SPECTRUM #2/2017
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Die Unterstadt bietet für alle etwas<br />
FREIBURG<br />
Freiburg ist stolz auf seine Unterstadt – und das zu Recht. Dennoch waren viele Studierende<br />
noch nie dort. Der „Carnaval des Bolzes“ lieferte einen guten Grund, dies zu ändern.<br />
Der „Carnaval“, so könnte man meinen, steht als Sinnbild Freiburgs da: Die Stadt feiert,<br />
als gäbe es kein Morgen. Die Freiburger Fasnacht ist vor allem auch die Stunde der Bolze.<br />
Hier findest du heraus, weshalb es sich lohnt, der Unterstadt einen Besuch abzustatten.<br />
ANNA MÜLLER<br />
Wenn die Idylle der Guggenmusik weicht: Der „Carnaval des Bolzes“<br />
© Photo : Wilde Colares (gauche) et Frütile (droite)<br />
© Foto: Anna Müller<br />
Freiburg ist Ende Februar jeweils<br />
kaum wiederzuerkennen. Denn am<br />
„Carnaval des Bolzes“ kriechen die<br />
Freiburger aus ihren Höhlen, um zu feiern.<br />
Ob zu Guggenmusik, Techno oder<br />
Country: Es wird getanzt was das Zeug<br />
hält, egal wo, egal wie. Zu keiner anderen<br />
Zeit trifft man auf so viele waschechte<br />
Freiburger wie am Carnaval. Während<br />
vier Tagen ist hier buchstäblich die Hölle<br />
los. Wer es also eher etwas beschaulicher<br />
mag, der meide den Fasnachtsabschluss<br />
am letzten Dienstagabend im Februar,<br />
denn da wird nochmals richtig eingeheizt.<br />
Die Bars und Strassen sind dann<br />
so überfüllt, dass von Glück gesprochen<br />
werden kann, wenn man nur einmal am<br />
Abend mit Bier überschüttet wird. Bildliche<br />
Impressionen dieses Volksfestes gibt<br />
es online bei Spectrum, den QR-Code<br />
dazu findest du am Ende dieses Artikels.<br />
Das schönste Fleckchen Freiburgs<br />
Nach den postcarnavalschen Putzarbeiten<br />
kommt unter den Konfettibergen die<br />
Unterstadt, für die Touristen auch einfach<br />
Altstadt genannt, zum Vorschein. Sie liegt<br />
umschlungen von der Saane am Fusse der<br />
Stadt. Dies könnte der Grund dafür sein,<br />
dass es viele Kommilitonen gibt, die es<br />
selbst nach zahlreichen Semestern an der<br />
Uni noch nicht bis ganz nach unten geschafft<br />
haben. Obwohl die Vorstellung des<br />
unvermeidbaren Aufstiegs danach stark<br />
an die traurige Geschichte des Sisyphos<br />
erinnert, lohnt es sich allemal. Es gehört<br />
zugegebenermassen schon eine gewisse<br />
Hartnäckigkeit und eine leise Freude zum<br />
Risiko dazu, sich in solch weit entfernte,<br />
unbekannte Gefilde vorzuwagen. Der in<br />
der Innenstadt sehr unverdächtige Geräuschpegel<br />
lässt nun wirklich nicht auf<br />
das Fest schliessen, welches am Carnaval<br />
weiter unten in der Altstadt abgeht. Ob<br />
mit oder ohne Fasnacht, einmal da unten<br />
angekommen, wird man belohnt: Gepflegte<br />
Plätze, eine gute Instandhaltung<br />
der traditionellen Häuser und der atemberaubende<br />
Blick auf die Stadt aus einer<br />
etwas anderen Perspektive lassen den<br />
Besuch zu einem wahren Augenschmaus<br />
werden. Am Abend, wenn die Laternen<br />
erleuchten, sieht die Unterstadt mit am<br />
schönsten aus. Normalerweise herrscht<br />
Ruhe in den mittelalterlichen Gassen,<br />
durch Feste wie den Carnaval erwachen<br />
sie jedoch zum Leben. In der Unterstadt<br />
wird das Bolze zelebriert, was sprachlich<br />
ausgedrückt so viel bedeutet wie das exzessive<br />
Mischen beider Stadtsprachen. Es<br />
geht so weit, dass innerhalb eines Satzes<br />
beide Sprachen gleich stark zur Geltung<br />
kommen. Aber Bolze ist mehr als eine<br />
sprachliche Eigenheit. Es beschreibt ein<br />
bestimmtes Lebensgefühl, nämlich in der<br />
Unterstadt heimisch zu sein, in dessen<br />
kleinen Cafés zu sitzen und zu plaudern.<br />
Am Carnaval lebt für kurze Zeit der Geist<br />
vergangener Tage auf: Der „Rababou“,<br />
eine riesige Figur, welche für die Tunichtgute<br />
aus ärmeren Zeiten steht, wird an<br />
jeder Fasnacht aufs Neue verbrannt. Er<br />
büsst für die Untaten der gesamten Stadt<br />
und läutet gleichzeitig den Frühling ein.<br />
Ein kulturelles Juwel<br />
Blick auf die Zähringerbrücke aus der idyllischen Freiburger Unterstadt<br />
Obwohl ziemlich überschaubar, setzt sich<br />
die Unterstadt aus gleich drei Quartieren<br />
zusammen: Au, Burg und Neustadt. Einen<br />
lohnenswerten Besuch stellt auch die<br />
liebevoll „Funi“ getaufte (kurz für Funiculaire)<br />
Standseilbahn dar, welche seit 1899<br />
mithilfe von Abwasser betrieben wird.<br />
Wer nicht gerade dabei ist, für einen Alpinmarathon<br />
zu trainieren, der lässt sich<br />
dankbar von der kleinen grünen Kabine<br />
nach oben ziehen.<br />
Für die kulinarischen Geniesser gibt es<br />
auch einiges zu entdecken: Ob Fondue<br />
oder Croissant, spätestens der Anblick<br />
der heimeligen Kellerrestaurants (Cave)<br />
lockt auch den letzten Stubenhocker an.<br />
Und auch für alle Trinkfesten lohnt sich<br />
ein Abstecher ans Ende der Stadt, versprochen!<br />
Hier geht es zu den<br />
besten Bildern des<br />
diesjährigen Carnaval<br />
des Bolzes.<br />
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