D'HANDWIERK MARS 2024
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MAGAZINE<br />
JURIDIQUE<br />
ZWEITE CHANCE STATT INSOLVENZ<br />
Wenn der Betrieb am<br />
Abgrund steht.<br />
Wie das neue Konkursgesetz in Schieflage geratene Unternehmen auffangen soll.<br />
Alain Schreurs<br />
Conseiller juridique<br />
Es sind Nachrichten, die<br />
die Wirtschaft hochschrecken<br />
lassen: Traditionsfirma insolvent<br />
- rund 250 Mitarbeiter betroffen!<br />
2023 war zwar nicht das prognostizierte<br />
schwarze Jahr für Unternehmensinsolvenzen<br />
in Luxemburg, doch wurden<br />
nach Statec-Angaben immer noch<br />
935 Konkurse (minus x sieben Prozent<br />
gegenüber 2022) erfasst.<br />
Das neue Gesetz über die Erhaltung<br />
von Unternehmen und die Modernisierung<br />
des Konkursrechts, welches<br />
am 1. November 2023 in Kraft trat, soll<br />
hier nun neue Möglichkeiten schaffen.<br />
In dem Gesetz geht es darum, „die<br />
Geschäftstätigkeit des Unternehmens<br />
zu erhalten und die Arbeitsplätze sowie<br />
Kompetenzen zu retten, gleichzeitig<br />
einen ausgewogenen Interessenausgleich<br />
unter allen Betroffenen<br />
zu finden“, beschreibt es Alain<br />
Schreurs, juristischer Berater der<br />
Handwerkskammer.<br />
Basis für das neue Gesetz ist eine<br />
EU-Richtlinie, die das Großherzogtum<br />
umsetzen muss. Das Ziel ist es, ein<br />
neues, einheitliches und europaweit<br />
geltendes Sanierungsrecht zu schaffen,<br />
in dem sichergestellt wird, dass<br />
bestandsfähige Unternehmen,<br />
die in finanziellen Schwierigkeiten sind,<br />
Zugang zu wirksamen präventive<br />
Restrukturierungsrahmen haben,<br />
die es ihnen ermöglicht, ihren<br />
Betrieb weiterzuführen, „ohne gleichzeitig<br />
die Grundrechte und Grundfreiheiten<br />
der Arbeitnehmer zu beeinträchtigen“,<br />
wie es das Gesetz formuliert.<br />
Ein solches Restrukturierungsverfahren,<br />
wie es die EU-Richtlinie vorgibt,<br />
ist dem luxemburgischen Recht neu.<br />
Das Verfahren lässt sich gewissermaßen<br />
mit einem Insolvenzaufschub in<br />
Eigenverwaltung vergleichen. Noch vor<br />
dem Eintreten der Voraussetzungen<br />
einer Insolvenz sollen Unternehmen,<br />
mehr oder weniger eigenständig und<br />
anhand eines Restrukturierungsplans,<br />
ihre Sanierung einleiten.<br />
Mit Weitblick agieren<br />
Diese größte Neuerung dieses Gesetzes<br />
soll mit Weitblick zum vorzeitigen<br />
Erkennen von Unternehmen in<br />
Schwierigkeiten genutzt werden,<br />
„um deren Konkurs zu verhindern<br />
und die Arbeitnehmer zu schützen“,<br />
formuliert es Alain Schreurs.<br />
„Dieser Restrukturierungsplan soll vor<br />
allem im Dialog mit den Gläubigern<br />
geschehen und deren Bedürfnissen<br />
ausreichend Platz einräumen“, ergänzt<br />
Jaques Wolter. Der Rechtsanwalt wird<br />
auf der neu erstellten offiziellen Liste<br />
des Ministeriums als „Conciliateur“<br />
geführt, die das Gesetz vorsieht.<br />
Für die Durchführung und Einhaltung<br />
der Restrukturierungsmaßnahmen<br />
kann ein „Restrukturierungsbeauftragter“<br />
wie Jaques Wolter eingesetzt<br />
werden – und damit der erwähnte<br />
Restrukturierungsplan für alle<br />
Beteiligten auch verbindlich ist, muss<br />
der Plan vom Handelsgericht geprüft<br />
und angenommen werden.<br />
Auf Antrag des Schuldners können<br />
das Wirtschaftsministerium oder das<br />
Mittelstandsministerium einen Vermittler<br />
wie Jacques Wolter ernennen,<br />
um die vollständige oder teilweise<br />
/03/<strong>2024</strong><br />
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