A THEOLOGICAL JOURNAL XLIV 2002 Published by the Protestant ...
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MICHAEL WEINRICH<br />
Hilfe der Religion versucht der Mensch, Gott einen Platz in seinem<br />
Leben zuzuweisen, anstatt sich von Gott an seinen Platz stellen zu<br />
lassen. Das kennzeichnet den Unglauben der Religion, dass sie zun‰chst<br />
den Menschen als aktiv und Gott als passiv betrachtet. ÑW¸rde<br />
er [der religiˆse Mensch] glauben, so w¸rde er sich etwas schenken<br />
lassen; in der Religion aber nimmt er sich etwas. W¸rde er<br />
glauben, so w¸rde er Gott selbst f¸r Gott eintreten lassen; in der<br />
Religion aber wagt er jenes Greifen nach Gott. Weil sie dieses Greifen<br />
ist, darum ist die ReligionÖ der konzentrierte Ausdruck des<br />
menschlichen Unglaubensì 12 .<br />
Das ist nach Barth die eine Seite des Religionsproblems: Als Angelegenheit<br />
des Menschen hat die Religion Anteil an der S¸nde des<br />
Menschen. In der Substanz ist die S¸nde des Menschen sein Unglaube,<br />
und insofern kann die Religion auch f¸r den Unglauben des Menschen<br />
stehen. Dabei muss streng beachtet werden, dass es sich hier<br />
um eine <strong>the</strong>ologische Beschreibung handelt, die sich den Unglauben<br />
vom Licht des Glaubens aufschlieflen l‰sst und nicht etwa als eine<br />
allgemeing¸ltige Zuschreibung an die Religion verstanden werden<br />
darf.<br />
Auf der anderen Seite bleibt die Religion unausweichlich die geschichtliche<br />
Darstellungsform des Glaubens. Der Punkt, an dem die<br />
Religion unweigerlich in den Blick kommt, liegt genau da, wo es<br />
darum geht, dass die Menschen ihren Glauben bekennen, indem sie<br />
auf die Zuwendung Gottes zu reagieren und zu antworten versuchen.<br />
‹berall dort, wo der Mensch es unternimmt, seinem Glauben eine<br />
ihm entsprechende Gestalt der Frˆmmigkeit zu geben, betritt er den<br />
Boden der Religion, auf dem er grunds‰tzlich mit den Gl‰ubigen<br />
anderer Religionen vergleichbar wird. Zugleich ist er im Blick auf<br />
sein Bekenntnis und seine Frˆmmigkeit auch den gleichen Missverstehbarkeiten<br />
ausgesetzt wie die Gl‰ubigen anderer Religionen.<br />
Keine Religion kann sich durch den menschlichen Habitus verifizieren.<br />
Ihr ist es nicht von auflen ablesbar, ob sie nicht nur ein Possenspiel<br />
ist. Auch die Baalspropheten tun nichts prinzipiell anderes als<br />
Elia ( Kˆn 18)†ñ allein Gott selbst kann die kl‰rende Unterscheidung<br />
in der ph‰nomenalen ƒquivalenz bringen, indem er das Tun des ei-<br />
12 KD I/2, 330.<br />
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