01.10.2018 Aufrufe

Festschrift neue Glocken der Stadtpfarrkirche Fürstenfeld

Fürstenfeld freut sich über 
vollständiges neues Geläut. Stadt und Pfarre Fürstenfeld gelang ein Jahrhundertprojekt mit der Anschaffung eines neuen Geläutes. Irreparable Schäden hatten umfassende Sanierungen am Glockenturm dringend erforderlich gemacht, darunter die Ersetzung der Stahlglocken, die den Turmbrand 1945 überstanden hatten, durch Bronzeglocken. Bereits am 1. Juli waren vier der neuen 
Glocken festlich empfangen und geweiht worden. Bei der fünften war der erste Guss nicht gelungen. Nun ist auch diese Glocke angekommen. Am 9. September wurde sie von Seelsorger Peter Werschitz geweiht und tags darauf in den Turm aufgezogen. Diese größte Glocke wiegt 2200 kg und ist auf c1 gestimmt. Geweiht ist sie dem heiligen Johannes dem Täufer, dem Patron der Pfarrkirche und des Malteserordens. Die Johannes-Glocke steht für Mut zum Teilen. Den Heiligen Augustinus (Wofür brennt dein Herz?), Maria (Königin des Friedens), Franziskus (Schöpfung) und Josef (Solidarität) sind die übrigen Glocken geweiht. Für Samstag, 29. September, wurde um 18 Uhr zum ersten Geläut eingeladen: mit Live-Übertragung in die Kirche und einer druckfrischen Festschrift „Fürstenfelds neue Glocken“.

Fürstenfeld freut sich über 
vollständiges neues Geläut.

Stadt und Pfarre Fürstenfeld gelang ein Jahrhundertprojekt mit der Anschaffung eines neuen Geläutes. Irreparable Schäden hatten umfassende Sanierungen am Glockenturm dringend erforderlich gemacht, darunter die Ersetzung der Stahlglocken, die den Turmbrand 1945 überstanden hatten, durch Bronzeglocken.

Bereits am 1. Juli waren vier der neuen 
Glocken festlich empfangen und geweiht worden. Bei der fünften war der erste Guss nicht gelungen. Nun ist auch diese Glocke angekommen. Am 9. September wurde sie von Seelsorger Peter Werschitz geweiht und tags darauf in den Turm aufgezogen.

Diese größte Glocke wiegt 2200 kg und ist auf c1 gestimmt. Geweiht ist sie dem heiligen Johannes dem Täufer, dem Patron der Pfarrkirche und des Malteserordens. Die Johannes-Glocke steht für Mut zum Teilen. Den Heiligen Augustinus (Wofür brennt dein Herz?), Maria (Königin des Friedens), Franziskus (Schöpfung) und Josef (Solidarität) sind die übrigen Glocken geweiht.

Für Samstag, 29. September, wurde um 18 Uhr zum ersten Geläut eingeladen: mit Live-Übertragung in die Kirche und einer druckfrischen Festschrift „Fürstenfelds neue Glocken“.

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<strong>Fürstenfeld</strong>s<br />

<strong>neue</strong> <strong>Glocken</strong><br />

<strong>Festschrift</strong><br />

anlässlich <strong>der</strong> <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> | September 2018<br />

Vorworte F Warum <strong>neue</strong> <strong>Glocken</strong>? F Der <strong>Glocken</strong>guss F Die Namen <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong> F <strong>Glocken</strong>weihe


Bereitet dem Herrn<br />

den Weg!<br />

Diözesanbischof<br />

Dr. Wilhelm Krautwaschl,<br />

Graz-Seckau<br />

Selten sind die <strong>Glocken</strong>weihen geworden – zum Glück ein Zeichen<br />

für friedliche Zeiten.<br />

Im ersten und zweiten Weltkrieg wurden die Geläute in unserem<br />

Land vom Staat eingezogen und das Metall für die Rüstungsproduktion<br />

eingeschmolzen. Man hat sich zwischen den beiden Kriegen davor<br />

geschützt, indem man <strong>Glocken</strong> aus Stahl gießen ließ, meist bei Böhler<br />

in Kapfenberg. Dieses Metall war nicht so interessant wie die <strong>Glocken</strong>bronze.<br />

Meist ließ man noch eine Bronzeglocke im Kirchturm. Diese<br />

Bronzeglocke wurde nach dem Beschuss und Brand des Kirchturms am<br />

20. April 1945 zerstört und wurde 1950 aus dem zerborstenen Material<br />

neu gegossen. Die Stahlglocken überlebten den Angriff, eine war seither<br />

gesprungen, läutete aber trotzdem.<br />

Der <strong>Glocken</strong>stuhl wird neu gebaut, da <strong>der</strong> alte notdürftig aus Fichtenholz<br />

angefertigt wurde und inzwischen vom Holzwurm befallen wurde.<br />

Fünf <strong>neue</strong> <strong>Glocken</strong> wurden gegossen: Die größte sollte in <strong>der</strong> Eifeler <strong>Glocken</strong>gießerei<br />

in Brockscheid hergestellt werden, doch misslang <strong>der</strong> Guss.<br />

So wurden alle fünf in <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>gießerei Perner in Passau gegossen..<br />

Die fünf <strong>Glocken</strong> mit einem Gesamtgewicht von ca. 6.000 kg ergeben<br />

ein für eine <strong>Stadtpfarrkirche</strong> sehr eindrucksvolles Läutemotiv, das auch<br />

viele Variationen ermöglicht: Johannes <strong>der</strong> Täufer (c1), Augustinus (es1),<br />

Maria, Königin des Friedens (f1), Franziskus (g1) und Josef (b1).<br />

<strong>Glocken</strong> sind seit <strong>der</strong> späten Antike ein Kennzeichen<br />

des Christentums und rufen zum dreimal<br />

täglichen Gebet, am Freitag zur Todesstunde<br />

Christi und laden vor allem zum Besuch <strong>der</strong><br />

Gottesdienste in <strong>der</strong> Kirche ein. Sie sind weithin<br />

hörbar und rufen wie Johannes <strong>der</strong> Täufer, <strong>der</strong><br />

Patron <strong>der</strong> Pfarrkirche <strong>Fürstenfeld</strong>, „ebnet den<br />

Weg für den Herrn“ (Jes 40,3; Joh 1,23).<br />

Ich beglückwünsche die Pfarrgemeinde für dieses<br />

große Projekt und hoffe, dass die <strong>Glocken</strong><br />

zum Gebet und zur Mitfeier <strong>der</strong> Liturgie einladen<br />

werden und weithin hörbare Zeugen des<br />

christlichen Glaubens sind.<br />

Wilhelm Krautwaschl<br />

Diözesanbischof<br />

2<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


Ein großer Erntetag<br />

für die Pfarre<br />

Hermann Schützenhöfer,<br />

Landeshauptmann <strong>der</strong> Steiermark<br />

Am 29. September 2018 kann die Pfarre <strong>Fürstenfeld</strong> mit dem ersten<br />

Geläut <strong>der</strong> fünf <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> einen großen Erntetag begehen.<br />

So wie es ihre Vorgängerinnen in den vergangenen 96<br />

Jahren in wechselvoller Zeit getan haben, werden diese <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong>,<br />

die zusammen rund sechs Tonnen schwer sind, Menschen in Zukunft<br />

zu freudvollen und zu traurigen Ereignissen zusammenrufen.<br />

Die <strong>Glocken</strong>weihe war eine beson<strong>der</strong>s wichtige Wegmarke bei <strong>der</strong> Generalsanierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong>. „Ohne <strong>Glocken</strong> keine Kirche“ titelt<br />

dementsprechend pointiert das Pfarrblatt des Pfarrverbandes in seiner<br />

Ausgabe vom April/Mai 2018. Diese Sanierung und das vitale Pfarrleben<br />

werden wesentlich von Menschen unterstützt, die sich in <strong>der</strong> Gemeinde,<br />

in <strong>der</strong> sie leben, engagieren und beheimatet fühlen.<br />

Jede Gemeinschaft lebt von Menschen, die mehr tun als das Nötige, die<br />

ihre freie Zeit in den Dienst ihrer Mitmenschen stellen, und die sich auch<br />

in Krisenzeiten für Solidarität und Gemeinwohl engagieren. Beson<strong>der</strong>s im<br />

heurigen Gedenkjahr 2018, in dem wir uns an die Gründung unserer Republik<br />

vor 100 Jahren erinnern, und an den Chancen und Perspektiven in<br />

einem gemeinsamen Europa weiterhin verantwortet mitwirken möchten,<br />

ist das für die Lebendigkeit unserer Demokratie unverzichtbar wichtig.<br />

Mein beson<strong>der</strong>er Dank gilt daher allen, die für<br />

die umfangreichen Umbauarbeiten und für die<br />

<strong>Festschrift</strong> verantwortlich sind, und den vielen<br />

Menschen, die in <strong>Fürstenfeld</strong> zu einem gelingenden<br />

Miteinan<strong>der</strong> in Vielfalt beitragen. Herzlich<br />

gratuliere ich Ihnen zu dieser gelungenen Initiative<br />

und schließe mit dem Wunsch aus Friedrich<br />

Schillers ´Lied von <strong>der</strong> Glocke´: „Freude dieser<br />

Stadt bedeute, Friede sei ihr erst Geläute!“<br />

Ein steirisches „Glück auf!“<br />

Hermann Schützenhöfer<br />

Landeshauptmann <strong>der</strong> Steiermark<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

3


<strong>Glocken</strong> begleiten<br />

das ganze Leben<br />

Mag. Max Wiesenhofer<br />

Bezirkshauptmann von Hartberg-<strong>Fürstenfeld</strong><br />

Kirchenglocken läuten immer zu bestimmten Gelegenheiten und<br />

Ereignissen. Der Klang <strong>der</strong> unterschiedlichen <strong>Glocken</strong> ist stets<br />

mit dem Anlass verbunden, zu dem sie läuten. Das Geläut <strong>der</strong><br />

Kirchenglocken begleitet das gesamte Leben. Sie erklingen sowohl bei<br />

freudigen Ereignissen wie auch in einer Zeit <strong>der</strong> tiefen Trauer. Sie erklingen<br />

zur liebevollen Hochzeit ebenso wie beim letzten Abschied von<br />

den Liebsten. Durch das <strong>Glocken</strong>geläut wird eine persönliche Lebensgeschichte<br />

in das Leben <strong>der</strong> Gemeinschaft vermittelt. Es wird deutlich gemacht,<br />

dass die Mitmenschen Anteil daran nehmen, was dem Einzelnen<br />

in seinem Leben wi<strong>der</strong>fährt. Kirchenglocken verbinden aber nicht nur<br />

miteinan<strong>der</strong> als soziale Gemeinschaft. Sie laden auch zum Besuch des<br />

Gottesdienstes ein und stellen so den direkten Kontakt <strong>der</strong> Menschen<br />

zur Kirche her. Fast hun<strong>der</strong>t Jahre lang machten die <strong>Glocken</strong>, welche<br />

nun im Zuge <strong>der</strong> Kirchensanierung er<strong>neue</strong>rt wurden, die beson<strong>der</strong>en<br />

Ereignisse in <strong>der</strong> Stadt für alle hörbar.<br />

Die <strong>Glocken</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong> <strong>Fürstenfeld</strong> sind im Laufe ihres Daseins<br />

einige Male schwer in Mitleidenschaft geraten. Schon im 1. Weltkrieg<br />

wurden drei <strong>der</strong> vier Kupferglocken zerschlagen und eingeschmolzen,<br />

um daraus Geschoße herzustellen. Im Jahr 1922, also vor genau 96 Jahren,<br />

wurden die drei fehlenden <strong>Glocken</strong> aus Kupfer durch drei Stahlglocken<br />

ersetzt. Aber damit <strong>der</strong> Schäden noch nicht genug, wurde in den<br />

letzten Tagen des 2. Weltkrieges im Jahr 1945 <strong>der</strong> Kirchturm in Brand<br />

geschossen und eine Glocke schwer beschädigt und später er<strong>neue</strong>rt.<br />

Seither sind 73 Jahre vergangen. Fast ein dreiviertel Jahrhun<strong>der</strong>t, in dem<br />

die <strong>Glocken</strong> ungestört läuten und die Menschen<br />

in <strong>der</strong> Stadt und in unserem gesamten<br />

Land ein friedvolles Leben führen können. Das<br />

Erklingen <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong> soll daher auch daran erinnern,<br />

welches Glück wir haben, in einem schönen,<br />

friedlichen Land leben zu dürfen. In einem<br />

sicheren Land mit großer sozialer Geborgenheit,<br />

in einem Land, in dem die Lebensqualität zu den<br />

besten <strong>der</strong> Welt gehört.<br />

Mögen die <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> unter ihren Paten<br />

und Namensgebern „Johannes <strong>der</strong> Täufer“, „Augustinus“,<br />

„Maria, Königin des Friedens“, „Franziskus“<br />

und „Josef“ für viele Generationen ihrer<br />

Bestimmung dienen. Mögen sie Land und Menschen<br />

schützen und bewahren.<br />

Allen, die zur Sanierung <strong>der</strong> Kirche sowie zur<br />

Anschaffung <strong>der</strong> <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> beigetragen<br />

haben, gilt meine große Anerkennung und ein<br />

beson<strong>der</strong>er Dank.<br />

Ihr<br />

Mag. Max Wiesenhofer<br />

Bezirkshauptmann von Hartberg-<strong>Fürstenfeld</strong><br />

4<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


Ein Jahrhun<strong>der</strong>tvorhaben<br />

für unsere Stadt<br />

Werner Gutzwar<br />

Bürgermeister <strong>der</strong> Stadt <strong>Fürstenfeld</strong><br />

Mit dem bereits dringend notwendigen Austausch des Geläutes<br />

<strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong> wurde eine umfassende Sanierung<br />

unseres Gotteshauses eingeleitet. Eine Maßnahme, die von<br />

vielen Seiten nach besten Möglichkeiten mitgetragen wurde und unterstützt<br />

wird. Bereits 96 Jahre, nahezu ein Jahrhun<strong>der</strong>t lang, begleitete das<br />

<strong>Glocken</strong>werk unsere Glaubensgemeinschaft bei sämtlichen kirchlichen<br />

Anlässen. In dieser doch beachtlichen Zeitspanne taten die <strong>Glocken</strong> –<br />

tagaus tagein – verlässlich ihren Dienst.<br />

Mit <strong>der</strong> sakralen Bedeutung und Funktion <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong> ist seit jeher<br />

auch eine tiefere geistige Symbolik und Emotion verbunden. Nicht umsonst<br />

empfindet man den Klang <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong> als beschützend und wie<br />

man sagt, „verbindet <strong>der</strong> Klang <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong> Himmel und Erde“. – Wie<br />

je<strong>der</strong> schöne Kirchplatz mit erhabener Kirche gehört auch - aus weltlicher<br />

Sicht - ein schöner <strong>Glocken</strong>klang sozusagen zum liebgewonnenen<br />

akustischen Inventar einer Gemeinde.<br />

Das <strong>neue</strong> <strong>Glocken</strong>werk war unbestritten eine<br />

längst fällige Investition, eine Investition für viele<br />

kommende Generationen, eine Investition, die<br />

uns allen – den Gläubigen, <strong>der</strong> Stadt allgemein<br />

und unseren Gästen – zu Gute kommt. In diesem<br />

Zusammenhang darf ich mich seitens <strong>der</strong><br />

Stadtgemeinde und auch persönlich bei allen<br />

Beteiligten für ihr großes Engagement und für<br />

ihren Einsatz bedanken. Der beson<strong>der</strong>e Dank<br />

gilt an dieser Stelle allen Unterstützern und<br />

Spen<strong>der</strong>n dieses Jahrhun<strong>der</strong>tvorhabens und all<br />

jenen, die es auch in Zukunft hilfreich begleiten<br />

wollen.<br />

Werner Gutzwar<br />

Bürgermeister <strong>der</strong> Stadt <strong>Fürstenfeld</strong><br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

5


Johannes, <strong>der</strong> Patron von<br />

Orden und Pfarre<br />

Bailli Norbert Salburg-Falkenstein<br />

Prokurator des Großpriorates von Österreich<br />

Der Johanniter-Orden – wie damals <strong>der</strong> Malteserorden genannt<br />

wurde – wurde um 1048 in Jerusalem gegründet. Durch Schenkungen<br />

erhielt <strong>der</strong> Orden frühzeitig in ganz Europa Besitzungen<br />

und errichtete Kirchen und Spitäler entlang <strong>der</strong> Pilgerrouten. Mit den<br />

Erträgnissen dieser Verwaltungseinheiten (Kommenden) finanzierte er<br />

seine Tätigkeit im Heiligen Land bzw. später auf Rhodos und auf Malta<br />

und versorgte Kranke und Hilfsbedürftige. In <strong>der</strong> Steiermark geschah<br />

dies hauptsächlich im Osten des Landes, wo <strong>der</strong> Orden auch zur Verteidigung<br />

gegen Magyaren- und Türkeneinfälle eingesetzt war.<br />

Die wichtigste steirische Johanniter-Gründung ist wohl die Kommende<br />

<strong>Fürstenfeld</strong>, die gleichzeitig mit <strong>der</strong> Stadtgründung zwischen 1170<br />

und 1190 einherging. Die Jahrhun<strong>der</strong>te, manche kriegerische Zeiten und<br />

große wirtschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen gingen nicht spurlos an <strong>der</strong> Kommende<br />

vorüber, die natürlich immer auch das Schicksal <strong>der</strong> Bewohner<br />

und <strong>der</strong> Stadt teilte. Bis heute aber sind die inkorporierte Pfarrkirche<br />

und die historische Kommende das eigentliche Herz von <strong>Fürstenfeld</strong><br />

geblieben.<br />

Mit beträchtlichen Mitteln und dank zahlreicher Unterstützer und<br />

großzügiger Spen<strong>der</strong> hat nun die Stadtpfarre die Pfarrkirche generalsaniert<br />

und <strong>neue</strong> <strong>Glocken</strong> angeschafft. Eine dieser <strong>Glocken</strong> trägt den<br />

Namen des Heiligen Johannes des Täufers, des<br />

Schutzpatrons des Malteserordens, <strong>der</strong> auch <strong>der</strong><br />

Patron <strong>der</strong> Pfarre und <strong>der</strong> Kirche von <strong>Fürstenfeld</strong><br />

ist.<br />

Möge diese Glocke uns wie <strong>der</strong> Heilige Johannes<br />

<strong>der</strong> Täufer, <strong>der</strong> unbeugsame und unerschrockene<br />

Bußprediger und Wegbereiter Christi, mit ihrem<br />

Klang mahnen und rufen, gemäß unserem<br />

Taufversprechen dem Herrn nachzufolgen und<br />

für seine Lehre einzutreten.<br />

Bailli Norbert Salburg-Falkenstein<br />

Prokurator des Großpriorates von Österreich<br />

6<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


„Jauchzet dem Herrn,<br />

alle Welt!“<br />

Herwig Sturm<br />

Bischof em. und Administrator<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Pfarrgemeinde A.u.H.B. <strong>Fürstenfeld</strong><br />

Namens <strong>der</strong> Evangelischen Pfarrgemeinde <strong>Fürstenfeld</strong> gratuliere<br />

ich <strong>der</strong> Stadtpfarre unserer Schwesterkirche zu dem Großprojekt<br />

<strong>der</strong> Kirchensanierung und vor allem zur Weihe von fünf <strong>neue</strong>n<br />

Kirchenglocken.<br />

Der Klang von Kirchenglocken bringt die Botschaft von <strong>der</strong> Weltleidenschaft<br />

Gottes und dem Friedensprojekt Christi zu allen Menschen, die<br />

diese wun<strong>der</strong>baren Töne und ihren Zusammenklang hören.<br />

Für die evangelischen Christen erinnert die Glocke Augustinus an den<br />

strengen Orden, in den Martin Luther eingetreten ist, und an die wichtigen<br />

theologischen Impulse, die er diesem großen Kirchenvater verdankt.<br />

Einen beson<strong>der</strong>en ökumenischen Klang hat für uns die Glocke<br />

Franziskus; sie erinnert an den liebenswerten Heiligen von Assisi und<br />

bringt alle Hoffnungen zum Schwingen, die auch wir mit dem gegenwärtigen<br />

Papst verbinden.<br />

Mit Psalm 100,1 „Jauchzet dem Herr, alle Welt“ wünschen wir Euren<br />

<strong>Glocken</strong> offene Ohren und Herzen für ihre Botschaft und <strong>der</strong> Stadt und<br />

ihren Pfarren Gottes Segen für viele, vielleicht wie<strong>der</strong> 100 Jahre.<br />

In Mitfreude und ökumenischer Verbundenheit<br />

Herwig Sturm<br />

Bischof em. und Administrator<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Pfarrgemeinde A.u.H.B.<strong>Fürstenfeld</strong><br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

7


„Zeit ohne<br />

<strong>Glocken</strong>?“<br />

Mag. Alois Schlemmer<br />

Stadtpfarrer von <strong>Fürstenfeld</strong><br />

In diesem Roman (1979) erzählt Horst Bienek von jenem Ereignis, als<br />

in einer oberschlesischen Stadt während des II. Weltkrieges 1943 die<br />

<strong>Glocken</strong> beschlagnahmt und abtransportiert werden. Und dieses<br />

Ereignis ist es, dass die Familien mit einem Schlag im tiefsten Herzen<br />

erkennen lässt, dass sie es mit einer gottlosen Zeit und mit einem gottlosen<br />

Krieg zu tun haben – einer Zeit, in <strong>der</strong> die Gewissen verstummen<br />

und <strong>der</strong> Mensch zum schlimmsten Feind des Mitmenschen wird.<br />

Dieser Roman zeigt präzise die Symbolik und tiefe Zeichenhaftigkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Glocken</strong> auf. <strong>Glocken</strong>klang dient von alters her dem Lob Gottes,<br />

und wir Menschen sollen in den Jubel dieser Töne miteinstimmen. <strong>Glocken</strong><br />

erinnern uns daran, was die höchste Bestimmung und Berufung<br />

von uns Menschen auf dieser Erde ist. Unsere höchste Bestimmung ist<br />

nicht Geldverdienen und Geldausgeben. Der Sinn unseres Lebens lässt<br />

sich nicht beschreiben mit dem Schlagwort „Leben und leben lassen“.<br />

Unsere eigentliche Bestimmung ist es, Gott zu ehren und sein Lob zu<br />

künden. All unsere Taten, Gedanken, Worte und Werke, alle Abschnitte<br />

unseres Lebens sollen ins Schwingen geraten und den tiefen Klang<br />

des Gotteslobes erzeugen. Möge auch unser eigenes Leben einen guten<br />

Klang ergeben.<br />

Die „Zeit (Monate) ohne <strong>Glocken</strong>“ ist jetzt wie<strong>der</strong><br />

vorbei. Jetzt ertönen die fünf <strong>Glocken</strong> zum<br />

Lobpreis Gottes und zur Freude <strong>der</strong> Menschen!<br />

Und ich möchte vor allem jenen danken, die<br />

zum Gelingen <strong>der</strong> Er<strong>neue</strong>rung <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong> beigetragen<br />

haben: den Mitglie<strong>der</strong>n vom <strong>Glocken</strong>komitee,<br />

den freiwilligen MitarbeiterInnen, den<br />

vielen Arbeitern <strong>der</strong> verschiedenen Firmen, <strong>der</strong><br />

<strong>Glocken</strong>firma Perner, <strong>der</strong> öffentlichen Hand für<br />

ihre Unterstützung – sowie allen Spen<strong>der</strong>n und<br />

Spen<strong>der</strong>innen für ihren finanziellen Beitrag.<br />

Beson<strong>der</strong>s bedanke ich mich auch für Ihr Gebet.<br />

Mag. Alois Schlemmer<br />

Stadtpfarrer von <strong>Fürstenfeld</strong><br />

8<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


Die Stadtpfarre <strong>Fürstenfeld</strong><br />

schreibt Geschichte<br />

Mag. Helga Siutz<br />

Geschäftsführende Vorsitzende des Pfarrgemein<strong>der</strong>ates<br />

<strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong> <strong>Fürstenfeld</strong><br />

Große Aufregung und Begeisterung erfüllt mich! Wir – die Stadtpfarre<br />

<strong>Fürstenfeld</strong> – schreiben Geschichte!<br />

„Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr<br />

es nicht?“ (Jes 43,19) Mit diesem Ruf des Propheten Jesaja machte unser<br />

Bischof Dr. Wilhelm Krautwaschel auf das <strong>neue</strong> Zukunftsbild unserer<br />

Diözese aufmerksam. Dieser Ruf ist aktueller denn je, auch in unserer<br />

Zeit lässt Gott Neues entstehen.<br />

In einer Zeit, in <strong>der</strong> wir 800 Jahre Diözese Graz-Seckau feiern und wo<br />

darüber diskutiert wird, ob religiöse Symbole aus <strong>der</strong> Öffentlichkeit verbannt<br />

werden sollen, setzen wir – die Stadtpfarre <strong>Fürstenfeld</strong> – ein Zeichen<br />

dafür, dass Identität ohne sichtbaren Glauben undenkbar ist.<br />

Nachdem im Dezember 2016 nach <strong>der</strong> Wartung <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>anlage<br />

fest stand, dass sowohl die <strong>Glocken</strong> als auch <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>stuhl zu er<strong>neue</strong>rn<br />

sind, nahm ein Arbeitskreis die Herausfor<strong>der</strong>ung an und startete<br />

die Umsetzung dieses großen Projektes. Die Überraschung war groß, als<br />

nach <strong>der</strong> Untersuchung <strong>der</strong> Fassade klar war, dass auch eine Generalsanierung<br />

<strong>der</strong> Außenhülle <strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong> unumgänglich ist. Durch<br />

einen gemeinsamen Kraftakt wird es gelingen, dieses spirituell bedeutende<br />

und historisch wichtige Gebäude unserer Stadt mit einem <strong>neue</strong>n<br />

Geläute den nächsten Generationen zu übergeben.<br />

Ein großes „Vergelt´s Gott“ gilt allen Menschen, die ehrenamtlich ihre<br />

Zeit und Arbeitskraft zur Verfügung gestellt haben und so das Gelingen<br />

– sei es durch ihren finanziellen Beitrag und /<br />

o<strong>der</strong> als freiwillige Helfer(innen) bei <strong>der</strong> Planung,<br />

bei <strong>der</strong> Haussammlung - mitgetragen haben,<br />

dass wir heute unsere fünf <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> willkommen<br />

heißen können.<br />

Jede <strong>der</strong> fünf <strong>Glocken</strong> ist einem Heiligen geweiht<br />

und möchte mit ihrem Klang eine Botschaft<br />

überbringen. <strong>Glocken</strong> begleiten uns ein Leben<br />

lang bei freud- und leidvollen Ereignissen. <strong>Glocken</strong><br />

verkünden das Lob Gottes und rufen die<br />

Gemeinde zum Gottesdienst und zum Gebet.<br />

Sie wollen uns zum Frieden mahnen. <strong>Glocken</strong><br />

trösten Trauernde, richten Mutlose auf und begleiten<br />

die Verstorbenen auf ihrem Weg.<br />

<strong>Glocken</strong> begleiten uns ein Leben lang und wir<br />

haben dazu beigetragen, dass es so bleibt.<br />

Ihre<br />

Mag. Helga Siutz<br />

Geschäftsführende Vorsitzende des Pfarrgemein<strong>der</strong>ates<br />

<strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong> <strong>Fürstenfeld</strong><br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

9


Von Holzwürmern<br />

zum Großprojekt<br />

Beim alljährlichen <strong>Glocken</strong>service im Dezember 2016 wurde bei<br />

den <strong>Glocken</strong> und vor allem dem <strong>Glocken</strong>turm <strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong><br />

„Gefahr im Verzug“ festgestellt. Es wurde keine weitere Verantwortung<br />

für die <strong>Glocken</strong> übernommen. Und es sollte noch schlimmer<br />

kommen: Weil auch die Außenfassade in einem katastrophalen<br />

Zustand war, war eine Generalsanierung <strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong> unumgänglich<br />

geworden. Die Kosten des Großprojekts belaufen sich<br />

auf mehr ale eine Million Euro – eine Summe, die nur durch einen<br />

gemeinsamen Kraftakt aufzubringen ist!<br />

Mit dieser <strong>Festschrift</strong> wollen wir die Geschichte<br />

unserer <strong>Glocken</strong> beleuchten – nicht nur jene<br />

<strong>der</strong> fünf <strong>neue</strong>n, son<strong>der</strong>n auch jene <strong>der</strong> vier alten<br />

<strong>Glocken</strong>, die jetzt ausgedient haben. Zugleich<br />

beschreibt Josef Rauscher, wie und warum die<br />

<strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> auf ihre Namen getauft wurden,<br />

wo diese unter großer Anteilnahme <strong>der</strong> Fürstenfel<strong>der</strong><br />

Bevölkerung gegossen wurden und vieles<br />

mehr. Die Redaktion dieser Broschüre hofft, Ihnen<br />

viele Informationen geben zu können und<br />

wünscht viel Spaß beim Lesen!<br />

Josef Rauscher und Christian Thomaser<br />

10<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


Foto linke Seite::<br />

DI Karl Amtmann zeigt den Sprung in einer<br />

<strong>der</strong> alten Stahlglocken.<br />

Foto rechts<br />

Die alten <strong>Glocken</strong> haben ausgedient – sie<br />

wurden am 17. Juni 2018 vom Turm geholt.<br />

Fotos: Kirchner.de, Alois Schlemmer (2)<br />

Das bewegte Leben<br />

<strong>der</strong> alten <strong>Glocken</strong><br />

96 Jahre lang begleiteten die vier <strong>Glocken</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong><br />

die Fürstenfel<strong>der</strong>innen und Fürstenfel<strong>der</strong>, ehe sie<br />

am 27. Mai das letzte Mal zu hören waren. Der schlimmste<br />

Tag in <strong>der</strong> Geschichte dieser <strong>Glocken</strong> war <strong>der</strong> 20. April<br />

1945 – nur wenige Tage vor dem Kriegsende in Österreich.<br />

Friedlich hatten es die <strong>Glocken</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadtpfarrkirche</strong><br />

im vorigen Jahrhun<strong>der</strong>t bei Gott nicht.<br />

Wie im 1. Weltkrieg üblich, wurden drei <strong>der</strong> vier<br />

Kupferglocken eingezogen, um daraus Waffen<br />

zu machen. Im Kirchturm blieb nur eine einzige<br />

übrig, diese bekam 1922 Verstärkung in Form<br />

von drei Stahlglocken. Den 2. Weltkrieg im hart<br />

umkämpften <strong>Fürstenfeld</strong> hätten sie fast überstanden.<br />

Aber lei<strong>der</strong> nur fast, denn am 20. April<br />

1945, Hitlers Geburtstag, schossen deutsche<br />

Soldaten den Kirchturm in Brand, weil sie dort<br />

russische Späher vermuteten. Und das nur we-<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

11


nige Tage vor <strong>der</strong> bedingungslosen Kapitulation<br />

<strong>der</strong> Wehrmacht am 8. Mai 1945 und somit dem<br />

Ende des 2. Weltkrieges - zumindest in Europa.<br />

Die zerstörte Bronzeglocke<br />

Während die drei Stahlglocken „überlebten“,<br />

war die Bronzeglocke nur noch sprichwörtlicher<br />

Schrott. Jene Glocke, die bereits im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

gegossen wurde,<br />

Der wichtigste Zeuge dieser Katastrophe war<br />

<strong>der</strong> damalige Kaplan von <strong>Fürstenfeld</strong>, Prof. Josef<br />

Pfandner: „Es war noch nicht ganz hell, als man<br />

mir die Hiobsbotschaft überbrachte, dass die<br />

Kirche brenne. Ich zog mich sofort an und rannte<br />

vom Krankenhaus zur Kirche, hatte aber meinen Schlüssel vergessen.<br />

Als ich diesen geholt hatte, war die Tür offen. Und ich sah, wie ein russischer<br />

Soldat dabei war, das Feuer zu bekämpfen. Wir beide räumten<br />

die brennenden Trümmer an einen freien Platz, um ein Übergreifen <strong>der</strong><br />

Flammen zu verhin<strong>der</strong>n. Zu Hilfe kamen uns die beiden Söhne von Primarius<br />

Dr. Böhmig, die mit zwei Eimern Wasser von einem Brunnen holten.<br />

Es kamen mehr und mehr Menschen, um zu helfen, gegen Mittag<br />

war das Schlimmste überstanden, und <strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> Kirche konnte<br />

gerettet werden.“<br />

„Umguss“ in Graz<br />

Für den Turm gab es keine Rettung – wie auch für eine Glocke, die beim<br />

Absturz schwer beschädigt wurde. Den Auftrag für den Neuguss <strong>der</strong><br />

Glocke erhielt Ernest Szabó, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Wienerstraße in Graz eine Me-<br />

12<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


tallgießerei und Dreherei führte. Dieser Herr Szabó schrieb am 10. März<br />

1947 an Stadtpfarrer Dr. Eisenberger: „Sie können mir das gesammelte,<br />

vom Brandschutt verunreinigte Material zuschicken. Jedoch muss dieses<br />

erst gereinigt werden, was einen geringfügigen Gewichtsverlust bedeutet.“<br />

Das Material hatte – unter Beiziehung zweier Zeugen – exakt 536<br />

Kilogramm und musste erst analysiert werden. Am 20. Oktober 1948<br />

gab Szabó den Umgusspreis von 8,70 Schilling pro Kilogramm bekannt<br />

und kündigte seinen Besuch in <strong>Fürstenfeld</strong> an, um weitere Details besprechen<br />

zu können. Die ersten Skizzen <strong>der</strong> <strong>neue</strong>n Glocke fanden in<br />

<strong>Fürstenfeld</strong> aber wenig Anklang, wie eine Antwort vom 14. September<br />

1949 verrät: „Herr Kaplan Dr. Pertoczi überbrachte gestern von Ihnen einen<br />

Bogen Backpapier mit einer sogenannten Skizze <strong>der</strong> <strong>neue</strong>n Glocke,<br />

die in keiner Weise den Wünschen des Pfarrkirchenrates entspricht. Sie<br />

wird daher sofort wie<strong>der</strong> zurückgesandt.“<br />

Das „Skizzen-Problem“<br />

Zugleich wurde nun zum sechsten Mal dringendst<br />

um sofortige Zusendung einer <strong>neue</strong>n, genauen<br />

und ausführlichen Skizze über die Ornamentierung,<br />

Bebil<strong>der</strong>ung und Beschriftung <strong>der</strong><br />

<strong>neue</strong>n Glocke in natürlicher Größe gebeten. Erst<br />

nach Genehmigung <strong>der</strong> <strong>neue</strong>n Skizze durch den<br />

Pfarrkirchenrat durfte <strong>der</strong> Auftrag ausgeführt<br />

werden! Am 22. Februar 1950 war es dann endlich<br />

soweit, wie ein Brief von Ernest Szabó verrät:<br />

„Die Glocke wurde gestern überprüft und steht<br />

nun zur Abholung bereit.“ So lange hat es zum<br />

Glück bei den fünf <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> nicht gedauert,<br />

wenngleich das erste Geläut vom 28. Juli<br />

2018 auf den 29. September verschoben werden<br />

musste. Denn wie die Pummerin im Stephansdom<br />

musste unser Johannes zwei Mal gegossen<br />

werden.<br />

Christian Thomaser<br />

Geschichtliche Details und Aufzeichnungen: Franz<br />

Timischl im Buch „<strong>Fürstenfeld</strong> – Die Stadtgeschichte“<br />

Fotos: Buch „<strong>Fürstenfeld</strong> –Die Stadtgeschichte“<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

13


Foto rechts:<br />

Helfer bei <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong> Schwingungstechnik<br />

Foto: Alois Schlemmer<br />

Ein Komitee,<br />

viele Aufgaben<br />

Sofort nachdem die irreparablen Schäden bei den <strong>Glocken</strong><br />

und beim <strong>Glocken</strong>turm festgestellt wurden, gründete<br />

sich das „<strong>Glocken</strong>komitee“ und begann mit seiner<br />

verantwortungsvollen Arbeit.<br />

„Gefahr im Verzug“ – dieses Urteil <strong>der</strong> Sachverständigen war natürlich<br />

zuerst ein riesengroßer Schock. Fest stand, dass <strong>der</strong> Holzglockenstuhl<br />

dringend ausgewechselt werden musste, da das Fichtenholz unter<br />

einem extremen Wurmbefall litt. Ebenso bedenklich war <strong>der</strong> Zustand<br />

<strong>der</strong> mechanischen Läutemaschinen <strong>der</strong> alten <strong>Glocken</strong>, was zu einem<br />

vermehrten Funktionsausfall führen hätte können. Die Stahlgussglocken<br />

– ein typisches Material <strong>der</strong> Nachkriegszeit – befanden sich in<br />

einem extrem schlechten Zustand. An einer war bereits ein 20 cm langer<br />

Sprung festgestellt worden.<br />

Das Urteil <strong>der</strong> Sachverständigen im Dezember 2016 lautete wie folgt:<br />

„Um eine <strong>Glocken</strong>anlage zu erhalten, die einer <strong>Stadtpfarrkirche</strong> gerecht<br />

wird, sollten die Stahlglocken gegen <strong>neue</strong> Bronzeglocken ausgetauscht<br />

werden. Dazu muss aber unbedingt auch ein <strong>neue</strong>r Holzglockenstuhl<br />

samt <strong>neue</strong>r Holzjoche und eine <strong>neue</strong> elektronische Läuteanlage eingebaut<br />

werden. Neben <strong>der</strong> Er<strong>neue</strong>rung <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>anlage muss auch eine<br />

Sanierung des Turmes und eine Neufärbelung <strong>der</strong> ganzen Kirche ins<br />

Auge gefasst werden, da am Verputz im Westteil bereits große Schäden<br />

zu beobachten sind!“<br />

Sofort wurde ein „<strong>Glocken</strong>komitee“ gegründet,<br />

das zuerst einmal damit beschäftigt war, die Kosten<br />

für all diese notwendigen Maßnahmen zu<br />

eruieren.<br />

Dazu kamen wichtige schwingungstechnische<br />

Untersuchungen. Denn wenn die <strong>Glocken</strong> läuten<br />

bzw. schwingen, stellt sich das Problem,<br />

welche Schwingungsfrequenz <strong>der</strong> Kirchturm<br />

erreicht und wie sich die beiden Schwingungen<br />

zueinan<strong>der</strong> verhalten. Diese und viele an<strong>der</strong>e<br />

Fragen mussten geklärt werden bzw. waren Voraussetzungen<br />

vieler Entscheidungen, damit <strong>der</strong><br />

Kirchturm keine Schäden davonträgt. Die Ausschreibung<br />

<strong>der</strong> Arbeiten erging an drei Firmen<br />

(Grassmayr in Innsbruck, Perner in Passau und<br />

Schauer-Sachs in Salzburg), von denen <strong>Glocken</strong>gießmeister<br />

Perner den Zuschlag erhielt.<br />

Josef Rauscher<br />

14<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


Dem ersten Arbeitskreis gehörten neben Stadtpfarrer Alois<br />

Schlemmer DI Karl Amtmann und sein Bru<strong>der</strong> Ing. Johannes<br />

Amtmann an. In weiterer Folge wurde dann ein Komitee gebildet,<br />

dem folgende Personen angehören:<br />

Leitung:<br />

Stadtpfarrer Mag. Alois Schlemmer<br />

Technik:<br />

DI Karl Amtmann, DI Martin Weinhandl<br />

<strong>Glocken</strong>motiv (Musik): DI DDr. Franz Friedl,<br />

Dipl. Päd. Dir. Josef Wachtler<br />

Texte:<br />

Dipl. Päd. Josef Rauscher<br />

Künstlerische Gestalung: Mag. Josef Le<strong>der</strong>er<br />

Finanzen:<br />

Hans Koch<br />

Schriftführerin: Mag. Elfriede Höhenberger<br />

Administration: Mag. Judith Mittendrein<br />

Jedes <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> deckte einen bestimmten Bereich ab. So brachten<br />

Karl Amtmann und Martin Weinhandl ihr technisches Fachwissen ein,<br />

wobei Karl Amtmann viel mit dem Bundesdenkmalamt zusammen<br />

arbeitete und hier viel Herzblut investiert hat. Franz Friedl und Josef<br />

Wachtler waren für die musikalische Begleitung<br />

bei den <strong>Glocken</strong> und <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>motive<br />

von unschätzbarem Wert. Josef Rauscher<br />

hat sein umfassendes Wissen über <strong>Glocken</strong> und<br />

Texte eingebracht, Josef Le<strong>der</strong>er übernahm die<br />

künstlerische Gestaltung (Motive) <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>.<br />

Hans Koch ist <strong>der</strong> „Finanzminister“ des<br />

Komitees, Judith Mittendrein zeichnete für die<br />

administrative Arbeit – wie z.B. die Einrichtung<br />

<strong>der</strong> Konten o<strong>der</strong> die Betreuung <strong>der</strong> Homepage–<br />

verantwortlich. Und Elfriede Höhenberger verfasste<br />

die umfangreichen Protokolle<br />

Am 7. September traf sich das Komitee zur<br />

bereits 20. Sitzung. Allein daran sieht man, wie<br />

viele freiwillige Stunden diese Menschen für das<br />

„<strong>Glocken</strong>projekt“ aufgebracht haben. Dafür und<br />

auch allen an<strong>der</strong>en, die ihr Wissen eingebracht<br />

haben, ein herzliches Vergelt´s Gott!<br />

Elfriede Höhenberger, Alois Schlemmer<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

15


In Innsbruck wurde die größte Glocke <strong>der</strong> Welt<br />

für eine Kathedrale in Bukarest gegossen.<br />

Foto: Youtube<br />

Alltag, halten fünfmal täglich in ihrem Tun inne<br />

und verneigen sich vor dem einen Gott, dem sie<br />

alles Gute verdanken.<br />

Von Psalmen,<br />

<strong>Glocken</strong> und<br />

Minaretten<br />

Von <strong>der</strong> Urkirche <strong>der</strong> frühen Christen wissen wir, dass sie bei Sonnenaufgang,<br />

am Mittag und bei Tagesende beteten, ebenso vor<br />

dem Essen und vor jedem Bade, damit die Seele mit dem Leib<br />

gereinigt werde. Die frühe Kirche hat diese Gebetszeiten vom Judentum<br />

übernommen. In den Psalmen lesen wir: „Sieben Mal am Tag singe<br />

ich dein Lob“ (Ps 119,164) und „mitten in <strong>der</strong> Nacht rufe ich zum Gott<br />

meines Lebens“. (Ps 42,9) Mit <strong>der</strong> Entstehung des Mönchtums lebten<br />

die ersten Eremiten in Grotten und Hütten und ließen sich durch akustische<br />

Zeichen mehrmals am Tag zum gemeinsamen Gebet rufen. Mohammed<br />

war vom Gebetsleben dieser Mönche in Syrien fasziniert und<br />

machte das fünfmalige Beten im Alltag zur heiligen Pflicht.<br />

Der heilige Franz von Assisi war von dieser „Säule des Islam“ tief beeindruckt.<br />

Als er im Herbst 1219 mitten in einem blutigen Kreuzzug zu<br />

einer Friedensmission nach Ägypten reist und dort Sultan al-Kamil, den<br />

höchsten Herrscher aller Muslime, zum Freund gewinnt, stellt er staunend<br />

und beschämt zugleich fest: Muslime verehren Gott mitten im<br />

<strong>Glocken</strong>geschichte<br />

Die ältesten <strong>Glocken</strong>, die aus <strong>der</strong> Shang-Dynastie<br />

ab dem 15. Jahrhun<strong>der</strong>t v. Chr. bekannt sind,<br />

zeigen ein hohes Niveau <strong>der</strong> Metallverarbeitung<br />

in <strong>der</strong> chinesischen Bronzezeit. Wie Konfuzius<br />

festlegte, bildeten die entsprechend den<br />

chinesischen Tonleitern auf exakte Tonhöhen<br />

gestimmten <strong>Glocken</strong> das Maß für die Musik.<br />

<strong>Glocken</strong> wurden in China bei Staatszeremonien,<br />

Begräbnissen und religiösen Ritualen verwendet.<br />

Bronzeglöckchen und Rasseln außerhalb<br />

Chinas sind aus Urartu und Lorestan frühestens<br />

ab dem 12. Jahrhun<strong>der</strong>t v. Chr. überliefert. Die<br />

ältesten ägyptischen <strong>Glocken</strong> werden in das 9.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t v. Chr. datiert. Die weite Verbreitung<br />

von Glöckchen von Zentralasien bis in den<br />

Mittelmeerraum im 1. Jahrtausend v. Chr. ist <strong>der</strong>en<br />

zugesprochener magischen Bedeutung zur<br />

Abwehr unheilbringen<strong>der</strong> Kräfte zu verdanken.<br />

Die größte Glocke <strong>der</strong> Welt wurde in Innsbruck<br />

gegossen. Mit einer Höhe von 3,13 Meter und einem<br />

Gewicht von über 25 Tonnen ist sie schwerer<br />

als die Pummerin im Wiener Stephansdom,<br />

die 20,1 Tonnen wiegt. Sie ist auch schwerer als<br />

die Glocke des Kölner Doms, die 24 Tonnen<br />

schwer ist. Damit ist die Innsbrucker Glocke die<br />

größte schwingende Kirchenglocke <strong>der</strong> Welt<br />

mit einem sehr tiefen Schlagton von 131 Hertz.<br />

Die Kirchenglocke wurde für die <strong>neue</strong> orthodoxe<br />

Kathedrale in <strong>der</strong> rumänischen Hauptstadt<br />

Bukarest hergestellt, wo sie heuer ertönen soll.<br />

16<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


Namensgebung nach<br />

alter Tradition<br />

Nach altem Brauch hat das <strong>Glocken</strong>komitee die Namen <strong>der</strong> fünf <strong>Glocken</strong> festgelegt.<br />

So war man sich rasch einig, bei <strong>der</strong> Namensgebung die Geschichte <strong>der</strong><br />

Stadt <strong>Fürstenfeld</strong> aufzugreifen.<br />

Noch spannen<strong>der</strong> war die Festlegung des Motivs <strong>der</strong> Melodie dieser <strong>Glocken</strong>,<br />

weil dieses schon vor dem Guss fixiert werden muss. Man einigte sich auf ein<br />

Dur-Moll-Motiv (auf c1), mit dem auch <strong>Glocken</strong>spiele möglich sind.<br />

<strong>Glocken</strong> haben einen charakteristischen Klang. Weil <strong>Glocken</strong> mit verlorener Form<br />

gegossen werden, ist jede Glocke ein Unikat und hat einen individuellen Klang.<br />

Der Klang einer Glocke ist hauptsächlich von ihrer geometrischen Form – ihrer<br />

„Rippe“ – und von <strong>der</strong> Metalllegierung abhängig. Der Raum, in dem die <strong>Glocken</strong><br />

hängen, die <strong>Glocken</strong>stube, verfügt über Schallöffnungen. Diese sind häufig mit<br />

Holzjalousien abgedeckt, damit einerseits die <strong>Glocken</strong> und die Läutemaschine<br />

vor <strong>der</strong> Witterung geschützt sind, und sich an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> Klang <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong> in<br />

<strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>stube sammeln und gezielt in die Ferne geleitet werden kann.<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

17


Foto: <strong>Glocken</strong>gießerei Perner<br />

18<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


Johannes:<br />

Sei mutig und teile!<br />

„Johannes <strong>der</strong> Täufer“<br />

Ton:<br />

c1<br />

Durchmesser: 1.570 mm<br />

Gewicht 2.200 kg<br />

Die Besitzer unserer <strong>Stadtpfarrkirche</strong>, <strong>der</strong> „Souveräne Ritter-Orden vom<br />

Hospital des heiligen Johannes von Jerusalem genannt von Rhodos, genannt<br />

von Malta“ haben diese ihrem Schutzpatron Johannes dem Täufer<br />

geweiht.<br />

Wir sehen seine Statue über dem Kirchentor. Unbeschadet hat sie hier<br />

oben die Zerstörungen des Krieges überlebt. Dargestellt ist er als Asket<br />

und Bußprediger in Fellkleidung mit Kreuzstab und Spruchband „Ecce<br />

Agnus Dei“ ( Seht das Lamm Gottes)<br />

Die Geburt unseres Pfarrpatrons ist geheimnisumwittert. Außergewöhnliche<br />

Umstände lassen die Leute fragen: „Was wird wohl aus diesem<br />

Kind werden?“ Das Evangelium berichtet uns, was aus ihm geworden<br />

ist: „Unter den von einer Frau geborenen ist keiner größer als er.“<br />

Johannes, <strong>der</strong> Evangelist, schil<strong>der</strong>t ihn und seine Sendung so: „Ein<br />

Mensch trat auf, von Gott gesandt, sein Name war Johannes. Er kam<br />

als Zeuge um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum<br />

Glauben kommen.“ Er kommentiert: „ Er selbst war nicht das Licht, er<br />

sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht“.<br />

Er gilt als Wegbereiter Jesu, als Adventprediger, <strong>der</strong> die Ankunft Jesu vorbereitet.<br />

So sehen wir ihn auf dem Hochaltarbild unserer Kirche dargestellt.<br />

Der Täufer Jesu war durchdrungen vom Bewusstsein, Wegbereiter<br />

des Messias zu sein. Seine ganze Energie lenkte er in diese Richtung. Um<br />

Jesus den Weg zu bereiten, ruft er zur Umkehr auf. Er redet niemandem<br />

nach dem Mund. Er verkündet keine Nettigkeiten. Seine Predigt klingt<br />

zeitlos hart im Ohr: „Wer zwei Gewän<strong>der</strong> hat, <strong>der</strong> gebe eines davon dem,<br />

<strong>der</strong> keines hat, und wer zu essen hat, <strong>der</strong> handle ebenso. Verlangt nicht<br />

mehr, als festgesetzt ist. Misshandelt niemand, erpresst niemand…“<br />

Bei Johannes merken die Menschen, dass es ihm nicht um Applaus, um<br />

Ankommen geht. Seine Worte, noch so mahnend, noch so aufrüttelnd,<br />

noch so eindringlich, sind durch seine Taten und sein Leben gedeckt. Er<br />

leiht seine Stimme dem, <strong>der</strong> nach ihm kommt<br />

und ewig ist. Er sagt: „Er muss wachsen, ich abnehmen.“<br />

Johannes kann auf den Messias leibhaftig hinweisen:<br />

„Seht das Lamm Gottes“. Er ist ganz<br />

Fingerzeig, wie ihn Meister Grünewald auf dem<br />

Isenheimer Altar eindrucksvoll darstellt: Übergroß<br />

von Gestalt, mit einem überdimensionalen<br />

Zeigefinger auf Jesus zeigend.<br />

Er tadelt das ehebrecherische Verhalten des<br />

Königs, redet ihm ins Gewissen und riskiert dabei<br />

Kopf und Kragen. Dieser Freimut hat ihm<br />

tatsächlich den Kopf gekostet. Bei einer Geburtstagsparty<br />

erfüllte Herodes den Wunsch<br />

seiner tanzenden Stieftochter Salome, die aber<br />

zuvor ihre Mutter Herodias gefragt hatte, und<br />

ließ Johannes enthaupten.<br />

Der letzte Prophet vor Jesus blieb seiner Sendung<br />

treu und legte Zeugnis ab von Gott und<br />

seinem Willen bis das Schwert seinen Mund<br />

zum Verstummen brachte.<br />

Die Inschrift auf <strong>der</strong> Johannesglocke will uns<br />

sagen: Sei auch du mutig wie Johannes, lege<br />

Zeugnis ab vom Licht, das in die Welt gekommen<br />

ist.<br />

Josef Rauscher<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

19


Augustinus:<br />

Wofür brennt dein Herz?<br />

Augustinus (354-430) gehörte zeitlich noch <strong>der</strong><br />

Spätantike an. Er war, wie Wimmer betont, <strong>der</strong><br />

größte Philosoph <strong>der</strong> Alten, <strong>der</strong> genialste und<br />

einflussreichste Theologe <strong>der</strong> Kirche, <strong>der</strong> Gnadenlehrer,<br />

das „Genie des Herzens,“ <strong>der</strong> größte<br />

unter den vier großen abendländischen Kirchenlehrern.<br />

In seine Lebenszeit fällt <strong>der</strong> Untergang<br />

des römischen Weltreiches. Vor diesem<br />

Hintergrund spielte sich das Leben des Augustinus<br />

ab, hierin gipfelt seine Lehre. Sie lehrt uns<br />

Heutige die Kunst, in einer Zeit <strong>der</strong> Katastro-<br />

20<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


„Augustinus“<br />

Ton:<br />

es1 - DUR<br />

Durchmesser: 1.350 mm<br />

Gewicht 1.300 kg<br />

phen zu leben.<br />

Ökumenisch gelesen verbindet dieser Bischof aus dem nordafrikanischen<br />

Hippo Katholiken und Protestanten. Schließlich war Martin<br />

Luther Augustinermönch. Viel verdankt <strong>der</strong> Reformator <strong>der</strong> Theologie<br />

des Augustinus.. Wo ist er noch heute gegenwärtig? Oft ist er in Todesanzeigen<br />

anzutreffen. Je<strong>der</strong> kennt das am häufigsten verwendete Zitat<br />

dieses Vielschreibers: „Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir, o Gott“.<br />

Ein kluger Satz. Sind nicht unsere Herzen ruhelos und ruhebedürftig?<br />

Augustinus, ein wahrlich mo<strong>der</strong>ner Mensch, <strong>der</strong> uns wirklich versteht.<br />

Ein Retter <strong>der</strong> christlichen Moral im 21. Jahrhun<strong>der</strong>t? Wer wäre ein besserer<br />

Gewährsmann als dieser Heilige? Von Anfechtungen, fleischlichen<br />

Begierden und leiblichen Genüssen berichtet<br />

er in seinen „Bekenntnissen“ ausgiebig – und<br />

vermag diese zu überwinden. Er berichtet über<br />

die Gefahren des Relativismus und über das<br />

Böse, über das weit aufgespannte, inwendig<br />

verödete Ich, über seine starke Mutter Monika,<br />

die nicht aufhörte ihrem ebenso eigensinnigen<br />

wie wi<strong>der</strong>spenstigen und klugen Sohn Christus<br />

zu zeigen.<br />

Augustinus hilft uns auf Christus zu schauen. Er<br />

bezeugt das Licht <strong>der</strong> Welt etwa so: „Spät habe<br />

ich dich geliebt, o Schönheit, so alt und doch<br />

immer neu. Und siehe, du warst in meinem<br />

Inneren und ich draußen, und dort suchte ich<br />

dich und stürzte mich, hässlich entstellt, auf die<br />

Schönheiten, die du geschaffen hast. Du warst<br />

bei mir, aber ich war nicht bei dir. Du hast mich<br />

laut gerufen und meine Taubheit zerrissen; du<br />

hast gestrahlt und geleuchtet und meine Blindheit<br />

verscheucht. Du hast mich berührt und<br />

ich bin entbrannt“.<br />

Deshalb stellt unsere Augustinerglocke in ihrer<br />

Inschrift die Frage: „Wofür brennt dein Herz?“<br />

Die geistigen Söhne des Augustinus galten als<br />

Prediger, die für Christus brannten. Das sprach<br />

sich auch bei <strong>der</strong> Fürstenfel<strong>der</strong> Bevölkerung<br />

herum. So wurde <strong>der</strong> Orden <strong>der</strong> Augustiner<br />

Barfüßer eingeladen in unsere Stadt zu ziehen.<br />

Hier errichteten sie 1362 die Augustinerkirche<br />

mit einem Kloster.<br />

Josef Rauscher<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

21


Maria:<br />

Königin des Friedens<br />

Maria, Königin des Friedens, ist eine Anrufung aus <strong>der</strong> „Lauretanischen<br />

Litanei“. Das Wort Litanei kommt aus dem altgriechischen „litan“ =<br />

Bitten. Die Litaneien gehören zu den schönsten und volkstümlichsten<br />

Gebeten <strong>der</strong> Kirche. Entstanden während <strong>der</strong> Wirren <strong>der</strong> Völkerwan<strong>der</strong>ung,<br />

erfreuten sie sich durch die Jahrhun<strong>der</strong>te größter Beliebtheit. Die<br />

lauretanische Litanei ist nach <strong>der</strong> Allerheiligenlitanei die älteste liturgische<br />

Litanei. Sie hat ihren Ursprung im süditalienischen Marienheiligtum<br />

Loreto.<br />

Maria gilt als die Königin des wahren Friedens. Der Kirchenhistoriker und<br />

Jesuit Hugo Rahner berichtet in <strong>der</strong> Biographie über seinen Ordensvater<br />

Ignatius von Loyola, wie dieser ehemalige Offizier seine Waffen beim<br />

Altar vom Marienheiligtum Montserrat ablegte.<br />

Er wollte damit ausdrücken, dass er ab jetzt nur<br />

mehr mit den Waffen <strong>der</strong> Liebe kämpfen will.<br />

Friede ist heute ein zerbrechliches Gut geworden,<br />

in den persönlichen Beziehungen, aber genauso<br />

im Blick auf die Welt. Von Isaak Newton, dem<br />

englischen Naturforscher, stammt die Erkenntnis,<br />

dass die Menschen zu viele Mauern bauen,<br />

aber zu wenig Brücken. Schon lange verehrt die<br />

Kirche Maria als „Königin des Friedens“, da sie als<br />

Brückenbauerin gilt. Mit ihrem Ja zu zum Plan<br />

22<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


„Maria,<br />

Königin des Friedens“<br />

Ton:<br />

f1<br />

Durchmesser: 1.200 mm<br />

Gewicht 1.050 kg<br />

Gottes baut Maria das Fundament für eine Brücke. Sie baut gleichsam<br />

eine Brücke für Gott, dass er sein Heilswerk in <strong>der</strong> Welt vollbringen kann:<br />

„Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe, wie du gesagt hast.“ Sie<br />

baut eine Brücke des Vertrauens zu Gott.<br />

Der Diözesanbischof von Feldkirch, Benno Elbs, sagt dazu: „Mit ihrem Ja<br />

hat Maria diese Brücke zu Gott gebaut. Wir alle sind eingeladen, unsere<br />

persönliche Brücke des Herzens zu Gott zu bauen. Ein schönes Beispiel<br />

dafür ist die Hochzeit zu Kana. Es ist die sensible Aufmerksamkeit Marias,<br />

die das Scheitern <strong>der</strong> Hochzeit rettet. Sie haben keinen Wein mehr,<br />

sie spürt, dass hier etwas schiefläuft, dass hier Menschen in Not kommen.<br />

Ich glaube, eine christliche Gemeinde ist ein Ort, wo Menschen<br />

aufgehoben sind, wo sie getragen sind in Situationen<br />

<strong>der</strong> Angst, <strong>der</strong> Not, <strong>der</strong> Verzweiflung.<br />

Es ist ein Ort, wo Menschen wachsen dürfen.“<br />

Die Haltung Marias als Friedenskönigin bringt<br />

auch ein Text von Jean Vanier sehr gut zum<br />

Ausdruck. Er hat sich intensiv mit dem Gedanken<br />

des Friedenstiftens auseinan<strong>der</strong>gesetzt und<br />

legt uns sechs Markierungen für den Weg zum<br />

Frieden ans Herz:<br />

1. Erweise jedem einzelnen Menschen Achtung.<br />

2. Schaffe den Freiraum, den die Menschen<br />

zum Wachstum und zur Entdeckung ihres inneren<br />

Reichtums brauchen.<br />

3. Suche immer wie<strong>der</strong> das Gespräch.<br />

4. Stimme ständig die gegenseitigen Erwartungen<br />

aufeinan<strong>der</strong> ab.<br />

5. Freue dich an <strong>der</strong> Verschiedenheit <strong>der</strong> Menschen.<br />

6. Bemühe dich immer um diejenigen, die am<br />

meisten leiden.<br />

Die <strong>Glocken</strong>inschrift <strong>der</strong> Marienglocke soll uns<br />

und die Generationen, die nach uns kommen,<br />

daran erinnern, dass Maria die Königin des Friedens<br />

ist. Sie soll uns Vorbild sein, immer wie<strong>der</strong><br />

eine Brücke des Herzens zu Gott zu bauen,<br />

dass auch wir Botinnen und Boten des Friedens<br />

werden.<br />

Josef Rauscher<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

23


Franziskus<br />

Bewahre die Schöpfung<br />

Der Heilige, <strong>der</strong> am meisten mit <strong>der</strong> Natur in Verbindung gebracht wird,<br />

ist <strong>der</strong> heilige Franziskus. Am 29. November 1979 wurde er von Papst<br />

Paul II. zum Patron des Umweltschutzes erhoben.<br />

Die Menschen des Mittelalters hatten einen eher unsentimentalen Zugang<br />

zur Natur. Einerseits lebten sie von dem, was ihnen die Natur als<br />

Nahrung hergab. An<strong>der</strong>erseits erlebten sie die Natur als eine ständige<br />

Bedrohung mit Unwetter, Überschwemmungen, Ernteausfällen und<br />

Zerstörungen. Wenn die Menschen im Wettersegen beteten: „Vor Blitz,<br />

Hagel und Ungewitter bewahre uns o Herr“, so ging es tatsächlich um<br />

das Überleben <strong>der</strong> Menschen. Aus dieser Zeit ragt in beson<strong>der</strong>er Weise<br />

<strong>der</strong> hl. Franz von Assisi (1182-1226) hervor, <strong>der</strong> zu einem ganz <strong>neue</strong>n<br />

Verhältnis zur Natur fand. Seine Verehrung <strong>der</strong><br />

Natur, wie sie in seinem Sonnengesang zum<br />

Ausdruck kommt, hatte einen ganz einfachen<br />

Grund. Er liebte die Natur, weil sie Gottes Schöpfung<br />

war. In diesem Loblied steht die Schöpfung<br />

im Mittelpunkt, richtet sich jedoch an Gott,<br />

den Schöpfer. Die Schöpfung wird also nicht romantisch<br />

verklärt, son<strong>der</strong>n dient als Grund für<br />

Lobpreis und Dank Gottes, einschließlich <strong>der</strong><br />

Annahme von Krankheit und Tod.<br />

Der Mensch bedient sich <strong>der</strong> Geschöpfe, weil er<br />

24<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


„Franziskus“<br />

Ton:<br />

g1<br />

Durchmesser: 1.090 mm<br />

Gewicht 890 kg<br />

sie zum Leben und Überleben braucht. Der Umgang mit ihnen sollte<br />

geprägt sein von Ehrfurcht und Achtsamkeit. Ein Verständnis des<br />

Beherrschens, <strong>der</strong> Inbesitznahme und Ausbeutung wi<strong>der</strong>spricht dem<br />

Schöpfungsauftrag. Als Teil des Ganzen nimmt <strong>der</strong> Mensch seine Verantwortung<br />

wahr, indem er als Hüter die Schöpfung bewahrt und im<br />

Sinne <strong>der</strong> Nachhaltigkeit die Lebensgrundlagen für alle Geschöpfe<br />

erhält. Letzter Grund dafür ist das theologische Verständnis, dass die<br />

Schöpfung ein Spiegelbild Gottes ist.<br />

Wir sprechen im Zuge <strong>der</strong> Bewahrung <strong>der</strong> Schöpfung von ökologischen<br />

Zusammenhängen. Das Wort „Öko“ leitet sich von <strong>der</strong> griechischen<br />

Wurzel „oikos“ ab, was „Haus“ und „Heimstätte“ bedeutet. Damit ist also<br />

auch die im Haus gelebte Beziehung gemeint.<br />

Ein Liedtext von Claudia Mitscha-Eibl greift<br />

diese Wortbedeutung auf:<br />

„ Die Erde ist ein Haus für alle Menschen,<br />

geschaffen und gestaltet um bewohnbar zu<br />

sein.<br />

Und alles, was da lebt und schwimmt und<br />

kriecht und schwebt,<br />

wurde uns anvertraut, dass wir sie pflegen.<br />

Die Erde ist ein Haus für alle Menschen.“<br />

Die Umweltenzyklika von Papst Franziskus<br />

trägt den Namen „Laudato si“ (= gelobt sei)<br />

und zitiert damit den Sonnengesang von Franz<br />

von Assisi, <strong>der</strong> ein großartiges Zeugnis franziskanischer<br />

Frömmigkeit ist. In den Kontext<br />

dieser Frömmigkeit stellt Papst Franziskus seine<br />

Enzyklika über die Schöpfung – eine klare,<br />

auch theologische Aussage: Franziskus folgt<br />

nicht einem von seinen Kritikern konstatierten<br />

„grünen Geist“ und stellt sich auch nicht in den<br />

Dienst einer weltlichen Lobby. Vielmehr sieht<br />

Franziskus wie sein heiliger Namenspatron in<br />

<strong>der</strong> Schöpfung die Größe und Güte Gottes<br />

wi<strong>der</strong>spiegelt: Christlich verantwortete, ganzheitliche<br />

Umweltethik heißt den Schöpfer im<br />

Geschöpf zu ehren und aus diesem Geist, so<br />

<strong>der</strong> Untertitel <strong>der</strong> Enzyklika, Sorge für das gemeinsame<br />

Haus übernehmen. Josef Rauscher<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

25


Josef:<br />

Handle solidarisch<br />

Im Zentrum die Krippe mit dem Kind und Maria – so zeigen viele Bil<strong>der</strong><br />

die Weihnachtsgeschichte.<br />

Immer im Abseits, hinter Hirten, Königen, Engeln und Tieren entdecken<br />

wir, alt und würdig, oft mit einer Laterne in <strong>der</strong> Hand, Josef. Er wird reduziert<br />

auf einen „krippalen Effekt“.<br />

Er spielt die Rolle, die in <strong>der</strong> Geschichte sonst immer Frauen beigemessen<br />

wird. Die Rolle im Hintergrund. Zwar wichtig, aber unauffällig. Man<br />

sagt von ihm, dass er „die beste Nebenrolle <strong>der</strong> Welt“ spielt. Matthäus<br />

berichtet in seinem Evangelium über die Herkunft Jesu aus <strong>der</strong> Familie<br />

von König David. Deshalb legt er Wert auf Josef, den Zimmermann, <strong>der</strong><br />

aus diesem Königsgeschlecht abstammt. Er versorgt mit seinem Beruf<br />

die Familie und war ein einfühlsamer, regelrecht<br />

mo<strong>der</strong>ner Vater, für den Familie genauso wichtig<br />

war wie Arbeit.<br />

Oft ist davon die Rede, dass Josef an entscheiden<strong>der</strong><br />

Stelle Engel im Traum erscheinen. Immer<br />

wie<strong>der</strong> bekam er Wegweisungen durch Gottes<br />

Boten, auf die er gehört hat. Es ist großartig, wie<br />

sich Josef auf Maria und die ungewöhnliche Situation<br />

einlässt. Trotz aller Zweifel bleibt er ihr<br />

treu und verlässt sie nicht. Er sorgt für ihre Sicherheit<br />

und die des Kindes, das nicht von ihm<br />

26<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


„Josef“<br />

Ton:<br />

b1<br />

Durchmesser: 920 mm<br />

Gewicht 600 kg<br />

ist. Am Anfang <strong>der</strong> Heilsgeschichte steht eine Patchworkfamilie.<br />

Von Josef ist kein einziges Wort überliefert. Er hat deshalb auch den<br />

Beinamen „ <strong>der</strong> stumme Heilige“ bekommen, <strong>der</strong> ein „gerechter Mann“<br />

(vgl. Mt1, 19) war. Er beeindruckt nicht durch Worte, son<strong>der</strong>n durch<br />

sein gläubiges Hinhören auf Gottes Wort. Der Begriff „gerecht“ weist auf<br />

ein umfassend geordnetes, nach dem Willen Gottes gestaltetes Leben<br />

hin. Ein gerechter Mensch ist bereit, jedem Menschen das zu geben, was<br />

ihm gebührt und worauf dieser ein Recht hat. Die biblische Gerechtigkeit<br />

hat wesentlich mit Barmherzigkeit zu tun. Wer barmherzig ist, geht<br />

über das hinaus, was er pflichtgemäß einem an<strong>der</strong>en schuldet. Er lässt<br />

sich im Herzen ergreifen und bewegen von <strong>der</strong> Not <strong>der</strong> Menschen.<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

Josef, <strong>der</strong> Träumer, ist immer ein Mann <strong>der</strong> Tat.<br />

Vor dem Mordbefehl des Herodes floh er nach<br />

Ägypten. Voller Verantwortung für seine Familie<br />

sucht er mit ihr Asyl im Ausland.<br />

„Als Herodes gestorben war, erschien dem Josef<br />

in Ägypten im Traum ein Engel des Herrn und<br />

sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter<br />

und zieh in das Land Israel.“ (Mt2,19-20)<br />

Josef sorgt dafür, dass Gottes Plan Wirklichkeit<br />

werden kann. Ohne Josef wäre die Geschichte<br />

nicht zur Heilsgeschichte geworden. So gehört<br />

er, <strong>der</strong> meist zuletzt genannt wird, mit an die<br />

erste Stelle.<br />

Zum letzten Mal wird Josef in den Evangelien<br />

erwähnt, als Jesus zwölf Jahre alt ist. Über<br />

seinen Tod ist nichts bekannt. Vermutet wird<br />

aber, dass Josef zwischen dem Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

Wallfahrt nach Jerusalem und dem öffentlichen<br />

Auftreten Jesu gestorben ist. Die Tradition<br />

hat ihn zum Patron <strong>der</strong> Sterbenden erhoben.<br />

Beson<strong>der</strong>s im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t kamen spezielle<br />

Andachten und Gebete zum heiligen Josef zur<br />

Erlangung eines guten Todes auf. Er, <strong>der</strong> vermutlich<br />

im Beisein Jesu und Mariens starb, wird<br />

um eine gute Sterbestunde angerufen. Nicht<br />

ein einziges Wun<strong>der</strong> Jesu durfte er erleben. Er<br />

ist <strong>der</strong> Freund aller, die glauben ohne zu verzweifeln.<br />

Josef gilt als <strong>der</strong> große Fürsprecher, <strong>der</strong> vom<br />

Himmel her wirkt – wie schon zur Zeit Jesu:<br />

Schweigsam hörend, beschützend, sorgend<br />

und helfend.<br />

Josef Rauscher<br />

27


Der Guss liegt<br />

in Gottes Händen<br />

Der <strong>Glocken</strong>guss war ein einmaliges Erlebnis,<br />

<strong>der</strong> Ofen glühte in allen Farben.<br />

Foto ganz rechts: <strong>Glocken</strong>gießermeister Rudolf<br />

Perner erklärte den Guss ganz genau.<br />

Fünfzig Mitglie<strong>der</strong> unseres Pfarrverbandes machten sich<br />

am Freitag, dem 23. Februar 2018, auf den Weg, um beim<br />

einmaligen Erlebnis eines <strong>Glocken</strong>gusses dabei sein zu<br />

können. Als Einstimmung hörten wir im Bus Schillers „Lied<br />

von <strong>der</strong> Glocke“ und staunten über die Detailkenntnisse,<br />

die sich <strong>der</strong> Wortgewaltige über diese alte Kulturtechnik<br />

angeeignet hatte.<br />

In <strong>der</strong> Dreiflüssestadt angekommen, waren wir<br />

vom Ambiente <strong>der</strong> Werkstatt des <strong>Glocken</strong>gießerbetriebes<br />

Perner beeindruckt. Die Patina dieser<br />

Arbeitsstätte hat mit <strong>der</strong> Sterilität einer Industriehalle<br />

<strong>der</strong> Gegenwart nichts zu tun. Man<br />

sieht den Boden aus Erde. Von <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>form<br />

„aus Lehm gebrannt“, in die die flüssige Bronze<br />

fließen sollte, war nichts zu sehen, denn sie war<br />

eingegraben, „fest gemauert in <strong>der</strong> Erden“. Stän-<br />

28<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


dig bullert <strong>der</strong> Ofen, in seinem Inneren tausend Grad heiß, damit man<br />

die <strong>Glocken</strong>speise, aus Kupfer und Zinn bestehend, zum Schmelzen<br />

bringen kann. Das erhitzte Metall schimmerte rötlich heraus. Daneben<br />

standen die Gesellen und <strong>der</strong> Meister in dicker Schutzkleidung. Die Luft<br />

wurde als staubig und stickig erlebt. Der Qualm im Raum tauchte die<br />

ganze Arbeitsstätte in eine mystische, archaische Zeit.<br />

Stadtpfarrer Mag. Alois Schlemmer weißt darauf hin, dass wir jetzt Zeugen<br />

eines einzigartigen Erlebnisses werden. Nach einem Segen und Gebet<br />

beginnt <strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>guss, so wie es bei Schiller heißt: „ ... dass die<br />

zähe <strong>Glocken</strong>speise fließe nach <strong>der</strong> rechten Weise! Was in des Dammes<br />

tiefer Grube die Hand mit Feuers Hilfe baut.“<br />

Tief bewegt von dem Geschauten, dachten wir an die Menschen, die<br />

die <strong>Glocken</strong> hergestellt haben und an alle, die ihr Ruf erreichen wird. Mit<br />

einem Danklied beendeten wir diesen <strong>Glocken</strong>guss und feierten dieses<br />

Ereignis mit steirischem Wein.<br />

Wenn das Herz voll ist, geht es über. Das spürten wir bei <strong>Glocken</strong>gießermeister<br />

Perner, <strong>der</strong> uns von seiner traditionellen Arbeitsform erzählte.<br />

Der Guss ist <strong>der</strong> Höhepunkt eines langen Prozesses, in dem die Glocke<br />

hergestellt wird. Denn in diesen wenigen Minuten entscheidet es sich, ob<br />

die Form, die in wochenlanger Handarbeit aus Lehm, Kälberhaar, Pferdemist<br />

und Stroh erstellt wird, dem enormen Druck und <strong>der</strong> hohen Temperatur<br />

des Metalls standhält. Der Erfolg ist nicht<br />

berechenbar. Deswegen legt man bis heute den<br />

Guss in Gottes Hände. Das zeigt nicht zuletzt <strong>der</strong><br />

Zeitpunkt des Gusses. Es war kein Zufall, dass<br />

wir an einen Freitag, dem Todestag Jesu, zum<br />

<strong>Glocken</strong>guss eingeladen wurden. Grundsätzlich<br />

werden nur am Freitag zwischen 12 und 15 Uhr<br />

– zur Sterbestunde Jesu – <strong>Glocken</strong> gegossen.<br />

Jetzt hatten wir die Möglichkeit, das schöne Passau<br />

zu besichtigen. Unsere beiden Stadtführer<br />

stellten ihre Heimatstadt mit allen Regeln ihrer<br />

Zunft vor. Sie waren lehrreich, witzig, pointiert,<br />

weise, herzlich….<br />

Der Abend fand in froher Runde in unserem<br />

Hotel seinen Ausklang. Auf <strong>der</strong> Heimreise besuchten<br />

wir noch das Zisterzienserstift Schlierbach,<br />

bewun<strong>der</strong>ten seine barocke Pracht, die<br />

Käserei und Glaserei.<br />

Wir freuten uns, dabei gewesen zu sein beim<br />

<strong>Glocken</strong>guss, einem „Gebilde für die Ewigkeit“.<br />

Josef Rauscher<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

29


Einzug und Weihe<br />

<strong>der</strong> <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong><br />

Am 1. Juli 2018 zogen die <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> unter großer<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Bevölkerung mit einem Festzug in <strong>Fürstenfeld</strong><br />

ein. Nach <strong>der</strong> hl. Messe weihte Regens Thorsten<br />

Schreiber die <strong>Glocken</strong>, <strong>der</strong>en Ankunft beim anschließenden<br />

Pfarrfest gefeiert wurde.<br />

Mit den Worten: „Mögen die <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong><br />

uns und den kommenden Generationen<br />

Trost in die Seelen läuten durch<br />

die Erinnerung an jene Welt, an die wir glauben,<br />

für die wir leben und auf die wir hoffen“ begann<br />

am Grazer Platz Richtung <strong>Stadtpfarrkirche</strong> <strong>der</strong><br />

Festzug mit den mit Blumen und Reisig geschmückten<br />

vier <strong>Glocken</strong>.<br />

Begleitet wurden die <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> von den<br />

Mitarbeitern <strong>der</strong> Stadtgemeinde, den Einsatzkräften,<br />

einer großen Anzahl von Vereinen, Kin<strong>der</strong>n,<br />

Jugendlichen und zahlreichen Gläubigen<br />

des Pfarrverbandes, feierlich musikalisch umrahmt<br />

von <strong>der</strong> Stadtmusikkapelle. Der ganze<br />

Festzug strahlte Würde, Glanz und Freude aus.<br />

Die große Anzahl <strong>der</strong> Institutionen, die daran beteiligt<br />

waren, ließ erkennen, dass die Bevölkerung<br />

dieses große Projekt angenommen hat und stolz<br />

auf ihre <strong>Glocken</strong> ist.<br />

30<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


Regens Mag. Thorsten Schreiber betonte in seiner Predigt, dass <strong>Glocken</strong><br />

– den Kulturhistoriker Huizinga zitierend – „Kennzeichen <strong>der</strong> Kulturlandschaft<br />

Mitteleuropas“ sind. Er wies darauf hin, dass sie ein unüberhörbarer<br />

Hinweis auf einen Horizont sind, <strong>der</strong> hinter unserem Leben steht,<br />

erinnern an den göttlichen Bereich, an die Melodie Gottes in unserem<br />

Leben. <strong>Glocken</strong> sind die Verkün<strong>der</strong> von Zeit und Vergänglichkeit, sagen<br />

uns an, welche Stunde uns geschlagen hat. Nach <strong>der</strong> Messe wurden die<br />

<strong>Glocken</strong> vorgestellt und es folgte das feierliche Ritual <strong>der</strong> Weihe.<br />

Beim Anblick <strong>der</strong> Franziskusglocke, <strong>der</strong>en berührende Zierde von den<br />

Hortkin<strong>der</strong>n gestaltet worden ist, denke ich an Papst Franziskus, <strong>der</strong> in<br />

seinem Rundschreiben „Freut euch und jubelt“ (2018) erzählt, dass Franz<br />

von Assisi „Gott allein wegen <strong>der</strong> Windbrise, die sein Gesicht streichelte,<br />

glücklich lobpreisen konnte“. Etwas von einer göttlichen Windbrise war<br />

an diesem Festtag spürbar.<br />

Josef Rauscher<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

31


Zielgenau<br />

in luftiger Höhe<br />

Am 9. und 10. Juli 2018 schauten Augustinuns, Maria,<br />

Franziskus und Josef über <strong>Fürstenfeld</strong>, als sie mit einem<br />

Spezialkran in den Kirchturm gehoben wurden. Johannes<br />

folgte am 10. September.<br />

Es war ein Spektakel, als die <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> in ihr <strong>neue</strong>s Zuhause gehievt<br />

wurden. Beson<strong>der</strong>s aufgeregt waren die Hortkin<strong>der</strong>, als „ihr“ Franziskus<br />

vom Kran in die Höhe gezogen wurde. Davor suchten sie auf <strong>der</strong><br />

Glocke noch ihre Motive, die Franziskus zieren. Und jedes Kind hatte<br />

die einmalige Gelegenheit, den Klang von Franziskus zu erzeugen. „Jetzt<br />

freuen wir uns schon, wenn alle fünf <strong>Glocken</strong> erstmals gemeinsam erklingen“,<br />

waren sich die Hortkin<strong>der</strong> einig.<br />

Es war echt spannend, als die <strong>Glocken</strong> ihren Weg in den Kirchturm antraten.<br />

Neben dem Holz für den <strong>Glocken</strong>stuhl – dieser wird um die<br />

<strong>Glocken</strong> herum gebaut – starteten sie ihren<br />

Aufstieg. Immer kleiner wurden sie in den Augen<br />

<strong>der</strong> vielen Zuschauer, immer größer für<br />

die Männer im Kirchturm, welche die <strong>Glocken</strong><br />

durch ein Fenster ziehen mussten. Die heikelste<br />

Aufgabe hatte dabei <strong>der</strong> Kranführer, welcher die<br />

<strong>Glocken</strong> auf Zentimeter genau platzieren musste.<br />

Nach einem Schwenk über <strong>Fürstenfeld</strong> landete<br />

jede einzelne zielsicher im Kirchturm.<br />

Damit war <strong>der</strong> Anfang für die Aufbauarbeiten<br />

geschafft. Es folgte <strong>der</strong> Bau des <strong>Glocken</strong>stuhls,<br />

anschließend wurden die Gegengewichte und<br />

alle elektronischen Einrichtungen eingebaut.<br />

Einzig Johannes fehlte jetzt noch in <strong>der</strong> <strong>neue</strong>n<br />

Fürstenfel<strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>familie. Die schwerste <strong>der</strong><br />

fünf <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> wurde am 9. September geweiht<br />

und machte am 10. September die Reise<br />

in den Kirchturm (nächste Seite).<br />

Am 29. September erklangen die <strong>Glocken</strong> erstmals<br />

– und dieses Ereignis wurde live aus dem<br />

<strong>Glocken</strong>turm übertragen. Christian Thomaser<br />

32<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

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Johannes:<br />

Weihe und Aufzug<br />

Die größte Glocke, Johannes <strong>der</strong> Täufer, sollte in <strong>der</strong> Eifel gegossen werden.<br />

Lei<strong>der</strong> misslang dieser Guss und so musste Johannes – wie die Pummerin<br />

im Wiener Stephansdom – ein zweites Mal gegossen werden. Dieser<br />

Guss erfolgte bei Perner in Passau und war ein voller Erfolg. Johannes<br />

wurde am 9. September von Pfarrer Mag. Peter Werschitz geweiht und<br />

am 10. September in den <strong>Glocken</strong>turm gehoben – jetzt war die <strong>neue</strong><br />

Fürstenfel<strong>der</strong> <strong>Glocken</strong>familie komplett und wurde für das 1. Geläut am<br />

29. September eingestimmt.<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>Festschrift</strong> <strong>der</strong> Stadtpfarre <strong>Fürstenfeld</strong> anlässlich <strong>der</strong> Anschaffung von fünf <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong>.<br />

INHABER/ HERAUSGEBER: Röm.-kath. Pfarramt <strong>Fürstenfeld</strong>, 8280 <strong>Fürstenfeld</strong>, Kirchenplatz 3<br />

REDAKTION: Josef Rauscher, Christian Thomaser | FOTOS (wenn nicht an<strong>der</strong>s angegeben):<br />

Walter E<strong>der</strong>-Halbedl, Christian Thomaser | GESAMTLEITUNG und LAYOUT: Christian Thomaser<br />

LEKTORAT: Elfriede Höhenberger | DRUCK: Druckerei Scharmer<br />

FÜR DEN INHALT VERANTWORTLICH: Stadtpfarrer Mag. Alois Schlemmer<br />

34<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018


Vergelt´s Gott<br />

Ein riesengroßes Dankeschön gebührt allen<br />

Menschen, die freiwillig und ehrenamtlich bei<br />

den Arbeiten anlässlich <strong>der</strong> <strong>neue</strong>n <strong>Glocken</strong> geholfen<br />

haben. Ob im <strong>Glocken</strong>turm o<strong>der</strong> zu ebener<br />

Erd´, vieles wäre ohne die Hilfe dieser Menschen<br />

nicht möglich o<strong>der</strong> leistbar gewesen! Ein<br />

Rückblick in Bil<strong>der</strong>n. Fotos: Alois Schlemmer<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018<br />

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Die Stadtpfarre <strong>Fürstenfeld</strong> sagt<br />

DANKE<br />

für Ihre Spende,<br />

Unterstützung<br />

und Mitarbeit!<br />

36<br />

GLOCKENFESTSCHRIFT 2018

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