HANSA 05-2020
BunkerTrace | Shipmanagement & COVID-19 | Griechenland | Tanker-Schifffahrt | Offshore-Wind | Briese Chartering | Interview Thomas Press | United Heavy Lift | MPP-Schiffe & Ladungen
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Schiffstechnik | Ship Technology<br />
© Meyer Werft<br />
»Niemand braucht derzeit neue Schiffe«<br />
Noch hat die Meyer Werft volle Auftragsbücher. Doch die Corona-Pandemie hat die<br />
größte Krise der modernen Kreuzfahrt ausgelöst. Nach den Reedereien sind auch die<br />
Schiffbauer betroffen. Unternehmenschef Bernard Meyer zeichnet ein düsteres Bild<br />
Gerade erst hat das Traditionsunternehmen<br />
mit Stammsitz in Papenburg<br />
und Tochtergesellschaften in<br />
Rostock-Warnemünde und Turku das<br />
225-jährige Firmenjubiläum gefeiert.<br />
Kurz darauf brach dann die weltweite<br />
Corona-Krise aus – mit dramatischen<br />
Folgen zunächst für alle Kreuzfahrtreedereien<br />
und in der Folge auch für alle auf<br />
diesen Sektor spezialisierten Werften.<br />
Weltweit sind 400 Schiffe aufgelegt,<br />
Reisen sind zum Teil bis weit in den Juni<br />
hinein ausgesetzt. Kreuzfahrtkonzerne<br />
wie Carnival oder Royal Caribbean<br />
mussten bereits neue Kredite aufnehmen,<br />
um die Liquidität zu sichern. Wann eine<br />
Rückkehr zahlender Passagiere möglich<br />
sein wird und wie schnell sich die Kassen<br />
der Veranstalter wieder füllen, ist<br />
momentan noch nicht absehbar.<br />
Die Meyer-Gruppe kannte spätestens<br />
seit der Finanzkrise 2008/2009 eigentlich<br />
nur einen Kurs: vorwärts. Das Auftragsbuch<br />
voll, die Schiffe immer größer,<br />
die Produktion immer leistungsfähiger<br />
und die Zahl der Mitarbeiter stetig steigend.<br />
Jetzt droht eine Zäsur. »Ich bin seit<br />
Werftchef Bernard Meyer<br />
Link zum Video<br />
47 Jahren auf der Werft. Aber ich habe<br />
noch nie eine solche Krise erlebt«, sagt<br />
Werftchef Bernard Meyer.<br />
In einer Videobotschaft zeichnet die<br />
Papenburger Geschäftsleitung ein düsteres<br />
Bild für die kommenden Jahre. Co-<br />
Geschäftsführer Thomas Weigend spricht<br />
von der »größten Krise in der modernen<br />
Kreuzfahrt« und nennt sie »bei weitem<br />
drastischer« als die Situation nach den Terroranschlägen<br />
am 11. September 2001 oder<br />
nach der Finanzkrise 2008/2009.<br />
Bis Ende des Jahres dürften nach Einschätzung<br />
von Marktbeobachtern lediglich<br />
50%–70% der weltweiten Flotte in<br />
den regulären Betrieb zurückkehren.<br />
Stornierungen und Auftragsflaute<br />
Über alle Werften der Gruppe hinweg<br />
stehen noch 16 seegängige Kreuzfahrer<br />
im Orderbuch. Bis 2023 galt die Auftragslage<br />
als gesichert. Nun scheint offen, wie<br />
es weitergeht. »Erst 2030 werden wir wieder<br />
eine Situation wie im letzten Jahr haben«,<br />
befürchtet Bernard Meyer.<br />
Offenbar haben einige Kunden bereits<br />
signalisiert, ihre Aufträge stornieren zu<br />
wollen oder vereinbarte Optionen nicht<br />
zu ziehen. Dazu droht eine lange Dur-<br />
36 <strong>HANSA</strong> – International Maritime Journal <strong>05</strong> | <strong>2020</strong>