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© Stefan Maria Rother © Andrea Salzmann © Peter Stanglmayr<br />
JÖRG HEISER<br />
<strong>Wien</strong>, von Berlin aus gesehen<br />
Was Kunstinstitutionen angeht, macht <strong>Wien</strong><br />
eine gute Figur – insbesondere von Berlin<br />
aus gesehen, wo demnächst das Deutsche<br />
Guggenheim schließt und die Berliner Kunsthalle<br />
weiterhin fehlt. Eine Reihe von <strong>Wien</strong>er<br />
Häusern (mumok, MAK, KUNSTHALLE wien)<br />
hat neue Köpfe, das Belvedere einen neuen<br />
Ort (21er Haus). In dieser Phase des musealen<br />
Umbruchs fällt der Mittelbau positiv auf:<br />
BAWAG Contemporary, Generali Foundation<br />
und Secession machen – nach einer<br />
schwierigen Zeit vor Jahren – kontinuierlich<br />
Ausstellungen auf höchstem internationalen<br />
Niveau; TBA21 belebt das (vom Belvedere<br />
zuvor am langen Arm ausgehungerte) Atelier<br />
Augarten. Die Perspektiven: Vom mumok<br />
wünscht man sich gelegentliche Ausbrüche<br />
aus dem soliden Aufarbeiten klassischer<br />
Positionen; vom MAK, dass die Gegenwartskunst<br />
– die bei Peter Noever gegenüber Angewandtem<br />
absoluten Vorrang genoss – nicht<br />
ganz mit dem Bade ausgeschüttet <strong>wird</strong>; bei<br />
der KUNSTHALLE wien, dass der Wechsel<br />
vom quietschbunten Kompilationsstil (à la<br />
»Kunst & Porno«, »Kunst & Fernsehen«) <strong>zum</strong><br />
spröderen Abtasten zeitgenössischer Kunst-<br />
und Gesellschaftsströmungen offen aufgenommen<br />
<strong>wird</strong>; bei den Kunsthochschulen<br />
schließlich, dass der Künstler-PhD nicht zu<br />
falscher Standardisierung freier Praxis führt.<br />
Jörg Heiser ist Ko-Chefredakteur von »frieze« und Herausgeber<br />
von »frieze d/e«. Zuletzt erschien der Band »Sculpture Unlimited«<br />
(Hg., mit Eva Grubinger, Sternberg Press 2011).<br />
WALTER SEIDL<br />
<strong>Wien</strong>, Kunststandort zwischen<br />
West und Ost<br />
Der Stellenwert von <strong>Wien</strong> auf dem internationalen<br />
Feld der Kunst ist vor allem durch<br />
eine Spezialisierung auf die östlichen und<br />
südöstlichen Nachbarländer gekennzeichnet.<br />
Das spiegelt sich im Programm von Galerien,<br />
Museen und Sammlungen wider und lässt<br />
internationale Kuratorinnen und Kuratoren<br />
stets in dieser Stadt Station machen. Mit<br />
dem Fokus auf eine junge Szene, den viele<br />
Galerien durch spezielle Projekte vorantreiben<br />
und der vor allem in zahlreichen<br />
Off-Institutionen eine wichtige Rolle spielt,<br />
bewahrt die Stadt ihr alternatives, selbstbestimmtes<br />
Potenzial, das in den Metropolen<br />
des Kunstmarktes immer mehr verloren geht.<br />
Unterschiedliche Diskursformationen, die<br />
aufgrund der Debatte an den Universitäten<br />
und in einigen auch im internationalen<br />
Kontext wesentlichen Kunstzeitschriften<br />
vorangetrieben werden, zeugen von einer<br />
genuinen Auseinandersetzung mit aktueller<br />
künstlerischer Produktion. Zu hoffen bleibt<br />
jedoch, dass <strong>Wien</strong> auch längerfristig eine<br />
Position als Messestandort beziehen kann.<br />
Walter Seidl betreut seit 2004 als Kurator die Kunstsammlung<br />
der Erste Group und ERSTE Stiftung in <strong>Wien</strong>. Kuratorentätigkeit<br />
bei zahlreichen Projekten in Europa und Nordamerika sowie in<br />
Hongkong, Japan und Südafrika. Regelmäßige Publikationen<br />
in internationalen Kunstzeitschriften, in Österreich vor allem in<br />
»Camera Austria« und »springerin«.<br />
JUDITH EISLER<br />
Ein improvisatorischer Ansatz<br />
<strong>Wien</strong> hat eine lebendige und vielfältige<br />
Kunstszene, die sich in Museen und Galerien,<br />
insbesondere aber auch in den Pop-up-<br />
Galerien und vielen Off-Spaces präsentiert,<br />
die sich durchwegs in der Stadt etablieren.<br />
In New York nimmt die Malerei zweifellos<br />
mehr Raum ein und hat ein größeres Publikum<br />
als in <strong>Wien</strong>, wo das Hauptaugenmerk<br />
eher auf Konzeptkunst zu liegen scheint.<br />
Da wie dort schaffen sich junge Künstler<br />
eigene Räume und Rahmenbedingungen, um<br />
größeren Einfluss auf die Zurschaustellung<br />
ihrer Werke und den Handel damit zu haben.<br />
Sowohl was die Entstehung der Arbeiten als<br />
auch was die Art ihrer Präsentation betrifft,<br />
ist ein stark improvisatorischer Ansatz augenscheinlich.<br />
Judith Eisler lebt und arbeitet als Künstlerin in New York und<br />
<strong>Wien</strong>. Seit 2009 ist sie Professorin für Malerei, Animationsfilm<br />
und Tapisserie an der Universität für angewandte Kunst <strong>Wien</strong>.<br />
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