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Auf Medeas Spuren - Theater an der Wien

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Christa Wolf schafft es <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d <strong>der</strong> Medea, sehr realistisch Fremdenfeindlichkeit zu beschreiben:<br />

Medea, die Fremde, macht vielen Korinthern Angst. Den Mächtigen wegen ihrer Gabe, die g<strong>an</strong>zen<br />

Missstände in Korinth so schonungslos zu durchschauen. Den ärmeren und einfachen Leuten wegen<br />

ihrer ungewohnten Bräuche und Verhaltensweise. Da es aber schwer ist sich einzugestehen, dass<br />

allein das „Fremde“ Grund genug ist, um Angst zu haben, sind sie d<strong>an</strong>kbar für alle Gerüchte, die<br />

Akamas und Agameda in Umlauf setzen. Das Gerücht des Bru<strong>der</strong>mordes z.B. gibt diesen Leuten das<br />

Gefühl, sich zu Recht vor ihr zu fürchten. Überhaupt ist es erschreckend, wie treffend Christa Wolf<br />

die Tricks <strong>der</strong> Mächtigen beschreibt, die <strong>an</strong>gewendet werden, um das Volk ruhig zu halten. Akamas<br />

ist z.B. selbst erstaunt, wie einfach g<strong>an</strong>z Korinth die plumpe Lüge über das Verschwinden Iphinoes<br />

hinnimmt. Er sagt, dass die Menschen gerne bereit sind, jede noch so plumpe Lüge zu glauben, nur<br />

um sich ein schöneres Bild ihrer Stadt zu machen, <strong>an</strong> <strong>der</strong>en Ansehen doch allen Menschen etwas zu<br />

liegen scheint. Realitätsverweigerung also, um sich selbst zu schonen. Martin Listabarth<br />

Ich persönlich finde es sehr sp<strong>an</strong>nend, dass Christa Wolf sich <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d einer mythologischen Gestalt<br />

mit den Themen Fremdenunverständnis (bis hin zu Fremdenhass) und <strong>der</strong> Projektion innerer<br />

Probleme eines Staates/einer Stadt auf Menschen aus einem <strong>an</strong><strong>der</strong>en Kulturkreis ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzt.<br />

Beson<strong>der</strong>s, weil ich selber nie auf die Idee gekommen wäre, z.B. die Probleme, die junge Menschen<br />

beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Schule haben, mit Hilfe einer mythologischen Gestalt darzustellen: So z.B. die Tatsache,<br />

dass die SchülerInnen von den meisten LehrerInnen nicht als eigenständige Persönlichkeiten<br />

mit eigener Meinung <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt werden o<strong>der</strong> dass <strong>der</strong>en Meinung nicht genauso viel Gewichtung<br />

hat, wie die <strong>der</strong> LehrerInnen. Ich finde, dass Christa Wolf genau das mit <strong>der</strong> Medea macht. Sie zeigt<br />

bis zu einem gewissen Grad, bewusst o<strong>der</strong> unbewusst, die Probleme unserer mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft,<br />

wie z.B. die schwierige Integration von Menschen aus <strong>an</strong><strong>der</strong>en Kulturen und die m<strong>an</strong>gelnde Gleichberechtigung<br />

von M<strong>an</strong>n und Frau. Sophie Breit<br />

„Sie fragte: Wovor lauft ihr alle eigentlich davon.“<br />

Medea beobachtet schon seit ihrer Ankunft in Korinth, dass alle Bewohner sich in das korinthische<br />

Herrschaftssystem einfügen, ohne Unzulänglichkeiten o<strong>der</strong> Fehler zu erkennen, beziehungsweise<br />

wahr haben zu wollen. Diejenigen, die diese Fehler erkennen, wie zum Beispiel Oistros, sagen<br />

o<strong>der</strong> tun nichts, um die übrigen Bewohner darauf aufmerksam zu machen. Ich glaube, das Volk<br />

WILL nichts än<strong>der</strong>n, es ist zu bequem. Denn eine politische Verän<strong>der</strong>ung würde ein Umdenken<br />

und Bewusstsein <strong>der</strong> Bevölkerung voraussetzen, dass den herrschenden Mächten und allen damit<br />

verbundenen Personen (z.B.: Männern) viele Vorteile entzogen werden würden. Und weil die Leute<br />

nichts <strong>an</strong> sich än<strong>der</strong>n wollen, müssen sie ihre eigenen Ansichten ignorieren und vor ihren Wünschen<br />

davon laufen. Medea ist zwar nicht die Einzige, die diese Situation bemerkt, aber die Einzige, die<br />

davon redet. Sie sucht den Grund für diese Missstände und deckt dabei zu viele dunkle Punkte aus<br />

Korinths Verg<strong>an</strong>genheit auf (z.B.: Iphinoe). Viele Bewohner glauben zu Unrecht, dass sie wegen<br />

dieses Wissens Verän<strong>der</strong>ungen herbeiführen will und wollen sie aus diesem Grund aus dem Weg<br />

schaffen. Anna-Sophie Vetter und Monika Demmer<br />

Musikgymnasium <strong>Wien</strong><br />

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