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kommt und wieder vergeht. Jedes<br />
Unwohlsein ist vergänglich.<br />
Es ist nicht wichtig und es darf<br />
fließen. Von Gjendesheim nach<br />
Memurubu, von hier bis Gjendebu,<br />
meinetwegen auch bis auf<br />
den Gipfel des Glittertinden und<br />
bis in die Leere der Atmosphäre.<br />
Hier, in dieser unberührten Natur<br />
kann nur Gutes geschehen.<br />
Sonntag, 14.8.<br />
Ich fühle mich besser und es<br />
stellt sich nur noch die Frage,<br />
wie wir auf unserer Route weitermachen.<br />
Spazieren wir nach<br />
Gjendebu und retour, machen<br />
wir uns auf den Weg nach Spiterstulen<br />
oder gehen wir direkt<br />
nach Glitterheim? Der Wetterbericht<br />
besagt nichts Gutes für die<br />
nächsten Tage. Wenn wir den<br />
zweithöchsten Punkt des Nordens<br />
erklimmen wollen, sollten<br />
wir das am Montag schaffen.<br />
Das bedeutet, wir machen uns<br />
am späten Vormittag mit allem<br />
Gepäck auf den Weg. Ein Anstieg<br />
von etwa 400 Höhenmetern liegt<br />
zu Beginn vor uns, ehe es in ein<br />
langes Tal geht, am Besvatnet<br />
See.<br />
Abenteuerlich ist hier so manche<br />
Brücke. Es gibt Sommerbrücken<br />
und Ganzjahresbrücken. Eine<br />
Sommerbrücke ist im heutigen<br />
Fall nichts Anderes als ein Metall,<br />
das mit Steinen beschwert<br />
über den doch recht reißerischen<br />
Fluss gelegt ist. Mit dem schweren<br />
Rucksack sollte man nicht<br />
das Gleichgewicht verlieren…<br />
Am Nachmittag machen wir<br />
am Sandstrand, welcher an Die<br />
blaue Lagune erinnert, Rast. Wir<br />
kochen Hirsebrei und Kaffee,<br />
nutzen das Moos später als Abwaschschwamm,<br />
ehe es weitergeht.<br />
Es ist noch mindestens 5<br />
Stunden hell und ich frage mich,<br />
ob wir die verbleibenden 12 Kilometer<br />
und 500 Höhenmeter<br />
vor Einbruch der Dunkelheit<br />
schaffen. Das Gewicht des Rucksacks<br />
drückt immer mehr auf die<br />
Schultern. Jeder Schritt will gut<br />
gesetzt werden.<br />
Ein Klingeln in weiter Ferne<br />
weckt die Lebensgeister: War<br />
das ein Rentier? Die Kameras<br />
sind griffbereit platziert und beinahe<br />
andächtig gehen wir unseren<br />
Weg weiter. Es dauert nicht<br />
lange und wir treffen auf eine<br />
ganze Herde. Das Licht ist magisch,<br />
die Sonne versucht sich<br />
immer wieder einen Weg durch<br />
die Wolken zu bahnen und diesen<br />
speziellen Moment noch<br />
schöner zu machen.<br />
Eine Hängebrücke führt uns<br />
nach Glitterheim, zutrauliche<br />
Rentiere und ein schöner Zeltplatz<br />
warten auf uns. Der Kocher<br />
wird angeworfen. Ich hole<br />
Wasser aus dem Fluss, Karin<br />
kocht Tee. Es ist fast wie bei<br />
Tiger und Bär, mit dem Unterschied,<br />
dass dort wohl immer die<br />
Sonne scheint. Mit dem nasskalten<br />
Wetter kann ich mich nur<br />
schwer anfreunden. So hoffe ich<br />
auf eine einigermaßen erholsame<br />
Nacht. Gegen 4 Uhr Früh<br />
wecken mich aber meine kalten<br />
Zehen und der Regen tropft fröhlich<br />
auf das Zelt.<br />
Montag, 15. August<br />
Am Morgen helfen Tee und<br />
Frühstücksbrei mit Ingwer und<br />
Zimt dabei, sich aufzuwärmen.<br />
Kann man sich an so ein Klima<br />
gewöhnen? Ich fühle mich verweichlicht<br />
und schwanke zwischen:<br />
‘Es ist gut, hier mit der<br />
Natur zu leben’ und ‘Das soll also<br />
mein erster echter Urlaub in vie-<br />
REISEN 11