Abendprogramm (PDF) - Philharmonie Luxembourg
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Violinkonzert N° 2<br />
Noch vor der Uraufführung der Vierten Symphonie begann Szymanowski<br />
sein nächstes, letztes Orchesterwerk, das eng mit ihr verwandte<br />
Zweite Violinkonzert. Wie bei dem Ersten Violinkonzert<br />
arbeitete er mit seinem Freund, dem Geiger Paweł Kochański zusammen,<br />
der die Solokadenz in der Mitte des Werks beisteuerte.<br />
Das erst im Herbst 1933 orchestrierte und am 6. Oktober 1933<br />
in Warschau uraufgeführte Konzert kann insofern kaum als «neoklassizistisch»<br />
bezeichnet werden, als es keinerlei klassischen<br />
Formschemata folgt. Es weist vielmehr eine freie durchkomponierte<br />
Form aufweist, die durch die Kadenz in zwei Hälften gegliedert<br />
und durch das refrainartig wiederkehrende erste Thema<br />
zusammengehalten wird. Dieses in a-moll gehaltene Thema besitzt<br />
einen leicht melancholisch-nostalgischen Einschlag.<br />
Der Ausdruck des ganzen Werks ist lyrisch und eher introvertiert,<br />
steigert sich jedoch gelegentlich zu ekstatischen Höhepunkten.<br />
Das motivische Material besteht primär aus Figuren und harmonischen<br />
Wendungen, die Szymanowski aus der polnischen Folklore<br />
abgeleitet hat (góralische Tonleiter mit übermäßiger Quarte und<br />
kleiner Septe; weitere modale Fortschreitungen; melodischer Quartfall<br />
bei Kadenzen; bordunartige Haltetöne etc.). Auch die Übereinanderschichtung<br />
ähnlicher melodischer Linien erinnert an die<br />
musikalische Folklore der Góralen. Ihr entspricht auch die weitgehende<br />
Konzentration des Werks auf geradtaktige Metren (bis<br />
auf eine Andantino-Episode), die in Gegensatz zu Polonaise und<br />
Mazurka, den im 3/4-Takt gehaltenen Nationaltänzen des polnischen<br />
Flachlands, steht.<br />
Das Konzert zeigt noch einmal Szymanowskis Kunst, motivische<br />
Zellen innerhalb einer ununterbrochenen Melodielinie zu variieren<br />
und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Bei seiner abschließenden<br />
Wiederkehr gerät das Hauptthema zunächst in einen<br />
krisenhaften Zustand, bei dem die tonale Orientierung verlorenzugehen<br />
droht, bevor ein erneuter Aufschwung zu einem optimistischen<br />
Ende mit dem Marschthema aus der Allegramente-Episode<br />
in A-Dur führt.<br />
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