18.11.2021 Views

HANSA 05-2020

BunkerTrace | Shipmanagement & COVID-19 | Griechenland | Tanker-Schifffahrt | Offshore-Wind | Briese Chartering | Interview Thomas Press | United Heavy Lift | MPP-Schiffe & Ladungen

BunkerTrace | Shipmanagement & COVID-19 | Griechenland | Tanker-Schifffahrt | Offshore-Wind | Briese Chartering | Interview Thomas Press | United Heavy Lift | MPP-Schiffe & Ladungen

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

Versicherungen | Insurance<br />

Pandemie und harter Markt<br />

– ein toxischer Cocktail<br />

Der Prämientrend zeigt bei den Seekasko-Verlängerungen<br />

weiter nach oben. Das Coronavirus sorgt für steigende Kosten<br />

und Geschäftsausfälle. Von Michael Hollmann<br />

Der Versicherungsmarkt folgt seinen<br />

eigenen Gesetzen. So auch bei den<br />

jüngsten Prolongationen für Seekaskodeckungen<br />

per 1. April. Rücksicht auf ihre<br />

schwierige wirtschaftliche Situation können<br />

die Reedereien von den Versicherern<br />

nur eingeschränkt erwarten. Stattdessen<br />

sorgt das knappere Angebot an Risikokapazität<br />

weiter für mächtig Aufwärtsdruck<br />

bei den Prämien.<br />

Vorzeigekunden mit lang bestehenden<br />

Versichererbeziehungen und geringen<br />

Schadenverläufen können noch am<br />

ehesten auf eine Verlängerungen zu unveränderten<br />

Konditionen hoffen. Sobald<br />

die Verläufe aber auch nur leicht angespannt<br />

seien – auf jeden Fall bei 60% bis<br />

70% Schadenquote – würden deutliche<br />

Prämienerhöhungen sowie Anhebungen<br />

der Selbstbehalte gefordert, berichten<br />

Versicherungsmakler gegenüber der<br />

<strong>HANSA</strong>. Beitragserhöhungen von 10 bis<br />

20% seien dann keine Seltenheit.<br />

Verhandlungen zögen sich in Fällen<br />

länger hin, und zwar unabhängig von<br />

Kontaktsperren und der Verlagerung von<br />

Arbeit ins Home Office. »Da wird nochmal<br />

und nochmal eine Schleife gedreht«,<br />

berichtet ein Makler. Die steigenden Versicherungsprämien<br />

trieben die Betriebskosten<br />

der Schiffe inzwischen so massiv<br />

nach oben, dass sich Charteraufträge für<br />

Abstract: A toxic cocktail<br />

The hardening in hull & machinery<br />

insurance drove premium rates higher<br />

in the 1 April renewals, insurance<br />

brokers report. Rating increases of 10-<br />

20% were no exception, they say, with<br />

only stellar accounts with low loss ratios<br />

and long-standing insurer relationships<br />

obtaining levels »as expiry«.<br />

Meanwhile, the migration of underwriting<br />

capacity from the UK to Scandinavia<br />

and Germany remains in full<br />

swing.<br />

zahlreiche kleine Tramp-Reeder gar nicht<br />

mehr lohnten. »Die Lage ist angespannt.<br />

Viele kleine Kunden sagen, sie kriegen<br />

das nicht mehr hin.«<br />

Noch dramatischer werde es, wenn sich<br />

die Versicherer mit den immer häufiger<br />

vernehmbaren Forderungen nach »Aggregatfranchisen«<br />

durchsetzten, warnt<br />

ein Vermittler. Dabei hätten die Schiffsgesellschaften<br />

erst nach einem festgelegten<br />

Gesamtschadensbetrag (z.B.<br />

500.000 $ oder 1 Mio. $) Erstattungsansprüche<br />

gegenüber Versicherern. »So etwas<br />

ließ sich über viele Jahre vermeiden<br />

und war nur im englischen Markt vereinzelt<br />

zu erkennen. Jetzt wird es auch hier<br />

mehr und mehr zum Thema.«<br />

Teure Schiffe werden teuer<br />

Hauptkriterien bei den Prolongationen<br />

sind neben den Schadenverläufen<br />

vor allem der Schiffstyp und der Versicherungswert.<br />

Zum Beispiel seien große<br />

Containerschiffe bei Versicherern derzeit<br />

schwieriger zu platzieren als moderne<br />

Tanker, wie ein Hamburger Makler<br />

ausführt. Handele es sich dazu noch um<br />

besonders teure Schiffe mit hohem Versicherungswert,<br />

sei das Risiko einer Prämienerhöhung<br />

noch größer. Die Kapazitätsengpässe<br />

auf Versichererseite kämen<br />

dann voll zum Tragen. »Dann müssen<br />

Folgeversicherer mit in die Deckung geholt<br />

werden, die noch teurer als die Führungsversicherer<br />

sind.« Um überhaupt<br />

100% der Deckung zusammenbekommen<br />

zu können, sei jetzt häufiger zu beobachten,<br />

dass Co-Makler mit eingespannt<br />

würden, ist zu hören.<br />

Unterdessen setzt sich die Verlagerung<br />

des Geschäfts aus dem englischen<br />

Markt in den skandinavischen und auch<br />

in den deutschen Markt fort, wird berichtet.<br />

»Der Lloyd’s-Markt ist für Seekasko<br />

kaum mehr existent«, stellt ein anderer<br />

Hamburger Makler fest. Die meisten Versicherer,<br />

die sich wegen horrender Verluste<br />

kürzlich aus der Seekaskosparte verabschiedet<br />

oder zurückgezeichnet haben,<br />

waren bei Lloyd’s of London aktiv. Auch<br />

an den »Hubs« in Singapur und Dubai<br />

machten mehr und mehr Gesellschaften<br />

einen Bogen um das Geschäft. »Wenn wir<br />

die Skandinavier heute nicht hätten, gäbe<br />

es riesige Probleme.«<br />

Für die steigenden Schäden und Geschäftsausfälle<br />

in Zusammenhang mit<br />

dem Coronavirus können die Reedereien<br />

nur sehr eingeschränkt auf Kompensation<br />

seitens der Versicherer hoffen. Da<br />

es in den meisten Fällen um Haftung gegenüber<br />

Dritten geht (Kosten für medizinischen<br />

Behandlung, Desinfektion,<br />

Betriebskosten während der Quarantäne),<br />

würden sich Ansprüche am ehesten<br />

an die P&I Clubs richten. Bislang gibt es<br />

aber nur wenig Schiffe mit bestätigten<br />

oder vermuteten Infektionen an Bord.<br />

Mit gigantischen Einzelschäden ist aus<br />

Sicht von Suzanne Byrne, Group Head<br />

of Claims bei West of England, kaum zu<br />

rechnen. »Ich würde annehmen, dass es<br />

schlimmstenfalls um Hunderttausende<br />

Dollar und nicht um Millionen geht.«<br />

Für Verzögerungen und Wartezeiten<br />

aufgrund von Hafenschließungen oder<br />

Quarantänemaßnahmen dürften in den<br />

meisten Fällen die Charterer aufkommen.<br />

Bei entsprechenden Deckungen treten<br />

dabei Delay-Insurer wie der Strike Club/<br />

Standard oder Nordic Marine Insurance<br />

ein. »Für die P&I Clubs wird es keinen automatischen<br />

Anstieg der Schäden geben.<br />

Wahrscheinlich treten hier und da Claims<br />

durch Covid-19 auf, aber dafür gibt es aufgrund<br />

der geringeren Schifffahrtsaktivität<br />

weniger andere Claims«, sagt ein Insider.<br />

Die wirtschaftlichen Auswirkungen<br />

der Pandemie hätten aber indirekt Konsequenzen<br />

für die P&I Club, z. B. durch<br />

Prämienrückerstattungen für Schiffe,<br />

die mangels Nachfrage aufgelegt werden.<br />

Auch dürfte der Ruf der P&I-Mitglieder<br />

nach Kapitalausschüttungen seitens der<br />

Clubs lauter werden.<br />

n<br />

10 <strong>HANSA</strong> – International Maritime Journal <strong>05</strong> | <strong>2020</strong>

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!