You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
10 FRANKFURT<br />
Sue<br />
LGBT*<br />
Zum Frankfurter CSD <strong>2018</strong><br />
startete die Hessische<br />
AIDS-Hilfe ihre neue Foto- und<br />
Plakatkampagne „LGBT*“. Der Titel<br />
gleicht zwar den Abkürzungsbuchstaben<br />
der queeren Community, die<br />
Botschaft geht aber darüber hinaus:<br />
„LGBT*“ steht hier für „Life Gets<br />
Better Together“; die Kampagne<br />
zeigt Fotografien von Menschen<br />
aus der hessischen Community, die<br />
mit ganz persönlichen Statements<br />
auftreten und klare Akzente für eine<br />
solidarische, inklusive Gesellschaft<br />
setzen. Eine Kampagne gegen den<br />
Rechtsruck im Hinblick auf die im<br />
Oktober stattfindenden hessischen<br />
Landtagswahlen. Björn Beck von<br />
der Hessischen AIDS-Hilfe leitet das<br />
Projekt „LGBT*“; im Interview erklärt<br />
er unter anderem, wie sich jeder an<br />
der Aktion beteiligen kann. *bjö<br />
Wie ist die Idee zur Kampagne<br />
entstanden?<br />
Wir wollten die Landtagswahlen begleiten,<br />
aber nicht klassisch unsere Wahlkampfprüfsteine<br />
an die Parteien senden. Das tun<br />
wir aber auch, wir haben uns dem Bündnis<br />
„Hessen wählt queer“ angeschlossen. Darüber<br />
hinaus wollten wir aber etwas anderes<br />
machen. Gut gefallen hat uns die Berliner<br />
Aktion „Travestie für Deutschland“ zur<br />
letzten Bundestagswahl, wo Polit-Tunten auf<br />
Plakaten Statements gegen den Rechtsruck<br />
gebracht haben. Wir fanden das eine spannende<br />
Idee, dass Leute aus der Community<br />
ein Statement für Vielfalt, Akzeptanz und<br />
Solidarität in der Gesellschaft abgeben.<br />
Und wir wollen zeigen, warum es sich lohnt,<br />
Norman<br />
Life Gets<br />
Better Together<br />
solidarisch zu sein. So entstand der Slogan<br />
LGBT* – Life Gets Better Together.<br />
Ihr habt dafür ganz bewusst Menschen<br />
aus der Community ausgewählt<br />
und keine Models genommen<br />
Richtig. Uns war wichtig, ein authentisches<br />
Bild der Community zu zeigen und dass die<br />
Menschen ihre Erfahrungen erzählen. Beim<br />
diesjährigen IDAHOBIT haben wir Leute<br />
angesprochen und gecastet, und das hat<br />
regen Anklang gefunden. Ein paar bekannte<br />
Gesichter sind dabei, Bernd Aretz zum<br />
Beispiel, Jannis von den Rainbow Refugees,<br />
HaLu Landvogt von Lauf für mehr Zeit oder<br />
auch Claus Fleissner. Aber wie gesagt, das<br />
Hauptkriterium war nicht, Prominente zu<br />
finden, sondern ein möglichst authentisches<br />
Bild der Community zu zeigen. Eine<br />
Auswahl der Motive erscheint nun auf<br />
Plakaten, Postkarten und im Social Media.<br />
Nenn’ doch mal ein Beispiel<br />
Wir haben zum Beispiel Sue. Sie ist 65 und<br />
hat sich Anfang dieses Jahres als Transsexuell<br />
geoutet; vorher hat sie 10 Jahre<br />
damit im Geheimen gelebt. Ihr Statement<br />
lautet: „Ich bin ich. Fertig! Mein Leben<br />
verbrachte ich damit herauszufinden wer<br />
ich bin. Zehn Jahre lebte ich mein Leben<br />
im Verborgenen. Endlich kann ich nun zu<br />
mir stehen und sagen: Ich bin eine stolze<br />
transsexuelle Frau. Das hat mich viel Kraft<br />
gekostet und ich lasse mir meine Emanzipation<br />
von Menschen, die gegen alles sind<br />
was nicht in ihr Weltbild von vorgestern<br />
passt, nicht wieder kaputt machen!“<br />
Wo kann man die Plakate sehen<br />
und welche weiteren Aktionen sind<br />
geplant?<br />
Wir haben Plakate, die wir hessenweit in<br />
Community-Einrichtungen aushängen.<br />
Zusätzlich versuchen wir sie auch in den<br />
Städten zu plakatieren, wo wir das kostenlos<br />
tun dürfen. Auf dem CSD haben wir<br />
an unserem Stand die Kampagne ebenfalls<br />
beworben und man konnte dort sein<br />
eigenes Statement auf eine Hessenkarte<br />
kleben. Diese Aktionen sollen weiter bis zu<br />
den Landtagswahlen im Oktober laufen.<br />
Über unsere Website kann man alle bisherigen<br />
Statements sehen und sich selbst<br />
beteiligen.<br />
Warum startet die Hessische AIDS-<br />
Hilfe eine solche Aktion? Sie hat ja mit<br />
HIV und Aids direkt nichts zu tun?<br />
Die Aktion gehört zum Bereich „Strukturelle<br />
Prävention“, den ich betreue. Das Selbstwertgefühl<br />
leidet unter Diskriminierung: Je<br />
stärker die Diskriminierung, oder Abwertung,<br />
umso stärker die Verletzung. Und Menschen<br />
mit einem geschwächten Selbstwertgefühl<br />
schützen sich weniger, nicht<br />
nur vor HIV. Deshalb versuchen wir über<br />
verschiedene Aktionen das Selbstwertgefühl<br />
der Menschen in der Community zu<br />
stärken, Strukturen zu schaffen und die<br />
Vielfalt der Lebenswelten zu fördern. Und<br />
dadurch auch das Selbstschutzverhalten<br />
zu steigern. RuPaul sagt „If you can’t love<br />
yourself, how in hell can you love somebody<br />
else?“, genau das ist unser Ansatz, liebe<br />
dich selbst, dann kannst du andere lieben<br />
und geliebt werden.<br />
Mehr Infos zur Kampagne „LGBT* –<br />
Life Gets Better Together“ über<br />
www.hessen-ist-geil.de<br />
FOTO: PRIVAT