28. Echo Ende 2010 - BBS Köllitsch eV
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Andrea beim Esperantistenkongress auf Kuba<br />
Saluton el Kubo – mia somero en Esperantujo<br />
„Ich lerne Esperanto.“ „Ach ja, und warum?“<br />
„Ich plane, meinen Urlaub dort zu verbringen.“<br />
Das klingt wie ein Witz, trifft aber im Wesentlichen auf mich<br />
zu. Der Leser wird sich fragen, welcher Ort genau mit „dort“<br />
gemeint ist. Der Ort heißt Esperantujo, das ist der Ausdruck,<br />
der auf Esperanto gebraucht wird, um eine Lokalität zu beschreiben,<br />
in der Esperanto gesprochen wird. Das kann der<br />
örtliche Esperanto-Klub sein (in Leipzig trifft sich ein Häufchen<br />
der wenigen Aufrechten), ein südfranzösischer Ort am Mittelmeer,<br />
wo im Frühjahr die mediterrane Esperanto-Woche<br />
stattfindet, Esperantujo ist überall dort, wo sich mehr als ein<br />
Esperantist befindet und in diesem Sommer war es für viele<br />
und auch für mich: Kuba.<br />
La komenco – der Anfang ...<br />
Das Esperanto-Virus schleppte meine Mutter in die Familie<br />
ein, die Anfang der achtziger Jahre beim Kulturbund einen<br />
Kurs belegte und sich seitdem in der Leipziger Esperanto-<br />
Gruppe engagierte. Ich schnappte die eine oder andere Vokabel<br />
auf, lernte aus Spaß ein paar typische Anfängersätze und<br />
beließ es dabei. Mit der Wende wurde das Leipziger Esperantujo<br />
allmählich kleiner und das weltweite Esperantujo vergrößerte<br />
sich plötzlich, doch Mutti wurde nicht jünger und wollte die<br />
jährlichen Höhepunkte der Esperanto-Bewegung, die Weltkongresse,<br />
nicht mehr allein besuchen. Also begleitete ich<br />
sie im Sommer 2003 nach Göteborg, was zu einem leichten<br />
Zuwachs meines Vokabulars führte. Selbiges wuchs auch in<br />
Vilnius (2005) und in Rotterdam (2008).<br />
Auch für Nicht-Esperantisten sind solche Kongresse durchaus<br />
interessant. Ich verstand von den Vorträgen genügend, um den<br />
Themen zu folgen, genoss die Kulturveranstaltungen und die<br />
Ausflüge und sah interessante europäische Großstädte. Wenn<br />
mich jemand ansprach, fehlten mir allerdings die Worte.<br />
Irgendwann packte mich jedoch der Ehrgeiz: Schließlich sind<br />
Sprachen für mich immer eine leichte Übung gewesen! Ich<br />
lernte ein bisschen aus Muttis altem Lehrbuch, besuchte einen<br />
Wochenkurs zu Leben und Werk Vincent van Goghs, den<br />
eine in den Niederlanden lebende Ungarin in Nordfrankreich<br />
veranstaltete und war danach fit für Białystok (2009).<br />
Zum Weltkongress nach Kuba fuhr ich nun allerdings allein.<br />
Im Vorfeld nahm ich noch an einer kleinen Esperanto-Lehrer-<br />
Konferenz teil. Dies hatte den Vorteil, dass ich eine weitere<br />
Stadt kennenlernen konnte und zunächst eine kleinere Gruppe<br />
um mich hatte. Wie man im Bild sieht, war der Veranstaltungsort<br />
auch dazu angetan, vor lauter Bildung den Urlaub<br />
nicht zu vergessen.<br />
Bild links unten: Ausklang eines Arbeitstags zur ILEI-Konferenz. Gemeinsam<br />
mit Gleichgesinnten aus Kuba, Mexiko, den Niederlanden,<br />
Australien, Litauen, Kroatien, Frankreich, Chile, Schweden, Uruguay,<br />
Israel, Spanien, Großbritannien.<br />
La Universalaj Kongresoj – die Weltkongresse<br />
Havanna war der 95. Austragungsort eines Weltkongresses,<br />
die seit 1905 (Boulogne-sur-Mer) nahezu jährlich stattfinden.<br />
Die meisten wurden in europäischen Großstädten veranstaltet,<br />
aber aller zwei bis drei Jahre werden sie an andere<br />
Kontinente vergeben – beispielsweise an Yokohama in<br />
2007, Peking in 2004 oder Fortaleza (Brasilien) in 2002. Die<br />
Teilnehmerzahlen schwanken, sind seit 1985 (Augsburg) immer<br />
vierstellig gewesen, der Rekordhalter ist Warschau: 1987<br />
– zum 100-jährigen Jubiläum – in der „Wiege“ der Plansprache<br />
kamen 5946 Gäste.<br />
Es gibt einerseits Esperantisten, die jedes Jahr die mehr oder<br />
weniger lange Reise antreten, andererseits aber natürlich<br />
auch Bewohner von Ländern, die sich eine Teilnahme nur<br />
leisten können, wenn der Kongress in der Nähe stattfindet.<br />
Süd- und Lateinamerika sind ja nicht nur territorial isoliert,<br />
die ökonomischen Zwänge verbieten lange Anfahrtswege für<br />
den Durchschnittsbürger.<br />
Die Gründe, sich alljährlich im Sommer auf die Reise zum<br />
Austragungsort zu begeben, sind vielfältig: Traditionsbewusstsein,<br />
Identifikation mit der Bewegung, mit der Idee, die<br />
hinter der Sprache steht, die Gelegenheit, die internationalen<br />
Freunde wiederzusehen, Leute kennenzulernen oder einfach<br />
Interesse am Gastgeberland sind sicherlich die wichtigsten.<br />
Sprachenfestival in Matanzas: Die Teilnehmer der ILEI-Konferenz,<br />
die vor dem Kongress stattfand, stellten Passanten insgesamt 20<br />
Sprachen an vier Tischen vor (aufgrund des tropischen Platzregens<br />
flüchteten wir in die unbürokratisch angebotene Bibliothek). Ein<br />
Bild vom rumänischen Tisch, an dem wir gerade die Uhrzeiten gelernt<br />
hatten.<br />
Es tagen Komitees und Arbeitskreise (u.a. Lehrer, Atheisten,<br />
Umweltschützer, Künstler, Länder- und Interessengruppen),<br />
es gibt Vorlesungen zu wissenschaftlichen Themen der verschiedensten<br />
Bereiche (ich lauschte begeistert dem amerikanischen<br />
Literaturprofessor, der über Shakespeares Werke<br />
dozierte), es gibt Sprachkurse und Examen, Konzerte, Autorenlesungen<br />
und Theaterstücke.<br />
Exkursionen, Vorträge zu Geschichte und Kultur des Gastgeberlandes,<br />
ein „Nationen-Abend“ sowie ein Schnellkurs zur<br />
jeweiligen Landessprache drücken dem Kongress den individuellen<br />
Stempel auf.<br />
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