zu Ihren - Draußen
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den Vorwürfe geleugnet und umgedeutet,<br />
schließlich gerechtfertigt und mildernde<br />
Umstände für sein falsches Handeln gefunden.<br />
Die Entschuldigung, die er den<br />
Bürgern schuldete, blieb am Ende aber<br />
aus. „Ich habe die Grenzen meiner Kräfte<br />
erreicht“, war der Knackpunkt seiner<br />
Rücktrittsrede. Nicht die Entschuldigung<br />
seines Betrugs.<br />
_Guttenberg ist als Minister mit einer so<br />
großen Verantwortung nicht mehr haltbar<br />
gewesen und hat schließlich selbst<br />
die Notbremse gezogen, wenn auch <strong>zu</strong><br />
spät. Der geliebte Politiker ist gefallen und<br />
nun wieder ein „normaler“ Bundesbürger,<br />
den mittlerweile mehr als 100 Strafanzeigen<br />
belasten. Guttenberg hat politische<br />
Geschichte geschrieben, wenn auch eine<br />
kurze. Er hat Meilensteine gesetzt, über die<br />
er schließlich stolpern musste.<br />
_Nun dürfte die Politik auf einen vergleichbaren<br />
Superheld hoffen, der die<br />
Herzen der Menschen für die Politik gewinnt<br />
– auch mit Blick auf die anstehenden<br />
Wahlen. Ob ein derartiger Vertrauensverlust<br />
in einen Politiker jedoch <strong>zu</strong>r<br />
Besänftigung der Politikverdrossenheit in<br />
der Gesellschaft führt, ist fraglich. Zu wünschen<br />
wäre es jedenfalls.<br />
_Die anstehenden Wahlen werden zeigen,<br />
welche Auswirkungen Guttenbergs Rücktritt<br />
womöglich auf die Wahlbeteiligung<br />
und die -ergebnisse hat und welche Partei<br />
womöglich von den Geschehnissen profitieren<br />
kann.<br />
_Sicher ist bislang nur, dass die Union<br />
einen ihrer wichtigsten Männer verloren<br />
hat. Das Thema Guttenberg ist noch lange<br />
nicht gegessen und wird noch lange die<br />
mediale Agenda bestimmen. #<br />
Bericht | Text: Saskia Zeh<br />
Für ein gerechtes Miteinander<br />
Tour der 1000 Brücken<br />
Es liegt in unserer Macht,<br />
die Welt <strong>zu</strong> verändern.<br />
Es ist nur eine Frage<br />
des Wollens.<br />
Solche Worte wählt der Schriftsteller<br />
und Musiker Heinz Ratz, wenn er über<br />
die Motivation spricht, die ihn da<strong>zu</strong> bewegt<br />
7000 km mit dem Fahrrad durch<br />
Deutschland <strong>zu</strong> fahren, Benefizkonzerte<br />
<strong>zu</strong> geben in 70 Städten <strong>zu</strong>gunsten der<br />
Flüchtlinge in Deutschland und für ein<br />
Miteinander ohne Rassismus und Diskriminierung.<br />
2008 tourte Ratz <strong>zu</strong> Fuß <strong>zu</strong> Gunsten von<br />
Wohnungslosen und gegen die soziale<br />
Härte durch Deutschland. 2009 machte<br />
er mit der „Lee(h)re der Flüsse“ schwimmend<br />
auf die <strong>zu</strong>nehmende Zerstörung der<br />
Natur aufmerksam. Im Rahmen der letzten<br />
Etappe des moralischen Triathlons war<br />
die „Tour der 1000 Brücken“ schon das<br />
fünfte Konzert von Ratz in Münster. In Zusammenarbeit<br />
mit Pro Asyl und den deutschen<br />
Flüchtlingsräten kämpft er für das<br />
Miteinander von Kulturen und Religionen,<br />
einen respektvollen und menschenwürdigen<br />
Umgang mit Notleidenden und<br />
Flüchtlingen anderer Nationen und für ein<br />
klares Nein <strong>zu</strong> Fremdenfeindlichkeit und<br />
Rassismus.<br />
_Drei Monate ist Heinz Ratz mit dem Fahrrad<br />
unterwegs, sensibilisiert und mobilisiert<br />
die Menschen, besucht Flüchtlinge in<br />
ihren Unterkünften und gibt Benefizkonzerte.<br />
Auf den Konzerten erzählt Ratz von<br />
seinen Erlebnissen in den Flüchtlingsunterkünften.<br />
Er erzählt von tragischen Einzelschicksalen,<br />
unerfreulichen Begegnungen<br />
mit Heimverwaltungen und immer<br />
wieder von „chaotischen Wohnverhält-<br />
nissen“ und Perspektivlosigkeit. „Das hier<br />
ist schlimmer als Gefängnis, denn im Gefängnis<br />
weiß man wenigstens, weswegen<br />
man drin sitzt“, zitiert der Liedermacher<br />
auf seinem Konzert im März hier in Münster<br />
einen Flüchtling, den er auf seiner Tour<br />
besucht hatte. „Wir müssen den Flüchtlingen<br />
endlich Achtung entgegenbringen<br />
und ihnen eine echte Chance geben. Einfach<br />
das Grundgesetz <strong>zu</strong> achten, würde<br />
die meisten Probleme schon lösen“, kommentierte<br />
er die Situation der Flüchtlinge<br />
in Deutschland.<br />
_Auf seinem Weg mit dem Fahrrad durch<br />
die Bundesrepublik wird Ratz immer wieder<br />
durch einzelne Menschen unterstützt,<br />
die ihn ein Stück seines Weges begleiten.<br />
Doch so viele Menschen wie auf seinem<br />
Weg von Bochum nach Münster waren es<br />
auf der ganzen Tour bisher noch nicht. 70<br />
Münsteraner sind dem Aufruf der GGUA<br />
Flüchtlingshilfe gefolgt, am Vormittag des<br />
Konzertabends in Münster dem Musiker<br />
entgegen<strong>zu</strong>fahren und ihn nach Münster<br />
hinein <strong>zu</strong> begleiten.<br />
_Heinz Ratz und seine Band „Strom und<br />
Wasser“ unterhielten während des Konzerts<br />
die Münsteraner mit ihrer Mischung<br />
aus Ska, Punk, Polka, Rock, schweren Harmonien<br />
und einer großen Portion Charisma<br />
und klärten zeitgleich über die aktuelle<br />
Situation von Flüchtlingen in Deutschland<br />
auf. Ratz‘ Erzählungen seiner Erlebnisse<br />
der vergangenen Wochen verliehen<br />
den geistreichen Texten seiner Lieder einen<br />
aktuellen, beklemmenden und <strong>zu</strong>m<br />
Nachdenken anregenden Hintergrund. Mit<br />
Herzenswärme und Lebensfreude brachte<br />
er das Münsteraner Publikum aus Stadtgesellschaft<br />
und direkt Betroffenen <strong>zu</strong>m<br />
Mitsingen und Mittanzen und ermutigte<br />
sie ihren Kampf für eine bessere Flüchtlingspolitik<br />
fort<strong>zu</strong>setzen.<br />
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