SPECTRUM #2/2017
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KULTUR<br />
Schweizer Wein – und was bedeutet das eigentlich<br />
alles?<br />
Wein, schon in Griechenland angebaut, durch die Römer bekannt gemacht, im Mittelalter weiter verbreitet,<br />
und heute zwischen elitärem Gesöff, alltäglichem „Einerli“ und Vorglüh-Getränk schwankend.<br />
Damit du beim nächsten Apéro also auch mitreden kannst, hier einige Fakten und die grundlegendsten<br />
Begrifflichkeiten. GIOJA WEIBEL<br />
© Photo : www.la-tuile.ch<br />
© Foto: pixabay.com<br />
Schweizerinnen und Schweizer trinken<br />
jährlich etwa 34 Liter Wein, also<br />
eine knappe Flasche pro Woche.<br />
Damit sind wir laut Weltgesundheitsorganisation<br />
auf dem quantitativen achten<br />
Platz aller Weintrinkenden. Als Studi<br />
kaufst du wohl regelmässig Wein, sei es<br />
als Mitbringsel an eine WG-Party oder<br />
für dich selbst. In einer Bar bestellst du<br />
ihn vielleicht sogar mal, um gehoben zu<br />
wirken oder aber um dich abzuschiessen.<br />
Im Endeffekt gilt jedoch: Du konsumierst<br />
ihn. Zeit, auch seine Grundlagen zu wissen.<br />
Kontrollierte Herkunftsbezeichnung<br />
Wie fast ganz Europa kam auch die<br />
Schweiz erstmals dank der Ausbreitung<br />
des Römischen Reichs in den Genuss von<br />
Wein. Die ersten Rebberge wurden meist<br />
von Mönchen angelegt, zum Beispiel das<br />
1138 gegründete Rebgut „Domaine des Faverges“,<br />
das am Genfersee ausserhalb von<br />
St-Saphorin liegt und seit dem neunzehnten<br />
Jahrhundert zum Kanton Freiburg gehört.<br />
Somit gelten die dort produzierten<br />
Weine als „Freiburger Staatsweine“, obwohl<br />
sie im Kanton Waadt wachsen. Die<br />
Domaine des Faverges liegt im Weinbaugebiet<br />
Lavaux, das sind die Rebbergterassen<br />
zwischen Lausanne und Montreux,<br />
die dem UNESCO-Weltkulturerbe angehören.<br />
Weine dieser Winzerei würden somit<br />
die Bezeichnung AOC Lavaux tragen:<br />
Appelation d‘Origine Côntrolée, also etwa<br />
kontrollierte Herkunftsbezeichnung.<br />
Diese Herkunftsbezeichnung gilt auch als<br />
Qualitätslabel, denn um sie zu erhalten,<br />
müssen Winzerinnen und Winzer strenge<br />
Regeln einhalten.<br />
Reb- und Weinsorten<br />
Falls für einen Wein nur eine Traubensorte<br />
verwendet wird, so heissen Traube und<br />
Wein in der Regel gleich. So weit, so einfach.<br />
Die am häufigsten angebaute Weissweinsorte<br />
in der Schweiz ist der „Chasselas“.<br />
Falls dieser aus dem Wallis stammt,<br />
wird er allerdings „Fendant“ genannt,<br />
und zu Deutsch anscheinend „Gutedel“.<br />
Bei den Rotweinen ist die meistangebaute<br />
Traube der „Pinot Noir“, der im Wallis<br />
auch wieder seinen eigenen Namen<br />
„Dôle“ trägt und in der Deutschschweiz<br />
als „Blauburgunder“ bekannt ist. Diese,<br />
wie auch die meisten anderen in der<br />
Schweiz angebauten Rebsorten, werden<br />
auch international angebaut und konsumiert.<br />
Daneben gibt es nach wie vor einige<br />
autochthone (also einheimische) Rebsorten,<br />
zum Beispiel die Wallisser „Petite<br />
Arvine“.<br />
Cuvée? Assemblage? Mariage?<br />
Falls Weine aus mehr als einer Traube bestehen<br />
– die dann auch im gleichen Gärgefäss<br />
gären – nennt man diese „Cuvée“,<br />
„Verschnitt“ oder „Mariage“. Die meisten<br />
Spitzenweine in anderen Ländern sind<br />
Verschnitte, da das Verschneiden mehrerer<br />
Jahrgänge einerseits eine konstante<br />
Qualität ermöglicht und da Verschnitte<br />
von verschiedenen Sorten idealerweise<br />
zu einem harmonischeren Endprodukt<br />
führen. Nur in deutschsprachigen Regionen<br />
wird Sortenreinheit als ein Qualitätsmerkmal<br />
hochgehalten, wahrscheinlich<br />
wegen dem negativen Beigeschmack des<br />
Begriffs ‚Verschnitt’ selber. Auf Französisch<br />
heisst diese Vermischung übrigens<br />
„Assemblage“, und „Cuvée“ bedeutet<br />
übersetzt „Gärbehälterinhalt“. Der Begriff<br />
„Cuvée“ wird auf Französisch somit<br />
nicht für Verschnitte verwendet, sondern<br />
für eine Abfüllung – also für Weine, die<br />
aus dem gleichen Gärbehälter stammen.<br />
Natürlich können in diesem Gärbehälter<br />
auch mehrere Traubensorten gewesen<br />
sein – müssen aber nicht. Und um den<br />
Begriff noch weiter zu verkomplizieren:<br />
Beim Champagner ist der Cuvée sogar<br />
die Bezeichnung für die höchste Qualitätsstufe.<br />
Da Cuvée aber auch beim<br />
Champagner den Inhalt eines Gärbehälters<br />
bezeichnet, kann auch hier für jede<br />
Abfüllung von einem einzelnen Cuvée<br />
gesprochen werden, und zwar qualitätsunabhängig.<br />
In diesem Sinne: Santé! Und: Alkohol immer<br />
schön verantwortungsvoll trinken.<br />
Vor allem Wein ist ein Genussmittel, dass<br />
seine Stärke im massvollen Konsum hat.<br />
Wein ist nicht gleich Wein: Es existieren unzählige Sorten, wie der Blick in diesen Weinkeller zeigt<br />
2/<strong>2017</strong><br />
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