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2Women2Wild Ausgabe 1

Abenteuer Outdoor Leben – von und für Frauen

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AUF INS ÖTZTAL<br />

1<br />

‚Kinder, wir fahren morgen ins<br />

Ötztal!‘ Jubelgeschrei der Vierjährigen<br />

und des Sechsjährigen.<br />

Es ist die letzte Septemberwoche,<br />

und eigentlich startet gerade<br />

der Kindergarten. Aber die<br />

Schule, die beginnt erst eine Woche<br />

später, und ich habe noch sowohl<br />

genügend Zeit, genügend<br />

Resturlaubsgeld und vor allem<br />

noch genügend Nerven am Ende<br />

der Sommerferien, um mit den<br />

Kids nochmal spontan auf Kurzurlaub<br />

zu fahren – eben ins Ötztal,<br />

das, dem Jubelgeschrei der<br />

Kinder nach, auch für Außenstehende<br />

offensichtlich das Lieblingstal<br />

meiner Kinder ist. Und<br />

meine Kinder sind echte Talsommeliers,<br />

könnte man sagen, denn<br />

wir sind oft in Tirol.<br />

Was also macht das Ötztal für<br />

uns so besonders? Für mich beginnt<br />

das Ötztal dort, wo es eigentlich<br />

schon wieder aufhört.<br />

Es lässt mich zwar Sölden als absolute<br />

Rad-Aficionada naturgemäß<br />

auch nicht kalt, aber erstens<br />

sind die Kinder fast noch ein<br />

bisschen zu klein für Downhill-<br />

Action die auch mir Spaß macht<br />

und zweitens tut mir die aktuelle<br />

Gletscher-Baustelle für den Ski-<br />

Weltcup jetzt noch mehr weh als<br />

die um- und abgebauten Berge<br />

sowieso.<br />

Wir suchen Ruhe, Berge ohne<br />

Halbschuhtouristen und Gletscher<br />

ohne Skipisten. Am Talschluss,<br />

im hintersten Seitental,<br />

in Vent, da ist noch ein wilder<br />

Rest spürbar.<br />

Man darf mich nicht falsch verstehen:<br />

ich gehe sehr gern wandern.<br />

Stundenlang. Tagelang. Mit<br />

schwerem Gepäck. Neuerdings,<br />

auf Grund der ja alles in Rosa gefärbten<br />

Liebe zu meiner Verlobten,<br />

sogar laufend, Trail laufend,<br />

oder wie man auch immer dazu<br />

sagt. Aber mit Kindern kann das<br />

schon ziemlich mühsam werden.<br />

Die Zeit, in der ich kiloweise<br />

Milchpulver, Heißwasser, Brei,<br />

Fläschchen, diverse geschmacklose<br />

Dinkelkekse (die ich dann<br />

selber essen durfte) und Windeln<br />

zusätzlich zum Nachwuchs<br />

über die Berge geschleppt habe,<br />

ist zwar zum Glück vorbei, aber<br />

die wahre Herausforderung ist<br />

jetzt: die Langeweile der Kinder.<br />

Oder vielmehr: das viele Reden<br />

und Fragen. Ich bin nach Tagestouren<br />

oft regelrecht heiser weil<br />

ich ununterbrochen erklären<br />

und antworten muss: von Raketenphysik<br />

bis zur Zeitgeschichte.<br />

Soviel zu Ruhe in den Bergen.<br />

Manchmal klappt es kurz, wenn<br />

ich ihnen sage, ich möchte jetzt<br />

einfach mal nur die Berge hören,<br />

die Bäume, die Steine. Mit etwas<br />

Glück hören und sehen wir<br />

einen Habicht, oder vielleicht<br />

sogar einen Steinadler, der hier<br />

auch heimisch ist. Hören Murmeltiere<br />

und Dohlen. Allerdings<br />

müssen wir dann auch stehenbleiben.<br />

Lange. Sehr lange.<br />

Was gut funktioniert, sind anspruchsvolle<br />

Routen. Kletterpassagen.<br />

Blockgelände. Rinnen.<br />

Alpines Gehen und Klettern im<br />

ersten Grad. Das brauchen meine<br />

zwei um konzentriert und<br />

endlich einfach mal still zu sein.<br />

Jeder Kletterfelsen ist wie Balsam<br />

für meine Nerven.<br />

Wir suchen Ruhe, Berge ohne Halbschuhtouristen und<br />

Gletscher ohne Skipisten. Am Talschluss, im hintersten<br />

Seitental, in Vent, da ist noch ein wilder Rest spürbar.<br />

Das einzige Problem ist, dass wir<br />

alpin-technisches Gelände eher<br />

in höheren Höhenlagen finden,<br />

und für die 4 Jährige sind dann<br />

2000 Höhenmeter bis zum Gipfelkeks<br />

vielleicht doch etwas zu<br />

viel. Darum Vent. Denn dort<br />

gibt es zwar auch ein Skigebiet<br />

mit einem Lift, der im Sommer<br />

Touristen hochträgt, aber einen<br />

ganz speziellen: den Wildspitz<br />

2er Sessellift, unseren erklärten<br />

Liebslingslift. Richtig meditativ,<br />

langsam surrend, schwebt und<br />

schaukelt man mit ihm hoch.<br />

Ich würde ja ohne Kinder nie im<br />

Leben Höhenmeter mit dem Lift<br />

oder gar einer Gondel zurücklegen!<br />

Aber für diesen Sessellift<br />

würde ich mir vielleicht eine<br />

gute Ausrede einfallen lassen,<br />

um ihn sogar ohne Kinder zu benutzen.<br />

Wir schaukeln also bis zur Berg-<br />

VORSCHAU TOUREN 47

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