D'HANDWIERK JUNI 2019
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MAGAZINE<br />
THÉMATIQUE<br />
darstellen, da der Personenkreis in der neuen CBM der<br />
gleiche ist wie in den bisherigen FEMM und APM.<br />
Erster Präsident der neuen Organisation ist denn auch<br />
niemand anderes als Georges Reckinger selbst: „Ich habe<br />
mich bereit erklärt, in der Anfangsphase den Vorsitz zu<br />
übernehmen, wobei klar ist, dass das wirklich nur für ein<br />
Jahr sein soll. Danach sollen jüngere Leute übernehmen.“<br />
Öffentliche Betriebe sollen auch ausbilden<br />
Das große beherrschende Thema war und ist nach wie<br />
vor die Ausbildung von Lehrlingen bis zum Gesellen und<br />
zum Meister. Und wer erleben möchte, wie die Laune<br />
unserer Gesprächspartner sich schlagartig verschlechtert,<br />
dann gibt es kein besseres Thema als dieses.<br />
„Die Themen sind klar und der Wille ist stark.“<br />
„Die Unterstützung für ausbildende Betriebe ist lachhaft“,<br />
beginnt Georges Reckinger und fährt fort: „Wissen Sie,<br />
wenn ein handwerklicher Betrieb junge Leute ausbildet,<br />
dann entstehen dadurch vor allem Kosten. Ein erfahrener<br />
Mitarbeiter muss sich um die angehenden Handwerker<br />
kümmern, was wiederum einen Produktivitätsverlust<br />
bedeutet. Und zum Schluss, wenn die Leute ihre<br />
Gesellenprüfung haben oder im besten Fall ihre<br />
Meisterprüfung, kommen Staat und Gemeinden und<br />
werben sie ab.“<br />
So hat die Umfrage bei den Mitgliedern ergeben, dass in den<br />
vergangenen sieben Jahren nur sehr wenige der ausgebildeten<br />
Handwerker nach zwei Jahren noch in dem angestammten<br />
Betrieb verblieben war. Kein Wunder, dass die Betriebe keine<br />
Lust mehr haben, Jugendliche auszubilden. Um ein deutsches<br />
geflügeltes Wort zu zitieren könnte man sagen: „Außer<br />
Spesen nichts gewesen.“ Und Guy Gardula fügt hinzu: „Wenn<br />
die staatlichen oder andere öffentliche Betriebe ausgebildete<br />
Handwerker brauchen, dann sollen sie diese doch bitte auch<br />
ausbilden. Alternativ wäre – ganz ähnlich wie im Sport – die<br />
Zahlung einer Ablösesumme an den Ausbildungsbetrieb eine<br />
sinnvolle Möglichkeit, um die Betriebe bei Laune zu halten.“<br />
Erstausbildung aus einer anderen Welt<br />
Und die schulische Ausbildung? Schon fast entschuldigend<br />
ergänzt Gardula: „Unsere Sekundarschulen bilden zwar aus,<br />
aber am wirklichen Bedarf vorbei. Es kommt einem immer<br />
wieder vor, wie wenn die Schulverwaltungen in einer anderen<br />
Welt leben würden.“ Wie aus der Mitgliederbefragung hervor<br />
geht, sind zwei Drittel aller Betriebe nicht zufrieden mit der<br />
Erstausbildung in den Lyzeen. Mit dem neuen Elan und dem<br />
neuen Gewicht möchte die CBM nun versuchen, in diesem<br />
Bereich die Weichen neu zu stellen.<br />
Dass auch bei den Mitgliedsbetrieben noch Überzeugungsarbeit<br />
notwendig ist, zeigen die Umfrageergebnisse zur beruflichen<br />
Weiterbildung deutlich. Obschon fast alle (95 Prozent)<br />
geantwortet haben, dass die Weiterbildung wichtig ist, hat aber<br />
nur ein kleiner (38 Prozent) Teil tatsächlich an den angebotenen<br />
Schulungen teilgenommen. Hier will die CBM ansetzen,<br />
um den Mitgliedsbetrieben zu helfen, ihre Produktivität über<br />
die berufliche Weiterbildung zu verbessern.<br />
Es geht auch anders: Studien mit Jobgarantie<br />
Ein Lichtblick wie es gehen kann, stellen die seit Kurzem<br />
angebotenen höheren Studienabschlüsse dar, die sogenannten<br />
BTS (Brevet de technicien supérieur). Auf Initiative der FEMM<br />
bildet das Lycée technique Bonnevoie seit dem Schuljahr 2015,<br />
16 junge Leute nach dem Abitur aus bis zu einem Studienabschluss<br />
als BTS im Metallbau. Das Lycée du Nord in Wiltz<br />
bietet die gleiche Möglichkeit für einen BTS in Holztechnologie.<br />
„Das sind sehr nützliche und vielversprechende Ausbildungen.<br />
Man kann getrost behaupten, dass diese Studien eine Jobgarantie<br />
beinhalten. Da die Studenten den praktischen Teil ihrer<br />
Ausbildung in handwerklichen Betrieben ausüben, werden sie<br />
meistens aus der Schule heraus in diesen Firmen eingestellt.“<br />
So sind sie mit einer soliden Ausbildung und einer gesunden<br />
Fachkenntnis ausgestattet. Da sie dann bereits die Abläufe in<br />
der Firma kennen, ist die Einarbeitungszeit entsprechend kurz<br />
und werden binnen kürzester Zeit die rechte Hand des Chefs.<br />
Diese Ausbildungsschiene ist umso bedeutender, weil in den<br />
nächsten paar Jahren eine richtige Ruhestandswelle auf das<br />
Handwerk zukommt. Viele der heutigen Chefs stehen kurz vor<br />
der Rente und Nachfolger, um den Betrieb weiter zu führen,<br />
werden händeringend gesucht.<br />
Neuer Schwung, neue Möglichkeiten<br />
Ein Zusammenschluss stellt auch eine Möglichkeit dar, Dinge<br />
anzupacken, die bisher nicht möglich waren. Dadurch, dass<br />
sich in der CBM die Anzahl Mitgliedsbetriebe der Holz- und<br />
Metallbranche gegenüber den vorhergehenden Verbänden verdoppelt<br />
hat, eröffnen sich ganz neue Perspektiven. Ein größeres<br />
Reservoir an Leuten bietet die Chance in Arbeitsgruppen effektiver<br />
auftreten zu können. Wen wundert es, dass eine Priorität<br />
bei der zukünftigen Ausbildung von Fachkräften liegen wird?<br />
/06/<strong>2019</strong><br />
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