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28. Echo Ende 2010 - BBS Köllitsch eV

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26<br />

Einleitung<br />

Zucht und Haltung von Spezialgeflügel stellen im Vergleich zu<br />

den vorwiegend standardisierten Produktionswegen konventioneller<br />

Geflügelarten eine Herausforderung für den Landwirt<br />

dar. Die umfassenden Betrachtungen von Dr. Manfred<br />

Golze hat Dr. Andrea Schmidt, die in der beruflichen Vergangenheit<br />

eher dem Huhn verbunden war, für Euch ins <strong>Echo</strong>-<br />

Format komprimiert und zusammengestellt.<br />

Das Stichwort „Geflügel“ als landwirtschaftliches Produkt<br />

weckt in erster Linie Assoziationen zu Hühnern und Puten,<br />

beim zweiten Nachdenken zu Enten und Gänsen. Als Spezialgeflügel<br />

im Sinne der landwirtschaftlichen Produktion<br />

werden dagegen Tierarten bezeichnet, deren Produkte nur<br />

selten den Weg in die Supermarkt-Kühltruhe finden, weil sie<br />

nicht in Massenproduktion hergestellt werden. Ein Blick in<br />

die Geschichte zeigt uns jedoch, dass diese Tierarten in früheren<br />

Zeiten durchaus zur Ernährung der Menschen beigetragen<br />

haben und – wenn auch vorwiegend in den Küchen der<br />

Wohlhabenderen zu finden – keineswegs als Exoten galten.<br />

So datieren Aufzeichnungen aus dem 14. Jahrhundert, welche<br />

die Weihnachtsfestversorgung am Hof des Erzbischofs<br />

von York belegen: 104 Pfauen, 13500 „Vögel“ sowie Tauben<br />

fanden den Weg in die bischöflichen Kochtöpfe und Pfannen.<br />

Auch auf Gemälden des 16. und 17. Jahrhunderts sind auf<br />

den dargestellten Höfen neben den Hühnern auch Pfauen,<br />

Perlhühner und Tauben zu sehen. Herrscherhäuser verfügten<br />

häufig über Fasanerien, sogar Exporte von in Ungarn und<br />

Böhmen aufgezogenen Fasanen nach Wien und Paris sind in<br />

jahrhundertealten Aufzeichnungen nachgewiesen. Das zum<br />

Barock ausgehende Mittelalter ging durch eine besondere<br />

Phantasie in der Küche in die Kulturgeschichte ein. Essen sollte<br />

nicht nur satt machen, es sollte den Glanz des Lebens und<br />

den Ruhm des Gastgebers betonen. Pfauen, Tauben und andere<br />

seltene Geflügelarten gelangten auf die Tafeln. Die seit<br />

jeher zur Krankenkost zählenden Zuchtfasane und Täubchen<br />

gehörten auch bei Herrn von Goethe zur Küche.<br />

Im Schatzkästlein des „Guten Rates“ wird zu <strong>Ende</strong> des 19.<br />

Jahrhunderts die Stadtbürgerin belehrt, wie sie das Geflügel<br />

zu halten, zu füttern und zu pflegen hat. Es wird auch davon<br />

berichtet, dass die Perlhühner den Park benötigen, der Pfau<br />

freie Wege und die Pfauhenne eine unzuverlässige Brüterin<br />

ist und deshalb eine Hühnerglucke bereit sein sollte.<br />

Die Tradition der Wachtelhaltung in Japan und China<br />

reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück und fand später auch<br />

in Europa Nachahmer. Anfangs in erster Linie wegen des<br />

Wachtelschlages der Hähne gehalten, wurde das kleinste<br />

Spezialgeflügel später hinsichtlich Lege- und Mastleistung<br />

züchterisch verbessert und bereicherte ab dem 20. Jahrhundert<br />

die europäischen Speisekarten. Die aus Afrika stammenden<br />

Perlhühner wurden schon bei den Griechen und Römern<br />

domestiziert. Von dort aus war<br />

der Weg nach Frankreich und damit in<br />

die Küche der Feinschmecker nicht mehr<br />

weit. Auch die Zwergenten sind bereits<br />

Mitte des 17. Jahrhunderts beschrieben.<br />

Bevor sie selbst für den menschlichen<br />

Gaumen entdeckt wurden, mussten sie<br />

sich jedoch mit der Rolle als Lockvögel<br />

in Entenfallen begnügen.<br />

Tierzucht<br />

Spezialgef lügel wird immer beliebter<br />

Ausgewählte Gründe für die Haltung von<br />

Sondergeflügel<br />

Obwohl es in einigen Ländern wie Frankreich, Italien, den<br />

USA oder auch Ungarn Spezialbetriebe mit größeren Produktionseinheiten<br />

gibt, stellten Zucht und Haltung von Spezialgeflügel<br />

insgesamt nur eine Nischenproduktion dar. In Deutschland<br />

ist sie zum Beispiel als werbewirksame Ergänzung der<br />

Produktpalette in der Direktvermarktung interessant. Die<br />

kleinen Produktionseinheiten lassen sich zudem sinnvoll in<br />

vorhandener Altbausubstanz und in Splitterflächen unterbringen.<br />

Bei saisonaler Erzeugung bzw. begrenztem Zeitbudget<br />

sind auch vorübergehend freistehenden Ställe verwertbar.<br />

Auch temporär freie Arbeitszeitkapazitäten können außerhalb<br />

der Spitzenzeiten nutzbringend in der Spezialgeflügelhaltung<br />

eingesetzt werden. Unabhängig von diesen Faktoren<br />

ist die Haltung der genannten Geflügelarten eine sinnvolle<br />

Freizeitgestaltung und kleine Einkommensergänzung.<br />

Einstieg in die Spezialgeflügelproduktion<br />

Bevor ein neuer Produktionszweig eingeführt wird, ist eine<br />

Marktanalyse unerlässlich. Gerade bei Nischenprodukten hat<br />

die räumliche Entfernung zwischen Markt/Kunde und Erzeuger<br />

eine größere Bedeutung als bei Massenproduktion. Auch<br />

die saisonal schwankende Nachfrage muss in die Produktionsplanung<br />

einbezogen werden. Klarheit sollte am Anfang auch<br />

darüber herrschen, dass die Direktvermarktung der für Nischenprodukte<br />

am meisten Erfolg versprechendste Weg ist.<br />

Empfehlenswert ist der Start im kleinen Stil. Dies bringt den<br />

Vorteil, dass man die Tierart und das Verfahren besser kennen-<br />

lernt und Haltungstechnik, Fütterung, Tränken, Lüftung, Einstreu<br />

und Bewirtschaftung Schritt für Schritt an die jeweilige<br />

Tierart bzw. Rasse anpassen kann. Dies ist in kleinen Beständen<br />

nicht nur einfacher, sondern beschränkt auch das ökonomische<br />

Ausmaß von Anfängerfehlern.<br />

Darüber hinaus spricht für den Beginn im kleineren Stil der<br />

Vorteil, dass der Markt selbst aufgebaut werden kann. In den<br />

meisten Fällen gibt es einen „Schneeballeffekt“ beim Aufbau<br />

des Kundenkreises. Wenn es gelingt, hervorragende Produkte<br />

des Sondergeflügels zu vermarkten, folgt die systematische<br />

Erweitung der Produktion.<br />

Der Schlachtprozess ist besonders bei Tieren mit einem fest<br />

vorgegebenen Schlachtalter (z.B. Wassergeflügel) genau abzustimmen.<br />

Die Küken sollten nicht bestellt werden, bevor nicht<br />

der Schlachtzeitpunkt exakt mit der Schlachtstätte abgesprochen<br />

ist. Abschließend müssen im Komplex „Umsetzung“ die<br />

Bestimmungen Beachtung finden, die für die Erzeugung, bei<br />

der Vermarktung, beim Transport, der Schlachtung und der<br />

Lagerung bei der Direktvermarktung gelten.<br />

Zu berücksichtigen bleibt, dass als wesentliche Voraussetzungen<br />

für die weitere Verbreitung von Nischen oder Sonderformen,<br />

so auch des Sondergeflügels, eine intensive Werbung und der<br />

Aufbau eines Marktes und eines Kundenstammes notwendig<br />

ist. Es sind darüber hinaus kleinere Rupf- und Schlachtanlagen<br />

erforderlich, die auch für Sonderformen der Geflügelmast<br />

geeignet sind. Hauptaugenmerk muss auf den Direkt- und<br />

Frischemarkt gelegt werden, um die Besonderheiten des Produktes<br />

zu betonen und sich von der Massenware, die u. U.<br />

durch Importe abgedeckt wird, abzuheben.<br />

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