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Die_Auschwitz_l__ge

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Ich hatte die Aufgabe, in Birkenau 100 Arbeitskräfte zum Hacken<br />

der Kok-Sagis-Pflanzen auszusuchen. Das ging fol<strong>ge</strong>ndermaßen<br />

vor sich. Beim Appell wurden die Häftlin<strong>ge</strong> <strong>ge</strong>fragt, ob sie für diese<br />

Arbeit bereit wären und ob sie solche Arbeit schon <strong>ge</strong>macht hätten.<br />

Es meldeten sich meist mehr, als benötigt wurden. Dann wurde<br />

"selektiert". <strong>Die</strong>ses "Selektieren" ist später ganz falsch aus<strong>ge</strong>legt<br />

worden. Natürlich wollte man den Häftlin<strong>ge</strong>n eine Beschäftigung<br />

<strong>ge</strong>ben - und auch die Häftlin<strong>ge</strong> wollten beschäftigt werden.<br />

Selektieren war weiter nichts, als dass die Häftlin<strong>ge</strong> nach ihren<br />

Neigun<strong>ge</strong>n, ihrem Können - aber auch nach ihrer körperlichen<br />

Verfassung zur Arbeit ein<strong>ge</strong>setzt wurden.<br />

Tatsache ist, dass in <strong>Auschwitz</strong> mehr Menschen vorhanden waren,<br />

als es Arbeitsplätze gab oder <strong>ge</strong>schaffen werden konnten. Natürlich<br />

legte ich Wert darauf, dass ich Arbeitskräfte bekam, die in der<br />

Landwirtschaft <strong>ge</strong>arbeitet hatten. Da fehlten die Juden. Sehr gute<br />

Arbeitskräfte stellten die Polen. Völlig unbrauchbar waren die<br />

Zi<strong>ge</strong>uner. Das Kommando 11, so hieß unsere Frauenarbeitskolonne<br />

aus Birkenau, kam täglich nach Raisko und arbeitete außerhalb der<br />

Postenkette auf den Kautschukfeldern. Ich habe fast täglich mit<br />

diesen Leuten aus Birkenau zu tun <strong>ge</strong>habt und mir auch <strong>ge</strong>rn ihre<br />

Kla<strong>ge</strong>n an<strong>ge</strong>hört. Einmal sah ich, dass ein SS-Posten einer Frau in<br />

den Hintern trat. Ich stellte ihn zur Rede. <strong>Die</strong> Frau hätte ihn als<br />

"Nazischwein" beschimpft. Tatsache aber war, dass der Posten die<br />

Frau zuerst beleidigt hatte.<br />

Ich machte über diesen Vorfall eine Meldung, und der SS-<br />

Wachmann wurde zum Strafbataillon nach Danzig versetzt. Seit<br />

diesem Ta<strong>ge</strong> hatte ich bei den Häftlin<strong>ge</strong>n, besonders bei denen vom<br />

Kommando 11 aus Birkenau, einen Stein im Brett. Des Öfteren<br />

kamen nun auch Häftlin<strong>ge</strong> zu mir, wenn sie Bitten oder<br />

Beschwerden hatten. Ich tat, was ich konnte, denn für mich waren<br />

die Häftlin<strong>ge</strong> keine Feinde, sondern Internierte. Oft habe ich ihnen<br />

auch eine Gefälligkeit erwiesen, die <strong>ge</strong><strong>ge</strong>n die Vorschrift verstieß.<br />

<strong>Die</strong> größte Freude konnte ich ihnen machen, wenn ich sie mit zu<br />

einem Spaziergang an die Sula nahm und ihnen in den heißen<br />

Sommerta<strong>ge</strong>n des Jahres 1944 erlaubte, dort zu baden.<br />

Im Übri<strong>ge</strong>n war das Hackkommando aus Birkenau ein lusti<strong>ge</strong>r<br />

Haufen. Es sang bei der Arbeit seine polnischen Volkslieder, und die<br />

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