Kapitel 1 - Humboldt-Universität zu Berlin
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Der Film und die Filmwirtschaft im<br />
Spannungsfeld<br />
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zwischen Markt und Staat -<br />
Eine ökonomische Analyse<br />
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Paul Melzow<br />
Mai 2008<br />
Diplomarbeit<br />
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Inhaltsverzeichnis<br />
0 Einführung 5<br />
1 Film in der Kulturökonomie 7<br />
2 Historische Entwicklung der Filmwirtschaft in Europa und den USA 10<br />
2.1 Die Geburtsstunde des Films……………………………………………….10<br />
2.2 Die Folgen des Ersten Weltkriegs…………………………………………..10<br />
2.3 Der amerikanische Markt…………………………………………………...12<br />
2.4 Protektion seitens der Europäer…………………………………………….14<br />
2.5 Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg…………………….............14<br />
2.6 Rückgang der Besucherzahlen und das Aufkommen des Fernsehens……...15<br />
2.6.1 Folgen für die amerikanische Filmwirtschaft………………............17<br />
2.6.2 Folgen für die europäische Filmwirtschaft………………………....17<br />
2.7 Die heutige Filmmarktsituation – Einige Fakten…………………………...19<br />
3 Ökonomie des Films und Besonderheiten der Filmwirtschaft 22<br />
3.1 Zusammenset<strong>zu</strong>ng und Merkmale der Filmindustrie…………………….....22<br />
3.2 Die besondere Rolle des Verleihers………………………………………...24<br />
3.3 Die Rolle der Herstellungskosten……………………………………..........26<br />
3.4 Externe Effekte und Nichtrivalität im Konsum…………………………….29<br />
3.5 Der Film als Massengut…………………………………………………….29<br />
3.6 Die Rolle des Preises im Konsumentenmarkt………………………………31<br />
3.7 Die Rolle der Information……………………………………………..........33<br />
3.8 Film als Erfahrungsgut und Unsicherheit…………………………………..33<br />
3.9 Substitutionsmöglichkeiten…………………………………………………35<br />
3.10 Die Rolle des Einkommens…………………………………………………36<br />
3.11 Filmkapital und <strong>zu</strong>nehmender Grenznutzen………………..........................37<br />
3.12 Überblick und Zusammenfassung der wichtigsten Merkmale……………...38<br />
2
4 Marktversagen in der Filmwirtschaft 40<br />
4.1 Einführung………………………………………………………………….40<br />
4.2 Der Film als öffentliches Gut…………………………………………….....41<br />
4.2.1 Freifahrerverhalten……………………………………………….....42<br />
4.2.2 Der Einfluss technologischer Entwicklungen auf die<br />
„Öffentlichkeit“ eines Films………………………………………..43<br />
4.3 Externe Effekte……………………………………………………………..44<br />
4.3.1 Non-user values des Films: Options-, Prestige- und<br />
Vermächtniswert……………………………………………………45<br />
4.3.2 Spillover-Effekte der Filmwirtschaft…………………………….....48<br />
4.4 Marktversagen durch wiederkehrende versunkene Kosten…………………51<br />
4.4.1 Alternative Formen der Preisset<strong>zu</strong>ng…………………………….....53<br />
4.4.2 Ramsey-Preise : Ein Beispiel…………………………………….....53<br />
4.4.3 Abschließende Diskussion……………………………………….....55<br />
4.5 Unvollständiger Wettbewerb……………………………………………….56<br />
4.5.1 Monopolistischer Wettbewerb in der Filmproduktion……………...56<br />
4.5.2 Markt<strong>zu</strong>trittsschranken und unvollständige Finanzierungsmärkte....58<br />
4.5.3 Die Marktstruktur im Filmverleih…………………………………..60<br />
4.5.4 Abschließende Diskussion……………………………………….....63<br />
4.6 Der Film als meritorisches Gut?....................................................................64<br />
4.6.1 Am Markt nicht aufzeigbare Präferenzen: community values……...65<br />
4.6.2 Mangelnde Information……………………………………………..66<br />
4.6.2.1 Beispiel aus der Praxis: Filmbildung in<br />
Großbritannien und Deutschland……………………........69<br />
5 Schluss 70<br />
Literaturverzeichnis 74<br />
Erklärung <strong>zu</strong>r Urheberschaft 83<br />
3
Abbildungen<br />
Abbildung 1: Film als „kulturelles Gut“ zwischen Kultur, Kunst und Unterhaltung………9<br />
Abbildung 2: Besucherzahlen in den USA, Deutschland, Frankreich und<br />
Großbritannien: 1945-2006……………………………………………..15-16<br />
Abbildung 3: Jährlicher Kinobesuch pro Einwohner 1995 – 2005 (2006)………………..21<br />
Abbildung 4: Auswertungszeitfenster……………………………………………………..23<br />
Abbildung 5: Ramsey-Preise................................................................................................54<br />
4
“Cinema is something very different from an industry. It is a means of expression for a collectivity. The image<br />
which a country, a society, offer of themselves. That is why a politico-economic offensive which seeks to stifle<br />
this means of expression in a given country can only be compared to the forcible means which conquerors<br />
sometimes use to deprive the vanquished of their language.” Les Temps Modernes (1953)<br />
Einleitung<br />
In der folgenden Arbeit geht es mir um eine Betrachtung und Analyse von Film und<br />
Filmwirtschaft unter ökonomischen Gesichtspunkten. Der Film ist nicht nur ein sehr<br />
populäres Medium, sondern auch ein hochkomplexes Produkt, welches viele Besonderheiten<br />
aufweist, die es <strong>zu</strong>m Gegenstand politischer und gesellschaftlicher Debatten macht. In diesen<br />
Debatten, die fast seit Anbeginn des Films geführt werden, geht es immer wieder um das<br />
Ausmaß staatlichen Einflusses und staatlicher Unterstüt<strong>zu</strong>ng der Filmwirtschaft. Wo der Staat<br />
aber in die Märkte eingreift, können Verzerrungen und Kosten auftreten, die nicht nur die<br />
Anbieter und Nachfrager betreffen, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes. Das gilt jedoch<br />
auf ähnliche Weise für das Gegenteil, nämlich dann, wenn der Staat nicht handelt, und<br />
dadurch Kosten und/oder Verzerrungen am bzw. durch den Markt selbst auftreten. Die<br />
vorliegende Arbeit soll folglich einen Beitrag aus der Sicht des Volkswirtschaftlers <strong>zu</strong> diesem<br />
Spannungsfeld zwischen Markt und Politik leisten.<br />
Diesbezüglich wird der Schwerpunkt im Folgenden vor allem auf die Filmmärkte der<br />
europäischen Staaten, hier insbesondere auf den deutschen Filmmarkt, und den USA gelegt<br />
werden, um einerseits den Umfang der Arbeit ab<strong>zu</strong>grenzen und andererseits, weil das<br />
Spannungsfeld zwischen Markt und Staat hier besonders deutlich erkenntlich ist. Während<br />
die US-amerikanische Filmindustrie <strong>zu</strong> weiten Teilen marktwirtschaftlich organisiert ist und<br />
hohe Exportraten aufweist, ist sie in den meisten Ländern Europas mischwirtschaftlich<br />
organisiert, mehr national ausgerichtet und weist niedrige Exportraten auf.<br />
In <strong>Kapitel</strong> 1 geht es darum fest<strong>zu</strong>stellen, um welchen Bereich der Ökonomie es sich hier<br />
handelt und welche Definitionen damit einhergehen. Gehört der Film beispielsweise in den<br />
Bereich der Künste oder der Unterhaltung? Hat eine solche Klassifizierung überhaupt<br />
Bedeutung für eine ökonomische Analyse? Und wichtiger: Hat sie eine Bedeutung im<br />
5
Spannungsfeld zwischen Politik und Marktwirtschaft? Und wenn, warum? Ich beginne also<br />
mit einer Einordnung des Gutes Film in den Bereich der Ökonomie.<br />
In <strong>Kapitel</strong> 2 wird ein kurzer historischer Abriss über die Entwicklung der Filmwirtschaft<br />
gegeben, mit Schwerpunkt auf die Märkte der USA und in Europa. Hier soll deutlich gemacht<br />
werden, wie sich die gegenwärtig relativ einflussreiche Stellung der US-amerikanischen<br />
Filmindustrie geschichtlich konstituiert hat. Des Weiteren möchte ich verständlich machen,<br />
dass der Einfluss des Staates keineswegs ein neuzeitliches Phänomen ist. Technologische<br />
Innovationen, industriespezifische Entwicklungen und externe Faktoren spielten und spielen<br />
eine wichtige Rolle in der Zusammenset<strong>zu</strong>ng und Aufstellung der heutigen Filmwirtschaften<br />
und damit auch im Spannungsverhältnis zwischen Markt und Staat.<br />
In <strong>Kapitel</strong> 3 werden anschließend einige der wichtigsten ökonomischen Besonderheiten des<br />
Films und der Filmwirtschaft behandelt. Da es sich beim Thema Film nicht um das<br />
prominenteste Fachgebiet in der Volkswirtschaftslehre handelt, verbindet dieses <strong>Kapitel</strong><br />
spezifische Elemente aus dem Bereich Film und Filmwirtschaft mit Elementen der Ökonomie.<br />
Hier soll vor allem deutlich gemacht werden, welche Faktoren das Angebot und die<br />
Nachfrage nach Filmen – unabhängig von einer kulturellen und kunsthistorischen<br />
Auseinanderset<strong>zu</strong>ng – aus ökonomischer Sicht maßgeblich beeinflussen. Des Weiteren<br />
bereitet es den Weg <strong>zu</strong>r Analyse des Marktversagens in der Filmwirtschaft in <strong>Kapitel</strong> 4 vor.<br />
<strong>Kapitel</strong> 4 befasst sich mit ausgewählten Argumenten aus dem Bereich der Theorie des<br />
Marktversagens, angewendet auf den Film und seine Industrie. Es wird <strong>zu</strong> fragen sein,<br />
inwiefern das jeweilige Argument auf den Film bzw. die Filmwirtschaft anwendbar ist.<br />
Begründet es den Tatbestand des Marktversagens? Was wäre die Schlussfolgerung für den<br />
Staat?<br />
<strong>Kapitel</strong> 5 fasst <strong>zu</strong>sammen und gibt einen Ausblick.<br />
6
<strong>Kapitel</strong> 1<br />
Film in der Kulturökonomie<br />
Die Kulturökonomie ist ein relativ junges Feld innerhalb der Ökonomie. Doch ähnlich<br />
anderen Teilbereichen der Ökonomie, wie <strong>zu</strong>m Beispiel der Gesundheitsökonomie oder der<br />
Umweltökonomie, kann der Bereich Kultur unter ökonomischen Gesichtspunkten und mit<br />
Hilfe ökonomischer Werkzeuge untersucht werden.<br />
“Cultural economics, therefore, is the application of economics to the production,<br />
distribution and consumption of all cultural goods and services.” 1<br />
Dabei ist <strong>zu</strong>nächst an<strong>zu</strong>merken, dass der Begriff der Kultur nur sehr schwer <strong>zu</strong> definieren<br />
bzw. ab<strong>zu</strong>grenzen ist. 2 Das lässt eine ökonomische Auseinanderset<strong>zu</strong>ng in diesem Feld<br />
<strong>zu</strong>nächst schwierig erscheinen, manche meinen sogar, eine solche wäre überhaupt nicht<br />
möglich oder nicht wünschenswert. 3<br />
Laut Throsby (2001) ist sowohl eine anthropologische 4 als auch eine funktionale Definition<br />
des Begriffes Kultur möglich. Letztere bezieht sich hauptsächlich auf die auch von Towse<br />
(2003) in obiger Definition genannten kulturellen Güter und Dienstleistungen. Kulturelle<br />
Güter und Dienstleistungen haben laut Throsby (2001) gemein, dass sie eine bestimmte Form<br />
von Kreativität in ihrer Produktion und eine bestimmte Form von geistigem Eigentum<br />
beinhalten sowie mit der Generation und der Kommunikation symbolischer Bedeutung<br />
befasst sind. 5 Eine spezifischere Definition legt die UNESCO <strong>zu</strong>grunde, die kulturelle Güter<br />
wie folgt definiert:<br />
„Cultural goods generally refer to those consumer goods [that] convey ideas, symbols<br />
and ways of life. They inform or entertain, contribute to build collective identity and<br />
1 Vgl. Towse (2003), S. 1.<br />
2 Vgl. Throsby (2001), S. 3.<br />
3 Vgl. Horkheimer, Adorno (1969): S. 128ff.<br />
4 Vgl. Throsby (2001), S. 3f.: So genannte Gruppen, wie <strong>zu</strong>m Beispiel die jüdische Kultur, eine bestimmte<br />
politische Kultur oder auch eine Filmkultur verbindet demnach eine Reihe von Einstellungen, ein bestimmter<br />
Glaube, Sitten, Bräuche, Werte und spezifische Praktiken. Sie unterscheiden sich unter anderem auf politischen,<br />
religiösen, geographischen oder auch ethnischen Dimensionen. Zentral ist dabei eine mögliche Abgren<strong>zu</strong>ng bzw.<br />
Unterscheidbarkeit der jeweiligen Gruppe durch die Konstruierung einer eigenen, unterschiedlichen Identität.<br />
5 Vgl. Throsby (2001), S.5.<br />
7
influence cultural practices. The result of individual or collective creativity – thus<br />
copyright-based -, cultural goods are reproduced and boosted by individual processes<br />
and worldwide distribution. Books, magazines, multimedia products, software,<br />
records, films, videos, audiovisual programmes, crafts and fashion design constitute<br />
plural and diversified cultural offerings for citizens at large.” 6<br />
Eine engere Einordnung erfolgt, wenn man den Film dem Bereich der Künste, einer<br />
prominenten Unterkategorie innerhalb der Kultur, <strong>zu</strong>schlägt. Die Einordnung des Films in die<br />
Künste ist jedoch nicht unumstritten. Unter die Künste versammeln sich traditionell Felder<br />
wie die Musik, die Literatur, der Tanz, das Theater, bildende und allgemein die darstellenden<br />
Künste. Da<strong>zu</strong> deutet Throsby (2001) in Hinblick auf Film an:<br />
„[…] the inclusion of the film industry in this category may, however, be<br />
problematical. Some would place film clearly in the core arts group, others would see<br />
it as falling more into the media and entertainment category […]” 7<br />
Der Ökonom Blaug (1976) weist diesbezüglich, wenn auch in einem anderen Kontext,<br />
ebenfalls auf eine gewisse Schwierigkeit mit einer <strong>zu</strong> weiten Definition von Kunst im<br />
Zusammenhang mit einem weiteren prominenten Feld innerhalb der Kultur, der Unterhaltung,<br />
hin:<br />
„[…] a distinction between the arts and entertainment may well be artificial and<br />
conventional but once we drop the distinction, there is little excuse for not also<br />
including sports, the mass entertainment of our day and age.” 8<br />
Nach Ansicht von Blaug (1976) ist eine wissenschaftlich-ökonomische Analyse der Künste<br />
bei einem derart weit gefächerten Gebrauch nur sehr schwierig vor<strong>zu</strong>nehmen. Im Hinblick auf<br />
Film hingegen führt er an:<br />
„No such excuse can justify [the] exclusion of films. I have simply failed to discover<br />
anything short that would exemplify economic analysis of the cinema.” 9<br />
Zunächst kann also festgehalten werden, dass das Gut Film sowohl eine kulturelle, eine<br />
künstlerische als auch eine unterhaltende Komponente hat.<br />
6 Vgl: Homepage der UNESCO: Culture, Trade and Globalization: What do we understand by cultural goods and<br />
services? Download am 15.12.07: http://www.unesco.org/culture/industries/trade/html_eng/question2.shtml.<br />
7 Vgl. Throsby (2001), S. 113.<br />
8 Vgl. Blaug (1976), S. 13.<br />
9 Vgl. Blaug (1976), S. 13.<br />
8
Abbildung 1 fasst die verschiedenen Facetten einer möglichen Einordnung von Film<br />
<strong>zu</strong>sammen, ist jedoch auf keinen Fall statisch angelegt. Vielmehr deutet sie an, wo das Gut<br />
Film in Abhängigkeit von unterschiedlichen Faktoren in den Bereich der Kultur ein<strong>zu</strong>ordnen<br />
sein könnte. Dies kann <strong>zu</strong>m Beispiel abhängig von den handelnden politischen Akteuren bzw.<br />
der politischen Agenda, kollektiven gesellschaftlichen Beschlüssen, technologischen<br />
Entwicklungen, Expertenmeinungen und kulturellen Traditionen sein. Darüber hinaus kann es<br />
abhängig sein von ökonomischen Rahmenbedingungen sowie sich von Film <strong>zu</strong> Film<br />
unterscheiden. Dem<strong>zu</strong>folge können sich die verschiedenen Teilmengen sowohl im Hinblick<br />
auf ihre jeweilige Größe verändern als auch im Hinblick auf ihre Position und auf die<br />
Schnittpunkte mit den anderen Feldern. Gemeinsam ist aber allen drei Bereichen – den<br />
Künsten, dem Entertainment als auch spezifisch dem Film -, dass sie unter den Bereich der<br />
Kultur subsumierbar sind und damit alle ein mögliches Untersuchungsfeld innerhalb der<br />
Kulturökonomie darstellen. Die Frage lautet, ob der Markt in jedem der Fälle in der Lage ist,<br />
Angebot und Nachfrage nach Filmen ausreichend <strong>zu</strong> koordinieren. Bevor ich mich dieser<br />
Frage explizit <strong>zu</strong>wende, sollen <strong>zu</strong>nächst die Historie dieses Gutes und der Filmwirtschaft<br />
studiert werden. Darüber hinaus setzt eine solche Fragestellung die Notwendigkeit einer<br />
gründlichen Erfassung des Gutes unter ökonomischen Gesichtspunkten voraus.<br />
Abbildung 1<br />
Film als „kulturelles Gut“ zwischen Kultur, Kunst und Unterhaltung<br />
9
<strong>Kapitel</strong> 2<br />
Historische Entwicklung der Filmwirtschaft in Europa und den USA<br />
2.1 Die Geburtsstunde des Films<br />
Die Geburt des Films kann auf das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts datiert werden, als in<br />
den USA und Frankreich mehr oder weniger zeitgleich die öffentliche Vorführung der ersten<br />
bewegten Bilder stattfand. Film wurde als Attraktion wahrgenommen, die als „Vergnügen des<br />
einfachen Volks“ <strong>zu</strong>nächst vorwiegend auf Jahrmärkten oder in Varietés stattfand. 10<br />
Bis <strong>zu</strong>m ersten Weltkrieg war Frankreich mit den Unternehmen Eclair, Gaumont, Méliès und<br />
vor allen Dingen Pathé Frères der unangefochtene Marktführer sowohl in Europa als auch in<br />
den USA. 11 Neben Frankreich waren Italien, England und Dänemark maßgeblich am<br />
internationalen Filmhandel beteiligt. Schon früh zeichnete sich eine rasche Expansion von<br />
Filmen über die nationalen Märkte hinaus ab. Zwei Entwicklungen sind hier im Besonderen<br />
fest<strong>zu</strong>halten. Erstens die starke und schnelle Exportorientierung vor allem Frankreichs.<br />
Zweitens eine frühe Orientierung hin <strong>zu</strong> vertikalen Industriestrukturen. Letzteres bedeutete,<br />
dass französische Filmhersteller nicht nur die Herstellung von Filmen kontrollierten, sondern<br />
<strong>zu</strong>sätzlich weltweite Netzwerke an eigenen Distributionsfirmen aufbauten. Sie beteiligten sich<br />
an Kinos und stellten das Rohmaterial für ihre Filme selbst her. 12 Diese Entwicklung endete<br />
mit dem Beginn und Verlauf des Ersten Weltkriegs.<br />
2.2 Die Folgen des Ersten Weltkriegs<br />
Frankreichs Filmindustrie war <strong>zu</strong> großen Teilen lahm gelegt und erholte sich erst wieder<br />
Anfang der 30er Jahre. Die Zurückdrängung Frankreichs und der vom Krieg wenig tangierte<br />
US-Markt begünstigten den Aufstieg der US-Filmindustrie. Während der Kriegsjahre und im<br />
Verlauf der 20er Jahre „entwickelte sich die US-Filmwirtschaft besonders rasant,<br />
10 Vgl. Geier (2006), S. 20.<br />
11 Vgl. Acheson und Maule (1994), S. 285.<br />
12 Vgl. Monaco (2001), S. 237.<br />
10
Konzentrationsprozesse in allen drei Sparten setzten ein. […] Aus der Gruppe der<br />
unabhängigen Produzenten erwuchsen die ersten Major Companies – oft mit entscheidender<br />
Unterstüt<strong>zu</strong>ng der großen amerikanischen Banken.“ 13 Hierbei war den Amerikanern<br />
insbesondere die Größe ihres Heimatmarktes von Vorteil, welcher der im Aufbau begriffenen<br />
Filmindustrie <strong>zu</strong> ihrem starken Wachstum verhalf. Die hohe Exportabhängigkeit insbesondere<br />
der kleineren skandinavischen Länder und der Krieg als schwerwiegendes Handelshemmnis<br />
führten schnell <strong>zu</strong> einer immer größer werdenden Kapitalknappheit der europäischen<br />
Produzenten hinsichtlich der mit steigenden Kosten verbundenen Herstellung von Filmen. Da<br />
aber die weltweite Kinonachfrage insbesondere in den 20er und 30er Jahren ungebrochen<br />
hoch war, bezogen die meisten europäischen Verleiher und Auswerter ihre Filme vorwiegend<br />
aus den USA, die ihrerseits ihre bereits am Heimatmarkt amortisierten Filme <strong>zu</strong> relativ<br />
günstigen Konditionen auf dem europäischen Markt anbieten konnten. Mitte der 20er Jahre<br />
waren die USA bereits auf allen wichtigen europäischen Märkten unangefochtener<br />
Marktführer. 14 Nur Deutschland war eine Ausnahme, der deutsche Film erlebte in den 20er<br />
Jahren seine Blütezeit und war neben den USA der bedeutendste Filmhersteller und<br />
Filmlieferant. Mit dem Wegfall des vor dem Ersten Weltkrieg den deutschen Markt fast<br />
komplett dominierenden Filmangebots aus den USA, Frankreich, Dänemark und Italien<br />
erblühte während des Krieges eine auf sich selbst gestellte deutsche Produktionslandschaft.<br />
Diese Tatsache wurde einerseits unterstützt durch ein Importverbot zwischen 1916 und 1920<br />
für fast alle ausländischen Filme und andererseits durch die Gründung der Ufa im Jahr 1917,<br />
die bis <strong>zu</strong>m Ende des Zweiten Weltkriegs Europas größtes Filmunternehmen bleiben sollte. 15<br />
Des Weiteren kehrten die Amerikaner erst Mitte der 20er Jahre auf den deutschen Markt<br />
<strong>zu</strong>rück, was ebenfalls stimulierend auf die nationale Produktion wirkte. Der Grund für das<br />
späte Eintreten der Amerikaner in den deutschen Markt nach dem Ersten Weltkrieg war die<br />
wirtschaftlich äußerst unvorteilhafte Wechselkurssituation in Deutschland. Die deutsche<br />
Währung hatte bis <strong>zu</strong>r ihrer Stabilisierung im Jahr 1924 kaum Wert, was den Import<br />
ausländischer Filme beschränkte und den Export heimischer Produktionen begünstigte. Das<br />
war allerdings keineswegs ein Grund für die Amerikaner, den deutschen Markt sich selbst <strong>zu</strong><br />
überlassen. Vielmehr investierten sie nun direkt in die deutsche Filmindustrie, indem sie<br />
13 Vgl. Thiermeyer (1994), S. 213.<br />
14 Das Spielfilmangebot amerikanischer Filme lag in Frankreich bei 82 % (1925), in England bei 83,6 % (1926),<br />
in Deutschland bei 41,7 % (1925) und in Italien bei 80 % (1927). Vgl. Thiermeyer (1994), S. 318, 324, 305 und<br />
328.<br />
15 Ein Drittel des Startkapitals wurde dabei vom deutschen Staat bereitgestellt. Vgl. Monaco (2001), S. 242.<br />
11
deutsche Produktionen finanziell stützten, Kooperationen mit deutschen Filmherstellern<br />
eingingen und eigene deutsche Produktionsarme gründeten. 16<br />
2.3 Der amerikanische Markt<br />
In den USA hatten sich in den 20er Jahren die heute so genannten Majors etabliert: Universal<br />
Pictures, Twentieth Century Fox, Paramount, Warner, United Artists, Columbia Pictures und<br />
Metro-Goldwyn-Mayer (MGM). Sie entwickelten sich, ähnlich wie die französischen<br />
Großunternehmen vor dem Ersten Weltkrieg, schnell <strong>zu</strong> hochgradig vertikal organisierten<br />
Unternehmen, die sowohl in der Herstellung von Filmen als auch in der Distribution und<br />
Auswertung tätig waren. Des Weiteren engagierten sie sich nicht nur verstärkt im Export ihrer<br />
Filme, sondern sie tätigten auch Direktinvestitionen in alle drei Sparten, insbesondere jedoch<br />
in den Verleih- und Auswertungssektor der europäischen Filmwirtschaft, wodurch sie weiter<br />
an Einfluss gewannen. 17<br />
Diese Situation erinnert stark an die Struktur, die sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg durch<br />
französische, italienische und dänische Unternehmen herausgebildet hatte: Wenige, dafür aber<br />
große und in allen Sparten der Filmwirtschaft tätige Unternehmen, sichern ihren Absatz nicht<br />
nur im Heimatmarkt sondern auch über die Grenzen hinaus durch eigene Zweigstellen. Der<br />
Unterschied <strong>zu</strong> dem europäischen Pendant jedoch lag – wie bereits erwähnt – in dem großen<br />
Heimatmarkt der USA, der es diesen Firmen ermöglichte und erleichterte, auch unter<br />
ungünstigen Welthandelsbedingungen Filme bereit<strong>zu</strong>stellen und <strong>zu</strong> amortisieren. Es gab<br />
<strong>zu</strong>dem weitere Faktoren, welche das Wachstum der amerikanischen Filmindustrie<br />
stimulierten.<br />
Erstens kam es in den 20er und 30er Jahren <strong>zu</strong> einem so genannten brain drain: Viele der<br />
erfolgreichsten europäischen Filmemacher, Produzenten und Schauspieler migrierten in die<br />
USA, unter ihnen Ernst Lubitsch, F.W. Murnau, Fritz Lang, Robert Florey, Edgar Ulmer,<br />
Victor Sjöström und Greta Garbo. Dieser Aspekt ist nicht <strong>zu</strong> unterschätzen: Auch die<br />
amerikanische Majors wurden mehrheitlich von europäischen Einwanderern begründet. Durch<br />
diese kulturell vielschichtige Produzentenlandschaft und die multikulturelle<br />
16 So gründete das US-amerikanische Major Fox 1926 einen deutschen Ableger (Fox-Europa-Produktion) und<br />
produzierte unter anderem den Film <strong>Berlin</strong>. Sinfonie einer Großstadt mit. Außerdem schlossen die Majors MGM<br />
und Paramount 1925 ein Produktions- und Distributionsabkommen mit der Ufa, welche, 8 Jahre nach ihrer<br />
Gründung, bereits in einer ernsthaften finanziellen Krise steckte.<br />
17 Vgl. Monaco (2001), S. 239.<br />
12
Konsumentenlandschaft in den USA war der Charakter vieler amerikanischer Filme schon<br />
sehr früh einfach und kulturell universell angelegt. So konnte der größtmögliche Profit,<br />
<strong>zu</strong>nächst am Heimatmarkt und später im Ausland, abgeschöpft werden. 18 Die Migration der<br />
Künstler und die Nut<strong>zu</strong>ng ihres kreativen Inputs in der amerikanischen Filmindustrie wurde<br />
durch zwei Entwicklungen begünstigt. Zum einen begannen die amerikanischen Filmstudios<br />
nach der Einführung des Tonfilms so genannte „Versionen“ <strong>zu</strong> produzieren, d.h. der gleiche<br />
Film wurde in verschiedenen Sprachen gedreht. Dies ließ die Nachfrage nach ausländischen<br />
Schauspielern und Filmemachern am amerikanischen Produzentenmarkt steigen. Zum<br />
anderen begünstigte die feindliche politische Lage, insbesondere in Deutschland, die<br />
Abwanderung der Talente, insbesondere dann, wenn sie jüdischen Glaubens waren. Des<br />
Weiteren darf angenommen werden, dass die amerikanischen Filmstudios mit besseren<br />
finanziellen Konditionen locken konnten als die <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt zersplitterte und<br />
kapitalschwache europäische Filmindustrie.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt für die einflussreiche Entwicklung der US-Filmindustrie ist die<br />
Entwicklung des Studiosystems, die Konzentration um Hollywood und mit ihr das<br />
Aufkommen des Star-Phänomens. Die amerikanischen Filmstudios, die in einem<br />
Oligopolmarkt konkurrierten, entwickelten sich <strong>zu</strong> brand names, die für eine gewisse und<br />
jeweils ganz eigene Art von Film standen. Sie schlossen Verträge mit Regisseuren und<br />
Schauspielern und banden diese langfristig an das jeweilige Studio. Gleichzeitig entstand das<br />
Phänomen der so genannten „Stars“, Schauspieler, die durch eine große Bekanntheit und<br />
Öffentlichkeit gekennzeichnet sind, <strong>zu</strong>meist ähnliche Rollen spielten und für ein bestimmtes<br />
Genre standen. Zudem siedelte sich fast die gesamte Branche schon sehr früh in Los Angeles<br />
an, so dass, ähnlich wie bei Autostädten wie Detroit, sehr geringe Transaktionskosten z.B. bei<br />
der Suche nach Arbeit und Talenten anfielen.<br />
Die steigenden Investitionskosten z.B. durch den Übergang von Kurz- <strong>zu</strong> Langfilmen, die<br />
Einführung des Tons und steigende Löhne insbesondere für die Stars der Studios sowie ein<br />
hoher Konkurrenzdruck zwischen den Studios genauso wie eine rapide steigende Nachfrage<br />
nach Filmen ließen den amerikanischen Film immer abhängiger vom privaten Kapital werden.<br />
Kredite und Bürgschaften wurden hauptsächlich durch große Investmentbanken wie Morgan<br />
18 Vgl. Acheson und Maule (1994), S. 289.<br />
13
und Rockefeller bereitgestellt, die allerdings hauptsächlich an den Verleiharmen der Studios<br />
interessiert waren. 19<br />
2.4 Protektion seitens der Europäer<br />
Angesichts der in den 20er Jahren massiv <strong>zu</strong>nehmenden Anzahl amerikanischer Filme wurden<br />
in vielen Ländern Europas die ersten protektionistischen Instrumente etabliert. In<br />
Großbritannien wurde 1927 der Cinematograph Act erlassen, der den Verleihern und<br />
Ausstellern Quoten <strong>zu</strong>gunsten britischer Filme auferlegte und die Gewinnrückführungen<br />
(remittances) amerikanischer Tochterfirmen in die USA einschränkte. Ein Teil dieser<br />
Gewinne sollte so in die britische Filmindustrie investiert werden. Dieser Erlass war partiell<br />
das Ergebnis einer heftigen Debatte zwischen britischen Politikern, Filmproduzenten und<br />
anderen gesellschaftlichen Gruppen, die eine Amerikanisierung der britischen Kultur<br />
befürchteten. 20 Andererseits war der Erlass angesichts der akuten Kapitalknappheit des<br />
britischen Filmproduktionssektors auch wirtschaftspolitisch motiviert. 21 Auch in Frankreich<br />
wurden 1933 Importbeschränkungen gegenüber ausländischen und insbesondere<br />
amerikanischen Filmen verhängt. 22 In Deutschland wurden 1926 die Deutsche Filmkontigent<br />
Verordnung und 1934 das so genannte Lichtspielgesetz erlassen, was sich ebenfalls stark<br />
diskriminierend auf den Handel mit amerikanischen Filmen auswirkte.<br />
2.5 Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
Der Zweite Weltkrieg hatte dieselben verheerenden Folgen für den internationalen<br />
Filmhandel und für die europäischen Filmwirtschaften wie bereits der Erste Weltkrieg.<br />
19 Vgl. Monaco (2001), S. 243.<br />
20 Vgl. Sarah Street (1997), S. 8: “[…] as increasing cultural and ideological alarm was expressed about<br />
American films.” Der Standpunkt, Film sei Kunst bzw. ein wichtiger Teil der Kultur, hatte seinen Ursprung<br />
1908, als in Frankreich die so genannte film-d’-art Bewegung aufkam. Dänemark folgte 1913, als es den<br />
Autorenfilm, also die Verfilmung anerkannter Literaturwerke, entwickelte. Diese Wertschät<strong>zu</strong>ng unterschied<br />
sich radikal von der Auffassung, die man in den USA gegenüber dem Film von Anfang an vertrat: Film wurde<br />
als Ware und nicht als Kunstwerk verstanden. Insbesondere die starke Stellung der Studios und Produzenten<br />
begünstigte diese Entwicklung in den USA weiter. Vgl. Monaco (2000), S. 242 u. 288f.<br />
21 Im Gegensatz <strong>zu</strong> ihren amerikanischen Kollegen waren britische Banken lange nicht gewillt, in die<br />
Filmproduktion <strong>zu</strong> investieren, da sie nicht nur als extrem risikoreich galt, sondern auch weil der<br />
Filmproduktionssektor (im Gegensatz <strong>zu</strong>m Kinomarkt) in England lange Zeit wirtschaftlich nicht richtig ernst<br />
genommen wurde. Dies führte unter anderem <strong>zu</strong> einer immer größeren Kapitalabhängigkeit von den<br />
Amerikanern. Vgl. Acheson und Maule (1994), S. 290.<br />
22 Nur 94 ausländische (und in Frankreich synchronisierte) Filme durften innerhalb von 6 Monaten auf dem<br />
französischen Markt vertrieben werden. 1936 wurde schließlich explizit der Import amerikanischer Filme auf<br />
150 Filme pro Jahr beschränkt. Vgl. Jarvie (1998), S. 35.<br />
14
Während die US-Filmindustrie zwar durch den Rückgang an Exportmöglichkeiten<br />
insbesondere nach Europa geschwächt wurde, konnte sie sich durch ihren vom Krieg wenig<br />
tangierten Heimatmarkt weiter konzentrieren, ausbauen und professionalisieren.<br />
Die Periode nach dem Zweiten Weltkrieg weist drei große Entwicklungen auf, welche die<br />
internationale Filmlandschaft entscheidend prägten. Erstens den weltweit massiven Rückgang<br />
an Kinobesuchen in den 50er Jahren und die Einführung und Diffusion des Fernsehens.<br />
Zweitens die Implementierung umfangreicher staatlicher Unterstüt<strong>zu</strong>ngsmaßnahmen der<br />
heimischen Filmmärkte in nahe<strong>zu</strong> allen europäischen Ländern. Und drittens die sich seit den<br />
1970er Jahren festsetzende und andauernde Marktdominanz amerikanischer Filme.<br />
2.6 Rückgang der Besucherzahlen und das Aufkommen des Fernsehens<br />
Grafik 1 verdeutlicht den rapiden und massiven Rückgang an Kinobesuchen in den USA und<br />
den drei großen europäischen Filmländern England, (West-)Deutschland und Frankreich.<br />
Während die USA und England bereits kurz nach dem Krieg eine kontinuierlich sinkende<br />
Kurve aufweisen, setzte diese Entwicklung in Deutschland und in Frankreich erst gegen Mitte<br />
der 50er Jahre ein und hielt bis in die 1980er Jahre an, als vor allem mit dem Aufkommen der<br />
großen Multiplexkinos der negative Trend gestoppt werden konnte.<br />
ammissions in million<br />
1800<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
1945<br />
1949<br />
Besucherzahlen: 1945 - 2006<br />
1953<br />
1957<br />
1961<br />
1965<br />
1969<br />
1973<br />
1977<br />
year<br />
1981<br />
1985<br />
1989<br />
1993<br />
1997<br />
2001<br />
2005<br />
Deutschland<br />
Frankreich<br />
Großbritannien<br />
15
Total no. of vistors (in<br />
mio)<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
1945<br />
1949<br />
Besucherzahlen USA: 1945-2006<br />
1953<br />
1957<br />
1961<br />
1965<br />
1969<br />
1973<br />
1977<br />
Years<br />
Abbildung 2 23<br />
1981<br />
1985<br />
1989<br />
1993<br />
1997<br />
2001<br />
2005<br />
Besucherzahlen in den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien: 1945-2006. 24<br />
Der wichtigste Grund für diesen massiven Zuschauerschwund war die fast zeitgleiche<br />
Einführung des Fernsehens, das ein starkes Substitut für das Kino darstellte. Als weitere<br />
Ursachen werden eine Veränderung im Konsumverhalten weg von zeitintensiven Gütern wie<br />
dem Kinobesuch vermutet, die Erhöhung des alternativen Freizeitangebots, Preissteigerungen<br />
oder auch der Rückgang des Kinotheaterangebots durch die Konzentration der Kinos auf<br />
Ballungsräume. Die aufgeführten Gründe sind mitunter interdependent oder bauen<br />
aufeinander auf. 25 Das Resultat dieser Entwicklung war ein steigender Amortisationsdruck<br />
für die Filmindustrie und eine weiter <strong>zu</strong>nehmende Orientierung und Ausbeutung<br />
internationaler Absatzmöglichkeiten, insbesondere seitens der amerikanischen Filmstudios. In<br />
Europa dagegen kam es in <strong>zu</strong>nehmendem Maße <strong>zu</strong> staatlichen Beihilfen in Form von<br />
Krediten, Bürgschaften, Direktinvestitionen und Preisvergaben, um die Filmindustrie vor der<br />
Bedeutungslosigkeit <strong>zu</strong> bewahren.<br />
23 Diese Grafik berücksichtigt nicht die Bevölkerungsentwicklung. Da die Bevölkerung aber besonders nach dem<br />
2. Weltkrieg eher gestiegen als gefallen ist, kann die Kurve <strong>zu</strong>mindest für die europäischen Länder als noch<br />
gravierender angenommen werden. Während 1956 in Deutschland beispielsweise durchschnittlich 15 Mal im<br />
Jahr ins Kino gegangen wurde, so waren es 2005 lediglich 1,54 Kinobesuche pro Kopf. Vgl. Grafiken in<br />
Dewenter und Westermann (2005), S. 214 und MacMillan und Smith (2001), S. 105. Die Zahlen für Deutschland<br />
beschränken sich bis 1991 nur auf Westdeutschland. Generell soll hier lediglich deutlich werden, dass der<br />
Kinobesuch sowohl in Europa als auch in den USA bis in die 1980er Jahre beachtliche Rückgänge <strong>zu</strong><br />
verzeichnen hatte. Zu den Besucherzahlen pro Kopf von heute, siehe Abbildung 3, <strong>Kapitel</strong> 2.7, S.21.<br />
24 Vgl. MEDIA Salles (2006): „European Cinema Yearbook“, S. 116, 117 und 252; Thiermeyer (1994), S. 302,<br />
318, 325 und 341; EAI (2007): „FOCUS 2007 World Film Market Trends“, S. 20, 22, 28 und 36.<br />
25 Vgl. z.B. MacMillan und Smith (2001), S. 92f., Cameron (1990), Dewenter und Westermann (2005).<br />
USA<br />
16
2.6.1 Folgen für die amerikanische Filmwirtschaft<br />
Die Entwicklung des Fernsehens <strong>zu</strong>sammen mit den Antitrust-Urteilen 26 im Jahr 1946<br />
veranlasste die amerikanischen Majors <strong>zu</strong> einer <strong>zu</strong>nehmenden Differenzierung und<br />
Ausweitung ihrer Produktionspolitik. Die Folge waren Orientierung auf ein jüngeres<br />
Publikum – im Gegensatz <strong>zu</strong> Familie und älteren Menschen als Zielgruppe des Fernsehens –,<br />
Integration und Verbreitung neuer Technologien und Auswertungsformen, weniger, dafür<br />
immer aufwändiger inszenierte Filme (sogenannte Blockbuster 27 ), runaway Produktionen 28 ,<br />
umfangreiches Marketing, Konzentration auf Verleih und Finanzierung, flexible<br />
Produktionsstrukturen (Abkehr vom Studiosystem der festen Verträge) und weitere<br />
kostenminimierende bzw. attraktivitätssteigernde Maßnahmen. 29 Gleichzeitig bildete sich eine<br />
mächtige Filmlobby, die MPAA, die starken Einfluss insbesondere auf die amerikanische<br />
Außenhandelspolitik ausübte. 30 Mit diesen Strategien konnten die amerikanischen Filmstudios<br />
seit Beginn der 70er Jahre ihren Marktanteil in allen europäischen Ländern kontinuierlich<br />
steigern und ihre Dominanz an fast allen europäischen Märkten bis heute behaupten.<br />
2.6.2 Folgen für die europäische Filmwirtschaft<br />
Die europäischen Staaten waren zwar auch mit dem Phänomen des Besucherrückgangs<br />
konfrontiert, die Reaktionen auf die wachsende Herausforderung waren jedoch ganz andere.<br />
Der Zweite Weltkrieg hatte die europäischen Filmindustrien <strong>zu</strong>nächst wirtschaftlich weiter<br />
geschwächt. Anhaltender Kapitalmangel und das Fehlen industrieähnlicher Strukturen und<br />
international wettbewerbsfähiger Produktions- und Verleihfirmen prägten das Bild. Der<br />
Import der durchaus beliebten amerikanischen Filme verschärfte die Situation weiter.<br />
Nachdem 1948 der Film vor allen Dingen auf Drängen Frankreichs (und gegen den Willen<br />
26 Eine gerichtlich verordnete Dekonzentration von Produktion/Distribution und Auswertung, welche die<br />
monopolartige Stellung der Majors entscheidend schwächte. Vgl. Sedgwick und Pokorny (2005), S. 19.<br />
27 Diese Entwicklung zeigte sich besonders ab den 70er Jahren: Weniger, dafür immer aufwändigere Filme in<br />
Begleitung massiven Marketings waren und sind für den Großteil des amerikanischen und europäischen<br />
Kinoumsatzes bis heute verantwortlich. Vgl. Scott (2001), S. 24 und 25.<br />
28 Dreharbeiten werden aus Kostengründen außerhalb der USA durchgeführt z.B. auf Grund billigerer<br />
Arbeitskräfte, günstiger Wechselkurse oder auch dem Ausnutzen von Steueranreizen und anderen<br />
wirtschaftlichen Beihilfen.<br />
29 Eine Vertiefung dieses Übergangs des klassischen Hollywood-Studios in mehr diversifizierte Strukturen und<br />
die Transformation in große Multimediakonglomerate findet sich z.B. in: Scott (2001), S. 11ff.<br />
30 Motion Pictures Association of America. In dieser Gruppe waren und sind die Interessen der großen Studios<br />
gebündelt und vertreten.<br />
17
der Amerikaner) als eine Ausnahme im Regelwerk des GATT 31 gehandhabt wurde, kam es in<br />
vielen europäischen Staaten <strong>zu</strong>r Implementierung von Quotenregelungen und staatlichen<br />
Förderprogrammen <strong>zu</strong>r Stärkung der heimischen Filmindustrien. 32 Verstärktes Engagement<br />
in Koproduktionen 33 , staatliche Förderung und die seit den 70er Jahren <strong>zu</strong>nehmend enge<br />
Kooperation mit den staatlichen Sendeanstalten bestimmen das Bild der europäischen<br />
Filmlandschaft bis heute.<br />
Während eine ausführliche Behandlung der historischen Entwicklung den Rahmen dieser<br />
Arbeit sprengen würde, kann an dieser Stelle <strong>zu</strong>sammenfassend festgehalten werden, dass<br />
sich die amerikanische Dominanz im amerikanischen und in den europäischen Filmmärkten<br />
bereits seit dem Ersten Weltkrieg herausgebildet hat. 34 Jarvie (1998) führt an, dass der<br />
amerikanische Markt während dieser Zeit aus der Not heraus wirtschaftlich eigenständig und<br />
selbstgenügsam wurde. Er entwickelte das Starsystem, welches die Attraktivität des<br />
amerikanischen Films weiter anhob und den Wiedererkennungs- und Markenwert für die<br />
Konsumenten ausbaute. Und er sicherte sich durch sein globales Distributionsnetz mit enger<br />
Verflechtung <strong>zu</strong>m Ausstellungssektor den weltweiten Absatz seiner eigenen Filme. 35<br />
Außerdem begann der amerikanische Markt <strong>zu</strong>nehmend, seine Produkte <strong>zu</strong> differenzieren, um<br />
diese sowohl dem Fernsehen als auch der ausländischen Konkurrenz gegenüber klar <strong>zu</strong><br />
profilieren. Die amerikanische Dominanz wurde darüber hinaus vor allem durch den für die<br />
europäischen Filmwirtschaften ungünstigen Zweiten Weltkrieg begünstigt. Prozesse wie das<br />
Aufkommen des Tonfilms, die Diffusion des TV, das Kartellurteil und<br />
Protektionsmaßnahmen von Seiten der europäischen Staaten konnten die Überlegenheit des<br />
amerikanischen Films zwar bremsen, diese aber bis heute nicht umkehren.<br />
31 General Agreement on Tariffs and Trade: Das Ziel dieser Runde war der Abbau aller den Freihandel<br />
behindernden und diskriminierenden Instrumente, unter anderem auch für audiovisuelle Produkte. Für einen<br />
Überblick: vgl. z.B. Acheson und Maule (2006), S. 1168f und Jeancolas (1998).<br />
32 Sowohl in Großbritannien als auch in Frankreich wurden bereits seit 1948 Förderinstitutionen, screen quotas<br />
und Filmförderungsfonds eingerichtet, die sich hauptsächlich aus den Kinoeinnahmen, später <strong>zu</strong>sätzlich<br />
Fernsehabgaben und seit den 90er Jahren in England auch durch Lotterieeinnahmen finanzieren. Regionale<br />
Förderungen beziehen ihre Gelder jedoch auch aus Steuermitteln. In Deutschland trat die Filmförderung erst<br />
1967mit dem Filmförderungsgesetz in Kraft. Die bundesweite Förderung finanziert sich einerseits aus Abgaben<br />
aus den Kinoeinnahmen und aus freiwilligen (d.h. nicht gesetzlich festgelegten) Abgaben der öffentlichen und<br />
privaten Sendeanstalten sowie allgemein aus Steuereinnahmen.<br />
33 Seit den 50er Jahren besonders ausgeprägt zwischen Frankreich und Italien, beides Staaten, die sehr früh über<br />
ein ausgedehntes staatliches Förderungsprogramm verfügten. Heute wird die Koproduktion auf europäischer<br />
Ebene durch die EU gefördert durch z.B. die MEDIA Programme.<br />
34 Vgl. Acheson und Maule (1994), S. 289: “By 1918, however, the American producers had acquired the largest<br />
share of both their domestic market and the ma jor foreign markets for film exhibition.” Siehe auch: Jarvie<br />
(1998), S. 35: “[…] the nearest thing to a definitive account of the emergence of the United States film industry<br />
as a leading exporter. Primarily, this was an effect of the First World War […].”<br />
35 Vgl. Jarvie (1998), S. 35f.<br />
18
2.7 Die heutige Filmmarktsituation in Europa und den USA –<br />
Einige Fakten<br />
Der (Besucher-)Marktanteil US-amerikanischer Produktionen in Europa lag im Jahr 2005 bei<br />
durchschnittlich 59,9 % (in Deutschland bei 77,2 % und in Frankreich bei 48,5 %) gegenüber<br />
einem Marktanteil europäischer Produktionen von 24,6 %. 36 Allerdings sind bei diesen Zahlen<br />
zwei Dinge <strong>zu</strong> beachten: Erstens erreichen der Großteil europäisch-nationaler Produktionen<br />
ihre Marktanteile auf den jeweils eigenen nationalen Märkten, während sie in anderen<br />
europäischen Märkten nur einen Bruchteil dieses Marktanteils erreichen. 37 Diese Tatsache<br />
lässt auf stark fragmentierte, nach innen gerichtete Märkte innerhalb Europas, <strong>zu</strong>mindest für<br />
die Europäer selbst, schließen. Zweitens erlangen Filme, die in Europa mit Geldern der US-<br />
Studios produziert und von den internationalen Distributionsarmen dieser Studios 38 verliehen<br />
wurden, einen Marktanteil von 13,3 % und sind dem oben aufgeführten Marktanteil nicht<br />
<strong>zu</strong>gerechnet. Würde man sie diesem Marktanteil <strong>zu</strong>rechnen, ergäbe sich ein Markanteil an<br />
Besuchern US-amerikanischer Produktionen in Europa von 73,2 %. 39<br />
In den USA selbst erreichten die Studios und ihre Töchterfirmen 40 im Jahr 2005 einen<br />
Marktanteil (basierend auf dem Kinoumsatz) von 88 %. 41 Zahlen <strong>zu</strong>m Besuchermarktanteil<br />
dieser Filme liegen leider nicht vor.<br />
Wenn im Laufe dieser Arbeit von einer Dominanz der US-amerikanischen Filmindustrie<br />
gesprochen wird, bezieht sich dies auf die hier dargestellten Marktanteilsziffern (Besucher<br />
bzw. Umsätze). Dabei ist <strong>zu</strong> beachten, dass dieser Marktanteil fast ausschließlich von den<br />
sechs so genannten Major Studios Paramount, Sony Pictures, 20th Century Fox, Universal,<br />
Walt Disney und Warner Brothers und ihren Verleih- und Produktionsarmen generiert wird.<br />
Man könnte also auch neutraler von einem relativ hohen Marktanteil einiger weniger in den<br />
USA ansässiger Unternehmen am europäischen und amerikanischen Markt sprechen.<br />
36<br />
Vgl. (EAI) (2006): „FOCUS 2006 World Film Market Trends“, S. 10.<br />
37<br />
Vgl. Geier (2006), S. 23: Sie beziffert den innereuropäischen Filmaustausch auf einen Marktanteil von<br />
durchschnittlich 6,3 %. In Deutschland lag der Marktanteil nicht-deutscher europäischer Produktionen im Jahr<br />
2005 bei 6,7 % (2004: 7,1 %) und in Frankreich für nicht-französische europäische Produktionen bei 13,5 %<br />
(2004: 4,5 %). Vgl. MEDIA Salles (2006): „European Cinema Yearbook“, S. 153.<br />
38<br />
Zum Beispiel Buena Vista International (Disney) und United International Pictures (Paramount und<br />
Universal).<br />
39<br />
Marktanteilsziffern werden <strong>zu</strong>nehmend schwerer <strong>zu</strong>rechenbar. So gelten Filme wie Harry Potter and the<br />
Goblet of Fire (Warner, 2005) und Batman Begins (Warner, 2005) in einigen Statistiken als europäische (bzw. in<br />
diesem Fall britische) Produktionen. Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (EAI) führt diese Ziffer<br />
seit 2005 unter „EUR inc – US“ separat auf.<br />
40<br />
Da<strong>zu</strong> zählen <strong>zu</strong>m Beispiel New Line Cinema (Warner, ab 2008: Warner Independent), Fox Searchlight (Fox),<br />
Paramount Vantage (Paramount) und Miramax (Disney).<br />
41<br />
Vgl. (EAI) (2006): „FOCUS 2006 World Film Market Trends“, S. 38.<br />
19
Im Laufe des Jahres 2005 produzierten die Europäer 798 Filme gegenüber einem<br />
Produktionsvolumen seitens der Amerikaner von 699 Filmen. 42 Dabei ist <strong>zu</strong> beachten, dass<br />
die US-Majors lediglich 190 dieser Titel verliehen, während der Rest von den übrigen<br />
Independents 43 vertrieben wurde. 44 Die relativ geringe Verleihziffer der großen<br />
amerikanischen Studios ist im Hinblick auf die oben genannte Marktanteilsziffer von 73,2 %<br />
in Europa und 88 % in den USA <strong>zu</strong>nächst beachtlich, spiegelt jedoch eines der<br />
Hauptmerkmale der gegenwärtigen Filmwirtschaft wieder: Nur ein Bruchteil der Filme, und<br />
zwar hauptsächlich von den US-Majors verliehene und/oder produzierte Filme, machen den<br />
Großteil der Besucher und des Umsatzes aus. So wurde 2006 in Deutschland jede dritte<br />
Kinokarte für einen der Top 10-Filme gelöst. Sieben dieser Top 10-Filme waren dabei<br />
Produktionen US-amerikanischer Majors. 45<br />
Zur gleichen Zeit lag das durchschnittliche Budget eines amerikanischen Studiofilms<br />
exklusive Herausbringungskosten bei 60 Millionen Dollar gegenüber durchschnittlichen<br />
Budgets von 6,2 Millionen Dollar in Frankreich und 2,9 Millionen Dollar in Italien. 46 Zu<br />
diesen 60 Mio. Dollar kommen durchschnittlich noch einmal 36,2 Mio. Dollar<br />
Marketingkosten hin<strong>zu</strong>, so dass sich das durchschnittliche Gesamtbudget eines Major Films<br />
auf knapp 100 Mio. Dollar beziffern lässt. 47<br />
Die Abbildung 3 verdeutlicht das Kinokonsumverhalten der vier großen europäischen Länder<br />
Frankreich, England, Italien und Deutschland sowie den USA von heute. Hieran lässt sich<br />
erkennen, dass der Konsum von Filmen im Kino in den USA eine deutlich größere Rolle<br />
spielt, wobei Deutschland das kinobesuchsärmste Land darstellt.<br />
42<br />
Vgl. EAI (2006): „FOCUS 2006 World Film Market Trends“, S. 7, 10 und 37: Die Ziffern beziehen sich auf<br />
Produktionen mit der Absicht einer Kinoauswertung.<br />
43<br />
Das sind alle Produktionen und Verleiher, die nicht den Major-Studios <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechen sind<br />
44<br />
Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2005 146 deutsche Kinofilme produziert. 2007 sind es bereits 174.<br />
Vgl. FFA (2008): „Information 1/2008“, S. 11.<br />
45<br />
Vgl. FFA (2007): „Der Kinobesucher 2006“, S. 7.<br />
46<br />
Vgl. EAI (2006): „FOCUS 2006 World Film Market Trends“,S. 7.<br />
47<br />
Vgl. EAI (2006): „FOCUS 2006 World Film Market Trends“,S. 39.<br />
20
Häufigkeit<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Durchnittliche Besucherhäufigkeit im Kino pro Kopf 1995-2005<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />
Jahr<br />
Abbildung 3<br />
Jährlicher Kinobesuch pro Einwohner 1995 – 2005 48<br />
48 Vgl. MEDIA Salles (2006): „European Cinema Yearbook“, S. 122.<br />
USA<br />
Deutschland<br />
Frankreich<br />
Großbritannien<br />
Italien<br />
21
KAPITEL 3:<br />
Ökonomie des Films und Besonderheiten der Filmwirtschaft<br />
3.1 Zusammenset<strong>zu</strong>ng und Merkmale der Filmindustrie<br />
Die Filmindustrie setzt sich aus den drei Hauptbestandteilen Produktion, Verleih und<br />
Auswertung <strong>zu</strong>sammen. In der Produktion wird das eigentliche Produkt, der Inhalt des Films<br />
und die Urkopie, hergestellt. Produktionsschritte sind die so genannte Vorproduktion –<br />
Finanzierung des Projekts, Entwicklung des Drehbuchs, Suchen und Festlegen der kreativen<br />
und technischen Inputs, Casting –, die eigentlichen Dreharbeiten und die Postproduktion mit<br />
Montage, Sounddesign und Musik.<br />
Daneben existieren der Verleih (distribution) und die Ausstellung bzw. Auswertung<br />
(exhibition). Letztere bezieht sich auf die Art und Weise, wie der Film dem Konsumenten<br />
<strong>zu</strong>geführt wird. Dies schließt eine Reihe so genannter Ausstellungsfenster ein wie das Kino,<br />
das Fernsehen, das Home-Video Fenster (z.B. die leih- und erwerbbare DVD), Pay-TV, das<br />
Internet und das Mobiltelefon.<br />
In der Regel durchläuft ein Film verschiedene, oft auch alle Verwertungsstufen, die allerdings<br />
zeitlich versetzt angelegt sind. 49<br />
49 Dieser Aspekt ist gestützt auf freiwillige Abkommen zwischen Produzenten, Verleihern und Auswertern. In<br />
Deutschland geförderte Filme sind per Filmförderungsgesetz verpflichtet, diese ein<strong>zu</strong>halten. Interessant ist, dass<br />
der COO and President der amerikanischen Studiolobby MPAA, Robert Pisano, prophezeit, dass dieser Aspekt<br />
in naher Zukunft gar nicht mehr existieren wird. Die Zeit versetzte Auswertung wird gegen eine allein<br />
preisabhängige ersetzt (sog. price based windows). Wie das funktionieren soll bzw. welche Fenster hier wie<br />
einbezogen werden sollen, ließ er <strong>zu</strong>nächst offen. Wie weiter unten <strong>zu</strong> lesen sein wird, spielen relative<br />
Preisüberlegungen zwischen den Auswertungsfenstern im Nutzenkalkül der Konsumenten schon jetzt eine<br />
entscheidende Rolle. Aus: Keynote im Rahmen der Hollywood Lectures 2008, abgehalten in <strong>Berlin</strong> am<br />
13.2.2008, eigene Aufzeichnungen.<br />
22
Film im Kino<br />
Home Video - Film als Video/DVD<br />
Film im Pay-TV / Video on Demand<br />
Film im TV<br />
0 4 6 18 Monate<br />
Abbildung 4<br />
Auswertungszeitfenster 50<br />
Zeitlich werden dabei <strong>zu</strong>erst diejenigen Fenster bedient, die den höchsten<br />
Ausschließbarkeitsgrad aufweisen. Dies ist aus marktwirtschaftlicher Sicht aus der<br />
Perspektive der Anbieter nachvollziehbar, denn mit höherer Ausschließbarkeit ist in der Regel<br />
ein höherer Gewinn für die Hersteller verbunden. Zudem bietet die zeitlich versetzte<br />
Auswertung die Chance, direkte Verdrängungseffekte zwischen den Auswertungsfenstern <strong>zu</strong><br />
vermeiden. Eine unmittelbare, zeitgleiche Substitutionsmöglichkeit für den Konsumenten ist<br />
daher in der Regel nicht gegeben.<br />
Dem Kino als primärem Auswertungsfenster wird eine so genannte Lokomotivfunktion für<br />
die nachgelagerten Auswertungsfenster <strong>zu</strong>geschrieben. Mit anderen Worten hat das<br />
Abschneiden eines Films im Kino (z.B. durch den Zuschauer<strong>zu</strong>spruch oder die<br />
Medienresonanz) einen positiven Effekt auf die Einnahmen in den nachgelagerten<br />
Auswertungsstufen. 51 Des Weiteren bietet der Filmkonsum im Kino für den Konsumenten in<br />
der Regel Nutzenvorteile in Form von höherer audiovisueller Qualität gegenüber dem<br />
Filmkonsum im privaten Bereich mit beschränkteren Wiedergabemöglichkeiten. Zusätzlich<br />
wird dem Kino durch seine kollektive Konsumerfahrung eine besondere Atmosphäre<br />
<strong>zu</strong>geschrieben, ähnlich des Konsums von Musikkonzerten. 52<br />
50 In Anlehnung an: Duvvuri (2007), S. 16 und das deutsche Verwertungssystem. Im Laufe dieser Arbeit<br />
kündigte das Major- Studio Warner Brothers an, für einige seiner Filme das Zeitfenster zwischen Home-Video<br />
und Pay-TV auch in Deutschland ganz auf<strong>zu</strong>heben. Zudem gilt <strong>zu</strong> beachten, dass es, während ein Kinofilm in<br />
der Regel alle Auswertungsfenster durchläuft, auch Filme gibt, die ausschließlich für ein bestimmtes Fenster<br />
konzipiert sind wie <strong>zu</strong>m Beispiel der Fernsehfilm.<br />
51 Vgl. Gordon (1998), S. 26.<br />
52 Vgl. Dewenter und Westermann (2005), S. 217.<br />
23
Der Film ist ein horizontal differenziertes Gut, was bedeutet, dass jeder Film ein neues und<br />
einzigartiges Produkt darstellt. Der Gebrauch und Einsatz von Inputfaktoren 53 unterscheidet<br />
sich von Film <strong>zu</strong> Film stark, sowohl hinsichtlich der Quantität als auch der Qualität der<br />
eingesetzten Faktoren. Dies hat ebenfalls direkte Auswirkungen auf die Kosten des Films.<br />
Des Weiteren ist der spezifische Inhalt jedes Films unterschiedlich.<br />
Die Verwertungs- und Nut<strong>zu</strong>ngsrechte eines Films können in drei unterschiedlichen Stufen<br />
gehandelt werden: in Form eines bereits fertigen („abgedrehten“) Films, eines Filmstoffs oder<br />
in Form eines so genannten package. Ein package kann. bereits die Kostenkalkulation, das<br />
Drehbuch, die Inputfaktoren wie Regisseur und Schauspieler sowie weitere Details „auf dem<br />
Papier“ beinhalten. Letzteres ist eine gängige Methode bei Produktionsunternehmen, um eine<br />
Finanzierungs<strong>zu</strong>sage von Studios, Banken oder auch Filmförderungen <strong>zu</strong> erhalten.<br />
3.2 Die besondere Rolle des Verleihers<br />
Der Filmverleih ist in der Regel für die regionale, nationale und/oder weltweite 54 Verwertung<br />
des Films <strong>zu</strong>ständig sowie für den Ankauf (von den Produzenten) und den Verkauf (an die<br />
verschiedenen Aussteller) der Filmrechte 55 als auch für die Herstellung der Kopien. Des<br />
Weiteren kümmert sich der Filmverleih um das Marketing und die Promotion des jeweiligen<br />
Produkts, für das er die Rechte hält. Letzteres bedeutet, dass der Verleiher eine<br />
Informationsfunktion zwischen Produkt und Endverbraucher erfüllt.<br />
Darüber hinaus erfüllt der Verleiher in der Regel auch eine Finanzierungsfunktion, indem er<br />
Verleihgarantien an die Produzenten vergibt und sich direkt an der teilweisen oder gesamten<br />
Finanzierung eines Filmprojekts beteiligt.<br />
Für den Erwerb von Filmrechten am fertigen Film bezahlt er dem Hersteller eine je nach Film<br />
unterschiedlich hohe Geldsumme im Gegen<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> den zeit-, regional- und/oder<br />
auswertungsfensterspezifischen Verwertungsrechten. Es kommt aber ebenso vor, dass ein<br />
Verleiher von vornherein als (Mit-)Finanzierer auftritt und einen Teil bzw. die gesamten<br />
53 Wie z. B. Schauspieler, Regisseure, Kameramänner, Computerspezialisten, Architekten, Make -up<br />
Spezialisten, Kostümdesigner, Elektriker, Baubühnencrews sowie Autoren, Komponisten und Spezialisten für<br />
die Bildmontage.<br />
54 Hier wird häufig der Begriff des Vertriebs verwendet.<br />
55 Diese sind <strong>zu</strong>m Beispiel die Leitungs(-schutz)rechte und Nut<strong>zu</strong>ngsrechte für den jeweiligen Film, die über<br />
eine vertraglich geregelte Zeitspanne „verliehen“ werden.<br />
24
Kosten der Herstellung des Films a priori trägt. Dafür erhält er im Gegen<strong>zu</strong>g einen Teil bzw.<br />
alle Verwertungsrechte des Films. Regelmäßig erfüllt der Verleiher somit auch eine selektive<br />
Funktion, indem er Filme bzw. so genannte packages auswählt, die ihm geeignet erscheinen,<br />
seinen Gewinn <strong>zu</strong> maximieren.<br />
„At the outset, selection of a concept and script results from a screening process and<br />
the exercise of judgment about what is likely to attract audiences and make money“ 56<br />
Die Funktion des Verleihers ist auch hinsichtlich der Kosten der Verbreitung und des<br />
Effizienzgedankens von großer ökonomischer Relevanz. Zum einen können durch ihn<br />
Transaktionskosten hinsichtlich der Verhandlungskosten minimiert werden, im Vergleich <strong>zu</strong><br />
einem Markt, auf dem jeder einzelne Produzent mit jedem einzelnen Kinobetreiber,<br />
Videoverkäufer oder Fernsehsender im In- und Ausland verhandeln würde. Zum anderen<br />
stellen sich insbesondere im Bereich des Filmverleihs regelmäßig Skalenvorteile ein. Positive<br />
Skaleneffekte liegen vor, wenn die Produktionsmenge stärker steigt als die eingesetzten<br />
Faktoren. Dies kann unter anderem mit sinkenden Durchschnittskosten begründet werden.<br />
Hintergrund dafür ist, dass dem Verleiher für eine <strong>zu</strong>sätzlich bereitgestellte Filmkopie relativ<br />
<strong>zu</strong> den anderen Investitionskosten nur sehr geringe <strong>zu</strong>sätzliche Kosten anfallen. Die Kosten<br />
des Verleihers sind durch den Aufbau eines regionalen, nationalen und/oder weltweiten<br />
Distributionsnetzes und inklusive der Rechterwerbs-, Finanzierungs- und Marketingkosten<br />
vergleichsweise hoch. Das heißt, jede weitere in den Umlauf gebrachte Filmkopie senkt die<br />
durchschnittlichen Kosten des Verleihers bis <strong>zu</strong> dem Punkt, an dem der <strong>zu</strong>sätzliche Umsatz<br />
einer weiteren Filmkopie gerade noch die <strong>zu</strong>sätzlichen Kosten deckt, die für deren<br />
Verbreitung und Vermarktung anfallen.<br />
Zusätzlich kann der Verleiher durch eine Ausweitung des Angebots bzw. eine Vergrößerung<br />
seines Portfolios das Risiko eines Konkurses durch so genannte Flops minimieren. Die<br />
Vergrößerung des Portfolios bedeutet dabei <strong>zu</strong> realisierende Verbundsvorteile. Mit anderen<br />
Worten hat der Verleiher einen Vorteil aus einem Angebot mehrerer Produkte, wenn<br />
<strong>zu</strong>mindest ein Teil der Kosten als Gemeinkosten anfällt. 57 Gleichzeitig verhilft ihm dies <strong>zu</strong><br />
einer Anhäufung von Rechten, die ihm als film library <strong>zu</strong>künftige Erträge aus der Verwertung<br />
56 Vgl. Acheson und Maule (1994), S. 275.<br />
57 Vgl. Blankart (2006), S. 493.<br />
25
ermöglichen und Kreditsicherheiten gegenüber Banken bringen, womit <strong>zu</strong>künftige<br />
Investitionen erleichtert werden. 58<br />
Zusammenfassend sind im Fall des Verleihers folgende Faktoren <strong>zu</strong> beachten: Zunächst<br />
können <strong>zu</strong>nehmende Skalenerträge und sinkende Durchschnittskosten ein Marktversagen<br />
begründen. 59 Außerdem kann der Besitz von Verwertungsrechten insbesondere bei der<br />
Finanzierung <strong>zu</strong>künftiger Filme eine wichtige Vorausset<strong>zu</strong>ng für ein Funktionieren eines<br />
Kredit- bzw. Finanzierungsmarkts sein. Darüber hinaus spielt die Informationsfunktion eine<br />
entscheidende Rolle in Be<strong>zu</strong>g auf das Verhalten der Konsumenten: Wie weiter unten noch<br />
explizit erläutert wird, ist der Konsument unvollständig informiert, da es sich bei Filmen um<br />
so genannte Erfahrungsgüter handelt. 60 Des Weiteren beschränkt sich die selektive Funktion,<br />
unter Marktbedingungen und den Grundannahmen der klassischen ökonomischen Theorie,<br />
auf die Maximierung des Gewinns. Nach den oben genannten Argumenten wird der Verleiher<br />
daher vor allem bestrebt sein - anders als vielleicht der Produzent, Regisseur oder<br />
Drehbuchautor 61 -, möglichst Produkte <strong>zu</strong> verleihen, die massentauglich sind. 62 Dies ist umso<br />
mehr der Fall, umso höher seine Investitionskosten liegen und umso intensiver der<br />
Konkurrenzkampf ist. 63 Diese Überlegungen und die Rolle des Verleihers am Filmmarkt<br />
werden noch einmal in <strong>Kapitel</strong> 4 über das Marktversagen aufgegriffen. 64<br />
3.3 Die Rolle der Herstellungskosten<br />
Die Herstellung eines Films ist in der Regel mit hohen Investitionskosten verbunden, da sie<br />
technisch nicht nur um ein Vielfaches komplexer ist als z.B. die Produktion eines<br />
Literaturwerks, sondern auch relativ arbeits- und kapitalintensiv. Des Weiteren handelt es sich<br />
bei den Investitionskosten um versunkene Kosten: Sind sie einmal für die Herstellung eines<br />
Films getätigt, so sind sie – ähnlich den Entwicklungskosten eines Medikaments oder eines<br />
Computerspiels – versunken und sollten <strong>zu</strong>mindest theoretisch für alle weiteren strategischen<br />
wie ökonomischen Entscheidungen des Managements eines Unternehmens keine Rolle mehr<br />
58 Vgl. Dale (2001), S.25.<br />
59 Vgl. Stiglitz (1989), S. 97.<br />
60 Siehe auch <strong>Kapitel</strong> 3.8, S. 33.<br />
61 Zur ökonomischen Theorie der Kreativität und seinen Implikationen, siehe z.B.: Throsby (2001), S. 93ff. Eine<br />
diesbezügliche Analyse und Diskussion wird innerhalb dieser Arbeit jedoch weitestgehend ausgeklammert.<br />
62 Siehe auch: <strong>Kapitel</strong> 3.5, S. 29f.: Film als Massengut.<br />
63 Vgl. Throsby (2001), S. 116: „[…] profit orientated supply in the arts embraces popular entertainments and<br />
cultural forms where demand is strong and wide-spread and where financial motives dominate over artistic<br />
values in the organisation and production.“<br />
64 Siehe <strong>Kapitel</strong> 4.5, S. 56ff.<br />
26
spielen. Allerdings unterscheiden sich die versunkenen Kosten im Bereich der Filmwirtschaft<br />
grundsätzlich von den versunkenen Kosten, die normalerweise in der ökonomischen Theorie<br />
betrachtet werden. 65 Während das Kalkül der „normalen“ versunkenen Kosten innerhalb einer<br />
Filmproduktion eine Rolle spielt, z.B. in der Entscheidung, Dreharbeiten aufgrund<br />
unerwarteter Kosten ab<strong>zu</strong>brechen oder fort<strong>zu</strong>setzen, so müssen Produzenten und Verleiher,<br />
die verschiedene Filme auf kontinuierlicher Basis herstellen und finanzieren, diese<br />
Investitionskosten als operative Kosten behandeln. Baumol (2006) führt hier<strong>zu</strong> den Begriff<br />
der wiederkehrenden versunkenen Kosten (engl.: repeatedly sunk costs) ein. Dieses Konzept<br />
findet auch im Falle des Films bzw. der Filmfinanzierung unbedingte Anwendung:<br />
„For in technical innovation as in artistic creation, the need never to replicate, or at<br />
least not to do so precisely, means that investment is required each time an output<br />
emerges. That investment is sunk in the production of that novel item. Thus in both<br />
fields the need to sink costs is inescapably a frequently repeated if not continual<br />
phenomenon.” 66<br />
Dieses Problem verstärkt sich, je höher die Investitionskosten relativ <strong>zu</strong> den übrigen Kosten,<br />
z.B. für die Verbreitung, liegen. Wie im historischen Abriss in <strong>Kapitel</strong> 2 dieser Arbeit bereits<br />
angedeutet wurde, sind die Kosten für die Herstellung von Filmen in den letzten 100 Jahren<br />
aus den unterschiedlichsten Entwicklungen heraus relativ stark gestiegen 67 , z.B. durch die<br />
Einführung des Tonfilms, den Übergang von Kurz- <strong>zu</strong> Langfilmen, Kompensationen für<br />
Stars, und den permanenten Druck <strong>zu</strong>r Steigerung der Attraktivität. Eine weitere ökonomische<br />
Begründung für einen Anstieg der Kosten im Filmbereich bietet die Baumol’sche<br />
Kostenkrankheit:<br />
Die Grundlage der Baumol’schen Kostenkrankheit (1966, 2006) bildet die Annahme, dass es<br />
in einer Ökonomie einen Sektor A gibt, in dem die Produktivität der Arbeit konstant ist,<br />
während sie im übrigen Teil der Ökonomie mit einer Rate r, <strong>zu</strong>m Beispiel aufgrund einer<br />
<strong>zu</strong>nehmenden Substitution von Arbeit durch Kapital, wächst. Weiterhin wird angenommen,<br />
dass die Löhne pro Arbeitseinheit in allen Sektoren dieselben sind, und dass alle Löhne bzw.<br />
das allgemeine Lohniveau mit der Produktivität r der wachsenden Sektoren <strong>zu</strong>nimmt. Das<br />
65 Vgl. z.B. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 203f.<br />
66 Vgl. Baumol (2006), S. 348.<br />
67 Vgl. Baumol (2006), S. 348: „The investments that are routinely incurred in the production of a new film […]<br />
dwarf anything previously experienced […].”<br />
27
edeutet, dass die Kosten für einen Input Arbeit im Sektor A steigen, ohne dass dieser Anstieg<br />
ganz oder teilweise durch Produktivitätsfortschritte aufgefangen werden könnte. Ohne<br />
Produktivitätssteigerung bzw. mit einer nur geringen Substitutionsmöglichkeit von Arbeit<br />
durch Kapital kann angenommen werden, dass die Gesamtkosten des Outputs im Sektor A<br />
damit ebenso steigen werden. 68 Mit anderen Worten wird der Einsatz von Arbeitsinputs<br />
relativ teurer. Kann diese Entwicklung nicht oder nur teilweise durch eine<br />
Produktivitätssteigerung aufgefangen werden, so steigen die Kosten im Sektor mit konstanter<br />
Produktivität kontinuierlich an.<br />
Diese Theorie lässt sich sinnvoll im Bereich der Filmherstellung anwenden, die in ihrem<br />
Kernbereich durch ungewöhnlich hohen Arbeitsinput und durch eine relativ konstante<br />
Produktivität gekennzeichnet ist. Zwar führten technologische Innovationen in der<br />
Filmherstellung teilweise <strong>zu</strong> Kostensenkungen und/oder Produktivitätssteigerungen,<br />
insbesondere durch den Einsatz von Computertechnik. Ein Großteil der <strong>zu</strong>r Filmherstellung<br />
benötigten Arbeitsinputs ist im Laufe der Entwicklung jedoch erhalten geblieben und wird<br />
auch in Zukunft nicht durch Kapital substituiert werden können. 69 Des Weiteren ist die<br />
Produktivität einzelner Inputs <strong>zu</strong>m Teil sogar erheblich gesunken: Während Regisseure in den<br />
USA vormals bis <strong>zu</strong> fünf Filme im Jahr herstellten, so ist es heute durchschnittlich ein Film<br />
pro Jahr. 70<br />
Aus diesen Überlegungen kann angenommen werden, dass die Investitionskosten für Filme<br />
mit der Zeit erheblich gestiegen sind. Die Folge von diesen sehr hohen repeatedly sunk costs<br />
ist <strong>zu</strong>m einen, dass die Unternehmen möglicherweise einen wohlfahrtstheoretisch<br />
ineffizienten Preis überhalb der Grenzkosten anbieten werden, um die hohen<br />
Investitionskosten decken <strong>zu</strong> können. 71 Es muss daher gefragt werden, welche Art von<br />
Unternehmen bzw. welche Art von Marktstruktur diese Art von Kostenstruktur, verbunden<br />
mit einer allgemein extremen Unsicherheit bezüglich des Absatzes 72 , auf einer<br />
68 Vgl. Baumol (2006), S. 347 und Peacock (1969), S. 71f.<br />
69 Dies gilt insbesondere für Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Techniker, also insgesamt diejenigen<br />
Inputs, die direkt an den Dreharbeiten beteiligt sind. Man vergleiche auch die relativ ähnlichen Endlosabpänne<br />
von Kinofilmen von heute und früher. Zum Teil hat der Autor den Eindruck, dass diese im Laufe der Zeit sogar<br />
noch erheblich länger geworden sind.<br />
70 Vormals bezieht sich hier auf die 1930er Jahre. Vgl. Monaco (2001), S. 246.<br />
71 Vgl. Baumol (2006), S. 349: “Hence, if the repeatedly sunk costs are very substantial relative to other costs,<br />
their recoupment will require prices that are well above the marginal costs.”<br />
72 Siehe unten: <strong>Kapitel</strong> 3.8, S. 33f.<br />
28
kontinuierlichen Basis überhaupt tragen können. Diese Fragen werden innerhalb der<br />
Diskussion um ein Marktversagen in <strong>Kapitel</strong> 4 noch eingehender analysiert werden. 73<br />
3.4 Externe Effekte und Nichtrivalität im Konsum<br />
Zwei zentrale Eigenschaften in der ökonomischen Betrachtung des Gutes Film sind die der<br />
externen Effekte und der Nichtrivalität im Konsum.<br />
Externe Effekte treten auf, wenn eine bestimmte Aktivität von Unternehmen oder Personen <strong>zu</strong><br />
Nutzen (oder Schaden) bei anderen Wirtschaftssubjekten führt, die außerhalb des jeweiligen<br />
Marktes stehen. Der Film als kulturelles Gut hat daher möglicherweise Effekte auf Individuen<br />
oder die Gesellschaft als Ganzes, die der Marktmechanismus in Form von positiven (bzw.<br />
negativen) Preisen nicht adäquat ausdrückt.<br />
Nichtrivalität im Konsum hingegen besagt, dass derselbe Film gleichzeitig von einer<br />
theoretisch unendlich großen Anzahl von Individuen konsumiert werden kann, ohne dass sich<br />
der Nutzen für einen selbst oder andere dadurch verringern würde.<br />
Beide Eigenschaften bilden gleichzeitig auch ein entscheidendes Element in der Theorie des<br />
Marktversagens. Daher werden sie in <strong>Kapitel</strong> 4 dieser Arbeit noch einmal ausführlicher<br />
behandelt. 74<br />
3.5 Der Film als Massengut<br />
Entscheidend für den massentauglichen Charakter des Films sind die technische Möglichkeit<br />
der Reproduktion und der Verbreitung sowie die Nichtrivalität im Konsum. Durch die<br />
<strong>zu</strong>sätzliche technologische Entwicklung wie z.B. die Einführung und Durchset<strong>zu</strong>ng des<br />
Satellitenfernsehens oder die Einführung von leih- oder erwerbbaren Filmträgern wie der<br />
DVD hat insbesondere das Merkmal der Reproduzierbarkeit im Laufe der Zeit erheblich an<br />
Bedeutung gewonnen. Trotzdem ist Vorsicht geboten, den Film damit als Massengut per se <strong>zu</strong><br />
definieren.<br />
73 Siehe <strong>Kapitel</strong> 4.4, S. 51ff.<br />
74 Siehe <strong>Kapitel</strong> 4.2, S. 41 und <strong>Kapitel</strong> 4.3, S. 44.<br />
29
Eine formale Definition eines „Massenkunstwerks“ liefert Carroll (1998):<br />
„x is a mass artwork if, and only if, 1. x is a multiple instance or type artwork, 2.<br />
produced and distributed by a mass technology, 3. which artwork is intentionally<br />
designed to gravitate in its structural choices (for example, its narrative forms,<br />
symbolism, intended affect, and even its content) towards those choices that promise<br />
accessibility with minimum effort, virtually on first contact, for the largest number of<br />
untutored (or relatively untutored) audiences.” 75<br />
Diese Definition impliziert, dass auch der Inhalt dementsprechend auf die oben erwähnten<br />
technischen und ökonomischen Eigenschaften abgestimmt werden muss, <strong>zu</strong>mindest dann,<br />
wenn es um die Erzielung höchstmöglichen Gewinns, <strong>zu</strong>mindest aber um die Deckung der<br />
Kosten der getätigten Investition geht. Eine solche massentaugliche Angleichung ist umso<br />
eher <strong>zu</strong> erwarten, umso höher die Investition bzw. die Kosten des jeweiligen Films liegen.<br />
Im Falle des Films muss daraus folgend vermutet werden, dass die technische und<br />
ökonomische Eigenschaft des Films als Massengut eine logische Auswirkung auf seinen<br />
Inhalt und damit sein Wesen haben wird. 76 Unter Marktbedingungen und dem<br />
Effizienzkriterium ist folglich <strong>zu</strong> erwarten, dass neben dem technischen Kriterium „Grad der<br />
Reproduzierbarkeit“ und dem Kriterium der geringen <strong>zu</strong>sätzlichen Kosten in der Regel auch<br />
ein Massengeschmacksinhalt produziert wird, um Gewinne <strong>zu</strong> maximieren bzw. die<br />
höchstmögliche Zuschauerzahl <strong>zu</strong> erreichen.<br />
Diese Feststellung kann ein mögliches Spannungsfeld darstellen. Zwar funktioniert <strong>zu</strong>nächst<br />
der Markt an sich, d.h. das Angebot von Massenfilmen findet <strong>zu</strong> sehr günstigen Konditionen<br />
seine Nachfrage auf dem Markt, jedoch mögen die Annahmen der Gewinnmaximierung und<br />
des Effizienzgedankens Auswirkungen auf den Inhalt und das Wesen jedes Films haben, so<br />
dass der Markt möglicherweise für bestimmte Filme oder eine bestimmte Gruppe von Filmen<br />
nicht mehr richtig funktioniert. Beispielsweise, wenn Filme das Kriterium eines Massengutes<br />
aus ökonomischen, technischen oder inhaltlichen Gründen heraus nicht erfüllen können oder<br />
75 Vgl. Sedgwick, Pokorny (2005), S. 12. Die Definition stammt ursprünglich aus Carroll (1998): A Philosophy<br />
of Mass Art, Oxford: Oxford University Press, S. 196, und wurde als Sekundärliteratur übernommen.<br />
76 Vgl. hier<strong>zu</strong> das in <strong>Kapitel</strong> 2 erwähnte Spannungsverhältnis zwischen den USA und einigen europäischen<br />
Staaten, die im Laufe der frühen Entwicklung eine unterschiedliche Wertschät<strong>zu</strong>ng ggü. dem Charakter des<br />
Films entwic kelten. Siehe z.B. <strong>Kapitel</strong> 2.4, S. 14, Fn. 20.<br />
30
wollen. Möglicherweise lohnt es sich schlichtweg nicht mehr, bestimmte, nicht<br />
massentaugliche Güter, bereit<strong>zu</strong>stellen.<br />
„Indeed, the very substantial competitive incursions made possible by easy<br />
dissemination of these art forms [including movies] have become a contentious and<br />
much publicized political issue in a number of countries. It is felt that cultural exports,<br />
particularly from the US, threaten native artistic activities and undermine distinctive<br />
local culture and its traditions.” 77<br />
Hier<strong>zu</strong> lässt sich aus Sicht des Ökonomen wenig sagen. Es bleibt <strong>zu</strong>nächst eine Meinungs-<br />
oder, wie Baumol (2006) schreibt, eine politische Streitfrage, ob dies wünschenswert ist oder<br />
nicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass dieses Argument schlichtweg ignoriert werden sollte.<br />
Im Gegenteil, möglicherweise sind es gerade marktwirtschaftliche Bedingungen, die diesen<br />
Sachverhalt begünstigen, obwohl dies möglicherweise nicht wünschenswert ist – nicht nur aus<br />
politischer Sicht. Ich werde innerhalb der Theorie des Marktversagens in <strong>Kapitel</strong> 4 auf diesen<br />
Punkt <strong>zu</strong>rückkommen. 78<br />
3.6 Die Rolle des Preises im Konsumentenmarkt<br />
Der Preis in seiner Rolle als Signalwirkung spielt für den Filmkonsumenten in seiner<br />
Kaufentscheidung innerhalb eines Auswertungsfensters in der Regel keine Rolle, denn er ist<br />
im Falle des Filmkonsums grundsätzlich derselbe, unabhängig von der Qualität und den<br />
Kosten, die bei der Herstellung anfallen. 79 Das heißt, dass die Signalwirkung des Preises für<br />
den Konsumenten wegfällt und andere Faktoren für die Kaufentscheidung eines bestimmten<br />
Films ausschlaggebend sind. 80<br />
77 Vgl. Baumol (2006), S. 345.<br />
78 Siehe <strong>Kapitel</strong> 4.3, S. 44ff, <strong>Kapitel</strong> 4.6, S. 64ff und in der Schlussdiskussion.<br />
79 Während es zwischen den verschiedenen Auswertungsfenstern sehr wohl unterschiedliche Preise gibt, gilt das<br />
in der Regel zwischen einzelnen Filmen innerhalb desselben Auswertungsfensters nicht. So zahlt der Konsument<br />
im Free-TV praktisch nichts für den Konsum eines jeden Films, während er für denselben Film im Kino einen<br />
höheren Preis zahlen muss. Innerhalb eines Auswertungsfensters wie dem Kino wiederum ist der Preis<br />
produktunabhängig, das heißt, er ist unabhängig davon, ob ein Film <strong>zu</strong>m Bespiel populärer oder höher budgetiert<br />
ist. Er unterscheidet sich jedoch bezüglich der Tageszeit oder dem Wochentag oder aber, wenn ein Film eine<br />
bestimmte Überlänge vorweist. Des Weiteren gibt es Preisdiskriminierungen im Hinblick auf z.B.<br />
Studentenrabatte. Im Grundsatz aber gilt, dass der Preis für den Konsumenten innerhalb eines<br />
Auswertungsfensters derselbe ist und produktunabhängig anfällt.<br />
80 Vgl. Duvvuri (2007), S.20. Allgemein für kulturelle Güter: Vgl. Throsby, S. 116. Hinsichtlich anderer<br />
Faktoren, siehe auch in dieser Arbeit, <strong>Kapitel</strong> 3.7 – 3.11.<br />
31
Das bedeutet jedoch nicht, dass der Preis für den Konsumenten überhaupt keine Bedeutung<br />
hat. Bezüglich des allgemeinen Preises innerhalb jedes Auswertungsfensters ist die<br />
Preiselastizität der Nachfrage von großer Bedeutung. Empirische Studien belegen, dass diese<br />
für Filme zwar relativ hoch ist, jedoch in den meisten dem Autor bekannten Studien zwischen<br />
dem Wert 0 und 1 liegt, was den Film <strong>zu</strong> einem normalen Gut macht. 81 Das heißt, dass<br />
steigende Preise, <strong>zu</strong>m Beispiel an der Kinokasse, in der Regel <strong>zu</strong> einem Rückgang der<br />
Nachfrage im Kinokonsum führen. Genauso werden sinkende Preise im DVD-Handel <strong>zu</strong><br />
einer höheren Nachfrage nach DVDs führen und vice versa. Zu beachten gilt hier, dass<br />
unterschiedliche Filme bzw. Gruppen von Filmen verschiedene Preiselastizitäten hervorrufen<br />
könnten, ein Faktor, der häufig in den empirischen Studien weniger Beachtung findet. Auf<br />
diesen Punkt komme ich noch einmal in <strong>Kapitel</strong> 4 dieser Arbeit <strong>zu</strong>rück, wenn es um so<br />
genannte Ramsey-Preise gehen wird. 82 Es soll vorweggenommen sein, dass bei kulturellen<br />
Gütern, die in den Bereich der Künste subsummierbar sind, diese Elastizität in der Regel<br />
geringer ist als für Güter, die in den Bereich der populären Kulturgüter bzw. der Unterhaltung<br />
fallen. 83<br />
Stehen Individuen einer Vielzahl heterogener Produkte und einem einheitlichen Preis<br />
innerhalb eines Auswertungsfensters gegenüber, so spielen weitere Faktoren eine<br />
maßgebliche Rolle in der Entscheidung für oder gegen einen Film bzw. für oder gegen ein<br />
bestimmtes Auswertungsfenster. Zum Beispiel die Informationen, die den Individuen <strong>zu</strong>r<br />
Verfügung stehen oder gestellt werden und damit <strong>zu</strong>sammenhängend die Zeit, die sie für den<br />
Erwerb bestimmter Informationen als Opportunitätskosten investieren müssen. Weitere<br />
Faktoren wie der vorangegangene Konsum, Substitutionsmöglichkeiten 84 , die (erwartete)<br />
Qualität 85 sowie das relative Einkommen 86 , das den Konsumenten <strong>zu</strong>r Verfügung steht,<br />
können einen mehr und weniger starken Einfluss auf die Kaufentscheidung haben.<br />
81<br />
Vgl. z.B. Dewenter und Westermann (2005), S. 222, 223 und 224.<br />
82<br />
Siehe: <strong>Kapitel</strong> 4.4.2, S. 53.<br />
83<br />
Vgl. Throsby (2001), S. 116. Man rufe sich auch die Abbildung 1 aus <strong>Kapitel</strong> 1, S. 9, noch einmal ins<br />
Gedächtnis. Die Preiselastizität der Nachfrage wäre damit ein Faktor, der bei der Einordnung eines Films in<br />
dieses Schema hilfreich sein kann.<br />
84<br />
Siehe da<strong>zu</strong>: <strong>Kapitel</strong> 3.9., S. 35.<br />
85<br />
Qualität ist in der Regel nur schwer <strong>zu</strong> bewerten. Mögliche Indikatoren können jedoch sein: Thema und Story,<br />
Mitwirkende, Kritiken, Preise/Festivalauszeichnungen, aufwendige Technik/special effects oder auch ein wie<br />
auch immer ausgegebenes Prädikat wie z.B. das Prädikat der Filmbewertungsstelle Wiesbaden in Deutschland.<br />
Da<strong>zu</strong> befragte die GfK in einer im Jahr 2007 durchgeführten Studie deutsche Konsumenten nach den Kriterien<br />
der Auswahl eines Kinofilms: 77 % gaben an, dass Ihnen Story und Thema sehr wichtig bzw. wichtig sind (auf<br />
einer Skala mit vier weiteren Abstufungen). (Schauspieler: 46 %, Kritiken: 26 %, Special Effects: 24 %,<br />
Preise/Auszeichnungen: 16 %). Vgl. FFA (2008): „Der deutsche Film unter der Lupe: Akzeptanz – Image –<br />
Stärken und Schwächen“, S. 13f.<br />
32
3.7 Die Rolle der Information<br />
Im Entscheidungskalkül der Konsumenten für oder gegen einen bestimmten Film spielen<br />
somit die <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden und <strong>zu</strong>r Verfügung gestellten Informationen und deren<br />
Quelle eine wesentliche Rolle. Die <strong>zu</strong>r Verfügung gestellte Information kommt aus der<br />
Werbung 87 , von Filmkritiken und über Empfehlungen von Freunden und Bekannten, die so<br />
genannte Mundpropaganda 88 . Die <strong>zu</strong>r Verfügung stehende Information bezieht sich vor allem<br />
auf die Erfahrung mit dem vorangegangenen Konsum. Dies ist eine Eigenschaft, die<br />
insbesondere im Fall horizontal differenzierter Güter, die <strong>zu</strong>m selben Preis angeboten werden,<br />
in der Konsumentscheidung von erheblicher Bedeutung sein kann. 89 Hier kann <strong>zu</strong>m Beispiel<br />
die Minimierung des Risikos hinsichtlich der Kosten des Bedauerns seitens der Konsumenten<br />
eine wichtige Rolle spielen für die Beeinflussung der Präferenzrangfolge der Konsumenten<br />
und die Minimierung des Absatzrisikos. Um dies <strong>zu</strong> erreichen, kann an den vergangenen<br />
Konsum angeknüpft werden, beispielsweise durch Filmfortset<strong>zu</strong>ngen oder die Beset<strong>zu</strong>ng von<br />
Stars in immer gleichen Rollen. Dadurch können vom vergangenen Konsum erlernte<br />
Merkmale bzw. bestehende Erwartungshaltungen eher erfüllt werden.<br />
3.8 Der Film als Erfahrungsgut und Unsicherheit<br />
Der Film besitzt die Eigenschaften eines Erfahrungsgutes. Das bedeutet, dass der Konsument<br />
einen Film weder kennt noch bewerten kann, bevor er diesen nicht selbst konsumiert hat.<br />
Dieser Aspekt führt <strong>zu</strong> Nachfrageprozessen, die durch eine auf sich selbst aufbauende und in<br />
der Regel ex post (also nach der Veröffentlichung eines Films) vom Hersteller unlenkbare<br />
Resonanz (recursive feedback) gekennzeichnet sind.<br />
86 Das ergibt sich einerseits aus der <strong>zu</strong> investierenden Zeit der Informationssuche und den damit verbundenen<br />
Kosten, andererseits aus der Tatsache, dass ein absolut gleicher Ticketpreis für Individuen mit einem geringeren<br />
Einkommen höhere Kosten verursacht als für Individuen mit einem relativ höherem Einkommen. Siehe auch<br />
<strong>Kapitel</strong> 3.10, S. 36.<br />
87 Ein Indiz für die relative Wichtigkeit dieses Merkmals sind die durchschnittlichen Marketingkosten für einen<br />
Film, der durch eines der US-amerikanischen Major Studios finanziert und verliehen wird. Dieser Wert lag im<br />
Jahr 2005 bei 36,2 Mio. Dollar, eine beachtliche Summe bei einem durchschnittlichen Budget (negative costs,<br />
Marketingkosten nicht eingerechnet) von 60 Mio. Dollar. Dies entspricht einem Wert von über 60 % der<br />
Herstellungskosten. Vgl. EAI (2006): „FOCUS 2006 World Film Market Trends“, S. 39.<br />
88 Engl.: word-of-mouth. Vgl. Walls (2005), S. 178.<br />
89 Vgl. Sedgwick, Pokorny (2005), S.10: „The expectations that audiences have acquired from previous filmgoing<br />
experiences are likely to be strongly formed within cultures in which film-going has been a genuinely<br />
popular leisure activity.” Vgl. auch: Throsby (2001), S. 115.<br />
33
„Consumers of films discover what they like and dislike, and this information is<br />
spread through word-of-mouth and other media, affecting the consumption decisions<br />
of potential viewers.“ 90<br />
Die Übermittlung von Informationen durch nachfragefördernde Faktoren wie die<br />
Mundpropaganda spielt damit eine maßgebliche Rolle im Entscheidungsprozess des<br />
Konsumenten. 91 Weitere Faktoren wie Filmkritiken, aber auch die Rolle von Markennamen,<br />
Stars oder eventuell bestehende Altersrestriktionen können ebenfalls eine wichtige Rolle in<br />
diesem Entscheidungsprozess spielen und über den Erfolg bzw. Misserfolg eines Films am<br />
box office entscheiden. 92<br />
In Be<strong>zu</strong>g auf den Einsatz von Stars oder auch aufwendig hergestellten visuellen Effekten<br />
bedient man dabei die dem Film seit seiner Geburt innewohnende Attraktionseigenschaft.<br />
Dabei ist <strong>zu</strong> bedenken, dass dem Hersteller beim Einsatz dieser oder anderer<br />
attraktionsfördernder Faktoren <strong>zu</strong>m Teil erhebliche <strong>zu</strong>sätzliche Kosten entstehen, die dem<br />
Konsumenten wiederum per se als positives Signal für eine bestimmte <strong>zu</strong> erwartende Qualität<br />
dienen und damit die Zuschauerzahl steigern können. 93<br />
Einige dieser Faktoren sind also vom Hersteller oder Verleiher oder dem jeweiligen<br />
Aussteller direkt beeinflussbar (Budget, Markennamen, Stars, Attraktion), andere hingegen<br />
entziehen sich weitestgehend seiner Kontrolle (Mundpropaganda nach der Veröffentlichung,<br />
Filmkritiken). Eine Konsequenz aus den weniger kontrollierbaren Dynamiken ist, dass die<br />
Erfolgsaussichten für jeden einzelnen Film praktisch nie voraus<strong>zu</strong>sagen sind. Diese<br />
Feststellung bezieht sich auf das die Filmwirtschaft prägende Attribut der Unsicherheit bzw.<br />
der so genannten nobody knows-Eigenschaft auf Seiten der Hersteller. 94 Weitere<br />
90 Vgl. Walls (2005), S. 178.<br />
91 Vgl. DeVany und Walls (1999), S. 286: „The exchange of information among a large number of individuals<br />
interacting personally unleashes a dynamic that is complex and unpredictable.“ Solche Informationskaskaden<br />
haben sich durch technologische Entwicklungen, wie <strong>zu</strong>m Beispiel der Erfindung und Verbreitung des Internets ,<br />
vermutlich stark multipliziert. So gibt es im Internet unzählige Filmseiten, auf denen sich Benutzer aus der<br />
ganzen Welt über gemachte Filmerfahrungen austauschen, Bewertungen vornehmen sowie Empfehlungen und<br />
eine große Menge an Informationen über die Herstellung, den Filmdreh und andere Fakten veröffentlichen<br />
können. Zu nennen wäre hier <strong>zu</strong>m Beispiel die Applikation Flixter unter facebook.com.<br />
92 Vgl. z.B. Jansen (2005), S. 196ff.<br />
93 Vgl. Sedgwic k, Pokorny (2005), S. 16 : „There is a positive relationship between the cost of production and<br />
the revenue generated by films in any one season, but this relationship is heteroscedastic – it becomes<br />
increasingly unstable the higher the production budget.” Siehe auch spezifisch für den deutschen Filmmarkt:<br />
Jansen (2005), S. 199: „Further, while total admissions rise with a film’s budget, the elasticity is below one,<br />
indicating that a higher budget investment does not necessarily pay itself back.”<br />
94 Vgl. De Vany, Walls (1999), S. 286.<br />
34
Unsicherheiten ergeben sich für den Hersteller bzw. Träger der Finanzierung durch die <strong>zu</strong>m<br />
Teil stark divergierenden kalkulierten und tatsächlichen Kosten eines Films (insbesondere<br />
durch Unwägbarkeiten während der Dreharbeiten) sowie aus der <strong>zu</strong>nehmenden Piraterie in<br />
Form von illegalen Raubkopien. 95<br />
3.9 Die Substitutionsmöglichkeiten<br />
Darüber hinaus werden im Entscheidungskalkül des Konsumenten <strong>zu</strong>sätzlich drei Arten von<br />
Substitutionsmöglichkeiten eine Rolle spielen: die Substitutionsmöglichkeiten zwischen den<br />
verschiedenen Produkten, zwischen den Auswertungsfenstern für das gleiche Produkt (den<br />
gleichen Film) und darüber hinaus bezüglich alternativer Freizeitaktivitäten.<br />
Die direkte Substitution zwischen verschiedenen Filmen hängt vom Grad der Ähnlichkeit der<br />
jeweiligen Produkttypen <strong>zu</strong>sammen. Diese Art von Substitutionsbeziehung kann <strong>zu</strong>m Beispiel<br />
von dem Genre abhängen, dem sich ein Film <strong>zu</strong>ordnen lässt. Ein weiteres Beispiel läge im<br />
Zusammenhang mit der in <strong>Kapitel</strong> 1 diskutierten Unterscheidung zwischen Kunst und<br />
Unterhaltung. 96 Entsprechend der subjektiven Bewertung eines Individuums wäre es denkbar,<br />
dass es zwischen zwei ihm <strong>zu</strong>r Auswahl stehenden Unterhaltungsfilmen substituiert, nicht<br />
jedoch zwischen einem Kunstfilm und einem Unterhaltungsfilm.<br />
Im zweiten Fall muss der Konsument in seinem Nutzenkalkül zwischen den Kosten abwägen,<br />
die er durch eine Substitution einspart (z.B. Kinoticket gegen Free-TV), und den<br />
Nutzeneinbußen, die ihm aufgrund von Qualitätseinbußen in der alternativen Rezeption des<br />
Gutes entstehen wie z.B. durch audiovisuelle Qualitätseinbußen und/oder durch eine höhere<br />
Abdiskontierung des Nutzens wegen der zeitlich versetzten Ausstrahlungszeiträume. Hier<br />
wäre im Falle des Films vor allem die substitutive Beziehung zwischen Kino und Fernsehen<br />
sowie Kino und DVD relevant. 97<br />
Im dritten Fall geht es ganz allgemein um das Angebot an und den relativen Preisen von<br />
alternativen Freizeitaktivitäten, die als Substitution <strong>zu</strong>m Filmkonsum betrachtet werden. Zu<br />
nennen wären hier <strong>zu</strong>m Beispiel Freizeitparkbesuche, Theaterbesuche, Computerspiele,<br />
Sportereignisse oder der Besuch von Musikkonzerten.<br />
95 Vgl. Acheson und Maule (1994), S. 272.<br />
96 Siehe <strong>Kapitel</strong> 1, S. 7ff.<br />
97 Zum Verhältnis Kino und TV, siehe z.B.: MacMillan und Smith (2005), S. 102f, Cameron (1990), S. 44f.<br />
35
3.10 Die Rolle des Einkommens<br />
Eine zentrale Variable, die das Verhalten der Individuen im ökonomischen Kontext<br />
beeinflusst, ist das Einkommen. Ganz allgemein fungiert das Einkommen der Individuen einer<br />
Gesellschaft als Restriktion ihrer Konsummöglichkeiten. Real steigende Einkommen<br />
implizieren, dass die Individuen mehr Geld für den Konsum von Freizeitaktivitäten, <strong>zu</strong>m<br />
Beispiel also für den Filmkonsum, besitzen werden. Sinken ihre Einkommen hingegen, <strong>zu</strong>m<br />
Beispiel durch Abgaben an den Staat, verringert sich ihr Budget für den Konsum von<br />
Freizeitaktivitäten.<br />
Real steigende Einkommen können den in Abschnitt 3.3 beschriebenen Effekt der<br />
Baumol’schen Kostenkrankheit eindämmen, indem sie in der Gesellschaft <strong>zu</strong> einem<br />
vermehrten, <strong>zu</strong>mindest aber gleich bleibendem Konsum von Filmen führen können, auch<br />
wenn die Preise für diese durch die höheren Kosten im Sektor mit konstanter Produktivität<br />
steigen. 98<br />
Der Kinobesuch gilt <strong>zu</strong>sätzlich als relativ zeitintensive Aktivität. Neben dem Effekt<br />
steigenden Realeinkommens muss somit auch ein Substitutionseffekt beachtet werden, bei<br />
dem es um die Reallokation von Zeit zwischen Freizeitaktivitäten geht. 99 Dabei wird davon<br />
ausgegangen, dass die Opportunitiätskosten der Freizeit auf Grund real steigender<br />
Einkommen steigen und deshalb zeitintensive Aktivitäten gegen weniger zeitintensive<br />
Aktivitäten substituiert werden. Anders herum lässt sich dieses Argument auch auf eine<br />
plötzlich steigende Abgabenlast an den Staat anwenden. Um ihr ursprüngliches<br />
Einkommensniveau nach der Einführung einer Abgabe wieder <strong>zu</strong> erreichen, müssen die<br />
Individuen mehr arbeiten. Auch in diesem Fall ist ein Substitutionseffekt insbesondere <strong>zu</strong><br />
Ungunsten des Kinokonsums denkbar.<br />
Des Weiteren ist <strong>zu</strong> beachten, dass unter der Annahme gleicher Preise und horizontal<br />
differenzierter Güter die relativen Einkommen der Individuen von besonderer Bedeutung<br />
sind. Ein Ausschluss von Individuen <strong>zu</strong> einem nicht-diskriminierenden, daher für alle<br />
gleichermaßen hohen Preis begünstigt grundsätzlich reichere Individuen und beungünstigt<br />
98 Vgl. Baumol (2006), S. 347.<br />
99 Der Grund dafür ist, dass in der ökonomischen Theorie Zeit als ein knappes Gut gehandelt wird. Knappen<br />
Gütern kann in der Regel auch ein Preis <strong>zu</strong>geordnet werden. Dieser „Zeitpreis“ ist für kulturelle Güter wie den<br />
Film und hier besonders für den Kinokonsum möglicherweise einflussreicher in der Konsumentscheidung der<br />
Individuen als der Eintrittspreis selbst. Vgl. Throsby (2001), S. 116.<br />
36
ärmere. Außerdem ist <strong>zu</strong> erwarten, dass Individuen mit einem geringeren Einkommen eher<br />
bereit sind, ceteris paribus, teurere Auswertungsfenster wie das Kino gegen relativ günstigere<br />
<strong>zu</strong> substituieren. Andererseits kann argumentiert werden, dass aufgrund des Zeitaspekts der<br />
relativ zeitintensive Konsum von Filmen, insbesondere des Kinokonsums, gerade bei<br />
reicheren Individuen <strong>zu</strong> einem Rückgang der Nachfrage aufgrund der höheren<br />
Opportunitätskosten führt.<br />
Aus diesen Überlegungen ist ein Kinopublikum <strong>zu</strong> erwarten, welches aus mittleren<br />
Einkommensgruppen besteht - unter der Beschränkung ihres <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden<br />
Zeitbudgets. Und aus Gruppen, die relativ mehr Zeit <strong>zu</strong>r Befriedigung ihrer<br />
Freizeitbedürfnisse <strong>zu</strong>r Verfügung haben als andere - unter der Einschränkung ihrer<br />
jeweiligen Budgetrestriktion.<br />
Auf der Basis eines Consumer Panels, durchgeführt im Jahr 2006 von der Gesellschaft für<br />
Konsumforschung (GfK) in Deutschland, hat die Filmförderanstalt (FFA) den Kinobesucher<br />
2006 in Deutschland nach soziodemographischen Gesichtspunkten analysiert. Die Ergebnisse<br />
bestätigen die oben aufgestellte Hypothese: „Jugendliche“ und „Jüngere mittleren<br />
Einkommens“ sind mit jeweils 19 % bzw. 14 % die häufigsten Kinogänger. Auf Rang 3<br />
folgen „Studierende“ und „Jüngere höheren Einkommens“ mit jeweils 10 %. Die restlichen<br />
47 % teilen sich 10 weitere Untergruppen. 100 Bei den 50 besucherstärksten Filme waren 34 %<br />
der Besucher Angestellte und 30 % Schüler bzw. Studierende. 101 Nur die Gruppe der<br />
„Jüngeren mit einem höherem Einkommen“ scheint der oben gemachten Schlussfolgerung<br />
<strong>zu</strong>nächst <strong>zu</strong> widersprechen. Allerdings ist der Kinokonsum für jüngere Menschen besonders<br />
attraktiv, so dass die höheren Opportunitätskosten in dieser Gruppe weniger Gewicht haben<br />
können als der Nutzen, den die Gruppe durch den Kinokonsum erfährt. 102<br />
3.11 Filmkapital und <strong>zu</strong>nehmender Grenznutzen<br />
Aus dem Attribut der Wichtigkeit des vorangegangenen Konsums sowie der relativen<br />
Ähnlichkeit der Musik- und Filmindustrie 103 kann im weiteren Verlauf davon ausgegangen<br />
100<br />
Vgl. FFA (2007): „Der Kinobesucher 2006“, S. 29.<br />
101<br />
Vgl. FFA (2007): „Auswertung der Top 50-Filmtitel des Jahres 2006 nach soziodemografischen sowie kinou.<br />
filmspezifischen Informationen“, S. 8.<br />
102<br />
Knapp 69 % der Kinobesucher 2006 waren unter 39 Jahren. Vgl. FFA (2007): „Der Kinobesucher 2006“, S.<br />
18.<br />
103 Vgl. Jansen (2005), S. 195 und 196.<br />
37
werden, dass Investitionen in Erfahrung und Wissen bzw. Investitionen in Human- bzw.<br />
Filmkapital entscheidend für den aktuellen und <strong>zu</strong>künftigen Filmkonsum sind. Es handelt sich<br />
dabei um eine Eigenschaft, die insbesondere im Bereich der Musik angenommen wird. Der<br />
Humankapitalaspekt, bezogen auf kulturelle Güter, besagt, dass angehäuftes Wissen und<br />
Fähigkeiten die Kosten des <strong>zu</strong>künftigen Konsums verringern (bzw. die Schattenpreise<br />
verändern) und damit <strong>zu</strong>nehmende Grenznutzen erklärt werden können. 104 Im weiteren<br />
Verlauf werden daher insbesondere auch die „Unterschiede in der Vertrautheit und der<br />
kulturellen Erziehung“ seitens der Konsumenten eine Rolle spielen in der Betrachtung des<br />
Spannungsfeldes zwischen Markt und Staat. 105<br />
3.12 Überblick und Zusammenfassung der wichtigsten Merkmale<br />
- Der Konsum von bzw. die Nachfrage nach Filmen ist aus ökonomischer Sicht<br />
abhängig von<br />
o (1) externen Informationsquellen (Marketing, Inputs (z.B. Stars), Prädikate,<br />
Preise, Medien) sowie in der Regel weitestgehend unkontrollierbaren und<br />
unvorhersagbaren dynamischen Informationsaustauschprozessen zwischen den<br />
Konsumenten,<br />
o (2) dem Zeitbudget von Individuen,<br />
o (3) dem verfügbaren realen Einkommen,<br />
o (4) den Kosten für den Erwerb bestimmter Informationen,<br />
o (5) dem vorangegangenen Konsum,<br />
o (6) den vorhandenen internen (zwischen Filmen und zwischen<br />
Auswertungsfenstern) und externen (zwischen alternativen Freizeitaktivitäten)<br />
Substitutionsmöglichkeiten,<br />
o (7) dem Preis des Filmkonsums in einem gegebenen Auswertungsfenster sowie<br />
o (8) anderen, sozialen Rahmenbedingungen (wie z.B. die Verfügbarkeit eines<br />
Babysitters).<br />
- Qualität – wie auch immer definiert – ist hingegen kein a priori Faktor. Dies folgt aus<br />
der Eigenschaft des Films als horizontal differenziertes Gut und der Eigenschaft des<br />
Films als Erfahrungsgut. Qualität kann individuell nur ex post bewertet werden; sie<br />
104 Diese Theorie wird auch unter rational addiction geführt. Vgl. Hutter und Shusterman (2006), S. 189. Darin<br />
nehmen die Autoren Be<strong>zu</strong>g auf Stigler und Becker (1977): De gustibus non est Disputandum, das hier allerdings<br />
nur als Sekundärliteratur dient.<br />
105 Vgl. Frey (2001), S. 21-25.<br />
38
kann aber über Punkt (1) suggeriert werden. Zudem festigt Punkt (5) die<br />
Erwartungshaltung bei Konsumenten.<br />
- Eine Struktur von nicht-diskriminierenden Preisen ist möglicherweise sowohl<br />
ineffizient als auch verteilungspolitisch nicht wünschenswert.<br />
- Faktoren wie Einkommen und Zeitbudget sind entscheidende Faktoren für das<br />
Konsumverhalten und die soziodemographische Zusammenset<strong>zu</strong>ng des Publikums<br />
insbesondere bei Kinofilmen.<br />
- Der Verleih spielt unter Marktbedingungen eine zentrale Rolle in der Filmindustrie: Er<br />
erfüllt eine Selektivfunktion (unter der Nebenbedingung der Maximierung des<br />
Gewinns), eine Informationsfunktion und eine Finanzierungsfunktion. Des Weiteren<br />
spielen bei ihm Skaleneffekte eine Rolle.<br />
- Nichtrivalität im Konsum und technische Reproduktion <strong>zu</strong> geringen Grenzkosten<br />
begünstigen die Herstellung und die Verbreitung von Masseninhalten.<br />
- Substantielle und wiederkehrende versunkene Kosten prägen die Filmindustrie und<br />
können damit Markt<strong>zu</strong>tritte erschweren.<br />
- Der Markt ist von extremer Unsicherheit geprägt.<br />
- Filme als kulturelle Güter haben möglicherweise besondere Effekte auf die<br />
Gesellschaft.<br />
- Investitionen in Erfahrung und Wissen bzw. Bildung von Filmkapital (= Wissen,<br />
welches sich durch den eigenen Konsum sowie externe Aufklärung bzw. Bildung<br />
vermehrt) können den Nutzen <strong>zu</strong>künftigen Konsums steigern, sind aber gegenwärtig<br />
mit Kosten verbunden.<br />
39
4.1 Einführung<br />
<strong>Kapitel</strong> 4<br />
Marktversagen in der Filmwirtschaft<br />
In der Theorie des Marktes führt der Marktmechanismus <strong>zu</strong> einer Pareto-effizienten<br />
Allokation knapper Ressourcen. Unter der Annahme vollkommenen Wettbewerbs,<br />
vollständiger Information, der Annahme der Eigennutzmaximierung und rein<br />
individualistischen Handelns werden die gegebenen Präferenzen der Gesellschaftsmitglieder<br />
optimal und effizient durch den Markt bedient. Die individuellen Wünsche, die Nachfrage<br />
und das Angebot werden dabei durch das wirkungsmächtige Werkzeug des Preises<br />
koordiniert. 106 Jeglicher Staatseingriff, der eine Verbesserung der allokativen Effizienz <strong>zu</strong>m<br />
Ziel hätte, wäre daher überflüssig oder sogar schädlich.<br />
Da<strong>zu</strong> sollen bezogen auf das Gut Film folgende Argumente näher betrachtet werden, die den<br />
Mechanismus der „erstbesten Wirtschaft“ behindern können:<br />
- Der Film als ein öffentliches Gut<br />
- Externalitäten: Non-User Values und Spillover-Effekte<br />
- Wiederkehrende versunkene Kosten<br />
- Unvollständiger Wettbewerb<br />
- Das Argument der Meritorik<br />
Diese in der jüngeren Volkswirtschaftslehre entwickelten Begriffe können auf ein<br />
Marktversagen hinauslaufen und damit, unter anderem, einen Staatseingriff normativ<br />
rechtfertigen. 107 In der Analyse und Diskussion wird es immer wieder hilfreich sein,<br />
praktische Beispiele für staatliche Aktivität in der Filmwirtschaft heran<strong>zu</strong>ziehen.<br />
Diesbezüglich wird sich insbesondere auf die Filmförderung und den Filmmarkt in<br />
Deutschland bezogen werden.<br />
106 Vgl. Blankart (2006), S. 11ff.<br />
107 Vgl. z.B. Stiglitz (1989), S. 6f.<br />
40
4.2 Der Film als öffentliches Gut<br />
Ein wichtiges Argument innerhalb der Marktversagenstheorie sind die Eigenschaften eines<br />
öffentlichen Gutes. Reine öffentliche Güter sind ein Extrembeispiel für Güter mit positiven<br />
externen Effekten, „bei denen die Ausweitung der Leistung auf eine weitere Person nichts<br />
kostet und von deren Nut<strong>zu</strong>ng man niemanden ausschließen kann“ 108 . Daraus folgt, dass die<br />
Bereitstellung dieser Güter unter dem sozialen Optimum liegen wird, da der oder die<br />
Bereitsteller einen geringeren Profit als bei privaten Gütern erhalten und somit die Produktion<br />
entweder ganz oder teilweise unterlassen werden. 109 Bei reinen öffentlichen Gütern ist also<br />
„der [positive] Nutzen in der Bevölkerung so breit gestreut, dass ein einzelnes Unternehmen<br />
oder ein einzelner Konsument keinen wirtschaftlichen Anreiz darin sähe, die Dienstleistung<br />
<strong>zu</strong> erbringen und eine Gegenleistung dafür ein<strong>zu</strong>treiben“ 110 . In diesem Fall versagt der<br />
Preismechanismus des Marktes: Für reine öffentliche Güter gibt es keinen Preis, der Angebot<br />
und Nachfrage <strong>zu</strong> koordinieren im Stande wäre.<br />
Ist <strong>zu</strong>m Beispiel ein Leuchtturm erst einmal gebaut und aktiviert, so kann sein Produzent kein<br />
Schiff von der Nut<strong>zu</strong>ng der Wegleitung ausschließen. Es ist schlichtweg nicht möglich, das<br />
Licht für ein einzelnes Schiff einfach aus<strong>zu</strong>schalten, während es für andere, die dafür zahlen,<br />
sichtbar bleiben soll. Und selbst wenn dies möglich wäre, so wäre es volkswirtschaftlich<br />
gesehen nicht effizient, denn die Kosten für die <strong>zu</strong>sätzliche Bereitstellung der Leistung sind ja<br />
gleich null, die Grenzkosten eines Ausschlusses dagegen hoch. In diesem Beispiel wäre die<br />
effizienteste Lösung, dass der Staat den Leuchtturm aufstellt.<br />
Betrachtet man die beiden Attribute der Nichtrivalität und Nichtausschließbarkeit im Fall des<br />
Films als Vorausset<strong>zu</strong>ng für das Vorliegen eines reinen öffentlichen Gutes, so lässt sich<br />
feststellen, dass eine Rivalität im Filmkonsum in der Regel nicht gegeben ist: Ein Film kann<br />
auch dann noch konsumiert werden, wenn ihn ein anderer Konsument gerade sieht oder<br />
bereits gesehen hat, und zwar <strong>zu</strong>r selben Qualität. Ist ein Film erst einmal hergestellt worden,<br />
so wird es keine Rolle für seine Verfügbarkeit und Qualität spielen, von wie vielen Individuen<br />
er <strong>zu</strong>vor oder gleichzeitig konsumiert wurde bzw. wird. Mit anderen Worten sind die<br />
108 Vgl. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 61. Weitere Beispiele wären die Erd -Atmosphäre oder die Verteidigung<br />
eines Landes.<br />
109 Vgl. Stiglitz (1989), Seite 100f.<br />
110 Vgl. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 61.<br />
41
Opportunitätskosten eines Individuums durch die <strong>zu</strong>sätzliche Nut<strong>zu</strong>ng anderer in der Regel<br />
gleich null. 111 Im Einzelfall kann es aber durchaus vorkommen, dass Rivalität im Konsum<br />
herrscht: Ein Beispiel dafür wäre ein verminderter Nutzen im Genuss eines Kinobesuches,<br />
etwa durch Lärm oder das beim Kino begrenzte Sitzplatzangebot.<br />
Das Attribut der Nichtausschließbarkeit ist hingegen nur teilweise auf den Film anwendbar.<br />
Während im Kino durch den Verkauf der Eintrittskarten am Kinoschalter sehr stark<br />
„ausgeschlossen“ werden kann, wird es bei anderen Auswertungsfenstern wie <strong>zu</strong>m Beispiel<br />
im frei <strong>zu</strong>gänglichem Fernsehen für den Produzenten, Verleiher oder den Betreiber des<br />
Senders weitaus schwieriger, einzelne Individuen für den Konsum eines Films <strong>zu</strong>r Kasse <strong>zu</strong><br />
bitten. 112 Der Film kann daher als ein so genanntes gemischtes Gut oder, spezifischer, als<br />
Mautgut 113 bezeichnet werden, welches sich durch möglichen Ausschluss und in der Regel<br />
durch Nichtrivalität im Konsum definiert.<br />
Innerhalb des Filmkonsums unterscheidet sich der Grad des Öffentlichen Gut-Attributs in<br />
dem jeweils vom Produzenten gewähltem (bzw. wählbarem) und den Konsumenten <strong>zu</strong>r<br />
Verfügung stehenden Auswertungsfenstern. Ein im Fernsehen gezeigter Film weist einen<br />
höheren Grad eines öffentlichen Gutes auf (Rivalität nicht vorhanden, Ausschluss nur sehr<br />
bedingt möglich) als ein im Kino gezeigter Film (Rivalität in der Regel nicht vorhanden,<br />
Ausschließbarkeitsgrad hoch).<br />
Im Sinne des Arguments gilt daher <strong>zu</strong>nächst fest<strong>zu</strong>halten, dass ein Marktversagen aufgrund<br />
des Öffentlichen Gut-Charakters des Films <strong>zu</strong>nächst nicht grundsätzlich konstatiert werden<br />
kann. Der Markt versagt hier (eher) in der Produktion von reinen Fernsehfilmen oder<br />
Internetfilmen, weniger jedoch im Falle des Kinos.<br />
4.2.1 Freifahrerverhalten<br />
Im Markt gibt es in der Regel keinen Anreiz, dass jemand für öffentliche Güter seine wahren<br />
Präferenzen freiwillig enthüllt, denn das bereitgestellte Gut kann auch dann im vollen Umfang<br />
111 Vgl. Brümmerhoff (2001), S. 94.<br />
112 Wenn eine Familie einen Film gemeinsam im Fernsehen schaut, mag es für den Produzenten oder Verleiher<br />
schwierig bzw. <strong>zu</strong> kostspielig sein, einzelne Mitglieder vom Konsum aus<strong>zu</strong>schließen. Es wird i.d.R. einen<br />
Pauschalpreis in Form von Lizenzen und Nut<strong>zu</strong>ngsgebühren geben, egal ob die ganze Familie oder nur ein<br />
einzelnes Mitglied den Film konsumiert. Eine gängige Alternative <strong>zu</strong> solchen Nut<strong>zu</strong>ngsgebühren ist die<br />
privatwirtschaftliche Finanzierung durch Werbung.<br />
113 Vgl. Blankart (2006), Seite 62f.<br />
42
genutzt werden, wenn ein Einzelner nichts zahlt. Dies wäre im Fall des öffentlich-rechtlichen<br />
Fernsehens in Deutschland denkbar: Zwar ist seine Bereitstellung höchstwahrscheinlich von<br />
der Mehrheit der Bevölkerung gewünscht, doch würde ein Individuum, welches freiwillig<br />
einen Beitrag leisten sollte, keinen Anreiz haben, den Beitrag seinen wahren Präferenzen<br />
entsprechend <strong>zu</strong> leisten. Im Gegenteil: Umso mehr Menschen das Gut nutzen, umso geringer<br />
ist dieser Anreiz, denn das Ausscheren aus der Finanzierung hätte wahrscheinlich keine<br />
Folgen für den eigenen Nutzen. Während der Marktmechanismus bei privaten Gütern eine<br />
wahre Präferenzenthüllung automatisch und dezentral hervorruft, ist eine freiwillige<br />
Enthüllung derselben bei öffentlichen Gütern, gegeben es kann niemand vollständig<br />
ausgeschlossen werden, weniger wahrscheinlich und begünstigt Freifahrerverhalten. 114 So<br />
kann laut Blankart (2006) individuelle Rationalität (hier: die individuelle Entscheidung, nichts<br />
für die Bereitstellung der Güter <strong>zu</strong> zahlen) <strong>zu</strong> einer kollektiven Irrationalität führen. 115 In<br />
bestimmten Fällen ist es daher nachvollziehbar, wenn der Staat Steuern oder Gebühren erhebt,<br />
um diese kollektive Irrationalität <strong>zu</strong> umgehen. 116 Ganz anders liegt der Fall im Kinokonsum:<br />
Eine Entscheidung des Konsumenten, sich nicht „an der Finanzierung <strong>zu</strong> beteiligen“ schließt<br />
ihn aus. Er kommt nicht in den Genuss des Gutes. In diesem Fall spielt das<br />
Freifahrerverhalten keine Rolle. Doch was ist mit dem Grenzfall, wenn das Produkt früher<br />
oder später doch „umsonst“ <strong>zu</strong> haben ist?<br />
4.2.2 Der Einfluss technologischer Entwicklungen auf die „Öffentlichkeit“<br />
eines Films<br />
In den ersten 50 Jahren der Filmgeschichte, als es das Fernsehen und das Internet noch nicht<br />
gab, war der Film dementsprechend weiter von einem reinen öffentlichen Gut entfernt als<br />
heute. Technologische Entwicklungen haben also offensichtlich einen direkten Einfluss auf<br />
die „Öffentlichkeit“ eines Gutes bzw. eines Films. 117<br />
In der Praxis durchläuft ein Film heut<strong>zu</strong>tage mehrere Auswertungsfenster, so dass eine<br />
grundsätzliche Trennung dieser, beispielsweise von Fernsehkonsum und Kinokonsum, in der<br />
114 Vgl. Stiglitz (1989), S. 115: Frei- oder Schwarzfahrerverhalten bedeutet „die mangelnde Bereitschaft der<br />
Individuen, freiwillig die Bereitstellung öffentlicher Güter <strong>zu</strong> unterstützen.“<br />
115 Vgl. Blankart (2006), S.61.<br />
116 Allerdings ist die Höhe maßgeblich: Sind die Nut<strong>zu</strong>ngsgebühren sehr hoch, so kann dies <strong>zu</strong><br />
Konsumverzerrungen führen, z.B. durch die Substitution weg von bestimmten, substitutsnahen Filmen im Kino.<br />
117 Ähnliche Entwicklungen sind auch in der Musikindustrie bezüglich der Diffusion des Radios und des so<br />
genannten Internet-Live-Streaming <strong>zu</strong> beobachten.<br />
43
Regel unrealistisch sein mag. Ein Kinofilm wird in der Regel früher oder später immer <strong>zu</strong><br />
einem Fernsehgut und damit mehr öffentlich. Daraus folgt, dass für den Kinofilmproduzenten<br />
oder Verleiher insbesondere die Verwertung und Durchset<strong>zu</strong>ng seiner Rechte gewährleistet<br />
sein sollte.<br />
Interessant ist hierbei auch die Entwicklung im Bezahlfernsehen, welches in den USA eine<br />
weitaus bedeutendere Rolle einnimmt als <strong>zu</strong>m Beispiel in Deutschland: Durch diese<br />
Technologie ist es möglich geworden, Konsumenten auch im Fernsehen „aus<strong>zu</strong>schließen“.<br />
Der trade-off, der im Nutzenkalkül des Konsumenten dann stattfindet, ist derjenige zwischen<br />
Preis und zeitlicher Exklusivität der Ausstrahlung, im Vergleich mit dem <strong>zu</strong> einem späteren<br />
Zeitpunkt in der Regel allen Individuen öffentlich <strong>zu</strong>gänglichen Fernsehprogramm. Wie<br />
wichtig zeitliche Exklusivität tatsächlich ist, also der Zeitpunkt, wann ein Film konsumiert<br />
wird – ausgedrückt durch die subjektive Diskontrate im Konsumnutzen –, und wie sich dieser<br />
Effekt von Kultur <strong>zu</strong> Kultur möglicherweise unterscheidet, wäre eine interessante empirische<br />
Fragestellung. In einer aktuellen Studie der GfK über den Filmkonsum in Deutschland 2007<br />
gaben 55 % der Befragten an, dass sie bewusst auf die Fernsehausstrahlung eines deutschen<br />
Kinofilms warten würden, und das mehrheitlich auf Grund von finanziellen Überlegungen. 118<br />
Folgt man diesem Argument, so hat auch jeder (deutsche) Kinofilm letztlich das Attribut<br />
eines (zeitlich versetzten) öffentlichen Gutes inne.<br />
Das Spannungsfeld zwischen Staat und Markt erschöpft sich innerhalb dieses Arguments<br />
insbesondere in der Gewährleistung von Urheberrechten, Leistungsschutzrechten und<br />
Nut<strong>zu</strong>ngsrechten. Damit ist es dem Produzenten und dem Verleiher möglich, selbst dann noch<br />
Profite ab<strong>zu</strong>schöpfen, wenn ein Ausschluss praktisch nicht mehr möglich ist.<br />
4.3 Externe Effekte<br />
Externe Effekte liegen vor, wenn die Handlung eines Individuums (Konsum) oder eines<br />
Unternehmens (Produktion) Kosten (negative externe Effekte) oder Nutzen (positive externe<br />
Effekte) für andere Individuen oder Unternehmen verursacht, die außerhalb des Marktes<br />
stehen, ohne dass diese durch den Markt belohnt oder <strong>zu</strong>r Zahlung verpflichtet werden. 119<br />
118 Vgl. FFA (2008): „Der deutsche Film unter der Lupe: Akzeptanz – Image – Stärken und Schwächen“, S. 71<br />
und 74.<br />
119 Vgl. z.B. Stiglitz (1989), S.101f.<br />
44
Eine Folge von externen Effekten ist die ineffiziente Bereitstellung von bestimmten Gütern<br />
durch den Markt. Ein positiver externer Effekt wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden aller<br />
(oder bestimmter Gruppen) in der Gesellschaft lebenden Individuen aus, doch erhält das<br />
Individuum oder das Unternehmen, welches die Leistung erbringt bzw. den externen Effekt<br />
hervorruft, keinerlei Gegenleistung durch den Markt. Angewendet auf den Bereich der<br />
Filmwirtschaft könnte man annehmen, dass bestimmte Filme oder eine bestimmte Gruppe von<br />
Filmen (z.B. der „deutsche Film“) einen positiven Effekt auf viele Individuen und/oder andere<br />
Wirtschaftszweige haben, ohne dass der Markt dies hinreichend belohnt oder entschädigt.<br />
Folgende prominente Beispiele aus der Kulturökonomie sollen auf den Bereich des Films<br />
angewendet und diskutiert werden:<br />
- Non-user Values<br />
- Spillover-Effekte<br />
4.3.1 Non-user values des Films: Options-, Prestige- und Vermächtniswert<br />
Die so genannten non-user values stellen eine nicht-effektive Nachfrage dar. 120 Da der Markt<br />
lediglich imstande ist, effektives Angebot und effektive Nachfrage <strong>zu</strong> koordinieren, wird ein<br />
Filmproduzent keinen Anreiz haben, einen solchen passiven Wert unter Marktbedingungen<br />
von sich aus bereit<strong>zu</strong>stellen und wird ihn als Folge missachten. Im Folgenden sollen drei<br />
prominente non-user values, der Options-, Prestige- und Vermächtniswert, betrachtet und auf<br />
den Film angewendet werden.<br />
Hinter dem Gedanken des Optionswertes steht, bezogen auf den Film, dass ein Individuum<br />
(oder eine Gesellschaft als Ganzes) einen Nutzen allein aus der Möglichkeit zieht, einen<br />
bestimmten Film oder eine bestimmte Gruppe von Filmen konsumieren <strong>zu</strong> können, auch ohne<br />
ihn/diese gegenwärtig aktiv <strong>zu</strong> konsumieren. Mit anderen Worten kauft er oder sie sich zwar<br />
kein Ticket an der Kinokasse, erfreut sich aber trotzdem an der Möglichkeit, diesen Film<br />
entweder potenziell oder irgendwann einmal sehen <strong>zu</strong> können.<br />
Der Prestigewert wiederum geht davon aus, dass die Individuen einer Gesellschaft die<br />
Existenz oder die Aktivität und den Output einer nationalen Filmwirtschaft schätzen, da diese<br />
120 Vgl. Frey (2001), S. 101.<br />
45
sie mit Stolz erfüllen und/oder eine kulturspezifische Identität und Identifikation fördern. 121 In<br />
diesem Zusammenhang ließe sich <strong>zu</strong>m Beispiel der Prestigegewinn durch internationale und<br />
nationale Preise nennen, der sich auch auf diejenigen Individuen auswirkt, die das Produkt<br />
nicht selbst konsumieren.<br />
Zuletzt soll der potenzielle Vermächtniswert eines bestimmten Films oder einer Gruppe von<br />
Filmen erwähnt werden. Hier geht es darum, dass ein Film oder eine bestimmte Gruppe von<br />
Filmen für <strong>zu</strong>künftige Generationen ebenfalls einen Nutzen darstellen, diese aber nicht<br />
imstande sind, ihre Präferenzen auf dem Gegenwartsmarkt <strong>zu</strong> signalisieren. 122<br />
Da in diesen Fällen der Markt als Koordinationsmechanismus versagt, stellt sich die Frage,<br />
wie und von wem die <strong>zu</strong>sätzlichen Werte <strong>zu</strong> quantifizieren und um<strong>zu</strong>setzen sind. Da<br />
freiwillige Zahlungen der Individuen <strong>zu</strong> Freifahrerverhalten verleiten, wäre eine Übertragung<br />
dieser Aufgaben an den Staat denkbar und möglicherweise am effektivsten.<br />
Der Staat müsste da<strong>zu</strong> allerdings wissen, welche Option er anbieten und welches Vermächtnis<br />
produziert und erhalten werden soll.<br />
„But this [the fact that such non-user values exist] says little about the extent and<br />
nature of any possible government intervention.“ 123<br />
Hier<strong>zu</strong> wird häufig vorgeschlagen, die Gesellschaftsmitglieder <strong>zu</strong>r Quantifizierung dieser hier<br />
untersuchten Werte <strong>zu</strong> befragen, denn nur sie können wissen, was für sie selbst am besten ist.<br />
Bei dieser Argumentation wird allerdings häufig übersehen, dass die freiwillige Aufdeckung<br />
exakt quantifizierbarer Präferenzen im Falle öffentlicher Güter bzw. Mischgüter praktisch nur<br />
schwierig <strong>zu</strong> ermitteln ist, was vermutlich ebenso für öffentliche Befragungen gilt. 124<br />
Außerdem ist eine quantitativ exakte Ermittlung im Fall von gewünschten Filmen nur schwer<br />
vorstellbar: Filme sind jeweils einzigartig und sind darüber hinaus Erfahrungsgüter. 125 Sie<br />
entstehen durch kreative Prozesse, verändern sich kontinuierlich in Form und Inhalt und<br />
reagieren auf ihre soziale, technologische und ökonomische Umgebung. In diesem Fall und<br />
121 Vgl. Ebker (1998), S. 86, Throsby (2001), S. 132.<br />
122 Vgl. Frey (2001), S. 100ff., Peacock (2006), S. 1132ff.<br />
123 Vgl. Frey (2001), S. 102.<br />
124 Zur Aufdeckungsproblematik von Präferenzen für (quasi-)öffentliche Güter: Vgl. Hutter und Shusterman<br />
(2006), S. 196, Brümmerhoff (2001), S. 104ff. Für weitere Präferenzenthüllungsverfahren, insbesondere im<br />
Bereich der Kultur und Künste, siehe Frey (2001), S. 103f.<br />
125 Vgl. <strong>Kapitel</strong> 3.8, S. 33.<br />
46
innerhalb dieses Arguments könnte es sogar sein, dass nicht einmal der Konsument genau<br />
weiß, welches Angebot er eigentlich wünscht. 126<br />
Die Notwendigkeit der Quantifizierung ist natürlich nicht <strong>zu</strong> unterschätzen. So könnte es sein,<br />
dass ein aus Steuern finanziertes Filmförderungsmodell die sozialen Vorteile bei weitem<br />
übersteigt, indem es der Gesellschaft übermäßig hohe Kosten aufbürdet. Gleichzeitig könnte<br />
eine öffentliche Bereitstellung dieser passiven Konsumwerte durch Steuermittel <strong>zu</strong> einer<br />
ungewünschten Reduktion von Mitteln in anderen kulturellen Bereichen führen. Eine<br />
Förderung der Option, des Vermächtnisses oder des Prestiges trifft auf viele kulturelle und<br />
künstlerische Güter <strong>zu</strong>. Auch sie müssten Unterstüt<strong>zu</strong>ng erhalten.<br />
Die Tatsache allerdings, dass die oben genannten Effekte nur schwer <strong>zu</strong> quantifizieren sind,<br />
sollte keinesfalls bedeuten, diese ganz oder auch teilweise <strong>zu</strong> negieren. 127 So müssten die<br />
Effekte eventuell geschätzt werden, innerhalb des politischen Prozesses <strong>zu</strong>m Ausdruck<br />
gebracht, z. B. innerhalb politischer Parteiprogramme, und schließlich durch Wahlen<br />
implementiert werden. 128 Die daraus resultierenden Effizienzkosten wären dann der Preis für<br />
die Bereitstellung dieser Werte. Allgemein gilt, umso höher dieser Preis, d.h. umso höher die<br />
Kosten für die Individuen, umso unwahrscheinlicher die Durchsetzbarkeit im politisch<br />
demokratischen Prozess und vice versa. 129<br />
Eine Studie der GfK über den Filmkonsum 2007 und die Einstellung <strong>zu</strong>m „deutschen Film“<br />
zeigt, dass insbesondere Nicht-Filmkonsumenten 130 den deutschen Film besonders<br />
schätzen. 131 Darüber hinaus fügen Hutter und Shusterman (2006) an:<br />
„Responses to surveys questions are radically different from the actual reduction of<br />
buying power in a market transaction. Still, the results consistently indicate a positive<br />
126 Dieser Punkt wird noch einmal aufgegriffen, wenn es um meritorische Bedürfnisse gehen wird. Siehe <strong>Kapitel</strong><br />
4.6, S. 64ff.<br />
127 Vgl. Throsby (2001), S. 151: „The difficulties of quantifying individual demands for collective goods has<br />
meant that they have tended to be downplayed in importance in the individualistic-orientated economy.”<br />
128 Zu den Schwierigkeiten der Aufdeckung von Präferenzen innerhalb des Wahlverfahrens: vgl. Brümmerhoff<br />
(2001), S. 225ff.<br />
129 In Anlehnung an Blankart (2006), S. 76 und 77.<br />
130 Personen, die 2007 weder ins Kino gegangen sind noch ein Video oder eine DVD ausgeliehen oder gekauft<br />
haben.<br />
131 Relativ <strong>zu</strong> Filmen aus anderen Ländern. Vgl. FFA (2008): „Der deutsche Film unter der Lupe: Akzeptanz –<br />
Image – Stärken und Schwächen“, S. 27.<br />
47
willingness to pay for artistic works and institutions […]. Particularly noteworthy is<br />
the observation of option values.” 132<br />
Aus diesen Quellen kann, wenn auch aufgrund ihrer mehr qualitativen Natur nur vorsichtig,<br />
konstatiert werden, dass eine Divergenz zwischen passiven und aktiven Vorteilen bzw.<br />
zwischen tatsächlicher und potenzieller Nachfrage vorliegt, und dass der Staat ein geeignetes<br />
Instrument darstellen kann, für die Bereitstellung dieser Werte <strong>zu</strong> sorgen. Diesbezüglich wäre<br />
eine Sicherstellung einer bestimmten Anzahl gewisser Filmproduktionen, z.B. durch<br />
Produktionssubventionen, eine denkbare und folgerichtige Zielvorgabe. Zudem gilt es<br />
insbesondere, eine thematische, genrespezifische 133 und inputbezogene 134 Vielfalt innerhalb<br />
dieser Filme <strong>zu</strong> garantieren, um möglichst viele Präferenzen abdecken <strong>zu</strong> können. Um dem<br />
Vermächtniswert gerecht <strong>zu</strong> werden, müsste des Weiteren die Aufbewahrung und<br />
Zugänglichkeit besonders gelungener Filme 135 sichergestellt sein. 136<br />
Eine weitere Implikation dieses Arguments für das Spannungsfeld zwischen Markt und Staat<br />
ist, dass bei der Finanzierung der Filmförderung durch den Staat die Gesellschaft als Ganzes<br />
herangezogen werden sollte, und nicht nur diejenigen, die tatsächlich ins Kino gehen oder<br />
eine DVD kaufen. Dies folgt unmittelbar aus den <strong>zu</strong> weiten Teilen passiven Konsumwerten.<br />
Die Tatsache, dass sich die Filmförderung in Deutschland und Frankreich <strong>zu</strong> großen Teilen<br />
aus Kinoticketabgaben und Videoerlösabgaben finanziert 137 , widerspricht damit der Logik der<br />
hier angestellten Argumente und kann durch sie nicht erklärt werden.<br />
4.3.2 Spillover-Effekte der Filmwirtschaft<br />
In diesem Argument verbinden sich vor allem Effekte, welche die Produktion von Filmen<br />
sowie die Ansiedlung und Aktivität von Filmunternehmen und Filmstudios auf direkt mir ihr<br />
132 Vgl. Hutter und Shusterman (2006), S. 196.<br />
133 Zum Beispiel Dramen, Komödien, Science-Fiction, Action, etc.<br />
134 Daher der Einsatz unterschiedlicher und wechselnder Drehbuchautoren, Schauspieler, Drehorte etc.<br />
135 Denkbar wären solche Filme, die einen großen Zuschauer<strong>zu</strong>spruch im Kino erfahren haben. Oder diejenigen,<br />
die von Filmkritikern und -experten besonders gelobt wurden oder die besondere Preise und Auszeichnungen<br />
gewonnen haben.<br />
136 Eine solche Kollektion betreibt auch die US-amerikanische Politik. Jedes Jahr werden einige wenige Filme<br />
von Filmexperten, Branchenvertretern und externen Fachleuten ausgewählt, die <strong>zu</strong> den wichtigsten Filmen des<br />
amerikanischen Kulturerbes gehören. Einer der letzten Filme, die ausgewählt wurden, war Kevin Kostner’s Epos<br />
Der mit dem Wolf tanzt (1991).<br />
137 In Deutschland liegt <strong>zu</strong>r Zeit eine Verfassungsklage der Kinobetreiber gegen diese Form der Abgabe vor.<br />
Während sie in Deutschland umsatzabhängig zwischen 1,8 % und 3 % liegt, so sind es in Frankreich knapp<br />
11 %.Vgl. Für Deutschland: §66 und §66a, FFG. Für Frankreich: Vgl. Kurp (2004), S.9f.<br />
48
verbundene sowie umliegende Wirtschaftsbereiche und auf andere Märkte, wie <strong>zu</strong>m Beispiel<br />
den Arbeits- und Bildungsmarkt, hat.<br />
Zunächst einmal ist fest<strong>zu</strong>stellen, dass nach diesem Argument der Markt versagt, weil die<br />
Aktivität der Filmwirtschaft im Allgemeinen positive und stimulierende Effekte auf andere<br />
wirtschaftliche und gesellschaftliche Bereiche haben kann. Andere Wirtschaftszweige, wie<br />
<strong>zu</strong>m Beispiel Zulieferbetriebe, Hotels, Gaststätten, Autovermieter oder Supermärkte, werden<br />
in der Regel von der wirtschaftlichen Aktivität einer Filmproduktion profitieren, ohne jedoch<br />
die Kosten dafür <strong>zu</strong> tragen. Damit ist der Filmproduzent ein so genannter loss-leader: Er trägt<br />
die alleinigen Kosten für wirtschaftliche vorteilhafte Effekte in anderen Bereichen. Auch die<br />
Gesellschaft als Ganzes oder <strong>zu</strong>mindest die in einer Region lebenden Individuen können<br />
profitieren, da die allgemeine Kaufkraft gestärkt wird. Und auch innerhalb der übrigen<br />
Filmwirtschaft kann es <strong>zu</strong> Spillover-Effekten kommen: So profitieren alle anderen<br />
Produzenten, konkurrierende Verwertungsketten und insgesamt die gesamte Filmindustrie<br />
von einem Pool an praktisch trainierten Talenten. 138<br />
In diesem Fall könnte argumentiert werden, dass der Staat in den Markt eingreifen sollte,<br />
indem er <strong>zu</strong>m Beispiel durch direkte Beihilfen Anreize schafft, Filme <strong>zu</strong> produzieren, um<br />
Spillover-Effekte <strong>zu</strong> kompensieren bzw. <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong> generieren. 139<br />
Allerdings muss dabei beachtet werden, dass der Staat <strong>zu</strong>r Förderung der Filmproduktion<br />
bzw. der Filmwirtschaft Steuern erheben wird bzw. Abgaben fordern muss, die bei den <strong>zu</strong>r<br />
Zahlung Verpflichteten oder bei denen, die dadurch relativ weniger Zuwendung erfahren,<br />
fehlen werden. In der ökonomischen Analyse ist daher eher <strong>zu</strong> fragen, wer die Begünstigten<br />
der Steuermittel sind, wer die Begünstigten der Regionaleffekte sind, wer die Finanzierung<br />
trägt und wem diese Gelder (alternativ) entgangen sind. 140<br />
So taucht die Frage auf, ob es in Be<strong>zu</strong>g auf die politischen Ziele des Regionaleffekts, der<br />
Standortpolitik und/oder positiver Arbeitsplatzeffekte nicht auch einen alternativen,<br />
möglicherweise effizienteren Einsatz der knappen Mittel in einem anderen Wirtschaftsfeld<br />
138 Vgl. Peacock (2006), S. 1134 und 1135.<br />
139 Diesem Argument liegt der Gedanke der Umwegrentabilität von Steuergeldern <strong>zu</strong>grunde: durch den Kanal<br />
der Filmwirtschaft sollen durch Steuermittel positive Effekte auf die übrige Gesellschaft, die Wirtschaft und<br />
letztlich auch auf den Staat selbst übertragen werden, indem letzten Endes wieder mehr Steuergelder <strong>zu</strong>rück als<br />
rein fließen.<br />
140 Vgl. Peacock (2006), S. 1130: „[…] employment and production subsidies to specific firms should be<br />
frowned upon, as they discriminate between actual or potential competitors and may cause X inefficiency.”<br />
49
gibt. 141 Während eine solche Überlegung im Hinblick auf die Ziele ökonomisch schlüssig ist,<br />
übersieht sie jedoch den ursächlichen Marktversagenstatbestand, auf Grundlage dessen in<br />
diesem <strong>Kapitel</strong> argumentiert wird: Es ist durchaus denkbar, dass <strong>zu</strong>m Beispiel der Bau einer<br />
Chipfabrik auf grüner Wiese – nach gründlicher Kosten-Nutzen Analyse oder impact Studie –<br />
belegt, dass eine Förderung dieser einen höheren Regionaleffekt bzw. eine effizientere<br />
Einset<strong>zu</strong>ng der Mittel generiert als, ceteris paribus, eine Filmförderung. Nichtsdestotrotz<br />
bliebe das Problem für den Filmproduzenten und andere Akteure der Filmwirtschaft, die für<br />
die genannten positiven Effekte nicht kompensiert werden. Der (Film-)markt würde immer<br />
noch versagen und einige wenige Individuen oder Unternehmen würden immer noch die<br />
Kosten für andere tragen. Das vorliegende Problem ist daher vor allem ein Zielproblem: Will<br />
der Staat das ursächliche Marktversagen korrigieren, so müsste er auch die Filmwirtschaft für<br />
deren Effekte kompensieren. Will er jedoch ausschließlich Regionaleffekte irgendeiner Art<br />
maximieren, so müssten im Prinzip alle möglichen Alternativen des Mitteleinsatzes<br />
herangezogen werden und die letztendlich effizienteste Mittelallokation derjenigen Branche<br />
<strong>zu</strong>kommen, welche die höchsten Effekte mit den gegebenen Mitteln erzielt.<br />
Wichtig für den politökonomischen Prozess ist des Weiteren, welche <strong>zu</strong>sätzlichen<br />
Nebeneffekte eine auf Regionaleffekten basierende Förderpolitik auf die Aktivitäten der<br />
Filmwirtschaft hat. Entstehen daraus Ineffizienzen im Sinne einer verschwenderischen<br />
Allokation von Ressourcen, die größer sind als im Falle des ursprünglichen Marktversagens,<br />
so wird von einem Staatsversagen gesprochen. 142 In diesem Fall kann die staatliche<br />
Förderung erheblich verzerrende Auswirkungen, vor allem auf die Entscheidungskalküle der<br />
Akteure innerhalb der Filmwirtschaft, haben. Möglicherweise werden unternehmerische und<br />
künstlerisch-kreative Entscheidungen allein auf Grundlage der Ausgabenvorausset<strong>zu</strong>ngen<br />
getroffen. Inputs werden nach Herkunft anstatt nach Güte und Kosten ausgewählt, um das<br />
Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen <strong>zu</strong> erfüllen. Weiterhin wäre denkbar, dass Dreharbeiten<br />
an dem Ort stattfinden, wo die Fördergelder ausgegeben werden müssen, anstatt nach<br />
künstlerischer Eignung bzw. nach dem Prinzip der Kostenminimierung <strong>zu</strong> operieren. In<br />
diesem Fall wäre das Entstehen eines Subventionsmanagements denkbar, das möglicherweise<br />
viel Zeit und Kosten damit verschwendet, den Regularien anstatt den Kernaufgaben der<br />
wirtschaftlichen und künstlerisch-kreativen Aktivität der Filmherstellung und Verbreitung<br />
141 Vgl. z.B. Throsby (2001), S. 140, Peacock (2006), S. 1135.<br />
142 Vgl. z.B. Stiglitz (1989), S.7f.<br />
50
gerecht <strong>zu</strong> werden. Ein solches Subventionsmanagement würde <strong>zu</strong>dem verstärkt, wenn es eine<br />
Vielzahl von Fördertöpfen mit jeweils eigenen Vorausset<strong>zu</strong>ngen gäbe. 143<br />
Es gilt fest<strong>zu</strong>halten, dass wirtschaftspolitisch motivierte Ziele, die entweder den<br />
Filmwirtschaftsbereich nicht selbst betreffen oder über das ursächliche Marktversagen<br />
hinausgehen, aus ökonomischer Sicht <strong>zu</strong>mindest fragwürdig sind. Die Gefahr eines<br />
Staatsversagens vergrößert sich. Ein Wettbewerb verschiedener Förderinstitutionen um<br />
Filmproduktionen scheint ineffizient – sowohl hinsichtlich der Anreize für die Empfänger als<br />
auch hinsichtlich der Verschwendung von knappen Ressourcen. Anreize durch gute<br />
Infrastruktur, geringe Bürokratiekosten wie <strong>zu</strong>m Beispiel eine zügige und schnelle<br />
Bearbeitung von Drehgenehmigungsverfahren und gut ausgebildetes Talent in der Standort-<br />
und Bildungspolitik können besser da<strong>zu</strong> geeignet sein, Filmproduktionen <strong>zu</strong> fördern und<br />
an<strong>zu</strong>locken und würden darüber hinaus unerwünschte Nebeneffekte minimieren.<br />
4.4 Marktversagen durch wiederkehrende versunkene Kosten<br />
Das Merkmal der wiederkehrenden versunkenen Kosten aus <strong>Kapitel</strong> 3 bedeutet, dass der Preis<br />
für einen Film im Falle der Marktlösung seine Grenzkosten in der Regel übersteigen wird.<br />
Dies wird umso wahrscheinlicher, je stärker die Ausschlussmöglichkeit gegeben ist und je<br />
höher die Herstellungs- oder Investitionskosten relativ <strong>zu</strong> übrigen Kosten liegen. 144 Dies ist<br />
keineswegs irrational, denn im Falle des Films sind die Herstellungskosten oder die<br />
„Entwicklungskosten“ in der Regel relativ hoch. So würde ein Preis, der den Grenzkosten<br />
gleichgesetzt wäre, einen negativen Gewinn für alle Beteiligten - Produzenten, Verleiher,<br />
Kinobesitzer - <strong>zu</strong>r Folge haben. 145 Der Preis wird sich daher an den Durchschnittskosten<br />
orientieren und – in Abhängigkeit der versunkenen Kosten und des Auswertungsfensters –<br />
mehr oder weniger über den Grenzkosten liegen. 146 Im Folgenden soll insbesondere die<br />
143 Dies ist <strong>zu</strong>m Beispiel in Deutschland der Fall. Fast jedes Bundesland hat seine eigene Filmförderung.<br />
Zusätzlich fördern der Bund und die EU. Zwar hat solch eine dezentralisierte Förderung auch unbestritten<br />
Vorteile z. B. durch einen Wettbewerb zwischen den Institutionen bei gegeben Zielen, aber kann vor allem,<br />
wenn sich Ziele und Zielvorgaben voneinander unterscheiden, <strong>zu</strong> ungewollten Verhaltensweisen der<br />
Subventionsempfänger und kostspieligen Verzerrungen in der Allokation von Ressourcen führen.<br />
144 Vgl. Baumol (2006), S. 349.<br />
145 In Anlehnung an Blankart (2006), S. 61. Im Fall des Auswertungsfensters Fernsehen liegt der Fall anders.<br />
Hier kann und wird der Preis nahe oder gleich den Grenzkosten liegen, normalerweise bei nahe Null. Hierbei<br />
finanziert sich der am Markt operierende Fernsehsender durch Werbeeinahmen, die er während der Ausstrahlung<br />
eines Films zwischenschaltet. Zu beachten gilt hierbei, dass dadurch dem Konsumenten <strong>zu</strong>m Teil erhebliche<br />
Nutzeneinbußen anderer Art entstehen können, wie <strong>zu</strong>m Beispiel Genussminderung in Folge ständiger<br />
Unterbrechungen in der Wahrnehmung bzw. Nut<strong>zu</strong>ng des jeweiligen Films respektive Gutes.<br />
146 Vgl. Baumol (2006), S. 349.<br />
51
Problematik eines „<strong>zu</strong> hohen“ Preises anhand des Auswertungsfensters Kino (höchste<br />
Ausschließbarkeit) diskutiert werden.<br />
Ein wie weit auch immer über den Grenzkosten liegender Preis generiert aus<br />
volkswirtschaftlicher Sicht eine suboptimale Nachfrage, die unter der tatsächlichen bzw. unter<br />
dem gewünschten sozialen Optimum liegt und damit <strong>zu</strong> Wohlfahrtsverlusten führt. In diesem<br />
Fall versagt der Markt. Eine Marktlösung kann dem<strong>zu</strong>folge <strong>zu</strong> einer ineffizienten<br />
Bereitstellung von Filmen führen: Obwohl es eine Nachfrage nach einem Film gibt, wird sie<br />
nicht oder nur teilweise bedient, auch wenn die Kosten für die <strong>zu</strong>sätzliche Bereitstellung<br />
(Grenzkosten) niedriger sind als der Preis, den manche Individuen noch <strong>zu</strong> zahlen bereit<br />
wären. 147 In diesem Fall müsste dem Staat, wäre er an einem wohlfahrtsoptimalen Preis<br />
interessiert, daran gelegen sein, den Preis möglichst nahe den Grenzkosten <strong>zu</strong> halten, z.B.<br />
durch Zwang. Jedoch hätte solch ein Preis, der den Grenzkosten nahe oder gleichgesetzt<br />
würde, verzerrende Wirkungen auf das Angebot: Ein Hersteller hätte keinen Anreiz <strong>zu</strong><br />
produzieren und damit das Phänomen wiederkehrender versunkener Kosten <strong>zu</strong> tragen. Die<br />
Wohlfahrtskosten einer nachfolgenden Einstellung der Produktion wären dann vermutlich<br />
ungleich höher als der eigentliche Wohlfahrtsverlust durch die wiederkehrenden versunkenen<br />
Kosten und die damit verbundenen höheren Preise. 148 Andererseits könnte der Staat<br />
versuchen, die Lücke zwischen dem wohlfahrtsoptimalen Preis und dem Preis, der die hohen<br />
Kosten der Hersteller effektiv deckt, durch Subventionen <strong>zu</strong> füllen. Die Folge einer solchen<br />
Staatsaktivität wären aber möglicherweise ineffiziente Verhaltensänderungen seitens der<br />
Anbieter wie <strong>zu</strong>m Beispiel die Herausbildung einer Subventionsmentalität, als auch die<br />
gesamtwirtschaftlichen Kosten, die durch die Erhebung von Steuergeldern oder die<br />
Reduzierung von Mitteln in anderen Bereichen entstünden. 149 Für das Spannungsverhältnis<br />
zwischen Markt und einer potentiellen Staatsaktivität muss gelten, dass die Kosten, die durch<br />
das im Falle der wiederkehrenden versunkenen Kosten notwendige Übel eines höheren und<br />
nicht optimalen Preises entstehen, abgewogen werden müssen gegen die Verluste, die ein<br />
Eingriff des Staates mit sich bringen würde. Allerdings erübrigt sich die Rolle für den Staat,<br />
wenn nicht explizit der verstärkte Kinokonsum das Ziel des Staates wäre. Ansonsten haben<br />
sich im Laufe der Entwicklungsgeschichte des Films <strong>zu</strong>sätzliche Auswertungsfenster ergeben,<br />
die den Filmkonsum <strong>zu</strong> weitaus niedrigeren Preisen anbieten und damit grundsätzlich die<br />
Bedürfnisse aller potenziellen Nachfrager früher oder später befriedigen können.<br />
147 Vgl. Stiglitz (1989), S. 119.<br />
148 Vgl. Baumol (2006), S. 350.<br />
149 Vgl. Blankart (2006), S. 64f.<br />
52
4.4.1 Alternative Formen der Preisset<strong>zu</strong>ng<br />
Ein wichtiger Punkt bezüglich der Höhe des Preises war in diesem Zusammenhang die Höhe<br />
der Entwicklungskosten relativ <strong>zu</strong> den übrigen Kosten. Diesbezüglich wäre <strong>zu</strong>m Beispiel ein<br />
relativ geringerer Preis für gering budgetierte Filme an der Kinokasse denkbar. 150 Eventuell<br />
könnte angeführt werden, dass ein niedriger Ticketpreis <strong>zu</strong>r Nichtdeckung der Kosten seitens<br />
des Kinobetreibers führt. Doch da die Kinobetreiber ihre Umsätze in der Regel durch den<br />
Verkauf so genannter concession goods wie Popcorn und Getränke und durch Kinowerbung<br />
generieren, ist es innerhalb dieses Arguments <strong>zu</strong>nächst nicht nachvollziehbar, warum am<br />
starren System der festen Kinopreise, wie es in fast allen Filmwirtschaften der Fall ist,<br />
festgehalten werden sollte, <strong>zu</strong>mal dann nicht, wenn kleinere Filme mit einem geringen Budget<br />
in derselben Arena antreten müssen wie <strong>zu</strong>m Beispiel die Blockbuster. Deren regelmäßig<br />
enormer Werbeaufwand bedeutet grundsätzlich einen relativen Vorteil in Be<strong>zu</strong>g auf die<br />
Informationsverteilung bei den Konsumenten.<br />
Ein geringerer Preis für „kleine Filme“ (= gering budgetierte Filme) hätte möglicherweise<br />
jedoch auch negative Signalwirkungen auf den Kinobesucher, indem dieser ihm eine<br />
schlechtere Qualität signalisiert. Wenn an<strong>zu</strong>nehmen ist, dass „kleine Filme“ eher von<br />
Besserverdienenden konsumiert werden, würden <strong>zu</strong>dem mit einem geringeren Preis<br />
möglicherweise gerade diejenigen Individuen bevor<strong>zu</strong>gt bzw. subventioniert, die ohnehin<br />
schon über ein höheres Einkommen verfügen. Unter diesen Umständen wäre möglicherweise<br />
eine genau entgegengesetzte Preisset<strong>zu</strong>ng volkswirtschaftlich effizienter. Um das <strong>zu</strong><br />
verstehen, möchte ich in diesem Zusammenhang das Prinzip der Ramsey-Preise in einem<br />
kurzen und stark vereinfachten Beispiel ausführen: 151<br />
4.4.2 Ramsey-Preise: Ein Beispiel<br />
Es sei angenommen, es gäbe zwei Filmgruppen, Hitfilme und Kunstfilme, die unterschiedliche<br />
Preiselastizitäten der Nachfrage aufweisen. Dabei soll gelten, dass die Nachfrage nach<br />
Hitfilmen preiselastischer ist als für Filme, die allgemein schwieriger <strong>zu</strong>gänglich sind und die<br />
150 So auch der Vorschlag von Christoph Müller, Geschäftsführer des deutschen Produktions- und<br />
Verleihunternehmens Senator, in einem Interview in der Branchenzeitung Blickpunkt:Film in Hinblick auf<br />
„kleine Filme“ mit einem geringeren „production value“. Vgl. Blickpunkt:Film (2007), Nr. 49/07, S. 21.<br />
151 Vgl. z.B. Brümmerhoff (2001), S. 71, Blankart (2006), S. 492f., Baumol (2006), S. 352f.<br />
53
ich im Folgenden als Kunstfilme bezeichne. 152 Mit anderen Worten reagieren die<br />
Konsumenten bei Preisänderungen von Hitfilmen sensibler, ihre Nachfragekurve ist also<br />
flacher. So wäre es denkbar, dass sie diese einfacher substituieren können gegen alternative<br />
Freizeit- bzw. Unterhaltungsangebote. Des Weiteren soll gelten, dass die Kunstfilme in der<br />
Regel günstiger in der Herstellung und der Verbreitung sind als die Hitfilme.<br />
Gegeben die versunkenen Kosten und der damit einhergehenden Bedingung der<br />
Kostendeckung sowie der <strong>zu</strong>sätzlichen Annahme einer Kreuzpreiselastizität von Null 153<br />
zwischen Hitfilmen und Kunstfilmen müssten nun die Kinopreise für die jeweiligen<br />
Filmgruppen lediglich umgekehrt proportional <strong>zu</strong> ihren Preiselastizitäten der Nachfrage<br />
gesetzt werden. Der Preis für einen Hitfilm müsste sich laut Annahme einer relativ hohen<br />
Preiselastizität dementsprechend nur leicht über die Grenzkosten setzen, je nachdem, wie<br />
hoch die jeweilige Preiselastizität für die Nachfrage ist, wohingegen sich der Preis für<br />
Kunstfilme weiter nach oben korrigieren müsste. Die Idee hinter diesem Konstrukt ist, dass<br />
man der wohlfahrtsoptimalen Nachfrage, die im Schnittpunkt bei einem Preis gleich den<br />
Grenzkosten realisiert würde, <strong>zu</strong>mindest sehr nahe kommen möchte.<br />
Kunstfilme Hitfilme<br />
Preis Preis<br />
N N’<br />
D2 p (ramsey)<br />
D1 p (ramsey)<br />
GK GK<br />
Menge Menge<br />
Abbildung 5<br />
Ramsey-Preise<br />
152 Vgl. Throsby (2001), S. 116: „[…] demand is more price elastic for popular cultural forms than for the higher<br />
arts, in the latter case quality characteristics of the good or service provided do tend to outweigh price in<br />
influencing consumption decisions.” Hitfilme beziehen sich hier auf populäre, hauptsächlich der Unterhaltung<br />
dienende Filme, während Kunstfilme schwerer „<strong>zu</strong>gänglich“ sind. Nach Frey (2001) wären Beispiele für „higher<br />
arts“-Filme Werke von dem italienischen Autor/Regisseur Federico Fellini (1920-1993) und dem schwedischen<br />
Autor/Regisseur Ingmar Bergman (1918-2007). Vgl. Frey (2001), S.97.<br />
153 Diese Annahme vereinfacht das Prinzip, das hier kurz vorgestellt werden soll.<br />
54
Abbildung 4 gibt diese Überlegung vereinfacht wieder. Im Schnittpunkt GK-N und GK-N’<br />
würde die wohlfahrtsoptimale Menge erreicht. Allerdings ist hier an<strong>zu</strong>nehmen, dass die<br />
Kosten für keine der beiden Filmgruppen gedeckt werden können. Nach dem Ramsey-Prinzip<br />
gilt es, die Preise in beiden Gruppen nur soweit an<strong>zu</strong>heben, dass sie einerseits die<br />
unvermeidlichen Kosten decken und andererseits so wenig wie möglich von der<br />
wohlfahrtsoptimalen nachgefragten Menge abweichen. Abbildung 4 zeigt, dass der Preis für<br />
Kunstfilme weiter angehoben werden kann, ohne dass <strong>zu</strong> viel Nachfrage verloren ginge,<br />
während bei Hitfilmen der Preis nur leicht angehoben werden kann, da sonst ein<br />
beträchtlicher Teil der nachgefragten Menge wegfallen würde. Bei [p (ramsey)] sei<br />
angenommen, dass die jeweilig anfallenden Kosten gerade gedeckt werden.<br />
Diese Preisstruktur hat jedoch im Falle des Films einige Einschränkungen in ihren Annahmen.<br />
Zunächst einmal ist die Annahme einer Kreuzpreiselastizität von Null unrealistisch. Es könnte<br />
durchaus sein, dass sich einige Individuen, die entsprechend ihrer Präferenzen mehr dem<br />
Filmkunstkino <strong>zu</strong>geneigt sind, aufgrund dieser Preisset<strong>zu</strong>ng bereit sind, Kunstfilme gegen<br />
Hitfilme <strong>zu</strong> substituieren. Mit anderen Worten erhöht der höhere Preis für Kunstfilme die<br />
relative Nachfrage nach Hitfilmen. Darüber hinaus wird es im Allgemeinen schwierig sein,<br />
Filme von vorne herein in die eine oder andere Kategorie <strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen. Die Annahme, die<br />
Preise entsprechend den Preiselastizitäten setzen <strong>zu</strong> können, erscheint bei Erfahrungsgütern<br />
wie dem Film unrealistisch. Erstens kann niemand im Voraus genau sagen, wie viel<br />
Nachfrage ein Film oder ein ganzer Produkttyp von Filmen erzeugen wird. Dies müsste<br />
jedoch im Voraus bekannt sein, ansonsten wäre eine Ableitung der Preiselastizität per<br />
Definition nicht möglich.<br />
4.4.3 Abschließende Diskussion<br />
Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich die möglichen Konsequenzen einer Ramsey-<br />
Preisstruktur sowohl auf die Anreize der Hersteller als auch auf die Nachfrage nur schwer<br />
vorhersehen lassen. Im Prinzip müsste für jeden Film ein anderer Preis gelten, in<br />
Abhängigkeit der <strong>zu</strong> deckenden Kosten und der jeweiligen Preiselastizität. Dasselbe gilt für<br />
den Fall, die Preise entsprechend den Budgets - im Gegensatz <strong>zu</strong> den Preiselastizitäten der<br />
Nachfrage - <strong>zu</strong> setzen. Letztere Preisset<strong>zu</strong>ng hat den Vorteil, dass sie „kleinen Filmen“ ein<br />
größeres Publikum im Kino bescheren könnte, da niedrigere Preise in der Regel mehr<br />
Nachfrage generieren. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Wenn der Preis als<br />
55
Qualitätssignal dient, so kann ein geringerer Preis auch eine geringere Nachfrage hervorrufen.<br />
Des Weiteren ist eine Preisstruktur wie die der Ramsey-Preise gesellschaftlich unter<br />
Umständen nicht wünschenswert. Der ineffiziente Ausschluss, der durch Preise verursacht<br />
wird, die über den Grenzkosten liegen, wäre bei den Kunstfilmen in meinem Beispiel relativ<br />
höher. Wenn aber gerade der Konsum dieser Filme besondere positive Effekte vorweisen<br />
würde, so würde der durch die geringere Nachfrageelastizität höhere Preis gerade diejenigen<br />
Individuen benachteiligen, die über ein geringeres Einkommen verfügen. 154 Sie werden dann<br />
jeweils noch <strong>zu</strong>sätzlich von dem Konsum bestimmter künstlerisch wertvoller Filme<br />
abgeschreckt. Gerade hier wäre es aber möglicherweise besser, durch geringere Preise einen<br />
möglichst breiten Zuspruch <strong>zu</strong> ermöglichen.<br />
Eine staatliche Subvention, die sich aus Kinoerlösen speist, ist auch innerhalb dieses<br />
Arguments fragwürdig. Eine solche Finanzierung, wie sie in Deutschland durch das<br />
Filmförderungsgesetz vorgesehen ist, erhöht die Ticketpreise für alle Filme und verschlechtert<br />
die Situation noch weiter, d.h. der Preis wird noch ein Stück weiter über den<br />
volkswirtschaftlich effizienten Preis getrieben. 155<br />
4.5 Unvollständiger Wettbewerb<br />
Im Fall des unvollständigen oder mangelnden Wettbewerbs sind vor allen zwei Faktoren<br />
ausschlaggebend, die den vollständigen Wettbewerb begrenzen können: <strong>zu</strong>m einen das<br />
Vorliegen von Skaleneffekten und <strong>zu</strong>m anderen hohe Markt<strong>zu</strong>tritts- bzw.<br />
Marktaustrittsschranken. 156<br />
4.5.1 Monopolistischer Wettbewerb in der Filmproduktion<br />
Betrachtet man den Markt der Filmproduktion <strong>zu</strong>nächst separat vom Markt des Filmverleihs,<br />
so spielt das Kriterium der Skaleneffekte nur eine untergeordnete Rolle, denn auch durch die<br />
Produktion mehrerer Filme werden die Durchschnittsherstellungskosten für nachfolgende<br />
Filme nicht sinken. Dies ist <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen auf die Tatsache, dass jeder Film ein<br />
154 Hier soll nur angefügt sein, dass weitere Preismechanismen wie <strong>zu</strong>m Beis piel Preisdiskriminierung und<br />
gespaltene Tarife weitere denkbare Alternativen <strong>zu</strong> einem Staatseingriff via Beihilfen wären. Vgl. Brümmerhoff<br />
(2001), S. 71.<br />
155 Vgl. FFG, §66 für die Zwangsabgabe der Kinowirtschaft und §66a für die Zwangsabgabe der<br />
Videowirtschaft.<br />
156 Vgl. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 194.<br />
56
eigenständiges, neues und einzigartiges Produkt ist, ähnlich der Einführung eines neuen<br />
Computerspiels oder eines Medikaments, und Kostenvorteile nur sehr bedingt erreicht werden<br />
können. Mit anderen Worten nehmen die Kosten für die Produktion eines Films nicht mit der<br />
Menge an Filmen ab, die ein Produzent herstellt.<br />
Ein Filmproduzent verfügt darüber hinaus in der Regel über kein eigenes Filmstudio 157 und<br />
keine fixen Inputs, die <strong>zu</strong>r Herstellung von Filmen benötigt werden, wie <strong>zu</strong>m Beispiel<br />
Schauspieler, Regisseure oder technisches Equipment. Diese werden entweder gemietet oder<br />
per Vertrag für eine bestimmte Zeitdauer verpflichtet. Somit liegen seine fixen Kosten und<br />
damit die Markt<strong>zu</strong>tritts und -austrittskosten in dieser Hinsicht relativ niedrig. Sind <strong>zu</strong>dem<br />
viele Anbieter auf dem Markt und sind die Produkte differenzierbar, so ist ein Markt <strong>zu</strong><br />
erwarten, der durch monopolistischen Wettbewerb gekennzeichnet ist. 158<br />
Die Eigenschaft der Produktdifferenzierung unterscheidet die Marktform des<br />
monopolistischen Wettbewerbs von der Marktform des vollständigen Wettbewerbs. Die<br />
Bedeutung der Produktdifferenzierung ist im Fall des Films besonders hervor<strong>zu</strong>heben. Im<br />
Prinzip sind unendlich viele Varianten der Produktdifferenzierung denkbar, da das Kernstück<br />
des Films sein kreativer Inhalt und damit sein Thema und seine jeweilige Geschichte ist.<br />
Diese kann theoretisch, ähnlich wie bei Büchern und in der Musik, in unendlich vielen<br />
Formen und Variationen auftreten. Des Weiteren machen eine immer neue Zusammenset<strong>zu</strong>ng<br />
der Arbeitsinputs und der unterschiedliche Einsatz ästhetischer und technischer Mittel die<br />
Produkte unterscheidbar. Aufgrund der Unterscheidbarkeit ist es für den einzelnen Anbieter<br />
möglich, den Preis für sein Produkt je nach Grad der Unterscheidbarkeit <strong>zu</strong> erhöhen oder <strong>zu</strong><br />
senken, wobei die Preise der Mitbewerber als gegeben betrachtet werden. 159 Dies führt da<strong>zu</strong>,<br />
dass der Markt ineffizient ist, da die Preise im monopolistischen Wettbewerb höher liegen als<br />
im Optimum (Preis gleich Grenzkosten) und darüber hinaus höher liegen können als bei dem<br />
Preis, bei dem der Anbieter seine Kosten gerade noch deckt (Preis gleich<br />
Durchschnittskosten). Mit anderen Worten sind auf dem Markt des monopolistischen<br />
Wettbewerbs kurzfristig sogar Monopolgewinne möglich – je nachdem, wie stark die<br />
157 Eine Ausnahme sind die Major Studios. Sie besitzen eigene Studiogelände. Sie engagieren sich heut<strong>zu</strong>tage<br />
vermehrt in den Bereichen Vermietung, Finanzierung, Verleih und filmtechnische Dienstleistungen.<br />
Produktionstätigkeiten werden oft nach außen an kleine Produktionsunternehmen delegiert. In Deutschland ist<br />
der größte Studiokomplex das Studio Babelsberg in Potsdam, welches hauptsächlich als Koproduzent bzw. (Mit-<br />
)Finanzierer auftritt, in dem es seine Studioflächen vermietet.<br />
158 Vg. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 192.<br />
159 Vgl. Varian (2001), S.435.<br />
57
Produktdifferenzierung ist und wie viele Anbieter auf dem Markt sind bzw. potenziell<br />
eintreten können.<br />
4.5.2 Markt<strong>zu</strong>trittsschranken und unvollständige Finanzierungsmärkte<br />
Wenn man die durchschnittlichen Herstellungskosten eines Films betrachtet 160 , dann wird<br />
schnell offenbar, dass nicht einfach jeder Unternehmer ohne weiteres auf den Filmmarkt<br />
drängen kann, es sei denn, es läge ein vollständiger Finanzierungsmarkt vor. Ein vollständiger<br />
Finanzierungsmarkt für Filme oder eine bestimmte Gruppe von Filmen ist jedoch nicht<br />
an<strong>zu</strong>nehmen. Insbesondere die extreme Unsicherheit, die bei gleichzeitig relativ hohen<br />
Investitionskosten ein Merkmal der Filmwirtschaft ist 161 , macht einen vollständigen<br />
Finanzierungsmarkt weniger wahrscheinlich. In diesem Zusammenhang ist eine adverse<br />
Selektion <strong>zu</strong>ungunsten von kleineren Filmen, Erstlingswerken und regional oder thematisch<br />
spezifischen Filmen denkbar. 162 Des Weiteren ist die Möglichkeit der vollständigen<br />
Finanzierung für kleine Unternehmen, die über wenig Eigenkapital, <strong>zu</strong>m Beispiel in Form<br />
großer Filmbestände, verfügen, weniger wahrscheinlich. Ein wichtiger Grund, warum die<br />
privatwirtschaftliche Finanzierung trotzdem gewährleistet werden kann, liegt in der<br />
Risikostreuung durch die Produktion und den Verleih mehrerer diversifizierter Produkte. 163<br />
Eine solche Risikostreuung wiederum ist selbst mit enormen Investitionskosten verbunden,<br />
denn sie verlangt eine bestimmte Größe des Unternehmens. 164 Im weiteren Verlauf wird daher<br />
von einem partiell unvollständigen Finanzierungsmarkt ausgegangen, der selbst einen Grund<br />
für Marktversagen darstellt.<br />
Die großen amerikanischen Major Studios finanzieren sich größtenteils durch privates Kapital<br />
in Form von Risikofonds und Hedge-Fonds. Auch Banken sind beteiligt, diese stützen sich<br />
dabei vor allem auf die großen Filmbibliotheken der Studios, deren Wert relativ hoch<br />
geschätzt wird. Hier funktioniert der private Finanzierungsmarkt, jedoch in der Regel nur für<br />
diese Unternehmen. Der Versuch des Staates, in Deutschland Filme durch privates Kapital <strong>zu</strong><br />
fördern, ist gescheitert. In den 1990er Jahren bis <strong>zu</strong> deren Abschaffung im Jahr 2005 war es<br />
privaten Unternehmen möglich, in so genannte Medienfonds <strong>zu</strong> investieren. Diese konnten im<br />
160 Vgl. <strong>Kapitel</strong> 2.7, S. 20.<br />
161 Vgl. <strong>Kapitel</strong> 3.3, S. 26ff und <strong>Kapitel</strong> 3.8, S. 33ff.<br />
162 In Anlehnung an Blankart (2006), S. 116.<br />
163 Vgl. Brümmerhoff (2001), S. 114f.<br />
164 Das bedeutet, dass nicht jeder potenzielle Marktteilnehmer gleich mit mehreren Filmen im Markt auftreten<br />
kann, denn jeder Film erfordert aufs Neue relativ hohe Investitionskosten.<br />
58
ersten Jahr <strong>zu</strong> 100 % von der eigenen Steuerschuld abgeschrieben werden. Dies führte aber<br />
da<strong>zu</strong>, dass ein Großteil der Gelder (über 1 Mrd. Euro) in die Produktion von amerikanischen<br />
Blockbustern gepumpt wurde. War der Film erfolgreich – und das Risiko bei Blockbustern<br />
schien den meisten Investoren offensichtlich niedriger <strong>zu</strong> sein – profitierten die Privatanleger<br />
und Investoren doppelt. 165<br />
Ein partiell unvollständiger Finanzierungsmarkt erschwert wiederum den Markt<strong>zu</strong>tritt. Die<br />
Existenz eines einfachen Markt<strong>zu</strong>tritts und -abgangs ist aber unter anderem eine<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ng für die Existenz des monopolistischen Wettbewerbs.<br />
Der Grund, warum die Filmproduktionsmärkte in Europa und den USA trotzdem durch<br />
monopolistischen Wettbewerb gekennzeichnet sind, liegt im europäischen Fall vor allem in<br />
den Filmförderungen der Staaten, während er sich im Fall des US-amerikanischen<br />
Filmmarktes aus der Entwicklungsgeschichte der amerikanischen Filmindustrie heraus ergibt.<br />
In <strong>Kapitel</strong> 2 dieser Arbeit wurde konstatiert, dass sich auf dem amerikanischen Markt im<br />
Laufe der frühen Filmentwicklungsgeschichte kapitalstarke Produzenten und Verleiher, die so<br />
genannten Major Studios, mit Hilfe großer Banken herausgebildet haben. Bis in die 1940er<br />
Jahre hinein war der Markt geprägt von fest angestellten Produzenten, die direkt für die<br />
großen Studios arbeiteten. Das Studio trat als Produzent, Verleiher und bis <strong>zu</strong> den<br />
Antitrustprozessen von 1946 <strong>zu</strong>m Teil auch als Kinobetreiber auf. Diese Struktur aber änderte<br />
sich im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als sich die Studios unter anderem von<br />
den festen Produktionsstrukturen lösten. 166 Als Folge davon bildete sich ein Markt vieler<br />
kleiner unabhängiger Produzenten, die den Studios, aber auch direkt den Auswertern wie dem<br />
Fernsehen, anderen Verleihern oder Banken heut<strong>zu</strong>tage packages anbieten mit dem Ziel einer<br />
Finanzierung <strong>zu</strong>r Durchführung der Herstellung. Die Major Studios delegieren heut<strong>zu</strong>tage die<br />
eigentliche Produktionstätigkeit regelmäßig an einzelne Unternehmer oder kleine<br />
Produktionsfirmen. Erst daraus konnte sich ein Markt der monopolistischen Konkurrenz<br />
entwickeln. 167 Ähnlich – aber aus ganz anderen Gründen – liegt der Fall in den europäischen<br />
Filmmärkten: Hier sind es in der Regel die Filmförderungen, die eine Finanzierung und damit<br />
einen Markt<strong>zu</strong>tritt in den Filmmarkt für die unterschiedlichsten Produkte überhaupt erst<br />
ermöglichen.<br />
165 Vgl. Dale (1997), S. 25, Duvvuri (2007), S. 82ff., Blickpunkt:Film, Nr. 45/06, S.22ff.<br />
166 Vgl. <strong>Kapitel</strong> 2.6.1, S.17.<br />
167 Vgl. Scott (2001), S. 12ff.<br />
59
Allerdings können die Markt<strong>zu</strong>tritts- und Marktaustrittschranken insbesondere bei gering<br />
budgetierten Filmen auch ohne Filmförderung, große Studios oder Banken grundsätzlich<br />
niedrig sein und so einen Markt des monopolistischen Wettbewerbs begründen. So haben<br />
technologische Entwicklungen, wie relativ günstig <strong>zu</strong> erwerbende bzw. leihbare und qualitativ<br />
hochwertige Digitalkameras, digitale Filmschnittprogramme für den Heimcomputer und<br />
andere Entwicklungen, <strong>zu</strong> einer Vielzahl an Filmen und Filmproduzenten vor allem im low-<br />
und no budget-Bereich geführt. Alternative Auswertungsfenster wie das Internet begünstigen<br />
<strong>zu</strong>dem eine relativ kostenneutrale Verbreitung und Auswertung. 168<br />
4.5.3 Die Marktstruktur im Verleih<br />
Die Marktstruktur im Verleih unterscheidet sich von der Marktstruktur im Produktionsmarkt<br />
dahingehend, dass bei ihm <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong>m Vorliegen potenziell hoher Markt<strong>zu</strong>tritts- und<br />
Marktaustrittsbarrieren positive Skaleneffekte und damit einhergehende sinkende<br />
Durchschnittskosten anfallen. 169 Damit können große, kapitalstarke Unternehmen die<br />
anfallenden Größenvorteile in Abhängigkeit der Investitionskosten (Finanzierung der<br />
Herstellung, Marketing- und Verbreitungskosten) grundsätzlich effizienter ausnutzen. 170<br />
Darüber hinaus können sie Filme effektiver auswerten, und zwar mit einer hinreichend großen<br />
Anzahl an Kopien und einer breiten Informationsstreuung. In diesem Fall wäre es im<br />
Filmverleihmarkt denkbar, dass ein oder einige wenige große Anbieter in Form eines<br />
Oligopols den gesamten Markt, d.h. den nationalen und/oder internationalen Filmmarkt, am<br />
effizientesten beliefern. 171<br />
168<br />
Vgl. EAI (2007): „FOCUS 2007 World Film Market Trends“, S. 4 und 5.<br />
169<br />
Siehe: <strong>Kapitel</strong> 3.2, S.25.<br />
170<br />
Vgl. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 194.<br />
171<br />
In Anlehnung an: Blankart (2006), S. 63f. Er zeigt diesen Fall anhand des Beispiels des Kabelfernsehens.<br />
60
Beispiel: Der deutsche Filmmarkt<br />
Im Jahr 2007 wurden die 100 erfolgreichsten deutschen Filme 1 (nach Besuchern) von<br />
insgesamt 33 Verleihern verliehen. Davon wurden aber 43 Filme von insgesamt nur fünf<br />
Verleihern (Constantin, X-Verleih, Kinowelt, NEP-TV und Warner) bedient. Von den 33<br />
Verleihern verliehen 18 nur ein bis zwei Filme. Unter den zehn besucherstärksten<br />
deutschen Produktionen befinden sich drei Filme, die von Verleihern der US Studios<br />
(Disney und Warner) verliehen wurden. Vier der TOP 10-Filme wurden von dem<br />
deutschen Produzenten und Verleiher Constantin verliehen, wovon aber nur einer von<br />
Constantin selbst produziert wurde. Unter den zehn besucherstärksten Filmen 2007<br />
insgesamt (nationale und internationale Produktionen) wurden alle zehn Titel von den<br />
Verleiharmen der Majors verliehen, inklusive der einen deutschen Produktion, Die wilden<br />
Kerle 4 (Disney), die auf Platz neun rangierte.<br />
Quelle: FFA (2008): „Infoblatt 01/08“, S. 4 und 12. Eigene Berechnungen.<br />
Der Grund, warum auch im Verleih grundsätzlich nicht nur einige wenige Unternehmen auf<br />
den Filmmärkten präsent sind, liegt ähnlich wie im Produzentenmarkt in dem Vorliegen<br />
unterschiedlich hoher Markteintritts und -austrittsschranken für jeweils verschiedene<br />
Produktgruppen. So existiert am Weltverleihmarkt 172 mit besonders aufwendig und teuer<br />
hergestellten Filmen in Verbindung mit hohen Werbeausgaben und der Notwendigkeit eines<br />
großen Vertriebsnetzes ein weitaus größeres Markteintrittshindernis als in einem regional<br />
begrenzten Markt, der in der Regel durch einen geringen Finanzierungs- und<br />
Verbreitungsaufwand charakterisiert ist. Das Blockbuster-Prinzip 173 der großen<br />
amerikanischen Produktions- und Verleihfirmen weist drei klassische Markteintrittsschranken<br />
auf: massive Werbeausgaben, hohe Produktdifferenzierung und hohe Markt<strong>zu</strong>trittskosten. 174<br />
Auf diesem Markt ist ein Markteintritt offensichtlich nur sehr schwer möglich. 175 Am Beispiel<br />
des deutschen Filmmarkts zeigt sich, dass auch dort neben den internationalen Verleihern nur<br />
einige wenige nationale Verleiher einen Großteil der (besucherstärksten) Filme verantworten.<br />
172<br />
Gemeint sind hier vor allem der amerikanische und europäische Markt, sowie einzelne Märkte in Asien und<br />
Südamerika, Kanada und Australien.<br />
173<br />
Zur Erinnerung: Das sind Filme, die inhaltlich im Kern sehr universell angelegt sind, unter hohem<br />
Kostenaufwand entstehen (z.B. durch den Einsatz von Stars oder besonders aufwendigen Effekten) in<br />
Kombination mit einem hohen Marketingaufwand, und in der Regel einem nationalen oder weltweiten Kinostart<br />
in Verbindung mit einer massiven Anzahl von Filmkopien. Siehe auch <strong>Kapitel</strong> 2.6.1, S. 17, Fn. 27.<br />
174<br />
Vgl. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 196f.<br />
175<br />
Das Beispiel des Wiedereintritts des Produzenten/Verleihers United Artists im Jahr 2006 durch Tom Cruise<br />
und Paula Wagner in den amerikanischen Studiomarkt zeigt, dass auch hier prinzipiell noch ein Markteintritt<br />
möglich ist. Das Startkapital von 500 Millionen Dollar, bereitgestellt durch den Finanzriesen Merrill Lynch, lässt<br />
jedoch darauf schließen, dass dies vermutlich ein Einzelfall bleiben wird. Vgl. Blickpunkt:Film, Nr. 48/07, S. 18.<br />
61
Dies muss nicht notwendigerweise schlecht sein, sondern kann, wie bereits erwähnt, effizient<br />
sein, da Größenvorteile eine Rolle spielen. Andererseits besteht bei einigen wenigen<br />
marktdominierenden Unternehmen grundsätzlich sowohl die Gefahr einer un<strong>zu</strong>reichenden<br />
Produktvielfalt als auch die Gefahr der Kollusion. 176<br />
Durch Kollusion kann es sein, dass sich die wenigen großen Anbieter untereinander<br />
absprechen und ineffizient hohe Preise und/oder ineffiziente Produktionsentscheidungen<br />
gegenüber den Abnehmern, wie den Kinobetreibern und Endverbrauchern, geltend machen<br />
können. 177 Allerdings ist ein solches Verhalten im Filmverleihmarkt <strong>zu</strong>mindest langfristig<br />
unwahrscheinlich, da hier intensive Konkurrenz selbst bei den wenigen großen Unternehmen<br />
angenommen werden kann. Der Grund liegt darin, dass es immer einen Anreiz für ein<br />
einzelnes Unternehmen geben wird, aus einer Absprache aus<strong>zu</strong>scheren, um damit die<br />
Möglichkeit kurzfristiger hoher Gewinne <strong>zu</strong> realisieren. Insbesondere durch die hohe<br />
Produktdifferenzierbarkeit in der Filmwirtschaft sind heimliche Preisnachlässe denkbar. 178<br />
Ein wichtiges Indiz für die bereits weiter oben angesprochene intensive Konkurrenz selbst in<br />
hoch konzentrierten Märkten liegt in der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit. 179 Es sind<br />
vor allem die großen Major Studios, die vermehrt in <strong>zu</strong>m Teil sehr kostspielige Innovationen<br />
innerhalb der Filmherstellung, wie <strong>zu</strong>m Beispiel technisch ausgefeilte visuelle<br />
Computereffekte, investieren. Ein Grund dafür ist, dass sie sich dadurch sowohl gegenüber<br />
ihren unmittelbaren Wettbewerbern durch die marginale Abgren<strong>zu</strong>ng von deren Produkten,<br />
als auch gegenüber den kleineren Wettbewerbern einen Vorteil erhoffen. Ein weiteres<br />
wichtiges Forschungs- und Entwicklungsfeld innerhalb der Filmindustrie ist die<br />
Drehbuchentwicklung. 180 Dieses Phänomen ist insbesondere bei den großen Major Studios <strong>zu</strong><br />
beobachten und lässt <strong>zu</strong>sammen mit dem Merkmal relativ hoher Marketingausgaben darauf<br />
schließen, dass auch unter den relativ großen Unternehmen ein intensiver Konkurrenzkampf<br />
176<br />
Vgl. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 211.<br />
177<br />
In diesem Fall spektakulär war der Versuch des Majors 20th Century Fox, Ende des Jahres 2006 den<br />
zeitlichen Auswertungsabstand zwischen den Verwertungsstufen Kino und DVD für seinen Blockbuster-Film<br />
„Eragon“ (2006) <strong>zu</strong> verkürzen. Als Folge davon weigerten sich die großen Kinoketten in Deutschland (Cinestar,<br />
Cinemaxx, UCI, Cineplex und Kinopolis), die Filme des Major Studios Fox weiter aus<strong>zu</strong>werten. Der Streit<br />
wurde stillschweigend nach zwei Wochen beigelegt. In diesem Fall hatten die Kinobetreiber (und letztlich die<br />
Endverbraucher) die Möglichkeit, einfach auf andere Blockbuster der anderen Studios und weniger nahe<br />
Substitute aus<strong>zu</strong>weichen.<br />
178<br />
Vgl. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 211 und 214.<br />
179<br />
Vgl. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 210.<br />
180<br />
Vgl. Dale (1997), S. 29: Die Major Studios investieren rund 10% ihrer jährlichen Produktionsausgaben in die<br />
Drehbuchentwicklung und Aquise von Buchvorlagen.<br />
62
vorherrscht und Monopolgewinne und -verhalten <strong>zu</strong>mindest langfristig wenig wahrscheinlich<br />
sind.<br />
4.5.4 Abschließende Diskussion<br />
In Deutschland wurden im Jahr 2007 von den 100 erfolgreichsten deutschen Kinofilmen 13<br />
Filme von den großen Major Studios verliehen, von denen wiederum neun im ersten Drittel<br />
dieser TOP-100 der (aktiven) Zuschauergunst lagen. Von diesen neun wiederum wurden alle<br />
Filme durch die deutsche Filmproduktionsförderung des Staates unterstützt. Daneben haben<br />
zwei deutsche Verleiher, Constantin und X-Verleih, insgesamt zwölf der im ersten Drittel der<br />
TOP-100 aufgeführten Filme verliehen. 181 Hieraus könnte vorsichtig gefolgert werden, dass<br />
es dem Staat im deutschen Verleihmarkt vor allem darauf ankommen sollte, größere nationale<br />
Verleiher <strong>zu</strong> unterstützen und damit das Merkmal der Größenvorteile <strong>zu</strong> beachten, <strong>zu</strong>mindest<br />
sie aber nicht mit falschen Anreizen wie einer breiten Förderung für Klein- und<br />
Kleinstverleiher <strong>zu</strong> verhindern. Grundsätzlich ist <strong>zu</strong> erwarten, dass sehr kleine Verleiher, die<br />
nur ein oder zwei Filme im Jahr verleihen, nicht lange auf dem Markt existieren werden.<br />
Mangelnde Risikostreuung und Ineffizienzen bezüglich ihrer Größe verhindern in der Regel<br />
eine langfristige Stellung am Markt. Eine Dauersubventionierung erscheint hier nicht<br />
sinnvoll, <strong>zu</strong>mal sie Verdrängungseffekte im Kinomarkt hervorrufen können: Wenn <strong>zu</strong> viele<br />
Verleiher <strong>zu</strong> viele ähnliche Filme in die Kinos drücken, so wird die Nachfrage für jeden<br />
einzelnen Film möglicherweise ineffizient – daher nicht kostendeckend – niedrig sein.<br />
Darüber hinaus sollten Beihilfen für Verleiher nur temporär angelegt sein, bis diese groß<br />
genug sind, um auf dem Markt vor allem gegen die großen amerikanischen Verleiher<br />
bestehen <strong>zu</strong> können.<br />
Etwas anders verhält es sich mit dem Filmproduktionsmarkt. Gerade hier kommt es darauf an,<br />
die Markt<strong>zu</strong>trittsbedingungen durch die Gewährleistung einer Finanzierung auch langfristig<br />
niedrig <strong>zu</strong> halten, um insbesondere eine Produktvielfalt <strong>zu</strong> gewährleisten. Die<br />
Subventionierung von Filmproduktionen hilft über Finanzierungsbarrieren hinweg und öffnet<br />
so eine wichtige Markt<strong>zu</strong>trittsschranke, womit auf dem Produzentenmarkt ein Markt der<br />
monopolistischen Konkurrenz entsteht. Aber diese Marktform ist immer noch unvollkommen.<br />
Das Modell des monopolistischen Wettbewerbs sagt voraus, dass langfristig zwar die<br />
181 Vgl. FFA (2008): „Infoblatt 01/08“, S. 12 und 13. Eigene Berechnungen.<br />
63
Gewinne auf Null schrumpfen, der Preis aber weiterhin über den Grenzkosten liegt. 182<br />
Allerdings kann angenommen werden, dass diese Ineffizienz das kleinere Übel gegenüber<br />
einem Markt ist, der nur von einigen wenigen Produzenten geprägt wäre, insbesondere wenn<br />
Vielfalt eine Rolle spielt. Aber es gibt auch Grenzen der staatlichen Unterstüt<strong>zu</strong>ng im<br />
Produzentenmarkt: Der Staat muss für die Minderung der Eintrittsbarrieren Steuern und<br />
Abgaben erheben oder an einer anderen Stelle die Zuwendungen streichen. Umso höher diese<br />
Kosten, die den Individuen der Gesellschaft aufgebürdet werden, umso geringer die<br />
Filmnachfrage. 183 Des Weiteren kann ein vom Staat geförderter all<strong>zu</strong> exzessiver Markteintritt<br />
die Gesamtnachfrage so weit nach links verschieben, dass eine Deckung der Kosten überhaupt<br />
nicht mehr, d.h. für keinen Produzenten und Verleiher, möglich ist. In diesem Fall wäre der<br />
Markt übersättigt. Der Staat sollte Produktionssubventionen nur bis <strong>zu</strong> dem Punkt vergeben,<br />
an dem sich die Durchschnittskosten gerade noch decken lassen. Mit anderen Worten muss er<br />
darauf achten, dass ein für das Kino konzipierter Film mit ausreichend Kopien – gemessen an<br />
den vom Staat bereitgestellten Geldern - und einer hinreichenden Informationsbereitstellung<br />
auf dem Markt auftritt. Ohne eine solche Vorausset<strong>zu</strong>ng besteht die Gefahr, dass so genannte<br />
kulturelle Filmberge, daher produzierte aber nicht oder nur un<strong>zu</strong>reichend ausgestellte Filme,<br />
entstehen.<br />
4.6 Der Film als meritorisches Gut?<br />
Das Konzept der meritorischen Güter bzw. der meritorischen Bedürfnisse 184 geht auf Richard<br />
Musgrave (1959) <strong>zu</strong>rück. Dieses Konzept verlässt die klassische Diskussion innerhalb der<br />
Theorie des allokativen Marktversagens, indem es die am Anfang dieses <strong>Kapitel</strong>s angeführte<br />
und der klassischen Marktheorie entsprechende Annahme der Konsumentensouveränität<br />
<strong>zu</strong>nächst auf<strong>zu</strong>geben scheint. Es geht im Prinzip darum, dass der Staat in den Markt nicht<br />
aufgrund von Marktversagen eingreift, sondern weil er ein bestimmtes Gut oder eine<br />
bestimmte Dienstleistung als besonders „verdienstwürdig“ betrachtet. Da<strong>zu</strong> schreibt<br />
Musgrave (1987):<br />
182<br />
Vgl. Varian (2001), S. 437.<br />
183<br />
In Abhängigkeit der jeweiligen Einkommenselastizität. Sie besagt, um wie viel sich die Nachfrage nach<br />
Gütern ändert, wenn sich die Einkommen ändern.<br />
184<br />
Musgrave (1959) weist auf diese Unterscheidung hin: „Whereas the issue of externalities arises in relation to<br />
various types of goods, the merit issue relates to the underlying nature of wants. “ Vgl. Musgrave (1959), S. 36<br />
und 39, Fußnote 5.<br />
64
„The distinction between private and public or social goods arises from the mode in<br />
which benefits become available, that is, rival in the one and non-rival in the other<br />
case.[…]. But whether met through a market or political process, both choices and the<br />
normative evaluation of outcomes rest squarely on the premise of individual<br />
preference. […] The concept of merit (or, for that matter, of demerit) goods questions<br />
that premise.” 185<br />
Einzig und allein der Staat, die dort handelnden Akteure oder andere Institutionen befinden,<br />
ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung müsse mehr bereitgestellt werden<br />
bzw., vice versa, <strong>zu</strong>rückgedrängt werden (sog. demeritorische Güter). Das Konzept ist<br />
umstritten, weil es letztlich auf einer ex post willkürlichen Meinung basiert. Wenn nicht<br />
geklärt wird, was verdienstwürdig bedeutet, so könnte jeder Staatseingriff mit diesem<br />
Argument <strong>zu</strong> rechtfertigen sein. Aber trifft das auf den Film <strong>zu</strong>? Und wenn ja, auf alle oder<br />
auf nur einige wenige? Und ist solch eine Beurteilung dann nicht abhängig von den jeweils an<br />
der Regierung Beteiligten und deren subjektivem Urteil?<br />
„Bei öffentlichen Gütern kommen (prinzipiell) die im Prozess demokratischer<br />
Willensbildung offen gelegten Präferenzen […] <strong>zu</strong>r Geltung, wohingegen bei<br />
meritorischen Gütern der Eingriff gezielt gegen die (als verzerrt geltenden)<br />
Präferenzen verläuft […].“ 186<br />
Die Dissonanz im Falle der meritorischen Bedürfnisse von den am Markt offenbarten<br />
Bedürfnissen der Konsumenten muss sich aber nicht zwangsläufig in einem willkürlichen<br />
Zwangskonsum bzw. Verbot begründen, noch müssen sie zwingend das Prinzip der<br />
Konsumentensouveränität per se untergraben. So gibt es Varianten, die sich innerhalb eines<br />
normativen Argumentationsrahmens für eine staatliche Intervention bewegen. 187<br />
4.6.1. Am Markt nicht aufzeigbare Präferenzen: community values<br />
Unter anderem hat Musgrave (1987) selbst den Bogen <strong>zu</strong> den weiter oben besprochenen non-<br />
user values geschlagen. Hier wurde angenommen, dass die Gesellschaft durchaus eine höhere<br />
185 Vgl. Musgrave (1987), S. 126.<br />
186 Vgl. Brümmerhoff (2001), S. 113.<br />
187 Vgl. z. B. Musgrave (1987), S. 127ff.; Throsby (2001), S. 141; Brümmerhoff (2001), S. 113. Dort finden sich<br />
<strong>zu</strong>m Teil auch noch weitere Argumente, jedoch möchte ich mich hier angesichts des beschränkten Umfangs der<br />
Arbeit auf lediglich zwei Varianten konzentrieren.<br />
65
Bereitstellung bestimmter Güter oder Filme präferiert, ohne diese allerdings (gegenwärtig)<br />
selbst effektiv nach<strong>zu</strong>fragen. Im diesem Falle war es aus genannten Gründen nur sehr<br />
schwierig, die wahren Präferenzen bzw. passiven Nutzenwerte via des Marktes auf<strong>zu</strong>decken<br />
bzw. (via anderer Mechanismen) exakt <strong>zu</strong> bestimmen. 188 Wenn die Grundlage der<br />
meritorischen Bedürfnisse die 1987 vom Autor selbst favorisierte Umgebung der so<br />
genannten community preferences ist, so lässt sich grundsätzlich ähnlich, also bezüglich einer<br />
nicht-effektiven Nachfrage, argumentieren:<br />
„[…]consider a setting where individuals, as members of the community, accept<br />
certain community values or preferences, even though their personal preferences<br />
might differ.“ 189<br />
Solche community values können laut Musgrave (1987) in der Erhaltung historischer Bauten<br />
und Sehenswürdigkeiten, der Akzeptanz nationaler Feiertage, der Beachtung der Umwelt, des<br />
Lernens sowie der Künste liegen. So liegt die Staatsaktivität nicht im Aufdrängen der vom<br />
Staat als (willkürlich) verdienstwürdig befundenen Filme, sondern ähnlich wie im Falle der<br />
non-user values in der Beachtung der am Markt nicht angezeigten bzw. aufzeigbaren<br />
Präferenzen. Auf die Schwierigkeiten, die sich insbesondere aus dem Quantifizieren und<br />
Erfassen solcher Präferenzen für den Staat ergeben, wurde in Abschnitt 4.3.1 bereits<br />
eingegangen. 190 In diesem Sinne würde sich die „Verdienstwürdigkeit“ von Filmen in der<br />
Höhe des <strong>zu</strong>sätzlichen Nutzens der community values erschöpfen.<br />
4.6.2 Mangelnde Information<br />
Allgemein könnte man als Argument für einen staatlichen Eingriff in die Filmwirtschaft auf<br />
Grundlage der Theorie der Meriotorik anfügen, dass der Staat der Meinung ist, ein bestimmter<br />
Film oder eine Gruppe von Filmen, z.B. der deutsche Film, würden un<strong>zu</strong>reichend von den<br />
Individuen gewürdigt und daher vom Markt auch un<strong>zu</strong>reichend bereitgestellt. Das Konzept<br />
der meritorischen Güter besagt, dass der Staat eingreift, weil er in diesem Fall bestimmte<br />
Filme für besonders verdienstwürdig hält, egal, was die Konsumenten (<strong>zu</strong>nächst) denken.<br />
188 Vgl. <strong>Kapitel</strong> 4.3.1, S. 46f.<br />
189 Vgl. Musgrave (1987), S. 128.<br />
190 Vgl. Abschnitt 4.3.1, S. 46.<br />
66
Diese Argumentation scheint jedoch höchst fragwürdig und wissenschaftlich nicht besonders<br />
gehaltvoll. Die in <strong>Kapitel</strong> 3 thematisierte unvollständige Information und die Eigenschaft des<br />
Films als Erfahrungsgut können allerdings eine normative Begründung liefern, warum der<br />
Staat tätig werden sollte: In <strong>Kapitel</strong> 3 dieser Arbeit wurde festgestellt, dass die Individuen im<br />
Falle des Films nur unvollkommen informiert sind. Zudem sind der Konsum und damit die<br />
Nachfrage nach Filmen unter anderem abhängig vom vergangenen Konsum. Außerdem wurde<br />
angenommen, dass der Geschmack im Falle von Filmgütern unter anderem abhängig von<br />
Investitionen in ein so genanntes film capital ist. 191 Anders formuliert kann erst durch<br />
Investition in Wissen und Erfahrung eine positive Schät<strong>zu</strong>ng bestimmter Filme erlangt<br />
werden.<br />
Aus diesen drei Eigenschaften kann gefolgert werden, dass der Staat möglicherweise ein<br />
wichtiges (<strong>zu</strong>sätzliches) Instrument der marktunabhängigen Informationsbereitstellung bilden<br />
sollte. Vergangener Konsum ist bei manchen Individuen möglicherweise noch gar nicht<br />
vorhanden (oder nur un<strong>zu</strong>reichend), Informationen sind knapp, <strong>zu</strong> einseitig bereitgestellt oder<br />
<strong>zu</strong> kostspielig <strong>zu</strong> erwerben. Genauso kann es für manche Individuen nicht wünschenswert<br />
oder durch ihre Budgetbeschränkung unmöglich sein, ein möglichst breites film capital<br />
auf<strong>zu</strong>bauen.<br />
„Ultimately, the question is whether investment in quality of choices requires public<br />
support. The strongest argument for doing so is that individuals, particularly the<br />
young, underestimate the benefits from such investment because it is only in retrospect<br />
that its benefits become apparent.” 192<br />
Allerdings hat diese Argumentation zwei entscheidende Einschränkungen: Erstens kann eine<br />
Filmförderung, die überwiegend auf die Angebotsseite abzielt, damit nicht erklärt werden. 193<br />
Vielmehr liegt der Schwerpunkt innerhalb dieses Arguments auf der un<strong>zu</strong>reichenden<br />
Erfahrung und Information der Individuen, also im Konsumbereich. So wäre es folgerichtig,<br />
diese Lücke <strong>zu</strong> füllen, <strong>zu</strong>m Beispiel durch vom Staat finanzierte Bildungsmaßnahmen. Diese<br />
sollten im Sinne einer normativen Begründung für eine Staatsaktivität nicht wie eine<br />
auferlegte Meinung gestaltet sein, sondern den Konsumenten und in Anlehnung an Peacock<br />
191 Vgl. Throsby (2001), S. 115.<br />
192 Vgl. Peacock (2006), S. 1134.<br />
193 Knapp 59 % der deutschen Filmförderung auf Bundesebene (2007 gesamt : 169,2 Millionen Euro) flossen in<br />
die Produktionsförderung. Vgl. FFA (2008): „Infoblatt 01/08“, S. 8. Eigene Berechnungen.<br />
67
(2006) vor allen Dingen den jüngeren Individuen helfen, ihre souveränen Entscheidungen in<br />
der Zukunft mit bestem Wissen und <strong>zu</strong> geringeren Kosten <strong>zu</strong> treffen.<br />
„Thus, what appears to be imposed choice may be compatible, in the longer run, with<br />
the objective of intelligent free choice.” 194<br />
So könnte der Staat Forschungsarbeiten in Auftrag geben, um heraus<strong>zu</strong>finden, welche Filme<br />
pädagogisch und künstlerisch in Be<strong>zu</strong>g auf die Bildung von Geschmack „wichtig“ sind.<br />
Möglicherweise kommt man <strong>zu</strong> dem Schluss, dass Filme von Bergmann, Fellini oder Florian<br />
Henckel von Donnersmarck 195 besonders geeignet sind, den Geschmack <strong>zu</strong> „erziehen“ und<br />
dadurch den Nutzen des <strong>zu</strong>künftigen Konsums <strong>zu</strong> erhöhen, während der vierte Teil von<br />
Rambo (2007) weniger geeignet ist, Erfahrung und Geschmack <strong>zu</strong> entwickeln. 196 Es ist daher<br />
durchaus denkbar, dass nicht jeder Film die gleiche öffentliche Aufmerksamkeit seitens des<br />
Staates begründet. Analog da<strong>zu</strong> werden in den Schulen in Deutschland Literatur, Musik und<br />
Kunst auf derselben Grundlage gelehrt, auch wenn die Präferenzen der Kinder <strong>zu</strong>nächst<br />
anders sprechen mögen. In Bereichen wie der Gesundheit ist der Staat vermutlich ebenso<br />
besser und kostengünstiger in der Lage, Studien über die Folgen des Rauchens oder des<br />
Heroinkonsums an<strong>zu</strong>stellen, diese <strong>zu</strong> veröffentlichen und somit Aufklärung <strong>zu</strong> betreiben. Eine<br />
solche Information, die selbst ein öffentliches Gut darstellt, wäre für ein einzelnes Individuum<br />
vermutlich nur unter sehr hohen Kosten <strong>zu</strong> erhalten (d.h. es müsste die Studie selbst in<br />
Auftrag geben). Diesbezüglich ist auch das Vorliegen asymmetrischer Information zwischen<br />
Filmneuheiten und älteren Filmen <strong>zu</strong> nennen: Während erstere <strong>zu</strong>m Teil massiv beworben<br />
werden und Mund-<strong>zu</strong>-Mund Propaganda eine wichtige Rolle spielt, so ist dies bei älteren<br />
Filmen prinzipiell nicht mehr der Fall. Im schlechtesten Fall geraten sie in Vergessenheit. 197<br />
194<br />
Vgl. Musgrave (1969), S. 56.<br />
195<br />
Er ist der Regisseur von Das Leben der Anderen (2006), der 2007 den Oscar für den besten fremdsprachigen<br />
Film gewann.<br />
196<br />
Diese Beispiele sind <strong>zu</strong>nächst natürlich vollkommen willkürlich. Es liegen dem Autor dieser Arbeit keine<br />
Studien darüber vor. Dasselbe gilt also natürlich vice versa. Die Beispiele Fellini und Bergmann sind aus Frey<br />
(2001) herangezogen worden. Darin zählt er diese Regisseure/Autoren <strong>zu</strong> den higher arts. Vgl. Frey (2001), S.<br />
97. Eine solche These ist nicht aus ökonomischer Sicht <strong>zu</strong> begründen, was nicht heißt, dass sie nicht aufgestellt<br />
werden sollte. Insbesondere im Feld der Pädagogik, Psychologie, Soziologie oder Kunsttheorie könnten hier<br />
überzeugende Konzepte entwickelt werden.<br />
197<br />
Zwar haben technologische Entwicklungen wie die digitale Speicherung da<strong>zu</strong> geführt, dass jeder Film<br />
praktisch unendlich lange aufbewahrt und damit auch in der Zukunft konsumiert werden kann, allerdings geht es<br />
hier insbesondere um die Rolle der Informationsvermittlung: Sie begünstigt grundsätzlich neuere und aktuelle<br />
Filme.<br />
68
Die Aufgabe des Staates sollte es also sein, dieses Informationsdefizit aus<strong>zu</strong>gleichen. Zumal<br />
Filme (ähnlich wie Musik) einen sehr großen Einfluss insbesondere auf die jüngeren<br />
Individuen haben können, von denen einige sie vermutlich ihr ganzes Leben lang mehr oder<br />
weniger prägen werden. Diese Überlegungen finden sich <strong>zu</strong>m Teil auch in der Praxis.<br />
4.6.2.1 Beispiel aus der Praxis: Filmbildung in Großbritannien und<br />
Deutschland<br />
Ein Beispiel solcher Aktivität findet sich in Großbritannien. Die dortige<br />
Filmförderungsanstalt, das UK Film Council, unterstützt <strong>zu</strong>sammen mit der britischen<br />
Filmindustrie (inklusive einiger der Major Studios) seit mehr als 20 Jahren ein landesweites<br />
non for profit public-private partnership-Programm unter dem Namen Film Education.<br />
Dieses bietet neben dem freien Zugang <strong>zu</strong> wichtigen Informationen, insbesondere<br />
Lehrmaterialien für Schulen, kostenlose Filmaufführungen in den englischen Schulen an.<br />
Da<strong>zu</strong> schreibt Terry Gilliam, britischer Regisseur und Mitglied der Film Education:<br />
„ [it] plays a crucial role in schools by helping students break through formal<br />
boundaries of learning and develop a multi-dimensional understanding of the twenty<br />
first century's most powerful medium.” 198<br />
Eine solche Auffassung deckt sich mit den hier gemachten Überlegungen sowie der Analyse<br />
in <strong>Kapitel</strong> 3 bezüglich der Wichtigkeit der Informationsbereitstellung und der Investition in<br />
film capital. Eine vergleichbare und konzentrierte Organisation findet sich in Deutschland erst<br />
seit 2005 in Form der Vision Kino gGmbH, die ebenfalls aus staatlichen wie aus privaten<br />
Mitteln der deutschen Filmwirtschaft besteht. Diese orientiert sich in vielen Punkten an dem<br />
britischen Modell und listet darüber hinaus explizit die Kriterien der Filmauswahl für den<br />
Schulunterricht auf. Diese orientieren sich vor allem an filmästhetischen, inhaltlich-<br />
thematischen sowie pädagogischen Gesichtspunkten und mögen einen Überblick darüber<br />
geben, was der Staat unter qualitativ hochwertig versteht. 199<br />
198 Übernommen von der Homepage (18.04.08): http://www.filmeducation.org.<br />
199 Vgl. Filmauswahlkriterien Vision Kino, S.1ff. Download (16.04.08):<br />
http://www.visionkino.de/WebObjects/VisionKino.woa/media/2271.<br />
69
„The Arts draw off the mind from the hurry of business and interest, cherish reflection, dispose to<br />
tranquillity, and produce an agreeable melancholy, which, of all dispositions of the mind, is the best suited to<br />
love and friendship.“ (Hume)<br />
Schluss<br />
In dieser Arbeit wurde das Gut Film im Spannungsfeld zwischen Markt und Staat mit<br />
ausgewählten ökonomischen Argumenten analysiert. Das <strong>Kapitel</strong> 1 stellte dabei den Bereich<br />
der so genannten Kulturökonomie vor, dem diese Arbeit <strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen ist. Es zeigte sich, dass<br />
es schwierig ist, den Film grundsätzlich als Kunstgut respektive Unterhaltungsgut a priori<br />
ein<strong>zu</strong>ordnen. Auf der einen Seite erschafft der Film künstliche Welten und erzählt<br />
Geschichten. Er verbindet dabei Elemente anderer Künste wie kein anderes Medium: er<br />
bedient sich dem Schauspiel genauso wie der Musik und der Literatur. Gleichzeitig ist er<br />
Objekt des Diskurses und der Kommunikation sowie der Information. Er zeigt den Individuen<br />
einer Gesellschaft fremde und familiäre Lebensgeschichten und Welten und setzt sich mit<br />
gegenwärtigen gesellschaftlichen Strömungen auseinander und reagiert gleichzeitig auf sie.<br />
Auf der anderen Seite dient er der Attraktion und Zerstreuung und eignet sich <strong>zu</strong> einem<br />
Massengut, dessen Herstellung und Verbreitung potenziell hohe Gewinne <strong>zu</strong>lässt. In dem<br />
geschichtlichen Abriss in <strong>Kapitel</strong> 2 wurde diesbezüglich deutlich, dass gerade diese<br />
Einordnungsproblematik und dieser Doppelcharakter vor allem den europäischen Staaten seit<br />
den frühen Jahren des Films da<strong>zu</strong> diente und dient, das Gut Film durch Protektion und später<br />
Filmförderprogramme <strong>zu</strong> schützen bzw. <strong>zu</strong> stützen. Des Weiteren wurde in <strong>Kapitel</strong> 2<br />
nachgezeichnet, wie sich die amerikanische und europäische Filmwirtschaft seit den ersten<br />
bewegten Bildern bis heute unterschiedlich entwickelt haben. Besonders auffällig ist dabei der<br />
seit dem Ersten Weltkrieg sich abzeichnende und gegenwärtig relativ hohe Marktanteil<br />
amerikanischer Filme sowohl im Inland als auch in den europäischen Staaten, eine Tatsache,<br />
die ebenfalls auf das Spannungsverhältnis zwischen Markt und Staat einwirkte und einwirkt.<br />
Das <strong>Kapitel</strong> 3 hingegen studierte die wichtigsten filmspezifischen Merkmale in einem<br />
ökonomischen Kontext. Sowohl die Produktion als auch die Nachfrage nach Filmen hängt<br />
von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, die unabhängig von der Auffassung über Kunst<br />
bzw. Kommerz Aufschluss über die spezifische Angebots- und Nachfragebedingungen in der<br />
Filmwirtschaft geben konnten. Der Warencharakter des Films erschließt sich dabei <strong>zu</strong>m Teil<br />
aus der Eigenschaft des Massenguts. Die fortlaufenden technischen Möglichkeiten der<br />
70
Reproduktion sowie die ökonomischen Eigenschaften geringer Grenzkosten in der<br />
Verbreitung sowie die Nichtrivalität im Konsum begünstigen eine breite und massenhafte<br />
Auswertung. Dies hat, wie erwähnt, aber auch Konsequenzen auf den Inhalt und die<br />
Zusammenset<strong>zu</strong>ng der eingesetzten Inputfaktoren eines Films. Insbesondere die<br />
amerikanische Filmindustrie setzte sehr früh auf eine fabrikähnliche Massenproduktion, die<br />
dem Wunsch der Konsumenten vor allem nach Attraktion und Zerstreuung entgegenkam.<br />
Technologische Entwicklungen wie das Aufkommen des Fernsehens, steigende<br />
Realeinkommen sowie vermehrte Substitutionsmöglichkeiten insbesondere alternativer<br />
Freizeitaktivitäten widersprachen <strong>zu</strong>nehmend einer solchen Angebotspolitik. Des Weiteren<br />
wurde in dieser Arbeit die besondere Rolle des Filmverleihs hervorgehoben. Unter<br />
Marktbedingungen erfüllt der Verleih eine Finanzierungsfunktion, eine Informationsfunktion<br />
und eine Selektivfunktion bezüglich vorhandener oder geplanter Filmvorhaben. Außerdem<br />
spielen bei ihm Größenvorteile eine Rolle. Es sind genau diese Funktionen, die in den<br />
europäischen Ländern seit dem Ersten Weltkrieg so gut wie nicht mehr vorhanden sind bzw.<br />
an andere Instanzen abgegeben wurden. Insbesondere die Selektiv- und die<br />
Finanzierungsfunktion wurde vom Staat fast vollständig durch die Filmförderung<br />
übernommen, während die Informationsfunktion <strong>zu</strong> weiten Teilen dem Markt überlassen<br />
wurde. Ohne diese Funktionen kann angenommen werden, dass sich die Größenvorteile im<br />
Verleih nicht oder nur un<strong>zu</strong>reichend entwickeln konnten und die Informationsfunktion<br />
mangels Kapitalausstattung vernachlässigt wurde. Aus der Analyse über das Marktversagen<br />
kann festgehalten werden, dass sich im Bereich der Filmwirtschaft eine potenzielle Rolle für<br />
den Staat ergibt. Hierbei wurde festgestellt, dass der Markt unter anderem nicht in der Lage<br />
ist, bestimmte (passive) Werte, die von den Konsumenten zwar gewünscht, jedoch nicht<br />
effektiv nachgefragt werden, bereit<strong>zu</strong>stellen. Für das Spannungsverhältnis von Markt und<br />
Staat wurde hier darauf hingewiesen, dass eine Finanzierung durch den Staat durch Abgaben<br />
seitens der Kinobetreiber und Home-Video Vertreiber ineffizient ist, da damit nicht alle, die<br />
von diesen externen Effekten profitieren, auch <strong>zu</strong>r Zahlung verpflichtet werden. Des Weiteren<br />
werden sowohl wirtschaftliche als auch kulturelle Effekte auf die Branche, auf andere<br />
Wirtschaftszweige und auf die Gesellschaft einer Region oder eines Landes generiert, die der<br />
Markt nicht ausreichend berücksichtigt. Hier wurde insbesondere auf eine Zielproblematik<br />
seitens des Staates hingewiesen. Will der Staat Regional- und Arbeitsplatzeffekte erzielen, so<br />
ist es aus ökonomischer Sicht erforderlich, jegliche Filmförderungen gegen alternative,<br />
möglicherweise effizientere Mittelverwendungen gegen<strong>zu</strong>rechnen. Es wurde vorgeschlagen,<br />
dass der Staat durch den Abbau von Bürokratiehemmnissen, den Ausbau filmrelevanter<br />
71
Infrastruktur und in der Ausbildung von Fachkräften filmwirtschaftliche Aktivität<br />
verzerrungsneutraler stimulieren kann als durch direkte Subventionen. Wiederum wurde<br />
argumentiert, für die Finanzierung solcher Maßnahmen die Gesellschaft als Ganzes<br />
heran<strong>zu</strong>ziehen. Innerhalb der Diskussion um den mangelnden Wettbewerb wurde aufgezeigt,<br />
dass die Gewährung der Marktform der monopolitischen Konkurrenz <strong>zu</strong> durchaus<br />
wünschenswerten, wenn auch nicht wohlfahrtsoptimalen, Ergebnissen insbesondere bezüglich<br />
der Produktvielfalt führen kann. Hier galt es vor allem, Filmproduzenten den Zutritt <strong>zu</strong>m<br />
Markt durch die Gewährleistung einer durch den Markt un<strong>zu</strong>reichend bereitgestellten<br />
Finanzierung <strong>zu</strong> ermöglichen. Doch eine Finanzierung von Filmvorhaben durch den Staat<br />
birgt ebenso viele Nachteile und Gefahren wie die Herausbildung einer Subventionsmentalität<br />
und die Produktion kultureller Filmberge. Zudem ist nicht klar, was der Staat fördern sollte<br />
und durch welche Mechanismen dies am effizientesten geschieht. Zwar ist eine<br />
Ausgestaltungsproblematik nicht Thema dieser Arbeit gewesen, doch lassen sich auch<br />
diesbezüglich eine wichtige Punkte aus den hier gemachten Überlegungen ableiten: Erstens<br />
scheinen Gremienentscheidungen durch <strong>zu</strong>m Beispiel externe Experten dem Prinzip der<br />
Meritorik <strong>zu</strong> folgen. In diesem Fall wird aus mehr oder minder gut informierten<br />
Beurteilungen heraus entschieden, was förderverdienstwürdig ist und was nicht. Dieser Art<br />
von Staatsaktivität – auch wenn es nicht dem Staat direkt anrechenbare Institutionen sind –<br />
kann innerhalb der hier angestellten Überlegungen nicht <strong>zu</strong>gestimmt werden. Besser geeignet<br />
scheinen <strong>zu</strong>m Beispiel an die staatliche Förderung gekoppelte Verleihgarantien mit am Markt<br />
etablierten Verleihern in Verbindung mit einer Mindeststartkopienanzahl und einer<br />
ausreichenden Informationsbereitstellung <strong>zu</strong> sein. Damit wären staatliche Beihilfen gekoppelt<br />
an marktwirtschaftlich effizientes Verhalten. Außerdem können Preise und Auszeichnungen<br />
einzelner an der Filmproduktion beteiligter Inputfaktoren (<strong>zu</strong>m Beispiel einen beim<br />
Deutschen Filmpreis ausgezeichneten Kameramann, Regisseur oder Schauspieler) sowie<br />
öffentlich oder privat ausgeschriebene Drehbuchwettbewerbe sowie der Erfolg bei nationalen<br />
und internationalen Nachwuchswettbewerben ein Kriterium für die Bereitstellung öffentlicher<br />
Gelder sein. Staatliche Beihilfen aufgrund von vergangenen Zuschauererfolgen hingegen sind<br />
fraglich. Zum einen scheint hier der Markt selbst durchaus in der Lage <strong>zu</strong> sein, einen<br />
kommerziellen Erfolg <strong>zu</strong> belohnen. Warum der Staat diesbezüglich <strong>zu</strong>sätzlich mit Geldern<br />
auftreten sollte, scheint deshalb nicht einleuchtend. Gerade im Fall des Erfolgs erhöht sich die<br />
Chance, dass private Kapitalgeber bzw. kapitalstarke Verleiher eine Finanzierung<br />
übernehmen. Bezüglich des Merkmals hoher und wiederkehrender versunkener Kosten hat<br />
sich gezeigt, dass dies einen nicht wohlfahrtsoptimalen Preis am Markt generiert. Die daraus<br />
72
esultierenden Wohlfahrtsverluste haben sich jedoch im Laufe der geschichtlichen und<br />
technologischen Entwicklung verringert, da die Verbreitung und der Konsum <strong>zu</strong> einem<br />
späteren Zeitpunkt, <strong>zu</strong>m Beispiel im Fernsehen, meist <strong>zu</strong> geringeren Kosten möglich sind.<br />
Hier sollte der Staat insbesondere für die Gewährleistung und Durchsetzbarkeit von Urheber-,<br />
Leistungsschutz- und Nut<strong>zu</strong>ngsrechten sorgen, während für die Marktteilnehmer eine<br />
dynamischere Preispolitik durch <strong>zu</strong>m Beispiel eine Form der kostenabhängigen oder<br />
preiselastizitätsabhängigen Preise denkbar ist. In diesem Bereich wäre eine vertiefende<br />
ökonomische Auseinanderset<strong>zu</strong>ng für <strong>zu</strong>künftige Arbeiten sehr interessant. Insgesamt kann<br />
festgehalten werden, dass der Konsum von Filmen unabhängig vom Auswertungsfenster<br />
immer noch eine relativ günstige Freizeitaktivität darstellt im Gegensatz <strong>zu</strong> Freizeitaktivitäten<br />
wie Sportereignissen oder Theaterbesuchen. Eine staatlich regulierte Preispolitik genauso wie<br />
eine Subventionierung der Lücke zwischen wohlfahrtsoptimalem und tatsächlichem bzw.<br />
kostendeckendem Preis ist daher nicht angezeigt. Abschließend wurde außerdem deutlich,<br />
dass die Förderung des Konsums im Gegensatz <strong>zu</strong> einer dauerhaften und breiten Förderung<br />
der Produktion von Bedeutung ist. Dies ergibt sich aus den Überlegungen <strong>zu</strong> den Merkmalen<br />
des hier eingeführten Begriffs des Filmkapitals aus <strong>Kapitel</strong> 3 und der Analyse <strong>zu</strong>r mangelnden<br />
Information seitens der Konsumenten aus <strong>Kapitel</strong> 4: gerade eine Förderung der Konsumseite<br />
scheint langfristig effizienter und verzerrungsneutraler, da sie <strong>zu</strong>m Beispiel das Problem der<br />
Subventionsmentalität umgeht. Die Abbildung 3 zeigte, dass Deutschland mit großem<br />
Abstand <strong>zu</strong> Frankreich, England und den USA ein relativ kinobesucharmes Filmland ist. Eine<br />
intensivere ökonomische Auseinanderset<strong>zu</strong>ng und empirische Analyse in diesem Bereich<br />
wäre eine interessante Ergän<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> den hier gemachten Überlegungen. Ich schätze, dass hier<br />
insbesondere die hochsubstitutive Beziehung zwischen deutschen Fernsehfilmen und<br />
deutschen Kinofilmen genauso wie die langjährige Vernachlässigung der Nachfrage<br />
hinsichtlich der Informationsfunktion, der hier große Bedeutung beigemessen wurde, eine<br />
entscheidende Rolle im Filmkonsumverhalten spielen. Möglicherweise verhindern so<br />
genannte Beharrungstendenzen seitens der Politik eine diesbezügliche Änderung im<br />
Verhältnis zwischen Staat und Markt: so empfehlen die in der öffentlichen Debatte oftmals als<br />
unmündig empfundenen Konsumenten in einer GfK Studie der deutschen Filmwirtschaft mit<br />
großer Mehrheit selbst „unbedingt“ mehr Informationen und mehr Werbung. 200 Eine solche<br />
Forderung deckt sich mit den hier gemachten Überlegungen <strong>zu</strong>m Thema Film und weist eine<br />
Richtung, in der <strong>zu</strong>künftig im Spannungsverhältnis zwischen Markt und Staat diesbezüglich<br />
verstärkt debattiert werden sollte.<br />
200 Vgl. FFA (2008), „Der deutsche Film unter der Lupe: Akzeptanz – Image – Stärken und Schwächen<br />
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Van der Ploeg, F. (2006)<br />
„The Making of Cultural Policy“, in: Ginsburgh, Throsby (Hrsg.): „Handbook of the<br />
Economics of Art and Culture“, 1. Auflage, Amsterdam u.a. 2006, S. 1183-1218.<br />
Varian, H.R. (2001)<br />
„Grundzüge der Mikroökonomik“, München Wien 2001.<br />
Walls, W.D. (2005)<br />
„Modelling Movie Success when ‘Nobody Knows Anything’: Conditional Stable-Distribution<br />
Analysis of Film Returns“, in: Journal of Cultural Economics, Volume 29, 2005, S. 177-190.<br />
Gesetzestexte<br />
Filmförderungsgesetz (2003)<br />
„Gesetz über Maßnahmen <strong>zu</strong>r Förderung des deutschen Films“, heruntergeladen am<br />
28.12.2007: http://www.ffa.de/downloads/ffg.pdf.<br />
80
Studien und statistische Veröffentlichungen<br />
Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (EAI) (2006)<br />
„FOCUS 2006 World Film Market Trends“, Editor: Susan Newman-Baudias, 2006,<br />
heruntergeladen am 04.01.2007: http://www.obs.coe.int/oea_publ/market/focus.html.<br />
Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (EAI) (2007)<br />
„FOCUS 2007 World Film Market Trends“, Editor: Susan Newman-Baudias, 2007,<br />
heruntergeladen am 25.04.2008: http://www.obs.coe.int/oea_publ/market/focus.html.<br />
FFA (2007)<br />
„Auswertung der Top 50-Filmtitel des Jahres 2006 nach soziodemografischen sowie kino- u.<br />
filmspezifischen Informationen“ (auf Basis des GfK Panels von Yvonne Beigel),<br />
heruntergeladen am 02.01.2008:<br />
http://www.ffa.de/downloads/publikationen/top_50_filme_2006.pdf.<br />
FFA (2007)<br />
„Der Kinobesucher 2006“, heruntergeladen am 16.12.2007:<br />
http://www.ffa.de/downloads/publikationen/kinobesucher_2006.pdf.<br />
FFA (2008)<br />
„Der deutsche Film unter der Lupe: Akzeptanz – Image – Stärken und Schwächen<br />
Imagestudie deutscher Film“, heruntergeladen am 03.04.2008:<br />
http://www.ffa.de/downloads/publikationen/Imagestudie_Dt_Film_Publikation_EF_0402200<br />
8.pdf.<br />
FFA (2008)<br />
„Infoblatt 01/08”<br />
Heruntergeladen am 15.04.2008:<br />
http://www.ffa.de/downloads/publikationen/ffa_intern/FFA_info_1_2008.pdf.<br />
MEDIA Salles (2006)<br />
„European Cinema Yearbook“, 15. Edition, 2006, heruntergeladen am 22.02.2007:<br />
http://www.obs.coe.int/medium/film.html.<br />
81
UNESCO (2007):<br />
„25 questions on culture, trade and globalization - 2: What do we understand by cultural<br />
goods and services?”, heruntergeladen am 15.12.07:<br />
http://www.unesco.org/culture/industries/trade/html_eng/question2.shtml.<br />
Zeitschriften<br />
Blickpunkt:Film (2006), Nr. 45/06, erschienen am 6.11.2006, Entertainment Media Verlag,<br />
München 2006.<br />
Blickpunkt:Film (2006), Nr. 48/07, erschienen am 26.11.2007, Entertainment Media Verlag,<br />
München 2007.<br />
Blickpunkt:Film (2007), Nr. 49/07, erschienen am 3.12.2007, Entertainment Media Verlag,<br />
München 2007.<br />
82
Erklärung <strong>zu</strong>r Urheberschaft<br />
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit allein und nur unter<br />
Verwendung der aufgeführten Quellen und Hilfsmittel angefertigt habe.<br />
Paul Melzow<br />
<strong>Berlin</strong>, 19. Mai 2008<br />
83