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GESUNDHEIT<br />
zu einer Woche nachwirken. Sie wird in beide<br />
Gesäßseiten gegeben, und das fühlt sich an<br />
wie ein Muskelkater.<br />
Die Studie endet nach fünf Jahren.<br />
Wissen Sie schon, wie es danach<br />
weitergeht? Würden Sie sich eine<br />
Fortbehandlung mit der Depotspritze<br />
wünschen?<br />
Ich kann es mit meinem Lebensstil sicher<br />
vereinbaren, auch Tabletten zu nehmen. Aber<br />
alles, was eine Verbesserung bringt, würde<br />
ich gerne nutzen. Ich würde eine Fortführung<br />
der Depotbehandlung durchaus anstreben.<br />
Ich denke aber auch, dass diese Art der<br />
Behandlung nicht das Ende der Entwicklung<br />
sein wird. Sie ist mit einigen Haken<br />
versehen – der aufwendigen Überprüfung,<br />
ob die Wirkstoffe verträglich sind, dann die<br />
Verträglichkeit der Spritze an sich. Aber es ist<br />
ein Schritt in die richtige Richtung.<br />
Wie denken Sie heute über Schutz<br />
durch Therapie?<br />
Es wäre sehr wichtig, dass dieses Thema<br />
breiter bekannt wird. Es würde helfen, über<br />
Safer Sex anders zu sprechen, als nur über<br />
„mit Kondom ist richtig, ohne falsch“. Wenn<br />
die Hysterie und das Moralisieren aus der<br />
Diskussion herausgenommen würden, wäre<br />
mehr Menschen geholfen.<br />
Wie meinen Sie das?<br />
Sexualität hat mit Kontrollverlust zu tun.<br />
Das kann jedem passieren. Die Moral führt<br />
leicht dazu, an sich selbst andere Maßstäbe<br />
anzulegen als an andere. Das bedeutet, dass<br />
man eventuell selbst Risiken eingeht, die<br />
man bei anderen kritisiert. Hier würde ein offenerer<br />
Umgang mit PrEP und Schutz durch<br />
Therapie, also „safer bare“, sicher helfen. Man<br />
muss über diese Dinge reden können, um die<br />
unbegründeten, stigmatisierenden Ängste zu<br />
überwinden. Nein, Sex mit einem HIV-Positiven<br />
unter Therapie ist nicht gefährlicher als<br />
mit einem negativ Getesteten.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
NACHGEFRAGT<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
mit Helmut Hartl<br />
FOTO: GEMEINFREI /CC0<br />
Wie sieht es eigentlich aus mit den Erfahrungen HIV-Positiver<br />
und Dienstleistern? Gibt es immer noch Aufklärungsbedarf<br />
oder sogar bewusste Diskriminierung? Darüber sprachen<br />
wir mit Helmut Hartl aus der Praxisgemeinschaft Dr. Gorriahn und<br />
Hartl in München (www.goha-praxis.de).<br />
Kommen Menschen mit HIV zu Ihnen, die über Diskriminierung<br />
zum Beispiel durch Ärzte, bei Schönheitsbehandlungen,<br />
in Tattoo-Studios usw. berichten?<br />
Ja. Ich glaube, jeder HIV-Positive muss sich mit Diskriminierung<br />
auseinandersetzen. Oft am Arbeitsplatz oder im Bekanntenkreis<br />
und leider zum Teil sogar immer noch aus der Ärzteschaft.<br />
FOTO: SUSIE KNOLL<br />
Wie reagieren Sie auf solche Berichte? Was raten Sie ihren<br />
Patienten konkret?<br />
Es gibt bei der Deutschen AIDS-Hilfe eine Clearing-Stelle für<br />
Diskriminierungsfälle im Medizinbereich. Ich habe einen Fall gehabt,<br />
in dem eine Patientin Probleme mit einer Augenklinik hatte, und<br />
habe sie dahin überwiesen. Das ist also heutzutage relativ einfach.<br />
Im privaten und beruflichen Bereich ist es natürlich ungleich<br />
schwerer, sich zu wehren. Ich empfehle meinen Patienten, nicht<br />
gleich im Vorfeld die Infektion anzusprechen. Andererseits fördert<br />
ein offener Umgang die Akzeptanz. Jeder, der einen HIV-positiven<br />
Menschen kennengelernt hat, wird feststellen, dass das Leute sind<br />
wie du und ich. Es ist wie mit den Schwulen früher: Sichtbarkeit<br />
führt zu Akzeptanz.<br />
Wie schätzen Sie das Wissen Ihrer Patienten zum Thema<br />
Schutz durch Therapie ein? Was müsste sich ändern, um<br />
dieses Wissen weiterzuverbreiten?<br />
In Partnerschaften ist es meiner Meinung nach inzwischen gut<br />
bekannt, dass der HIV-positive Partner unter funktionierender<br />
Therapie nicht ansteckend ist. In der „freien Wildbahn“ – bei Casual<br />
Sex Dating – besteht durchaus noch Aufklärungsbedarf. Für uns<br />
als Behandler gibt es da wenig Spielraum: Aber wir sollten nicht<br />
verpassen, bei den Viruslastüberprüfungen die gute Nachricht mitzuteilen,<br />
dass die Patienten nicht mehr infektiös sind.<br />
*Interview: Christian Knuth