BASTIAN BAKER - Finanz Und Wirtschaft
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| KUNSTMESSEN | von Christian von Faber-Castell<br />
Places to be<br />
SIE IST DIE SCHÖNSTE KUNSTMESSE DER WELT, DIE BIENNALE DES<br />
ANTIQUAIRES IN PARIS, DIE NUR ALLE ZWEI JAHRE IM PRUNKVOLLEN<br />
GRAND PALAIS STATT FINDET. DAS ANGEBOT UMFASST DAS BESTE,<br />
DAS DER MARKT AN ALTER UND NEUER EINRICHTUNGSKUNST,<br />
DEKORATIONSOBJEKTEN UND DESIGN ZU BIETEN HAT. ZU DEN<br />
PFLICHTORTEN DES INTERNATIONALEN KUNST-JETSETS GEHÖREN<br />
AUCH THE EUROPEAN FINE ART FAIR IN MAASTRICHT UND DIE ART<br />
BASEL MIAMI BEACH.<br />
Dass Kunst ein Kind aus der Liebesehe<br />
von Luxus und Mode ist, weiss<br />
man spätestens seit Christie’s die private<br />
Sammlung von Yves Saint Laurent mitten<br />
im <strong>Finanz</strong>krisenwinter 2009 zum<br />
Rekordpreis von 374 Mio. € versteigerte.<br />
Glamouranlässe solchen Ranges feiert<br />
man seit der Weltausstellung 1900 im Pariser<br />
Grand Palais.<br />
Wen wundert es da, dass auch die<br />
schönste Kunst- und Antiquitätenmesse<br />
der Welt, die Pariser Biennale des Antiquaires<br />
den Glanz dieses Belle Epoque<br />
Palastes und die Glamourpower des<br />
grössten lebenden Modemeisters für ihr<br />
Ziel einspannt. Dieses besteht schlicht<br />
darin, möglichst viele wahre, elegante<br />
Prominenz aus der ganzen Welt an ihre<br />
glanzvolle Vernissage zu locken.<br />
Zum Scénographen der vom 14. bis 23.<br />
42 | <strong>Finanz</strong> und <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
September zum 26. Mal stattfi ndenden<br />
Pariser Biennale wurde Designsuperstar<br />
Karl Lagerfeld gekürt. Ob dies mit der<br />
neuen deutschfranzösischen Herzlichkeit<br />
zu tun hat oder vielleicht doch eher<br />
mit gewissen früheren deutschfranzösischen<br />
Reibereien im Ausstellerlager, ist<br />
eine spekulative Insiderfrage. Sicher ist,<br />
dass Lagerfeld den hier ausstellenden 150<br />
Spitzenkunsthändlern und ihren Museumsraritäten<br />
aus 10 000 Jahren von der<br />
Antike bis zur Avantgarde einen monumentalen<br />
Rahmen bereitstellen wird. <strong>Und</strong><br />
dieser Rahmen dürfte auch dieses Jahr<br />
wieder auch entsprechend ausgefüllt.<br />
INSZENIERT VON KARL LAGERFELD<br />
Zu den musealen Meisterwerken die<br />
man hier schon bewundern konnte, zählen<br />
beispielsweise eine majestätische,<br />
von Jean-Honoré Fragonard und Marguerite<br />
Gérard gemalte Angorakatze für 1,5<br />
Mio. € und Niki de Saint Phalles bunte Polyesterfi<br />
gur «Big Lady» für 650 000 €. Royalisten<br />
schwelgten wie vor ihnen schon<br />
Louis XV über Charles Le Bruns quadratmetergrossem<br />
Kupferstichalbum der<br />
«Grande Galerie de Versailles» für 220<br />
000 € - es gibt weltweit nur drei Exemplare<br />
davon.<br />
<strong>Und</strong> neben einer fast viertausendjährigen<br />
überlebensgrossen Quarzitbüste von<br />
Pharao Sesostris III. im Wert von 7,5 Mio. €<br />
steht der jugendlich elegante lebensgrosse<br />
Torso eines ostgriechischen Marmorpriesters<br />
aus dem 7. Jh. v. Chr., den ein Genfer<br />
Händler für 9 Mio. € anbietet. Wer sucht,<br />
der fi ndet natürlich auch bescheidenere<br />
Raritäten, etwa eine «Chaise surrealiste»<br />
vom Designpionier Fabio de Sanctis für<br />
nur 65 000 € oder den bemalten steinernen<br />
Kopf einer spanischen Heiligenfi gur des 17.<br />
Jh. für nur 5750 €.<br />
Aber natürlich geht niemand an die Biennale-Eröff<br />
nung, um ernsthaft Kunst<br />
zu betrachten, sondern um andere Prominenz<br />
zu sehen und natürlich um gesehen<br />
zu werden. <strong>Und</strong> deshalb wird man<br />
auch nirgends so deutlich an die enge Verwandtschaft<br />
von Kunst, Luxus und Mode<br />
erinnert, wie von der hier zur Schau getragenen<br />
Übermacht an Eleganz, Attrakti-<br />
vität, Reichtum, Luxus - und ja, auch ganz<br />
schlichter, echter und natürlich überwiegend<br />
weiblicher Schönheit...<br />
MAASTRICHT IST EIN MUST<br />
Wer nicht vorrangig schöne Menschen,<br />
sondern nur gute Kunst bewundern möchte,<br />
muss sich ein halbes Jahr gedulden bis<br />
im folgenden März die zwar nicht schönste,<br />
aber dafür beste Kunstmesse der Welt,<br />
die Europäische Kunst- und Antiquitätenmesse<br />
The European Fine Art Fair Tefaf in<br />
Maastricht ihre Tore öff net. Zwar ist auch<br />
deren Vernissage alles andere als glanzlos.<br />
Schliesslich treff en sich hier die reichsten<br />
Sammler, die wichtigsten Museumsdirektoren<br />
und die besten Kunsthändler mit geballter<br />
Prominenz aus den obersten Etagen<br />
der internationalen - auch schweizerischen<br />
- <strong>Finanz</strong> und <strong>Wirtschaft</strong>.<br />
Trotz unüberbrückbarem Unterschied<br />
zischen fl amboyanter französischer Metropole<br />
und biederer südholländischer Provinz<br />
gibt auch ein glamouröses Bindeglied<br />
zwischen den beiden Anlässen. Meisterhafte<br />
alte und vor allem neue Juwelierkunst<br />
von Cartier bis Chan erinnert an beiden<br />
Ortens an den wahren Zweck der meisten<br />
hier käufl ichen Kunsttrophäen, nämlich<br />
ihre Besitzer zu schmücken und auf sie abzustrahlen.<br />
Ansonsten zeigen die Angebote<br />
von Paris und Maastricht eher graduelle<br />
als grundsätzliche Unterschiede. Während<br />
in Maastricht mehr Altmeistermalerei und<br />
Kunstwerke der Antike gezeigt wird, stehen<br />
in Paris die modernen Designermöbel<br />
des 20. Jh. mehr im Vordergrund.<br />
SEHEN UND GESEHEN WERDEN<br />
Doch zwischen Paris und Maastricht<br />
gibt es im Dezember noch einen weiteren<br />
Pfl ichtanlass für das globale Kunstjetset:<br />
Die Art Basel Miami Beach, die an<br />
Glanz und Glamour ihre seriöse, aber eben<br />
doch langsam in die Jahre kommende Basler<br />
Mutter längst überholt hat. Kulturethnologen<br />
bietet ein Vergleich zwischen der<br />
42jährigen Art Basel und ihrer pubertären<br />
amerikanischen Tochter einzigartige Einblicke<br />
in die tief sitzenden Unterschiede<br />
zwischen Europa und Amerika, zwischen<br />
Alter Welt und Neuer Welt. So halten sich<br />
beispielsweise die wirklich wichtigen Käufer<br />
und Sammler im humanistisch purita-<br />
nischen Basel vornehm<br />
zurück und erheben<br />
Diskretion und Verschwiegenheit<br />
zu ihren<br />
wichtigsten Tugend.<br />
Amerikanische Megasammler<br />
dagegen ste-<br />
Eiserne Sômen-<br />
Kriegermaske,<br />
Myôchin-Schule,<br />
Japan,<br />
18. Jh.(Galerie<br />
Jean-Christophe<br />
Charbonnier, Paris)<br />
hen mit geradezu kindlichem ndlichem Stolz<br />
zu ihren Grosskunstkäufen käufen und zelebrieren<br />
sich selbst und nd ihren Kunstbesitz<br />
ganz unbefangen auf zahlreichen Parties,<br />
Sammlungsführungen ungen und ähnlichen<br />
Anlässen.<br />
Fleissige Messetouristen uristen können solche<br />
kunstanthropologische gischeUntersuchungen noch beliebig ausdehnen sdehnen und verfei- verfeinern.<br />
An der 100. New Yorker Armory<br />
Show im März nächsten ten Jahres lassen<br />
sich beispielsweise Unterschiede im<br />
Auftreten von Ostküstensammlern<br />
küstensammlern<br />
und Westcoast-Trophäenjägern häenjägern beobachten.<br />
Die Londoner er Masterpiece Masterpiece Fair Gorgone, Gorgone<br />
ohne h weiteres i öff ent-<br />
wiederum, die Nachfolgerin der legendären<br />
Grosvenor House Fair, veranschaulicht<br />
entsprechende Eigenheiten kontinentaler<br />
und insularer Kunstmarktprominenz.<br />
Noch spannender sind entsprechende<br />
Archaisch-GriechischesBronzeornament,<br />
6.<br />
Jh. v. Chr., Höhe:<br />
15,2 cm(Phoenix<br />
Ancient Art, Genf<br />
lich zugänglich. Persönliche<br />
Einladungspfl icht,<br />
hohe Eintrittspreise<br />
oder schlicht eine limitierte<br />
Zahl der Eintritts-<br />
Vergleiche an den aufk eimenden Kunst- und New York) karten sorgen für die ermarktanlässen<br />
an den Kunstmärkten der<br />
wünschte Exklusivität.<br />
Zukunft im nahen und fernen Osten. Mit Wer bei solchen Anlässen dabei sein will,<br />
ihrem Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung pfl egt daher auch unterm Jahr freund-<br />
an Asian Art Fairs, der Muttergesellschaft schaftliche Beziehungen zum einen oder<br />
der jungen ArtHK in Hongkong, hat die andern ihrer Aussteller und sichert sich<br />
Art Basel dieser Entwicklung bereits Rech- so einen Platz in deren VIP Kundenkartei.<br />
nung getragen. Kunstjetsetter, die etwas Seit einigen Jahren schliesslich er-<br />
auf sich halten, müssen sich daher wohl wächst diesen traditionellen Spitzen-<br />
schon bald auf längere - und häufi gere - kunstmessen eine wachsende Konkur-<br />
Kunstreisen gefasst machen.<br />
renz. Immer deutlicher entwickeln sich<br />
So unterschiedlich all diese Watering inzwischen nämlich auch die sensati-<br />
Holes der Schönen und Reichen von ihonsträchtigen New Yorker Abendaukren<br />
Schwerpunkten und ihrem Chationen impressionistischer, moderrakter<br />
her auch sind, eines haben die ner und zeitgenössischer Kunst von<br />
meisten von ihnen gemeinsam: Ihre gla- Christie’s, Sotheby’s und Phillips de Pury<br />
mourösen Eröff nungsveranstaltungen - & Company im Mai und November zu<br />
und allein hier spielt die Musik des Se- ultimativen High Society Anlässen des<br />
hens und Gesehenwerdens - sind nicht Kunst-Jetsets. |<br />
WO SICH DER<br />
KUNST-JETSET TRIFFT<br />
43. Art Basel, Messe Basel,<br />
14. bis 17. Juni 2012, www.artbasel.com<br />
Masterpiece 2012, London, 28. Juni bis<br />
4. Juli 2012, www.masterpiecefair.com<br />
26. Biennale des Antiquaires, Grand Palais,<br />
Paris, 14. bis 23. September 2012,<br />
www.sna-france.com<br />
11. Art Basel Miami Beach, Miami,<br />
6. bis 9. Dezember 2012, www.artbasel.com<br />
26. European Fine Art Fair Tefaf,<br />
MECC Maastricht, 25. bis 24. März 2013,<br />
www.tefaf.com<br />
The Armory Show 2013, New York,<br />
7. bis 10. Mai 2013, www.thearmoryshow.com<br />
Hong Kong International Art Fair ArtHK13,<br />
Hongkong, voraussichtlich Mai 2013,<br />
www.hongkongartfair.com<br />
<strong>Finanz</strong> und <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 43