br />

10.1 Härtefallkommission 86<br />

10.2 Petition 87<br />

10.3 Kirchenasyl 87<br />

10.4 Kontoeröffnung 88<br />

10.5 Familienpass 88<br />

11 Adressenverzeichnis Thür<strong>in</strong>gen 89<br />

11.1 Beratungsstellen und Ansprechpartner 89<br />

11.2 Protestadressen 94<br />

11.3 Vertreter der Härtefallkommission 95<br />

11.4 Ausländerbeauftragte 95<br />

11.5 Weitere Adressen 96<br />

11.6 Adressen <strong>in</strong> Deutschland 97<br />

Abkürzungsverzeichnis 99<br />

Inhaltsverzeichnis 5


Verwaltung<br />

6<br />

1.1 Ämter und<br />

Behörden<br />

1.2 Gesetze und<br />

Vorschriften<br />

1 Verwaltung <strong>in</strong> Deutschland<br />

Um sich als Flüchtl<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Deutschland zurecht zu f<strong>in</strong>den, benötigen<br />

Sie e<strong>in</strong>ige Grundkenntnisse über die Verwaltung. Dazu erhalten Sie<br />

nachfolgend die wichtigsten Informationen.<br />

In Deutschland gibt es verschiedene Ämter und Behörden. Im Asylverfahren<br />

ist das Bundesamt <strong>für</strong> Migration und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong><br />

(BAMF, kurz: Bundesamt) <strong>für</strong> Sie zuständig. Daneben gibt es noch die<br />

Ausländerbehörden.<br />

Während Ihres Aufenthalts bis zur Entscheidung über Ihren Asylantrag<br />

erhalten Sie <strong>für</strong> Ihren Lebensunterhalt Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz<br />

(AsylbLG). Da<strong>für</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen die<br />

Sozialämter zuständig. Wenn Sie krank s<strong>in</strong>d, müssen Sie sich <strong>in</strong> der<br />

Regel ebenfalls an Ihr Sozialamt wenden. Wenn Sie arbeiten wollen,<br />

benötigen Sie e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis. Da<strong>für</strong> s<strong>in</strong>d ebenfalls die Ausländerbehörden<br />

zuständig, welche mit den Arbeitsagenturen zusammen<br />

arbeiten. Das kann dazu führen, dass Sie oft zu verschiedenen Ämtern<br />

oder Behörden gehen müssen, um etwas zu erledigen.<br />

In Deutschland gibt es Gesetze und Vorschriften <strong>für</strong> die Ämter und<br />

E<strong>in</strong>richtungen. Diese legen fest, was die Mitarbeiter zu tun haben und<br />

wie sie dies zu tun haben. Denken Sie daran, dass es bei der<br />

Kommunikation von Menschen aus verschiedenen Ländern und<br />

Kulturen leicht zu Missverständnissen kommen kann, wenn man sich<br />

nicht bemüht, e<strong>in</strong>ander zu verstehen.<br />

Auf Sozialleistungen, aber auch auf Ansprüche nach dem Ausländerrecht<br />

haben Sie e<strong>in</strong>en Rechtsanspruch. Das bedeutet, dass die Sozialbehörde<br />

Ihnen die beantragte soziale Leistung gewähren muss, wenn<br />

Ihnen die Leistung nach dem Gesetz zusteht. Die Ausländer-behörde<br />

muss den beantragten Aufenthaltstitel erteilen, wenn Sie die da<strong>für</strong> im<br />

Gesetz näher geregelten Voraussetzungen erfüllen. Wenn die Behörde<br />

Ihren Antrag ablehnt, können Sie die Behördenentscheidung durch das<br />

da<strong>für</strong> zuständige Gericht überprüfen lassen!<br />

Teilweise räumen die Vorschriften der zuständigen Behörde e<strong>in</strong>en<br />

gewissen Handlungsspielraum e<strong>in</strong> (Ermessen). Das heißt, dass Sie<br />

etwas bekommen können, aber nicht bekommen müssen (zum Beispiel<br />

<strong>für</strong> Asylsuchende die Unterkunft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohnung). Dabei muss der<br />

Mitarbeiter berücksichtigen, welche Bedeutung diese Entscheidung<br />

<strong>für</strong> Sie hat oder <strong>für</strong> Ihre Familie bzw. Ihre Familienangehörigen.<br />

Gerade deshalb ist es wichtig, e<strong>in</strong>en Antrag gut und ausführlich zu<br />

begründen. Geben Sie alles an, was <strong>für</strong> Sie wichtig und von Interesse<br />

ist. Auch bei Ermessensentscheidungen s<strong>in</strong>d die Behörden an die<br />

Gesetze gebunden. Sie dürfen nicht willkürlich e<strong>in</strong>en Fall so und den<br />

anderen Fall anders entscheiden. Sie können auch Ermessensentscheidungen<br />

gerichtlich überprüfen lassen.<br />

Wenn Ihnen e<strong>in</strong> Mitarbeiter e<strong>in</strong>es Amtes etwas verweigert, liegt das<br />

vielfach am Gesetz und an den Vorschriften, nicht an se<strong>in</strong>em bösen<br />

Willen. Es kann aber auch vorkommen, dass e<strong>in</strong> Mitarbeiter Sie diskrim<strong>in</strong>iert.<br />

Es kann se<strong>in</strong>, dass er Entscheidungen verzögert, gegen die<br />

Vorschriften verstößt oder e<strong>in</strong>fach unhöflich ist. Scheuen Sie sich <strong>in</strong><br />

solchen Fällen nicht, sich auch an andere Mitarbeiter oder unmittelbar<br />

an den Vorgesetzten zu wenden. Wenn Sie der Überzeugung s<strong>in</strong>d, dass<br />

e<strong>in</strong> Mitarbeiter e<strong>in</strong>er Behörde se<strong>in</strong>e Amtspflichten verletzt hat, könnnen<br />

Sie sich im Rahmen e<strong>in</strong>er Dienstaufsichtsbeschwerde an die<br />

unmittelbare Behördenleitung oder an die Dienstaufsichtsbehörde<br />

wenden. Zögern Sie auch nicht, solche Vorfälle den Beratungsstellen<br />

zu schildern, die im Adressenteil dieser Broschüre benannt s<strong>in</strong>d.<br />

Wir führen <strong>in</strong> diesem Heft nur die wichtigsten Paragrafen (§§) und<br />

Gesetze auf. Sie können sich dann darauf berufen. Holen Sie sich möglichst<br />

immer zusätzlichen Rat bei e<strong>in</strong>er Beratungsstelle oder e<strong>in</strong>em<br />

Anwalt.<br />

Antrag<br />

Wenn Sie von e<strong>in</strong>em Amt e<strong>in</strong>e Leistung beanspruchen wollen, müssen<br />

Sie <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>en Antrag stellen, über den das Amt dann entscheidet.<br />

Stellen Sie e<strong>in</strong>en Antrag immer schriftlich. In e<strong>in</strong>em solchen<br />

Antrag müssen Sie beschreiben, was Sie wollen, also welchen Antrag<br />

Sie stellen. Sie sollten das dann gut und ausführlich begründen. Geben<br />

Sie bei der Begründung alle Argumente an, die Ihnen wichtig ersche<strong>in</strong>en.<br />

Für manche Anträge gibt es bei den Ämtern Formulare. Auch<br />

dann können Sie zusätzlich - eventuell auf e<strong>in</strong>em extra Blatt Papier -<br />

selbst formulierte Anträge und Begründungen beifügen. Vergessen Sie<br />

nie, Anträge zu unterschreiben und das Datum e<strong>in</strong>zutragen.<br />

Bevor Sie den Antrag bei der Behörde abgeben, sollten Sie sich e<strong>in</strong>e<br />

Kopie <strong>für</strong> die eigenen Unterlagen machen! Zusätzlich wäre es gut,<br />

wenn Sie sich von dem Sachbearbeiter auf der Behörde den E<strong>in</strong>gang<br />

des Orig<strong>in</strong>alantrages auf der Kopie bestätigen lassen (mit e<strong>in</strong>em<br />

Stempel).<br />

TIPP!<br />

Machen Sie immer Kopien von Anträgen, Unterlagen und Dokumenten<br />

und bewahren diese sorgfältig auf. Die Abgabe von<br />

Anträgen sollten sie sich quittieren lassen, oder die Anträge mit<br />

der Post als „E<strong>in</strong>schreiben" der Behörde zuschicken, um den<br />

Zugang beweisen zu können.<br />

Geben Sie bei der Begründung alle Argumente an, die Ihnen wichtig<br />

ersche<strong>in</strong>en. Die Entscheidung bekommen Sie meistens schriftlich<br />

zugesandt. Es ist deshalb wichtig, dass Sie Ihre Anschrift oder e<strong>in</strong>e<br />

Änderung der Anschrift allen Ämtern, mit denen Sie zu tun haben,<br />

immer mitteilen.<br />

Bescheid<br />

Der Bescheid ist e<strong>in</strong>e Antwort auf e<strong>in</strong>en Antrag und kann mündlich<br />

oder schriftlich ergehen. Oft teilen Sozialamt und Ausländerbehörde<br />

1.3 Antrag und<br />

Bescheid<br />

Verwaltung 7


Verwaltung<br />

8<br />

1.4 Widerspruch<br />

und Klage<br />

Ihnen nur mündlich mit, welche Leistungen Sie bekommen oder dass<br />

e<strong>in</strong> Antrag abgelehnt worden ist (Ablehnungsbescheid). Die<br />

Entscheidung des Amtes oder der Behörde ist deswegen nur schwer zu<br />

überprüfen. Sie sollten deshalb zu Ihrem Antrag immer e<strong>in</strong>en begründeten,<br />

schriftlichen Bescheid verlangen. Die Behörde ist dann<br />

gesetzlich verpflichtet, auf Ihren Antrag schriftlich mit e<strong>in</strong>em<br />

„Bescheid" zu antworten.<br />

Widerspruch<br />

Wenn Sie der Auffassung s<strong>in</strong>d, dass e<strong>in</strong> Bescheid nicht richtig ist,<br />

können Sie schriftlich e<strong>in</strong>en Widerspruch e<strong>in</strong>legen. Dabei müssen Sie<br />

darauf achten, dass dieser <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es bestimmten Zeitraums e<strong>in</strong>gelegt<br />

werden muss. Meistens ist dies e<strong>in</strong>e Frist von e<strong>in</strong>em Monat<br />

nachdem Sie die Entscheidung erhalten haben (im Asylrecht haben Sie<br />

aber oft nur e<strong>in</strong> oder zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides die<br />

Möglichkeit, Rechtsmittel e<strong>in</strong>zulegen!). Wie lang die Frist ist und an<br />

wen der Widerspruch zu richten ist, steht am Ende des Bescheides.<br />

Unter der Rechtsbehelfsbelehrung f<strong>in</strong>den Sie alle notwendigen<br />

Angaben.<br />

Teilt Ihnen e<strong>in</strong>e Behörde e<strong>in</strong>en Bescheid nur mündlich mit oder fehlt<br />

<strong>in</strong> dem schriftlichen Bescheid die Rechtsbehelfsbelehrung, dann haben<br />

Sie e<strong>in</strong> Jahr lang Zeit, sich gegen den Bescheid zu wehren.<br />

WICHTIG!<br />

Beachten Sie, dass die Frist ab dem Tage läuft, an dem Ihnen<br />

der Bescheid zugestellt wurde. Es kommt nicht darauf an, ob<br />

Sie ihn gelesen haben. Bewahren Sie immer den Briefumschlag<br />

auf, um nachweisen zu können, wann die Post Ihnen den<br />

Bescheid zugestellt hat. Bei e<strong>in</strong>er Zustellung als „niedergelegtes<br />

Schriftstück“ (Benachrichtigungszettel) läuft die Frist <strong>in</strong> der<br />

Regel ab dem Datum der Benachrichtigung, wenn der Briefträger<br />

zum<strong>in</strong>dest versucht hat, Sie an diesem Tag <strong>in</strong> ihrer<br />

Wohnung bzw. ihrem Wohnheimzimmer persönlich aufzusuchen.<br />

In e<strong>in</strong>em Widerspruch muss unbed<strong>in</strong>gt enthalten se<strong>in</strong>:<br />

Ihr Name/ Ihre Adresse,<br />

Name und Adresse der Behörde, an die sich der Widerspruch richtet,<br />

gegen welche Entscheidung Sie sich wehren (Datum und<br />

Aktenzeichen angeben),<br />

durch das Wort „Widerspruch“ machen Sie Ihr Anliegen deutlich,<br />

e<strong>in</strong>en Antrag und e<strong>in</strong>e Begründung (was möchten Sie gerne<br />

haben? warum ist die Entscheidung der Behörde falsch?),<br />

Datum und Unterschrift am Ende.<br />

Geben Sie diesen schriftlichen Widerspruch direkt bei Ihrem Sachbearbeiter<br />

der Behörde ab. Lassen Sie sich den E<strong>in</strong>gang auf der Kopie<br />

quittieren. Lassen Sie sich den Widerspruch ke<strong>in</strong>esfalls zurückgeben,<br />

weil er angeblich „unzulässig“ oder „sowieso zwecklos“ ist! Sie könnnen<br />

den Widerspruch auch per Post (möglichst als E<strong>in</strong>schreiben!) schicken.<br />

E<strong>in</strong> Widerspruch richtet sich meist an die Behörde, die den Bescheid<br />

ausgestellt hat. Die Behörde überprüft noch e<strong>in</strong>mal ihre Entscheidung.<br />

Die Behörde muss Ihnen nach spätestens drei Monaten e<strong>in</strong>e schriftliche<br />

Antwort schicken. Anderenfalls können Sie sich an e<strong>in</strong> Gericht<br />

wenden (Untätigkeitsklage).<br />

ACHTUNG!<br />

Gegen die Ablehnung des Asylantrags, e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis<br />

oder Duldung ist <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong> Widerspruch zulässig. Sie<br />

müssen sich dann sofort (möglichst mit Hilfe e<strong>in</strong>es Anwalts) mit<br />

Klage und Eilantrag an das zuständige Gericht wenden!<br />

Klage<br />

Wenn Ihr Widerspruch abgelehnt wird, können Sie e<strong>in</strong>e Klage bei<br />

Gericht e<strong>in</strong>reichen. Dieses überprüft die Entscheidung der Behörde<br />

erneut. Für Entscheidungen zu Ihren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz<br />

(AsylbLG), zur Sozialhilfe und zum Arbeitslosengeld<br />

(ALG) II s<strong>in</strong>d die Sozialgerichte zuständig. Für Verfahren,<br />

die das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) oder das Asylverfahrensgesetz<br />

(AsylVfG) betreffen, s<strong>in</strong>d die Verwaltungsgerichte zuständig. Welches<br />

Gericht es ist und wo es ist, f<strong>in</strong>den Sie wieder <strong>in</strong> der Rechtsbehelfsbelehrung<br />

des letzten Bescheides.<br />

Die Verfahren vor den Gerichten dauern <strong>in</strong> der Regel sehr lange.<br />

Deshalb gibt es <strong>in</strong> bestimmten Fällen, wenn e<strong>in</strong>e rasche Entscheidung<br />

sehr dr<strong>in</strong>gend und notwendig ist, auch Eilverfahren, die schnell gehen<br />

können. Lassen Sie sich dazu von e<strong>in</strong>er Beratungsstelle oder e<strong>in</strong>em<br />

Anwalt beraten.<br />

E<strong>in</strong> Eilantrag bei Gericht ist immer dann möglich, wenn Sie e<strong>in</strong>en<br />

dr<strong>in</strong>genden, unabweisbaren Bedarf haben und die Sozialbehörde trotz<br />

Ihres Antrags tatsächlich nicht oder nur unzureichend Leistungen<br />

gewährt. E<strong>in</strong> Eilantrag ist auch dann möglich, wenn Ihnen akut später<br />

nicht wieder gut zu machende Nachteile drohen (zum Beispiel drohende<br />

Abschiebung). E<strong>in</strong> schriftlicher Bescheid oder e<strong>in</strong>e Ablehnung<br />

Ihres Antrags durch die Behörde ist <strong>für</strong> das Eilverfahren nicht erforderlich.<br />

Wenn Sie aber e<strong>in</strong>e Ablehnung bekommen, müssen Sie zusätzlich<br />

zum Eilantrag immer auch gegen den Bescheid Widerspruch oder<br />

Klage e<strong>in</strong>legen.<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong>en Antrag gestellt oder e<strong>in</strong>en Widerspruch e<strong>in</strong>gelegt<br />

haben und die Behörde Ihnen <strong>in</strong>nerhalb von drei Monaten nicht antwortet,<br />

können Sie e<strong>in</strong>e Entscheidung durch Klage vor e<strong>in</strong>em Gericht<br />

erzw<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>e so genannte Untätigkeitsklage. Lassen Sie sich hierzu<br />

von e<strong>in</strong>em Anwalt beraten.<br />

Verwaltung 9


Verwaltung<br />

10<br />

1.5 Kosten des<br />

Verfahrens bei<br />

Behörden und<br />

Gerichten<br />

Es ist oft nicht e<strong>in</strong>fach zu sagen, ob und wie Sie sich gegen e<strong>in</strong>e<br />

Entscheidung wehren können. Wenn Sie sich nicht sicher s<strong>in</strong>d, sollten<br />

Sie sich rechtlichen Rat e<strong>in</strong>holen. Adressen f<strong>in</strong>den Sie h<strong>in</strong>ten <strong>in</strong> diesem<br />

Heft.<br />

Für e<strong>in</strong>e rechtliche Beratung s<strong>in</strong>d aber besonders auch (Rechts-)<br />

Anwälte zuständig. Diese verlangen <strong>für</strong> ihre Arbeit aber Geld. Sie<br />

sollten mit diesen zuvor immer klären, was es kostet und wann Sie das<br />

bezahlen können. Eventuell sollten Sie vere<strong>in</strong>baren, feste monatliche<br />

Raten zu zahlen (Ratenzahlung). Wenn Sie von Sozialleistungen<br />

leben, kann der Anwalt <strong>für</strong> Sie Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe<br />

beantragen (siehe unten). Bei Gerichtsverfahren gilt, dass Sie alle<br />

Kosten <strong>für</strong> Ihren Anwalt erstattet bekommen, wenn Sie durch das<br />

Gericht vollständig Recht erhalten.<br />

Für die Bearbeitung von Anträgen und das Widerspruchsverfahren<br />

dürfen die Behörden von Ihnen <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong>e Verwaltungsgebühren<br />

erheben. Das gilt <strong>in</strong>sbesondere <strong>für</strong> Anträge auf und Widersprüche<br />

wegen Sozialleistungen. Sollte die Behörde dennoch von Ihnen Gebühren<br />

verlangen, wenden Sie sich im Zweifel an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle<br />

oder e<strong>in</strong>e Anwalt.<br />

Von Gebühren <strong>für</strong> die Erteilung e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis oder<br />

Duldung s<strong>in</strong>d Sie dann befreit, wenn Sie von Sozialhilfe, ALG II oder<br />

Leistungen nach AsylbLG leben.<br />

Das Verfahren vor Behörden und Gerichten <strong>in</strong> Angelegenheiten des<br />

Asylrechts ist generell gebührenfrei. Dies gilt auch <strong>für</strong> Verfahren h<strong>in</strong>sichtlich<br />

Ihrer Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft. Auch<br />

Verfahren vor den Sozialgerichten s<strong>in</strong>d gebührenfrei. Allerd<strong>in</strong>gs könnnen<br />

Ihnen Kosten entstehen, wenn Sie e<strong>in</strong>en Anwalt h<strong>in</strong>zuziehen<br />

(siehe oben).<br />

Für Verfahren <strong>in</strong> Fragen des Aufenthaltsgesetzes können Ihnen<br />

Gerichtkosten entstehen. So lange Sie von Sozial(hilfe)leistungen<br />

leben, können Sie aber bei der Justizkasse e<strong>in</strong>e Stundung der Kosten<br />

beantragen, das heißt Sie müssen jedenfalls so lange nichts bezahlen,<br />

wie Sie über ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kommen verfügen, das höher als das Ihnen zustehende<br />

Arbeitslosengeld II ist.<br />

Wenn Sie vor Gericht gehen, können Sie da<strong>für</strong> Prozesskostenhilfe<br />

beantragen. Unter bestimmten Voraussetzungen übernimmt dann der<br />

Staat die Kosten. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Prozesskostenhilfe ausgeschlossen,<br />

wenn das Verfahren nicht h<strong>in</strong>reichend Aussicht auf Erfolg bietet. Dies<br />

lässt sich zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es Verfahrens meist noch nicht absehen, weshalb<br />

der Anwalt von Ihnen <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>en Vorschuss – gegebenenfalls<br />

Ratenzahlung - verlangen muss. Lassen Sie sich hierzu von<br />

Ihrem Anwalt beraten, und nehmen Sie alle E<strong>in</strong>kommensnachweise<br />

(Bescheid des Sozialamts, Lohnabrechung usw.) mit.<br />

2. Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz<br />

Um sich legal <strong>in</strong> Deutschland aufzuhalten, benötigen Sie grundsätzlich<br />

e<strong>in</strong>e Genehmigung. Die Grundlage hier<strong>für</strong> ist das Aufenthaltsgesetz<br />

(AufenthG), das seit dem 1. Januar 2005 gilt. Es gibt drei Aufenthaltstitel:<br />

Das Visum (<strong>für</strong> e<strong>in</strong>en kurzfristigen Aufenthalt, E<strong>in</strong>reise, Durchreise),<br />

die Aufenthaltserlaubnis (<strong>für</strong> e<strong>in</strong>en bestimmten Zweck, grundsätzlich<br />

befristet),<br />

die Niederlassungserlaubnis (grundsätzlich unbefristet).<br />

E<strong>in</strong> Aufenthaltstitel wird nur auf Antrag erteilt. Dieser Antrag muss<br />

unverzüglich nach der E<strong>in</strong>reise oder <strong>in</strong>nerhalb bestimmter Fristen<br />

gestellt werden (§ 81 AufenthG).<br />

Daneben gibt es noch andere Möglichkeiten des legalen Aufenthaltes,<br />

wie zum Beispiel die Aufenthaltsgestattung, die Fiktionsbesche<strong>in</strong>igung,<br />

die Duldung und die Grenzübertrittsbesche<strong>in</strong>igung. Nachfolgend<br />

erklären wir Ihnen die wichtigsten Formen.<br />

Wenn Sie Asyl beantragt haben, wird Ihnen zur Durchführung des<br />

Asylverfahrens der Aufenthalt <strong>in</strong> Deutschland gestattet. Sie erhalten<br />

e<strong>in</strong>e Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylVfG), auf der Ihre Daten und e<strong>in</strong><br />

Foto abgebildet s<strong>in</strong>d. Die Aufenthaltsgestattung wird <strong>für</strong> maximal<br />

sechs Monate erteilt und verlängert. Sie erlischt, wenn Ihr Asylverfahren<br />

unanfechtbar abgelehnt worden ist bzw. wenn Sie humanitären<br />

Schutz erhalten.<br />

E<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis ist befristet und wird <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en bestimmten<br />

Aufenthaltszweck erteilt. Der Aufenthaltszweck wird als Gesetzesparagraf<br />

<strong>in</strong> den Aufkleber e<strong>in</strong>getragen, der den Aufenthaltstitel enthält<br />

und <strong>in</strong> den Pass oder Ausweisersatz geklebt wird. Die Aufenthaltserlaubnis<br />

wird <strong>in</strong> der Regel verlängert, wenn der Aufenthaltszweck<br />

weiterh<strong>in</strong> besteht. Neben den Verlängerungsmöglichkeiten hängen<br />

auch weitere Rechte vom Aufenthaltszweck ab, zum Beispiel der<br />

Anspruch auf soziale Leistungen. Es ist daher wichtig zu prüfen, ob<br />

die Behörde den richtigen „Zweck“ beziehungsweise Gesetzesparagraf<br />

<strong>in</strong> den Aufenthaltstitel e<strong>in</strong>getragen hat.<br />

Die folgenden Aufenthaltserlaubnisse können aus völkerrechtlichen,<br />

humanitären oder politischen Gründen erteilt werden. Wir nennen hier<br />

die <strong>für</strong> Sie wichtigsten:<br />

§ §<br />

2.1 Aufenthaltsgestattung<br />

2.2 Aufenthaltserlaubnis<br />

Aufenthaltstitel<br />

11


Aufenthaltstitel<br />

12<br />

§ 23a AufenthG regelt den Aufenthalt aufgrund e<strong>in</strong>er Empfehlung<br />

der Härtefallkommission des jeweiligen Bundeslandes.<br />

§ 23 Abs. 1 AufenthG ermöglicht Entscheidungen der deutschen<br />

Innenm<strong>in</strong>ister <strong>für</strong> e<strong>in</strong> vorübergehendes oder dauerhaftes Bleiberecht<br />

aus humanitären oder politischen Gründen <strong>für</strong> bestimmte<br />

Gruppen von Ausländern, zum Beispiel aufgrund e<strong>in</strong>er von der<br />

Innenm<strong>in</strong>isterkonferenz beschlossenen „Bleiberechtsregelung".<br />

§ 25 Abs. 1 AufenthG (Anerkennung als Asylberechtigter nach<br />

Art. 16 a Grundgesetz).<br />

§ 25 Abs. 2 AufenthG (Anerkennung als Flüchtl<strong>in</strong>g nach der<br />

Genfer Flüchtl<strong>in</strong>gskonvention).<br />

§ 25 Abs. 3 AufenthG (Anerkennung e<strong>in</strong>es menschenrechtlichen<br />

Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG;<br />

Gefahr <strong>für</strong> Leib, Leben oder Freiheit).<br />

§ 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG (vorübergehender Aufenthalt wegen<br />

dr<strong>in</strong>gender humanitärer Gründe; zum Beispiel Abschluss e<strong>in</strong>es<br />

Schuljahres oder e<strong>in</strong>er Ausbildung).<br />

§ 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG (dauerhafter Aufenthalt wegen humanitärer<br />

Gründe im Falle e<strong>in</strong>er außergewöhnlichen Härte).<br />

§ 25 Abs. 5 (dauerhafte rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit<br />

der Rückkehr; ohne dass der Ausländer die Gründe da<strong>für</strong> zu vertreten<br />

hat).<br />

Für die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1, 2 und 3 AufenthG darf<br />

von Ihnen nicht verlangt werden, dass Sie mit e<strong>in</strong>em entsprechenden<br />

Visum e<strong>in</strong>gereist s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>en Pass besitzen oder Ihren Lebensunterhalt<br />

ohne Sozialleistungen sichern können. Für die Aufenthaltserlaubnis<br />

nach § 23 Abs. 1, § 25 Abs. 4 und 5 oder § 23a AufenthG kann die<br />

Behörde von diesen Voraussetzungen absehen (Ermessen).<br />

Weitere Gründe <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Aufenthaltstitel s<strong>in</strong>d unter anderem e<strong>in</strong><br />

Studium <strong>in</strong> Deutschland (§§ 16, 17 AufenthG; e<strong>in</strong> F<strong>in</strong>anzierungsnachweis<br />

wird gefordert; e<strong>in</strong> Wechsel von der Aufenthaltsgestattung oder<br />

Duldung <strong>in</strong> diesen Aufenthaltstitel ist <strong>in</strong> der Regel nicht möglich), das<br />

Zusammenleben mit e<strong>in</strong>em deutschen K<strong>in</strong>d oder Ehepartner oder die<br />

aktive Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts <strong>für</strong> e<strong>in</strong> beim<br />

anderen Partner lebendes deutsches K<strong>in</strong>d (§ 28 AufenthG: „Familiennachzug<br />

zu Deutschen“) oder das Zusammenleben mit e<strong>in</strong>em ausländischen<br />

Ehepartner (§ 29 AufenthG: „Familiennachzug zu Ausländern“).<br />

Es darf grundsätzlich ke<strong>in</strong> Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn e<strong>in</strong><br />

begründeter Verdacht des Terrorismus besteht oder e<strong>in</strong>e vergleichbar<br />

schwer wiegende Gefährdung der Sicherheit <strong>in</strong> Deutschland. Auch<br />

„gewöhnliche“ Straftaten <strong>in</strong> erheblichem Umfang können der<br />

Erteilung e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen.<br />

Anerkennung als Asylberechtigter (§ 25 Abs. 1 AufenthG)<br />

Sie erhalten von der Ausländerbehörde e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach<br />

§ 25 Abs. 1 AufenthG, wenn Sie als Asylberechtigter vom Bundesamt<br />

<strong>für</strong> Migration und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> oder e<strong>in</strong>em Verwaltungsgericht nach<br />

Art. 16 a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG, deutsche Verfassung) anerkannt<br />

worden s<strong>in</strong>d. Diese Aufenthaltserlaubnis kann <strong>für</strong> bis zu drei<br />

Jahren erteilt und anschließend als Niederlassungserlaubnis unbefristet<br />

verlängert werden (siehe auch Kapitel 3.1).<br />

Anerkennung als Flüchtl<strong>in</strong>g nach der Genfer Flüchtl<strong>in</strong>gskonvention<br />

(§ 25 Abs. 2 AufenthG)<br />

Wenn das Bundesamt oder e<strong>in</strong> Verwaltungsgericht Ihnen e<strong>in</strong>en<br />

Abschiebungsschutz nach § 60 Abs.1 AufenthG zuerkannt hat, erhalten<br />

Sie den Flüchtl<strong>in</strong>gsstatus nach der Genfer Flüchtl<strong>in</strong>gskonvention.<br />

Die Ausländerbehörde erteilt Ihnen dann e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Diese Aufenthaltserlaubnis kann <strong>für</strong> bis zu<br />

drei Jahre erteilt und anschließend als Niederlassungserlaubnis unbefristet<br />

verlängert werden.<br />

Besonderheit: Die Verfolgung kann vom Staat, von Parteien oder<br />

Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staates<br />

beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen.<br />

Entscheidend ist, ob Sie <strong>in</strong> Ihrem Herkunftsland Schutz vor politischer<br />

Verfolgung f<strong>in</strong>den konnten oder nicht (siehe Kapitel 3.1).<br />

Aussetzung der Abschiebung (§ 25 Abs. 3 AufenthG)<br />

Wenn Sie zwar nicht als Flüchtl<strong>in</strong>g anerkannt werden, aber Ihre<br />

Abschiebung aufgrund anderer menschenrechtlicher Vorschriften verboten<br />

ist, soll die Ausländerbehörde Ihnen e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilen.<br />

Abschiebungsverbote bestehen bei:<br />

konkreter Gefahr der Folter (§ 60 Abs. 2 AufenthG),<br />

Gefahr der Todesstrafe (§ 60 Abs. 3 AufenthG),<br />

Verletzung von Rechten aus der Europäischen Konvention zum<br />

Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) (§ 60<br />

Abs. 5 AufenthG), zum Beispiel unmenschliche oder erniedrigende<br />

Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder Schutz der Familie<br />

und des Privatlebens (Art. 8 EMRK),<br />

erheblicher konkreter Gefahr <strong>für</strong> Leib, Leben oder Freiheit (§ 60<br />

Abs. 7 AufenthG), zum Beispiel e<strong>in</strong>e schwere Krankheit, die nicht<br />

<strong>in</strong> Ihrem Herkunftsland behandelt werden kann.<br />

Die Aufenthaltserlaubnis darf Ihnen nicht erteilt werden, wenn Ihnen<br />

zum Beispiel die Ausreise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en anderen Staat möglich und zumutbar<br />

ist, was aber nur dann der Fall ist, wenn Sie dort auch e<strong>in</strong> gesichertes<br />

Aufenthaltsrecht erhalten könnten, weil etwa Ihr Ehepartner<br />

Staatsbürger dieses Landes ist und dort lebt. Die Aufenthaltserlaubnis<br />

Aufenthaltstitel<br />

13


Aufenthaltstitel<br />

14<br />

kann <strong>für</strong> bis zu drei Jahre erteilt und verlängert werden, wenn die<br />

Gründe <strong>für</strong> die Erteilung weiterh<strong>in</strong> bestehen.<br />

Vorübergehender Aufenthalt (§ 25 Abs. 4 AufenthG)<br />

Die Ausländerbehörde kann Ihnen e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en<br />

vorübergehenden Aufenthalt <strong>in</strong> Deutschland nach § 25 Abs. 4 Satz 1<br />

AufenthG erteilen, wenn es da<strong>für</strong> dr<strong>in</strong>gende humanitäre oder persönliche<br />

Gründe gibt oder erhebliche öffentliche Interessen die Anwesenheit<br />

vorübergehend erfordern.<br />

Die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis liegt im Ermessen der<br />

Ausländerbehörde. Gründe <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en vorübergehenden Aufenthalt<br />

können zum Beispiel se<strong>in</strong>:<br />

der Abschluss e<strong>in</strong>er Schul- oder Berufsausbildung,<br />

die Notwendigkeit, als Zeuge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gerichts- oder Verwaltungsverfahren<br />

auszusagen,<br />

die Fortführung e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> absehbarer Zeit heilbaren ärztlichen oder<br />

therapeutischen Behandlung e<strong>in</strong>er schwereren Krankheit,<br />

die vorübergehende Betreuung e<strong>in</strong>es schwer erkrankten Familienangehörigen<br />

usw.<br />

Im § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ist geregelt, dass aufgrund besonderer<br />

Umstände e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis, die bereits vorhanden war, <strong>für</strong><br />

e<strong>in</strong>en vorübergehenden oder auch dauerhaften Aufenthalt verlängert<br />

werden kann, wenn das Verlassen der Bundesrepublik e<strong>in</strong>e außergewöhnliche<br />

Härte bedeuten würde. Dies muss <strong>für</strong> die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Situation sehr genau dargestellt werden können. E<strong>in</strong>e vor dem<br />

1.1.2005 aus humanitären Gründen erteilte Aufenthaltsbefugnis nach<br />

§ 30 Abs. 3 oder 4 Ausländergesetz muss <strong>in</strong> vielen Fällen auf<br />

Grundlage des § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG verlängert werden.<br />

Alle Aufenthaltserlaubnisse können nach der Härteregelung des § 25<br />

Abs. 4 Satz 2 AufenthG verlängert werden. Die zuvor bestehende<br />

Aufenthaltserlaubnis kann also auch aus anderen Gründen als nach §<br />

25 Abs. 4 erteilt worden se<strong>in</strong>.<br />

Unmöglichkeit der Ausreise (§ 25 Abs. 5 AufenthG)<br />

Sie können e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG<br />

erhalten, wenn Ihre - freiwillige oder unfreiwillige - Ausreise aus<br />

rechtlichen oder tatsächlichen Gründen <strong>in</strong> absehbarer Zeit nicht<br />

möglich ist. Die Ausländerbehörde soll Ihnen diese Aufenthaltserlaubnis<br />

erteilen, wenn Sie bereits seit 18 Monaten e<strong>in</strong>e Duldung haben.<br />

Rechtliche oder tatsächliche (technische) Gründe können zum Beispiel<br />

se<strong>in</strong>, wenn:<br />

Sie wegen Krankheit nicht reisefähig s<strong>in</strong>d,<br />

Sie ke<strong>in</strong>e Reisedokumente haben,<br />

es ke<strong>in</strong>e Verkehrsverb<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> Ihr Heimatland gibt,<br />

Ihre familiären oder anderen nach dem Grundgesetz schützenswerten<br />

persönlichen Beziehungen durch die Ausreise abbrechen<br />

würden (zum Beispiel wenn Ihr Ehepartner oder Ihr K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />

Aufenthaltsrecht nach § 25 Abs. 3 AufenthG hat, oder Sie e<strong>in</strong><br />

Umgangsrecht mit e<strong>in</strong>em dauerhaft <strong>in</strong> Deutschland lebenden K<strong>in</strong>d<br />

haben),<br />

die Ausreise <strong>für</strong> Sie unzumutbar ist (zum Beispiel wenn Sie schon<br />

seit sehr langer Zeit <strong>in</strong> Deutschland leben, Sie hier sozial <strong>in</strong>tegriert<br />

s<strong>in</strong>d, Ihre K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Deutschland geboren wurden und ke<strong>in</strong>en<br />

Bezug zu Ihrem Herkunftsstaat haben),<br />

Sie zum Beispiel wegen schwerer Straftaten e<strong>in</strong>en Bescheid über<br />

e<strong>in</strong>e „Ausweisung“ erhalten haben, Sie aber dennoch aus menschenrechtlichen<br />

Gründen nicht abgeschoben werden dürfen.<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG<br />

ist, dass Sie nicht selbst daran Schuld s<strong>in</strong>d, dass Ihre Ausreise unmöglich<br />

ist. E<strong>in</strong> eigenes Verschulden liegt vor, wenn Sie zum Beispiel:<br />

falsche Angaben über Ihre Person, Ihre Identität oder Staatsangehörigkeit<br />

machen,<br />

zumutbaren Aufforderungen nicht nachkommen, um das Ausreiseh<strong>in</strong>dernis<br />

zu beseitigen (zum Beispiel wenn Sie nicht zur<br />

Botschaft gehen, um Ihren Pass zu beantragen).<br />

In diesen Fällen darf die Ausländerbehörde nur e<strong>in</strong>e Duldung nach §<br />

60 a AufenthG erteilen.<br />

Sie bekommen die Aufenthaltserlaubnis zunächst <strong>für</strong> sechs Monate.<br />

Diese kann dann zwei Mal <strong>für</strong> jeweils maximal sechs Monate verlängert<br />

werden. Danach können Sie e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis <strong>für</strong> bis zu<br />

drei Jahren erhalten, wenn die Ausreise weiterh<strong>in</strong> unmöglich ist.<br />

Härtefälle (§ 23 a AufenthG)<br />

In besonderen Härtefällen kann das Thür<strong>in</strong>ger Innenm<strong>in</strong>isterium auch<br />

abweichend von den bisher genannten gesetzlichen Regelungen e<strong>in</strong>e<br />

Aufenthaltserlaubnis nach § 23 a AufenthG erteilen. Voraussetzung<br />

hier<strong>für</strong> ist, dass die Thür<strong>in</strong>ger Härtefallkommission e<strong>in</strong> positives<br />

Votum zu Ihrem Fall abgibt und um die Erteilung e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis<br />

ersucht. Auf diese Aufenthaltserlaubnis besteht - anders als<br />

<strong>in</strong> den anderen Fällen - ke<strong>in</strong> vor Gericht e<strong>in</strong>klagbarer Rechtsanspruch.<br />

Genauere Informationen hierzu f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> dem Kapitel „Härtefallkommission“<br />

<strong>in</strong> dieser Broschüre.<br />

Aufenthaltstitel<br />

15


Aufenthaltstitel<br />

16<br />

2.3<br />

Niederlassungserlaubnis<br />

(§ 26 AufenthG)<br />

2.4 Duldung<br />

(§ 60 a AufenthG)<br />

Die Niederlassungserlaubnis ist e<strong>in</strong> unbefristet gültiger Aufenthaltstitel.<br />

Sie kann beantragt werden von:<br />

Asylberechtigten und Konventionsflüchtl<strong>in</strong>gen, die seit drei<br />

Jahren e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG<br />

besitzen. In diesem Fall müssen ke<strong>in</strong>e weiteren Voraussetzungen<br />

(Sprachkenntnisse, Arbeitse<strong>in</strong>kommen, Deutschkenntnisse<br />

usw.) erfüllt werden. Allerd<strong>in</strong>gs prüft das Bundesamt, ob e<strong>in</strong><br />

Widerruf der Flüchtl<strong>in</strong>gsanerkennung <strong>in</strong> Frage kommt;<br />

Ausländern, die e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach § 23, § 23a oder §<br />

25 Abs. 3 - 5 AufenthG besitzen, nach 7 Jahren Besitzes e<strong>in</strong>er<br />

Aufenthaltserlaubnis. Zeiten e<strong>in</strong>er Duldung oder Aufenthaltsbefugnis<br />

vor dem 01.01.2005 und die Zeit des Asylverfahrens,<br />

welches der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangen ist,<br />

werden auf diese Frist angerechnet. Sie müssen ausreichend eigenes<br />

E<strong>in</strong>kommen <strong>für</strong> sich und Ihre Familie (m<strong>in</strong>destens <strong>in</strong> Höhe der<br />

Sozialhilfe bzw. des Arbeitslosengeldes II) und e<strong>in</strong>e Wohnung<br />

nachweisen. Wenn Sie vor dem 1.1.2005 noch ke<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

oder -befugnis hatten, müssen Sie zudem 60 Monate<br />

Rentenversicherungsbeiträge sowie ausreichende (schriftliche)<br />

Deutschkenntnisse nachweisen. Für schwer Kranke und Beh<strong>in</strong>derte<br />

s<strong>in</strong>d Ausnahmen vom Nachweis des E<strong>in</strong>kommens und der<br />

Deutschkenntnisse möglich. Im Alter unter 18 Jahren e<strong>in</strong>gereiste,<br />

<strong>in</strong>zwischen volljährig gewordene <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ausbildung<br />

müssen <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong> eigenes E<strong>in</strong>kommen und ke<strong>in</strong>e<br />

Rentenversicherungsbeiträge nachweisen, und <strong>für</strong> sie reicht e<strong>in</strong>e<br />

Aufenthaltsdauer von 5 Jahren (§ 26 Abs. 4 Satz 4 <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit § 35 AufenthG).<br />

Andere Ausländer können die Niederlassungserlaubnis <strong>in</strong> der<br />

Regel erhalten, wenn sie fünf Jahre lang e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

besaßen, ausreichend E<strong>in</strong>kommen, e<strong>in</strong>e Wohnung und 60 Monate<br />

Rentenversicherungsbeiträge nachweisen (§ 9 AufenthG). Ehepartner<br />

Deutscher können die Niederlassungserlaubnis bereits<br />

nach drei Jahren erhalten, wenn die eheliche Lebensgeme<strong>in</strong>schaft<br />

fortbesteht und sie ausreichend E<strong>in</strong>kommen nachweisen (§ 28<br />

AufenthG).<br />

Die Duldung bedeutet e<strong>in</strong>e vorübergehende Aussetzung der<br />

Abschiebung (§ 60 a AufenthG). Sie haben also ke<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis,<br />

können aber auch nicht abgeschoben werden (zum Beispiel<br />

weil Ihre Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen<br />

nicht möglich ist). E<strong>in</strong>e Abschiebung ist zum Beispiel nicht möglich,<br />

wenn:<br />

Sie ke<strong>in</strong>e Reisedokumente haben,<br />

Sie wegen Krankheit nicht reisefähig s<strong>in</strong>d,<br />

es ke<strong>in</strong>e Verkehrsverb<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> Ihr Heimatland gibt,<br />

Sie aus e<strong>in</strong>em bestimmten Staat kommen bzw. zu e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Ausländergruppe gehören, <strong>für</strong> die das Innenm<strong>in</strong>isterium e<strong>in</strong>en<br />

Abschiebungsstopp angeordnet hat oder <strong>für</strong> die die zuständige<br />

Behörde aus anderen Gründen derzeit von Abschiebungen absieht<br />

(„<strong>in</strong>offizieller Abschiebungsstopp“).<br />

Sie s<strong>in</strong>d jedoch weiterh<strong>in</strong> verpflichtet auszureisen. Die Duldung wird<br />

von Ausländerbehörden <strong>in</strong> der Regel längstens <strong>für</strong> sechs Monate erteilt<br />

und verlängert. Das Gesetz gibt jedoch ke<strong>in</strong>e Obergrenze vor. Wenn<br />

die Ausländerbehörde die Duldung nicht verlängert, wird nach ihrem<br />

Erlöschen die Abschiebung e<strong>in</strong>geleitet. Die Duldung kann auch widerrufen<br />

werden, wenn die Gründe weggefallen s<strong>in</strong>d, die der Abschiebung<br />

entgegenstehen. Ist Ihr Aufenthalt über e<strong>in</strong>en Zeitraum von mehr<br />

als e<strong>in</strong>em Jahr geduldet worden, müssen Abschiebungsmaßnahmen<br />

e<strong>in</strong>en Monat vorher angekündigt werden.<br />

Die Grenzübertrittsbesche<strong>in</strong>igung ist ke<strong>in</strong> Aufenthaltstitel und auch<br />

ke<strong>in</strong>e Duldung. Sie besche<strong>in</strong>igt Ihre Ausreisepflicht (§ 50 AufenthG).<br />

Sie dient dazu, die tatsächliche Ausreise an der Grenze nachzuweisen,<br />

<strong>in</strong> dem man die Besche<strong>in</strong>igung dort abgibt. Wenn Sie e<strong>in</strong>e Grenzübertrittsbesche<strong>in</strong>igung<br />

erhalten, steht die Aufenthaltsbeendigung folglich<br />

kurz bevor. Der Anspruch auf Leistungen nach AsylbLG besteht aber<br />

weiterh<strong>in</strong>.<br />

Die Fiktionsbesche<strong>in</strong>igung bestätigt die Beantragung e<strong>in</strong>es Aufenthaltstitels<br />

und wird bis zur endgültigen Entscheidung der Ausländerbehörde<br />

ausgestellt. Wenn Sie bereits e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis besaßen,<br />

und die Verlängerung rechtzeitig beantragt haben, wird mit der<br />

Fiktionsbesche<strong>in</strong>igung besche<strong>in</strong>igt, dass die bisherige Aufenthaltserlaubnis<br />

mit allen zugehörigen Rechten (zum Beispiel Arbeitserlaubnis,<br />

Recht auf Sozialleistungen) <strong>für</strong> die Geltungsdauer der Fiktionsbesche<strong>in</strong>igung<br />

weiter gilt (§ 81 Abs. 4 AufenthG). Wenn Sie erstmals<br />

e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis beantragen, gilt der mit der Fiktionsbesche<strong>in</strong>igung<br />

bestätigte Aufenthalt entweder als erlaubt oder als geduldet (§<br />

81 Abs. 3 AufenthG).<br />

3. Asylverfahren<br />

Sie können <strong>in</strong> Deutschland Asyl erhalten, wenn:<br />

Ihr Leben oder Ihre Freiheit <strong>in</strong> Ihrem Herkunftsland bedroht ist,<br />

weil Sie zu e<strong>in</strong>er bestimmten sozialen Gruppe gehören, zum Beispiel<br />

wegen Ihrer ethnischen Zugehörigkeit ("Rasse"), Religion,<br />

Nationalität oder weil Sie e<strong>in</strong>er solchen Gruppe irrtümlich zugerechnet<br />

werden, oder<br />

Ihr Leben oder Ihre Freiheit <strong>in</strong> Ihrem Herkunftsland wegen Ihrer<br />

politischer Überzeugung usw.) bedroht ist, oder<br />

2.5<br />

Grenzübertrittsbesche<strong>in</strong>igung<br />

(§ 50 AufenthG)<br />

2.6 Fiktionsbesche<strong>in</strong>igung<br />

(§ 81 AufenthG)<br />

3.1 Anspruch<br />

auf Asyl<br />

Asylverfahren<br />

17


Asylverfahren<br />

18<br />

3.2 Wo stellen Sie<br />

den Asylantrag?<br />

Ihr Leben oder Ihre Freiheit <strong>in</strong> Ihrem Herkunftsland alle<strong>in</strong> wegen<br />

ihres Geschlechts (als Frau) oder wegen Ihrer sexuellen Orientierung<br />

(Homosexualität) bedroht ist, und<br />

e<strong>in</strong>e erhebliche Gefahr <strong>für</strong> Ihren Leib (Ihre körperliche Unversehrtheit),<br />

Ihr Leben oder Ihre Freiheit besteht, und<br />

die Gefahr von e<strong>in</strong>em Staat ausgeht oder von ihm toleriert wird<br />

oder von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht und es ke<strong>in</strong>en Schutz<br />

<strong>für</strong> Sie im Herkunftsland gab, und<br />

die Gefahr, dass Ihnen Verfolgung droht, mit großer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

besteht, und<br />

e<strong>in</strong> direkter Zusammenhang zwischen Ihrer Flucht und der Verfolgung<br />

besteht, und<br />

Sie <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Teil Ihres Herkunftslandes vor Verfolgung geschützt<br />

s<strong>in</strong>d oder zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise waren (<strong>in</strong>ländische Fluchtalternative),<br />

und<br />

Sie nicht die Staatsangehörigkeit e<strong>in</strong>es Landes besitzen, <strong>in</strong> dem Sie<br />

nicht verfolgt werden.<br />

Asyl nach dem Art. 16 a GG können Sie nur dann beanspruchen,<br />

wenn Sie nicht aus e<strong>in</strong>em Staat, <strong>in</strong> dem Sie bereits <strong>in</strong> Sicherheit gewesen<br />

s<strong>in</strong>d, nach Deutschland e<strong>in</strong>gereist se<strong>in</strong>. Diese Staaten werden<br />

Sichere Drittstaaten genannt. Zu ihnen gehören auch alle Länder der<br />

Europäi-schen Union. Sie müssen Ihren Reiseweg nachweisen könnnen,<br />

zum Beispiel mit e<strong>in</strong>em Flugticket.<br />

E<strong>in</strong>e Flüchtl<strong>in</strong>gsanerkennung nach § 60 Abs. 1 AufenthG können<br />

Sie beanspruchen, wenn Sie die oben genannten Voraussetzungen<br />

zwar erfüllen, aber auf dem Landweg e<strong>in</strong>gereist s<strong>in</strong>d. Das ist die Anerkennung<br />

nach der „Genfer Flüchtl<strong>in</strong>gskonvention“.<br />

Sie können Asyl beantragen:<br />

direkt bei jeder Außenstelle des Bundesamtes oder e<strong>in</strong>er Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtung<br />

<strong>für</strong> Asylsuchende,<br />

bei den Ausländerbehörden oder auch bei den Polizeidienststellen<br />

(diese sollten Sie dann an die zuständige Außenstelle des<br />

Bundesamtes oder die Landesaufnahmestelle weiterleiten, wenn<br />

Sie nicht wissen, wo die Außenstelle ist, oder Sie ke<strong>in</strong> Geld haben,<br />

um dorth<strong>in</strong> zu fahren).<br />

Welche der Außenstellen des Bundesamtes <strong>für</strong> Sie zuständig ist, hängt<br />

davon ab, wo Sie den Asylantrag gestellt haben. Außerdem richtet es<br />

sich danach, aus welchem Land Sie kommen. Geben Sie unbed<strong>in</strong>gt an,<br />

ob Sie mit Familienangehörigen e<strong>in</strong>gereist s<strong>in</strong>d oder wo diese <strong>in</strong><br />

Deutschland bereits wohnen. Dies kann sehr wichtig <strong>für</strong> die Zuweisung<br />

zu Ihrem künftigen Wohnort se<strong>in</strong>.<br />

Die Außenstelle des Bundesamtes <strong>für</strong> das Land Thür<strong>in</strong>gen bef<strong>in</strong>det<br />

sich <strong>in</strong> Jena (siehe Adressverzeichnis).<br />

Asyl beantragen Sie:<br />

mündlich oder schriftlich.<br />

Sie brauchen hier noch ke<strong>in</strong>e detaillierten Gründe <strong>für</strong> Ihre Flucht<br />

nennen.<br />

Geben Sie an, dass Sie politisches Asyl möchten.<br />

Stellen Sie den Asylantrag möglichst sofort nach der E<strong>in</strong>reise.<br />

Wenn Sie sich zwischen E<strong>in</strong>reise und Antragstellung e<strong>in</strong>ige Zeit ohne<br />

legalen Aufenthalt <strong>in</strong> Deutschland aufgehalten haben, werden Sie<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>ige Monate später e<strong>in</strong>e Geldstrafe wegen „illegalen<br />

Aufenthalts“ bezahlen müssen.<br />

Wenn Sie deshalb e<strong>in</strong>en „Strafbefehl“ bekommen, gehen Sie damit<br />

gleich zu e<strong>in</strong>er Beratungsstelle.<br />

Legen Sie E<strong>in</strong>spruch e<strong>in</strong>.<br />

Bezahlen Sie das Geld nicht gleich, besonders wenn Sie e<strong>in</strong>en<br />

wichtigen Grund <strong>für</strong> den Aufenthalt <strong>für</strong> diese Zeit haben.<br />

Für den Asylantrag wird man von Ihnen Fotos machen, Ihre<br />

F<strong>in</strong>gerabdrücke nehmen und Sie gesundheitlich untersuchen. Sie<br />

müssen das leider dulden.<br />

Man wird Sie wahrsche<strong>in</strong>lich schon hier zu Ihrem Reiseweg von Ihrer<br />

Heimat nach Deutschland befragen. Wenn Sie mit dem Flugzeug<br />

gereist s<strong>in</strong>d, sagen Sie das. Flugtickets können als Beweis dienen, dass<br />

Sie nicht über e<strong>in</strong>en „Sicheren Drittstaat“ (siehe oben) e<strong>in</strong>gereist s<strong>in</strong>d.<br />

Wenn man Ihnen nachweisen kann, dass Sie über e<strong>in</strong> EU-Land e<strong>in</strong>gereist<br />

s<strong>in</strong>d oder sich dort vor Ihrer E<strong>in</strong>reise nach Deutschland aufgehalten<br />

haben, wird man versuchen, Sie dorth<strong>in</strong> zurückzuschicken. Sie<br />

werden auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en anderen EU-Staat zurück geschickt, wenn Sie<br />

mit e<strong>in</strong>em von diesem EU-Staat ausgestellten Visum (Schengenvisum)<br />

e<strong>in</strong>gereist s<strong>in</strong>d oder bereits <strong>in</strong> dem anderen EU-Land e<strong>in</strong>en Asylantrag<br />

gestellt haben.<br />

Ihre Daten, Ihr Foto und Ihre F<strong>in</strong>gerabdrücke werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Computerdatei<br />

gespeichert, die von den Behörden <strong>in</strong> der gesamten Europäischen<br />

Union (EU) abgerufen werden können.<br />

haben Sie bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen EU-Staat Asyl beantragt, oder<br />

wurden dort aus sonstigen Gründen von den E<strong>in</strong>wanderungsbehörden<br />

ihre F<strong>in</strong>gerabdrücke erfasst, müssen Sie damit rechnen,<br />

dass man dies herausf<strong>in</strong>den und Sie dorth<strong>in</strong> zurückschicken wird.<br />

Die F<strong>in</strong>gerabdrücke von Asylsuchenden werden europaweit <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Computerdatenbank gespeichert und automatisch mite<strong>in</strong>ander<br />

verglichen.<br />

3.3 Wie stellen Sie<br />

den Asylantrag?<br />

Asylverfahren<br />

19


Asylverfahren<br />

20<br />

3.4 Zuweisung <strong>in</strong><br />

die Landesaufnahmestelle<br />

Wollen Sie nach der Asylantragstellung <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

anderen EU-Staat Asyl beantragen, wird man dies ebenfalls herausf<strong>in</strong>den,<br />

und Sie nach Deutschland zurückschicken.<br />

Ist das Asylverfahren bereits negativ beendet, wird man versuchen,<br />

Sie <strong>in</strong> Ihr Heimatland abzuschieben.<br />

„EU-Staaten" s<strong>in</strong>d: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, F<strong>in</strong>nland,<br />

Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Lettland,<br />

Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich,<br />

Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien,<br />

Tschechische Republik, Ungarn, Zypern. Ab <strong>2007</strong> auch Bulgarien und<br />

Rumänien.<br />

Sie werden der Landesaufnahmestelle (LAST) Eisenberg zugewiesen,<br />

nachdem Sie Ihren Asylantrag gestellt haben. Sie müssen dort maximal<br />

bis zu drei Monaten leben.<br />

Sie bekommen e<strong>in</strong>e Aufenthaltsgestattung, die Ihr Ausweis während<br />

des gesamten Asylverfahrens ist. Deshalb sollten Sie die Aufenthaltsgestattung<br />

(grünes Papier) immer bei sich tragen.<br />

Sie enthält:<br />

Ihre persönlichen Angaben,<br />

Ihr Foto,<br />

das Aktenzeichen Ihres Asylverfahrens beim Bundesamt,<br />

und mehrere Stempel, die Auskunft darüber geben, was Ihnen verboten<br />

ist (zum Beispiel Erwerbstätigkeit, also Arbeit).<br />

Wichtig ist die Aufenthaltsbeschränkung. Diese bedeutet, dass Sie<br />

sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde nur <strong>in</strong> der Stadt bzw. dem<br />

Land-kreis aufhalten dürfen, der dort e<strong>in</strong>getragen ist. Außerdem müsssen<br />

Sie an der ebenfalls e<strong>in</strong>getragenen Adresse wohnen (siehe Kapitel<br />

„Residenzpflicht“).<br />

Sie erhalten <strong>in</strong> der LAST Unterkunft und Verpflegung. Alle Leistungen<br />

erhalten Sie dort grundsätzlich als Sachleistungen, mit Ausnahme von<br />

40,90 € (20,45 € <strong>für</strong> K<strong>in</strong>der unter 14 Jahren) Bargeld pro Monat als<br />

„Taschengeld“. Sie bekommen dort auch Kleidung. Wenn Sie krank<br />

s<strong>in</strong>d, können Sie sich von e<strong>in</strong>em Arzt behandeln lassen.<br />

Es ist ganz wichtig, dass Sie <strong>in</strong> der LAST täglich an die Postliste<br />

schauen, ob Sie Post haben, um ke<strong>in</strong>e Term<strong>in</strong>e zu verpassen (besonders,<br />

wenn Sie noch ke<strong>in</strong>e Erstanhörung hatten)! Sie müssen Ihre Post<br />

<strong>in</strong>nerhalb von 3 Tagen nach Aushang abholen. Heben Sie während<br />

Ihres Asylverfahrens alle Papiere, Briefe und Briefumschläge auf.<br />

Wenn Sie Briefe erhalten, <strong>in</strong> denen Ihnen Term<strong>in</strong>e genannt werden,<br />

müssen Sie diese unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>halten und auch pünktlich se<strong>in</strong>.<br />

Ansonsten unterstellt man Ihnen, dass Sie nicht an Ihrem Verfahren<br />

mitwirken. Im schlimmsten Fall wird Ihr Asylantrag abgelehnt, ohne<br />

dass man mit Ihnen gesprochen hat.<br />

Erhalten Sie hier schon e<strong>in</strong>en Bescheid vom Bundesamt, <strong>in</strong> dem steht:<br />

„Ihr Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird abgelehnt“,<br />

sollten Sie noch am gleichen Tag e<strong>in</strong>en Anwalt oder e<strong>in</strong>e<br />

Beratungsstelle <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> aufsuchen! Sie können auch selbst zum<br />

Gericht gehen. In der Rechtsantragsstelle können Sie Klage e<strong>in</strong>legen.<br />

Das zuständige Gericht steht auf der letzten Seite des Bescheides, der<br />

e<strong>in</strong>e mehrere Seiten lange Begründung enthält.<br />

Das ist sehr wichtig, da die Klagefrist meist nur e<strong>in</strong> oder zwei Wochen<br />

beträgt. Oft genug erhalten Asylsuchende nur deshalb ke<strong>in</strong> Asyl oder<br />

wenigstens Abschiebeschutz, weil sie solche Fristen verpasst haben.<br />

Meistens erhalten Sie schon kurz nach der Asylantragstellung e<strong>in</strong>en<br />

Term<strong>in</strong> <strong>für</strong> Ihre Erstanhörung. Das ist e<strong>in</strong>e mündliche Anhörung<br />

(Interview), <strong>in</strong> der Sie zu Ihrem Asylantrag befragt werden.<br />

(Wenn Sie nicht mehr <strong>in</strong> Eisenberg <strong>in</strong> der LAST wohnen, bekommen<br />

Sie e<strong>in</strong>e gelbe Karte, mit der Sie zur Post gehen müssen. Dort<br />

bekommen Sie e<strong>in</strong>en blauen Brief, <strong>in</strong> dem der Term<strong>in</strong> <strong>für</strong> Ihre<br />

Erstanhörung steht.)<br />

WICHTIG!<br />

An diesem Term<strong>in</strong> müssen Sie alle Gründe <strong>für</strong> Ihre Flucht deutlich<br />

machen. Das Protokoll dieser Anhörung ist die Grundlage<br />

<strong>für</strong> die Entscheidung, ob Sie Asyl bekommen oder nicht. Es ist<br />

der Mittelpunkt Ihres gesamten Asylverfahrens!<br />

Sie müssen sich schon möglichst lange vorher sehr gründlich auf das<br />

Interview vorbereiten. S<strong>in</strong>nvoll ist es, alle relevanten Ereignisse und<br />

Gründe schriftlich zu notieren und diese Zusammenstellung vorher mit<br />

dem Anwalt oder der Sozialarbeiter<strong>in</strong> der Verfahrensberatung durchzusprechen<br />

und zur Anhörung mitzubr<strong>in</strong>gen. Machen Sie sich vor der<br />

Anhörung e<strong>in</strong>e Kopie. Suchen Sie möglichst die Verfahrensberatung<br />

der Diakonie auf. Man wird Ihnen dort bei der Vorbereitung helfen.<br />

Die Adresse f<strong>in</strong>den Sie im Adressverzeichnis dieser Broschüre unter<br />

Eisenberg.<br />

In der Anhörung werden Sie zu drei Schwerpunkten<br />

befragt:<br />

allgeme<strong>in</strong>e Daten, wie letzte Adresse, ob Sie oder e<strong>in</strong> anderes<br />

Mitglied Ihrer Familie schon e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Asylantrag gestellt<br />

hatte, Bildung, Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er Partei usw.<br />

3.5 Mündliche<br />

Anhörung beim<br />

Bundesamt<br />

Asylverfahren<br />

21


Asylverfahren<br />

22<br />

Befragung zu Ihrem Fluchtweg: hier sollten Sie bei E<strong>in</strong>reise mit<br />

dem Schiff oder Flugzeug so genau wie möglich antworten (Zeiten<br />

und Angabe der Fluggesellschaft/ Name des Schiffes usw.); falls<br />

Sie aus e<strong>in</strong>em anderen Unterzeichnerstaat des Schengenabkommens<br />

(siehe oben) e<strong>in</strong>gereist s<strong>in</strong>d oder Ihre engsten Familienangehörigen<br />

dort e<strong>in</strong>en Asylantrag gestellt haben oder anerkannt wurden<br />

(nicht bei Ablehnung), sollten Sie das sagen – man wird Sie<br />

dann dorth<strong>in</strong> schicken.<br />

Zuletzt wird man Sie zu Ihren Fluchtgründen befragen. Das kann<br />

sehr unterschiedlich ablaufen – von e<strong>in</strong>er Frage (hier sollten Sie<br />

alles detailgenau erklären) bis zu genauem Nachfragen, nach<br />

Details und H<strong>in</strong>tergründen.<br />

Nachfolgend f<strong>in</strong>den Sie wichtige Tipps zur Vorbereitung des<br />

Interviews.<br />

Ihre Rechte vor Beg<strong>in</strong>n der Anhörung<br />

Sie sollten vor der Anhörung unbed<strong>in</strong>gt das Angebot der<br />

Verfahrensberatung nutzen. Diese Beratung zur Vorbereitung der<br />

Anhörung wird <strong>in</strong> der Landesaufnahmestelle Eisenberg von der<br />

Diakonie angeboten. Sie können aber auch zu e<strong>in</strong>er anderen Beratungsstelle<br />

gehen oder e<strong>in</strong>en Anwalt aufsuchen.<br />

Das Interview wird ähnlich wie e<strong>in</strong> Verhör se<strong>in</strong>. Lassen Sie sich<br />

dadurch nicht verunsichern.<br />

Sagen Sie, <strong>in</strong> welcher Sprache oder <strong>in</strong> welchem Dialekt Sie angehört<br />

werden wollen.<br />

Es gibt jeweils e<strong>in</strong>en Sonderbeauftragten <strong>für</strong> M<strong>in</strong>derjährige,<br />

Traumatisierte und Frauen. Als Frau haben Sie das Recht auf e<strong>in</strong>e<br />

Dolmetscher<strong>in</strong> und e<strong>in</strong>e Frau als Anhörer<strong>in</strong>.<br />

Sie haben das Recht, e<strong>in</strong>en Dolmetscher Ihres Vertrauens und<br />

Ihren Anwalt mit zur Anhörung zu br<strong>in</strong>gen, die allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>für</strong><br />

Sie sprechen dürfen und die Sie selbst bezahlen müssen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs wird trotzdem e<strong>in</strong> zweiter Dolmetscher (vom Bundesamt)<br />

anwesend se<strong>in</strong>.<br />

Andere Personen Ihres Vertrauens können auf schriftlichen Antrag<br />

zugelassen werden. Nutzen Sie diese Möglichkeit. Es gibt Ihnen<br />

Sicherheit und später nötigenfalls Zeugen. Diese Personen können<br />

Ihnen während der Anhörung jedoch ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise geben. Sie<br />

dürfen nur h<strong>in</strong>ter Ihnen mit im Raum sitzen, so dass Sie diese nicht<br />

sehen können.<br />

Wenn Sie sich krank fühlen, sagen Sie das vor der Anhörung und<br />

bestehen Sie gegebenenfalls auf e<strong>in</strong>em neuen Term<strong>in</strong>.<br />

Es kann s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, wenn Sie sich vor der Anhörung e<strong>in</strong>e genaue<br />

Zeittafel Ihrer Verfolgungsgeschichte erarbeiten, um später nicht<br />

Daten und Fakten zu verwechseln. (Sie sollten diese aber nicht mit<br />

<strong>in</strong> die Anhörung nehmen, da man Ihnen sonst unterstellen könnte,<br />

dass es nicht Ihre eigene Geschichte sei.)<br />

Achten Sie auf Genauigkeit, Richtigkeit und vor allem auf die<br />

richtige Reihenfolge der Ereignisse.<br />

Geben Sie alle Details an, die Ihnen e<strong>in</strong>fallen und sagen Sie alles,<br />

auch wenn Sie nicht direkt danach gefragt werden.<br />

Geben Sie zu allen Fragen genaue Zeitangaben (Jahr, Tag, Uhrzeit),<br />

Ortsbeschreibungen sowie H<strong>in</strong>weise auf Zeugen (möglichst<br />

mit Namen) und Beweise an.<br />

Man wird manche Fragen als Kontrollfragen zu e<strong>in</strong>em späteren<br />

Zeitpunkt der Anhörung wiederholen, um zu prüfen, ob Sie sich <strong>in</strong><br />

Ihren Angaben widersprechen.<br />

Ihre Rechte während der Anhörung<br />

Wenn die Anhörung <strong>für</strong> Sie zu anstrengend ist, sagen Sie das. Man<br />

muss Ihnen dann e<strong>in</strong>en neuen Term<strong>in</strong> <strong>für</strong> die Anhörung geben.<br />

Bitten Sie bei Verständigungsschwierigkeiten zwischen Ihnen und<br />

dem Dolmetscher (zum Beispiel wenn er e<strong>in</strong>en anderen Dialekt<br />

spricht) sofort um e<strong>in</strong>en anderen Dolmetscher (<strong>in</strong>nerhalb der<br />

ersten 10 M<strong>in</strong>uten).<br />

S<strong>in</strong>d die Verständigungsschwierigkeiten zu groß, sollten Sie die<br />

Anhörung nicht fortsetzen. Lassen Sie im Protokoll vermerken,<br />

dass die Anhörung wegen Verständigungsproblemen abgebrochen<br />

wird.<br />

Da Sie nicht deutsch sprechen, können Sie schlecht beurteilen, ob<br />

der Dolmetscher das Gesagte richtig übersetzt. Spätestens am<br />

Ende der Anhörung muss es e<strong>in</strong>e Rückübersetzung geben. Achten<br />

Sie dabei auf jedes Wort und korrigieren Sie alle falschen Übersetzungen.<br />

Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen! Seien Sie sich klar,<br />

dass Sie die Hauptperson <strong>in</strong> der Anhörung s<strong>in</strong>d und die Anhörung<br />

die e<strong>in</strong>zige Chance <strong>für</strong> Sie ist, alles zu sagen.<br />

Sagen Sie möglichst die Wahrheit und vermeiden Sie Widersprüche,<br />

da diese immer als Beweis <strong>für</strong> Ihre Unglaubwürdigkeit gelten<br />

werden.<br />

Sie haben das Recht, D<strong>in</strong>ge nicht zu sagen, die Sie oder andere<br />

Personen <strong>in</strong> Gefahr br<strong>in</strong>gen könnten. Erklären und begründen Sie<br />

das.<br />

Asylverfahren<br />

23


Asylverfahren<br />

24<br />

Stellen Sie Ihr persönliches Verfolgungsschicksal genau dar. Wichtig<br />

s<strong>in</strong>d Ihre Gründe <strong>für</strong> die Flucht und die Angst vor Verfolgung.<br />

Wichtig ist auch, warum Sie nicht <strong>in</strong> Ihr Heimatland zurückkehren<br />

können.<br />

Antworten Sie auf die Fragen ausführlich. Sie haben das Recht, so<br />

lange zu sprechen, wie es <strong>für</strong> Ihre Geschichte nötig ist.<br />

Geben Sie jeweils nach wenigen Sätzen die Gelegenheit zum<br />

Übersetzen, damit ke<strong>in</strong>e Aussage verloren geht. Achten Sie darauf,<br />

dass alles vollständig protokolliert wird. Lassen Sie sich alles<br />

Protokollierte rückübersetzen. Sie haben das Recht darauf.<br />

Fragen Sie sofort nach, wenn Sie e<strong>in</strong>e Frage nicht verstanden<br />

haben. Korrigieren Sie, wenn bei e<strong>in</strong>er Rückübersetzung oder<br />

beim Protokollieren Aussagen falsch wiedergegeben werden.<br />

Es ist normal, dass man manche D<strong>in</strong>ge vergisst, vor allem wenn sie<br />

lange zurück liegen. Wenn Sie sich bei e<strong>in</strong>er Aussage nicht ganz<br />

sicher s<strong>in</strong>d, sagen Sie das.<br />

Ihre Rechte am Ende der Anhörung<br />

Es wird am Ende meist gefragt: „Haben Sie sonst noch etwas zu ergänzen?“<br />

Hier sollten Sie auf ke<strong>in</strong>en Fall sofort „ne<strong>in</strong>“ sagen! Überlegen<br />

Sie gut, ob Sie alles vollständig und ausführlich geschildert haben.<br />

Spätestens jetzt sollten Sie auf die besonderen Gründe Ihrer Flucht e<strong>in</strong>gehen.<br />

Wenn Sie noch etwas zu bereits Gesagtem ergänzen möchten,<br />

dann tun Sie das jetzt. Nochmals: Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck<br />

setzen! Wenn Sie zu erschöpft s<strong>in</strong>d, können Sie auch e<strong>in</strong>e kurze Pause<br />

e<strong>in</strong>fordern.<br />

Wenn das Protokoll noch e<strong>in</strong>mal rückübersetzt wird, achten Sie darauf,<br />

dass der wesentliche Inhalt mit Ihren Aussagen übere<strong>in</strong>stimmt und<br />

auch Ihre Detailaussagen korrekt festgehalten s<strong>in</strong>d.<br />

Ihre Rechte nach der Anhörung<br />

Sie werden am Ende gebeten, das Protokoll zu unterschreiben. Sie<br />

haben aber das Recht, nicht zu unterschreiben. Sie sollten auf ke<strong>in</strong>en<br />

Fall unterschreiben, wenn<br />

Ihre Aussagen nicht korrekt übersetzt oder im Protokoll falsch<br />

oder nicht vollständig festgehalten s<strong>in</strong>d. Lassen Sie diesen Fehler<br />

unbed<strong>in</strong>gt korrigieren!<br />

im Protokoll steht „Es gab ke<strong>in</strong>e Verständigungsschwierigkeiten“,<br />

die Verständigung aber <strong>in</strong> Wirklichkeit schwer war;<br />

Sie mit dem Protokoll nicht zufrieden s<strong>in</strong>d;<br />

Sie während der Anhörung unter Druck gesetzt oder provoziert<br />

wurden, es sei denn diese Sätze stehen im Protokoll;<br />

im Protokoll steht: „Der Antragsteller hat alles vorgetragen, was<br />

se<strong>in</strong> Verfolgungsschicksal betrifft.“ (Wichtig: Man kann bei so<br />

e<strong>in</strong>er Anhörung auch e<strong>in</strong>mal etwas vergessen. Doch alles, was Sie<br />

später <strong>in</strong> Ihr Asylverfahren e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen, muss dann nicht mehr<br />

akzeptiert werden!)<br />

Ke<strong>in</strong>e wörtliche Rückübersetzung stattgefunden hat.<br />

Unterschreiben Sie nicht den Satz: „Beim Verlesen korrigiert der<br />

Antragsteller die Aussage.“ Wenn man Sie falsch verstanden, falsch<br />

übersetzt oder Gesagtes falsch aufgeschrieben hat, korrigieren Sie<br />

nicht Ihre Aussage, sondern die falsche Protokollierung wird korrigiert.<br />

Unterschreiben Sie auch auf ke<strong>in</strong>en Fall:<br />

dass Sie Ihren Asylantrag oder den Asylantrag von Familienangehörigen<br />

zurücknehmen möchten,<br />

e<strong>in</strong>en Antrag auf Ausstellung e<strong>in</strong>es Reisedokumentes, auch wenn<br />

man Sie unter Druck setzt oder Ihnen droht!<br />

Wenn man bei Ihnen Ausweise, Pässe oder andere Papiere f<strong>in</strong>det, wird<br />

man Ihnen diese abnehmen. Lassen Sie sich e<strong>in</strong>e Kopie geben.<br />

TIPP!<br />

Wenn Ihnen das Protokoll ausgehändigt wird, lesen Sie dieses<br />

bitte gründlich durch und senden Sie eventuelle Korrekturen<br />

oder Ergänzungen per Fax unter Angabe Ihres<br />

Aktenzeichens an das Bundesamt. Wenden Sie sich da<strong>für</strong><br />

an die Verfahrensberatungsstelle oder e<strong>in</strong>en Anwalt.<br />

Der Bescheid<br />

Wenn Sie Asyl beantragt haben und Ihre erste Anhörung beim Bundesamt<br />

hatten, erhalten Sie das Protokoll der Anhörung per Post. Es kann<br />

danach Wochen bis Jahre dauern, bevor das Bundesamt entscheidet, ob<br />

Sie Asyl bekommen oder nicht.<br />

Wenn Sie nicht mehr <strong>in</strong> der Landesaufnahmestelle wohnen, erhalten<br />

Sie mit der Post e<strong>in</strong>en gelben Benachrichtigungszettel, mit dem Sie<br />

zum Postamt gehen müssen. Dort erhalten Sie e<strong>in</strong>en dicken blauen<br />

Brief mit e<strong>in</strong>em Stempel, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> handschriftliches Datum e<strong>in</strong>geschrieben<br />

ist. Dieser Brief enthält den Bescheid über die Entscheidung<br />

und e<strong>in</strong>e mehrere Seiten lange Begründung, mit vielen Länderberichten<br />

und früheren Urteilen zu Ihrem Heimatland.<br />

Die wichtigsten Entscheidungsmöglichkeiten des Bundesamtes und<br />

die Folgen <strong>für</strong> Sie möchten wir hier näher erläutern. Wir empfehlen<br />

Ihnen, die Fristen unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>zuhalten. Holen Sie sich Unterstützung<br />

bei e<strong>in</strong>er Beratungsstelle oder e<strong>in</strong>em Anwalt!<br />

3.6 Ablauf des<br />

Asylverfahrens<br />

Asylverfahren<br />

25


Asylverfahren<br />

26<br />

§ § §<br />

In dem Bescheid kann stehen:<br />

„1. Dem Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird stattgegeben.“<br />

Das Bundesamt hat Sie nach Art. 16a GG als Asylberechtigten anerkannt.<br />

Sie erhalten e<strong>in</strong>en Flüchtl<strong>in</strong>gspass und e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

nach § 25 Abs. 1 AufenthG.<br />

„1. Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird abgelehnt.<br />

2. Die Voraussetzungen des § 60 (Abs. 1 bis 7) liegen vor.“<br />

Das Bundesamt hat Sie nicht als Asylberechtigten (also nach Art. 16a<br />

GG) anerkannt. Aber Sie erhalten nach der „Genfer Flüchtl<strong>in</strong>gskonvention“<br />

e<strong>in</strong>en Flüchtl<strong>in</strong>gspass und e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach §<br />

25 Abs. 2 AufenthG.<br />

„1. Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird abgelehnt.<br />

2. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes liegen<br />

nicht vor.<br />

3. Abschiebungsh<strong>in</strong>dernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes<br />

liegen vor.“<br />

Das Bundesamt hat Ihren Antrag auf Asyl abgelehnt, schützt Sie aber<br />

aus menschenrechtlichen Gründen vor Abschiebung. Sie erhalten e<strong>in</strong>e<br />

Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG. Die Aufenthaltserlaubnis<br />

wird <strong>in</strong> Ihren Nationalpass oder e<strong>in</strong>en deutschen „Passersatz“<br />

e<strong>in</strong>getragen.<br />

„1. Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird abgelehnt.<br />

2. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes liegen<br />

nicht vor.<br />

3. Abschiebungsh<strong>in</strong>dernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes<br />

liegen nicht vor.<br />

4. Der Antragsteller wird aufgefordert, die Bundesrepublik<br />

Deutschland <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Monates zu verlassen.“<br />

Das Bundesamt hat Ihren Antrag auf Asyl abgelehnt. Es hat ke<strong>in</strong>e<br />

Gründe festgestellt, die e<strong>in</strong>er Abschiebung entgegenstehen. So entscheidet<br />

das Bundesamt im Regelfall. Dies bedeutet, dass Sie nicht<br />

deutlich genug machen konnten, aus welchen Gründen Sie Asyl beantragt<br />

haben. Das Gericht kann ganz anders urteilen. Sie können gegen<br />

die Entscheidung des Bundesamtes <strong>in</strong>nerhalb von zwei Wochen Klage<br />

beim zuständigen Verwaltungsgericht e<strong>in</strong>legen (siehe Kapitel<br />

„Widerspruch und Klage“).<br />

WICHTIG!<br />

Sie können gegen den Bescheid des Bundesamtes <strong>in</strong>nerhalb<br />

von 2 Wochen e<strong>in</strong>e Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht<br />

e<strong>in</strong>reichen (siehe Kapitel „Widerspruch und<br />

Klage“). Wenn Sie e<strong>in</strong>en solchen Bescheid erhalten, sollten<br />

Sie noch am gleichen Tag Ihren Anwalt oder e<strong>in</strong>e Beratungsstelle<br />

aufsuchen, die Ihnen e<strong>in</strong>en Anwalt vermitteln<br />

kann. Sie können aber auch erst e<strong>in</strong>mal selbst zum Gericht<br />

gehen und <strong>in</strong> der Rechtsantragsstelle Klage e<strong>in</strong>reichen.<br />

Damit läuft das Verfahren weiter und Sie können nicht<br />

abgeschoben werden.<br />

„1. Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird als<br />

unbegründet abgelehnt.“<br />

Das passiert, wenn zum Beispiel festgestellt wurde, dass Sie sich vor<br />

der E<strong>in</strong>reise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen EU-Land aufgehalten haben (zum<br />

Beispiel E<strong>in</strong>reise mit Schengen-Visa, Asylantrag <strong>in</strong> anderem Land).<br />

Man wird Sie dorth<strong>in</strong> zurück br<strong>in</strong>gen. (In sehr seltenen Fällen kann es<br />

auf Antrag e<strong>in</strong> Selbste<strong>in</strong>trittsrecht der Bundesrepublik Deutschland<br />

geben, das bedeutet dann dass Ihr Asylantrag doch <strong>in</strong> Deutschland<br />

bearbeitet werden muss).<br />

„1. Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wird als<br />

offensichtlich unbegründet abgelehnt.“<br />

Das Bundesamt hat den Antrag abgelehnt, weil es der Me<strong>in</strong>ung ist,<br />

dass offensichtlich ke<strong>in</strong>e Gründe <strong>für</strong> e<strong>in</strong> Asyl vorliegen. Das<br />

Bundesamt me<strong>in</strong>t, dass Ihr persönliches Verfolgungsschicksal nicht<br />

glaubhaft ist. Es unterstellt Ihnen zum Beispiel, dass:<br />

Sie Angaben erfunden haben,<br />

Dokumente gefälscht s<strong>in</strong>d,<br />

Sie Angaben über Ihre Identität oder Herkunft verweigern,<br />

Ihre Aussagen widersprüchlich s<strong>in</strong>d,<br />

Sie nicht an Ihrem Asylverfahren mitgewirkt haben.<br />

WICHTIG!<br />

Wird Ihr Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt,<br />

haben Sie nur 1 Woche Zeit, um dagegen e<strong>in</strong>e Klage<br />

beim zuständigen Verwaltungsgericht e<strong>in</strong>zureichen! Sie<br />

müssen beim Verwaltungsgericht gleichzeitig e<strong>in</strong>en<br />

„Antrag auf aufschiebende Wirkung“ der Klage nach § 80<br />

Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) stellen. Nur wenn<br />

über diesen Antrag positiv entschieden wird, s<strong>in</strong>d Sie während<br />

des Klageverfahrens vor Abschiebung geschützt! Ob<br />

das Gericht Sie während des Klageverfahrens vor Abschiebung<br />

schützt, wird wesentlich davon abhängen, wie es den<br />

Erfolg Ihrer Klage e<strong>in</strong>schätzt. Begründen Sie deshalb die<br />

Klage sofort und so ausführlich wie möglich. Gehen Sie mit<br />

dem Bescheid sofort zu e<strong>in</strong>em Anwalt. Die Klagefrist zählt<br />

von dem Tag an, der <strong>in</strong> dem Stempel auf dem Umschlag des<br />

Bescheides steht (Tag der Zustellung). Fragen Sie daher<br />

täglich nach Post.<br />

Asylverfahren<br />

27


Asylverfahren<br />

28<br />

3.7 Perspektiven<br />

nach e<strong>in</strong>em negativen<br />

Asylverfahren<br />

Nach E<strong>in</strong>reichen der Klage:<br />

Wenn Sie gegen e<strong>in</strong>en Bescheid Klage e<strong>in</strong>gelegt haben, müssen Sie<br />

e<strong>in</strong>e Klagebegründung erarbeiten. Holen Sie sich dazu unbed<strong>in</strong>gt<br />

Hilfe bei e<strong>in</strong>em Anwalt! Diese Klagebegründung muss gut überlegt<br />

verfasst werden. Sie müssen dar<strong>in</strong> noch e<strong>in</strong>mal alle Ihre Gründe <strong>für</strong><br />

den Asylantrag beschreiben, diese aber möglichst deutlicher machen<br />

als bisher. Wenn Sie neue Beweise <strong>für</strong> Ihre Verfolgung haben, sollten<br />

Sie diese mit e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen.<br />

Wenn Sie geklagt haben, dauert es nochmals Monate bis Jahre bis zum<br />

Gerichtsterm<strong>in</strong>. Auf die Dauer des Verfahrens können Sie oder auch<br />

Ihr Anwalt kaum E<strong>in</strong>fluss nehmen. Sie können sich aber aktiv an<br />

Ihrem Verfahren beteiligen, <strong>in</strong> dem Sie:<br />

regelmäßig Kontakt zu Ihrem Anwalt halten,<br />

jede neue Information, die <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>em Zusammenhang mit<br />

Ihrer Antragsbegründung steht, Ihrem Anwalt zukommen<br />

lassen,<br />

Adressenänderungen dem Bundesamt, der Ausländerbehörde und<br />

vor allem auch dem Anwalt mitteilen.<br />

Informationen können zum Beispiel Briefe von Angehörigen se<strong>in</strong>, die<br />

noch <strong>in</strong> Ihrer Heimat s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>, oder Videos, Zeitungsartikel usw. Die<br />

allgeme<strong>in</strong>e Situation <strong>in</strong> Ihrem Land ist dabei nicht wichtig, sondern<br />

der Bezug zu Ihrer eigenen Fluchtgeschichte (zum Beispiel Berichte<br />

über Verhaftungen <strong>in</strong> Ihrer Stadt, Aussagen von Zeugen, mit denen Sie<br />

im Gefängnis waren, Verhaftungen von Familienangehörigen,<br />

Freunden usw.).<br />

Wenn Sie <strong>in</strong> Deutschland weiterh<strong>in</strong> politisch aktiv s<strong>in</strong>d, zum Beispiel<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Exilorganisation, dann müssen Sie dies beweisen können (mit<br />

Fotos, Presseveröffentlichungen, Mitgliedsausweisen oder ähnlichem).<br />

Sollten Sie außerhalb Ihres Heimatlandes erstmalig politisch aktiv<br />

werden und sich somit Gründe schaffen, warum Sie nicht <strong>in</strong> Ihr<br />

Heimatland zurückkehren können, wird das wahrsche<strong>in</strong>lich nicht im<br />

Asylverfahren beachtet. E<strong>in</strong>e Ausnahme ist, wenn die politische Überzeugung,<br />

die zur Mitarbeit <strong>in</strong> dieser Organisation von Bedeutung ist,<br />

schon bestanden hat, als Sie noch <strong>in</strong> Ihrer Heimat waren.<br />

Nach e<strong>in</strong>em unanfechtbar negativen Asylverfahren (also negativer<br />

Gerichtsbescheid oder wenn Sie ke<strong>in</strong>e Rechtsmittel gegen die<br />

Ablehnung durch das Bundesamt e<strong>in</strong>gelegt haben) werden Sie aufgefordert,<br />

Deutschland nach Ablauf e<strong>in</strong>er bestimmten Frist zu verlassen.<br />

Die Frist f<strong>in</strong>den Sie im Bescheid des Bundesamtes oder des Gerichtes.<br />

Auf dem Briefumschlag ist das Zustellungsdatum angegeben. Ab diesem<br />

Datum läuft die Frist. Deshalb sollten Sie <strong>in</strong> Ihrer Unterkunft täglich<br />

nachfragen, ob Post <strong>für</strong> Sie da ist! Nach negativem Asylverfahren<br />

sollten Sie so schnell wie möglich e<strong>in</strong>e Rechtsberatung (Anwalt) <strong>in</strong><br />

Anspruch nehmen und klären, ob und wann Ihnen e<strong>in</strong>e Abschiebung<br />

droht und welche Perspektiven e<strong>in</strong>es Aufenthaltes es möglicherweise<br />

noch <strong>für</strong> Sie gibt, wie zum Beispiel:<br />

Gegen die „Ablehnung als Flüchtl<strong>in</strong>g“ haben Sie beim Verwaltungsgericht<br />

geklagt, das heißt während des Klageverfahrens<br />

besteht ke<strong>in</strong>e Ausreisepflicht.<br />

Lehnt das Verwaltungsgericht die Klage ab, ist es unter Umständen<br />

möglich, dass Ihr Anwalt e<strong>in</strong>en „Antrag auf Zulassung der<br />

Beschwerde“ stellen kann, damit das Oberverwaltungsgericht<br />

Ihren Fall überprüft.<br />

Auch e<strong>in</strong> Antrag bei der Thür<strong>in</strong>ger Härtefallkommission oder e<strong>in</strong>e<br />

Petition beim Petitionsausschuss des Thür<strong>in</strong>ger Landesparlaments<br />

(Landtag) ist manchmal hilfreich. Genauere Informationen hierzu<br />

f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> dem Kapitel „Weitere Informationen“ <strong>in</strong> dieser<br />

Broschüre.<br />

E<strong>in</strong> rechtlich zw<strong>in</strong>gendes Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen<br />

(zum Beispiel Eheschließung) muss ggf. berücksichtigt werden<br />

(siehe Kapitel 7).<br />

Eventuell können Sie nach e<strong>in</strong>em abgelehnten Asylverfahren e<strong>in</strong>e<br />

Duldung erhalten (siehe unter Duldung <strong>in</strong> Kapitel 2 <strong>in</strong> dieser<br />

Broschüre).<br />

Unter bestimmten Voraussetzungen ist e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

aus humanitären Gründen möglich, z.B. nach § 23 Abs. 1<br />

AufenthG („Bleiberechtsregelung“) oder nach § 25 Abs. 5<br />

AufenthG (dauerhafte Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise),<br />

siehe Kapitel 2.2 <strong>in</strong> dieser Broschüre.<br />

Wenn Sie bereit s<strong>in</strong>d, Deutschland zu verlassen, aber nicht <strong>in</strong> Ihr<br />

Herkunftsland zurückkehren wollen, ist manchmal e<strong>in</strong>e Weiterwanderung<br />

<strong>in</strong> andere Länder möglich. Welche Länder <strong>für</strong> Sie <strong>in</strong> Frage<br />

kommen, erfahren Sie zum Beispiel im Raphaelswerk Berl<strong>in</strong> (siehe<br />

Adressverzeichnis unter „Adressen <strong>in</strong> Deutschland“), das über Weiterwanderungsmöglichkeiten<br />

berät. Wenden Sie sich an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle<br />

oder direkt dort h<strong>in</strong>. Wichtig ist, dass Sie sich frühzeitig <strong>in</strong>formieren,<br />

da die Vorbereitung lange dauern kann. Erkundigen Sie sich<br />

auch nach f<strong>in</strong>anziellen Hilfen <strong>für</strong> die Weiterwanderung. Wollen Sie <strong>in</strong><br />

Ihr Herkunftsland zurückkehren, sollten Sie sich über die Möglichkeiten<br />

der Rückkehr beraten lassen. Wenden Sie sich an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle,<br />

die Sie wenn nötig weiter vermittelt.<br />

3.8<br />

Weiterwanderung<br />

und Rückkehr<br />

Asylverfahren<br />

29


Asylverfahren<br />

30<br />

3.9 Abschiebung<br />

und „freiwillige“<br />

Ausreise<br />

Die Abschiebung ist e<strong>in</strong>e extrem belastende Zwangsmaßnahme.<br />

Häufig setzt die zuständige Ausländerbehörde e<strong>in</strong>e letzte Frist zur<br />

„freiwilligen“ Ausreise. Wer <strong>in</strong>nerhalb dieser Frist Deutschland nicht<br />

verlässt, kann abgeschoben werden. Das heißt, zwangsweise und mit<br />

Zwangsmitteln außer Landes gebracht werden. E<strong>in</strong> solches Zwangsmittel<br />

stellt zum Beispiel die Abschiebungshaft dar. Wenn Sie e<strong>in</strong>mal<br />

abgeschoben wurden, haben Sie <strong>in</strong> Zukunft kaum noch e<strong>in</strong>e Chance,<br />

wieder <strong>in</strong> Deutschland oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en anderen Staat des „Schengenabkommens“<br />

(d.h. den meisten westeuropäischen Ländern) e<strong>in</strong>zureisen<br />

(so genannte E<strong>in</strong>reisesperre).<br />

WICHTIG!<br />

Wenden Sie sich an e<strong>in</strong>en Anwalt oder e<strong>in</strong>e Beratungsstelle.<br />

Dort erfahren Sie, ob es noch irgende<strong>in</strong>e Möglichkeit <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en<br />

legalen Aufenthalt gibt. Vor allem wenn die Gefahr der Abschiebung<br />

besteht, ist es unbed<strong>in</strong>gt erforderlich, dass Sie sich Hilfe<br />

bei e<strong>in</strong>em Anwalt holen. Erteilen Sie diesem e<strong>in</strong>e Vollmacht,<br />

damit er im Falle der Abschiebung oder Abschiebungshaft <strong>in</strong><br />

Ihrem Namen alle erforderlichen Schritte unternehmen kann.<br />

Die Abschiebungshaft kann angeordnet werden, wenn Sie trotz der<br />

gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist s<strong>in</strong>d. Die Ausländerbehörde<br />

muss Sie außerdem verdächtigen, dass Sie nicht ausreisen, sondern<br />

sich der Abschiebung entziehen wollen. Dies wird zum Beispiel angenommen,<br />

wenn Sie den Wohnort gewechselt haben, ohne dies zu melden<br />

oder „untergetaucht“ s<strong>in</strong>d. Abschiebungshaft wird durch e<strong>in</strong>en<br />

Richter beim Amtsgericht angeordnet. Gegen diese Entscheidung<br />

können Sie sofort Beschwerde e<strong>in</strong>legen, über die das Landgericht entscheidet.<br />

Die Abschiebungshaft <strong>für</strong> Männer <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Trakt des Gefängnisses (Justizvollzugsanstalt, JVA) Goldlauter-<br />

Heidersbach bei Suhl. Weibliche Abschiebehäftl<strong>in</strong>ge aus Thür<strong>in</strong>gen<br />

werden nach Chemnitz/ Teilanstalt Reichenha<strong>in</strong> (Sachsen) gebracht.<br />

Als Abschiebehäftl<strong>in</strong>g haben Sie das Recht, Besuche zu empfangen<br />

und <strong>in</strong> begründeten Fällen zu telefonieren. Ihnen steht das Recht zu,<br />

grundsätzlich jederzeit Ihren Anwalt anzurufen. Wenn e<strong>in</strong> Sozialarbeiter<br />

<strong>in</strong> dem Gefängnis arbeitet, bitten Sie ihn um Hilfe. In der<br />

Abschiebehaft können Sie sich zu jeder Zeit an den Gefängnisseelsorger<br />

wenden (katholisch und evangelisch). Dieser betreut alle Häftl<strong>in</strong>ge.<br />

In Thür<strong>in</strong>gen gibt es e<strong>in</strong>e Abschiebehaftgruppe. Zu ihr gehören<br />

Menschen, die regelmäßig alle zwei Wochen Abschiebehäftl<strong>in</strong>ge<br />

(hauptsächlich <strong>in</strong> Suhl-Goldlauter) besuchen und ihnen E<strong>in</strong>zel- und<br />

Gruppengespräche anbieten. Wenn Sie Kontakt zu der Gruppe aufnehmen<br />

möchten, teilen Sie dies dem Sozialarbeiter mit. Die Adresse der<br />

Abschiebehaftgruppe f<strong>in</strong>den Sie im Adressverzeichnis unter Suhl.<br />

Wenn Ihnen konkret die Abschiebung droht, sollten Sie über die<br />

Möglichkeit e<strong>in</strong>er „freiwilligen“ Ausreise nachdenken. „Freiwillige“<br />

Ausreise bedeutet, dass Sie Deutschland verlassen, ohne dass e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>reisesperre gegen Sie verhängt wird. Sie me<strong>in</strong>t nicht nur e<strong>in</strong>e tatsächliche<br />

freiwillige Ausreise, sondern auch die Ausreise unter dem<br />

Druck e<strong>in</strong>er drohenden Abschiebung. Nach unanfechtbar negativem<br />

Abschluss des Asylverfahrens verh<strong>in</strong>dern Sie mit der „freiwilligen“<br />

Ausreise e<strong>in</strong>e Abschiebung. E<strong>in</strong>e „freiwillige“ Ausreise muss nicht <strong>in</strong><br />

Ihr Herkunftsland erfolgen. Manchmal ist es auch möglich, <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

anderes Land weiterzureisen (siehe Kapitel „Weiterwanderung und<br />

Rückkehr“).<br />

Zu e<strong>in</strong>er „freiwilligen“ Ausreise müssen Sie sich rechtzeitig entschließen.<br />

Wenn der Term<strong>in</strong> <strong>für</strong> die Abschiebung schon fest steht, akzeptieren<br />

viele Ausländerbehörden diese Möglichkeit nicht mehr und schieben<br />

Sie ab.<br />

WICHTIG!<br />

Beraten Sie sich immer erst mit Ihrem Anwalt, bevor Sie auf der<br />

Ausländerbehörde e<strong>in</strong>e Erklärung zur „freiwilligen“ Ausreise<br />

unterschreiben! Lesen Sie auf der Ausländerbehörde vorgelegte<br />

Formulare grundsätzlich immer gut durch. Wenn Sie nicht<br />

verstehen, was Sie unterschreiben sollen, bestehen Sie darauf,<br />

die Formulare mit zunehmen, um sie übersetzen zu lassen.<br />

Wenden Sie sich mit den Formularen an Ihren Anwalt oder e<strong>in</strong>e<br />

Beratungsstelle.<br />

4. Residenzpflicht<br />

Das AsylVfG regelt unter anderem die „räumliche Beschränkung des<br />

Aufenthaltes“ von Asylsuchenden, die umgangssprachlich „Residenzpflicht“<br />

genannt wird (§ 56 AsylVfG). E<strong>in</strong>e Residenzpflicht auf<br />

Grundlage des AufenthG gilt darüber h<strong>in</strong>aus <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit<br />

Duldung oder Grenzübertrittsbesche<strong>in</strong>igung.<br />

Residenzpflicht bedeutet, dass Sie sich ohne Erlaubnis nicht außerhalb<br />

des Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt aufhalten dürfen, <strong>in</strong> dem/<br />

der Sie leben. In Ihrer Aufenthaltsgestattung (bzw. Duldung) f<strong>in</strong>den<br />

Sie e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>trag über den Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt, wo Sie<br />

sich aufhalten dürfen. Wenn Sie diesen Ort verlassen möchten, benötigen<br />

Sie e<strong>in</strong>e Genehmigung der Ausländerbehörde, die umgangsprachlich<br />

„Urlaubssche<strong>in</strong>“ genannt wird (Ausnahmen siehe Kapitel<br />

„Urlaubssche<strong>in</strong>e“).<br />

Nach dem AufenthG gilt <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit e<strong>in</strong>er Duldung e<strong>in</strong>e<br />

Residenzpflicht <strong>für</strong> das jeweilige Bundesland. Nur <strong>in</strong> besonders<br />

begründeten E<strong>in</strong>zelfällen darf der Aufenthalt darüber h<strong>in</strong>aus<br />

beschränkt werden (Residenzpflicht <strong>für</strong> den Landkreis oder die Stadt).<br />

Die Thür<strong>in</strong>ger Praxis, den Aufenthalt generell auf die Stadt oder den<br />

Landkreis zu beschränken, ist daher rechtlich fragwürdig.<br />

Wenn Sie sich an e<strong>in</strong>em unbekannten Ort aufhalten, kann unter<br />

bestimmten Voraussetzungen die Polizei nach Ihnen fahnden.<br />

4.1 Räumliche<br />

Beschränkung des<br />

Aufenthaltes <strong>für</strong><br />

Asylsuchende und<br />

<strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit<br />

Duldung<br />

Residenzpflicht<br />

31


Residenzpflicht<br />

32<br />

WICHTIG!<br />

Wenn Sie gegen die Residenzpflicht verstoßen, handelt es sich<br />

beim ersten Mal um e<strong>in</strong>e Ordnungswidrigkeit und schon beim<br />

zweiten Mal um e<strong>in</strong>e Straftat. Dies gilt auch dann, wenn Sie<br />

Ihren Landkreis nur kurz ohne „Urlaubssche<strong>in</strong>“ verlassen oder<br />

nach e<strong>in</strong>em erlaubten Verlassen verspätet zurückkehren.<br />

Dieser Verstoß wird <strong>in</strong> Ihrer Akte bei der Ausländerbehörde vermerkt.<br />

Das spielt zwar <strong>für</strong> Ihr Asylverfahren ke<strong>in</strong>e Rolle, kann<br />

sich aber auf Ihren späteren Aufenthalt negativ auswirken.<br />

Wenn e<strong>in</strong> Bußgeld verhängt wird, erkundigen Sie sich, ob Sie<br />

diesen Geldbetrag auch <strong>in</strong> Raten an die zuständige Bußgeldstelle<br />

zurückzahlen können.<br />

Ausnahmen von der Residenzpflicht (§ 58 Abs. 4 AsylVfG): Wenig<br />

bekannt bei Polizei, Behörden und Gerichten ist, dass <strong>für</strong> Asylsuchende<br />

das vorübergehende Verlassen des Geltungsbereichs der Aufenthaltsgestattung<br />

ohne Erlaubnis zulässig ist,<br />

wenn das Bundesamt den Asylsuchenden als Asylberechtigten<br />

oder Konventionsflüchtl<strong>in</strong>g anerkannt hat, auch wenn diese<br />

Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, weil zum Beispiel der<br />

Bundesbeauftragte oder das BAMF noch dagegen klagen oder die<br />

Rechtsmittelfrist noch läuft;<br />

wenn die Anerkennung als Asylberechtigter oder Konventionsflüchtl<strong>in</strong>g<br />

bereits rechtskräftig ist, der Flüchtl<strong>in</strong>gspass aber noch<br />

auf sich warten lässt;<br />

wenn e<strong>in</strong>e Abschiebung des Asylsuchenden unabhängig vom<br />

Ausgang des Asylverfahrens aus rechtlichen oder tatsächlichen<br />

Gründen auf Dauer ausgeschlossen ist.<br />

Die Regelung gilt auch <strong>für</strong> den Ehepartner und die m<strong>in</strong>derjährigen<br />

K<strong>in</strong>der der von der Residenzpflicht ausgenommenen Asylsuchenden.<br />

Aktiv gegen die Residenzpflicht<br />

The Voice Refugee Forum Germany ist e<strong>in</strong> Netzwerk von politisch<br />

aktiven <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n und Aktivisten, die gegen die <strong>in</strong>humane<br />

Situation von <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen und Deutschland<br />

kämpfen. Sie setzen sich <strong>für</strong> Menschenrechte <strong>in</strong> Deutschland<br />

und <strong>in</strong> ihren Herkunftsländern e<strong>in</strong>. Sie protestieren öffentlich<br />

gegen die Residenzpflicht. The VOICE Refugee Forum me<strong>in</strong>t,<br />

dass die „Residenzpflicht“ die Menschenrechte von <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n<br />

<strong>in</strong> Deutschland verletzt und fordert deshalb ihre Abschaffung<br />

(siehe Adressverzeichnis unter Jena).<br />

Sie erhalten „Urlaubssche<strong>in</strong>e“ (Erlaubnis zum Verlassen des Wohnortes)<br />

bei der Ausländerbehörde. Sie müssen persönlich dort h<strong>in</strong> gehen<br />

und erklären, aus welchem Grund Sie wann, wie lange woh<strong>in</strong> fahren<br />

wollen. Die Ausländerbehörde kann e<strong>in</strong>en Nachweis verlangen. Das<br />

kann zum Beispiel e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ladung, e<strong>in</strong>e Adresse oder ähnliches se<strong>in</strong>.<br />

Im Gesetz steht: „Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran e<strong>in</strong> dr<strong>in</strong>gendes<br />

öffentliches Interesse besteht, zw<strong>in</strong>gende Gründe es erfordern<br />

oder die Versagung e<strong>in</strong>e unbillige Härte bedeuten würde.“ (§ 58 Abs.<br />

1 AsylVfG, § 12 Abs. 5 AufenthG).<br />

Wenn Sie Term<strong>in</strong>e bei Behörden oder Gerichten haben, bei denen Sie<br />

persönlich ersche<strong>in</strong>en müssen, benötigen Sie ke<strong>in</strong>en „Urlaubssche<strong>in</strong>“.<br />

Sie müssen e<strong>in</strong>e Vorladung oder schriftliche E<strong>in</strong>ladung bei sich tragen.<br />

Wenn Sie Term<strong>in</strong>e bei Anwälten, beim UNHCR oder bei Organisationen<br />

haben, die sich mit der Betreuung von <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n befassen, soll<br />

Ihnen der „Urlaubssche<strong>in</strong>“ ausgestellt werden (§ 58 Abs. 2 AsylVfG).<br />

Da<strong>für</strong> ist es hilfreich, der Ausländerbehörde e<strong>in</strong>e schriftliche Term<strong>in</strong>bestätigung<br />

des Anwaltes, des UNHCR oder der Beratungsstelle etc<br />

vorzulegen. Um legal reisen zu können, reicht es nicht, den „Urlaubssche<strong>in</strong>“<br />

zu beantragen, sondern Sie benötigen die Erlaubnis der<br />

Ausländerbehörde.<br />

Andere Gründe um e<strong>in</strong>en „Urlaubssche<strong>in</strong>“ zu bekommen, s<strong>in</strong>d zum<br />

Beispiel wenn Sie:<br />

Ihre Eltern, K<strong>in</strong>der oder Ihren Ehepartner besuchen wollen,<br />

wegen Taufe, Hochzeit oder Todesfall nahe Verwandte besuchen<br />

möchten,<br />

e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> bei e<strong>in</strong>em Arzt oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Krankenhaus haben,<br />

an religiösen Veranstaltungen teilnehmen wollen,<br />

an e<strong>in</strong>er (nicht verbotenen) politischen Versammlung oder<br />

Demonstration teilnehmen möchten,<br />

an e<strong>in</strong>er Veranstaltung des Sportvere<strong>in</strong>s, <strong>in</strong> dem Sie Mitglied s<strong>in</strong>d,<br />

teilnehmen wollen<br />

oder Ihre K<strong>in</strong>der an e<strong>in</strong>em Schulausflug oder e<strong>in</strong>er Klassenreise<br />

(auch <strong>in</strong>s Ausland) teilnehmen möchten.<br />

Sie können „Urlaubssche<strong>in</strong>e“ immer dann beantragen, wenn Sie diese<br />

benötigen. Die Ausländerbehörde kann Ihnen e<strong>in</strong>en „Urlaubssche<strong>in</strong>“<br />

<strong>in</strong>sbesondere dann ausstellen, wenn es <strong>für</strong> Sie unbed<strong>in</strong>gt erforderlich<br />

ist oder e<strong>in</strong>e Ablehnung <strong>für</strong> Sie kaum zumutbar wäre. Für Urlaubssche<strong>in</strong>e<br />

aus anderen Gründen und <strong>für</strong> „Urlaubssche<strong>in</strong>e“ von geduldeten<br />

<strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Städten und Landkreisen <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen<br />

e<strong>in</strong>e Gebühr verlangt. Der „Urlaubssche<strong>in</strong>“ ist nur <strong>für</strong> die Reise und<br />

den Zeitraum gültig, wo<strong>für</strong> Sie ihn beantragt haben. Für den Fall e<strong>in</strong>er<br />

Personenkontrolle müssen Sie ihn immer bei sich haben.<br />

Sollte Ihr Antrag auf Erteilung e<strong>in</strong>es „Urlaubssche<strong>in</strong>es“ abgelehnt werden,<br />

bestehen Sie darauf, dass Sie diese Ablehnung schriftlich erhal-<br />

4.2<br />

„Urlaubssche<strong>in</strong>e“<br />

<strong>für</strong> Asylsuchende<br />

und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong><br />

mit Duldung<br />

Residenzpflicht<br />

33


Residenzpflicht<br />

34<br />

4.3<br />

Wohnsitzauflage<br />

zur Aufenthaltserlaubnis<br />

ten. Sie können sich dann mit rechtlichen Mitteln gegen die Ablehnung<br />

wehren. Gegen die Versagung von „Urlaubssche<strong>in</strong>en“ können<br />

Sie gegebenenfalls vor dem Verwaltungsgericht klagen.<br />

Bei <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n mit Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen<br />

(§§ 22, 23, 23a, 24, 25 AufenthG) wird <strong>in</strong> den Aufenthaltstitel e<strong>in</strong>e<br />

Auflage e<strong>in</strong>getragen, die die „Wohnsitznahme“ auf Thür<strong>in</strong>gen<br />

beschränkt. Sie dürfen zwar jederzeit den Stadt- oder Landkreis verlassen<br />

und (auch <strong>in</strong>s Ausland) reisen. E<strong>in</strong>e Wohnung mieten und sich<br />

dort „anmelden“ dürfen Sie aber nur <strong>in</strong> dem <strong>in</strong> Ihrem Aufenthaltstitel<br />

vermerkten Stadt- oder Landkreis/ Bundesland. Auch der Bezug von<br />

Sozialleistungen ist <strong>in</strong> der Regel nur dort möglich:<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong>e Flüchtl<strong>in</strong>gsanerkennung besitzen (§ 25 Abs. 1 oder<br />

2 AufenthG), können Sie versuchen, mit Hilfe e<strong>in</strong>es Anwalts<br />

gegen die „Wohnsitzauflage“ vorzugehen, da die Beschränkung<br />

gegen <strong>in</strong>ternationales Recht (GFK und Europäisches Fürsorgeabkommen)<br />

verstößt.<br />

Wenn Sie an e<strong>in</strong>em anderen Ort <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e Arbeit f<strong>in</strong>den,<br />

durch die Sie längerfristig unabhängig von Sozialleistungen<br />

werden, muss die Wohnsitzauflage gestrichen werden.<br />

Wenn Sie an e<strong>in</strong>em anderen Ort <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e Arbeit f<strong>in</strong>den,<br />

durch die Sie e<strong>in</strong>en wesentlichen Teil Ihres E<strong>in</strong>kommens selbst<br />

verdienen können, s<strong>in</strong>d Sie nach dem SGB II gesetzlich verpflichtet,<br />

diese Arbeit auch anzunehmen. Deshalb muss nach unserer<br />

Me<strong>in</strong>ung auch <strong>in</strong> diesem Fall die „Wohnsitzauflage“ gestrichen<br />

werden.<br />

Wenn Ihre engen Familienangehörigen (Ehepartner, K<strong>in</strong>der) an<br />

e<strong>in</strong>em anderen Ort <strong>in</strong> Deutschland leben, muss die „Wohnsitzauflage“<br />

so geändert werden, dass Sie als Familie geme<strong>in</strong>sam leben<br />

können. Das gilt auch, wenn Sie zu anderen Familienangehörigen<br />

(z.B. Großeltern, Tante, Geschwister usw.) umziehen müssen, weil<br />

Ihre Familienangehörigen wegen Krankheit oder Beh<strong>in</strong>derung längerfristig<br />

oder auf Dauer auf Hilfe und Pflege durch Sie angewiesen<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Wenn sonstige Gründe vorliegen, die auch e<strong>in</strong>e Umverteilung<br />

rechtfertigen würden (siehe Kapitel 5.2), muss die „Wohnsitzauflage“<br />

ebenfalls geändert werden.<br />

WICHTIG!<br />

Mit e<strong>in</strong>er Flüchtl<strong>in</strong>gsanerkennung dürfen sie auf ke<strong>in</strong>en Fall <strong>in</strong><br />

Ihr Herkunftsland reisen, weil Sie sonst Ihren Aufenthaltsstatus<br />

unwiderruflich verlieren! Diese Gefahr besteht häufig auch bei<br />

e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3, 4 oder 5 AufenthG,<br />

meist jedoch nicht bei e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis nach § 23 oder<br />

23a AufenthG.<br />

5. Unterbr<strong>in</strong>gung und Umverteilung<br />

Nach 3 Monaten Aufenthalt <strong>in</strong> der Landesaufnahmestelle <strong>in</strong> Eisenberg<br />

(Thür<strong>in</strong>gen) werden Sie als Asylsuchender e<strong>in</strong>er GU zugewiesen<br />

(meist aber früher). Dabei muss die Geme<strong>in</strong>schaft von Ehepartnern<br />

und m<strong>in</strong>derjährigen K<strong>in</strong>dern berücksichtigt werden. Wenn Sie den<br />

Wunsch haben, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ganz bestimmten GU oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Ort zu wohnen, sagen Sie das dem Sozialbetreuer so zeitig wie<br />

möglich. Wir empfehlen Ihnen jedoch, Ihren Wunsch mit e<strong>in</strong>er guten<br />

Begründung umgehend schriftlich beim Landesverwaltungsamt zu<br />

äußern.<br />

Gründe s<strong>in</strong>d zum Beispiel:<br />

Sie möchten zu Ihren Familienangehörigen (Ehepartner, K<strong>in</strong>der),<br />

Verwandten (Geschwister, Onkel, Tante, Cous<strong>in</strong>s und Cous<strong>in</strong>en)<br />

oder guten Freunden aus dem Herkunftsland.<br />

Sie haben e<strong>in</strong>e Erkrankung, die nur an diesem Ort behandelt werden<br />

kann. Bitte legen Sie auch hier ärztliche Stellungnahmen oder<br />

Atteste vor.<br />

Wenn Sie aus guten Gründen nicht <strong>in</strong> die zugewiesene GU wollen,<br />

haben Sie zwei Wochen Zeit, dagegen beim zuständigen Verwaltungsgericht<br />

zu klagen (siehe Kapitel 1.4). Bis das Gericht entschieden hat,<br />

müssen Sie erst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> die zugewiesene GU ziehen.<br />

Als Asylsuchender haben Sie das Recht, an den gleichen Ort wie Ihr<br />

Ehepartner und Ihre K<strong>in</strong>der unter 18 Jahren zugewiesen zu werden,<br />

auch wenn diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Bundesland leben (§§ 50, 51<br />

AsylVfG; Art. 6 GG). Das selbe Recht gilt auch <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit<br />

e<strong>in</strong>er Duldung (Ermessen, § 60a AufenthG; Art. 6 GG).<br />

Es ist auch möglich, wegen anderer bedeutender Gründe „umverteilt“<br />

zu werden. Sie müssen Ihren schriftlichen Antrag bei der<br />

Ausländerbehörde gut begründen - gegebenenfalls auch mit Attesten<br />

und/ oder Stellungnahmen von Ihrem Arzt, Psychologen, Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

oder politischen Organisationen usw.<br />

Gründe <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Umverteilung:<br />

Sie brauchen e<strong>in</strong>e spezielle ärztliche oder therapeutische Behandlung,<br />

die nur an bestimmten Orten oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Bundesland<br />

möglich ist.<br />

Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Ihrem Heim nicht sicher, weil Sie bedroht werden.<br />

Sie benötigen aufgrund von Krankheit, Schwangerschaft, Alter,<br />

Gebrechlichkeit oder mangelnder Deutschkenntnisse dr<strong>in</strong>gend<br />

Hilfe von Familienangehörigen.<br />

Sie wollen zu anderen Familienangehörigen umverteilt werden,<br />

um diese zu pflegen.<br />

5.1 Zuweisung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft<br />

(GU) <strong>für</strong><br />

Asylsuchende<br />

5.2 Umverteilung<br />

<strong>für</strong> Asylsuchende<br />

und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong><br />

mit Duldung<br />

Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

35


Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

36<br />

Sie können an Ihrem derzeitigen Aufenthaltsort Ihre Religion nicht<br />

ausüben und es ist an e<strong>in</strong>em anderen Ort nachgewiesen, dass dort<br />

e<strong>in</strong>e solche Religionsgeme<strong>in</strong>schaft existiert.<br />

Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nicht verbotenen politischen Organisation tätig,<br />

die sich weit weg von Ihrer GU bef<strong>in</strong>det.<br />

Wenn die zuständige Behörde Ihren „Antrag auf Umverteilung“<br />

ablehnt, muss dies schriftlich erfolgen. Sie haben die Möglichkeit,<br />

gegen diesen Bescheid <strong>in</strong>nerhalb von zwei Wochen nach Zustellung<br />

beim zuständigen Verwaltungsgericht zu klagen (siehe Kapitel 1.4).<br />

Umverteilung <strong>in</strong>nerhalb Thür<strong>in</strong>gens<br />

Wollen Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere GU <strong>in</strong>nerhalb Thür<strong>in</strong>gens umverteilt werden,<br />

müssen Sie e<strong>in</strong>en schriftlichen „Antrag auf Umverteilung“ bei<br />

Ihrer Ausländerbehörde stellen. Begründen Sie den Antrag ausführlich<br />

(siehe „Gründe <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Umverteilung“). Über diesen Antrag entscheidet<br />

die Ausländerbehörde, <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> Absprache mit dem Sozialamt<br />

des aufnehmenden Landkreises/ der kreisfreien Stadt.<br />

Umverteilung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> anderes Bundesland<br />

Hierzu stellen Sie ebenfalls e<strong>in</strong>en schriftlichen „Antrag auf<br />

Umverteilung“ mit Ihren Gründen bei der zuständigen Behörde des<br />

Bundeslandes, <strong>in</strong> das Sie umziehen wollen. Sie können diesen länderübergreifenden<br />

Umverteilungsantrag aber auch bei Ihrer Ausländerbehörde<br />

e<strong>in</strong>reichen. Diese wird ihn dann über das Landesverwaltungsamt<br />

an die zuständige Behörde des anderen Bundeslandes weiterleiten.<br />

Ob dem Antrag zugestimmt wird, hängt von der Landesbehörde<br />

<strong>in</strong> dem Bundesland ab, <strong>in</strong> welches Sie ziehen wollen. Allerd<strong>in</strong>gs wird<br />

e<strong>in</strong>er Umverteilung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> anderes Bundesland aus unserer Erfahrung<br />

eher selten zugestimmt, meist nur bei sehr wichtigen Gründen. Sie<br />

müssen häufig sehr lange, bis zu mehreren Monaten auf den endgültigen<br />

Bescheid warten. Wenn Sie nach mehreren Wochen noch ke<strong>in</strong>e<br />

Antwort haben, bitten Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Beratungsstelle darum, telefonisch<br />

rückzufragen.<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong>e Duldung haben, müssen Sie e<strong>in</strong>en Antrag auf e<strong>in</strong>e<br />

Duldung bei der Ausländerbehörde des neuen Wohnortes <strong>in</strong> dem anderen<br />

Bundesland stellen. In diesem Fall gibt es leider häufig Streit über<br />

die Zuständigkeit und das richtige Antragsverfahren, so dass die<br />

Unterstützung durch e<strong>in</strong>en Anwalt hilfreich ist. Der Anspruch ist nur<br />

sehr schwer durchsetzbar. E<strong>in</strong>e Chance besteht wohl nur <strong>in</strong> Fällen des<br />

angestrebten Zusammenlebens mit e<strong>in</strong>em an e<strong>in</strong>em anderen Ort lebenden<br />

Ehepartner oder m<strong>in</strong>derjährigen K<strong>in</strong>dern.<br />

Das Leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft (GU) wird <strong>für</strong> Sie sowie<br />

<strong>für</strong> alle anderen Bewohner nicht leicht zu bewältigen se<strong>in</strong>. Sie werden<br />

voraussichtlich längere Zeit dort verbr<strong>in</strong>gen. Das Leben mit vielen<br />

fremden Menschen auf engem Raum bedeutet e<strong>in</strong>e große Belastung<br />

<strong>für</strong> alle. Es gibt <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Landkreisen und kreisfreien<br />

Städten unterschiedliche Bed<strong>in</strong>gungen h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Unterbr<strong>in</strong>gung (GU oder Wohnung), der Leistungsgewährung (Bargeld,<br />

Chipkarten oder Gutsche<strong>in</strong>e) und der Qualität der sozialen<br />

Betreuung und Beratung. Ebenso ist der Zugang zur gesundheitlichen<br />

Versorgung, zu Bildungs- und Kulturangeboten sehr unterschiedlich.<br />

Es gibt Hausregeln und Vorschriften <strong>in</strong> jedem Heim, welche das<br />

Zusammenleben erleichtern sollen.<br />

Sie haben <strong>in</strong> der GU Anspruch auf m<strong>in</strong>destens sechs qm Platz, aber<br />

nicht auf e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelzimmer. Trotzdem sollte es Ihnen ermöglicht werden,<br />

e<strong>in</strong>e gewisse Intimität zu bewahren. Bei Problemen mit Ihren<br />

Mitbewohnern fragen Sie nach Möglichkeiten, die Wohnung oder das<br />

Zimmer zu tauschen.<br />

Sie haben das Recht, Ihre Religion auszuüben. Sie dürfen auch Besuch<br />

empfangen. In der Regel wird dieser nur bis 22 Uhr bleiben dürfen.<br />

Wenn Ihr Besuch übernachten möchte, erkundigen Sie sich vorher,<br />

welche Vorschriften <strong>in</strong> Ihrer GU gelten. Manchmal gibt es Übernachtungsmöglichkeiten<br />

<strong>in</strong> Besucherzimmern. Da<strong>für</strong> wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

Unterkünften Geld verlangt.<br />

Es kommt vor, dass die Leitung der GU <strong>in</strong> Ausnahmefällen die<br />

Zimmer kontrolliert. Sollte es sich nicht um e<strong>in</strong>e akute Gefahr (Feuer<br />

usw.) handeln, dürfen Kontrollen nur <strong>in</strong> Ihrer Anwesenheit erfolgen.<br />

Für Rout<strong>in</strong>e-Kontrollen gibt es ke<strong>in</strong>e rechtliche Grundlage.<br />

Wenn Sie Probleme <strong>in</strong> der Unterkunft haben oder Hilfen zur<br />

Orientierung im Alltag benötigen, wenden Sie sich an die<br />

Sozialbetreuer. Diese s<strong>in</strong>d zur Regelung solcher Fragen da. Sie könnnen<br />

sich aber auch an Beratungsstellen oder andere Ansprechpartner<br />

wenden. Adressen dazu f<strong>in</strong>den Sie h<strong>in</strong>ten <strong>in</strong> diesem Heft.<br />

Postzustellung <strong>in</strong> der GU<br />

Die Zustellung Ihrer Post ist <strong>für</strong> Sie wichtig, weil Sie im Asylverfahren<br />

Fristen e<strong>in</strong>halten müssen, die sich auf das Zustellungsdatum beziehen.<br />

In der Regel erfolgt die Postzustellung im Asylverfahren mittels e<strong>in</strong>er<br />

Postzustellungsurkunde. Der Postbote muss <strong>in</strong> der Zustellungsurkunde<br />

notieren, wem er das Schriftstück zugestellt hat. Zustellungen und<br />

formlose Mitteilungen muss der Postbote Ihnen grundsätzlich persönlich<br />

zustellen (laut Rundschreiben des Landesverwaltungsamts<br />

vom 24.04.2006). Ist dies nicht möglich, ist e<strong>in</strong>e Ersatzzustellung an<br />

den Heimleiter oder dessen Vertreter möglich.<br />

Postausgabe- und Postverteilungszeiten <strong>in</strong> der GU müssen <strong>für</strong> jeden<br />

Werktag (Montag-Freitag) durch e<strong>in</strong>en Aushang bekannt gegeben werden.<br />

Ist e<strong>in</strong>e Ersatzzustellung nicht möglich, müssen Sie e<strong>in</strong>e<br />

Benachrichtigung (an der Tür angeheftet, im Hausbriefkasten) erhalten,<br />

auf der Ihnen mitgeteilt wird, wo Sie Ihre Post abholen können.<br />

5.3 Lebenssituation<br />

<strong>in</strong> der<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft<br />

Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

37


Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

38<br />

5.4 E<strong>in</strong>zelunterbr<strong>in</strong>gung<br />

Laut Thür<strong>in</strong>ger Flüchtl<strong>in</strong>gsaufnahmegesetz sollen Personen mit e<strong>in</strong>er<br />

Duldung <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen „<strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaftsunterkünften“<br />

untergebracht werden (§ 2 Abs. 1 ThürFlüAG). Wenn Sie schon länger<br />

als 12 Monate <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er GU leben oder voraussichtlich länger als 12<br />

Monate <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er GU leben werden, ist die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>zelunterkunft (Wohnung) möglich. Wohnungen sollen vorrangig<br />

Familien und Alle<strong>in</strong>stehende mit K<strong>in</strong>dern erhalten (§ 2 Abs. 2<br />

ThürFlüAG). Voraussetzung ist, dass <strong>für</strong> die E<strong>in</strong>zelunterkunft ke<strong>in</strong>e<br />

höheren Kosten entstehen als <strong>für</strong> die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er GU.<br />

Leben Sie mit e<strong>in</strong>er Aufenthaltsgestattung oder Duldung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft GU, können Sie mit Angabe von Gründen<br />

e<strong>in</strong>en Antrag auf E<strong>in</strong>zelunterbr<strong>in</strong>gung stellen. Gründe können unter<br />

anderen se<strong>in</strong>:<br />

Sie leben seit mehr als 12 Monaten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er GU oder werden voraussichtlich<br />

länger als 12 Monate dort untergebracht se<strong>in</strong>.<br />

Sie s<strong>in</strong>d besonderen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt und<br />

leiden an schwerwiegenden psychischen oder physischen Erkrankungen.<br />

Sie verfügen über ke<strong>in</strong>e abgetrennte Wohnung oder über wohnungsähnliche<br />

Bereiche<br />

Die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> der GU belastet vor allem das Leben <strong>in</strong> der<br />

Familie und die Erziehung der K<strong>in</strong>der<br />

Schulpflichtige K<strong>in</strong>der verfügen über ke<strong>in</strong>en ausreichenden Raum,<br />

z.B. <strong>für</strong> die Bewältigung schulischer Aufgaben und zum Lernen<br />

Schwerwiegende andere Gründe, die e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> der GU <strong>für</strong> Sie unerträglich<br />

machen, können Sie auch geltend machen. Besonders <strong>für</strong><br />

Familien und Alle<strong>in</strong>erziehende mit K<strong>in</strong>dern besteht e<strong>in</strong>e Chance auf<br />

E<strong>in</strong>zelunterbr<strong>in</strong>gung außerhalb der GU.<br />

Sie haben zwar ke<strong>in</strong>en Rechtsanspruch auf e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelunterbr<strong>in</strong>gung.<br />

Die Behörde ist aber gesetzlich verpflichtet, Ihre privaten Interessen<br />

gegen das öffentliche Interesse abzuwägen (Ermessen, § 53 AsylVfG,<br />

§ 61 AufenthG). Zu letzterem zählen u.a. auch die <strong>für</strong> das Sozialamt<br />

entstehenden Kosten <strong>für</strong> die Unterbr<strong>in</strong>gung.<br />

Deshalb muss der Antrag von Ihnen möglichst schriftlich mit e<strong>in</strong>er<br />

ausführlichen Begründung beim zuständigen Sozialamt oder der<br />

Ausländerbehörde gestellt werden. Denken Sie daran, bei Krankheit<br />

ärztliche Besche<strong>in</strong>igungen oder weitere Nachweise beizulegen.<br />

Die Entscheidung über Ihren Antrag trifft das Sozialamt. Sie erhalten<br />

e<strong>in</strong>en schriftlichen Bescheid, ob Sie die Genehmigung erhalten oder<br />

nicht. Gegen diesen Bescheid können Sie Klage und ggf. e<strong>in</strong>en<br />

Eilantrag beim zuständigen Verwaltungsgericht e<strong>in</strong>reichen (siehe<br />

Kapitel 1.4).<br />

Ergeben sich neue Probleme oder Umstände, die Ihren Wunsch auf<br />

E<strong>in</strong>zelunterbr<strong>in</strong>gung begründen, können Sie immer wieder e<strong>in</strong>en<br />

Antrag beim Sozialamt stellen.<br />

TIPP!<br />

Lassen Sie sich bei der Antragstellung von e<strong>in</strong>er Beratungsstelle<br />

oder auch vom Sozialbetreuer <strong>in</strong> der GU helfen.<br />

Begründen Sie deutlich, warum und wie e<strong>in</strong>e Wohnungsunterbr<strong>in</strong>gung<br />

Ihre besonderen Probleme beheben oder wenigstens<br />

mildern könnte. Es reicht hierbei <strong>in</strong> der Regel nicht aus,<br />

Probleme zu nennen, die alle Heimbewohner haben.<br />

Asylsuchende und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit e<strong>in</strong>er Duldung erhalten gemäß § 6<br />

Abs.1 ThürFlüAG <strong>für</strong> die E<strong>in</strong>zelunterkunft ke<strong>in</strong>en Mietvertrag mit<br />

dem Eigentümer der Wohnung, sondern nur e<strong>in</strong>en „Nutzungsvertrag“<br />

mit der Stadt oder dem Landkreis. Sie haben deshalb nicht die gleichen<br />

Rechte gegenüber dem Eigentümer der Wohnung, die normalerweise<br />

<strong>in</strong> Deutschland nach dem Gesetz <strong>für</strong> jeden Mieter e<strong>in</strong>er Wohnung gelten.<br />

Das Sozialamt muss im Rahmen e<strong>in</strong>es solchen Nutzungsvertrages <strong>für</strong><br />

alle Energie- und Nebenkosten aufkommen, die <strong>für</strong> Ihre Wohnung<br />

anfallen, wenn Sie über ke<strong>in</strong> eigenes E<strong>in</strong>kommen verfügen. Sollte z.B.<br />

Ihr Energieverbrauch den nach §§ 2 bzw. 3 AsylbLG veranschlagten<br />

Betrag übersteigen, darf die Kommune die Mehrkosten von Ihnen<br />

nicht zurückfordern.<br />

Verfügen Sie über e<strong>in</strong> eigenes E<strong>in</strong>kommen, dann werden Sie entsprechend<br />

Ihres E<strong>in</strong>kommens an den Kosten <strong>für</strong> die E<strong>in</strong>zelunterbr<strong>in</strong>gung<br />

beteiligt. Sie können <strong>in</strong> diesem Fall auch versuchen, selbstständig e<strong>in</strong>e<br />

Wohnung anzumieten und die Kosten aus Ihrem E<strong>in</strong>kommen zu tragen.<br />

Hierzu benötigen Sie aber e<strong>in</strong>e Genehmigung des Landkreises<br />

bzw. der Stadt oder e<strong>in</strong>en entsprechenden Beschluss e<strong>in</strong>es Gerichtes.<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach<br />

§§ 23 Abs. 1, 23a, 25 Abs. 1-3, § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG erhalten,<br />

besteht e<strong>in</strong> Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch<br />

(SGB II oder SGB XII). Sie können dann auch e<strong>in</strong>e eigene Wohnung<br />

anmieten, sofern die Miethöhe „angemessen" ist. Dabei werden die<br />

Personenzahl und das an Ihrem Wohnort übliche Mietniveau berücksichtigt.<br />

Bitte erkundigen Sie sich bei Ihrem Sozialamt bzw. dem<br />

Träger der Grundsicherung <strong>für</strong> Arbeitsuchende, welche Mietobergrenzen<br />

<strong>in</strong> Ihrem Fall gelten.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1 oder § 25 Abs.<br />

5 AufenthG fallen Sie weiterh<strong>in</strong> unter das AsylbLG. Daraus ergibt sich<br />

noch ke<strong>in</strong> Rechtsanspruch auf e<strong>in</strong>e eigene Wohnung. Auch hier ist es<br />

aber möglich, e<strong>in</strong>en Antrag auf e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelunterbr<strong>in</strong>gung wie oben<br />

aufgeführt zu stellen und mit dem absehbar längerfristig oder auf<br />

Dauer gesicherten Aufenthaltsrecht zu begründen.<br />

Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

39


Soziale Leistungen<br />

40<br />

5.5 Mitteilungspflicht<br />

<strong>für</strong> Asylsuchende<br />

und<br />

<strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit<br />

Duldung<br />

6.1 Leistungen<br />

nach Asylbewerberleistungsgesetz<br />

(AsylbLG),<br />

Arbeitslosengeld<br />

(ALG) II oder<br />

Sozialhilfe<br />

Wann immer Sie als Asylsuchender oder geduldeter Flüchtl<strong>in</strong>g umziehen<br />

- egal ob <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere GU, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Wohnung, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Stadt<br />

oder e<strong>in</strong> anderes Bundesland - müssen Sie diesen Wohnungswechsel<br />

mitteilen. In Ihrem eigenen Interesse sollten Sie Ihre neue Adresse folgenden<br />

Behörden und Personen unverzüglich (!) mitteilen:<br />

„Meldestelle“ der Stadt oder Geme<strong>in</strong>de. Sie müssen e<strong>in</strong> Formular<br />

„Anmeldung“ ausfüllen und bei der zuständigen Stelle an Ihrem<br />

Wohnort (Rathaus, Bürgeramt, Ordnungsamt) abgeben,<br />

Bundesamt (BAMF),<br />

Ausländerbehörde,<br />

Verwaltungsgericht (geben Sie bitte Ihr Aktenzeichen mit an),<br />

Ihrem Anwalt,<br />

Ihren Betreuern, Sozialberatern, Beratungsstellen, Ansprechpartnern<br />

usw.<br />

Häufig werden Asylanträge deshalb abgelehnt, weil die neue Anschrift<br />

nicht rechtzeitig mitgeteilt wurde und somit wichtige Fristen versäumt<br />

wurden.<br />

Wenn Sie bereits e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis haben, reicht die<br />

Anmeldung bei der Meldestelle am neuen Wohnort.<br />

Tipp!<br />

Auch wenn Sie sich unerlaubt <strong>für</strong> längere Zeit an e<strong>in</strong>em anderen<br />

Ort als dem Ihnen zugewiesenen aufhalten, sollten Sie e<strong>in</strong>er<br />

vertrauten Person Ihre Adresse oder zum<strong>in</strong>dest Telefonnummer<br />

geben, um über Postzustellungen oder Mitteilungen vom<br />

Heimleiter <strong>in</strong>formiert zu werden. Auch Ihr Anwalt muss wissen,<br />

wie er Sie erreicht, falls er Kontakt zu Ihnen aufnehmen muss.<br />

6. Soziale Leistungen und mediz<strong>in</strong>ische<br />

Versorgung<br />

a) Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)<br />

Wer se<strong>in</strong>en notwendigen Lebensunterhalt mangels ausreichendem<br />

E<strong>in</strong>kommen und Vermögen nicht selbst sichern kann oder wegen des<br />

Arbeitsverbotes nicht selbst sichern darf, hat Anspruch auf soziale<br />

Leistungen vom Staat. Ausländer erhalten Leistungen nach dem<br />

Asylbewerberleistungsgesetz, wenn sie:<br />

e<strong>in</strong>e Aufenthaltsgestattung besitzen,<br />

e<strong>in</strong>e Duldung besitzen,<br />

zur Ausreise verpflichtet s<strong>in</strong>d (zum Beispiel <strong>in</strong> Abschiebehaft, mit<br />

Grenzübertrittsbesche<strong>in</strong>igung, ohne legalen Status usw.),<br />

e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (nach § 25<br />

Abs. 4 Satz 1 oder § 25 Abs. 5 AufenthG) besitzen oder<br />

e<strong>in</strong>en Folgeantrag nach § 71 AsylVfG oder e<strong>in</strong>en Zweitantrag §<br />

71a AsylVfG stellen.<br />

Nach dem AsylbLG erhalten Sie Leistungen <strong>für</strong> Unterkunft,<br />

Ernährung, Kleidung, Hygienebedarf, mediz<strong>in</strong>ische Versorgung und<br />

<strong>für</strong> Ihren persönlichen Bedarf.<br />

Wenn Sie als Ausländer nicht unter das AsylbLG fallen und Ihren<br />

notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst sichern können, erhalten Sie<br />

entweder Sozialhilfe oder ALG II.<br />

b) Arbeitslosengeld II (ALG II)<br />

ALG II erhält, wer zwischen 15 und 64 Jahre alt ist und „erwerbsfähig“<br />

ist. Als „erwerbsfähig“ gilt, wer derzeit oder absehbar <strong>in</strong>nerhalb<br />

der nächsten sechs Monate unter mediz<strong>in</strong>ischen Gesichtspunkten <strong>in</strong><br />

der Lage wäre, m<strong>in</strong>destens drei Stunden am Tag erwerbstätig zu se<strong>in</strong>.<br />

ALG II erhält auch, wer mediz<strong>in</strong>isch gesehen erwerbsfähig ist, aber<br />

zum Beispiel wegen Schulbesuchs oder Betreuung kle<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der<br />

unter drei Jahren derzeit nicht verpflichtet ist, e<strong>in</strong>e Arbeit anzunehmen.<br />

„Sozialgeld“ erhalten nicht erwerbsfähige Angehörige von ALG II-<br />

Empfängern, <strong>in</strong>sbesondere Ihre m<strong>in</strong>derjährigen K<strong>in</strong>der.<br />

Für den Anspruch von Ausländern auf ALG II ist zusätzlich<br />

Voraussetzung, dass Sie e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis besitzen oder rechtlich<br />

gesehen e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis erhalten könnten. E<strong>in</strong> nachrangiger<br />

Arbeitsmarktzugang reicht hier<strong>für</strong> aus, auf die Arbeitsmarktlage vor<br />

Ort kommt es nicht an. Ist diese Voraussetzung ausnahmsweise nicht<br />

erfüllt, besteht Anspruch auf Sozialhilfe.<br />

Ausländer, die nach ihrem Aufenthaltstatus unter das AsylbLG fallen,<br />

haben generell ke<strong>in</strong>en Anspruch auf ALG II.<br />

c) Sozialhilfe nach dem SGB XII<br />

Sozialhilfe als Grundsicherung bei Erwerbsm<strong>in</strong>derung und im<br />

Alter erhalten Menschen ab 65 Jahren. Die Leistung erhält außerdem,<br />

wer über 18 Jahre und dauerhaft erwerbsunfähig ist, das heißt auf<br />

Dauer mediz<strong>in</strong>isch gesehen nicht <strong>in</strong> der Lage wäre, m<strong>in</strong>destens drei<br />

Stunden am Tag erwerbstätig zu se<strong>in</strong>.<br />

Sozialhilfe als Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel<br />

SGB XII erhalten Menschen, die ke<strong>in</strong>e der vorgenannten Leistungen<br />

beanspruchen können. Das s<strong>in</strong>d zum Beispiel Menschen, die vorausssichtlich<br />

länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer erwerbsunfähig<br />

s<strong>in</strong>d. Das ist zum Beispiel auch e<strong>in</strong> deutsches K<strong>in</strong>d, das bei se<strong>in</strong>er<br />

Mutter lebt, die (bisher) nur e<strong>in</strong>e Aufenthaltsgestattung als<br />

Asylsuchende besitzt. E<strong>in</strong>en Anspruch haben auch Ausländer, denen<br />

das Jobcenter ke<strong>in</strong> ALG II zahlt, weil sie ke<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis besitzen.<br />

Ausländer können Sozialhilfe nur dann beanspruchen, wenn sie<br />

nicht vor allem nach Deutschland gekommen s<strong>in</strong>d, um hier von staat-<br />

Soziale Leistungen<br />

41


Soziale Leistungen<br />

42<br />

6.2<br />

Grundleistungen<br />

nach § 3 AsylbLG<br />

lichen Sozialhilfeleistungen zu leben. Ausländer, die nach ihrem<br />

Aufenthaltstatus unter das AsylbLG fallen, haben generell ke<strong>in</strong>en<br />

Anspruch auf Sozialhilfe.<br />

WICHTIG!<br />

Sozialamt, Arbeitsagentur und Ausländerbehörde tauschen<br />

Daten untere<strong>in</strong>ander aus. Menschen ohne legalen Aufenthalt<br />

droht bei der Beantragung von Leistungen Abschiebung oder<br />

Abschiebungshaft, weil das Sozialamt verpflichtet ist, die<br />

Ausländerbehörde oder Polizei zu <strong>in</strong>formieren.<br />

Sozialamt, Arbeitsagentur, Krankenkasse und Rentenversicherung<br />

tauschen Daten über die Beschäftigung von Arbeitnehmern<br />

und den Bezug von Sozialleistungen aus. Wer Sozialleistungen<br />

bezieht und die zuständige Behörden nicht rechtzeitig und vollständig<br />

über se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kommen <strong>in</strong>formiert, geht e<strong>in</strong> großes Risiko<br />

e<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e Strafe zu erhalten, die auch das Aufenthaltsrecht<br />

gefährden kann.<br />

Wenn Sie als Flüchtl<strong>in</strong>g Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG<br />

haben, erhalten Sie während der ersten 36 Monate Grundleistungen<br />

nach § 3 AsylbLG. Je nachdem <strong>in</strong> welcher Stadt oder <strong>in</strong> welchem<br />

Landkreis <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen Sie leben, erhalten Sie Gutsche<strong>in</strong>e, Chipkarten<br />

oder Bargeld. In Thür<strong>in</strong>gen überwiegen noch immer Wertgutsche<strong>in</strong>e,<br />

Chipkarten usw. Zusätzlich zum Grundbetrag erhalten Sie e<strong>in</strong><br />

„Taschengeld“ <strong>für</strong> Ihren persönlichen Bedarf als Bargeld. Es beträgt<br />

monatlich <strong>für</strong> K<strong>in</strong>der bis 13 Jahre 20,45 € und ab 14 Jahren 40,90 €.<br />

In e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft erhalten Sie den Grundbetrag<br />

(abzüglich der D<strong>in</strong>ge, die Ihnen als Sachleistung zur Verfügung<br />

gestellt werden) <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> Form von Chipkarten oder Gutsche<strong>in</strong>en.<br />

Nach dem Gesetz könnte das Sozialamt auch Bargeld auszahlen.<br />

Wenn Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohnung leben, erhalten Sie <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen den<br />

Grundbetrag <strong>in</strong> der Regel als Bargeld.<br />

In der Landesaufnahmestelle Eisenberg erhalten Sie den Grundbetrag<br />

als Sachleistungen. Hier gibt es Geme<strong>in</strong>schaftsverpflegung. Zusätzlich<br />

bekommen Sie das „Taschengeld“.<br />

In Abschiebehaft stehen Ihnen 70% des Barbetrages zu (28,63 €/<br />

Monat). Wenn Sie das Geld nicht bekommen, stellen Sie e<strong>in</strong>en schriftlichen<br />

Antrag darauf! Drängen Sie auf e<strong>in</strong>e schnelle Antwort<br />

(Bescheid).<br />

In Thür<strong>in</strong>gen erhalten Sie monatlich folgende Grundleistungen nach §<br />

3 AsylbLG:<br />

Quelle: Thür<strong>in</strong>ger Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des AsylbLG, 2. Änderungsgesetz<br />

vom 25. August 1998, letzter Stand vom 26.11.2003<br />

a) Ernährung<br />

Sie müssen sich gesund ernähren können. Auch sollen religiöse und<br />

durch Schwangerschaft oder Krankheit bed<strong>in</strong>gte besondere Ernährungsgewohnheiten<br />

bei der Versorgung beachtet werden. Wenn Ihnen<br />

das nicht möglich ist, stellen Sie e<strong>in</strong>en schriftlichen „Antrag auf<br />

besondere Ernährung nach § 6 AsylbLG“ bei Ihrem Sozialamt.<br />

Begründen Sie Ihren Antrag (zum Beispiel Schwangerschaft,<br />

Diabetes, Leber- oder Nierenerkrankung, Krebserkrankung, Magenoder<br />

Darmerkrankung, HIV, Neurodermitis usw.).<br />

b) Hygiene<br />

Mit 8,69 € monatlich soll der Bedarf an Körperpflege und persönlicher<br />

Hygiene abgedeckt werden.<br />

c) Bekleidungsgeld<br />

Das monatliche Bekleidungsgeld <strong>in</strong> Höhe von 17,90 € (bzw. 13,29 €<br />

<strong>für</strong> K<strong>in</strong>der unter 6 Jahren) wird von den Sozialämtern meist halbjährlich<br />

<strong>in</strong> Form von Gutsche<strong>in</strong>en ausgegeben. Das Bekleidungsgeld steht<br />

Ihnen <strong>in</strong> jedem Fall zu, auch wenn Sie noch genügend Kleidung haben.<br />

Soziale Leistungen<br />

43


Soziale Leistungen<br />

44<br />

6.3 Kürzung der<br />

Leistungen<br />

(§ 1 a AsylbLG)<br />

d) Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushaltes (Haushaltsmittel)<br />

Gebrauchsgüter des Haushalts s<strong>in</strong>d zum Beispiel Möbel, Kühlschrank,<br />

Herd, Geschirr, Handtücher, Bettwäsche. Wenn Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft leben, wird Ihnen <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong> Betrag<br />

<strong>für</strong> Haushaltsmittel „von ger<strong>in</strong>gem Wert“ von Ihren Leistungen abgezogen.<br />

Nach dem e<strong>in</strong>deutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG<br />

(„Kosten <strong>für</strong> Unterkunft, Heizung und Hausrat“) s<strong>in</strong>d die Leistungen<br />

<strong>für</strong> „Hausrat“ (auch <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem Wert) jedoch zusätzlich zu den<br />

Grundleistungsbeträgen zu erbr<strong>in</strong>gen. Die <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen übliche<br />

Kürzung <strong>für</strong> Haushaltsmittel um 7,16 € bzw. 4,60 € ist daher nach<br />

unserer Auffassung regelmäßig rechtswidrig.<br />

Verbrauchsgüter des Haushalts s<strong>in</strong>d Haushaltsenergie (Strom, Licht,<br />

Warmwasser) und Putz- und Re<strong>in</strong>igungsmittel (Waschmittel, Spülmittel,<br />

Putzmittel sowie WC-Papier). Der Betrag <strong>für</strong> diese Verbrauchsgüter<br />

kann Ihnen von Ihren Leistungen abgezogen werden, wenn Sie<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft leben. Das geht allerd<strong>in</strong>gs nur, wenn<br />

Ihnen diese Leistungen da<strong>für</strong> im notwendigen Umfang von der<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft kostenlos zur Verfügung gestellt werden.<br />

Werden Ihnen Putz- und Re<strong>in</strong>igungsmittel sowie WC-Papier <strong>in</strong> Ihrer<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft nicht zur Verfügung gestellt, ist auch die<br />

da<strong>für</strong> vorgesehene Kürzung von 6,65 € bzw. 4,09 € pro Person nicht<br />

zulässig. Wenn Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohnung wohnen, müssen Sie Strom und<br />

Gas, Putz- und Re<strong>in</strong>igungsmittel <strong>in</strong> der Regel selbst bezahlen. Auch<br />

dann s<strong>in</strong>d die entsprechenden Kürzungen unzulässig.<br />

Gutsche<strong>in</strong>e und Chipkarten<br />

In Thür<strong>in</strong>gen erhalten Sie meist Gutsche<strong>in</strong>e oder Chipkarten, mit<br />

denen Sie nur <strong>in</strong> bestimmten Geschäften e<strong>in</strong>kaufen dürfen. Nur vere<strong>in</strong>zelt<br />

wird Bargeld ausgezahlt. Für Sie als Flüchtl<strong>in</strong>g bedeutet dies<br />

schon <strong>in</strong> der normalen Alltagsorganisation große E<strong>in</strong>schränkungen.<br />

In Thür<strong>in</strong>gen verfallen Gutsche<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Regel spätestens zwei<br />

Monate nach dem Ausstellungsdatum. Nicht ausgegebene Geldbeträge<br />

auf Ihrem Gutsche<strong>in</strong> können Sie danach nicht mehr verwenden. Auch<br />

Beträge, die auf die Chipkarte gezahlt werden, haben <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong><br />

Verfallsdatum. Der Restbetrag auf der Chipkarte verfällt <strong>in</strong> manchen<br />

Landkreisen Thür<strong>in</strong>gens am Monatsende. Die Kürzung dieses<br />

Restbetrages ist im Gesetz nicht vorgesehen. Unseres Erachtens ist die<br />

E<strong>in</strong>behaltung von Restgeld grundsätzlich rechtswidrig.<br />

Ihre Leistungen können bis auf das Notwendigste gekürzt werden,<br />

wenn:<br />

Sie nur nach Deutschland gekommen se<strong>in</strong> sollten, um soziale<br />

Leistungen zu erhalten (Abs. 1) oder<br />

Ihre derzeit rechtlich zulässige und technisch mögliche<br />

Abschiebung alle<strong>in</strong> aus Gründen, die Sie selbst zu vertreten haben,<br />

nicht erfolgen kann, das heißt, weil Sie zum Beispiel derzeit Ihrer<br />

Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung nicht nachgekommen<br />

s<strong>in</strong>d (zum Beispiel Passdokumente bei der Botschaft nicht beantragt)<br />

oder weil Sie falsche Angaben über Ihre Identität machen<br />

(Abs. 2).<br />

WICHTIG!<br />

Sollten diese Vorwürfe unberechtigt se<strong>in</strong>, wehren Sie sich dagegen!<br />

Wenden Sie sich an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle oder e<strong>in</strong>en<br />

Anwalt, um diese Entscheidung überprüfen zu lassen.<br />

Ausländerbehörde oder Sozialamt müssen Ihnen mitteilen, welche<br />

ganz konkreten Handlungen zur „Mitwirkung“ von Ihnen<br />

erwartet werden (Fahrt zur persönlichen Antragstellung bei der<br />

Botschaft, schriftlicher Antrag per Post, usw.). Die Kosten muss<br />

das Sozialamt bezahlen. Tut es das nicht, hat es auch ke<strong>in</strong><br />

Recht, Ihnen die Leistungen zu kürzen! E<strong>in</strong>e Kürzung ist auch<br />

unzulässig, wenn derzeit - egal ob Sie sich um e<strong>in</strong>en Pass<br />

bemühen oder nicht - ohneh<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Abschiebung möglich ist,<br />

z.B. weil Sie reiseunfähig krank s<strong>in</strong>d, oder weil <strong>für</strong> das Land<br />

oder <strong>für</strong> Ihre ethnische Gruppe e<strong>in</strong>e Abschiebestopp besteht<br />

(Beispiele 2006: Irak, Somalia, Roma aus dem Kosovo).<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 1 a AsylbLG bekommen, darf nur der<br />

Barbetrag (Taschengeld) gekürzt oder gestrichen werden. In<br />

Thür<strong>in</strong>gen wird man auch prüfen, ob Sie Anspruch auf sonstige<br />

Leistungen (siehe § 6 AsylbLG) haben. Sie haben weiterh<strong>in</strong> Anspruch<br />

auf das „unabweisbar Gebotene“, also Sachleistungen <strong>für</strong> Unterkunft,<br />

Heizung, Ernährung und Hygienebedarf. Bei Leistungen, bei denen<br />

nicht täglich e<strong>in</strong> neuer Bedarf entsteht (Kleidung, Ge- und<br />

Verbrauchsgüter des Haushalts) wird die Notwendigkeit dieser<br />

Leistungen geprüft mit Blick darauf, wie lange Sie voraussichtlich<br />

Ihren Aufenthalt <strong>in</strong> Deutschland haben werden. Mediz<strong>in</strong>ische<br />

Versorgung (§§ 4, 6 AsylbLG) muss une<strong>in</strong>geschränkt gewährleistet<br />

werden. Fahrtkosten <strong>für</strong> Fahrten zu Behörden, zum Arzt, sowie alle<br />

Kosten <strong>für</strong> die Passbeschaffung müssen ebenfalls zur Verfügung<br />

gestellt werden.<br />

WICHTIG!<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong>e Aufenthaltsgestattung oder Aufenthaltserlaubnis<br />

besitzen, dürfen Ihre Leistungen grundsätzlich nicht nach § 1 a<br />

AsylbLG gekürzt werden.<br />

Soziale Leistungen<br />

45


Soziale Leistungen<br />

46<br />

6.4 Erhöhung der<br />

Leistungen<br />

(§ 2 AsylbLG)<br />

Sie erhalten erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG, wenn zwei Voraussetzungen<br />

auf Sie zutreffen:<br />

1. Sie haben <strong>in</strong>sgesamt m<strong>in</strong>destens 36 Monate Leistungen nach § 3<br />

AsylbLG erhalten. Die Zeit kann auch unterbrochen se<strong>in</strong>, zum Beispiel<br />

durch eigenes E<strong>in</strong>kommen aus Arbeit oder Bezug anderer<br />

Sozialleistungen. Unterbrechungen von mehr als sechs Monaten, während<br />

derer Sie ke<strong>in</strong>e Leistungen nach dem AsylbLG erhalten haben<br />

und <strong>in</strong> Deutschland „nicht <strong>in</strong>tegriert“ waren, führen h<strong>in</strong>gegen dazu,<br />

dass die 36-Monatsfrist erneut beg<strong>in</strong>nt. Das ist der Fall, wenn Sie zum<br />

Beispiel „untergetaucht“ oder <strong>in</strong> Haft waren.<br />

2. Sie haben die Dauer Ihres Aufenthaltes nicht „rechtsmissbräuchlich“<br />

selbst bee<strong>in</strong>flusst. Das ist immer der Fall bei Asylsuchenden<br />

sowie bei Ausländern mit Aufenthaltserlaubnis.<br />

Die rechtsmissbräuchliche Bee<strong>in</strong>flussung der Dauer Ihres Aufenthaltes<br />

wird Ihnen jedoch zum Beispiel dann vorgeworfen, wenn Sie e<strong>in</strong>e<br />

Duldung haben, aber bei der Passbeschaffung nicht mitwirken oder<br />

falsche Angaben zu Ihrer Identität machen. Auch offensichtlich rechtsmissbräuchliche<br />

Asylfolgeanträge könnten Ihnen vorgeworfen werden.<br />

Die Behörden verweigern die Leistungen nach § 2 AsylbLG <strong>in</strong> der<br />

Praxis allerd<strong>in</strong>gs auch, weil Sie die Möglichkeit e<strong>in</strong>er „freiwilligen<br />

Ausreise“ nicht genutzt haben. Da man dies jedoch allen <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n<br />

vorwerfen könnte, ist die Mehrzahl der Sozialgerichte der Auffassung,<br />

dass dies ke<strong>in</strong> Grund ist, Ihnen die Leistungen nach § 2 zu verweigern.<br />

E<strong>in</strong>e Klage hat also oft Aussicht auf Erfolg (siehe Kapitel 1.4).<br />

Die erhöhten Leistungen nach § 2 AsylbLG richten sich <strong>in</strong> ihrem Inhalt<br />

(Regelsätze, Mehrbedarf, e<strong>in</strong>malige Beihilfen, mediz<strong>in</strong>ische Versorgung<br />

usw.) nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII). Die<br />

Leistungen s<strong>in</strong>d weitgehend identisch mit den sozialen Leistungen<br />

(ALG-II/ Sozialhilfe) <strong>für</strong> Deutsche. In Thür<strong>in</strong>gen bekommen Sie ab<br />

dem 1. Januar <strong>2007</strong> neben den Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung<br />

folgende monatliche Leistungen (Regelsatz):<br />

Ihre m<strong>in</strong>derjährigen K<strong>in</strong>der, mit denen Sie zusammen leben, erhalten<br />

die erhöhten Leistungen nur, wenn m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Elternteil sie erhält.<br />

Das Sozialamt ist gesetzlich verpflichtet, die Leistungen nach den 36<br />

Monaten von sich aus zu erhöhen. Wenn es das nicht getan hat, sollten<br />

Sie mit e<strong>in</strong>em Widerspruch die Leistungen nach § 2 AsylbLG beantragen.<br />

Ob Sie e<strong>in</strong>en rückwirkenden Anspruch auf Leistungen nach §<br />

2 AsylbLG haben, klären Sie bitte mit Ihrem Anwalt.<br />

Wenn Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohnung leben, müssen Sie diese Beträge <strong>in</strong><br />

Form von Bargeld erhalten. Wenn Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft<br />

leben, müssen Sie die Beträge im Regelfall als Bargeld erhalten.<br />

Wenn jedoch „besondere örtliche Umstände“ vorliegen, die<br />

Sachleistungen rechtfertigen, beispielsweise (angeblich) drohende<br />

Konflikte zwischen Empfängern von Bar- und von Sachleistungen,<br />

entscheidet das Sozialamt aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, ob<br />

Sie Gutsche<strong>in</strong>e, Chipkarten oder Bargeld erhalten.<br />

Wenn Sie weiterh<strong>in</strong> Gutsche<strong>in</strong>e oder Chipkarten erhalten, müssen<br />

Sie allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>en erhöhten Barbetrag („Taschengeld”) bekommen.<br />

Der Gesamtwert der Leistungen muss die oben genannten Regelsätze<br />

nach dem SGB XII erreichen. Ab dem Alter von 18 Jahren muss der<br />

Barbetrag m<strong>in</strong>destens 26 % des Regelsatzes betragen, das heißt 89,07<br />

€ pro Monat. Unter 18 Jahren kann der Barbetrag niedriger se<strong>in</strong>.<br />

Zusätzlich haben Sie Anspruch auf „Mehrbedarfszuschläge” und „e<strong>in</strong>malige<br />

Beihilfen” (zum Beispiel monatlicher Mehrbedarfszuschlag bei<br />

Schwangerschaft (58,65 €/ Monat) und <strong>für</strong> Alle<strong>in</strong>erziehende (m<strong>in</strong>destens<br />

41,40 €/ K<strong>in</strong>d pro Monat, bei K<strong>in</strong>dern unter 15 Jahren gegebenenfalls<br />

mehr, maximal 207,00 €/ Monat); e<strong>in</strong>malige Erstausstattung<br />

<strong>für</strong> die Wohnung e<strong>in</strong>schließlich <strong>für</strong> Haushaltsgeräte, Erstausstattung<br />

<strong>für</strong> Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt, Beihilfe <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e<br />

mehrtägige Klassenfahrt Ihres K<strong>in</strong>des usw.).<br />

WICHTIG!<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 2 AsylbLG erhalten, gelten die §§<br />

3 -7 AsylbLG <strong>für</strong> Sie nicht. Die mediz<strong>in</strong>ische Versorgung wird <strong>für</strong><br />

Sie über das Fünfte Sozialgesetzbuch (§ 264 SGB V) im gleichen<br />

Umfang wie bei Deutschen geregelt. Achten Sie bitte <strong>in</strong><br />

den folgenden Kapiteln auf den unterschiedlichen Leistungsumfang<br />

entweder nach § 3 oder nach § 2 AsylbLG.<br />

Dieselben Beträge (Regelsätze und Mehrbedarfszuschläge) erhalten<br />

Sie, wenn Sie ALG II oder Leistungen nach dem SGB XII erhalten.<br />

E<strong>in</strong>e Gewährung von Sachleistungen ist beim ALG II oder SGB XII<br />

nicht möglich. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d Sie beim ALG II verpflichtet, sich auf<br />

Arbeitsstellen zu bewerben, die Ihnen die Arbeitsagentur vorschlägt,<br />

und auch selbst <strong>in</strong>itiativ zu werden, sich zu bewerben und um Arbeit<br />

zu bemühen.<br />

Soziale Leistungen<br />

47


Soziale Leistungen<br />

48<br />

6.5 Mediz<strong>in</strong>ische<br />

Versorgung<br />

(§§ 4, 6 AsylbLG)<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten:<br />

werden die Kosten <strong>für</strong> die Krankenbehandlung vom Sozialamt<br />

übernommen,<br />

haben Sie Anspruch auf „Hilfe bei Krankheit“ (§ 4 AsylbLG) und<br />

auf „Leistungen zur Sicherung der Gesundheit“ (§ 6 AsylbLG).<br />

Sie müssen ärztliche und zahnärztliche Behandlung nach § 4 und 6<br />

AsylbLG erhalten, wenn Sie an e<strong>in</strong>er Erkrankung leiden, die:<br />

akut ist, das heißt Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich<br />

plötzlich, oder<br />

akut behandlungsbedürftig ist, das heißt die Behandlung ist unaufschiebbar<br />

notwendig, oder<br />

mit Schmerzen verbunden ist, oder<br />

die Behandlung zur Sicherung Ihrer Gesundheit unerlässlich ist.<br />

Das heißt, ohne e<strong>in</strong>e Behandlung drohen nicht wieder gut zu<br />

machende gesundheitliche Gefahren oder Folgeschäden<br />

Auch bei e<strong>in</strong>er chronischen Krankheit, die akut behandlungsbedürftig<br />

ist oder Schmerzen verursacht, haben Sie Anspruch auf ärztliche<br />

Behandlung (zum Beispiel: Diabetes). Denn viele chronische Erkrankungen<br />

werden akut, wenn Sie unbehandelt bleiben. Zahnersatz erhalten<br />

Sie nur, wenn die Versorgung im E<strong>in</strong>zelfall unaufschiebbar ist. Wie<br />

<strong>für</strong> Deutsche müssen sämtliche Leistungen bei Schwangerschaft, zur<br />

Entb<strong>in</strong>dung und <strong>in</strong> der Wöchner<strong>in</strong>nenzeit nach der Geburt erbracht<br />

werden. Hierzu zählen auch sämtliche Vorsorgeuntersuchungen (§ 4<br />

Abs. 2 AsylbLG, siehe auch das Kapitel „Schwangerschaft und<br />

Geburt“). Außerdem muss das Sozialamt alle notwendigen und empfohlenen<br />

Impfungen sowie Vorsorgeuntersuchungen <strong>für</strong> K<strong>in</strong>der und<br />

Erwachsene übernehmen (§ 4 Abs. 3 AsylbLG).<br />

TIPP!<br />

E<strong>in</strong> Verweis vom Sozialamt oder von Ärzten darauf, dass Sie<br />

nur Anspruch auf e<strong>in</strong>e „lebensnotwendige“ Behandlung haben,<br />

ist rechtswidrig!<br />

Erhalten Sie höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG oder Leistungen<br />

nach SGB XII, dann:<br />

bekommen Sie ke<strong>in</strong>e Leistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG. Sie<br />

haben nach § 264 SGB V Anspruch auf e<strong>in</strong>e Versichertenkarte und<br />

Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im gleichen<br />

Umfang wie Deutsche;<br />

wird die Krankenbehandlung von der Krankenkasse übernommen.<br />

Die Krankenkasse holt sich vierteljährlich das Geld <strong>für</strong> Ihre<br />

Krankenbehandlung vom Sozialamt zurück;<br />

haben Sie vollen Anspruch auf mediz<strong>in</strong>ische Versorgung. Das<br />

bedeutet, dass jede Erkrankung behandelt wird - auch chronische<br />

Erkrankungen ohne Schmerzen. Sie erhalten auch Zahnersatz ohne<br />

Zuzahlung.<br />

Wenn Sie ALG II erhalten erhalten Sie e<strong>in</strong>e Chipkarte als Mitglied<br />

e<strong>in</strong>er gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 SGB V). Die Beiträge an<br />

die Krankenkasse bezahlt die ArGe. Die Krankenbehandlung übernimmt<br />

die Krankenkasse.<br />

Krankenbehandlungssche<strong>in</strong><br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten brauchen Sie e<strong>in</strong>en<br />

Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> (Kostenübernahmeerklärung) vom Sozialamt,<br />

um e<strong>in</strong>en Arzt aufsuchen zu können.<br />

Wie bekommen Sie e<strong>in</strong>en Krankenbehandlungssche<strong>in</strong>?<br />

Den Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> erhalten Sie <strong>in</strong> der Regel beim<br />

Sozialamt. Sie müssen da<strong>für</strong> Ihre Beschwerden äußern (zum Beispiel<br />

Schmerzen, Angstzustände, Übelkeit) oder den Grund <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Vorsorgeuntersuchung nennen. Der Sche<strong>in</strong> muss Ihnen daraufh<strong>in</strong> ausgestellt<br />

werden.<br />

Mit dem Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> bestätigt Ihnen das Sozialamt,<br />

dass es die Kosten <strong>für</strong> die Behandlung übernimmt. Bei sehr teuren<br />

oder langwierigen Behandlungen wird das Sozialamt e<strong>in</strong>en Amtsarzt<br />

(vom Gesundheitsamt) h<strong>in</strong>zuziehen. Dieser überprüft die Diagnose<br />

und die vorgesehene Behandlungsform Ihres Arztes. Der Amtsarzt entscheidet<br />

dann, ob die Behandlung <strong>für</strong> Sie notwendig ist (das heißt<br />

nicht „lebensnotwendig“!). Von dieser Entscheidung ist es abhängig,<br />

ob die Behandlung bezahlt wird oder nicht.<br />

Was können Sie tun, wenn Ihnen der Krankenbehandlungssche<strong>in</strong><br />

verweigert wird?<br />

Sollte Ihnen der Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> verweigert werden, verlangen<br />

Sie e<strong>in</strong>e schriftliche Begründung (Bescheid). Wenden Sie sich<br />

an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle, damit diese Sie unterstützen kann.<br />

Wenn Sie ke<strong>in</strong>en Krankenbehandlungssche<strong>in</strong> erhalten haben oder<br />

nicht bis zum nächsten Sprechtag beim Sozialamt warten können, aber<br />

dr<strong>in</strong>gend mediz<strong>in</strong>ische Hilfe benötigen, suchen Sie trotzdem entweder<br />

e<strong>in</strong>en Arzt oder das nächstgelegene Krankenhaus auf. Erklären Sie<br />

dem behandelnden Arzt Ihre Situation. Er hat immer die Möglichkeit,<br />

Sie auf e<strong>in</strong>en Notsche<strong>in</strong> zu behandeln (das heißt, er holt sich das Geld<br />

<strong>für</strong> die Notbehandlung vom Sozialamt später zurück).<br />

Es kann vorkommen, dass das Sozialamt oder der Amtsarzt e<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische<br />

Versorgung verweigert, die Sie und Ihr Arzt aber als notwendig<br />

betrachten. Sie haben dann die Möglichkeit, Widerspruch gegen<br />

diese Entscheidung e<strong>in</strong>zulegen (siehe Kapitel 1.4). Bitten Sie Ihren<br />

Arzt, sich <strong>für</strong> Ihre Behandlung bei den Behörden e<strong>in</strong>zusetzen! E<strong>in</strong>e<br />

schriftliche Begründung des Arztes zur Notwendigkeit der<br />

Behandlung kann <strong>für</strong> die Durchsetzung des Anspruchs hilfreich se<strong>in</strong>.<br />

Soziale Leistungen<br />

49


Soziale Leistungen<br />

50<br />

Wenn das Sozialamt die Entscheidung h<strong>in</strong>ausgezögert, drängen Sie<br />

möglichst schriftlich darauf, dass schnell e<strong>in</strong>e Entscheidung getroffen<br />

wird. Setzen Sie hier<strong>für</strong> <strong>in</strong> Ihrem Antrag e<strong>in</strong>e angemessene Frist, bis<br />

wann das Sozialamt e<strong>in</strong>e Entscheidung getroffen haben soll.<br />

Behandlung im Krankenhaus<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten bezahlt das Sozialamt<br />

e<strong>in</strong>e notwendige Behandlung im Krankenhaus. Für die Aufnahme<br />

im Krankenhaus benötigen Sie immer die Kostenübernahmeerklärung<br />

des Sozialamtes. In e<strong>in</strong>em Notfall können Sie direkt <strong>in</strong>s Krankenhaus<br />

fahren und sich dort behandeln lassen. Sie benötigen da<strong>für</strong> ke<strong>in</strong>en<br />

Krankenbehandlungssche<strong>in</strong>. Das Krankenhaus fordert die Kosten später<br />

von Ihrem Sozialamt zurück.<br />

Wenn Sie erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG, Leistungen nach<br />

SGB XII oder ALG II erhalten haben Sie Anspruch auf mediz<strong>in</strong>ische<br />

Versorgung im gleichen Umfang wie deutsche gesetzlich<br />

Krankenversicherte auch.<br />

Zahnersatz<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben Sie e<strong>in</strong>en<br />

Anspruch auf Zahnersatz nur, wenn das „aus mediz<strong>in</strong>ischen Gründen<br />

unaufschiebbar“ ist. Das ist dann der Fall, wenn Ihnen bei Nichtbehandlung<br />

Folgeschäden an den Zähnen oder am Magen (als Folge<br />

von e<strong>in</strong>geschränkter Kaufähigkeit) drohen. Wenn Ihnen viele Zähne<br />

fehlen, müssen Sie zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Zahnprothese erhalten.<br />

Normale Zahnbehandlungen (Karies, Zahnfleischerkrankungen,<br />

Wurzelentzündungen usw.) müssen ohne E<strong>in</strong>schränkungen gewährt<br />

werden, denn sie s<strong>in</strong>d entweder akut und/ oder schmerzhaft und/ oder<br />

zur Sicherung Ihrer Gesundheit unerlässlich. Behelfsmäßige Zahnbehandlungen<br />

wie zum Beispiel provisorische Zahnfüllungen bei<br />

Karies s<strong>in</strong>d nicht zulässig. In Thür<strong>in</strong>gen gibt es bei der Kostenübernahme<br />

solcher Zahnbehandlungen immer wieder Probleme. Holen Sie<br />

sich Hilfe bei e<strong>in</strong>er Beratungsstelle, wenn Sie nicht behandelt werden<br />

oder die Kosten <strong>für</strong> die Behandlung privat bezahlen sollen.<br />

Wenn Sie erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG, Leistungen nach<br />

SGB XII oder ALG II erhalten haben Sie Anspruch auf Zahnersatz im<br />

gleichen Umfang wie deutsche gesetzlich Krankenversicherte. Sie s<strong>in</strong>d<br />

aufgrund Ihres ger<strong>in</strong>gen E<strong>in</strong>kommens von Zuzahlungen und<br />

Eigenanteilen befreit. Die Krankenkasse muss die Kosten <strong>für</strong><br />

Zahnersatz zu 100 % übernehmen (§ 55 Abs. 2 SGB V).<br />

Zuzahlungen<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten s<strong>in</strong>d Sie von den<br />

Zuzahlungen befreit, das heißt, Sie müssen ke<strong>in</strong>e Praxisgebühr, ke<strong>in</strong>e<br />

Zuzahlung zu Medikamenten und zu Heilmitteln und auch ke<strong>in</strong>e<br />

Eigenleistungen (<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Brille, Zahnersatz, Dolmetscherkosten usw.)<br />

entrichten.<br />

Voraussetzung da<strong>für</strong> ist, dass Sie aus mediz<strong>in</strong>ischer Sicht Anspruch<br />

auf die Behandlung haben und der Umfang der Behandlung den<br />

gesetzlichen Vorgaben entspricht. Bei kostenaufwändigen Behandlungen<br />

wird daher das Sozialamt immer das Gesundheitsamt e<strong>in</strong>schalten.<br />

Dieses prüft, ob Ihre Krankenbehandlung notwendig ist und die<br />

Kosten übernommen werden.<br />

TIPP!<br />

Wenn Sie an Ihren Arzt oder Zahnarzt, die Apotheke, das Krankenhaus<br />

usw. fälschlicherweise Zuzahlungen leisten mussten,<br />

müssen diese an Sie zurückgezahlt werden. Deshalb bewahren<br />

Sie Quittungen <strong>für</strong> Zuzahlungen immer auf! Reichen Sie die<br />

Quittungen bei Ihrem Sozialamt e<strong>in</strong> und bitten Sie um<br />

Rückerstattung des Geldes.<br />

Wenn Sie erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG, Leistungen nach<br />

SGB XII oder ALG II erhalten:<br />

müssen Sie <strong>für</strong> Arzt- und Zahnarztbesuche sowie die Inanspruchnahme<br />

des kassenärztlichen Notfalldienstes pro Quartal (Vierteljahr)<br />

e<strong>in</strong>e Praxisgebühr <strong>in</strong> Höhe von jeweils 10,00 € zahlen. Für<br />

Besuche bei weiteren Ärzten im selben Quartal erhalten Sie vom<br />

zuerst aufgesuchten Arzt kostenlos „Überweisungssche<strong>in</strong>e“.<br />

müssen Sie Zuzahlungen <strong>für</strong> Krankentransporte, Aufenthalt im<br />

Krankenhaus usw. leisten<br />

m<strong>in</strong>derjährige K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d von den Zuzahlungen befreit;<br />

müssen Sie pro Kalenderjahr aber nicht mehr als 2 % des<br />

E<strong>in</strong>kommens oder Regelsatzes des Haushaltsvorstandes bezahlen.<br />

Sie müssen sich <strong>in</strong>sgesamt mit höchstens 82,80 € pro Jahr an den<br />

Kosten beteiligen. Der Betrag gilt <strong>für</strong> die gesamte Haushaltsgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

egal ob Sie alle<strong>in</strong>stehend s<strong>in</strong>d oder Partner und<br />

K<strong>in</strong>der haben. Wenn der Höchstbetrag erreicht ist, beantragen Sie<br />

bei der Krankenkasse e<strong>in</strong>e Befreiung von der Zuzahlung <strong>für</strong> das<br />

restliche Kalenderjahr. Da<strong>für</strong> ist es wichtig, dass Sie alle Quittungen<br />

(Praxisgebühr, Zuzahlung bei Medikamenten usw.) aufheben<br />

und wenn der Betrag von m<strong>in</strong>destens 82,80 € erreicht ist der<br />

Krankenkasse vorlegen;<br />

Wenn Sie chronisch krank s<strong>in</strong>d, gilt unter bestimmten Voraussetzungen<br />

e<strong>in</strong>e Zuzahlungsgrenze von nur 1 % des Regelsatzes. Das<br />

heißt, Sie müssen sich mit höchstens 41,40 € pro Jahr an den<br />

Kosten beteiligen. Legen Sie der Krankenkasse e<strong>in</strong>e ärztliche Besche<strong>in</strong>igung<br />

über Ihre chronische Erkrankung vor;<br />

Auch bei allen von Ihrem Arzt verordneten Medikamenten,<br />

Heilmitteln sowie ärztlichen Verordnungen (zum Beispiel häusliche<br />

Krankenpflege) und Hilfsmitteln ist jeweils e<strong>in</strong>e Zuzahlung zu<br />

leisten. Sie müssen m<strong>in</strong>destens 5,00 € aber höchstens 10,00 €<br />

zuzahlen;<br />

Soziale Leistungen<br />

51


Soziale Leistungen<br />

52<br />

E<strong>in</strong>e Brille ohne Zuzahlung wird nur noch bei K<strong>in</strong>dern und<br />

Jugendlichen oder bei schwerer Bee<strong>in</strong>trächtigung der Sehkraft<br />

gewährt;<br />

Arztwahl<br />

In Thür<strong>in</strong>gen ist es nach unseren Informationen sehr unterschiedlich<br />

geregelt, ob Sie sich e<strong>in</strong>en Arzt nach Ihrer freien Wahl suchen können<br />

oder ob Sie an bestimmte Ärzte gebunden s<strong>in</strong>d. Wenn Sie ke<strong>in</strong>e freie<br />

Arztwahl haben, ist das unseres Erachtens rechtswidrig. Sie können<br />

<strong>für</strong> die Behandlung e<strong>in</strong>er Erkrankung auch Fachärzte (zum Beispiel<br />

Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Neurologe usw.) aufsuchen.<br />

Wenn Sie erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG, Leistungen nach<br />

SGB XII oder ALG II erhalten können Sie grundsätzlich frei entscheiden,<br />

zu welchem Arzt Sie gehen möchten. Sie s<strong>in</strong>d nicht an<br />

bestimmte Ärzte gebunden.<br />

TIPP!<br />

Ärzte haben Schweigepflicht. Das heißt, sie dürfen Informationen<br />

über Sie und Ihre Krankheiten an andere Personen nur<br />

dann weitergeben, wenn Sie dem vorher durch e<strong>in</strong>e „Schweigepflichtsentb<strong>in</strong>dung“<br />

zugestimmt haben!<br />

Leistungen zur Sicherung der Gesundheit<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben Sie<br />

Anspruch auf Behandlungen, die zur Sicherung Ihrer Gesundheit unerlässlich<br />

s<strong>in</strong>d (§ 6 AsylbLG). Das trifft auf sehr viele Krankheiten zu.<br />

E<strong>in</strong>e Gefährdung Ihrer Gesundheit droht auch, wenn e<strong>in</strong>e Krankheit<br />

nicht rechtzeitig behandelt wird.<br />

Sie haben nach § 6 AsylbLG ebenfalls Anspruch auf Leistungen, die<br />

zu Ihrer Genesung oder zur L<strong>in</strong>derung der Krankheit oder möglicher<br />

Krankheitsfolgen erforderlich s<strong>in</strong>d. Neben Medikamenten und<br />

Verbandsmitteln gehören dazu:<br />

Heil- und Hilfsmittel, wie zum Beispiel Brillen, Prothesen, Hörgeräte,<br />

Rollstühle, orthopädische Hilfsmittel und häusliche<br />

Krankenpflege,<br />

Mehrkosten <strong>für</strong> den besonderen Ernährungsbedarf bei Krankheit<br />

und Schwangerschaft,<br />

Leistungen <strong>für</strong> chronisch Kranke, die zur Sicherung der Gesundheit<br />

unerlässlich s<strong>in</strong>d und nicht über § 4 AsylbLG abgedeckt s<strong>in</strong>d,<br />

Leistungen zur Pflege Beh<strong>in</strong>derter und Pflegebedürftiger <strong>in</strong> Form<br />

von Pflegesachleistungen,<br />

Rehabilitations-Maßnahmen (Reha), zum Beispiel nach e<strong>in</strong>em<br />

Schlaganfall oder Unfall,<br />

E<strong>in</strong>gliederungsleistungen <strong>für</strong> beh<strong>in</strong>derte K<strong>in</strong>der, zum Beispiel<br />

Fahrdienst zur Sonderschule, Hörgeräte, logopädische Therapie<br />

usw.,<br />

psychotherapeutische Maßnahmen (zum Beispiel <strong>für</strong> Opfer von<br />

Folter, Haft und Vergewaltigung).<br />

Wenn Sie erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG, SGB XII oder<br />

ALG II erhalten bekommen Sie die genannten Leistungen von Ihrer<br />

Krankenkasse, den Mehrbedarf <strong>für</strong> Ernährung vom Sozialamt bzw. der<br />

ArGe.<br />

Psychotherapien<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten kann das Sozialamt<br />

<strong>in</strong> begründeten E<strong>in</strong>zelfällen e<strong>in</strong>er Psychotherapie zustimmen. Es<br />

kann neben den Therapiekosten auch die Fahrt- und Dolmetscherkosten<br />

übernehmen. Die Übernahme dieser Kosten ist im Rahmen der<br />

Kran-kenbehandlung nach §§ 4 und 6 AsylbLG nach der Rechtsprechung<br />

so vorgesehen. In Thür<strong>in</strong>gen gibt es große Probleme bei der Übernahme<br />

der Kosten <strong>für</strong> psychotherapeutische Behandlungen. Auch<br />

Leistungen der E<strong>in</strong>gliederungshilfe können übernommen werden. All<br />

diese Hilfen müssen „zur Behandlung e<strong>in</strong>er akuten Krankheit erforderlich“<br />

(§ 4 AsylbLG) oder „zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich“<br />

(§ 6 AsylbLG) se<strong>in</strong>.<br />

Wenn Sie erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG, Leistungen nach<br />

SGB XII oder ALG II erhalten soll „ärztliche Behandlung e<strong>in</strong>schließlich<br />

Psychotherapie“ von der Krankenkasse übernommen werden.<br />

Fahrtkosten und Dolmetscherkosten<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten, haben Sie<br />

Anspruch auf :<br />

Fahrtkosten <strong>in</strong>s Krankenhaus oder zum Facharzt mit dem<br />

Krankenwagen oder Taxi (nur, wenn der Arzt Ihnen besche<strong>in</strong>igt,<br />

dass Sie zu schwach oder zu krank s<strong>in</strong>d, um mit Bus oder Bahn zu<br />

fahren). Klären Sie die Übernahme der Kosten vorher mit dem<br />

Sozialamt. Im Notfall brauchen Sie natürlich ke<strong>in</strong>e Zustimmung.<br />

Sollten Sie <strong>in</strong> dem Fall mit dem Taxi fahren, lassen Sie sich e<strong>in</strong>e<br />

Quittung ausstellen. Damit können Sie die entstandenen Kosten<br />

vom Sozialamt zurückerhalten;<br />

Kosten <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Dolmetscher, wenn das zur Diagnose und<br />

Behandlung unbed<strong>in</strong>gt erforderlich ist (der Arzt muss da<strong>für</strong> aber<br />

Verständigungsprobleme und die Notwendigkeit e<strong>in</strong>es Dolmetschers<br />

besche<strong>in</strong>igen). In Thür<strong>in</strong>gen gibt es bei der Übernahme solcher<br />

Kosten große Probleme.<br />

Wenn Sie erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG, Leistungen nach<br />

SGB XII oder ALG II erhalten muss die Krankenkasse leider die<br />

Dolmetscherkosten nicht übernehmen, da das Krankenversicherten-<br />

Soziale Leistungen<br />

53


Soziale Leistungen<br />

54<br />

6.6 Schwangerschaft<br />

und Geburt<br />

recht diese Leistung seit dem 1. Januar 2004 nicht mehr vorsieht.<br />

Diese Kosten müssen deshalb vom Sozialamt bzw. der ArGe übernommen<br />

werden, was <strong>in</strong> der Praxis aber große Probleme macht.<br />

Fahrtkosten übernimmt die Krankenkasse nur, wenn die Fahrt „aus<br />

zw<strong>in</strong>genden mediz<strong>in</strong>ischen Gründen“ notwendig ist. Fahrten zur<br />

ambulanten Behandlung werden nur noch <strong>in</strong> Ausnahmefällen übernommen.<br />

Schwangerschaftsverhütung<br />

Beim Frauenarzt oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Schwangerschaftsberatungsstelle könnnen<br />

Sie sich über verschiedene Schwangerschaftsverhütungsmittel<br />

<strong>in</strong>formieren.<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben Sie nach §<br />

6 AsylbLG Anspruch auf Leistungen zur Schwangerschaftsverhütung<br />

und zur Vorsorge gegen sexuell übertragbare Krankheiten. Erkundigen<br />

Sie sich bei Ihrem Sozialamt, <strong>für</strong> welche Verhütungsmittel die Kosten<br />

übernommen werden.<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 2 AsylbLG, Leistungen nach SGB XII<br />

oder ALG II erhalten haben Sie bis zum 20. Lebensjahr über die<br />

Krankenkasse Anspruch auf empfängnisverhütende Mittel, die ärztlich<br />

verordnet werden (zum Beispiel die Anti-Baby-Pille). Über das 20.<br />

Lebensjahr h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d diese Kosten als „Hilfe zur Familienplanung“<br />

vom Sozialamt zu übernehmen (§ 49 SGB XII). Lassen Sie sich hierzu<br />

von Ihrem Arzt beraten. Präservative können Sie nach § 2 AsylbLG<br />

als „vorbeugende Gesundheitshilfe“ (§ 47 SGB XII) beim Sozialamt<br />

beantragen. Das Sozialamt ist <strong>für</strong> diese Leistungen auch dann zuständig,<br />

wenn Sie ALG II von der ArGe erhalten.<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Versorgung während der Schwangerschaft<br />

Wenn Sie schwanger s<strong>in</strong>d, erhalten Sie grundsätzlich alle erforderlichen<br />

Leistungen, die mit Ihrer Schwangerschaft <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung stehen,<br />

zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen, Kosten <strong>für</strong> die Entb<strong>in</strong>dung,<br />

Hebammenhilfe usw. Sie müssen da<strong>für</strong> dem Sozialamt beziehungsweise<br />

Ihrer Krankenkasse Ihre Schwangerschaft bekannt geben<br />

und Ihren „Mutterpass“ vorzeigen. Den Mutterpass erhalten Sie von<br />

dem Frauenarzt (Gynäkologe), der die Schwangerschaft festgestellt<br />

hat.<br />

Sonstige Leistungen während der Schwangerschaft<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten können Sie <strong>für</strong> erhöhten<br />

oder besonderen Bedarf an Ernährung <strong>in</strong> Ihrer Schwangerschaft<br />

e<strong>in</strong>e „Erhöhung der regelmäßigen Leistungen“ beantragen (§ 6<br />

AsylbLG). Das Sozialamt prüft dann, ob die zusätzliche Hilfe erforderlich<br />

ist.<br />

Bekleidungsbeihilfe <strong>für</strong> Schwangerschaftsbekleidung können Sie<br />

während der Schwangerschaft beim Sozialamt beantragen, wenn Ihnen<br />

Ihre Kleidung nicht mehr passt. Dazu gehören Ober- und Unterbeklei-<br />

dung, wie zum Beispiel: Umstandskleider, Umstandshosen, BHs, Still-<br />

BHs, Unterwäsche, Blusen, T-Shirts, Pullover, e<strong>in</strong> Schwangerschaftsbadeanzug.<br />

Für den Aufenthalt <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik können Sie weiterh<strong>in</strong> beantragen:<br />

Nachthemden, E<strong>in</strong>lagen <strong>für</strong> Still-BHs, Slips, e<strong>in</strong>en Morgenmantel,<br />

Strümpfe, Waschbeutel und Waschlappen, Handtücher, Hausschuhe<br />

usw.<br />

Die Erstausstattung <strong>für</strong> Ihr Baby können Sie beim Sozialamt beantragen.<br />

Dazu gehören zum Beispiel: Babybekleidung (Jacken,<br />

Strampler, Hemd, Mütze, Strümpfe, Handschuhe usw.), K<strong>in</strong>derwagen<br />

(mit Zubehör), K<strong>in</strong>derbett (mit Matratze, Bettdecke und Kopfkissen,<br />

Kopfschutz, Bettwäsche) sowie e<strong>in</strong>e Wickelauflage, Gummiunterlagen,<br />

Babyflaschen, Nuckel, Babybadewanne, Babyöl, W<strong>in</strong>deln,<br />

Waschmasch<strong>in</strong>e, Kühlschrank, Möbel usw. E<strong>in</strong>e notwendige Grundausstattung<br />

<strong>für</strong> Ihr Baby muss Ihnen gewährt werden, wenn Sie diese<br />

benötigen.<br />

Sie können vor der Geburt Ihres K<strong>in</strong>des zusätzlich e<strong>in</strong>en Antrag auf<br />

Schwangerschafts- und Babybedarf e<strong>in</strong>schließlich erforderlicher<br />

Möbel und Hausrat bei der Thür<strong>in</strong>ger Stiftung „Hilfe <strong>für</strong> schwangere<br />

Frauen <strong>in</strong> Not” stellen. Voraussetzung da<strong>für</strong> ist, dass Sie ke<strong>in</strong>e ausreichende<br />

oder rechtzeitige Hilfe vom Sozialamt erhalten. Zu dem<br />

Antrag müssen Sie deswegen e<strong>in</strong>en Bescheid des Sozialamtes vorlegen,<br />

welche Leistungen Ihnen bereits zugesagt bzw. verweigert wurden.<br />

Den Antrag können Sie <strong>in</strong> jeder Schwangerschaftsberatungsstelle<br />

stellen.<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 2 AsylbLG, Leistungen nach SGB XII<br />

oder ALG II erhalten können Sie als werdende Mutter ab der 13.<br />

Schwangerschaftswoche vom Sozialamt bzw. der ArGe e<strong>in</strong>en<br />

Mehrbedarfszuschlag beanspruchen. Sie bekommen dann 17 % (58,65<br />

€) zusätzlich zum Regelsatz. Sie müssen da<strong>für</strong> dem Sozialamt/ der<br />

ArGe Ihren Mutterpass vorzeigen. Zusätzlich erhalten Sie - wie nach<br />

§ 6 AsylbLG - Beihilfen <strong>für</strong> Schwangerschaftsbekleidung, Babyerstausstattung,<br />

K<strong>in</strong>derwagen usw. Die Beihilfen s<strong>in</strong>d jedoch <strong>in</strong> der Regel<br />

höher und <strong>in</strong> bar auszuzahlen (§ 22 Abs. 3 SGB II/§ 31 Abs. 1 SGB<br />

XII).<br />

Schwangerschaftsabbruch<br />

Sie haben <strong>in</strong> Deutschland die Möglichkeit, die Schwangerschaft bis<br />

zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei abbrechen zu lassen.<br />

Nach dem Gesetz kann die Frau diese Entscheidung alle<strong>in</strong> treffen. Sie<br />

benötigt da<strong>für</strong> nicht die Zustimmung des Ehemannes. M<strong>in</strong>derjährige<br />

Frauen ab 16 Jahren benötigen dazu auch nicht das E<strong>in</strong>verständnis<br />

ihrer Eltern.<br />

Sie müssen zu e<strong>in</strong>er anerkannten Schwangerschaftsberatungsstelle<br />

gehen und dort sagen, dass Sie Ihre Schwangerschaft abbrechen wolllen.<br />

Mit Ihnen wird dann e<strong>in</strong> Beratungsgespräch geführt, wo<strong>für</strong> Sie am<br />

Ende e<strong>in</strong>e Besche<strong>in</strong>igung erhalten.<br />

Das Beratungsgespräch ist kostenlos und Sie können dort auch<br />

anonym bleiben. Wenn Sie große Sprachprobleme haben, sollten Sie<br />

Soziale Leistungen<br />

55


Soziale Leistungen<br />

56<br />

6.7 Sonstige<br />

Leistungen<br />

(§ 6 AsylbLG)<br />

zu dem Gespräch e<strong>in</strong>e Dolmetscher<strong>in</strong> (Freund<strong>in</strong> oder Bekannte) mitnehmen,<br />

damit Ihnen wichtige Informationen nicht verloren gehen.<br />

Sie müssen außerdem zur Krankenkasse gehen und e<strong>in</strong>en Antrag auf<br />

„Kostenübernahme des Schwangerschaftsabbruches“ stellen. Wenn<br />

Sie nicht krankenversichert s<strong>in</strong>d, weil Sie Leistungen nach § 3<br />

AsylbLG erhalten, können Sie den Antrag bei e<strong>in</strong>er Krankenkasse<br />

Ihrer Wahl an Ihrem Wohnort stellen.<br />

Rechtsgrundlage ist das „Gesetz zur Hilfe <strong>für</strong> Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen<br />

<strong>in</strong> besonderen Fällen“, das <strong>für</strong> Frauen mit ger<strong>in</strong>gem<br />

E<strong>in</strong>kommen die Kostenübernahme regelt. Sie benötigen daher bei der<br />

Krankenkasse e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>kommensnachweis (zum Beispiel Bescheid<br />

des Sozialamtes oder der ArGe). Von Ihrem Frauenarzt benötigen Sie<br />

noch e<strong>in</strong>e Überweisung zum Krankenhaus oder zu dem Arzt, der Ihren<br />

Schwangerschaftsabbruch vornimmt.<br />

Mit der Überweisung, der Besche<strong>in</strong>igung der Beratungsstelle und der<br />

Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse können Sie zum Arzt<br />

gehen und sich e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> <strong>für</strong> den Schwangerschaftsabbruch geben<br />

lassen.<br />

TIPP!<br />

Zwischen Ihrem Beratungsgespräch und dem Schwangerschaftsabbruch<br />

müssen m<strong>in</strong>destens drei Tage liegen. Wenn Ihre<br />

Schwangerschaft durch Vergewaltigung entstanden ist, müssen<br />

Sie das Beratungsgespräch nicht führen. Sie müssen das aber<br />

dem Arzt mitteilen. Wenn der Schwangerschaftsabbruch aus<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Gründen notwendig ist, müssen Sie auch ke<strong>in</strong><br />

Beratungsgespräch führen. Den Zeitpunkt des Abbruches bestimmt<br />

dann der Arzt.<br />

Wenn Sie be<strong>für</strong>chten, ungewollt schwanger zu se<strong>in</strong>, gibt es auch die<br />

„Pille danach”. Diese muss <strong>in</strong>nerhalb von 48 Stunden nach dem<br />

Geschlechtsverkehr e<strong>in</strong>genommen werden. Es handelt sich dann um<br />

e<strong>in</strong>en Notfall, das heißt, Sie können auch ohne Krankenbehandlungssche<strong>in</strong><br />

zum Frauenarzt oder <strong>in</strong>s Krankenhaus gehen und sich die<br />

„Pille danach” verschreiben lassen.<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten, können Sie nach<br />

§ 6 AsylbLG zusätzliche Leistungen beim Sozialamt beantragen,<br />

wenn Sie diese dr<strong>in</strong>gend benötigen. Dazu gehören Leistungen, die:<br />

a) zur Sicherung Ihrer Gesundheit unerlässlich s<strong>in</strong>d (zum Beispiel<br />

Behandlung chronischer Erkrankungen, psychotherapeutische Behandlung,<br />

Hilfe bei Pflegebedürftigkeit, Mehrbedarf <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e kostenaufwendige<br />

Ernährung bei Krankheit oder höherwertige Ernährung<br />

während e<strong>in</strong>er Schwangerschaft);<br />

b) zur Sicherung Ihres Lebensunterhaltes unerlässlich s<strong>in</strong>d (zum<br />

Beispiel Schwangerschaftskleidung, Hygienemittel <strong>für</strong> Wöchner<strong>in</strong>nen,<br />

Bademantel und Waschtasche bei e<strong>in</strong>em Krankenhausaufenthalt);<br />

c) zur Deckung der besonderen Bedürfnisse von K<strong>in</strong>dern geboten s<strong>in</strong>d<br />

(zum Beispiel Babyerstausstattung, Fahrtkosten zur Schule, wenn der<br />

Schulweg zu weit ist, Kosten <strong>für</strong> Klassenfahrten, E<strong>in</strong>gliederungshilfe<br />

<strong>für</strong> beh<strong>in</strong>derte K<strong>in</strong>der zum K<strong>in</strong>dergarten- und Schulbesuch);<br />

d) <strong>für</strong> Ihre Mitwirkungspflicht bei behördlichen Verfahren notwendig<br />

s<strong>in</strong>d (zum Beispiel Fahrtkosten zum Sozialamt und zur Ausländerbehörde,<br />

Passfotos, Beschaffung und Übersetzung von Dokumenten<br />

im Asylverfahren, Fahrtkosten zur Botschaft und Gebühren der<br />

Passbeschaffung, Bestattungskosten - aber ke<strong>in</strong>e Überführungskosten<br />

<strong>in</strong>s Heimatland -, Reisekosten bei freiwilliger Rückkehr).<br />

WICHTIG!<br />

Das Sozialamt soll diese Leistungen <strong>in</strong> der Regel als Sachleistung,<br />

nicht als Geldleistung erbr<strong>in</strong>gen. Stellen Sie rechtzeitig<br />

e<strong>in</strong>en schriftlichen Antrag und begründen Sie gut, warum Sie<br />

diese Leistungen brauchen.<br />

Wenn Sie erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG, Leistungen nach<br />

SGB XII oder ALG II erhalten, haben Sie Anspruch auf Erstausstattung<br />

<strong>für</strong> die Wohnung e<strong>in</strong>schließlich Haushaltsgeräten, die<br />

Erstausstattung <strong>für</strong> Bekleidung (auch <strong>für</strong> Schwangerschaft und<br />

Geburt) oder die Kostenübernahme mehrtägiger Klassenfahrten Ihres<br />

K<strong>in</strong>des. Außerdem können Sie „Mehrbedarfszuschläge” beantragen.<br />

Das heißt, Sie bekommen mehr Geld bei Schwangerschaft, als<br />

Alle<strong>in</strong>erziehende, bei Erwerbsunfähigkeit verbunden mit e<strong>in</strong>er<br />

Gehbeh<strong>in</strong>derung oder <strong>für</strong> kostenaufwändige Ernährung wegen<br />

Krankheit (§ 21 SGB II/§ 30 SGB XII).<br />

Als „Hilfen <strong>in</strong> anderen Lebenslagen“ können Sie zum Beispiel<br />

Leistungen zur Förderung und Integration beh<strong>in</strong>derter K<strong>in</strong>der, zur<br />

Pflege beh<strong>in</strong>derter Angehöriger (pauschales Pflegegeld) oder<br />

Leistungen <strong>in</strong> sonstigen besonderen Lebenslagen, wie zum Beispiel<br />

Passbeschaffungskosten beantragen. Für die „Hilfen <strong>in</strong> anderen<br />

Lebenslagen“ ist das Sozialamt zuständig, auch wenn Sie ALG II von<br />

der ArGe erhalten.<br />

Stellen Sie beim Sozialamt e<strong>in</strong>en schriftlichen Antrag, <strong>in</strong> dem Sie auch<br />

gut begründen, weswegen Sie diese Leistungen zusätzlich benötigen.<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten, können Sie zu<br />

geme<strong>in</strong>nütziger Arbeit (ohne Arbeitserlaubnis) verpflichtet werden.<br />

Diese Tätigkeit dürfen Sie erst ab 18 Jahren ausüben. Die Arbeitsgelegenheit<br />

soll stundenweise, ke<strong>in</strong>esfalls Vollzeit angeboten werden. Es<br />

muss sich um „zusätzliche“ Tätigkeiten handeln, durch die Tätigkeit<br />

dürfen also ke<strong>in</strong>e regulären Arbeitskräfte ersetzt werden. Für diese<br />

Arbeit bekommen Sie 1,02 € pro Stunde als Aufwandsentschädigung<br />

zusätzlich und <strong>in</strong> bar ausgezahlt. Die Arbeit muss <strong>für</strong> Sie zumutbar<br />

se<strong>in</strong>. Es können Ihnen zum Beispiel folgende Arbeitsgelegenheiten <strong>in</strong><br />

der GU, bei staatlichen, kommunalen oder geme<strong>in</strong>nützigen Trägern<br />

angeboten werden:<br />

6.8<br />

Arbeitsgelegenheiten<br />

(§ 5 AsylbLG)<br />

Soziale Leistungen<br />

57


Soziale Leistungen<br />

58<br />

6.9 E<strong>in</strong>kommen<br />

und Vermögen<br />

(§ 7 AsylbLG)<br />

Putzen der Geme<strong>in</strong>schaftsräume,<br />

Pflege von Gartenanlagen,<br />

Malerarbeiten,<br />

zusätzliche Hilfe <strong>in</strong> der Kleiderkammer oder Waschküche,<br />

Hilfe bei der Betreuung der K<strong>in</strong>der.<br />

Falls Sie die Arbeit ohne Begründung ablehnen, kann Ihnen <strong>in</strong><br />

Thür<strong>in</strong>gen das „Taschengeld“ gekürzt werden oder Ihr gesamter<br />

Leistungsanspruch entfallen (laut Thür<strong>in</strong>ger Verwaltungsvorschrift zur<br />

Durchführung des AsylbLG, 2. Änderungsgesetz vom 25. August<br />

1998, Punkt 5.4). Damit geht die Thür<strong>in</strong>ger Verwaltungsvorschrift<br />

weiter als die <strong>in</strong> § 1a AsylbLG vorgesehen Kürzungsmöglichkeiten.<br />

Wir halten diese Regelung daher <strong>für</strong> rechtswidrig. Wichtig ist, dass Sie<br />

vorher über diese Folgen e<strong>in</strong>er Arbeitsverweigerung belehrt werden<br />

müssen. Sonst sollten Sie gegen die Kürzung oder Streichung Ihrer<br />

Leistungen Widerspruch e<strong>in</strong>legen. Wenn Sie bereit s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>e zumutbare<br />

Arbeit anzunehmen, muss die Kürzung sofort wieder aufgehoben<br />

werden.<br />

In Thür<strong>in</strong>gen sollen diese Arbeitsgelegenheiten vorrangig Personen <strong>in</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaftsunterkünften und <strong>in</strong> der Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtung <strong>in</strong><br />

Eisenberg angeboten werden, die sich freiwillig dazu melden.<br />

Wenn Sie erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG erhalten, sieht das<br />

Gesetz <strong>für</strong> Sie ke<strong>in</strong>e ausdrückliche Regelung über die Bezahlung<br />

geme<strong>in</strong>nütziger, zusätzlicher Tätigkeiten vor. Es gibt Sozialämter, die<br />

auch <strong>in</strong> diesem Fall e<strong>in</strong>e Vergütung von 1,05 Euro pro Stunde gewähren.<br />

Wenn Sie ALG II erhalten, kann die ArGe Sie verpflichten, e<strong>in</strong>en<br />

geme<strong>in</strong>nützigen und zusätzlichen "1-Euro-Job" zu machen (§ 16 Abs.<br />

3 SGB II). Die Voraussetzungen s<strong>in</strong>d ähnlich wie bei § 5 AsylbLG,<br />

Tätigkeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft s<strong>in</strong>d aber nicht vorgesehen.<br />

Der Job muss geeignet se<strong>in</strong>, Ihnen durch die bei der Tätigkeit<br />

gewonnenen praktischen Arbeitserfahrungen dabei zu helfen, wieder<br />

e<strong>in</strong>e reguläre Arbeit zu f<strong>in</strong>den.<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und E<strong>in</strong>kommen<br />

aus Arbeit oder Vermögen haben, wird dieses angerechnet. Das heißt,<br />

das Sozialamt überprüft, wie viel Geld Ihnen beziehungsweise Ihrer<br />

Familie zur Verfügung steht und ob Sie zusätzlich noch soziale<br />

Leistungen benötigen.<br />

Zum E<strong>in</strong>kommen gehören zum Beispiel nicht E<strong>in</strong>künfte aus<br />

Arbeitsgelegenheiten (mit 1,02 € je Stunde) oder zusätzlich gewährte<br />

Gelder der Stiftung „Mutter und K<strong>in</strong>d - Schutz des ungeborenen<br />

Lebens“.<br />

Wenn Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft leben und genügend<br />

E<strong>in</strong>kommen haben, müssen Sie die Kosten <strong>für</strong> Unterkunft und<br />

Heizung (anteilig) an das Sozialamt bezahlen. In Thür<strong>in</strong>gen wird bei<br />

Familien e<strong>in</strong>e monatliche Pauschale <strong>für</strong> Unterkunft und Heizung <strong>in</strong><br />

Höhe von 153,39 € <strong>für</strong> den Haushaltsvorstand und <strong>in</strong> Höhe von 76,70<br />

€ <strong>für</strong> jeden Haushaltsangehörigen <strong>in</strong> Rechnung gestellt. Leben Sie mit<br />

anderen Alle<strong>in</strong>stehenden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zimmer zusammen, müssen Sie<br />

e<strong>in</strong>e Pauschale von 102,26 € pro Monat entrichten. Wenn Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Wohnung leben, müssen Sie die tatsächlichen Kosten da<strong>für</strong> (anteilig)<br />

übernehmen.<br />

Es gibt Freibeträge, das heißt 25 % des verdienten Geldes wird Ihnen<br />

nicht angerechnet. Pro Monat werden maximal 134,98 € (bei<br />

E<strong>in</strong>zelpersonen oder Haushaltsvorstand) beziehungsweise maximal<br />

119,64 € (bei Haushaltsangehörigen) als Freibetrag anerkannt.<br />

Wenn Sie Vermögen haben, müssen Sie dieses vollständig aufbrauchen,<br />

bevor Sie Leistungen nach dem AsylbLG erhalten. Vermögen<br />

und E<strong>in</strong>kommen müssen aber verfügbar se<strong>in</strong>, das heißt, Sie müssen<br />

tatsächlich darauf zugreifen können. Zum Vermögen werden <strong>in</strong><br />

Thür<strong>in</strong>gen alle Geld- und Sachwerte gezählt.<br />

Wenn Sie Leistungen nach § 2 AsylbLG erhalten, dürfen Sie 30 %<br />

des E<strong>in</strong>kommens als Freibetrag behalten. Außerdem e<strong>in</strong>en Betrag <strong>für</strong><br />

die Fahrtkosten zur Arbeit, <strong>für</strong> notwendige Versicherungen sowie <strong>für</strong><br />

weitere <strong>für</strong> die Erzielung des E<strong>in</strong>kommens notwendige Aufwendungen.<br />

Das restliche E<strong>in</strong>kommen wird auf die Sozialhilfe angerechnet.<br />

Als Vermögensfreibetrag dürfen Sie 1600 € <strong>für</strong> sich, außerdem 614 €<br />

<strong>für</strong> Ihren Partner sowie 256 € pro K<strong>in</strong>d besitzen.<br />

Wenn Sie ALG II erhalten, dürfen Sie vom Arbeitse<strong>in</strong>kommen die<br />

ersten 100 € und darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>en prozentualen Freibetrag behalten<br />

(§§ 11, 30 SGB II). Als Vermögensfreibetrag dürfen Sie <strong>für</strong> jeden<br />

Haushaltsangehörigen 150 € pro Lebensjahr besitzen. Der M<strong>in</strong>dest-<br />

Vermögensfreibetrag beträgt 3100 € pro Person. Der Freibetrag von<br />

3100 € gilt auch <strong>für</strong> jedes K<strong>in</strong>d. Zusätzlich dürfen Sie e<strong>in</strong>en weiteren<br />

Freibetrag von 750 € pro Person besitzen (§ 12 SGB II). Anders als<br />

beim AsylbLG dürfen Sie auch e<strong>in</strong> Auto besitzen, wenn dessen derzeitiger<br />

Wert unter etwa 5000 € liegt.<br />

K<strong>in</strong>dergeld<br />

Eltern erhalten K<strong>in</strong>dergeld monatlich <strong>für</strong> ihre K<strong>in</strong>der, damit diese<br />

f<strong>in</strong>anziell gesichert aufwachsen können. Das K<strong>in</strong>dergeld beträgt<br />

monatlich <strong>für</strong> das erste, zweite und dritte K<strong>in</strong>d je 154 € und <strong>für</strong> alle<br />

weiteren K<strong>in</strong>der je 179 €. Den Antrag können Sie bei der<br />

„Familienkasse“ Ihrer Arbeitsagentur stellen (www.familienkasse.de).<br />

K<strong>in</strong>dergeld wird auf Leistungen nach AsylbLG, Sozialhilfe und ALG<br />

II angerechnet.<br />

6.10 Familienleistungen<br />

Soziale Leistungen<br />

59


Soziale Leistungen<br />

60<br />

Anspruch <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Aufenthaltsgestattung<br />

oder Duldung<br />

K<strong>in</strong>dergeld erhalten Sie als Asylsuchender oder Flüchtl<strong>in</strong>g mit<br />

Duldung normalerweise nicht. In folgenden Ausnahmefällen, die auf<br />

<strong>in</strong>ternationalen Abkommen mit den genannten Ländern beruhen,<br />

haben Sie Anspruch auf K<strong>in</strong>dergeld:<br />

wenn Sie sozialversicherungspflichtig arbeiten und Staatsangehöriger<br />

Serbiens (e<strong>in</strong>schl. Kosovo), Montenegros, Mazedoniens,<br />

Bosnien-Herzegow<strong>in</strong>as, der Türkei, Algeriens, Tunesiens oder<br />

Marokkos s<strong>in</strong>d. Sie können dann K<strong>in</strong>dergeld <strong>für</strong> jeden Monat<br />

beanspruchen, <strong>in</strong> dem Sie <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e versicherungspflichtige<br />

Arbeit ausüben oder Krankengeld oder Arbeitslosengeld<br />

I erhalten. Wenn Ihre K<strong>in</strong>der im Herkunftsland leben, erhalten Sie<br />

das so genannte (deutlich ger<strong>in</strong>gere) „Abkommensk<strong>in</strong>dergeld“.<br />

wenn Sie Staatsangehöriger der Türkei s<strong>in</strong>d, und seit m<strong>in</strong>destens 6<br />

Monaten <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mietwohnung leben. In diesem<br />

Fall erhalten Sie das K<strong>in</strong>dergeld auch, wenn Sie nicht sozialversicherungspflichtig<br />

arbeiten.<br />

Anspruch <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Aufenthaltserlaubnis<br />

Mit e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis erhalten Sie nach e<strong>in</strong>er Ende 2006<br />

beschlossenen, rückwirkend ab 1.1.2006 geltenden Gesetzesänderung<br />

K<strong>in</strong>dergeld, wenn Sie e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis besitzen oder früher e<strong>in</strong>mal<br />

besessen haben. Nach der Neuregelung können viele Ausländer<br />

mit e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis K<strong>in</strong>dergeld beanspruchen, die dieses<br />

Recht bisher nicht hatten!<br />

Als Flüchtl<strong>in</strong>g mit e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis nach § 23a oder § 25<br />

Abs. 3, 4 oder 5 AufenthG haben Sie nach der Gesetzesänderung aber<br />

nur dann Anspruch auf K<strong>in</strong>dergeld, wenn Sie:<br />

seit m<strong>in</strong>destens 3 Jahren <strong>in</strong> Deutschland leben und<br />

derzeit erwerbstätig s<strong>in</strong>d, ALG I beziehen, oder von Ihrem Arbeitgeber<br />

<strong>für</strong> die K<strong>in</strong>dererziehung e<strong>in</strong>e „Elternzeit" gewährt bekommmen<br />

haben.<br />

Den Ausschluss nicht erwerbstätiger bzw. weniger als 3 Jahre hier<br />

lebender <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Aufenthaltserlaubnis nach § 23a oder § 25<br />

Abs. 3, 4 oder 5 AufenthG halten wir <strong>für</strong> verfassungswidrig. Wenden<br />

Sie sich ggf. an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle oder e<strong>in</strong>en Anwalt! Unklar ist<br />

zudem, was „erwerbstätig" bedeutet. Nach dem Gesetzeswortlaut<br />

reicht schon e<strong>in</strong> Putzjob mit 2 Stunden im Monat, um das K<strong>in</strong>dergeld<br />

zu bekommen - versuchen Sie es und lassen sich beraten!<br />

Nach den weiter oben genannten <strong>in</strong>ternationalen Abkommen können<br />

Sie - wenn Sie aus e<strong>in</strong>em der dort genannten Länder kommen - ebenso<br />

wie <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Duldung oder Aufenthaltsgestattung - auch mit<br />

e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis nach § 23a oder § 25 Abs. 3, 4 oder 5 das<br />

K<strong>in</strong>dergeld auch dann beanspruchen, wenn Sie sozialversicherungs-<br />

pflichtig erwerbstätig s<strong>in</strong>d und weniger als 3 Jahre <strong>in</strong> Deutschland<br />

leben. Wenn Sie aus der Türkei kommen und hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mietwohnung<br />

leben, haben Sie den Anspruch auch, wenn Sie derzeit nicht<br />

erwerbstätig s<strong>in</strong>d.<br />

Sie können K<strong>in</strong>dergeld auch noch rückwirkend <strong>für</strong> das laufende und<br />

die letzten 4 abgelaufenen Kalenderjahre beanspruchen, das heißt das<br />

Geld muss nachgezahlt werden! Wenn aber <strong>in</strong> diesem Zeitraum bereits<br />

e<strong>in</strong> von Ihnen gestellter K<strong>in</strong>dergeldantrag „rechtskräftig" abgelehnt<br />

wurde, weil Sie dagegen ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>spruch oder Klage erhoben haben,<br />

können Sie K<strong>in</strong>dergeld rückwirkend nur <strong>für</strong> den Zeitraum nach dem<br />

Datum der Ablehnung beanspruchen.<br />

Erziehungsgeld, Elterngeld, Unterhaltsvorschuss<br />

Bundeserziehungsgeld wird unter bestimmten Voraussetzungen von<br />

der Geburt bis zum zweiten Lebensjahr (24 Monate) an die Mutter<br />

oder den Vater gezahlt. Voraussetzung ist, dass Sie maximal 30<br />

Stunden <strong>in</strong> der Woche arbeiten, damit Sie noch Zeit haben, Ihr K<strong>in</strong>d<br />

selbst zu betreuen. Das Erziehungsgeld beträgt 300 € monatlich (oder<br />

450 € monatlich über zwölf Monate verteilt). Das Erziehungsgeld<br />

beantragen Sie bei Ihrem Jugendamt. Erziehungsgeld wird nicht auf<br />

Leistungen nach AsylbLG, Sozialhilfe und ALG II angerechnet.<br />

An Stelle des Bundeserziehungsgeldes tritt das neue „Elterngeld“ <strong>für</strong><br />

K<strong>in</strong>der, die ab dem 01.01.<strong>2007</strong> geboren werden. Das Elterngeld wird<br />

<strong>für</strong> die ersten zwölf Lebensmonate des K<strong>in</strong>des gezahlt und beträgt<br />

m<strong>in</strong>destens 300 € monatlich. Voraussetzung ist, dass Sie maximal 30<br />

Stunden <strong>in</strong> der Woche arbeiten, damit Sie noch Zeit haben, Ihr K<strong>in</strong>d<br />

selbst zu betreuen. Wenn beide Partner sich bei der Betreuung des<br />

K<strong>in</strong>des abwechseln, wird das Elterngeld 14 Monate lang gewährt.<br />

Wenn Sie vorher gearbeitet haben, erhalten Sie e<strong>in</strong>en höheren Betrag<br />

(67 % Ihres letzten Nettoarbeitslohns). Beim Elterngeld wird e<strong>in</strong><br />

Betrag von 300 € pro Monat nicht auf Leistungen nach AsylbLG,<br />

Sozialhilfe und ALG II angerechnet.<br />

Landeserziehungsgeld (Erziehungsgeld des Landes Thür<strong>in</strong>gen) wird<br />

anschließend an das Bundeserziehungsgeld/ Elterngeld <strong>für</strong> e<strong>in</strong> weiteres<br />

Jahr gewährt. Die Höhe des Landeserziehungsgeldes richtet sich<br />

nach der Anzahl Ihrer K<strong>in</strong>der (1. K<strong>in</strong>d/ 150 €, 2. K<strong>in</strong>d/ 200 €, 3. K<strong>in</strong>d/<br />

250 €, ab dem 4. K<strong>in</strong>d/ 300 €). Wenn Ihr K<strong>in</strong>d den K<strong>in</strong>dergarten<br />

besucht, müssen Sie vom Landeserziehungsgeld 150 € /Monat <strong>für</strong> den<br />

K<strong>in</strong>dergartenplatz bezahlen. Für ab 01.01.<strong>2007</strong> geborene K<strong>in</strong>der kann<br />

das Landeserziehungsgeld nur beansprucht werden, wenn das K<strong>in</strong>d ab<br />

dem 2. Lebensjahr e<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dergarten besucht.<br />

Unterhaltsvorschuss können alle<strong>in</strong> erziehende Mütter oder Väter <strong>für</strong><br />

ihr K<strong>in</strong>d bis zum 12. Lebensjahr erhalten. Der Antrag wird beim<br />

Jugendamt gestellt. Voraussetzung ist, dass der andere Elternteil den<br />

Unterhalt nicht, nur teilweise oder nicht regelmäßig bezahlt. Der<br />

Unterhaltsvorschuss wird maximal 72 Monate lang gezahlt. Er beträgt<br />

<strong>für</strong> K<strong>in</strong>der bis zum 6. Lebensjahr 111 € und bis zum 12. Lebensjahr<br />

151 €.<br />

Soziale Leistungen<br />

61


Soziale Leistungen<br />

62<br />

Anspruch <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Aufenthaltsgestattung<br />

oder Duldung<br />

Erziehungsgeld, Elterngeld und Unterhaltsvorschuss erhalten Sie als<br />

Asylsuchender oder Flüchtl<strong>in</strong>g mit Duldung normalerweise nicht.<br />

Wenn Sie Staatsangehöriger der Türkei, und e<strong>in</strong> Partner <strong>in</strong> Deutschland<br />

sozialversichert arbeitet oder ALG bezieht oder sonst wie sozialversichert<br />

ist, haben Sie jedoch nach dem Assoziationsratsbeschluss<br />

3/80 EWG-Türkei auch mit Duldung oder Aufenthaltsgestattung<br />

Anspruch auf Erziehungs- oder Elterngeld.<br />

Anspruch <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Aufenthaltserlaubnis<br />

Mit e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis haben Sie nach e<strong>in</strong>er Ende 2006<br />

beschlossenen, rückwirkend ab 1.1.2006 geltenden Gesetzesänderung<br />

Anspruch auf Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss, sowie ab<br />

1.1.<strong>2007</strong> Anspruch auf Elterngeld, wenn Sie e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis<br />

besitzen oder früher e<strong>in</strong>mal besessen haben. Nach der Neuregelung<br />

können viele Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis die genannten<br />

Familienleistungen beanspruchen, die dieses Recht bisher nicht hatten!<br />

Zu beachten ist, dass nur e<strong>in</strong> das K<strong>in</strong>d betreuender Partner den Antrag<br />

stellen kann. Beim Erziehungsgeld/Elterngeld kann nur e<strong>in</strong> Elternteil<br />

den Antrag stellen, der weniger als 30 Stunden/Woche arbeitet. Der<br />

Antragsteller muss aber auch die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen<br />

erfüllen - es reicht nicht, wenn nur der andere Elternteil die<br />

Voraussetzung erfüllt.<br />

Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis nach § 23a oder § 25 Abs. 3, 4<br />

oder 5 AufenthG haben nach der Gesetzesänderung nur dann Anspruch<br />

auf Erziehungsgeld, Elterngeld oder Unterhaltsvorschuss, wenn sie<br />

seit m<strong>in</strong>destens 3 Jahren <strong>in</strong> Deutschland leben und<br />

derzeit erwerbstätig s<strong>in</strong>d, ALG I beziehen, oder von Ihrem Arbeitgeber<br />

<strong>für</strong> die K<strong>in</strong>dererziehung e<strong>in</strong>e „Elternzeit" gewährt bekommmen<br />

haben.<br />

Den Ausschluss nicht erwerbstätiger bzw. weniger als 3 Jahre hier<br />

lebender Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis nach § 23a oder § 25<br />

Abs. 3, 4 oder 5 AufenthG halten wir <strong>für</strong> verfassungswidrig. Wenden<br />

Sie sich ggf. an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle oder e<strong>in</strong>en Anwalt! Unklar ist,<br />

was „erwerbstätig" bedeutet. Nach dem Gesetzeswortlaut reicht schon<br />

e<strong>in</strong> 2 Stunden/ Monat Putzjob, um die Familienleistungen zu bekommmen<br />

- versuchen Sie es und lassen sich beraten!<br />

Staatsangehörige der Türkei mit Aufenthaltserlaubnis nach § 23a oder<br />

§ 25 Abs. 3, 4 oder 5 AufenthG können nach dem Assoziationsratsbeschluss<br />

3/80 EWG-Türkei das Erziehungs- oder Elterngeld auch<br />

beanspruchen, wenn Sie weniger als 3 Jahre <strong>in</strong> Deutschland leben,<br />

und/ oder derzeit nicht erwerbstätig s<strong>in</strong>d, wenn e<strong>in</strong> Partner <strong>in</strong> Deutschland<br />

sozialversichert arbeitet oder ALG bezieht oder sonst wie sozialversichert<br />

ist.<br />

WICHTIG!<br />

Die zuständigen Behörden behaupten häufig, dass ihnen die<br />

Ansprüche nach den <strong>in</strong>ternationalen Sozialabkommen unbekannt<br />

s<strong>in</strong>d. Sie müssen gegen e<strong>in</strong>e eventuelle Ablehnung mit<br />

Hilfe e<strong>in</strong>er Beratungsstelle oder e<strong>in</strong>es Anwalts fristgemäß<br />

Rechtsmittel (Widerspruch, E<strong>in</strong>spruch, Klage) e<strong>in</strong>legen, um zu<br />

verh<strong>in</strong>dern, dass e<strong>in</strong>e Ablehnung „bestandskräftig“ wird und<br />

damit Ihr Anspruch endgültig verloren geht!<br />

7. Ehe und Familie<br />

In Deutschland stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz<br />

der staatlichen Ordnung (Art. 6 Abs. 1 GG). In den folgenden Abschnitten<br />

wird beschrieben, welche Voraussetzungen erfüllt se<strong>in</strong> müsssen,<br />

damit Sie und Ihre Angehörigen unter diesen besonderen Schutz<br />

fallen. Mit Familie s<strong>in</strong>d die Eltern und ihre K<strong>in</strong>der geme<strong>in</strong>t.<br />

So lange Sie zwar e<strong>in</strong>en Lebenspartner haben, mit ihm/ihr aber nicht<br />

verheiratet s<strong>in</strong>d, spricht man von e<strong>in</strong>er nichtehelichen Lebensgeme<strong>in</strong>schaft.<br />

Dabei spielt es auch ke<strong>in</strong>e Rolle, ob Sie bereits verlobt s<strong>in</strong>d.<br />

Wenn Sie geme<strong>in</strong>same K<strong>in</strong>der haben, kann dies zu aufenthaltsrechtlichen<br />

Änderungen führen. Das hängt vom Aufenthaltsstatus Ihres<br />

Partners ab. Lassen Sie sich immer beraten!<br />

Eheschließung <strong>in</strong> Deutschland<br />

Damit die Heirat (Eheschließung) rechtlich anerkannt wird, müssen<br />

Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Standesamt heiraten. Vor der Hochzeit wird die Anmeldung<br />

zur Eheschließung vorgenommen. Zuständig <strong>für</strong> die<br />

Anmeldung ist das Standesamt <strong>in</strong> der Stadt, <strong>in</strong> der Sie oder Ihre<br />

Verlobte / Ihr Verlobter (mit Haupt- oder Nebenwohnsitz) gemeldet<br />

s<strong>in</strong>d. Nach der Anmeldung kann die Trauung selbst auch <strong>in</strong> jedem anderen<br />

Standesamt stattf<strong>in</strong>den. Diese Möglichkeit können Sie nutzen,<br />

falls im Wohnort ke<strong>in</strong> kurzfristiger Heiratsterm<strong>in</strong> zu bekommen ist.<br />

a) Dokumente <strong>für</strong> die Eheschließung<br />

gültiger Pass oder Ausweis;<br />

Geburtsurkunde/ Abstammungsurkunde;<br />

Meldebesche<strong>in</strong>igung oder Aufenthaltsbestätigung;<br />

Ehefähigkeitszeugnis/ Ledigkeitsbesche<strong>in</strong>igung des ausländischen<br />

Partners, wenn das Heimatrecht diese Dokumente kennt (siehe<br />

unten);<br />

rechtskräftiges Scheidungsurteil und Heiratsurkunde bei vorangegangener<br />

Ehe.<br />

7.1 Eheschließung<br />

Ehe und Familie<br />

63


Ehe und Familie<br />

64<br />

WICHTIG!<br />

Alle Dokumente dürfen nicht älter als sechs Monate se<strong>in</strong>! Die<br />

Meldebesche<strong>in</strong>igung ist gebührenpflichtig und nur acht Tage<br />

gültig. Diese erhalten Sie im E<strong>in</strong>wohnermeldeamt.<br />

Sie brauchen <strong>für</strong> die Eheschließung e<strong>in</strong>en gültigen Pass oder Ausweis,<br />

aus dem Ihre Identität und Ihre Staatsangehörigkeit hervorgehen. Den<br />

Standesämtern <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen genügt oft e<strong>in</strong>e beglaubigte Kopie des<br />

Passes/ Ausweises. Sollten Sie Ihre Orig<strong>in</strong>aldokumente beibr<strong>in</strong>gen,<br />

müssen Ihnen diese wieder herausgegeben werden. Das Standesamt<br />

hat nicht das Recht, Ihre Orig<strong>in</strong>aldokumente e<strong>in</strong>zubehalten. Geschieht<br />

dies trotzdem, können Sie gegenüber dem Standesamt Ihr Recht auf<br />

Herausgabe der Orig<strong>in</strong>aldokumente schriftlich fordern.<br />

Haben Sie e<strong>in</strong>en ungesicherten Aufenthalt (Duldung, Aufenthaltsgestattung),<br />

dann müssen Sie Ihren Mitwirkungspflichten (§ 82 Abs.1<br />

AufenthG) gegenüber der Ausländerbehörde nachkommen, das heißt<br />

Sie müssen Ihren Pass oder Ausweis dort umgehend abgeben. Das<br />

Standesamt muss die Ausländerbehörde darüber <strong>in</strong>formieren, dass Sie<br />

e<strong>in</strong>en gültigen Pass besitzen.<br />

TIPP!<br />

Zeigen Sie den Pass oder Ausweis zunächst dem Standesamt<br />

und lassen Sie sich e<strong>in</strong>e Bestätigung geben. Machen Sie e<strong>in</strong>e<br />

beglaubigte Kopie, bevor Sie den Pass der Ausländerbehörde<br />

vorlegen.<br />

Ausländische Dokumente müssen <strong>in</strong> die deutsche Sprache übersetzt<br />

und meist von der deutschen Auslandsvertretung „legalisiert“ werden.<br />

Das heißt, die Echtheit der Dokumente muss bestätigt werden. Oftmals<br />

müssen sie zuvor auch Beglaubigungen des Ausstellerstaates aufweisen.<br />

Da dies je nach Herkunftsland verschieden geregelt ist, sollten Sie<br />

Ihr Standesamt sehr genau befragen, <strong>in</strong> welcher Form die Dokumente<br />

vorgelegt werden müssen und welche Behörde die Beglaubigungen<br />

vornehmen soll. In e<strong>in</strong>igen Staaten wird die „Legalisation“ von der<br />

deutschen Auslandsvertretung nur noch dann vorgenommen, wenn<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ländische Behörde (zum Beispiel Standesamt) dies wünscht und<br />

sich direkt mit der deutschen Auslandsvertretung <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung setzt.<br />

TIPP!<br />

Lassen Sie sich am besten vom Standesamt beraten, bevor Sie<br />

anfangen, Unterlagen zu sammeln. Erfragen Sie auch, <strong>in</strong> welcher<br />

Form (Orig<strong>in</strong>ale, beglaubigte Kopien usw.) die Dokumente<br />

vorzulegen s<strong>in</strong>d.<br />

b) Ehefähigkeitszeugnis<br />

In der Regel unterliegen Sie bei der Eheschließung neben dem deutschen<br />

Recht auch dem Recht ihres Herkunftsstaates. Das Standesamt<br />

prüft, ob das Heimatrecht e<strong>in</strong>e Eheschließung verh<strong>in</strong>dert. Das da<strong>für</strong><br />

geforderte Ehefähigkeitszeugnis muss von der zuständigen <strong>in</strong>neren<br />

Behörde Ihres Herkunftslandes ausgestellt werden. Es besche<strong>in</strong>igt,<br />

dass der Ehe ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong>dernis entgegensteht und Sie nicht schon verheiratet<br />

s<strong>in</strong>d. Oft muss das Zeugnis noch von der deutschen Botschaft<br />

geprüft und bestätigt werden. E<strong>in</strong> Ehefähigkeitszeugnis muss Ihren<br />

Namen enthalten. Es verliert <strong>in</strong> der Regel nach sechs Monaten se<strong>in</strong>e<br />

Gültigkeit.<br />

c) Ledigkeitsbesche<strong>in</strong>igung<br />

In vielen Ländern kennt man das Ehefähigkeitszeugnis nicht. Stattdessen<br />

müssen Sie <strong>in</strong> diesen Fällen e<strong>in</strong>e Ledigkeitsbesche<strong>in</strong>igung vorlegen.<br />

Die Ledigkeitsbesche<strong>in</strong>igung kann bei der Heimatbehörde, von<br />

der Botschaft oder dem Konsulat Ihres Landes ausgestellt werden.<br />

d) Eidesstattliche Versicherung<br />

Liegt der Nachweis vor, dass auch die Beschaffung e<strong>in</strong>er Ledigkeitsbesche<strong>in</strong>igung<br />

nicht möglich ist, gibt es <strong>in</strong> Ausnahmesituationen die<br />

eidesstattliche Versicherung. Dazu geben Sie selbst oder Verwandte<br />

e<strong>in</strong>e Erklärung bei e<strong>in</strong>em Notar ab, dass Sie ledig oder geschieden<br />

s<strong>in</strong>d. Bei dieser Form ergeben sich jedoch immer wieder Schwierigkeiten,<br />

da dies von den deutschen Behörden sehr selten akzeptiert wird<br />

und wenn, dann nur <strong>in</strong> Ausnahmesituationen.<br />

Wenn Sie alle notwendigen Papiere zusammen und beim Standesamt<br />

e<strong>in</strong>gereicht haben, lassen Sie sich darüber vom Standesamt e<strong>in</strong>e<br />

Besche<strong>in</strong>igung geben. Die Besche<strong>in</strong>igung legen Sie dann der Ausländerbehörde<br />

vor. Im Falle e<strong>in</strong>er drohenden Abschiebung kann Ihnen die<br />

Ausländerbehörde nach Ermessen e<strong>in</strong>e Duldung bis zum Heiratsterm<strong>in</strong><br />

erteilen! Für e<strong>in</strong>e unmittelbar bevorstehende Heirat, das heißt mit<br />

Term<strong>in</strong> zur Eheschließung, können Sie auch e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG beantragen. Vorraussetzung ist hierbei,<br />

dass alle Dokumente beim OLG waren und wieder zum Standesamt<br />

zurückgeschickt wurden, da vorher ke<strong>in</strong>e Anmeldung vorgenommen<br />

werden kann.<br />

TIPP!<br />

Wenn Sie sich ohne legalen Aufenthalt <strong>in</strong> Deutschland aufhalten<br />

und heiraten möchten, sollten Sie dr<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>e Beratungsstelle<br />

oder e<strong>in</strong>en Anwalt aufsuchen. Je eher Sie das tun, umso größer<br />

s<strong>in</strong>d Ihre Chancen, das Land ohne E<strong>in</strong>reisesperren sowie<br />

Sanktionen (Strafanzeigen) zu verlassen (<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Wiedere<strong>in</strong>reise<br />

wegen Eheschließung) oder eventuell e<strong>in</strong>en legalen<br />

Aufenthalt zu erhalten. Wenn Sie ohne legalen Aufenthalt zum<br />

Standesamt gehen, ist das Standesamt verpflichtet, Sie bei der<br />

Ausländerbehörde zu melden.<br />

Wenn Sie Dokumente <strong>für</strong> die Eheschließung nicht beschaffen können,<br />

können Sie sich von deren Vorlage befreien lassen. Den Antrag auf<br />

Befreiung stellen Sie beim Oberlandesgericht. Die Befreiung ist<br />

jedoch schwer zu beschaffen. Lassen Sie sich von e<strong>in</strong>em Anwalt beraten<br />

oder <strong>in</strong>formieren Sie sich bei der „IAF“ (siehe Adressverzeichnis<br />

unter „Adressen <strong>in</strong> Deutschland“).<br />

Ehe und Familie<br />

65


Ehe und Familie<br />

66<br />

7.2<br />

Aufenthaltsrecht<br />

<strong>für</strong> verheiratete<br />

<strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong><br />

Eheschließung im Konsulat<br />

Die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Eheschließung im Konsulat besteht, wenn beide<br />

Verlobten die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen. Die Ehe wird dann<br />

im Konsulat oder der Botschaft des Herkunftslandes geschlossen, dem<br />

beide angehören.<br />

WICHTIG!<br />

E<strong>in</strong>e Eheschließung im Konsulat Ihres Heimatlandes kann negative<br />

Folgen <strong>für</strong> Ihr Asylverfahren haben.<br />

Eheschließung mit e<strong>in</strong>em deutschen Partner im<br />

Ausland<br />

Wenn Sie geduldeter Flüchtl<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d, sollten Sie prüfen, ob e<strong>in</strong>e Eheschließung<br />

<strong>in</strong> Ihrem Heimatland möglich ist. Oft s<strong>in</strong>d der Aufwand<br />

und die Kosten ger<strong>in</strong>ger als bei e<strong>in</strong>er Eheschließung <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Nach der Eheschließung muss e<strong>in</strong> Visum zum Ehegattennachzug bei<br />

der deutschen Botschaft beantragt werden. Auf dieses Visum besteht<br />

e<strong>in</strong> Rechtsanspruch. Man braucht dazu die Heiratsurkunde und den<br />

Pass. Weitere Dokumente sollten vorher bei der Botschaft erfragt werden.<br />

Abhängig vom Herkunftsland werden die Dokumente geprüft und<br />

die Ehepartner getrennt befragt. Im Laufe des Verfahrens wird auch die<br />

Ausländerbehörde befragt, ob <strong>in</strong> Deutschland E<strong>in</strong>reiseh<strong>in</strong>dernisse<br />

bestehen, wie zum Beispiel e<strong>in</strong>e frühere Abschiebung. Lassen Sie sich<br />

beraten.<br />

Anerkennung im Ausland geschlossener Ehen<br />

Die Ehe muss nach dem Recht Ihres Heimatlandes gültig se<strong>in</strong>, damit<br />

sie <strong>in</strong> Deutschland rechtlich anerkannt wird. Dies gilt auch <strong>für</strong> re<strong>in</strong><br />

religiöse Eheschließungen. Sie müssen <strong>in</strong> der Regel die Heiratsurkunde<br />

vorweisen. In Deutschland werden Ehen anerkannt, die zwischen<br />

e<strong>in</strong>em Mann und e<strong>in</strong>er Frau geschlossen s<strong>in</strong>d. Auch Lebenspartnerschaften,<br />

die im Ausland registriert wurden, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Deutschland anerkannt<br />

(zum Beispiel der „pacs“ <strong>in</strong> Frankreich, das E<strong>in</strong>gehen e<strong>in</strong>er<br />

Lebenspartnerschaft <strong>in</strong> den Niederlanden). Die Anerkennung ist nur<br />

dann möglich, wenn das betreffende Land e<strong>in</strong>e Registrierung von<br />

Lebenspartnerschaften vorsieht.<br />

Im folgenden Abschnitt erfahren Sie, welche aufenthaltsrechtlichen<br />

Änderungen sich <strong>für</strong> Sie durch e<strong>in</strong>e Heirat ergeben.<br />

Folgen <strong>für</strong> den Aufenthalt durch e<strong>in</strong>e Eheschließung <strong>in</strong><br />

Deutschland<br />

a) Ihr Ehepartner ist Deutscher<br />

Nach der Eheschließung mit Ihrem deutschen Partner haben Sie e<strong>in</strong>en<br />

Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28<br />

Abs.1 AufenthG („Familiennachzug zu Deutschen“). Zunächst erhal-<br />

ten Sie e<strong>in</strong>e befristete Aufenthaltserlaubnis, wenn ke<strong>in</strong>e Ausweisungsgründe<br />

vorliegen. Sie wird bei Fortbestehen der Ehe verlängert.<br />

Sie erhalten e<strong>in</strong>e Niederlassungserlaubnis, wenn Sie:<br />

seit drei Jahren e<strong>in</strong>e befristete Aufenthaltserlaubnis haben,<br />

sich auf e<strong>in</strong>fache Art <strong>in</strong> deutsch mündlich verständigen können,<br />

ausreichenden Wohnraum haben,<br />

ke<strong>in</strong>e Sozialhilfe oder ALG II beziehen und<br />

ke<strong>in</strong> Ausweisungsgrund vorliegt.<br />

Wenn Sie diese Voraussetzungen nicht erfüllen, haben Sie auf jeden<br />

Fall Anspruch auf e<strong>in</strong>e befristete Verlängerung Ihrer Aufenthaltserlaubnis.<br />

b) Beide Ehepartner s<strong>in</strong>d Ausländer<br />

Ihr Ehepartner ist als Asylberechtigter nach § 25 Abs. 1 oder 2<br />

AufenthG anerkannt: Ihnen muss e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach §<br />

30 AufenthG („Ehegattennachzug“) erteilt werden.<br />

Ihr Ehepartner besitzt e<strong>in</strong>e Niederlassungserlaubnis oder hat seit 5<br />

Jahren e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis: Ihnen muss e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

nach § 30 AufenthG („Ehegattennachzug“) erteilt werden.<br />

Ihnen wird e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn Ihr Ehepartner folgende<br />

Voraussetzungen erfüllt:<br />

Er/ sie muss ausreichenden Wohnraum zur Verfügung stellen<br />

(erkundigen Sie sich über die erforderliche Größe).<br />

Er/ sie muss Ihren Lebensunterhalt sichern können.<br />

Er/ sie muss Ihre Krankenversicherung sichern können (ist <strong>in</strong> der<br />

Regel über die beitragsfreie „Familienversicherung" bei der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung möglich).<br />

Lebensunterhalt und Krankenversicherung müssen gesichert se<strong>in</strong>. Das<br />

heißt, das Familiene<strong>in</strong>kommen und nicht alle<strong>in</strong>e das E<strong>in</strong>kommen des<br />

Ehepartners muss diese Sicherung leisten. Auch der Antragsteller kann<br />

also mit se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kommen dazu beitragen. Informieren Sie sich aber<br />

bei e<strong>in</strong>er Beratungsstelle über mögliche Ausnahmen.<br />

c) Ke<strong>in</strong> Anspruch auf e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

Wenn Sie bisher nur e<strong>in</strong>e Duldung besitzen, wird unter Umständen von<br />

Ihnen verlangt, dass Sie <strong>in</strong> Ihr Herkunftsland ausreisen und dort über<br />

die deutsche Botschaft e<strong>in</strong> Visum zum Familiennachzug beantragen.<br />

Die Ausländerbehörde kann aber von dieser Vorraussetzung absehen,<br />

wenn Sie aufgrund der Eheschließung oder der Geburt e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des<br />

e<strong>in</strong>en Rechtsanspruch auf e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis haben.<br />

Ehe und Familie<br />

67


Ehe und Familie<br />

68<br />

d) EU-Staatsangehörige<br />

Ist ihr Ehepartner EU-Staatsangehöriger, der <strong>in</strong> Deutschland lebt, dann<br />

haben Sie e<strong>in</strong>en Anspruch auf die Aufenthaltserlaubnis-EU. Da<strong>für</strong><br />

müssen Sie e<strong>in</strong>e angemessene Wohnung haben und krankenversichert<br />

se<strong>in</strong>. Die Aufenthaltserlaubnis beantragen Sie bei der Ausländerbehörde.<br />

Dazu sollte Ihr Ehepartner mitkommen.<br />

WICHTIG!<br />

Sie bekommen e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nur <strong>für</strong> den Zeitraum,<br />

<strong>für</strong> den auch Ihr Pass gültig ist. Wenn Sie Sozialhilfe oder ALG<br />

II beziehen, kann das nachteilig <strong>für</strong> die Erteilung der Niederlassungserlaubnis<br />

se<strong>in</strong>. Sollte das <strong>für</strong> Sie zutreffen, können Sie<br />

sich dazu genauer bei e<strong>in</strong>er Beratungsstelle <strong>in</strong>formieren.<br />

Familienasyl<br />

Wenn Sie oder Ihr Ehepartner als asylberechtigt oder als Konventionsflüchtl<strong>in</strong>g<br />

anerkannt wurden, bekommen auch Ihr Ehepartner und<br />

die m<strong>in</strong>derjährigen K<strong>in</strong>der (bis 18 Jahre) den Status als Flüchtl<strong>in</strong>g. Das<br />

bedeutet, die Familienangehörigen müssen selbst ke<strong>in</strong>e politische<br />

Verfolgung nachweisen. Sie müssen aber unmittelbar nach Ihrer<br />

E<strong>in</strong>reise e<strong>in</strong>en Asylantrag gestellt haben. Ihre Ehe muss schon <strong>in</strong> dem<br />

Staat bestanden haben, <strong>in</strong> dem Sie oder Ihr Ehepartner politisch verfolgt<br />

wurden. Wenn das Familienasyl anerkannt wurde, ist Ihr Aufenthalt<br />

auch gesichert, wenn die Ehe e<strong>in</strong>mal geschieden werden sollte.<br />

Falls Ihr Ehepartner und Ihre m<strong>in</strong>derjährigen, unverheirateten K<strong>in</strong>der<br />

noch nicht hier leben, dürfen sie nach Deutschland e<strong>in</strong>reisen, um mit<br />

Ihnen geme<strong>in</strong>sam zu leben. Das Visum zum Familiennachzug müssen<br />

Ihre Angehörigen vor der E<strong>in</strong>reise im Herkunftsland bei der Deutschen<br />

Botschaft beantragen.<br />

Familienzusammenführung<br />

Als Asylsuchender haben Sie grundsätzlich ke<strong>in</strong>en Anspruch darauf,<br />

Familienangehörige aus dem Ausland nachzuholen. Ihre Angehörigen<br />

müssen e<strong>in</strong> eigenes Asylverfahren aufnehmen. S<strong>in</strong>d Ihre Familienangehörigen<br />

e<strong>in</strong>gereist und wollen ke<strong>in</strong>en Asylantrag stellen, können<br />

Sie bei der Ausländerbehörde e<strong>in</strong>e Duldung beantragen. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

wird hier nach unserer Erfahrung nur ganz selten positiv entschieden.<br />

Sie haben durch e<strong>in</strong>e Heirat mit e<strong>in</strong>em deutschen oder ausländischen<br />

Partner e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis bekommen und sich von diesem<br />

Partner getrennt. Um weiter <strong>in</strong> Deutschland bleiben zu können, müsssen<br />

Sie bestimmte Fristen beachten:<br />

Sie müssen m<strong>in</strong>destens zwei Jahre zusammen mit Ihrem Partner<br />

<strong>in</strong> ehelicher Lebensgeme<strong>in</strong>schaft gelebt haben und e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

Meldeadresse gehabt haben. Die Frist beg<strong>in</strong>nt erst ab dem Tag,<br />

an dem Sie durch Ihre Heirat e<strong>in</strong>e befristete Aufenthaltserlaubnis<br />

bekommen haben (nicht am Tag der Heirat)! Die Zeit, <strong>in</strong> der die<br />

Ehe im Ausland geführt wurde, wird nicht mit gerechnet. Sie endet<br />

an dem Tag, an dem Sie sich tatsächlich getrennt haben, z.B. aus<br />

der Wohnung ausgezogen s<strong>in</strong>d. Auf den Term<strong>in</strong> der erst später<br />

(frühestens nach e<strong>in</strong>em Jahr des getrennt Lebens) möglichen<br />

Scheidung kommt es nicht an.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Trennung wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst <strong>für</strong><br />

e<strong>in</strong> Jahr (§ 31 Abs. 1) verlängert, auch wenn Sie Sozialhilfe oder<br />

ALG II beziehen. Innerhalb dieses Jahres müssen Sie unabhängig<br />

von Sozialleistungen werden und z.B. e<strong>in</strong>e Arbeit f<strong>in</strong>den. Nur dann<br />

ist im Regelfall e<strong>in</strong>e weitere Verlängerung möglich.<br />

In e<strong>in</strong>igen Fällen muss die Frist von zwei Jahren nicht e<strong>in</strong>gehalten<br />

werden, um Ihren Aufenthalt <strong>in</strong> Deutschland unabhängig von Ihrer<br />

Ehe zu sichern. Die Frist gilt nicht, wenn:<br />

Ihr Ehepartner verstorben ist.<br />

Sie K<strong>in</strong>der haben, <strong>für</strong> die Sie das Sorgerecht ausüben. Ob der Partner<br />

dieses Recht auch hat, ist h<strong>in</strong>sichtlich der Aufenthaltserlaubnis<br />

unerheblich <strong>für</strong> Sie (siehe Kapitel „Eltern und K<strong>in</strong>der“).<br />

die Weiterführung Ihrer Ehe <strong>für</strong> Sie oder Ihre K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>e besondere<br />

Härte darstellen würde (bei körperlicher oder seelischer<br />

Gewalt durch den Ehepartner). Wenden Sie sich sofort an e<strong>in</strong>e<br />

Beratungsstelle oder e<strong>in</strong> Frauenhaus!<br />

die Rückkehr <strong>in</strong>s Heimatland <strong>für</strong> Sie e<strong>in</strong>e besondere Härte bedeuten<br />

würde, z.B. weil Sie dort als geschiedene Frau <strong>in</strong>s soziale<br />

Abseits verstoßen und geächtet würden.<br />

Besondere Härten können bestehen, wenn:<br />

zum Beispiel e<strong>in</strong> beh<strong>in</strong>dertes K<strong>in</strong>d auf Sie angewiesen und die<br />

Betreuung sonst nicht sichergestellt ist,<br />

Ihnen im Heimatland der Kontakt zum eigenen K<strong>in</strong>d untersagt ist,<br />

im Heimatland die Gefahr e<strong>in</strong>er Zwangsabtreibung droht,<br />

Sie <strong>in</strong> Ihrem Heimatland als getrennte oder geschiedene Frau<br />

schwerwiegenden Diskrim<strong>in</strong>ierungen ausgesetzt s<strong>in</strong>d.<br />

7.3<br />

Aufenthaltsrecht<br />

nach Scheidung<br />

oder Trennung<br />

Ehe und Familie<br />

69


Ehe und Familie<br />

70<br />

7.4 Lesbische und<br />

schwule Paare<br />

7.5 Vorwurf der<br />

“Sche<strong>in</strong>ehe”<br />

WICHTIG!<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong>e Trennung oder Scheidung beabsichtigen, sollten<br />

Sie unbed<strong>in</strong>gt vorher e<strong>in</strong>e Beratungsstelle oder e<strong>in</strong>en Anwalt<br />

aufsuchen!<br />

Seit 2001 gilt <strong>in</strong> Deutschland das Lebenspartnerschaftsgesetz. Mit diesem<br />

Gesetz hat sich <strong>für</strong> b<strong>in</strong>ationale gleichgeschlechtliche Paare vieles<br />

verbessert. Ihr rechtlicher Status hat sich dem Status b<strong>in</strong>ationaler Ehepaare<br />

angenähert. Sie können jetzt e<strong>in</strong>e Lebenspartnerschaft gründen.<br />

Schwule und lesbische Paare <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen können sich zur Zeit beim<br />

Landesverwaltungsamt (Referat 200) <strong>in</strong> Weimar als Paar e<strong>in</strong>tragen<br />

lassen. Sollte sich das ändern, kann Ihnen das Standesamt Auskunft<br />

geben, wo die E<strong>in</strong>tragung als Paar möglich ist. Mit der E<strong>in</strong>tragung<br />

Ihrer Lebenspartnerschaft ähnelt Ihre rechtliche Situation der von<br />

Ehepaaren. Es bestehen die gleichen Ansprüche auf e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

wie bei Verheirateten (siehe oben Abschnitt 7.1 bis 7.3).<br />

Beratung <strong>in</strong> rechtlichen Fragen sowie Hilfe zur Selbsthilfe erhalten Sie<br />

als homosexuelles b<strong>in</strong>ationales Paar bei „Leschiak“ (siehe Adressverzeichnis<br />

unter „Adressen <strong>in</strong> Deutschland“).<br />

Von „Sche<strong>in</strong>ehe“ wird gesprochen, wenn man ausschließlich heiratet,<br />

um e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis zu erlangen. Schon die Standesbeamten<br />

versuchen, „Sche<strong>in</strong>ehen“ vor der Eheschließung zu verh<strong>in</strong>dern. Bereits<br />

im Beratungsgespräch werden Sie als Paar geprüft. Unterstellt<br />

Ihnen der Standesbeamte, e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Ehe vortäuschen zu wolllen,<br />

kann er die Eheschließung verweigern und muss die Ablehnung<br />

begründen. Anschließend haben Sie die Möglichkeit, Beschwerde<br />

beim örtlichen Amtsgericht e<strong>in</strong>zulegen. Sie sollten dabei unbed<strong>in</strong>gt die<br />

Hilfe e<strong>in</strong>er Beratungsstelle oder e<strong>in</strong>es Anwaltes <strong>in</strong> Anspruch nehmen.<br />

Es kann auch passieren, dass Nachforschungen über Sie angestellt<br />

werden. Dabei s<strong>in</strong>d die Standesbeamten auch berechtigt, sich mit der<br />

Ausländerbehörde und dem Sozialamt <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu setzen, um<br />

Ihre Angaben nachzuprüfen. Es ist aber erst dann damit zu rechnen,<br />

wenn mehrere der folgenden Punkte zusammentreffen.<br />

Nachforschungen können e<strong>in</strong>geleitet werden, wenn:<br />

der Aufenthalt ungesichert ist (Aufenthaltsgestattung, Duldung)<br />

und e<strong>in</strong>e Verlängerung nicht mehr möglich ist (Abschiebung,<br />

Ausweisungsverfügung). Ohne legalen Aufenthalt ist e<strong>in</strong>e Eheschließung<br />

nicht möglich;<br />

Sie und Ihr Verlobter sich nur schwer oder gar nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>für</strong><br />

beide verständlichen Sprache ausdrücken können;<br />

Sie bei Befragungen widersprüchliche Angaben über Ihren Partner<br />

machen (Personalien, Umstände des Kennenlernens usw.);<br />

Sie die Ehe besonders dr<strong>in</strong>glich machen;<br />

Sie e<strong>in</strong>en Geldbetrag an Ihren Verlobten gezahlt haben, wobei die<br />

<strong>in</strong> bestimmten Staaten übliche Zahlung e<strong>in</strong>er Mitgift (Morgengabe)<br />

außer Betracht bleibt.<br />

Auch nach der Eheschließung kann die Ausländerbehörde Ihre Ehe<br />

anzweifeln und Ermittlungen anstellen. Sie wird prüfen, ob Sie <strong>in</strong> ehelicher<br />

Lebensgeme<strong>in</strong>schaft zusammen wohnen. Üblich s<strong>in</strong>d umfangreiche<br />

getrennte Befragungen beider Partner. Sie haben das Recht, sich<br />

dabei durch e<strong>in</strong>en Anwalt begleiten zu lassen. Manchmal werden dazu<br />

Nachbarn oder andere Personen <strong>in</strong> Ihrem Umfeld befragt. Es kann<br />

auch se<strong>in</strong>, dass Mitarbeiter der Ausländerbehörde Ihre Wohnung<br />

besichtigen wollen. Dies dürfen Sie nicht ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl.<br />

Sie können sich auf Ihr „Hausrecht“ berufen, das<br />

heißt, ohne entsprechende Erlaubnis darf niemand <strong>in</strong> Ihren privaten<br />

Bereich e<strong>in</strong>greifen. Wenn Sie die Wohnungsbesichtigung verweigern,<br />

darf dies nicht als Zweifel an der Ehegeme<strong>in</strong>schaft ausgelegt werden.<br />

TIPP!<br />

Lassen Sie sich nicht alle Fragen gefallen! Intime Befragungen,<br />

die Ihr Zusammenleben betreffen, s<strong>in</strong>d nicht zulässig.<br />

Kann die Ausländerbehörde nachweisen, dass Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „Sche<strong>in</strong>ehe“<br />

leben, wird sie aufenthaltsbeendende Maßnahmen e<strong>in</strong>leiten und Strafanzeige<br />

gegen beide Ehepartner (auch gegen Deutsche) erheben (§ 95<br />

Abs. 2 AufenthG).<br />

Folgen <strong>für</strong> den Aufenthalt als Elternteil e<strong>in</strong>es deutschen<br />

K<strong>in</strong>des<br />

Ausländische Mutter, deutscher Vater:<br />

Haben Sie als ausländische Frau e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d mit Ihrem deutschen Partner,<br />

dann hat Ihr K<strong>in</strong>d immer die deutsche Staatsangehörigkeit. Als Mutter<br />

e<strong>in</strong>es deutschen K<strong>in</strong>des haben Sie Anspruch auf e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

zur Ausübung der Personensorge nach § 28 AufenthG. Die<br />

Aufenthaltserlaubnis muss bei der Ausländerbehörde beantragt werden.<br />

Sie müssen da<strong>für</strong> die Geburtsurkunde Ihres K<strong>in</strong>des vorlegen.<br />

Wenn die deutsche Staatsangehörigkeit nicht aus der Geburtsurkunde<br />

Ihres K<strong>in</strong>des hervorgeht, dann legen Sie zusätzlich noch e<strong>in</strong>en Nachweis<br />

über die deutsche Staatsangehörigkeit des Vaters und die „Vaterschaftsanerkennung“<br />

vor.<br />

Ausländischer Vater, deutsche Mutter:<br />

Haben Sie als ausländischer Mann e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d mit Ihrer deutschen Partner<strong>in</strong>,<br />

dann hat Ihr K<strong>in</strong>d immer die deutsche Staatsangehörigkeit. Als<br />

Vater e<strong>in</strong>es deutschen K<strong>in</strong>des soll Ihnen e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

erteilt werden. Ausschlaggebend ist, ob Sie die Vaterschaft <strong>für</strong> Ihr<br />

K<strong>in</strong>d anerkannt und regelmäßigen Umgang mit Ihrem K<strong>in</strong>d haben. Für<br />

verschiedene Formalitäten sowie die Aufenthaltsbeantragung ist es<br />

7.6 Eltern und<br />

K<strong>in</strong>der<br />

Ehe und Familie<br />

71


Ehe und Familie<br />

72<br />

praktisch, die Vaterschaftsanerkennung bereits vor der Geburt des<br />

K<strong>in</strong>des beim zuständigen Jugendamt abzugeben.<br />

Umgangs- und Sorgerecht<br />

Hat Ihr Partner die deutsche Staatsangehörigkeit, so ist auch Ihr<br />

geme<strong>in</strong>sames K<strong>in</strong>d deutsch. Als Mutter haben Sie automatisch die<br />

„Personensorge“ <strong>für</strong> Ihr K<strong>in</strong>d. Sie erhalten deshalb e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis.<br />

Anspruch auf Umgang mit dem K<strong>in</strong>d (Umgangsrecht) hat<br />

stets derjenige Partner, der nicht die Personensorge hat. Das Umgangsrecht<br />

führt auch zu e<strong>in</strong>em Anspruch auf e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis.<br />

Lassen Sie sich unbed<strong>in</strong>gt beraten.<br />

Möchten Sie geme<strong>in</strong>sam als Eltern die Sorge <strong>für</strong> das K<strong>in</strong>d teilen, könnnen<br />

Sie e<strong>in</strong>e Sorgerechtserklärung abgeben. Diese schließt alle Entscheidungen<br />

über Ihr K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>. Es gibt zwei Möglichkeiten des Sorgerechts:<br />

das geme<strong>in</strong>same Sorgerecht und das alle<strong>in</strong>ige Sorgerecht.<br />

Sie s<strong>in</strong>d mit der Mutter des K<strong>in</strong>des verheiratet. Sie erhalten automatisch<br />

das geme<strong>in</strong>same Sorgerecht <strong>für</strong> das K<strong>in</strong>d.<br />

Sie lassen sich vone<strong>in</strong>ander scheiden. Solange nicht e<strong>in</strong> Elternteil das<br />

alle<strong>in</strong>ige Sorgerecht beantragt, bleiben Sie beide weiter geme<strong>in</strong>sam<br />

sorgeberechtigt.<br />

Die Eltern s<strong>in</strong>d nicht mite<strong>in</strong>ander verheiratet. Sie müssen die geme<strong>in</strong>same<br />

Sorge bei e<strong>in</strong>em Notar, im Jugendamt oder beim Standesamt am<br />

besten zusammen mit der Geburtsurkunde und der Vaterschaftsanerkennung<br />

erklären. Erkundigen Sie sich vorher bei der Behörde, welche<br />

Dokumente beide Elternteile vorlegen müssen. Alle Dokumente<br />

müssen auf Deutsch übersetzt werden. S<strong>in</strong>d Sie nicht <strong>in</strong> der Lage, sich<br />

ausreichend auf Deutsch zu verständigen, benötigen Sie e<strong>in</strong>en Dolmetscher<br />

(mit Ausweis/ Pass!) Die geme<strong>in</strong>same Sorgerechtserklärung<br />

kann auch schon während der Schwangerschaft abgegeben werden.<br />

Ist die Mutter des K<strong>in</strong>des nicht verheiratet und wird ke<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />

Sorgerecht beantragt, erhält sie das alle<strong>in</strong>ige Sorgerecht.<br />

WICHTIG!<br />

Wenn Sie sorgeberechtigt s<strong>in</strong>d und das K<strong>in</strong>d die deutsche<br />

Staatsangehörigkeit besitzt oder e<strong>in</strong>en gesicherten Aufenthalt <strong>in</strong><br />

Deutschland hat, muss Ihnen e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis erteilt<br />

werden. Dies ist jedoch an die Bed<strong>in</strong>gung geknüpft, dass Sie<br />

sich um Ihr K<strong>in</strong>d kümmern und Zeit mit ihm verbr<strong>in</strong>gen. Dies gilt<br />

<strong>für</strong> den Elternteil, der nicht mit dem K<strong>in</strong>d zusammenlebt.<br />

Vaterschaftsanerkennung<br />

Die Vaterschaftsanerkennung kann ab dem 5. Schwangerschaftsmonat<br />

im Jugendamt, Standesamt oder auch gegenüber e<strong>in</strong>em Notar erklärt<br />

werden. Bei dem Notar fallen <strong>für</strong> Sie Gebühren an. Falls der Vater an<br />

e<strong>in</strong>em anderen Ort wohnt, kann er auch zunächst alle<strong>in</strong>e den Antrag<br />

auf Vaterschaftsanerkennung stellen. Gültig wird die Vaterschaftsanerkennung<br />

aber erst mit der Unterschrift und Bestätigung durch die<br />

Mutter. Welche Unterlagen Sie zur Anerkennung der Vaterschaft benötigen,<br />

erfahren Sie beim Jugendamt.<br />

Geburtsurkunde, K<strong>in</strong>derausweis<br />

Ist Ihr K<strong>in</strong>d geboren, brauchen Sie e<strong>in</strong>e Geburtsurkunde <strong>für</strong> Ihr K<strong>in</strong>d.<br />

Diese bekommen Sie im Standesamt der Stadt, <strong>in</strong> der das K<strong>in</strong>d geboren<br />

wurde. In der Regel müssen beide Elternteile Nachweise ihrer<br />

Identität erbr<strong>in</strong>gen (Pass, Aufenthaltsdokument, eigene Geburtsurkunde<br />

mit deutscher Übersetzung). Mit der Geburtsurkunde bekommmen<br />

Sie auch Besche<strong>in</strong>igungen <strong>für</strong> den Antrag auf K<strong>in</strong>dergeld, Mutterschaftsgeld<br />

und Erziehungsgeld/ Elterngeld. Das Standesamt schickt<br />

Ihnen später e<strong>in</strong>e Bestätigung über die deutsche Staatsbürgerschaft des<br />

K<strong>in</strong>des.<br />

Mit dieser Bestätigung können Sie e<strong>in</strong>en deutschen K<strong>in</strong>derausweis<br />

bei Ihrer Meldebehörde beantragen. Sie brauchen da<strong>für</strong> noch Ihr<br />

Aufenthaltsdokument (zum Beispiel Pass), die Geburtsurkunde und<br />

e<strong>in</strong> biometrisches Passbild des Babys. Alle Personen, die das Sorgerecht<br />

haben, sollten zur Anmeldung des K<strong>in</strong>derausweises anwesend<br />

se<strong>in</strong>. Ist dies nicht möglich, so benötigen Sie die schriftliche Zustimmung<br />

des zweiten Sorgeberechtigten. Ab e<strong>in</strong>em Alter von zehn Jahren<br />

sollte das K<strong>in</strong>d mit zur Beantragung bei der Meldebehörde kommen.<br />

8. K<strong>in</strong>dertagesbetreuung, Schule, Hort<br />

Wenn Ihr K<strong>in</strong>d bis zu zwei Jahre alt ist, können Sie es nur dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

K<strong>in</strong>derkrippe oder von e<strong>in</strong>er Tagespflegeperson betreuen lassen, wenn<br />

Sie erwerbstätig s<strong>in</strong>d oder e<strong>in</strong>e Ausbildung absolvieren. Sie müssen<br />

zum Jugendamt gehen, um Ihr K<strong>in</strong>d anzumelden. Da die Wartezeiten<br />

lang s<strong>in</strong>d, sollten Sie Ihr K<strong>in</strong>d so früh wie möglich anmelden.<br />

Ab dem zweiten Lebensjahr hat Ihr K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>en Rechtsanspruch auf<br />

e<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dertagesstätte, das heißt, Sie müssen e<strong>in</strong>en<br />

K<strong>in</strong>dergartenplatz erhalten. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich<br />

unabhängig vom Aufenthaltsstatus, also auch <strong>für</strong> asylsuchende und<br />

geduldete <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>. Wenden Sie sich an e<strong>in</strong>e Beratungsstelle oder<br />

e<strong>in</strong>en Anwalt, wenn Ihnen der K<strong>in</strong>dergartenplatz mit H<strong>in</strong>weis auf<br />

Ihren Aufenthaltsstatus verweigert wird.<br />

Wenn Sie nicht über e<strong>in</strong> ausreichendes E<strong>in</strong>kommen aus Erwerbstätigkeit<br />

verfügen, muss das Jugendamt die Kosten <strong>für</strong> die Betreuung der<br />

K<strong>in</strong>der übernehmen. So steht es <strong>in</strong> § 90 Abs. 3 des K<strong>in</strong>der- und<br />

Jugendhilfegesetz (KJHG), das auch <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Aufenthalts-<br />

8.1 K<strong>in</strong>dertagesbetreuung<br />

Schule, Hort<br />

73


Schule, Hort<br />

74<br />

8.2 Schule<br />

8.3 Hort<br />

gestattung oder Duldung gilt. Nur das Essen im K<strong>in</strong>dergarten müssen<br />

Sie ggf. selbst bezahlen. Falls Sie Gutsche<strong>in</strong>e bekommen, werden die<br />

Kosten <strong>für</strong> das Essen davon abgezogen. Fragen Sie aber auf jeden Fall<br />

nach den Preisen <strong>für</strong> Sozialhilfeempfänger.<br />

In Thür<strong>in</strong>gen besteht Schulpflicht. Das bedeutet, dass alle K<strong>in</strong>der ab<br />

dem 6. bzw. 7. Lebensjahr zur Schule gehen müssen. Wenn Ihr K<strong>in</strong>d<br />

bis zum 30. Juli e<strong>in</strong>es Jahres das sechste Lebensjahr vollendet hat,<br />

beg<strong>in</strong>nt die Schulpflicht am 1. August. In Thür<strong>in</strong>gen besteht die Schulpflicht<br />

<strong>für</strong> neun Schuljahre.<br />

Die Schulpflicht beg<strong>in</strong>nt <strong>für</strong> nichtdeutsche K<strong>in</strong>der drei Monate, nachdem<br />

sie nach Deutschland gekommen s<strong>in</strong>d. Dies gilt seit 01.03.2005<br />

une<strong>in</strong>geschränkt auch <strong>für</strong> Ausländer mit Duldung oder Aufenthaltsgestattung<br />

(§ 17 Abs. 1 Schulgesetz Thür<strong>in</strong>gen).<br />

Die Verwaltungsvorschrift vom 19. Juli 2005 zum „Schulbesuch<br />

von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache“<br />

legt folgende Kriterien fest: Grundsätzlich sollen K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> die<br />

ihrem Alter bzw. ihrem bisherigen Schulbesuch entsprechende<br />

Klassenstufe aufgenommen werden. Wenn Ihr K<strong>in</strong>d im Herkunftsland<br />

bereits e<strong>in</strong>e Schule besucht hat, entscheidet die Schulleitung zusammmen<br />

mit den Eltern, <strong>in</strong> welche Klasse e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gestuft wird. E<strong>in</strong>e<br />

Zurückstufung wegen mangelnder Kenntnisse der deutschen Sprache<br />

ist nicht zulässig.<br />

Wenn Ihr K<strong>in</strong>d die deutsche Sprache noch nicht oder nicht gut<br />

beherrscht, dann können Intensivkurse im Fach Deutsch von den<br />

Schulen angeboten werden. Sie sollen m<strong>in</strong>destens zehn Unterrichtsstunden<br />

pro Woche umfassen. Hat Ihr K<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Möglichkeit, e<strong>in</strong>en<br />

Intensivkurs zu besuchen, soll es e<strong>in</strong>en Deutschförderunterricht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Grund-kurs erhalten, der ebenfalls zehn Unterrichtsstunden<br />

pro Woche umfasst. Später soll e<strong>in</strong> Aufbaukurs mit vier Unterrichtsstunden<br />

pro Woche anschließen.<br />

Wenn Ihr K<strong>in</strong>d die erforderlichen schulischen Leistungen hat, hat es<br />

auch das Recht, e<strong>in</strong>e Realschule oder e<strong>in</strong> Gymnasium bis zum<br />

Abschluss zu besuchen. Dieses Recht darf ihm nicht unter H<strong>in</strong>weis auf<br />

den Aufenthaltsstatus verweigert werden.<br />

Im „Hort“ können Sie Ihr K<strong>in</strong>d im Anschluss an den Schulunterricht<br />

kostenpflichtig betreuen lassen. Sie können da<strong>für</strong> beim Jugendamt<br />

e<strong>in</strong>e „Kostenübernahme“ beantragen. Das Essengeld müssen Sie aber<br />

<strong>in</strong> der Regel selbst bezahlen. Informieren Sie sich über die Preise <strong>für</strong><br />

Sozialhilfeempfänger.<br />

9. Arbeit, Studium, Ausbildung, Deutschkurse<br />

Als Ausländer benötigen Sie <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis,<br />

wenn Sie vorhaben:<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb/ <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Arbeitgeber zu arbeiten,<br />

e<strong>in</strong>e betriebliche Berufsausbildung oder e<strong>in</strong> Praktikum zu machen,<br />

selbständig (zum Beispiel auf Honorarbasis oder Werkvertragsbasis)<br />

zu arbeiten oder e<strong>in</strong> Geschäft zu eröffnen.<br />

Die Art der Arbeitserlaubnis wird <strong>in</strong> Ihren Aufenthaltstitel im Ausweispapier<br />

e<strong>in</strong>getragen (§4 AufenthG). Achten Sie auf den genauen<br />

Wortlaut.<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong>e Niederlassungserlaubnis, Aufenthaltserlaubnis nach §§<br />

25 Abs. 1 oder 2 AufenthG (Asylberechtigter, Konventionsflüchtl<strong>in</strong>g),<br />

Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG (Familienangehöriger e<strong>in</strong>es<br />

Deutschen), Aufenthaltserlaubnis nach § 29 AufenthG (Familienangehöriger<br />

e<strong>in</strong>es Ausländers, wenn ihm ebenfalls die „Erwerbstätigkeit<br />

gestattet“ ist) besitzen, dann ist:<br />

„Erwerbstätigkeit gestattet“: Sie dürfen selbständig und ohne<br />

Beschränkung <strong>für</strong> jeden Arbeitgeber (unselbstständig) arbeiten<br />

Wenn Sie die Aufenthaltserlaubnis nach § 29 AufenthG als Familienangehöriger<br />

besitzen, und ihrem Ehepartner noch nicht die Erwerbstätigkeit<br />

gestattet ist, erhalten Sie selbst diese E<strong>in</strong>tragung nach zwei<br />

Jahren. Vorher haben Sie den gleichen Arbeitsmarktzugang wie Ihr<br />

Partner, ist <strong>für</strong> ihn zum Beispiel e<strong>in</strong>e „Beschäftigung gestattet“, gilt<br />

das auch <strong>für</strong> Sie.<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach § 29 AufenthG (Familienangehöriger<br />

e<strong>in</strong>es Ausländers, wenn ihm ebenfalls die „Beschäftigung<br />

gestattet“ ist), Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 22, 23, 23a, 24<br />

AufenthG, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG<br />

(siehe auch unten) besitzen, dann ist:<br />

„Beschäftigung gestattet“: Sie dürfen ohne Beschränkung <strong>für</strong><br />

jeden Arbeitgeber unselbstständig arbeiten.<br />

Diese Arbeitsgenehmigung können Sie mit den hier genannten Aufenthaltstiteln<br />

unter folgenden Umständen erhalten:<br />

Sie leben seit m<strong>in</strong>destens vier Jahren <strong>in</strong> Deutschland. Auf diese<br />

Frist werden auch Zeiten des Asylverfahrens und e<strong>in</strong>er Duldung<br />

angerechnet (§ 9 Beschäftigungsverfahrensordnung); oder<br />

9.1. Arbeitsmarktzugang<br />

und<br />

Aufenthaltstitel<br />

Arbeit & Studium<br />

75


Arbeit & Studium<br />

76<br />

9.2. Wie prüfen<br />

Ausländerbehörde<br />

und<br />

Arbeitsagentur<br />

den Antrag auf<br />

Arbeitserlaubnis?<br />

Sie waren jünger als 18 Jahre, als Sie nach Deutschland kamen,<br />

haben <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>en Schulabschluss erworben oder hier<br />

e<strong>in</strong>e berufsvorbereitende Maßnahme abgeschlossen oder Sie<br />

schließen e<strong>in</strong>e Ausbildungsvertrag <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en anerkannten Ausbildungsberuf<br />

ab (§ 8 Beschäftigungsverfahrensordnung).<br />

Wenn Sie ke<strong>in</strong>e der genannten Voraussetzungen erfüllen, können Sie<br />

nur wie Asylsuchende e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e konkrete<br />

Arbeitsstelle beanspruchen, jedoch ohne die zusätzlichen E<strong>in</strong>schränkungen<br />

<strong>für</strong> geduldete <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>.<br />

„Erwerbstätigkeit nicht gestattet": Sie dürfen weder selbständig<br />

noch unselbständig arbeiten. Für Asylsuchende gilt dieses Verbot <strong>in</strong><br />

den ersten zwölf Monaten nach ihrer Ankunft <strong>in</strong> Deutschland. Für<br />

<strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Duldung gilt es eventuell auch darüber h<strong>in</strong>aus (siehe<br />

„Zusätzliches Arbeitsverbot <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit Duldung?“).<br />

Nach diesen ersten 12 Monaten wird die E<strong>in</strong>tragung bei Ihrem<br />

Aufenthaltstitel folgendermaßen geändert: „Aufnahme e<strong>in</strong>er Beschäftigung<br />

ist zustimmungspflichtig“. Nun müssen Sie grundsätzlich<br />

zuerst bei der Ausländerbehörde e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis beantragen,<br />

bevor Sie e<strong>in</strong>e Arbeit beg<strong>in</strong>nen. Diese Arbeitserlaubnis wird meist nur<br />

<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Tätigkeit bei e<strong>in</strong>em bestimmten Arbeitgeber erteilt.<br />

Sie erhalten e<strong>in</strong>en Arbeitsplatz auf Antrag nur „nachrangig“, das heißt,<br />

wenn sich ke<strong>in</strong> Deutscher, EU-Ausländer oder Ausländer mit<br />

„Erwerbstätigkeit/ Beschäftigung gestattet“ <strong>für</strong> diese Arbeitsstelle f<strong>in</strong>det.<br />

Für die gewünschte Arbeitsstelle müssen Sie zuerst bei der Ausländerbehörde<br />

Ihres Wohnortes die Arbeitserlaubnis beantragen. Dort<br />

bekommen Sie zwei Formulare. Sie selbst müssen den „Antrag auf<br />

Erlaubnis e<strong>in</strong>er Beschäftigung“ (die der Zustimmung der Bundesagentur<br />

<strong>für</strong> Arbeit bedarf) ausfüllen und Ihr Arbeitgeber die<br />

„Stellenbeschreibung“.<br />

Zusätzliches Arbeitsverbot <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mit<br />

Duldung?<br />

Besitzen Sie e<strong>in</strong>e Duldung, prüft die Ausländerbehörde zuerst, ob Sie<br />

derzeit aus Gründen nicht abgeschoben werden können, die Sie selbst<br />

zu vertreten haben (zum Beispiel: die Angabe falscher Identität, fehlende<br />

Mitwirkung bei der Passbeschaffung) oder ob Sie nur deshalb<br />

nach Deutschland e<strong>in</strong>gereist s<strong>in</strong>d, um hier staatliche Sozialleistungen<br />

(zum Beispiel AsylbLG) zu erhalten. Wenn diese Fragen mit „Ja“<br />

beantwortet werden, wird die Arbeitserlaubnis abgelehnt. Gegebenenfalls<br />

wird <strong>in</strong> die Duldung der Vermerk e<strong>in</strong>getragen „Erwerbstätigkeit<br />

nicht gestattet“ (§ 11 Beschäftigungsverfahrensordnung). Bei Asylsuchenden<br />

(mit Aufenthaltsgestattung) dürfen die hier genannten<br />

Fragen nicht geprüft werden.<br />

Anschließend leitet die Ausländerbehörde Ihren Antrag an die zuständige<br />

Arbeitsagentur weiter, die e<strong>in</strong>e Arbeitsmarktprüfung durchführt<br />

(§ 39 Abs. 2 AufenthG).<br />

Was tun bei e<strong>in</strong>er Ablehnung?<br />

Lehnt die Ausländerbehörde Ihren Antrag ab, können Sie Widerspruch<br />

e<strong>in</strong>legen und beim Verwaltungsgericht gegen die Ausländerbehörde<br />

klagen. Besteht die Gefahr, dass der Arbeitgeber den Arbeitsplatz, den<br />

er eigentlich Ihnen angeboten hat, <strong>in</strong> Kürze mit jemand anderem besetzen<br />

wird, können Sie auch e<strong>in</strong>en Eilantrag beim Verwaltungsgericht<br />

stellen. Über diesen Eilantrag muss das Gericht zeitnah entscheiden.<br />

Deshalb sollten Sie gut begründen, was an der Entscheidung der<br />

Ausländerbehörde falsch war und warum Sie den Arbeitsplatz bekommen<br />

müssten. Im Eilantrag sollten Sie außerdem gut begründen,<br />

warum e<strong>in</strong>e schnelle (wenn auch juristisch vorläufige) Entscheidung<br />

<strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Arbeitsplatz so dr<strong>in</strong>gend ist. Informationen über Fristen des<br />

Widerspruchs oder der Klage f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> der Rechtsmittelbelehrung<br />

des schriftlichen Ablehnungsbescheids der Ausländerbehörde, den Sie<br />

unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>fordern sollten. Das Verfahren ist kostenpflichtig und<br />

deshalb können Sie Prozesskostenhilfe beim Gericht beantragen.<br />

Hierbei kann Sie e<strong>in</strong> Anwalt oder e<strong>in</strong>e Beratungsstelle unterstützen.<br />

Ihre Rechte als Arbeitnehmer<br />

Haben Sie e<strong>in</strong>e Arbeit gefunden und die Arbeitserlaubnis bekommen,<br />

sollten Sie e<strong>in</strong>en schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber<br />

abschließen. Ansonsten besteht automatisch e<strong>in</strong> mündlicher Arbeitsvertrag.<br />

Wird nur e<strong>in</strong> mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen, ist der<br />

Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen spätestens e<strong>in</strong>en Monat nach Beg<strong>in</strong>n<br />

des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbed<strong>in</strong>gungen<br />

schriftlich auszuhändigen. Wesentlicher Vertrags<strong>in</strong>halt sollte se<strong>in</strong>:<br />

vere<strong>in</strong>barte Arbeitsaufgabe/ Anforderungen/ Tätigkeiten,<br />

Beg<strong>in</strong>n des Arbeitsverhältnisses,<br />

Entlohnung,<br />

vere<strong>in</strong>barte Arbeitszeit,<br />

Urlaubsanspruch,<br />

weitere <strong>in</strong>dividuelle und betriebsspezifische Vere<strong>in</strong>barungen.<br />

Mit e<strong>in</strong>em Arbeitsvertrag - mündlich oder schriftlich - stehen Ihnen<br />

verschiedene Rechte zu:<br />

Sie müssen das <strong>für</strong> die Arbeit vere<strong>in</strong>barte Geld bekommen. Ihr<br />

Arbeitgeber kann es sich nicht plötzlich anders überlegen und weniger<br />

bezahlen. Hat Ihr Arbeitgeber mit Ihnen e<strong>in</strong>e tägliche Arbeitszeit vere<strong>in</strong>bart<br />

und schickt Sie dann trotzdem nur auf Abruf nach Hause, steht<br />

Ihnen die Bezahlung <strong>für</strong> die ursprünglich vere<strong>in</strong>barte Arbeitszeit zu.<br />

9.3 Ihre Rechte<br />

und Pflichten,<br />

wenn Sie arbeiten<br />

Arbeit & Studium<br />

77


Arbeit & Studium<br />

78<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong> unbefristetes Arbeitsverhältnis haben, kann Ihr Arbeitgeber<br />

<strong>in</strong> aller Regel nicht „von heute auf morgen“ kündigen, sondern<br />

muss nach § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bestimmte<br />

Fristen e<strong>in</strong>halten. Die Kündigungsfrist beträgt <strong>in</strong> der Regel m<strong>in</strong>destens<br />

vier Wochen (<strong>in</strong>nerhalb der Probezeit nur 14 Tage).<br />

Wenn Sie nicht arbeiten können, weil Sie krank s<strong>in</strong>d, haben Sie nach<br />

dem Entgeltfortzahlungsgesetz <strong>für</strong> sechs Wochen Anspruch auf Lohnfortzahlung<br />

durch Ihren Arbeitgeber. Danach muss die Krankenkasse<br />

Ihnen Krankengeld gewähren. Es ist aber wichtig, dass Sie sich bei<br />

Ihrem Arbeitgeber unverzüglich krank melden und ihm spätestens am<br />

dritten Tag der Erkrankung e<strong>in</strong>e ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbesche<strong>in</strong>igung<br />

vorlegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die ärztliche<br />

Besche<strong>in</strong>igung früher von Ihnen zu verlangen. Sie haben nach dem<br />

Bundesurlaubsgesetz Anspruch auf m<strong>in</strong>destens vier Wochen bezahlten<br />

Urlaub im Jahr. Bei e<strong>in</strong>em kürzeren Arbeitsverhältnis ist der Urlaub<br />

anteilig zu gewähren. Bei Ende des Arbeitsvertrages ist nicht gewährter<br />

Urlaub als „Urlaubsabgeltung“ auszuzahlen.<br />

Wenn sich Ihr Arbeitgeber an die vere<strong>in</strong>barten Regeln nicht hält, könnnen<br />

Sie beim Arbeitsgericht klagen. Lassen Sie sich vor e<strong>in</strong>er Klage<br />

möglichst beraten, am besten bei e<strong>in</strong>er Gewerkschaft an Ihrem Ort.<br />

Gewerkschaften<br />

Wie <strong>in</strong> anderen Ländern setzen sich auch <strong>in</strong> Deutschland Gewerkschaften<br />

<strong>für</strong> die Rechte der Arbeitnehmer e<strong>in</strong>. Ihren Mitgliedern bieten<br />

sie unter anderem kostenlose Rechtsberatung und vertreten Sie<br />

kostenlos bei Prozessen vor dem Arbeitsgericht (Rechtsschutz). Der<br />

Mitgliedsbeitrag beträgt 1 % des Bruttolohns pro Monat. Arbeitslose<br />

oder <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> ohne Arbeit zahlen pauschal 2,50 € pro Monat. Nach<br />

drei Monaten Mitgliedschaft besteht der Rechtsschutz.<br />

Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände handeln Tarifverträge aus.<br />

Wenn das Unternehmen, <strong>in</strong> dem Sie arbeiten, tarifgebunden ist und Sie<br />

Mitglied der entsprechenden Gewerkschaft s<strong>in</strong>d, haben Sie Anspruch<br />

auf die Leistungen, die im Tarifvertrag vere<strong>in</strong>bart s<strong>in</strong>d. Das betrifft<br />

Lohn, Arbeitszeiten, Urlaub und vieles mehr. Erkundigen Sie sich bei<br />

der <strong>für</strong> Ihre Branche zuständigen Mitgliedsgewerkschaft im Deutschen<br />

Gewerkschaftsbund (DGB). Wenn Sie nicht wissen, woh<strong>in</strong> Sie sich<br />

wenden sollen, erhalten Sie Auskunft beim ver.di-MigrantInnen-AK<br />

(siehe Adressliste).<br />

WICHTIG!<br />

Auch wenn Sie ohne Arbeitserlaubnis (also „schwarz“) arbeiten,<br />

haben Sie Anspruch auf Lohn <strong>für</strong> die Arbeit, die Sie bereits<br />

erbracht haben. Wenn der Arbeitgeber nicht bezahlt, müssen<br />

Sie genau aufschreiben, was und wie lange Sie täglich gearbeitet<br />

haben (und möglichst da<strong>für</strong> Zeugen haben). Sie können diesen<br />

Lohn beim Arbeitsgericht e<strong>in</strong>klagen. Das Arbeitsgericht<br />

<strong>in</strong>formiert die anderen Behörden von sich aus nicht darüber. Sie<br />

sollten sich <strong>in</strong> jedem Fall beraten lassen, bevor Sie zum<br />

Arbeitsgericht gehen. Dabei spielt es natürlich e<strong>in</strong>e Rolle, wie<br />

hoch der Lohn ist, den der Arbeitgeber verweigert.<br />

Ihre Pflichten als Arbeitnehmer<br />

Grundsätzlich muss e<strong>in</strong> Arbeitnehmer <strong>in</strong> Deutschland von se<strong>in</strong>em<br />

Lohn Abgaben <strong>für</strong> Steuern und Sozialversicherungen (Krankenkasse,<br />

Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung)<br />

bezahlen. Diese Beiträge zieht der Arbeitgeber von Ihrem Bruttolohn<br />

ab und überweist sie direkt an die zuständigen Ämter und Kassen.<br />

Sollten Sie parallel mehrere kle<strong>in</strong>e Jobs haben und nicht wissen, wer<br />

welche Sozialabgaben e<strong>in</strong>zahlen muss, dann erkundigen Sie sich<br />

danach bei Ihrer Krankenkasse.<br />

Sie erhalten beim E<strong>in</strong>wohner- und Meldeamt e<strong>in</strong>e Lohnsteuerkarte, die<br />

Sie bei Ihrem Arbeitgeber abgeben. Wenn Sie noch ke<strong>in</strong>e Krankenversicherung<br />

haben, versichert Sie Ihr Arbeitgeber. Sie können selbst<br />

wählen, bei welcher Krankenkasse Sie versichert werden wollen und<br />

dies Ihrem Arbeitgeber mitteilen.<br />

Meldepflicht<br />

Wenn Sie Sozialleistungen vom Sozialamt oder Arbeitsamt erhalten,<br />

s<strong>in</strong>d Sie verpflichtet, dort sofort Bescheid zu geben, dass Sie arbeiten<br />

und wie viel Sie verdienen. Der Arbeitslohn wird (teilweise) mit Ihren<br />

Sozialleistungen verrechnet und Sie bekommen e<strong>in</strong>en neuen Bescheid.<br />

Wenn Sie arbeiten und das nicht melden, fordern die Ämter Ihre<br />

Leistungen zurück und können auch e<strong>in</strong> Strafverfahren wegen<br />

Leistungsbetrugs eröffnen.<br />

Arbeitslos, was nun?<br />

Haben Sie <strong>in</strong>nerhalb von zwei Jahren <strong>in</strong>sgesamt zwölf Monate sozialversicherungspflichtig<br />

gearbeitet, können Sie ALG I bei der Arbeitsagentur<br />

beantragen.<br />

Arbeit & Studium<br />

79


Arbeit & Studium<br />

80<br />

9.4 Selbständigkeit<br />

9.5 Studium<br />

Sie dürfen selbständig arbeiten, wenn <strong>in</strong> Ihrer Aufenthaltserlaubnis<br />

„Erwerbstätigkeit gestattet“ steht. Mit e<strong>in</strong>er Duldung oder Aufenthaltsgestattung<br />

ist Ihnen e<strong>in</strong>e selbständige Arbeit nicht erlaubt (siehe<br />

Kapitel 9.1).<br />

Haben Sie e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach § 23, § 23a, § 25 Abs. 3, 4<br />

oder 5 AufenthG müssen Sie bei der Ausländerbehörde diese<br />

Gestattung der Erwerbstätigkeit beantragen. Die Ausländerbehörde<br />

fragt dann bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) an, ob es wirtschaftliche<br />

Gründe gibt, die gegen Ihre selbständige Tätigkeit sprechen<br />

würden. Lehnt die Ausländerbehörde Ihren Antrag ab, können<br />

Sie beim Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung der Ausländerbehörde<br />

klagen (siehe oben).<br />

Aufenthaltsrechtliche Voraussetzung <strong>für</strong> e<strong>in</strong> Studium<br />

In der Regel reisen Ausländer, die <strong>in</strong> Deutschland studieren wollen,<br />

mit e<strong>in</strong>em entsprechenden Visum e<strong>in</strong>. Wenn Sie e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

besitzen und die fachlichen Voraussetzungen erfüllen, könnnen<br />

Sie sich um e<strong>in</strong>en Studienplatz an e<strong>in</strong>er Hochschule bewerben.<br />

Auch als Flüchtl<strong>in</strong>g mit e<strong>in</strong>er Aufenthaltsgestattung oder Duldung<br />

werden Sie durch das Thür<strong>in</strong>ger Hochschulgesetz nicht vom Studium<br />

ausgeschlossen. Allerd<strong>in</strong>gs verbietet Ihnen die Ausländerbehörde teilweise<br />

mit e<strong>in</strong>er Auflage e<strong>in</strong> Studium, oder sie verweigert die<br />

Aufhebung der Residenzpflicht (den Urlaubssche<strong>in</strong>), um zur Hochschule<br />

zu fahren. Stellen Sie mit Hilfe e<strong>in</strong>er Beratungsstelle bei der<br />

Ausländerbehörde e<strong>in</strong>en schriftlichen Antrag auf Genehmigung des<br />

Studiums und die entsprechende Änderung der Residenzpflicht und<br />

fordern e<strong>in</strong>en schriftlichen Bescheid. Wird der Antrag abgelehnt,<br />

<strong>in</strong>formieren Sie sich bei e<strong>in</strong>er Beratungsstelle oder Anwaltskanzelei<br />

über die Chancen e<strong>in</strong>er Klage beim Verwaltungsgericht (siehe Kapitel<br />

1.4 Widerspruch und Klage). Sie können auf Antrag auch ohne den<br />

Status als Student als "Gasthörer" an e<strong>in</strong>zelnen Lehrveranstaltungen<br />

e<strong>in</strong>er Universität oder Fachhochschule teilnehmen. Als Gasthörer<br />

können Sie jedoch ke<strong>in</strong>en Abschluss machen.<br />

Allgeme<strong>in</strong>e fachliche Voraussetzungen <strong>für</strong> e<strong>in</strong><br />

Studium<br />

Beratung und Informationen <strong>für</strong> ausländische Studienbewerber erhalten<br />

Sie im Büro des Auslandsreferats oder der „Studienberatung" jeder<br />

Hochschule. Auf jeden Fall müssen Sie folgendes nachweisen:<br />

e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland erworbenes Abitur oder e<strong>in</strong>e dem deutschen<br />

Abitur gleichwertige ausländische Hochschulzugangsberechtigung<br />

(siehe www.anab<strong>in</strong>.de),<br />

gilt Ihr ausländischer Bildungsabschluss nicht als gleichwertig,<br />

müssen sie zunächst das „Studienkolleg“ absolvieren. Das ist e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>jähriger sprachlicher und fachlicher Vorbereitungskurs zu<br />

e<strong>in</strong>em Studium, der mit e<strong>in</strong>er fachlichen „Feststellungsprüfung“<br />

(manchmal auch der Sprachprüfung DSH) endet;<br />

bei e<strong>in</strong>em ausländischen Bildungsabschluss den erfolgreichen Test<br />

zum Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse („Deutsche<br />

Sprachprüfung <strong>für</strong> den Hochschulzugang ausländischer Studienbewerber<br />

DSH“ oder ähnliche Abschlüsse wie zum Beispiel<br />

TestDaF).<br />

Weitere Informationen zu den Studienvoraussetzungen <strong>für</strong> Ausländer<br />

f<strong>in</strong>den Sie unter www.daad.de. Die Internetseiten aller deutschen<br />

Hochschulen f<strong>in</strong>den Sie über www.hochschulkompass.de. Suchen Sie<br />

dort nach Studiengängen, Bewerbungsformularen, Bewerbungsfristen,<br />

Beratungsadressen usw..<br />

F<strong>in</strong>anzierung des Studiums<br />

Um Ihren Unterhalt zu f<strong>in</strong>anzieren, sollten Sie folgendes kalkulieren:<br />

In Thür<strong>in</strong>gen gibt es bisher ke<strong>in</strong>e Studiengebühren. Sie brauchen aber<br />

Geld <strong>für</strong> Bücher, den Semesterbeitrag (der Beitrag beträgt bis zu 200<br />

€ <strong>für</strong> 6 Monate, meist ist dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong> „Semesterticket" <strong>für</strong> Bus und Bahn<br />

<strong>in</strong> der Region enthalten) und <strong>für</strong> Ihren eigenen Unterhalt (Essen,<br />

Miete, Krankenkasse). Sie müssen e<strong>in</strong>e Krankenversicherung zum<br />

Studententarif <strong>für</strong> ca. 56 € pro Monat bei e<strong>in</strong>er gesetzlichen Krankenkasse<br />

abschließen.<br />

BAföG (Ausbildungsförderung) erhalten Ausländer nur, wenn sie<br />

anerkannte <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> s<strong>in</strong>d (§ 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG), e<strong>in</strong>e<br />

Niederlassungserlaubnis als jüdische Zuwanderer haben (§ 23 Abs. 2<br />

AufenthG), mit deutschem Ehepartner/Elternteil oder als Ehepartner<br />

e<strong>in</strong>es Unionsbürgers mit e<strong>in</strong>em Aufenthaltsrecht <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Andere Ausländer erhalten BAföG nur, wenn sie selbst fünf Jahre oder<br />

e<strong>in</strong> Elternteil drei Jahre <strong>in</strong> Deutschland sozialversicherungspflichtig<br />

beschäftigt waren.<br />

Wenn Sie BAföG erhalten wollen, müssen Sie zu Beg<strong>in</strong>n der<br />

Ausbildung unter 30 Jahre alt se<strong>in</strong>. Wenn Sie nachweislich wegen<br />

politischer Verfolgung <strong>in</strong> Ihrem Heimatland nicht studieren konnten<br />

und unverzüglich nach Wegfall des H<strong>in</strong>dernisses (spätestens nach<br />

Erteilung e<strong>in</strong>er Aufenthaltserlaubnis) e<strong>in</strong> Studium aufnehmen, erhalten<br />

Sie BAföG auch, wenn sie bereits älter s<strong>in</strong>d.<br />

Während des Studiums erhält man <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong> ALG II oder<br />

Sozialhilfe (siehe Kapitel 9.6.1. bei „F<strong>in</strong>anzierung der Ausbildung“).<br />

Leistungen nach AsylbLG müssen Sie eigentlich weiter erhalten, wenn<br />

Sie leistungsberechtigt nach §§ 3 bis 7 AsylbLG s<strong>in</strong>d. Dieses Gesetz<br />

kennt ke<strong>in</strong> Ausbildungsverbot und <strong>für</strong> Sie besteht auch ke<strong>in</strong>e<br />

Verpflichtung, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen zu müssen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs verbieten manche Ausländerbehörden <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen das<br />

Arbeit & Studium<br />

81


Arbeit & Studium<br />

82<br />

9.6<br />

Berufsausbildung<br />

Studium per Auflage. Im Gesetz ist das aber so nicht vorgesehen.<br />

Aber: Wenn Sie e<strong>in</strong>en Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG<br />

haben, erhalten Sie als Student gar ke<strong>in</strong>e Leistungen (§ 2 AsylbLG <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung mit § 22 SGB XII)!<br />

Es gibt e<strong>in</strong>ige Stiftungen und Programme, die unter bestimmten<br />

Vorraussetzungen e<strong>in</strong> Stipendium gewähren:<br />

Die Otto-Benecke-Stiftung (www.obs-ev.de) ist e<strong>in</strong>e Stiftung der<br />

Bundesregierung und fördert <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> nach e<strong>in</strong>em erfolgreichen<br />

Asylverfahren (Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2<br />

AufenthG).<br />

Die He<strong>in</strong>rich-Böll-Stiftung fördert Studierende und Graduierte<br />

aller Fachrichtungen und Nationalitäten bei hervorragenden<br />

Leistungen und gesellschaftspolitischem Engagement, allerd<strong>in</strong>gs<br />

erst nach dem ersten Fachsemester. Nähere Informationen:<br />

He<strong>in</strong>rich-Böll-Stiftung Thür<strong>in</strong>gen, Trommsdorffstraße 5, 99084<br />

Erfurt, Tel: 0361-55532-57, www.boell-thuer<strong>in</strong>gen.de<br />

Die Diakonie bietet e<strong>in</strong> spezielles Flüchtl<strong>in</strong>gs-Stipendienprogramm<br />

<strong>für</strong> Menschen aus außereuropäischen Entwicklungsländern,<br />

die dort e<strong>in</strong>e Ausbildung oder e<strong>in</strong> Studium nicht aufnehmen<br />

konnten oder abbrechen mussten, weil sie verfolgt wurden. Sie<br />

sollten nicht älter als 35 Jahre se<strong>in</strong>, bei Antragstellung nicht länger<br />

als drei Jahre <strong>in</strong> Deutschland leben und Ihre Bereitschaft erklären,<br />

wenn möglich, später <strong>in</strong> Ihre Heimat zurückzukehren. Nähere<br />

Informationen erhalten Sie bei:<br />

Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche <strong>in</strong> Deutschland,<br />

Stafflenbergstraße 76, 70184 Stuttgart<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong> Frau Sylvia Karlev<br />

Tel: 0711/2159506, E-Mail: diakonie@diakonie.de, www.diakonie.de<br />

Auch andere Stiftungen der Parteien, Gewerkschaften und Kirchen<br />

fördern ausländische Studierende (www.begabtenfoerderungswerke.de).<br />

Wenn Sie Ihr Studium über Arbeit f<strong>in</strong>anzieren wollen, beachten Sie<br />

bitte Kapitel 9.1. „Arbeitsmarktzugang und Aufenthaltstitel“.<br />

Es gibt <strong>in</strong> Deutschland verschiedene Formen von Berufsausbildungen<br />

und berufsorientierenden Angeboten. Für betriebliche Berufsausbildungen<br />

wird e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis benötigt (siehe Kapitel 9.1).<br />

Betriebliche Berufsausbildung: Sie müssen e<strong>in</strong>en Betrieb f<strong>in</strong>den, der<br />

Sie direkt als Lehrl<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>stellt und e<strong>in</strong>e Ausbildungsvergütung<br />

bezahlt. Sie brauchen da<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde.<br />

Der theoretische Unterricht erfolgt <strong>in</strong> der Berufsschule.<br />

Überbetriebliche Berufsausbildung: Hier wird normalerweise ke<strong>in</strong>e<br />

Ausbildungsvergütung gezahlt. Sie brauchen dann auch ke<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis.<br />

Diese Ausbildung wird von Freien Trägern, Berufsbildungswerken<br />

oder Wirtschaftsverbänden <strong>in</strong> über- und außerbetrieblichen<br />

Ausbildungszentren angeboten.<br />

Berufsfachschulen: Sie brauchen ke<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis. Haben Sie<br />

e<strong>in</strong>e Duldung, kann die Ausländerbehörde Ihnen den Besuch der<br />

Berufsfachschule allerd<strong>in</strong>gs verbieten. Viele Berufe können Sie <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er beruflichen Vollzeitschule, der Berufsfachschule erlernen, zum<br />

Beispiel <strong>in</strong> den Bereichen Wirtschaft, Technik, Hauswirtschaft, Sozialoder<br />

Krankenpflege oder Agrarwirtschaft. Voraussetzung ist m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong> Hauptschulabschluss, meist jedoch der Realschulabschluss.<br />

Neben dem Berufsabschluss können an den Berufsfachschulen meist<br />

auch weiterführende Schulabschlüsse erworben werden.<br />

Berufsvorbereitendes Jahr (BVJ): Sie brauchen ke<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis.<br />

Das BVJ ist e<strong>in</strong> berufliches Orientierungsjahr beziehungsweise<br />

e<strong>in</strong>e Vorausbildung <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en bestimmten Beruf, <strong>in</strong> dem ggf. auch der<br />

Hauptschulabschluss nachgeholt werden kann.<br />

E<strong>in</strong> Freiwilliges soziales Jahr (FSJ) oder Freiwilliges ökologisches<br />

Jahr (FÖJ): Sie brauchen e<strong>in</strong>e Arbeitserlaubnis, die Ihnen die<br />

Ausländerbehörde jedoch ohne „Zustimmung zur Beschäftigung“ der<br />

Arbeitsagentur ausstellt. Das FSJ oder FÖJ bietet jungen Menschen im<br />

Alter von 16 bis 26 Jahren (FÖJ 16 bis 27 Jahre) die Chance, vor<br />

Beg<strong>in</strong>n der Ausbildung oder des Studiums E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> soziale, pflegerische<br />

oder ökologische Berufe zu erhalten und sich dar<strong>in</strong> zu erproben.<br />

Es dauert <strong>in</strong> der Regel zwölf Monate, ist e<strong>in</strong>e Vollzeitbeschäftigung<br />

und kann <strong>für</strong> bestimmte Ausbildungen als Vorpraktikum anerkannt<br />

werden. Man erhält e<strong>in</strong> Taschengeld, teils auch Verpflegung und<br />

Unterkunft gestellt oder gezahlt.<br />

Ob und welcher Schulabschluss <strong>für</strong> Ihre gewünschte Ausbildung notwendig<br />

ist, können Sie bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur, dem<br />

Jugendmigrationsdienst an Ihrem Ort oder dem Betrieb/Träger Ihrer<br />

Ausbildung erfragen. Beratung und Unterstützung bieten auch die<br />

Gewerkschaften <strong>in</strong> Ihrer Nähe.<br />

F<strong>in</strong>anzierung der Berufsausbildung<br />

Bei e<strong>in</strong>er betrieblichen Berufsausbildung bekommt man e<strong>in</strong>e<br />

Ausbildungsvergütung direkt vom Arbeitgeber. Ergänzend können<br />

Sie Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) bei der Agentur <strong>für</strong> Arbeit<br />

beantragen.<br />

BAföG (Ausbildungsförderung <strong>für</strong> den Lebensunterhalt bei e<strong>in</strong>er<br />

schulischen Ausbildung) oder BAB (<strong>für</strong> den Lebensunterhalt bei e<strong>in</strong>er<br />

überbetrieblichen Ausbildung oder ergänzend zu e<strong>in</strong>er zum Leben zu<br />

ger<strong>in</strong>gen Ausbildungsvergütung) wird Ausländern gezahlt, die aner-<br />

Arbeit & Studium<br />

83


Arbeit & Studium<br />

84<br />

kannte <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> s<strong>in</strong>d, deutsche Ehepartner oder Eltern haben oder<br />

deren Eltern hier e<strong>in</strong>e bestimmte Zeit gearbeitet haben (siehe dazu ausführlich<br />

Kapitel 9.4. F<strong>in</strong>anzierung des Studiums, § 8 BAföG sowie §<br />

63 SGB III).<br />

ALG II oder Leistungen zum Lebensunterhalt nach SGB XII oder § 2<br />

AsylbLG werden nur <strong>in</strong> „besonderen Härtefällen" als Alternative <strong>für</strong><br />

verweigertes BAföG/BAB gewährt. In der Regel bekommt man diese<br />

Hilfen nicht, wenn die Ausbildungsart/das Studium als solches nach<br />

BAföG oder BAB förderungsfähig wäre – auch wenn man selbst<br />

wegen der § 8 BAföG und § 63 SGB III davon ausgeschlossen wird.<br />

Leistungen nach AsylbLG müssen Sie weiter erhalten, wenn Sie leistungsberechtigt<br />

nach §§ 3 bis 7 AsylbLG s<strong>in</strong>d. Dieses Gesetz kennt<br />

ke<strong>in</strong> Ausbildungsverbot. Für Sie besteht auch ke<strong>in</strong>e Verpflichtung,<br />

dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Allerd<strong>in</strong>gs haben Sie ke<strong>in</strong>en<br />

Anspruch, falls Sie Leistungen nach § 2 AsylbLG erhalten.<br />

„Besondere Härtefälle", um trotz der Ausbildung Leistungen ALG II<br />

oder Leistungen zum Lebensunterhalt nach SGB XII oder § 2<br />

AsylbLG zu erhalten, können se<strong>in</strong>:<br />

dass die bereits begonnene Ausbildung bis dah<strong>in</strong> von der<br />

Jugendhilfe, Sozialhilfe oder über AsylbLG f<strong>in</strong>anziert wurde<br />

(„Vertrauensschutz“),<br />

dass die Ausbildung ausdrücklich <strong>in</strong> Absprache mit der<br />

Berufsberatung der Arbeitsagentur, e<strong>in</strong>er Jugendhilfee<strong>in</strong>richtung<br />

oder dem Jugendamt (schriftlicher Jugendhilfeplan!) vere<strong>in</strong>bart<br />

wurde,<br />

dass unbegleitete m<strong>in</strong>derjährige <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> mangels Eltern nach<br />

dem oben genannten Kriterium (5 Jahre sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigung) überhaupt ke<strong>in</strong>e realistische Chance haben,<br />

BaföG/BAB zu erhalten und e<strong>in</strong>e Ausbildung aufzunehmen.<br />

Zudem ist anzuführen, dass Jugendliche von der ArGe eigentlich<br />

sofort <strong>in</strong> Arbeit oder Ausbildung vermittelt werden müssen und e<strong>in</strong><br />

Ausbildungsabbruch normalerweise mit sofortiger Streichung des<br />

Unterhalts sanktioniert wird (§ 3 Abs. 2, § 31 Abs. 5 SGB II). Wird e<strong>in</strong><br />

Härtefall anerkannt, kann das ALG II nur als Darlehen gewährt werden.<br />

Beim SGB XII oder § 2 AsylbLG ist <strong>in</strong> Härtefällen e<strong>in</strong> Darlehen<br />

oder e<strong>in</strong> Zuschuss möglich (Ermessen). Im Fall des ALG-II-Darlehens<br />

ist ke<strong>in</strong>e Krankenversicherung über das Jobcenter möglich, weshalb<br />

man beim Sozialamt Krankensche<strong>in</strong>e nach § 48 SGB XII oder e<strong>in</strong>e<br />

Chipkarte nach § 264 SGB V beantragen muss. Zusätzlich zum ALG-<br />

II-Darlehen kann Wohngeld beansprucht werden. Auch im Falle e<strong>in</strong>er<br />

zu ger<strong>in</strong>gen Ausbildungsvergütung ist Wohngeld möglich, wenn die<br />

BAB abgelehnt wurde.<br />

Ausnahmen: § 7 Abs. 6 SGB II sowie § 22 Abs. 2 SGB XII beschreiben<br />

Ausnahmen, <strong>in</strong> denen trotz Ausbildung ALG II bzw. Sozialhilfe als<br />

Zuschuss gezahlt wird. E<strong>in</strong> besonderer Härtefall ist dann nicht nötig.<br />

Das gilt, wenn:<br />

Sie e<strong>in</strong>e Ausbildung machen, die zu e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong> bildenden<br />

Schulabschluss führt (zum Beispiel Fach-/Abitur; aber nicht im<br />

„Zweiten Bildungsweg“!),<br />

Sie jünger als 18 Jahre s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>e schulische oder betriebliche<br />

Ausbildung machen und bei Ihren Eltern leben,<br />

Sie älter als 18 Jahre s<strong>in</strong>d, noch bei Ihren Eltern leben und <strong>für</strong> die<br />

Ausbildung nur e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>i-BAföG/ BAB von 192 €/ Monat erhalten<br />

könnten, das nicht bedarfsdeckend ist (hier haben Gerichte unterschiedlich<br />

entschieden!!)<br />

Auch hier können Sie gegen ablehnende Entscheidungen der<br />

Behörden Widerspruch e<strong>in</strong>legen beziehungsweise klagen. Vorher empfiehlt<br />

sich unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e Beratung, da die Gesetzeslage kompliziert<br />

ist. Können Sie ke<strong>in</strong>e öffentliche Ausbildungsförderung erhalten, bleiben<br />

Ihnen als F<strong>in</strong>anzierungsquellen nur Stiftungen oder e<strong>in</strong>e Arbeit<br />

neben Ihrer Ausbildung. Ansonsten erhalten Sie erst wieder Leistungen<br />

nach § 2 AsylbLG, ALG II, wenn Sie Ihre Ausbildung abgebrochen<br />

oder beendet haben.<br />

Grundsätzlich ist es nötig, sich <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Änderung des BAföG und des<br />

SGB III zu engagieren, damit ausländischen Jugendlichen, die zu e<strong>in</strong>er<br />

Ausbildung zugelassen wurden, nicht mehr die Existenzgrundlage entzogen<br />

werden kann!<br />

Integrationskurse<br />

Integrationskurse richten sich an Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis<br />

zum Familiennachzug sowie anerkannte <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> (Aufenthaltserlaubnis<br />

nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG). E<strong>in</strong> Integrationskurs umfasst<br />

630 Stunden und besteht aus dem Basiskurs Deutsch (drei Module<br />

mit je 100 Stunden) und dem Aufbaukurs Deutsch (drei Module<br />

mit je 100 Stunden), sowie zusätzlich dem Orientierungskurs (30<br />

Stunden). Der Kurs kostet 1 € pro Unterrichtsstunde. Empfänger von<br />

ALG II oder Leistungen nach SGB XII s<strong>in</strong>d von den Gebühren befreit.<br />

Informationen f<strong>in</strong>den Sie auf der Homepage des Bundesamtes unter<br />

www.bamf.de unter dem Stichwort Integrationskurse.<br />

Haben Sie e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis nach §§ 23, 23a, § 25 Abs. 3, 4<br />

oder 5 AufenthG, e<strong>in</strong>e Aufenthaltsgestattung oder e<strong>in</strong>e Duldung, werden<br />

Sie nur nachrangig zugelassen. Fragen Sie bei Interesse direkt bei<br />

den Sprachkursträgern, ob es noch e<strong>in</strong>en freien Platz gibt.<br />

Andere Sprachkurse<br />

An vielen Volkshochschulen, Universitäten oder Fachhochschulen<br />

werden Deutschkurse angeboten. Diese müssen Sie <strong>in</strong> der Regel selbst<br />

bezahlen. Oft gibt es Sonderpreise <strong>für</strong> Sozialhilfeempfänger und ALG<br />

9.7 Sprachkurse<br />

Arbeit & Studium<br />

85


Weitere Informationen<br />

86<br />

10.1 Härtefallkommission<br />

II-Empfänger oder die Möglichkeit, <strong>in</strong> Raten zu zahlen. Sprachkurse<br />

an privaten Sprachschulen s<strong>in</strong>d sehr teuer. Kostenpflichtige Onl<strong>in</strong>ekurse<br />

gibt es unter www.goethe.de/fernunterricht und www.unideutsch.de/testdaf.<br />

Informieren Sie sich bei Beratungsstellen und<br />

Ausländerbeauftragten nach kostengünstigen Möglichkeiten. In e<strong>in</strong>igen<br />

Vere<strong>in</strong>en oder Geme<strong>in</strong>schaftsunterkünften werden kostenlose<br />

Deutschkurse angeboten. In Bibliotheken gibt es auch Bücher und<br />

Kassetten zum Deutschlernen.<br />

10. Weitere Informationen<br />

In Thür<strong>in</strong>gen gibt es seit 1. Januar 2005 e<strong>in</strong>e so genannte Härtefallkommission<br />

(HFK) nach § 23 a Abs. 2 AufenthG. Die HFK kann dem<br />

Innenm<strong>in</strong>isterium empfehlen, <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n, die von Abschiebung<br />

bedroht s<strong>in</strong>d und bei denen besondere Härten vorliegen, e<strong>in</strong> Aufenthaltsrecht<br />

zu erteilen. Die Kommission besteht neben e<strong>in</strong>em nicht<br />

stimmberechtigten Vertreter des Innenm<strong>in</strong>isteriums aus acht stimmberechtigten<br />

Mitgliedern aus verschiedenen Institutionen. Informationen<br />

über die Voraussetzungen <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Härtefallantrag <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen erhalten<br />

Sie <strong>in</strong> den Beratungsstellen oder bei Ihrem Anwalt. Die Adressen<br />

der Vertreter der HFK f<strong>in</strong>den Sie im Adressverzeichnis am Ende dieser<br />

Broschüre.<br />

Wenn Sie lediglich im Besitz e<strong>in</strong>er Duldung s<strong>in</strong>d und aus „dr<strong>in</strong>gend<br />

humanitären oder persönlichen Gründen“ nicht ausreisen oder abgeschoben<br />

werden können, dann wenden Sie sich an e<strong>in</strong>en Vertreter der<br />

HFK. Er wird e<strong>in</strong>en Antrag <strong>in</strong> die HFK e<strong>in</strong>reichen, wenn er Ihren Fall<br />

als „Härtefall“ ansieht. Für den Antrag müssen Sie (am besten ganz<br />

ausführlich und schriftlich) alle Ihre Gründe da<strong>für</strong> angeben, weshalb<br />

Sie <strong>in</strong> Deutschland bleiben wollen und müssen. Gründe können se<strong>in</strong>:<br />

familiäre Gründe, Krankheit, langer Aufenthalt <strong>in</strong> Deutschland, Arbeit,<br />

Deutschkenntnisse, gute Leistungen der K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der Schule, gesellschaftliches<br />

Engagement usw. Wichtig s<strong>in</strong>d zum Beispiel konkrete<br />

Arbeitsplatzangebote, um nachzuweisen, dass Sie mit der Aufenthaltserlaubnis<br />

unabhängig von Sozialhilfe leben könnten. Versuchen Sie<br />

e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em Vertreter der HFK zu vere<strong>in</strong>baren, um <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Gespräch Ihre Gründe schildern zu können und auf Unklarheiten<br />

oder Nachfragen reagieren zu können.<br />

Sobald der Antrag e<strong>in</strong>gereicht ist, besteht <strong>für</strong> Sie bis zur Entscheidung<br />

Schutz vor Abschiebung. Die HFK trifft sich etwa e<strong>in</strong>mal pro Monat.<br />

Wenn sich e<strong>in</strong>e 2/3-Mehrheit der Mitglieder <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

<strong>für</strong> Sie (und Ihre Familie) ausspricht, wird diese positive<br />

„Empfehlung“ an das Thür<strong>in</strong>ger Innenm<strong>in</strong>isterium weitergereicht. Das<br />

Innenm<strong>in</strong>isterium entscheidet, ob Ihnen e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis aus<br />

dr<strong>in</strong>gend humanitären oder persönlichen Gründen (§ 23 a<br />

AufenthG) erteilt wird. Die Antwort kann auch negativ ausfallen.<br />

Wenden Sie sich <strong>in</strong> diesem Fall an Ihren Anwalt oder e<strong>in</strong>e Beratungsstelle.<br />

Wie auch <strong>in</strong> anderen Bundesländern gibt es <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong> Petitionsgesetz<br />

und e<strong>in</strong>en Petitionsausschuss beim Landtag. Jeder E<strong>in</strong>wohner<br />

des Freistaates Thür<strong>in</strong>gen, also auch jeder Flüchtl<strong>in</strong>g, kann sich mit<br />

e<strong>in</strong>er Beschwerde oder Bitte an den Petitionsausschuss wenden, wenn<br />

er sich von e<strong>in</strong>er staatlichen Stelle benachteiligt oder ungerecht und<br />

ungleich behandelt fühlt. Der Petitionsausschuss prüft das Anliegen<br />

und spricht e<strong>in</strong>e Empfehlung an die zuständige Behörde aus. Die<br />

Behörde muss der Empfehlung nicht folgen. In der Regel wird sie aber<br />

nicht gegen die Empfehlung handeln. Allerd<strong>in</strong>gs wird der Petitionsausschuss<br />

nach den gleichen politischen Mehrheitsverhältnissen gebildet<br />

wie die Landesregierung.<br />

E<strong>in</strong>e Petition können Sie schriftlich oder mündlich beim Petitionsausschuss<br />

e<strong>in</strong>reichen. Wenn Sie Ihr Anliegen persönlich (also mündlich)<br />

vortragen möchten, vere<strong>in</strong>baren Sie vorher e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong>. Wenn<br />

Sie Ihre Petition schriftlich e<strong>in</strong>reichen möchten, sollte sie Folgendes<br />

enthalten:<br />

Erklären Sie genau, welche Bitte Sie haben.<br />

Unterschreiben Sie eigenhändig.<br />

Notieren Sie Ihren Namen und Ihre Adresse.<br />

Sie als Flüchtl<strong>in</strong>g können sich auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er aufenthaltsrechtlichen<br />

Angelegenheit an den Petitionsausschuss wenden. E<strong>in</strong> laufendes<br />

Petitionsverfahren hat aber ke<strong>in</strong>e aufschiebende Wirkung, das heißt<br />

e<strong>in</strong>e Abschiebung ist weiterh<strong>in</strong> möglich. Schicken Sie e<strong>in</strong>e Kopie der<br />

Petition <strong>in</strong> jedem Fall auch an die Ausländerbehörde, damit diese darüber<br />

rechtzeitig <strong>in</strong>formiert ist. Informationen über das Petitionsverfahren,<br />

Anschrift und Telefonnummer erhalten Sie beim Thür<strong>in</strong>ger<br />

Petitionsausschuss (siehe Adressenverzeichnis).<br />

WICHTIG!<br />

Petition und Härtefallantrag s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Rechtsmittel. Das heißt,<br />

man kann mit ihnen nicht gegen die Entscheidung e<strong>in</strong>er<br />

Behörde oder e<strong>in</strong>es Gerichtes vorgehen. Gegen die Entscheidung<br />

der Härtefallkommission oder des Petitionsausschusses<br />

können ebenfalls ke<strong>in</strong>e Rechtsmittel (Widerspruch, Klage) e<strong>in</strong>gelegt<br />

werden.<br />

„Kirchenasyl“ ist die zeitlich befristete Aufnahme von <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n,<br />

denen bei Abschiebung <strong>in</strong> ihr Herkunftsland Gefahr <strong>für</strong> Leib und<br />

Leben oder anderes Unrecht drohen würde, <strong>in</strong> kirchliche Räume.<br />

Kirchenasyl ist ke<strong>in</strong> gesetzliches Recht der Kirche, Asyl zu gewähren.<br />

Es bedeutet, dass sich e<strong>in</strong>e Kirchengeme<strong>in</strong>de <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Flüchtl<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>setzt.<br />

Sie gewährt ihm oder ihr Schutz, um e<strong>in</strong>e Abschiebung zu verh<strong>in</strong>dern.<br />

Die meisten Landesregierungen tolerieren Kirchenasyle. Im<br />

Kirchenasyl wird Zeit gewonnen, um Perspektiven zu entwickeln und<br />

10.2 Petition<br />

10.3 Kirchenasyl<br />

Weitere Informationen<br />

87


Weitere Informationen<br />

88<br />

10.4<br />

Kontoeröffnung<br />

10.5 Familienpass<br />

noch offen stehende rechtliche Spielräume <strong>für</strong> den Flüchtl<strong>in</strong>g zu nutzen.<br />

Die Dauer e<strong>in</strong>es Kirchenasyls hängt von dem angestrebten Ziel ab<br />

und kann bis zu mehreren Jahren dauern.<br />

Im Kirchenasyl ist das Leben <strong>für</strong> den schutzsuchenden Flüchtl<strong>in</strong>g (und<br />

die Familie) stark e<strong>in</strong>geschränkt und sehr belastend - oft bis an die<br />

Grenze des familiären Zusammenhalts. Die kirchlichen Räume könnnen<br />

nicht ohne Angst vor e<strong>in</strong>er möglichen Inhaftierung verlassen werden.<br />

Der Flüchtl<strong>in</strong>g erhält <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong>erlei soziale Leistungen.<br />

Lebensunterhalt und mediz<strong>in</strong>ische Versorgung müssen aus Spenden<br />

und anderen Formen der Unterstützung und Hilfe abgedeckt werden.<br />

In Thür<strong>in</strong>gen konnten die im Kirchenasyl lebenden K<strong>in</strong>der oft weiterh<strong>in</strong><br />

die Schule besuchen.<br />

Kirchenasyl bedeutet ke<strong>in</strong>en rechtlichen Schutz vor Abschiebung. Wie<br />

e<strong>in</strong> Kirchenasyl ausgeht, ist ungewiss. Die Erfahrung zeigt aber, dass<br />

75% aller Kirchenasyle <strong>in</strong> Deutschland bisher positiv mit e<strong>in</strong>em<br />

Aufenthalt <strong>für</strong> die <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong> beendet werden konnten.<br />

WICHTIG!<br />

Bei e<strong>in</strong>em Kirchenasyl sollten Sie Kontakt mit der Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

„Asyl <strong>in</strong> der Kirche“ aufnehmen (siehe<br />

Adressverzeichnis). Sie kann wertvolle Informationen geben<br />

und Ansprechpartner vor Ort nennen.<br />

Sie haben grundsätzlich das Recht, e<strong>in</strong> Konto bei e<strong>in</strong>er Bank e<strong>in</strong>zurichten.<br />

Banken und Sparkassen müssen sich an ihre Zusage halten,<br />

„Girokonten <strong>für</strong> jedermann“ e<strong>in</strong>zurichten. Wenn die Banken Ihnen das<br />

verweigern, wenden Sie sich an „ver.di“ <strong>in</strong> Erfurt (siehe Adressverzeichnis).<br />

Erkundigen Sie sich <strong>in</strong> Ihrem Ort, ob es <strong>für</strong> Familien mit (vielen)<br />

K<strong>in</strong>dern besondere Vergünstigungen gibt, wie zum Beispiel den<br />

„Familienpass“ <strong>in</strong> Erfurt oder den „Weimarpass“. Mit diesen Pässen<br />

haben Sie zum Beispiel kostengünstigen oder kostenlosen E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong><br />

Zooparks, Museen, Ausstellungen, kulturelle Veranstaltungen,<br />

Schwimmbäder usw. Fragen Sie <strong>in</strong> Beratungsstellen, bei Ausländerbeauftragten,<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gsvere<strong>in</strong>en oder Bürgerbüros nach.<br />

11. Adressenverzeichnis Thür<strong>in</strong>gen<br />

11.1 Beratungsstellen und Ansprechpartner<br />

Adressenverzeichnis<br />

89


Adressenverzeichnis<br />

90<br />

Adressenverzeichnis<br />

91


Adressenverzeichnis<br />

92<br />

Adressenverzeichnis<br />

93


Adressenverzeichnis<br />

94<br />

11.2 Prostestadressen<br />

11.3 Vertreter der Härtefallkommission<br />

Herr Wehner<br />

11.4 Ausländerbeauftragte<br />

Adressenverzeichnis<br />

95


Adressenverzeichnis<br />

96<br />

11.5 Weitere Adressen<br />

11.6 Adressen <strong>in</strong> Deutschland<br />

Adressenverzeichnis<br />

97


Adressenverzeichnis<br />

98<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

Abs. Absatz<br />

AE Aufenthaltserlaubnis<br />

ALG I Arbeitslosengeld I<br />

ALG II Arbeitslosengeld II (Grundsicherung <strong>für</strong> Arbeitsuchende)<br />

ArGe Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft aus Stadt/Landkreis und Agentur <strong>für</strong> Arbeit (auch:<br />

"Jobcenter"), zuständig <strong>für</strong> die Grundsicherung <strong>für</strong> Arbeitsuchende<br />

(ALG II)<br />

Art. Artikel<br />

AsylbLG Asylbewerberleistungsgesetz<br />

AsylVfG Asylverfahrensgesetz<br />

AufenthG Aufenthaltsgesetz<br />

BAB Berufsausbildungsbeihilfe<br />

BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />

BAMF Bundesamt <strong>für</strong> Migration und <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong><br />

EG Europäische Geme<strong>in</strong>schaft<br />

EU Europäische Union<br />

EMRK Europäische Menschenrechtskonvention<br />

GFK Genfer Flüchtl<strong>in</strong>gskonvention<br />

GG Grundgesetz<br />

GU Geme<strong>in</strong>schaftsunterkunft<br />

IHK Industrie- und Handelskammer<br />

KJHG Sozialgesetzbuch VIII - K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfegesetz<br />

LAST Landesaufnahmestelle (Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtung <strong>für</strong> Asylsuchende)<br />

LVA Landesverwaltungsamt<br />

NE Niederlassungserlaubnis<br />

OLG Oberlandesgericht<br />

OVG Oberverwaltungsgericht<br />

SG Sozialgericht<br />

SGB II Sozialgesetzbuch II - Grundsicherung <strong>für</strong> Arbeitssuchende<br />

SGB V Sozialgesetzbuch V - Gesetzliche Krankenversicherung<br />

SGB XII Sozialgesetzbuch XII - Sozialhilfe zum Lebensunterhalt;<br />

Grundsicherung bei Erwerbsm<strong>in</strong>derung und im Alter; Hilfen <strong>in</strong> anderen<br />

Lebenslagen<br />

SGB Sozialgesetzbuch<br />

ThürFlüAG Thür<strong>in</strong>ger Gesetz über die Aufnahme und Unterbr<strong>in</strong>gung von<br />

Asylbewerbern und anderen ausländischen <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong>n<br />

ThürFlüKEVO Thür<strong>in</strong>ger Verordnung über die Kostenerstattung nach dem Thür<strong>in</strong>ger<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gsaufnahmegesetz<br />

ThürFlüVertVO Thür<strong>in</strong>ger Flüchtl<strong>in</strong>gsverteilungsverordnung<br />

usw. und so weiter<br />

VG Verwaltungsgericht<br />

VwGO Verwaltungsgerichtsordnung<br />

ZuwG Zuwanderungsgesetz<br />

2003/9/EG Richtl<strong>in</strong>ie vom 27.01.2003 zur Festlegung von M<strong>in</strong>destnormen<br />

<strong>für</strong> die Aufnahme von Asylbewerbern <strong>in</strong> den Mitgliedstaaten<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

99


Die Geme<strong>in</strong>schafts<strong>in</strong>itiative EQUAL der<br />

Europäischen Union zielt darauf, Diskrim<strong>in</strong>ierungen<br />

und Benachteiligungen auf dem<br />

Arbeitsmarkt zu bekämpfen und e<strong>in</strong>en gleichberechtigten<br />

Zugang Aller zu Bildung und<br />

Erwerbsmöglichkeiten zu gewährleisten. Zahlreiche<br />

Projekte <strong>in</strong> ganz Europa erproben <strong>in</strong><br />

Themenschwerpunkten wie "Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern" oder "Beschäftigungsfähigkeit"<br />

neue Wege zur Integration<br />

aller Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt.<br />

Dazu stellt die EU seit 2002 Mittel aus<br />

den Europäischen Sozialfonds (ESF) zur<br />

Verfügung. Das Thür<strong>in</strong>ger EQUAL-Projekt<br />

"Arbeit und Bildung International", bestehend<br />

aus 7 Kooperationspartnern aus Erfurt (Thür<strong>in</strong>gen)<br />

und Schwabach (Bayern), engagiert<br />

sich im Themenschwerpunkt "Asyl" <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en<br />

verbesserten Arbeitsmarktzugang <strong>für</strong> <strong>Flüchtl<strong>in</strong>ge</strong><br />

mit ungesichertem Aufenthaltsstatus.<br />

Erweitert wurde die Zielgruppe um jüdische<br />

Zuwanderer.<br />

gefördert durch das<br />

Bundesm<strong>in</strong>isterium <strong>für</strong> Arbeit und Soziales<br />

und den Europäischen Sozialfonds

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