Auf Medeas Spuren - Theater an der Wien
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Musikgymnasium <strong>Wien</strong><br />
christa wolf: Medea. stimmen<br />
„Wovor lauft ihr alle eigentlich davon“<br />
Wir, die Klasse 7A des Musikgymnasium <strong>Wien</strong>,<br />
haben uns l<strong>an</strong>ge mit dem großartigen Rom<strong>an</strong><br />
„Medea. Stimmen“ von Christa Wolf ausein<strong>an</strong><strong>der</strong><br />
gesetzt und bei diesem Projekt mitgemacht. Wir<br />
hatten die Idee einige Zitate auszuwählen und<br />
unsere Meinungen und Interpretationen dazu zusammenzufassen.<br />
Im Gegensatz zu Euripides stellt<br />
Christa Wolf Medea als eine starke, unbeugsame<br />
Frau dar, die nicht die Schuld am Tod ihrer Kin<strong>der</strong><br />
trägt.<br />
ZUM INHALT:<br />
Sechs verschiedene Personen erzählen in<br />
inneren Monologen in 11 Kapiteln die Geschichte<br />
von Medea aus ihrer Sicht. Die Stimmen<br />
beschreiben in Zeitsprüngen abwechselnd<br />
Ereignisse aus <strong>der</strong> Verg<strong>an</strong>genheit. Die H<strong>an</strong>dlung<br />
verfolgt die Geschichte <strong>Medeas</strong> von dem Zeitpunkt<br />
<strong>an</strong>, als sie in Korinth auf die Spur eines<br />
Verbrechens kommt. Die junge Königstochter<br />
und mögliche Thronfolgerin wurde ermordet.<br />
Als Medea dieses Verbrechen aufdeckt, wird sie,<br />
um die Macht des Königs nicht zu gefährden,<br />
zum Sündenbock abgestempelt. Dadurch können<br />
die Machthaber auch von ihren Verbrechen<br />
ablenken. Sie werfen Medea vor, die sich nicht<br />
den korinthischen Gebräuchen unterordnen will,<br />
ihren Bru<strong>der</strong> und ihre eigenen Kin<strong>der</strong> ermordet<br />
zu haben. Schließlich wird sie sogar von ihrem<br />
eigenen Ehem<strong>an</strong>n Jason verstoßen. Christa<br />
Wolf versucht eine Neuinterpretation des<br />
Medeamythos. Nein, Medea hat ihr Kin<strong>der</strong> nicht<br />
umgebracht. Die weise Seherin Medea wird<br />
dieser Tat beschuldigt, um sie dar<strong>an</strong> zu hin<strong>der</strong>n,<br />
die Wahrheit <strong>an</strong>s Licht zu bringen.<br />
Medea: „Warum war ich aus Kolchis geflohen. Es war mir unerträglich erschienen, vor die Wahl zwischen<br />
zwei Übeln gestellt zu sein. Ich Törin. Jetzt hatte ich nur noch zwischen zwei Verbrechen wählen können.“<br />
Medea bereut, dass sie aus Kolchis weggeg<strong>an</strong>gen ist, denn sie bemerkt, dass es in Korinth nicht<br />
besser ist. Hier ist es genauso verdorben wie in Kolchis, und Medea ist verzweifelt. Sie findet, dass<br />
sie sehr dumm war, dass sie alles in Korinth aufgegeben hat. Wegen <strong>der</strong> bestehenden Verhältnisse<br />
k<strong>an</strong>n sie nur zwischen zwei Übeln wählen, und eigentlich k<strong>an</strong>n sie nicht mehr wirklich wählen. Sie<br />
k<strong>an</strong>n ihr Schicksal nur <strong>an</strong>nehmen und das ist sehr schwierig für eine starke, kämpfischere Frau wie<br />
Medea. Heui Soo Park<br />
Zum Unterschied zwischen Kolchis und Korinth: Schon <strong>der</strong> Unterschied <strong>der</strong> hierarchischen Strukturen<br />
ist enorm. Während in Kolchis das Ideal <strong>der</strong> Gleichheit vorherrscht, durch welches Frauen und<br />
Männer in etwa die gleiche Stellung innehaben und Aites samt Königsfamilie die Spitze bildet, f<strong>an</strong>d<br />
in Korinth eine deutliche Hierarchisierung statt, wo Klassengesellschaften vorherrschen, Frauen<br />
eine niedrigere Stellung als Männer innehaben und welche den König allein <strong>an</strong> die Spitze stellt.<br />
Zudem h<strong>an</strong>delt es sich bei Korinth um einen Umschwung zum Patriarchat, wohingegen Kolchis ein<br />
Matriachat ist. Auch die Einstellung zu materiellem Wohlst<strong>an</strong>d weist Unterschiede auf. Der goldene<br />
und steinerne Palast in Korinth bildet einen deutlichen Gegenpol zu dem hölzernen Königshaus <strong>der</strong><br />
Kolcher, woraus m<strong>an</strong> schließen k<strong>an</strong>n, dass den Korinthern mehr <strong>an</strong> materiellem Wohlst<strong>an</strong>d gelegen<br />
ist, insbeson<strong>der</strong>e, um sich nach außen hin zu präsentieren. Die Korinther sind besessen von <strong>der</strong> Gier<br />
nach Gold. Gudrun Stef<strong>an</strong>itsch<br />
Medea: „Wohin mit mir. Ist eine Welt zu denken, eine Zeit, in die ich passen würde. Niem<strong>an</strong>d da, den ich<br />
fragen könnte. Das ist die Antwort.“<br />
Medea fühlt sich einsam und verlassen am Ende des Buches. Nach <strong>der</strong> Verb<strong>an</strong>nung hat sie keine<br />
Vertrauens- bzw. Bezugsperson mehr. Sie ist auch in sich verloren, da sie sich fragt: „Wohin mit mir“.<br />
Sie k<strong>an</strong>n sich nicht vorstellen, jemals wie<strong>der</strong> in irgendeine Welt o<strong>der</strong> Zeit zu passen. Das ist ihre<br />
Antwort auf all die Fragen, die sich stellen o<strong>der</strong> die sie sich stellen könnte. Damit beruhigt sie sich<br />
und ihre aufgewühlte Seele. Katharina Dudas<br />
Medea: „Wie habe ich mich täuschen können, aber nichts täuscht sicherer als Glück, und es gibt keinen<br />
Platz, <strong>der</strong> die Schärfe <strong>der</strong> Wahrnehmung so trübt wie <strong>der</strong> Platz im Gefolge des Königs.“<br />
Dieses Zitat zeigt g<strong>an</strong>z deutlich, wie m<strong>an</strong>che Menschen, auch in unserem heutigen Leben, sich <strong>an</strong>passen,<br />
um gewissen Erwartungen gerecht zu werden und dadurch gesellschaftliche o<strong>der</strong> politische<br />
Positionen verliehen bekommen. Die Personen in Wolfs „Medea“ kriegen in aller Deutlichkeit die<br />
Folgen zu spüren: Sie befinden sich im ständigen Zwiespalt über Medea, die sie eigentlich hassen<br />
o<strong>der</strong>, laut <strong>der</strong> allgemeinen korinthischen Ansicht, hassen sollen; außer Agameda ist sich keiner g<strong>an</strong>z<br />
darüber im Klaren, ob er Medea jetzt wirklich loswerden will o<strong>der</strong> nicht. Samuel Toro-Perez<br />
Glauke: „Es hat l<strong>an</strong>ge gedauert, bis ich zugeben mußte, daß ich mich auch in diesem Punkt getäuscht<br />
habe, habe täuschen lassen, aber was ist denn überhaupt richtig, k<strong>an</strong>n ich denn meinen Augen noch trauen,<br />
k<strong>an</strong>n ich mich noch auf irgendeinen Menschen verlassen.“<br />
Glauke ist die Person in dem Stück, bei <strong>der</strong> m<strong>an</strong> am besten sieht, weviel die Korinther durch ihren<br />
Hass auf Medea <strong>an</strong>gerichtet und zerstört haben. Denn Medea war die Einzige, die Glauke verst<strong>an</strong>den<br />
hat, die den Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen dem Mord <strong>an</strong> Iphinoe und Glaukes Kr<strong>an</strong>kheit begriffen<br />
hat. Sie war die Einzige, die ihr auch hätte helfen können. Und m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n auch sehen, dass die<br />
Korinther dadurch nicht nur <strong>Medeas</strong> Leben zerstören, son<strong>der</strong>n auch das von Leuten aus ihren<br />
eigenen Reihen. Ich hatte <strong>an</strong> <strong>der</strong> Stelle, bei <strong>der</strong> Glauke zu Wort kommt, einfach nur Mitleid mit ihr,<br />
weil die Korinther sie, die wirklich absolut keine Schuld <strong>an</strong> irgendeinem Ereignis trägt, so für ihre<br />
Machtspielchen missbrauchen, dass sie letzten Endes nicht einmal mehr <strong>der</strong> einzigen Person, die<br />
ihr immer nur Gutes wollte, traut, son<strong>der</strong>n fest davon überzeugt ist, sich auch in ihr getäuscht zu<br />
haben. Monika Demmer<br />
Akamas: „Ich gab einer verqueren Regung nach und erklärte Medea, wie Korinth funktioniert, was auch<br />
bedeutet, sie nach und nach wissen zu lassen, auf welche Weise ich meine Macht ausübe, zu <strong>der</strong> gehört,<br />
daß sie unsichtbar bleibt und je<strong>der</strong>m<strong>an</strong>n, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> König, fest überzeugt ist, er allein, Kreon, sei die<br />
Quelle <strong>der</strong> Macht in Korinth. Ich konnte dem Kitzel nicht wi<strong>der</strong>stehen, die Einsamkeit und Verschwiegenheit,<br />
zu <strong>der</strong> ich verurteilt bin, zu durchbrechen und diese Frau, die nicht von unserer Welt ist, zu einer Art<br />
Vertrauten zu machen; es erheiterte mich, daß sie das Geschenk, das ich ihr machte, gar nicht zu schätzen<br />
wußte, weil sie es für selbstverständlich hielt.“<br />
Eine von Akamas’ <strong>Auf</strong>gaben ist es, Kreon im Glauben zu lassen, er wäre <strong>der</strong> mächtigste M<strong>an</strong>n. Was<br />
ich allerdings überhaupt nicht verstehe, ist, wieso Akamas seine Macht nicht nutzt, um Medea zu<br />
retten. Er schätzt sie sehr, <strong>an</strong>scheinend ist aber sein Wunsch nach Macht größer als seine Menschlichkeit.<br />
Aber er respektiert Medea und sie gibt ihm ein Gefühl von Vertrautheit, so sehr, dass er das<br />
ausspricht, was er sonst vielleicht nie auszusprechen gewagt hätte. Deshalb sieht Akamas sie als<br />
gleichberechtigt <strong>an</strong>. Dass Medea das als selbstverständlich empfindet, zeigt, dass Frauen in Kolchis<br />
den Männern gleichgestellt wurden. Akamas respektiert sie aber deswegen nicht weniger, son<strong>der</strong>n<br />
er versteht diesen Unterschied sogar und er stört ihn nicht. Akamas begehrt Medea auch nicht,<br />
vielleicht ein wichtiger Aspekt, wieso er sie als gleichberechtigt akzeptieren k<strong>an</strong>n. Trotzdem hätte<br />
er Größe beweisen können, indem er im Hintergrund die Fäden zieht und sie vor ihrem Schicksal<br />
bewahrt. Elisabeth Pl<strong>an</strong>k