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Maya Spiritualität und Globalisierung - Lateinamerika-Studien Online

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<strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> <strong>und</strong> <strong>Globalisierung</strong><br />

Eine Untersuchung über Veränderungen der <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> <strong>und</strong> ihrer unterschiedlichen<br />

Manifestationen.<br />

Diplomarbeit<br />

Zur Erlangung des Grades einer Magistra der Philosophie<br />

an der Fakultät für Human- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften<br />

der Universität Wien<br />

<strong>Studien</strong>richtung Ethnologie, Kultur- <strong>und</strong> Sozialanthropologie<br />

Eingereicht von:<br />

Brigitte Reinberger<br />

Betreuerin:<br />

Univ. Doz. Dr. Elke Mader<br />

Wien, September 2002


Abb. 1. Ausblick von Laguna Chicabal,10.11.2001<br />

Gewidmet sei diese Arbeit all jenen guías espirituales<br />

die aufgr<strong>und</strong> ihres Glaubens <strong>und</strong> in der Ausübung<br />

ihres Dienstes an der Menschheit diskriminiert,<br />

verfolgt <strong>und</strong> getötet wurden oder andere Formen des<br />

Leidens erfahren mußten. Ihnen gebührt meine<br />

tiefste Wertschätzung!


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Vorwort .......................................................................... 1<br />

2. Vorbereitungen zur Feldforschung .................................. 6<br />

2.1. Die tatsächliche Feldforschung <strong>und</strong> deren Methode ........ 8<br />

3. Einleitung ...................................................................... 14<br />

4. <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> .......................................................... 18<br />

4.1. Der heilige Kalender<br />

als Ausdruck des göttlichen Prinzips .............................. 24<br />

4.2. Berufung <strong>und</strong> Aufgabengebiet der aj q´ijab ..................... 35<br />

4.3. Attribute <strong>und</strong> weitere besondere<br />

Fähigkeiten der aj q´ijab ................................................ 45<br />

4.4. Bedeutung der <strong>Maya</strong> Zeremonien .................................. 52<br />

4.5. Eine Zeremonie im Detail .............................................. 60<br />

5. <strong>Globalisierung</strong>stheorien – Kultur <strong>und</strong> <strong>Globalisierung</strong> .... 81<br />

5.1. Modernisierung = Kommerzialisierung? ........................ 94<br />

5.2. <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> im Lichte neuer Medien ................... 109<br />

5.3. Maximón ..................................................................... 122<br />

6. Die Zukunft der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> ............................. 132<br />

7. Abschließende Bemerkungen ....................................... 137<br />

8. Bibliographie ............................................................... 141


Bildverzeichnis<br />

Abbildung 1.: Ausblick, Laguna Chicabal. 10.11. 2001.<br />

Abbildung 2.: Cirilo Perez bei der Vorbereitung der Zeremonie<br />

Wajxaq´ib´ B´atz, San Francisco el Alto, 23.07.2001, S. 25.<br />

Abbildung 3.:Cirilo Perez während der Zeremonie Wajxaq´ib´<br />

B´atz, San Francisco el Alto, 23.07.2001, S. 25.<br />

Abbildung 4.:Mario Martinéz mit speziellem Kopftuch <strong>und</strong> Gürtel,<br />

Esperanza, 17.11.2001, S. 50.<br />

Abbildung 5.:Der aj q´ij Mario nach einer Divination mit den<br />

heiligen Bohnen, Esperanza, 17.11.2001, S. 51.<br />

Abbildung 6.:La mesa von Thomas Hart, mit vara in der Mitte,<br />

Quetzaltenango, 14.09.2001, S. 51.<br />

Abbildung 7.:Rosa Maria Cabrera bei ihrem Hausaltar, Antigua,<br />

06.09.2001, S. 54.<br />

Abbildung 8.:Der Vulkansee Laguna Chicabal von oben<br />

betrachtet, 10.11.2001, S. 55.<br />

Abbildung 9.:Der heilige Ort Laguna Chicabal, 10.11.2001, S. 55.<br />

Abbildung 10.:Altar, Laguna Chicabal, 10.11.2001, S. 56.<br />

Abbildung 11.:Der aj q´ij Thomas Hart während einer Zeremonie,<br />

Laguna Chicabal, 10.11.2001, S. 59.<br />

Abbildung 12.:Tienda mit Materialien für eine Zeremonie, La<br />

Democracia, Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 61.<br />

Abbildung 13.:Altar Chwiq´anchavox mit gelben veladoras,<br />

Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 65.<br />

Abbildung 14.:Die ruhenden Materialien (ensarte),<br />

Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 65.<br />

Abbildung 15.:Die Glyphe Q´anil, Quetzaltenango, 08.10.2001, S.<br />

66.<br />

Abbildung 16.:Martín beim arrangieren der Kerzen,<br />

Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 66.


Abbildung 17.:Ensarte auf den Zuckerlinien der Glyphe,<br />

Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 67.<br />

Abbildung 18.:Der aj q´ij legt die bolas de tacana in die Mitte,<br />

Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 67.<br />

Abbildung 19.:Martín streut incienso de palito aus,<br />

Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 68.<br />

Abbildung 20.:Martín fügt incienso puro hinzu, Quetzaltenango,<br />

08.10.2001, S. 68.<br />

Abbildung 21.:Chocolate <strong>und</strong> canela wurden hinzugefügt,<br />

Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 69.<br />

Abbildung 22.:Der aj q´ij Martín Alvarado ordnet die Kräuter<br />

pericon <strong>und</strong> romero an, Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 69.<br />

Abbildung 23.:Martín fügt gelbe Kerzen für die Q´anil Zeremonie<br />

hinzu, Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 70.<br />

Abbildung 24.:Das fertige Arrangement für die Zeremonie,<br />

Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 71.<br />

Abbildung 25.:Die Kerzen wurden entzündet, Quetzaltenango,<br />

08.10.2001, S. 72.<br />

Abbildung 26.:Ocote <strong>und</strong> puros werden den Herren der Unterwelt<br />

geopfert, Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 72.<br />

Abbildung 27.:Der aj q´ij schürt das Feuer nach der Darbringung<br />

der Opfergaben, Quetzaltenango, 08.10.2001, S. 73.<br />

Abbildung 28.:Der aj q´ij Martìn Alvarado während einer limpia,<br />

Esperanza, 20.11.2001, S. 76.<br />

Abbildung 29.:Aj q´ijab´ während einer Zeremonie, Laguna<br />

Chicabal, 10.11.2001, S. 80.<br />

Abbildung 30.:La mesa von Mario mit Maximón, Esperanza,<br />

20.11.2001, S. 129.<br />

Abbildung 31.:Maximón Antigua, 25.11.2001, S. 130.<br />

Abbildung 32.:Rosa Maria´s Maximón, Antigua, 06.09.2001, S.<br />

131.<br />

Fotos von Brigitte Reinberger


1. Vorwort<br />

Zuerst möchte ich all jenen danken, die direkt oder indirekt zur<br />

Entstehung meiner Diplomarbeit beigetragen haben. Bei dem Team<br />

vom Büro für Internationale Beziehungen möchte ich mich für das<br />

mir gewährte Stipendium für die Durchführung meiner<br />

Feldforschung bedanken. Dr. Georg Grünberg <strong>und</strong> Ing. Silvel Elias<br />

Gramajo (FLACSO) gebührt mein Dank, da durch ihre Hilfe meine<br />

Feldforschung realisierbar wurde <strong>und</strong> sie mich bei der<br />

Durchführung in Guatemala unterstützt haben. Dr. Elke Mader<br />

möchte ich für ihre fachliche <strong>und</strong> emotionale Unterstützung bei der<br />

Entstehung meiner Diplomarbeit sehr herzlich danken! Ebenso<br />

danke ich meinen Eltern für ihre Unterstützung in vielerlei<br />

Hinsicht. Und zu guter Letzt möchte ich meine Dankbarkeit<br />

gegenüber meinen Interviewpartnern in Guatemala zum Ausdruck<br />

bringen: Rigoberto Itzep, der mit mir in Momostenango arbeitete;<br />

Mario Martinéz, der mich in seinem Heim herzlich willkommen<br />

hieß; Rosa Maria Cabrera, die sehr hilfreich war <strong>und</strong> mit welcher<br />

mich ein Band der Fre<strong>und</strong>schaft verbindet; Thomas Hart, der mir<br />

sehr viel seiner Zeit schenkte, mich viel lehrte <strong>und</strong> mich emotional<br />

<strong>und</strong> spirituell unterstützt hat; Martín Alvarado, der mir sehr viele<br />

Möglichkeiten eröffnete <strong>und</strong> mit dem mich weit mehr als eine<br />

Arbeitsbeziehung verband.<br />

An dieser Stelle möchte ich nun meine Interviewpartnern, mit deren<br />

Hilfe ich ein tieferes geistiges <strong>und</strong> emotionales Verständnis für<br />

<strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> <strong>und</strong> für die Kultur der <strong>Maya</strong> entwickeln konnte,<br />

etwas genauer vorstellen.<br />

Thomas Hart ist gebürtiger Ire. Er kam im Zuge ausgedehnter<br />

Reisen nach Guatemala <strong>und</strong> hatte ursprünglich für die Rechte der<br />

<strong>Maya</strong> großes Interesse. Bei seiner späteren Rückkehr wurde er mit<br />

1


einem intensiven Berufungserlebnis als aj q´ij konfrontiert, welchem<br />

er schließlich folgte. Thomas lebt mittlerweile ungefähr zehn Jahre<br />

in Guatemala, wobei er vor über sieben Jahren als aj q´ij initiiert<br />

wurde. Seither arbeitet er hauptsächlich in einer Gemeinde in<br />

Quiché, meiner Meinung nach, sehr konventionell <strong>und</strong><br />

gewissenhaft. Durch seinen europäischen Bildungshintergr<strong>und</strong>, er<br />

studierte in London Soziologie, verfügt er über ein großes<br />

theoretisches Wissen <strong>und</strong> viele Werke über <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> sind<br />

ihm vertraut. Seine europäischen Wurzeln befähigen ihn zu einem<br />

Blick von „Außen“ <strong>und</strong> er war im Stande mir gleich vorweg<br />

kulturelle Unterschiede zu verdeutlichen. Schwierig war jedoch, von<br />

Thomas ausreichend in kollektive Zeremonien eingeb<strong>und</strong>en zu<br />

werden, da er durch seinen „Ausländerstatus“ teilweise selbst<br />

ambivalent betrachtet wird.<br />

Rosa Maria lebt in Antigua, sie besitzt dort ein kleines Geschäft<br />

namens „Casa de los Nahuales“, das neben einer Sprachschule<br />

liegt. Hier erstellt sie per Computer <strong>Maya</strong>horoskope, verkauft Bach<br />

Blüten, ätherische Öle, Kräuter <strong>und</strong> vieles mehr. Sie ist eine<br />

geborene Quiché <strong>Maya</strong>, wurde als Dreijährige adoptiert <strong>und</strong> wuchs<br />

in einem katholischen Umfeld auf. Über „Umwege“ in der indischen<br />

Philosophie gelangte sie wieder zu ihren Wurzeln. Sie war zweimal<br />

mit deutschen Ehemännern verheiratet <strong>und</strong> hatte über sieben<br />

Jahre lang eine enge Verbindung zu Sai Baba <strong>und</strong> dessen Lehren.<br />

Während dieser Zeit besuchte sie ihn jährlich in seinem Ashram.<br />

Rosa-Maria´s Lebensumstände sind für das Thema meiner<br />

Diplomarbeit besonders interessant, da sie mit verschiedenen<br />

kulturellen Einflüssen in Berührung gekommen ist. Sie ist ein sehr<br />

offener Mensch <strong>und</strong> erzählt bereitwillig über ihr Leben <strong>und</strong> ihr<br />

Weltbild.<br />

Rigoberto Itzep lernte ich duch Thomas kennen. Er lebt in<br />

Momostenango <strong>und</strong> führt dort seine Misión <strong>Maya</strong>, wobei er es sich<br />

2


zur Aufgabe gemacht hat, die <strong>Maya</strong> Kultur zu bewahren <strong>und</strong> zu<br />

stärken. Auch er hatte schon einigen Kontakt mit Fremden,<br />

wodurch er zu einer Homepage im Internet <strong>und</strong> einer Erwähnung<br />

im Reiseführer „Lonely Planet“ unter Kategorie „Travels to the Far<br />

Side“ 1 kam.<br />

Neben Thomas habe ich am intensivsten mit Martín Alvarado<br />

gearbeitet. Er ist ein Quiché <strong>Maya</strong> <strong>und</strong> dies im Tiefsten seines<br />

Herzens. In Laufe seines Lebens hat er sich einige Male in Europa<br />

aufgehalten. Martín kam über sein politisches Engagement zu<br />

seiner Berufung als aj q´ij, die er mehr als Ergänzung zu seiner<br />

politischen Tätigkeit sieht. Er hat mir sehr viel seiner Zeit geschenkt<br />

<strong>und</strong> war sehr bemüht mich zu jedem Ritual mitzunehmen. Die<br />

Zusammenarbeit mit ihm war von einer starken persönlichen<br />

Sympathie getragen <strong>und</strong> bildete eine hervorragende Basis für<br />

zahlreiche Gespräche, Interviews <strong>und</strong> den Besuch zahlreicher<br />

Zeremonien. In der Begleitung von Martin konnte ich beispielsweise<br />

einer Einweihungszeremonie einer jungen aj q´ij beiwohnen, welche<br />

gemeinsam von ihm <strong>und</strong> Mario durchgeführt wurde <strong>und</strong> mich in<br />

ihrer Komplexität sehr beeindruckt hat.<br />

Mario Martinéz lebt in Esperanza, im Hochland nahe<br />

Quetzaltenango. Er wurde nach einer schweren Krise aj q´ij <strong>und</strong> hat<br />

neben dieser Ausübung noch ein breites Betätigungsfeld. Er ist<br />

Masseur, Chiropraktiker, verschreibt Heilkräuter <strong>und</strong> besitzt<br />

Kenntnisse über die westliche Astrologie, die er in seine Arbeit<br />

einfließen läßt.<br />

An dieser Stelle scheinen mir einige Erklärungen zu den<br />

verwendeten Begriffen angebracht: aj q´ijab´, guía espiritual <strong>und</strong><br />

sacerdote <strong>Maya</strong> bezeichnen ein <strong>und</strong> die selbe Funktion. Die<br />

1 Lonely Planet Guatemala, Victoria, Australien 2001, S.85.<br />

3


Selbstbezeichnung in Quiché erfolgt in erster Linie als aj q´ij, qj<br />

q´ijab´ bildet hierzu den Plural. Als Übersetzung ins Spanische wird<br />

der Begriff guía espiritual, spiritueller Führer, verwendet.<br />

Gebräuchlich ist weiters die Bezeichnung sacerdote <strong>Maya</strong>,<br />

<strong>Maya</strong>priester, jedoch wurde mir oft versichert, daß dieser Ausdruck<br />

unbeliebt sei, da er eine gewisse Konnotation zu Priester in der<br />

katholischen Religion darstelle <strong>und</strong> daher ungeeignet sei. Die auf<br />

dem amerikanischen Kontinent übliche Bezeichnung "Schamane“<br />

konnte ich als Eigenbezeichnung nicht feststellen. In vorliegender<br />

Arbeit verwende ich diese Begriffe abwechselnd, wobei jedoch immer<br />

von aj q´ijab´, von spirituellen Führern, gesprochen wird <strong>und</strong><br />

Assoziationen wie sie zu Priestern der katholischen Kirche vielleicht<br />

aufkommen mögen, aus der Vorstellung zu streichen sind. Das vara<br />

kann ins Deutsche als Bündel übersetzt werden, darin befinden<br />

sich die heiligen, getrockneten Bohnen, genannt tz´ite´. Ein weiterer<br />

wichtiger Punkt ist, daß oft von <strong>Maya</strong> Religion gesprochen wird,<br />

sowohl mündlich als auch in zahlreicher Literatur. Meine<br />

Interviewpartner wollten sich von dieser Bezeichnung jedoch<br />

distanzieren <strong>und</strong> ziehen die Bezeichnung <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> vor,<br />

welcher kein Dogma anlastet. Zu dem Begriff nahual, nawal oder<br />

nagual gibt es in der anthropologischen Literatur zahlreiche<br />

Definitionen. In meiner Arbeit bediene ich mich der von meinen<br />

Interviewpartnern verwendeten Form nawal oder nahual. Der Begriff<br />

nagual stammt aus dem Nahuatl <strong>und</strong> leitet sich von dem Wort<br />

naualli ab, was etwas Verborgenes, Geheimes bedeutet. Dieser<br />

Begriff wird mit einem tierischen Schicksalsgefährten, einem<br />

Schutzgeist in Verbindung gebracht. Häufig wird er auch mit der<br />

Verwandlung in ein Tier assoziiert. Eine ausführliche Beschreibung<br />

dazu bietet die Dissertation „Nagualismus in Guatemala“. 2 Bei der<br />

Bezeichnung von Maximón beschränke ich mich auf die häufigste<br />

Benennung als Maximón oder San Simón.<br />

2 Aminta Castillo de Marquard, Nagualismus in Guatemala, Dissertation,<br />

Guatemala Stadt 1995. Vergl. auch dazu: Bensons Saler, Nagual, Witch and<br />

Sorcerer in a Quiché Village, IN: Ethnologiy Vol III, 1964, S. 305-328.<br />

4


In vorliegender Arbeit wird Material verwendet, das während meiner<br />

Feldforschung von Mai bis November 2001 in Guatemala<br />

entstanden ist. Im ersten Teil soll versucht werden, <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong>, wie sie heutzutage in Guatemala gelebt <strong>und</strong><br />

verstanden wird, zu erklären. Die zahlreiche Literatur über die<br />

Hochkultur der <strong>Maya</strong> <strong>und</strong> deren zahlreiche Interpretationen wurden<br />

hierbei nicht berücksichtigt, sondern in erster Linie stützte ich mich<br />

auf die Interviews mit meinen Partnern. Im zweiten Teil meiner<br />

Arbeit werden Einflüsse auf die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> erarbeitet,<br />

<strong>Globalisierung</strong>stheorien vorgestellt <strong>und</strong> gezeigt, welche Ängste,<br />

Befürchtungen <strong>und</strong> Ansichten meine Interviewpartner bezüglich<br />

<strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> <strong>und</strong> <strong>Globalisierung</strong> hegen. Ein weiterer Teil ist<br />

den neuen Medien in Verbindung mit <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> gewidmet,<br />

insbesonders der Präsentationen von <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> im Internet<br />

unter besonderer Berücksichtigung von Maximón. Das letzte Kapitel<br />

behandelt Gedanken, Hoffnungen <strong>und</strong> Wünsche <strong>und</strong> die damit<br />

verb<strong>und</strong>enen Aktivitäten meiner Interviewpartner die Zukunft der<br />

<strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> betreffend.<br />

5


2. Vorbereitungen zur Feldforschung<br />

Im Sommer des Jahres 2000 hatte ich den Entschluß gefaßt, für<br />

einige Wochen alleine zu verreisen. Die Entscheidung entsprang in<br />

erster Linie aus meiner Unschlüssigkeit bezüglich eines<br />

Diplomarbeitsthemas <strong>und</strong> so wollte ich mich einfach dem Leben<br />

<strong>und</strong> dessen „zufälligen“ Begebenheiten hingeben. Guatemala als<br />

Ziel meiner Reise zu erwählen hat sich spontan ergeben <strong>und</strong> ich<br />

kann bis heute die mir selbst gestellte Frage „Warum gerade<br />

Guatemala?“ nicht wirklich beantworten. Bei meinem ersten<br />

Aufenthalt in Guatemala meldete ich mich in einer Sprachschule<br />

an, um mein Spanisch zu perfektionieren <strong>und</strong> darüber hinaus<br />

erschien mir dies als gute Ausgangsbasis um Kontakte zu knüpfen.<br />

Meine Affinität zum Religiösen bzw. Spirituellen wurde mir schon<br />

lange Zeit vor meinem Ethnologiestudium bewußt. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong>e war ich, von meinem Interesse geleitet, in dieser Richtung<br />

besonders wachsam <strong>und</strong> offen. Mein erster Kontakt zu einem aj q´ij<br />

ergab sich tatsächlich durch die Schule. Ich deponierte meine<br />

Wünsche, mehr über <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> zu erfahren, vehement bei<br />

der Schulleitung <strong>und</strong> sprach auch mit meiner indigenen<br />

Sprachlehrerin sehr viel darüber. Tatsächlich wurde dann ein<br />

Vortrag über <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> von der Schule organisiert. So<br />

lernte ich den aj q´ij Thomas Hart kennen. Thomas war<br />

außerordentlich informativ <strong>und</strong> sehr hilfreich. Im September 2000<br />

hatte ich auch das erste Mal die Möglichkeit bei einer von Thomas<br />

durchgeführten <strong>Maya</strong> Zeremonie teilzunehmen, welche mich<br />

sogleich sehr faszinierte. Thomas erklärte sich bereit bei einer<br />

eventuellen Feldforschung mit mir zu arbeiten, was später<br />

tatsächlich zu einem intensiven Arbeitsprozeß mit ihm führte. In<br />

weiterer Folge hat sich durch die „Kuriosität“ eines in Guatemala<br />

praktizierenden aj q´ij, der gebürtiger Ire ist, auch mein endgültiges<br />

Diplomarbeitsthema ergeben. Aber noch eine weitere Begegnung<br />

hatte Einfluß auf mein Feldforschungsvorhaben: In Antigua lernte<br />

ich nämlich Rosa-Maria kennen, die ebenfalls eine aj q´ij ist. Auch<br />

6


ihre Persönlichkeit <strong>und</strong> ihr Lebenslauf sind eher unkonventionell<br />

<strong>und</strong> ihr Weltbild ist von langjährigen Indienreisen nicht<br />

unbeeinflußt geblieben. Mit Rosa-Maria verband mich ebenfalls<br />

sehr schnell ein fre<strong>und</strong>schaftliches Band <strong>und</strong> auch sie war für eine<br />

spätere Zusammenarbeit sehr offen. Diese zwei Begegnungen waren<br />

für mich ausschlaggebend, meine Feldforschung zu planen <strong>und</strong><br />

durchzuführen <strong>und</strong> sie beeinflußten auch das tatsächliche<br />

Arbeitsthema. Nach diesen Vorbereitungsarbeiten kehrte ich für<br />

sieben Monate nach Wien zurück, um alles in die Wege zu leiten.<br />

Glücklicherweise wurde mir ein dreimonatiges Stipendium gewährt.<br />

Durch äußerst günstige Umstände <strong>und</strong> durch die finanzielle<br />

Unterstützung meiner Eltern war ich in der Lage, meine<br />

Feldforschung auf sechs Monate auszuweiten.<br />

An dieser Stelle möchte ich meinen Zweifel k<strong>und</strong>tun, ob es ohne<br />

vorangegangener Vorarbeit <strong>und</strong> Verlängerung meines Aufenthalts<br />

überhaupt möglich gewesen wäre, zu befriedigenden Ergebnissen zu<br />

kommen. Durch meine Vorarbeiten konnte ich mich jedoch mit der<br />

Umgebung vertraut machen <strong>und</strong> weiterführende Kontakte knüpfen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Orientierung, den fehlenden Kontakten <strong>und</strong><br />

der eventuell längeren, sagen wir, „seelischen“ Eingewöhnungszeit<br />

wäre das Arbeiten ohne Vorbereitung vermutlich ungleich<br />

schwieriger gewesen. Außerdem stellt Beziehungsarbeit meiner<br />

Meinung nach einen wesentlichen Bestandteil der Feldforschung<br />

dar, die durch ihre Prozeßhaftigkeit einen längeren Zeitraum<br />

benötigt.<br />

Ende Mai 2001 kehrte ich wieder nach Guatemala zurück, um mein<br />

Feldforschungsvorhaben Realität werden zu lassen. Ich war<br />

überzeugt, mit den Kontakten zu Thomas <strong>und</strong> Rosa-Maria eine gute<br />

Ausgangsbasis zu haben <strong>und</strong> dachte, daß sich im Laufe der Zeit<br />

noch weitere Kontakte ergeben würden, wie dem auch so war. Da<br />

ich mit der Geographie des Landes schon vertraut war, erkor ich<br />

7


Quetzaltenango als meinen Hauptwohnsitz aus. Von „Xela“ aus, wie<br />

Quetzaltenango im Lande genannt wird, fuhr ich zu meinen<br />

anderen „Arbeitsstätten“ Antigua, Momostenango <strong>und</strong> Esperanza.<br />

2.1. Die tatsächliche Feldforschung <strong>und</strong> deren<br />

Methode<br />

Der Begriff „Feldforschung“ ist mit der Ethnologie eng verwoben<br />

<strong>und</strong> stellt eine Standardmethode der Datenerhebung in dieser<br />

Disziplin dar.<br />

„Die Feldforschung in der Kulturanthropologie kann als die direkte<br />

Erforschung einer Gemeinschaft verstanden werden. Sie bildet die<br />

gr<strong>und</strong>legende Erfahrung von nahezu allen Kulturanthropologen. ...<br />

Diese Methode der anthropologischen Feldforschung ist in<br />

allgemeinen Begriffen als teilnehmende Beobachtung bezeichnet<br />

worden. Diese besteht darin, unter einer Gruppe von Leuten zu<br />

leben, dasselbe zu tun wie sie, soweit sie dies gestatten, <strong>und</strong> das,<br />

was vorfällt, so getreu wie möglich zu berichten; d.h. sie besteht aus<br />

Teilnahme <strong>und</strong> Beobachtung. Darüber hinaus führen Anthropologen<br />

natürlich auch formale <strong>und</strong> informelle Befragungen von Mitgliedern<br />

der von ihnen untersuchten Gesellschaft durch.“ 3<br />

An den genannten Gesichtspunkten orientierte ich mich während<br />

meiner Feldforschung in Guatemala, wobei sich die Hauptelemente<br />

aus narrativen Interviews <strong>und</strong> intensiver teilnehmender<br />

Beobachtung zusammensetzten. Darüber hinaus verwendete ich<br />

3 Frank Robert Vivelo, Handbuch der Kulturanthropologie, Stuttgart 1981, S. 45.<br />

8


einen Teil der mir zur Verfügung stehenden Zeit, um<br />

Literaturrecherchen vor Ort durchzuführen.<br />

Die von mir durchgeführte Literaturrecherche fand hauptsächlich<br />

in Antigua in der Dokumentationsstelle CIRMA (EL CENTRO DE<br />

INVESTIGACIONES REGIONALES DE MESOAMÈRICA) <strong>und</strong> in<br />

Quetzaltenango statt. In letzterem Ort befinden sich mehrere kleine<br />

Bibliotheken <strong>und</strong> Dokumentationsstellen, die ich im Laufe der Zeit<br />

durchgesehen habe, wobei ich einiges an nützlicher Literatur fand,<br />

wie beispielsweise in der ASOCIACION DE ESCRITORES<br />

MAYANCES DE GUATEMALA. Weiters befindet sich in<br />

Quetzaltenango das INSTITUT für INTERNATIONALE<br />

ZUSAMMENARBEIT, welches ich ebenfalls aufgesucht habe. Ebenso<br />

fand ich in guatemaltekischen Zeitungen (beispielsweise PRENSA<br />

LIBRE) einige Artikel, die für meine Themenaufarbeitung hilfreich<br />

waren. Einige Zeit habe ich auch für Recherchen im Internet<br />

genützt, wenn diesbezüglich zu bearbeitende Fragen oder<br />

wesentliche Hinweise aufgetreten sind. Darüber hinaus führte ich<br />

hilfreiche Gespräche mit Ing. Silvel Elias Gramajo von FLACSO<br />

(FACULTAD LATINOAMERICANA DE CIENCIAS SOCIALES) <strong>und</strong> Dr.<br />

Georg Grünberg.<br />

Die Literaturrecherche hat jedoch den verhältnismäßig kleineren<br />

Teil meiner Arbeit umfaßt. Den aufwendigeren <strong>und</strong> interessanteren<br />

Teil der Feldforschung stellten die narrativen Interviews <strong>und</strong> die<br />

teilnehmende Beobachtung dar.<br />

Ich möchte anmerken, daß viele Menschen hilfreich waren, sei es<br />

während eines Gespräches mit einer Indigenen die ich zufällig traf,<br />

während wir beide auf eine Divination warteten, seien es Frauen<br />

<strong>und</strong> Männer mit denen sich vor oder nach einer Zeremonie die<br />

Gelegenheit zu einem Gespräch bot. Intensive Interviews habe ich<br />

jedoch mit fünf guías espirituales durchgeführt <strong>und</strong><br />

9


dementsprechend viel Zeit mit ihnen verbracht. Rosa Maria aus<br />

Antigua <strong>und</strong> Thomas Hart aus Quetzaltenango kannte ich bereits<br />

vom Vorjahr <strong>und</strong> während meiner Zeit in Wien pflegte ich die<br />

Kontakte per e-mail. Am Beginn meiner Feldforschung konnte ich<br />

an die bestehende Beziehung <strong>und</strong> die geführten Gespräche<br />

anknüpfen. Dieser Kontakt ermöglichte mir die Bekanntschaft eines<br />

aj q´ij aus Momostenango, mit welchem ich im Laufe der<br />

Feldforschung ebenfalls arbeiten konnte. Einen weiteren sehr<br />

wichtigen Kontakt konnte ich in Quetzaltenango mit Martín<br />

Alvarado herstellen, wodurch sich sehr viele Möglichkeiten für<br />

teilnehmende Beobachtung <strong>und</strong> aktive Teilnahme boten. Durch<br />

Martín lernte ich wiederum Mario Martinéz kennen. Es hätten sich<br />

nach <strong>und</strong> nach immer mehr Möglichkeiten ergeben, mit weiteren<br />

guías espirituales zu arbeiten, aber mein Gedanke war, mich nicht<br />

so sehr in Quantität zu verlieren, sondern in die Lebenswelt einiger<br />

weniger tiefer vorzudringen.<br />

Im Laufe meiner Feldforschung ergaben sich für mich sehr viele<br />

Gelegenheiten, verschiedenen Zeremonien beizuwohnen <strong>und</strong> bei<br />

einigen durchgeführten Divinationen anwesend zu sein. Meist stand<br />

am Beginn eines Kontaktes die Bitte um eine Divination für mich<br />

selbst, um so einen ersten Anknüpfungspunkt herstellen zu<br />

können. An diesem Punkt möchte ich anführen, daß Feldforschung<br />

sehr viel mit Beziehungsarbeit zu tun hat, da verständlicher Weise<br />

erst das Vertrauen <strong>und</strong> die Bereitwilligkeit für ein gemeinsames<br />

Arbeiten erworben werden muß. Durch die bereits bestehenden<br />

Kontakte war es jedoch kein schwieriges Unterfangen weitere<br />

Personen kennenzulernen <strong>und</strong> durch die Weiterempfehlung hatte<br />

ich bereits einen gewissen Vertrauensvorschuß.<br />

Die Hauptelemente der Feldforschung stellen die narrativen<br />

Interviews <strong>und</strong> die teilnehmende Beobachtung dar. Die Fragen bei<br />

den Interviews waren einerseits gezielt aus meinem vorbereiteten<br />

10


Fragenkatalog entnommen, andererseits ergaben sie sich aus dem<br />

Gespräch oder aus der Nachbearbeitung von Beobachtetem. Da ich<br />

mit meinen einzelnen Interviewpartnern mehrere Interviews<br />

durchgeführt habe, arbeitete ich die Interviews in den dazwischen<br />

liegenden Zeiten durch, um beim nächsten Interview auf unklare<br />

Punkte oder Themen über die ich mehr Informationen haben wollte,<br />

einzugehen. Teilweise ergaben sich auch spontan Gespräche die<br />

wichtige Informationen erhielten, welche ich dann anschließend in<br />

meinem Feldforschungstagebuch festhielt <strong>und</strong> gegebenfalls Notizen<br />

für weiterführende Interviews machte. Während der Interviews<br />

achtete ich darauf den Gesprächsfluß meiner Partner nicht zu<br />

unterbrechen sondern aktiv zuzuhören <strong>und</strong> erst zu einem späteren<br />

Zeitpunkt nachzuhaken. Meinen vorbereiteten Fragenkatalog<br />

empfand ich lediglich als roten Faden bei der Gesprächsführung<br />

<strong>und</strong> ich stellte fest, daß die in unerwartete Richtungen gehenden<br />

Antworten während der narrativen Interviews oft wesentliche<br />

Informationen enthielten. Ich denke, bei der Durchführung der<br />

Interviews war mir eine meiner früheren Ausbildungen als Lebens<strong>und</strong><br />

Sozialberaterin sehr nützlich, da ich während der Interviews<br />

psychotherapeutische Methoden anwenden konnte, die in der<br />

Gesprächsführung sehr hilfreich sind.<br />

Kommunikation ist ein komplexer Vorgang, der sich nicht nur auf<br />

formale Inhalte beschränkt, sondern von Emotionen getragen wird<br />

<strong>und</strong> auch nonverbale Signale umfaßt. 4 Dieses Phänomen wurde mir<br />

auch während meiner Feldforschung bewußt, da ich mit Menschen,<br />

zu denen ich eine starke Sympahtie empfand, auch besonders gut<br />

arbeiten konnte. Andererseits war es vermutlich auch sehr hilfreich,<br />

daß meine Fragen <strong>und</strong> meine aktive Teilnahme den<br />

Forschungsgegenstand betreffend von großem Respekt, Faszination<br />

<strong>und</strong> aufrichtigem Interesse getragen waren <strong>und</strong> dies für meine<br />

Interviewpartner spürbar war.<br />

4 Vgl. dazu Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden 1. Störungen <strong>und</strong><br />

Klärungen, Hamburg 1992.<br />

11


Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der bei der Feldforschung zum<br />

Tragen kommen sollte, ist das Prinzip der Reziprozität. Geben <strong>und</strong><br />

Nehmen sind wesentliche Faktoren in jeder Art von<br />

zwischenmenschlicher Beziehung <strong>und</strong> vollziehen sich auf<br />

verschiedenen Ebenen. Während meiner Feldforschung wurde mir<br />

dies deutlich bewußt: einerseits kam ich den Fragen mich selbst<br />

oder mein Herkunftsland betreffend bereitwillig nach, andererseits<br />

vollzog sich „der Zustand des Gebens <strong>und</strong> Nehmens“ auf einer<br />

alltäglichen, materiellen Ebene, indem ich beispielsweise jemanden<br />

eine Gefälligkeit erwies oder kleine Geschenke mitbrachte. Im<br />

Gegenzug wurden meine unzähligen Fragen beantwortet <strong>und</strong> ich<br />

durfte am Alltagleben teilnehmen, ob es sich dabei nun um eine<br />

Zeremonie oder das familiäre Mittagessen handelte. Meistens war<br />

mir bewußt, daß ich eine Fremde bin, aber manchmal konnte ich<br />

einfach vergessen, daß ich lediglich für kurze Zeit „dazugehöre“.<br />

Der Begriff teilnehmende Beobachtung impliziert Teilnahme <strong>und</strong><br />

gleichzeitige Beobachtung. Auf theoretischer Ebene klingt dieser<br />

Zustand nach einem ständigen Balanceakt. Auf praktischer Ebene<br />

konnte ich erfahren, daß es zu manchen Zeitpunkten notwendig ist,<br />

sich auf Situationen vollständig einzulassen <strong>und</strong> sie mit allen<br />

Sinnen zu erleben, beispielsweise während einer Zeremonie. Dieser<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Verstehensprozeß benötigt eine gewisse Zeitspanne,<br />

indem man sozusagen tiefer <strong>und</strong> tiefer in die Materie eintaucht <strong>und</strong><br />

dieser Prozeß vollzieht sich nicht nur auf geistiger, sondern auch<br />

auf emotionaler Ebene. Zusätzlich ist es aufgr<strong>und</strong> der<br />

„wissenschaftlichen Objektivität“ jedoch notwendig, immer wieder<br />

aus diesem Prozeß, der einen auf allen Ebenen fordert,<br />

herauszutreten, um die notwendige Distanz zu bewahren <strong>und</strong> einen<br />

Blickwinkel „von Außen“ zu beziehen.<br />

12


Bevor ich nun die während meiner Feldforschung gesammelten<br />

Informationen <strong>und</strong> Daten vorstellen möchte, gilt es darüber noch<br />

einige Worte zu sagen: Da ich mich bei zahlreichen Kapiteln meiner<br />

Diplomarbeit vorwiegend auf die während meiner Feldforschung<br />

erhobenen Daten stütze, werde ich so oft als möglich meine<br />

Interviewpartner in Form von Zitaten zu Wort kommen lassen. Da<br />

ich ihre Aussagen so unverfälscht als möglich wiedergeben wollte,<br />

habe ich mich dazu entschlossen, die Zitate in Spanisch bzw.<br />

Englisch zu belassen. Bei der Auswertung des Interviewmaterials<br />

habe ich es als vernüftig betrachtet, die Hinweise auf das jeweilige<br />

Interview in folgender Weise transparent zu machen: Die Fußnote<br />

setzt sich aus den Anfangsbuchstaben des Namens des<br />

Interviewpartners, dem Datum des Interviews <strong>und</strong> der<br />

entsprechenden Stelle des Zählers des Diktiergerätes zusammen.<br />

MA211001, 152ff bedeutet demnach, daß Martín Alvarado am 21.<br />

Oktober 2001 das Interview gegeben hat <strong>und</strong> die entsprechende<br />

Textstelle bei der Ziffer 152 des Zählers beginnt. TH signifiziert<br />

folglich Thomas Hart, RC Rosa Maria Cabrera, RI Rigoberto Itzep<br />

<strong>und</strong> MM Mario Martinéz.<br />

13


3. Einleitung<br />

Viele Gr<strong>und</strong>prinzipien, die in der Tradition der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> zu<br />

finden sind, weisen Gemeinsamkeiten mit allen ursprünglichen<br />

Traditionen in Amerika auf, wie beispielsweise der tiefe Respekt für<br />

die Natur oder das Eingeb<strong>und</strong>ensein in eine kosmische Ordnung.<br />

Ebenso lassen sich in allen Kulturen religiöse Spezialisten finden<br />

<strong>und</strong> es gibt kaum ein Volk auf dieser Erde, deren Schamanen,<br />

Priester oder Wahrsager sich nicht in irgendeiner Form in der Kunst<br />

der Divination üben. 5<br />

In folgendem Teil der Arbeit soll jedoch die speziell in Guatemala<br />

ausgeübte Form der <strong>Spiritualität</strong> dargestellt werden. Meine<br />

Darstellung von gelebter <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> bezieht sich in erster<br />

Linie auf die Aussagen meiner Interviewpartner. Hierbei wird von<br />

ihnen selbst immer wieder betont, daß eine Generalisierung nicht<br />

möglich ist <strong>und</strong> es viele lokale Abweichungen gibt. Es ist also<br />

schlichtweg unmöglich „die“ <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> zu definieren, da sie<br />

in einer äußerst großen Vielfältigkeit besteht, während zur gleichen<br />

Zeit doch eine Kontinuität vorhanden ist. Einem Anspruch auf<br />

Vollständigkeit wäre somit nicht nachzukommen.<br />

Manche guías espirituales scheinen von der Katholischen Religion<br />

mehr beeinflußt zu sein, was sich auch während der Rituale äußert,<br />

indem sie Jesus oder andere Erscheinungen des Katholizismus<br />

beim Namen nennen, wobei es sich hierbei oft um ein<br />

synkretistisches Erscheinungsbild handelt. Andere aj q´ijab´<br />

hingegen grenzen sich mich großer Vehemenz gegen jegliche<br />

„Christianisierung“ des Rituals oder ihrer Arbeit ab. Die bewußten<br />

<strong>und</strong> unbewußten Grenzen der Vermischung werden vermutlich<br />

5 Vgl. dazu Walter Hirschberg (Hg.), Neues Wörterbuch der Völkerk<strong>und</strong>e, Berlin<br />

1988, S. 100.<br />

14


fließend sein. Aber genau diesen unterschiedlichen Ausformungen,<br />

der Diversität der Traditionen soll auf den folgenden Seiten<br />

Ausdruck verliehen werden.<br />

Der enorme Einfluß, den der katholische Glaube auf die <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> ausgeübt hat, kann in dieser Arbeit lediglich skizziert<br />

werden. Die traditionelle spirituelle Beschaffenheit des Weltbildes<br />

der <strong>Maya</strong> oder anderer amerikanischer Traditionen begünstigte<br />

jedoch die Assimilation fremder Elemente. Beispielsweise hat das<br />

Symbol des Kreuzes als <strong>Maya</strong>-Kreuz eine sehr lange Tradition,<br />

lediglich in einer anderen Bedeutung, wobei es die vier<br />

Himmelsrichtungen, den Lebensbaum repräsentiert.<br />

„Es gibt Autoren, die betonen, daß das Kreuz, das die Indios heute<br />

anbeten mit Christus oder dem christlichen Kreuz nichts zu tun<br />

hat. Sie meinen, daß es sich von yax-che oder ceiba herleiten läßt,<br />

von dem Baum, von dem man Wasser zum Leben erbittet <strong>und</strong> der<br />

der Ursprung alles Lebendigen ist. Von dieser Behauptung kann<br />

man die Beziehung, die zwischen dem prähispanischen <strong>Maya</strong>-Kreuz<br />

<strong>und</strong> dem christlichen Kreuz besteht, ableiten, die ... zu einer<br />

Synthese verschmelzen.“ 6<br />

Ähnlich verhält es sich mit der Präsenz des Blutes. Blut hatte eine<br />

wesentliche Bedeutung im Glauben der <strong>Maya</strong>. Die Archäologen <strong>und</strong><br />

Anthropologen berichten von den Blutopfern, welchen sich die<br />

Herrscher unterzogen, um mit den Göttern zu kommunizieren <strong>und</strong><br />

so erschien das Blut Jesu nicht völlig befremdend.<br />

6 Thomas Schreijäck (Hg.), Die indianischen Gesichter Gottes, Frankfurt am Main<br />

1992, S. 42.<br />

15


„Menschen ernähren die Götter durch Opfer <strong>und</strong> Rituale. ... Blut<br />

war die kostbarste Substanz, die ein Mensch zu opfern vermochte.<br />

Königliches Blut war göttlich <strong>und</strong> ganz besonders kostbar.“ 7<br />

Natürlich kam es hier zum Phänomen des Synkretismus, wobei das<br />

Traditionelle im neuen Kleide, mit fremden Attributen weiterbestand<br />

<strong>und</strong> katholische Heilige für <strong>Maya</strong> eine doppelte Bedeutung<br />

erhielten. Auch Elke Mader betont, daß die conquista wesentlich zu<br />

der neuen kulturellen Vielfalt in <strong>Lateinamerika</strong> beigetragen hat,<br />

indem sie die indianischen Kulturen in Kontakt mit verschiedenen<br />

Religionen, Weltbildern <strong>und</strong> medizinischen Schulen brachte.<br />

„Durch dieses Konglomerat ... kommt es zu verschiedenen Formen<br />

der Hybridisierung, die ein mehrdimensionales <strong>und</strong> vieldeutiges<br />

Feld von Beziehungen zwischen dem Eigenen <strong>und</strong> dem Fremden<br />

zum Ausdruck bringen. Im Zuge der <strong>Globalisierung</strong> werden diese<br />

Prozesse intensiviert <strong>und</strong> beschleunigt, sie dehnen sich auf eine<br />

wachsende Vielfalt von Weltbildern, Religionen, therapeutischen<br />

Methoden <strong>und</strong> medizinischen Schulen aus.“ 8<br />

Neben den unzähligen Variationen <strong>und</strong> den massiven Einflüssen<br />

auf die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> ist es wesentlich, die gleichzeitige<br />

Kontinuität der Tradition aufzuzeigen. Denn Kleidung, Sprache,<br />

Rituale, Weltanschauung, Sozialstruktur <strong>und</strong> Produktionsweisen<br />

sind Aspekte einer indianischen Identität, die eine Kontinuität mit<br />

der vorkolonialen Vergangenheit zum Ausdruck bringen.<br />

7 Nikolai Grube, Die Geschichte der Maismenschen, IN: Raim<strong>und</strong> Allebrand (Hg.),<br />

Die Erben der <strong>Maya</strong>. Indianischer Aufbruch in Guatemala, Bonn, 1997, S.20-68,<br />

S.65.<br />

8 Elke Mader: Reisende zwischen den Welten. Schamanismus <strong>und</strong> <strong>Globalisierung</strong><br />

in <strong>Lateinamerika</strong>, IN: Juliana Ströbele-Greger (Hg.), Religion <strong>und</strong> Macht in<br />

<strong>Lateinamerika</strong>, <strong>Lateinamerika</strong>-Analysen-Berichte, Bd. 45, Wuppertal, in Druck,<br />

S.1-2.<br />

16


Rückreichend bis in die Präklassik stellt die Religion die eigentliche<br />

Bühne dar, auf der die <strong>Maya</strong> ihre Politik inszenieren. Heute noch<br />

wird das soziale Leben in den Dorfgemeinschaften von religiösen<br />

Festen bestimmt <strong>und</strong> <strong>Maya</strong>priester werden bei wichtigen<br />

Entscheidungen zu Rate gezogen. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e ist die<br />

Bedeutung der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> als Symbol ethnischer Identität<br />

nicht zu unterschätzen. Zentrale Aussagen der <strong>Maya</strong>-Kosmovision<br />

lassen sich bis in die klassische <strong>Maya</strong>kultur zurückverfolgen. 9<br />

„ ... so zeigt ein tieferer Blick hinter die verschiedenen<br />

Erscheinungsformen indianischer Religion, daß die <strong>Maya</strong>-Nationen<br />

eine gemeinsame kulturelle Wurzel haben <strong>und</strong> durch wesentliche<br />

Symbole <strong>und</strong> Metaphern ihrer ethnischen Identität verb<strong>und</strong>en<br />

sind.“ 10<br />

Die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> in ihrer zentralen Rolle als Indentitätsstifung,<br />

gehört zu den am wenigsten bekannten Aspekten der alten wie der<br />

modernen <strong>Maya</strong>kultur <strong>und</strong> Christliche Intoleranz,<br />

Bücherverbrennung <strong>und</strong> Inquisition haben alles getan, um die<br />

Zeugnisse der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> zu zerstören. 11 Viele ursprüngliche<br />

Elemente sind aber Bestandteil der heutigen Praxis geblieben,<br />

beispielsweise besteht die Wichtigkeit des Feuers in der Zeremonie<br />

weiterhin <strong>und</strong> hat christliche Versuche, diese Praktik als<br />

Teufelswerk abzuurteilen, „überlebt“. Durch den langen <strong>und</strong><br />

massiven Einfluß des Christentums <strong>und</strong> der präkolumbischen<br />

Diversität würde der Anspruch auf die „Reinheit“ einer <strong>Maya</strong><br />

Zeremonie jedoch ad absurdum geführt werden. Wie bei vielen<br />

anderen außereuropäischen Glaubensvorstellungen verschmolzen<br />

christliche Symbole <strong>und</strong> Vorstellungen mit dem Ursprünglichen<br />

<strong>und</strong> dieser Prozeß der Veränderung ist permanent <strong>und</strong><br />

9 Grube, Maismenschen, S.62.<br />

10 Ebenda S. 67.<br />

11 Ebenda S. 63.<br />

17


allgegenwärtig, was in den folgenden Kapiteln zum Ausdruck<br />

kommen wird.<br />

4. <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong><br />

„La espiritualidad maya está f<strong>und</strong>amentalmente para poner a la<br />

persona en equilibrio con todo. No sólo con sí mismo, sino que con<br />

todo: con la naturaleza, con la sociedad, con todo.“ 12<br />

Die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> ist eines der gr<strong>und</strong>legendsten F<strong>und</strong>amente in<br />

der kulturellen Identität der <strong>Maya</strong>, die ihren intensivsten Ausdruck<br />

über die Zeremonien findet. Die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> verbindet<br />

Glauben, Werte, Ideen <strong>und</strong> mystisches Denken welches den<br />

Menschen in seinem Schicksal leitet <strong>und</strong> führt, welche bestimmend<br />

sind für die Existenz des Menschseins in seiner natürlichen Umwelt<br />

<strong>und</strong> im kosmischen Universum. Als gr<strong>und</strong>legendes Prinzip besteht<br />

in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> die Existenz einer Gottheit, welche sich im<br />

corazón de la tierra/corazón del cielo (Herz der Erde <strong>und</strong> des<br />

Himmels) repräsentiert <strong>und</strong> welche sich in jedem Element der Natur<br />

zeigt. Alles was in der Natur <strong>und</strong> im Universum besteht wird daher<br />

als heilig angesehen. Aus diesem Gr<strong>und</strong>satz läßt sich der tiefe<br />

Respekt der <strong>Maya</strong> vor der gesamten Natur verstehen. Gr<strong>und</strong>legend<br />

ist der Gedanke der Einheit des Menschen mit der Natur. In der<br />

Kosmovision <strong>Maya</strong> wird die Menschheit in einer gegenseitigen,<br />

respektvollen Beziehung mit jedem Element der Natur <strong>und</strong> des<br />

Universums betrachtet. Der Mensch ist nichts <strong>und</strong> niemandem<br />

überlegen, mehr noch, er würde ohne die Existenz der anderen<br />

Erscheinungsformen gar nicht auf Erden existieren können. Denn<br />

wie wären der Mensch, die Tiere <strong>und</strong> die Pflanzen überlebensfähig<br />

12 MA 211001, 152ff.<br />

18


ohne die Naturelemente der Luft, dem Wasser, dem Feuer <strong>und</strong> der<br />

Erde? Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat alles was in der Natur <strong>und</strong> im<br />

Universum existiert seine Berechtigung. Ein harmonisches Leben<br />

mit jedem Teil in einem Gleichgewicht sichert dem Menschen erst<br />

ein ges<strong>und</strong>es, befriedigendes Leben. 13<br />

Thomas Hart beschreibt als eines der Hauptelemente der <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> die Verbindung des Psychischen mit dem Physischen,<br />

die Verbindung des Geistigen mit dem Materiellen, als Dualismus,<br />

als die Erkenntnis, daß jeder von uns Körper <strong>und</strong> Geist ist. In<br />

anderen Religionen wird der physische Aspekt oft ignoriert oder, wie<br />

beispielsweise im Christentum, entwertet, als unrein <strong>und</strong> als<br />

weniger wichtig als das Geistige betrachtet. <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong><br />

versucht zum ursprünglichen Gleichgewicht zurück zu kehren. Hier<br />

wird betont, daß der Geist den Körper zum Leben benötigt, um den<br />

Geist Gottes zu realisieren <strong>und</strong> die Manifestation Gottes ist eine<br />

Kombination des Psychischen <strong>und</strong> Physischen. Manche Leute<br />

unterscheiden dies, wenn sie vom „Herz des Himmels“ <strong>und</strong> dem<br />

“Herz der Erde” sprechen, wobei das Herz des Himmels auf den<br />

geistigen Aspekt hinweist <strong>und</strong> das Herz der Erde einen Bezug zum<br />

physischen Aspekt herstellt. Manche Menschen bezeichnen auch<br />

das Herz des Himmels als Vater <strong>und</strong> das Herz der Erde als Mutter.<br />

Die Erde ist hierbei Symbol der Fruchtbarkeit, welche uns unser<br />

tägliches Essen bereit stellt <strong>und</strong> uns nährt, wie eine Mutter die ihr<br />

Baby stillt. Wir sind demgemäß alle Kinder von Mutter Erde. Die<br />

Kombination von weiblich <strong>und</strong> männlich, von Mutter <strong>und</strong> Vater<br />

finden wir hierbei auf jeder Ebene. 14<br />

„Another key-point is for me the idea of the interconnectedness of<br />

all things. We are all connected with each other, everything I do<br />

13 Agenda <strong>Maya</strong> 2002, Proyecto Lingüistico, Francisco Marroquin, Antigua,<br />

Guatemala.<br />

14 TH 040801, 000ff.<br />

19


effects you. The wind effects us, the rain effects us primarily of the<br />

food. Obviously all the elements of creation effect each other. It’s all<br />

a kind of weaving and we are individual dreads. That’s also<br />

something that stands apart from Christianity specifically. In<br />

Christianity animals are part of service of humanity and I don’t<br />

agree with humanity is the most important aspect of creation, it’s<br />

not. We need the animals, we need the plants, we need the air, the<br />

wind, the lightning, we need all the different elements. The<br />

Lacandon-mayan in Chiapas say that every time you cut down a<br />

tree a star falls from the sky, it’s the same thing, the<br />

interconnectedness of everything which is alive. In <strong>Maya</strong>n<br />

spirituality the aspect what is life, and what is alive. For us it is not<br />

just humanity and it’s not just animals, not even just plants, it’s the<br />

storm, it’s the wind and it’s the rain. Everything is alive in the sense<br />

that everything has a spirit. Everything therefore deserves respect,<br />

everything therefore deserves love and nothing is beneath us. ...<br />

When we accept that everything has a spirit then we also get in the<br />

<strong>Maya</strong>n respect for nature. It’s too easy to say it’s a nature religion.<br />

But it’s a religion which respects nature, which respects living<br />

humanity with nature, not at his owner, not as controller, not as<br />

master. ... We are respectful and helpful to people, to animals, to<br />

plants, to the air, to the wind. <strong>Maya</strong>n morality is a different thing,<br />

but we don’t need <strong>Maya</strong>n spirituality to be told what’s good or bad,<br />

we all know that. What is not obvious to non-<strong>Maya</strong>n people that our<br />

treatment is not just of other people, it’s of animals and plants, the<br />

earth, the rain. We mistreat the rain every time we leave the tap on<br />

too long, every time we use to much water to wash our clothes, we<br />

are mistreating the rain, the lakes, the rivers.“ 15<br />

Die Dualität <strong>und</strong> Komplementarität kann als wesentliches Merkmal<br />

in der Definition von <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> betrachtet werden. Die<br />

Dualität ist hier die Integration zweier Elemente, um daraus ein<br />

15 TH 040801, 035ff.<br />

20


Ganzes zu formen. Auf der spirituellen Ebene zeigt sich dies in<br />

Mutter-Vater, Herz der Erde <strong>und</strong> des Himmels, im Herz des Wassers<br />

<strong>und</strong> des Feuers <strong>und</strong> in den Ahninnen <strong>und</strong> Ahnen. Auf menschlicher<br />

Ebene findet diese Dualität in erster Linie in den zwei<br />

Geschlechtern ihren Ausdruck, die sich gegenseitig bedingen.<br />

„Por naturaleza y conveniencia humana, para los antepasados<br />

ninguna persona debe quedarse soltera, pues no se está completo<br />

ni mucho menos definido cuando no se tiene a la otra mitad. La<br />

armonía interna es posible cuando se alcanza la intergración de<br />

visiones.“ 16<br />

Die Ebene der Dualität <strong>und</strong> Komplementarität läßt sich im Kosmos<br />

wiederfinden: Tag <strong>und</strong> Nacht, Helligkeit <strong>und</strong> Dunkelheit,<br />

Sonnenaufgang <strong>und</strong> Sonnenuntergang. Das eine steht<br />

komplementär zum anderen <strong>und</strong> das eine könnte ohne das andere<br />

nicht existieren.<br />

„Ambos elementos se completan para que exista movimiento y<br />

acción cósmica y espacial, que permitte el desarrollo del tiempo y el<br />

espacio.“ 17<br />

Ein weiterer Aspekt, der sich auf verschiedenen Ebenen<br />

manifestiert, ist die Vierheit, die als notwendig angesehen wird um<br />

die Harmonie aufrechtzuerhalten. Die vier Elemente Wasser, Luft,<br />

Feuer <strong>und</strong> Erde werden als die Quellen des Lebens betrachtet.<br />

Diese vier Elemente manifestieren sich wiederum im Solarkalender,<br />

wobei sich die vier möglichen Jahreshüter No´j, Iq´, Kej <strong>und</strong> E in<br />

16 UXE´AL PIXAB´ RE KÍCHE´ AMAQ´. Fuentes y f<strong>und</strong>amentos del DERECHO DE<br />

LA NACIÒN MAYA K´ICHE´, Una publicación de la Conferencia Nacional de<br />

Ministros de la Espritualidad <strong>Maya</strong>, Oxlajuj Ajpop, 2001,S. 96.<br />

17 Ebenda S. 97.<br />

21


ihrer Verbindung zu den vier Elementen abwechseln. Weiters sind<br />

in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> die vier Kardinalpunkte von großer<br />

Bedeutung (Osten - Sonnenaufgang, Westen – Sonnenuntergang,<br />

Norden – Erscheinen des Windes, Süden – Ausgang des Windes).<br />

Diese Vierheit wird in den Farben Rot, Schwarz, Weiß <strong>und</strong> Gelb<br />

repräsentiert, die sich auch im sakralen Kalender fünfmal<br />

abwechseln. Eine weitere Entsprechung finden die vier Elemente in<br />

der Verbindung mit den ersten vier Elternpaaren des <strong>Maya</strong>volkes<br />

(B´alam ki´tze´, B´alam Aq´ab, Majukutaj, Iq´B´alam), welche im<br />

Popol Vuh18 beschrieben werden. Die Farben Rot, Schwarz, Weiß<br />

<strong>und</strong> Gelb finden wir ebenso in den vier gr<strong>und</strong>legenden Maissorten<br />

wieder. Die Symbolhaftigkeit des Maises ist in der Lebenswelt der<br />

<strong>Maya</strong> vielschichtig. Eine wesentliche Bedeutung bezieht sich jedoch<br />

auf die Erschaffung des Menschen, der aus Mais geformt wurde.<br />

Hierbei steht der rote Mais für das Blut, der weiße Mais für die<br />

Knochen, der gelbe Mais für die Haut <strong>und</strong> der schwarze Mais wurde<br />

für die Erschaffung der Haarpracht verwendet. 19<br />

In der Ausübung der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> spielt das göttliche Prinzip<br />

eine zentrale Rolle. Von Polytheismus kann im Gr<strong>und</strong>e jedoch nicht<br />

gesprochen werden, da es eine übergeordnete Gottheit gibt, die als<br />

Schöpfer <strong>und</strong> Erschaffer der Welt gilt, welche ihren Ausdruck im<br />

Herz des Himmels <strong>und</strong> im Herz der Erde findet <strong>und</strong> sich darüber<br />

hinaus in verschiedenen Energien manifestiert. Das Konzept der<br />

Göttlichkeit hat in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> eine horizontale Ebene<br />

von verschiedenen Energien, die von einander abhängen <strong>und</strong> einem<br />

großen Ganzen entsprechen, als verschiedene Aspekte einer<br />

Göttlichkeit gesehen werden. In den Tagesenergien des<br />

<strong>Maya</strong>kalenders finden diese Energien, die als Hilfskräfte bezeichnet<br />

werden können, ihre Entsprechung. Das corazón del cielo-corazón<br />

de tierra bildet gemeinsam mit den nawales - die sich im heiligen<br />

18 vgl. Wolfgang Cordan (Hg.), Popol Vuh, Das Buch des Rates. Mythos <strong>und</strong><br />

Geschichte der <strong>Maya</strong>, München 1962.<br />

19 UXE´AL PIXAB´ RE KÍCHE´ AMAQ´,S. 97-98.<br />

22


Kalender zeigen - <strong>und</strong> den Ahnen die Ebene der Göttlichkeit. Wobei<br />

im Herz des Himmels <strong>und</strong> der Erde das männliche <strong>und</strong> das<br />

weibliche Prinzip ihren Ausdruck finden. Weiters stellt die Natur<br />

einen zentralen Punkt in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> dar, die von tiefem<br />

Respekt erfüllt ist, wie aus vorher Gesagtem deutlich hervorgeht.<br />

Jede Erscheinung in der Natur ist beseelt <strong>und</strong> hat eine Funktion in<br />

der Schöpfung. In gleicher Weise ist eine Verbindung zum Kosmos<br />

zu erkennen, in welchem eine ebensolche Ordnung herrscht. Diese<br />

Ordnung wiederum beeinflußt das Leben auf der Erde. Wesentlich<br />

ist hierbei, daß das Dasein von einer gr<strong>und</strong>sätzlichen Dankbarkeit<br />

getragen ist. Diese Dankbarkeit offenbart sich sehr deutlich in den<br />

Zeremonien.<br />

Ein weiterer Aspekt in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> ist, daß die Menschen<br />

lediglich als vorübergehend Anwesende auf der Erde betrachtet<br />

werden <strong>und</strong> die Welt nicht als Besitz der Menschheit gesehen wird.<br />

Nach dem Tod löst sich der Mensch auf <strong>und</strong> wird wieder zur Erde.<br />

Die Erde wird, wie wir schon an früherer Stelle festgestellt haben,<br />

als Mutter betrachtet <strong>und</strong> die Sonne ist Ausdruck des Vaters. Der<br />

Mond wird als Urahnin, als Großmutter betrachtet <strong>und</strong> die Sterne<br />

als Geschwister. Alles gemeinsam bildet eine Familie <strong>und</strong> alles<br />

zusammen bildet eine Einheit, ein größeres Ganzes. 20<br />

20 UXE´AL PIXAB´RE KÍCHE´AMAQ´, S. 97-98.<br />

23


4.1. Der heilige Kalender als Ausdruck des<br />

göttlichen Prinzips<br />

Der <strong>Maya</strong>kalender, in dem sich die Ordnung des göttlichen Prinzips<br />

widerspiegelt, ist im täglichen Leben von großer Bedeutung. Auf die<br />

Komplexität des <strong>Maya</strong>kalenders <strong>und</strong> dessen mathematische<br />

Leistung soll in dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden, nur<br />

soweit, daß er aus dem Agrar- oder Sonnenkalender (el aab´)<br />

besteht, welcher sich aus achtzehn Monaten zu je zwanzig Tagen<br />

<strong>und</strong> fünf heiligen Tagen zusammensetzt <strong>und</strong> somit 365 Tage ergibt.<br />

Dieser Bereich des Kalenders hat für Prozesse in der Landwirtschaft<br />

große Bedeutung, beispielsweise in bezug auf die Regenzeit oder die<br />

Aussaat. Für die Ausübung der spirituellen Handlungen ist jedoch<br />

der heilige Kalender (el choloq´llj) wesentlich. Er setzt sich aus<br />

dreizehn Perioden von zwanzig Tagen zusammen. Jeder dieser<br />

zwanzig Tage besitzt einen Namen, ein spezielles Symbol <strong>und</strong> eine<br />

einzigartige Bedeutung, welches als nawal bezeichnet wird. Mit Hilfe<br />

des sakralen Kalenders können zum Beispiel Voraussagen über das<br />

Leben einer Person anhand des Geburtstages gemacht werden.<br />

Darüber hinaus werden diese symbolhaften Bedeutungen bei der<br />

Auswertung von Divinationen mit den heiligen Bohnen (tz´ite´)<br />

verwendet. Bei der Festlegung von Zeremonien orientieren sich die<br />

aj q´ijab´ ebenfalls an der Zählung des heiligen Kalenders, welcher<br />

eindeutig ein gr<strong>und</strong>legendes Hilfsmittel in der gelebten <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> darstellt. Am Ende der 260-Tagesperiode wird der<br />

Neubeginn des sakralen Kalenders gefeiert, das mit Wajxaq´ib´<br />

B´atz (acht Affe) beginnt <strong>und</strong> eines der am aufwendigsten<br />

zelebrierten Rituale darstellt. 21<br />

21 Agenda <strong>Maya</strong> 2002.<br />

24


Abb. 2.: Don Alejandro Cirilo Perez Oxlaj bei der Vorbereitung der Zeremonie<br />

Wajaxaq´ib´ B´atz, San Francisco el Alto, 23. Juli 2001.<br />

Abb. 3.: Cirilo Perez während der Zeremonie Wajxaq´ib´ B´atz, San Francisco el<br />

Alto, 23. Juli 2001.<br />

25


„Nawal it’s not a very common use, it is for anthropologist. That can<br />

mean any different thing, if you mean the animals, say animals<br />

protectors for instance. It’s not very common here, there are some<br />

it’s the direct translation dog, other are symbolic like the rabbit for<br />

Q´anil. But most of the people will certainly not give you a list of an<br />

animal that goes with each one. There are other parts of the <strong>Maya</strong>n<br />

world in which the specific animal is assigned to the days. Most of<br />

the people I know takes it from the Chilam Balam from Mexico, but<br />

it’s not part of their tradition as well. It can exist but I wouldn’t give<br />

it too much prominence. The people here use it usually as a symbol,<br />

for instance someone is born at the day T´zi and the dog is the<br />

symbol, they warn the person not to fight with the companeros, like<br />

dogs fight with each other. They will tell them to emphasis their<br />

qualities of loyalty as a dog can be loyal. So there are some elements<br />

of people think at the animal that is assigned to the day as I say as<br />

a symbolic nature of the day for the person who is born on this day<br />

or doing a ceremony on that day or thinking at one’s activities at<br />

that day. A symbol more than an alter-ego. People having a personal<br />

protector-animal and whose destiny sharps the destiny, when some<br />

animal is killed some harm will the person as well. That’s nothing<br />

that comes across here. It’s not a very strong thing here at all. Most<br />

there is a common dread according the interpretation of the <strong>Maya</strong>n<br />

calendar. It’s been served in an oral culture. They kept it within in<br />

the community, each community will develop it’s own<br />

interpretations through the traditions of isolation. I think there was<br />

never a time where the whole <strong>Maya</strong>n world had the same<br />

interpretation of the days. There are always local variations.<br />

Diversity exists, diversity is the richness of the whole tradition.<br />

There are no economical possibilities to travel, and they have quite<br />

distinct traditions, like Quiche, Mam,... Sometimes written<br />

documents overcame local traditions. I’ve seen communities where<br />

groups of <strong>Maya</strong>n priests read from documents in Spanish written by<br />

<strong>Maya</strong>n priests from the Quiche-speaking area and it’s not part of<br />

their own tradition, it’s foreign. Because it’s printed, because it’s<br />

26


published and it has an authority, that must be more important, it<br />

must be better, superior than their oral tradition.“ 22<br />

Die 20 verschiedenen Tagesenergien setzen sich aus B´atz, E, Aj, I´x,<br />

Tz´ikin, Ajmaq, No´j, Tijax, Kawoq, Ajpu, Imox, Iq´, Aq´b´al, K´at, Kan,<br />

Kame, Kej, Q´anil, Toj <strong>und</strong> Tz´i´ zusammen. Die Bezeichnungen sind<br />

auch ins Deutsche übersetzt worden, wobei die deutschen Wörter<br />

nur eine Ahnung von der Dimension zulassen <strong>und</strong> wie folgt lauten:<br />

Affe, Straße, Mais, Jaguar, Adler, Geier, Weihrauch, Feuerstein,<br />

Sturm, Ahnen, Krokodil, Wind, Nacht, Eidechse, Schlange, Tod,<br />

Hirsch, Hase, Wasser, H<strong>und</strong>. 23 Die deutsche Übersetzung impliziert<br />

bereits mit welchem Tier die Tagesenergie assoziiert wird. Mit der<br />

jeweiligen Abfolge von eins bis dreizehn ergibt sich, daß jeder Tag<br />

dreizehn verschiedene Manifestationen hat <strong>und</strong> sich auch<br />

dahingehend unterscheidet. Simpel ausgedrückt beinhaltet der<br />

heilige Kalender somit 20 verschiedene Energien mit jeweils 13<br />

verschiedenen Färbungen die sich durch die Zahlen eins bis<br />

dreizehn ergeben. Diese 13 verschiedenen Abstufungen haben einen<br />

Einfluß auf das Schicksal des Menschen.<br />

„El nahual practicamente es el dueno, el rector del guía. Es el que<br />

ejerce en ese día. Entonces cuando decimos los nahuales, estamos<br />

hablando de los 20 días, los 20 nahuales. Y cuando hablamos de la<br />

carga de la influencia estamos hablando del uno al trece. Entonces<br />

el nahual usualmente cuando a uno le dicen: „tu nahual es tal<br />

cosa“, es el día que nació y es el día que rige sobre la persona.“ 24<br />

„ ... en la categoría de rectores y de nahuales el ser humano tiene la<br />

misma connotación con todos los que nacen del uno al trece. Pero<br />

22 TH 140901, 145ff.<br />

23 Vgl. Kenneth Johnson, Die Weisheit des Jaguars. Praxis <strong>und</strong> Anwendung des<br />

<strong>Maya</strong> Kalenders, München 2001, S. 85.<br />

24 MA 211001, 021ff.<br />

27


la diferncia va a ser en las características del ser. Digamos en su<br />

forma de ser, en su forma de actuar, en su fortaleza, en su deblidad<br />

y en sus habilidades. Pero su rector siempre es el mismo. ...para el<br />

hombre tendría que ser el impar y pala la mujer el par. Porque<br />

siempre el lo contrario.“ 25<br />

Wie Thomas Hart im Zitat erklärte, hat das zugeordnete Tier einen<br />

symbolhaften Charakter <strong>und</strong> wird weniger im Sinne eines Alter-egos<br />

betrachtet. Jedoch hat die tierhafte symbolische Zuordnung eine<br />

gewisse Präferenz bei der Interpretation hinsichtlich des<br />

Geburtszeichens in Bezug zur Lebensaufgabe. Diese Deutung<br />

bezieht sich jedoch nicht alleine auf das Zeichen des Tages, sondern<br />

wird von weiteren neun Zeichen beeinflußt. Darüber hinaus gibt es<br />

noch ein Zeichen welche die Jahresenergie repräsentiert, die ebenso<br />

einen Einfluß auf charakterliche Ausprägungen <strong>und</strong> den<br />

Schicksalsverlauf einer Person hat.<br />

„Lo que pasa es que, digamos el ser humano no está protejido sólo<br />

por el día de su nacimiento o sea sólo por su nahual de nacimiento,<br />

sino que tiene adelante, tiene atrás. El de atrás diría yo que es el<br />

día de su engendro, el día que fue engendrado. Adelante pues<br />

también tiene. Y a los lados también tiene. O sea que es como la<br />

aureola que es lo que lo protege. Y eso varía depende del día que<br />

nace la persona. Y normalmente todos esos días influyen en la<br />

persona, que son como auxiliares, como apoyo. Otro detalle es que<br />

muchas veces la persona tiene un día muy fuerte. Pero también en<br />

su aureola tiene días menos fuertes. Entonces ahí se logra como<br />

digamos un equilibrio. Y lo que pasa es que esto para mí es algo que<br />

como que es un poco un secreto dentro de los guías. Pero ellos<br />

normalmente sí cuando les toca por ejemplo ver el destino de la<br />

persona, ver sus problemas, sí les interesa mucho conocer estos<br />

25 MA 051101, 031ff.<br />

28


nahuales protectores. Porque de ahí es donde se puede ir<br />

enderezando el problema o ayudando a la persona.“ 26<br />

Es wird deutlich, daß sich die Interpretation des Geburtszeichen<br />

nicht auf die Tagesenergie reduzieren läßt <strong>und</strong> daß zwischen den<br />

verschiedenen Aspekten eine Art Ausgewogenheit herrscht. Zum<br />

Verständnis sei auf die abendländische Astrologie verwiesen, bei<br />

welcher sich die Horoskopdeutung ebenso wenig lediglich auf den<br />

Sonnenstand (Sternzeichen) bezieht, sondern Aszendent, Stand von<br />

Venus, Merkur, Mond usw. einbezieht. Bei der Erstellung des<br />

Geburtsblattes von guías espirituales wird oft der Regent des Jahres<br />

einbezogen. Wobei hierbei bei der Bewertung unterschiedliche<br />

Gewichtung gelegt wird.<br />

„El otro elemento que algunos toman a veces en cuenta y lo ponen<br />

es el cargador del ano. Pero yo no le veo mucha influencia al<br />

cargador del ano sobre la persona, porque el dargador del ano es en<br />

el ciclo agrícola o solar. Y es más un cargador para efectos de la<br />

sociedad, para etectos de toda la vida de la comunidad durante el<br />

ano que lleva el cargador.“ 27<br />

Es wird deutlich, daß auch im Falle der nahuales, der<br />

Tagesenergien, keine einheitliche Aussage zu machen ist, sondern<br />

sie sich vielmehr aus Variationen speisen, welche, wie aus<br />

Gesagtem hervorgeht, teils aus lokaler Differenz, teils aus<br />

Übernommenem von anderen Traditionen stammen. Offensichtlich<br />

ist jedoch, daß die Interpretation der Geburtszeichen (nahuales)<br />

hinsichtlich des Schicksals von Personen zu Hilfe genommen wird.<br />

Gegebenenfalls werden zu erfüllende Aufgaben in der Gemeinschaft<br />

26 MA 211001, 044ff.<br />

27 MA 211001, 149ff.<br />

29


ersichtlich, wie beispielsweise die potentielle Möglichkeit die<br />

Funktion eines aj q´ij auszuüben.<br />

Hinsichtlich des <strong>Maya</strong> Kalenders ist weiters wesentlich, daß er eine<br />

zyklische Zeitdimension darstellt. In diesem Zusammenhang sind<br />

auch die Ahnen von großer Wichtigkeit, welche, abgesehen von den<br />

monotheistischen Religionen, meist eine große Bedeutung in<br />

religiösen Ausdrucksformen haben. Leben <strong>und</strong> Tod werden hierbei<br />

als komplementäre Elemente betrachtet, die einander bedingen <strong>und</strong><br />

die verstorbenen Ahnen sind in einer anderen Form weiterhin<br />

präsent <strong>und</strong> Teil des großen Ganzen.<br />

„Another principle thing what <strong>Maya</strong>n spirituality means for me is<br />

related to time and the death. Nothing is born of nothing, everything<br />

need a beginning, nothing just appears, nothing just emerges.<br />

Which means we all a part again of the chain, of<br />

interconnectedness of the past and of the future. Physically that<br />

means that we have the DNS of our ancestors within our bodies.<br />

The ancestors are still alive, they are part of us. Other religions, I<br />

would again think in Christianity have the idea very often that when<br />

they die they go to heaven or hell, or purgatory and that’s it they<br />

have no play further role on earth. I don’t agree with that at all, they<br />

are with us physically in our bodies, they are physically with us<br />

every time we eating something that comes from the earth, and the<br />

earth has been nourished by the bodies, the chemicals, the bones,<br />

the materials of the bodies of the death. So again there are inside<br />

our bodies very physically. Spiritual as well, everything we learnt,<br />

we learnt of society, which learnt of a course of generations, have<br />

learnt trough the experience of everybody who has lived in the past.<br />

And their teachings are still with us. Every time that someone is<br />

born they don’t have to learn over again. They are physically,<br />

emotional present. The <strong>Maya</strong>n’s speak with the dead, honouring<br />

the dead... that means every day we should remember the dead, an<br />

30


every day they should respected because they are still here. 28<br />

...There are alive, there is a prayer which says they are in the air,<br />

they are in the wind. Speaking scientifically we can say there are<br />

the molecules in the air and everything that ever existed is a<br />

molecule in the air, that’s scientifically true. Every time I breath in a<br />

molecule that the last Quiche Leader Tecun Uman breathed in.<br />

They are aro<strong>und</strong> us, they are physically present in our bodies. I am<br />

physically the result of the union of my parents and so on through<br />

the generations. When a body is returned to the earth, it composes<br />

and the minerals nourishing the earth. Mother earth is what feeds<br />

us during our physically life. Every time I eat anything that is grown<br />

on the face of the earth I am eaten part of the same physical<br />

substance that was one the body of an ancestor. So there are many<br />

different levels on which they remain in life. It’s also true in nonphysical<br />

things, in terms of knowledge, teaching, in terms of<br />

wisdom that’s the works who lived before us. When we grow up in<br />

any family and we learn about the world, we are learning because of<br />

the body of knowledge left behind by those who have died. When<br />

each generation dies they don’t take all their knowledge with them,<br />

their leave it behind. That’s what helps us to <strong>und</strong>erstand the world.<br />

So intellectuality the ancestor, their knowledge, their discoveries,<br />

their interpretations are still with us today. And when they are alive<br />

it’s very reasonable to address them, address them in prayers,<br />

address them in ceremonies, we make offerings to them, we make<br />

offerings in ceremonies to them, but we also make offerings to them<br />

in everything we do. We very often make bad offerings through our<br />

ingratitude those who for instance who’s being ungrateful to the<br />

struggle, all the sweat all the suffer during their life-times. We<br />

inherited, we might die soon, all of us, life is an extremely short<br />

period. We are not the owner, we borrow everything we have. We<br />

will have any right to demand, remembering and the good<br />

treatment for everything that we left behind.” 29<br />

28 TH 040801, 070ff.<br />

29 TH 170801, 360ff.<br />

31


Ebenso manifestiert sich das Reziprozitätsprinzip in der<br />

Wertschätzung der Ahnen:<br />

„The living present the dead with food; then, having partaken of its<br />

essence, the dead in turn „leave“ food for the living. Comsologically,<br />

such commensaltiy enacts recurrent cycles of mutual nurturance<br />

between living community an generative ancestror rather than the<br />

soul´s final progress toward eternal salvation.“ 30<br />

Im Zusammenhang mit dem starken Einfluß der Ahnen <strong>und</strong> deren<br />

„Weiterleben“ war es von Interesse, ob der Reinkarnationsgedanke<br />

in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> gegenwärtig ist. Die Informationen zu<br />

dieser Fragestellung fielen sehr unterschiedlich aus. Thomas Hart<br />

beantwortete die Frage, ob er an Reinkarnation glaube, mit<br />

folgenden Worten:<br />

“I do. I don’t have an idea why it exists, I just believe that it exists,<br />

but there is no idea of you have to work out your problems of the<br />

past. I never heard a <strong>Maya</strong>n saying about that, I know that the<br />

people believe that it exist. I don’t waste my time about worrying<br />

about why I am born. I believe I was born before. I never heard a<br />

ideology of why. <strong>Maya</strong>n spirituality is much wider, it’s includes a lot<br />

of different elements. A lot of <strong>Maya</strong>n priest believe in reincarnation,<br />

others don’t. But it exist as a oral tradition in a lot of <strong>Maya</strong>n<br />

communities, it’s not something brought by hippies, buy outsiders.<br />

It has a very ancient history of it’s concept.“ 31<br />

30 John M. Watanabe: from saints to shibboleths: image, structure, and identity in<br />

<strong>Maya</strong> religious syncretism, American ethnologist, Colume 17, no. 1, Washington<br />

1990, S.140.<br />

31 TH 170801, 346ff.<br />

32


Rosa Maria, eine aj q´ij aus Antigua hat hingegen sehr konkrete<br />

Vorstellungen über Wiedergeburt, die sie wie eine Evolution<br />

betrachtet. Zuerst manifestiert sich das Leben als Bakterie, dann<br />

lebt man als Pflanze, als Tier <strong>und</strong> wird schließlich mehrmals als<br />

Mensch geboren. Eine Rückentwicklung auf eine „niedere“<br />

Daseinsform ist ausgeschlossen. Wenn diese Evolution<br />

abgeschlossen ist, kehrt die Seele freiwillig auf die Erde zurück, um<br />

hier zu arbeiten. Viele kehren als Engel zurück, um zu lehren. Sie<br />

beschreibt diese Evolution als lauter kleine Flüsse, die wieder ins<br />

große Meer zurückfließen. Normaler Weise kann der Mensch sich<br />

an seine früheren Leben nicht erinnern, aber durch eine<br />

Rückführung erinnert sich Rosa Maria an vier ihrer früheren Leben,<br />

wobei sie ein sehr glückliches davon in Deutschland gelebt hatte. In<br />

ihrem momentanen Leben war sie wieder an diesem Ort, weil sie<br />

durch ihren zweiten deutschen Ehemann wieder dorthin gekommen<br />

war. 32<br />

An diesem Punkt ist zu bemerken, daß <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> als<br />

solches nicht generalisiert werden kann. Zwar bestehen gewisse<br />

Gr<strong>und</strong>prinzipien, diese finden jedoch verschiedenste Ausformungen<br />

<strong>und</strong> unterscheiden sich regional oder nach Gemeinschaften. Es<br />

handelt sich bei der <strong>Maya</strong> Kultur primär um eine orale<br />

Überlieferung, schriftliche Quellen sind lediglich einige wenige<br />

erhalten, wie beispielsweise die prähispanischen Codices, der Popol<br />

Vuh, welcher über die Mythologie der Quiché des<br />

guatemaltekischen Hochlandes berichtet <strong>und</strong> die Chilam Balam<br />

Faltbücher. 33<br />

Einige Interpretationen bezüglich der <strong>Maya</strong> sind sehr eigenwillig<br />

<strong>und</strong> erzeugten bei mir spontan eine Assoziation zu Theorien von<br />

Däniken. Für Rosa Maria gibt es im Gr<strong>und</strong>e nur "eine Wahrheit“<br />

32 RC 040901, 226ff.<br />

33 Vgl. dazu Karl Taube, Aztekische <strong>und</strong> <strong>Maya</strong> Mythen, Stuttgart 1994, S. 35-39.<br />

33


<strong>und</strong> die manifestiert sich in verschieden Kulturen lediglich auf<br />

unterschiedliche Weise <strong>und</strong> ihre Erklärung dafür ist, daß die vier<br />

Urahnen von den Plejaden stammten, den Menschen formten <strong>und</strong><br />

die vier Ur-kulturen an den vier Kardinalspunkten ansiedelten.<br />

Diese vier Punkte waren die Heimat der <strong>Maya</strong>, wie auch Indien <strong>und</strong><br />

Ägypten. Dies wird im <strong>Maya</strong>kalender durch das Zeichen Q´anil<br />

repräsentiert, welches unter anderem die vier Urahnen, die vier<br />

Himmelsrichtungen, die vier Elemente <strong>und</strong> die vier Menschenrassen<br />

symbolisiert. Nachdem jedoch die Urahnen die Samen für die<br />

Kulturen gepflanzt hatten, kehrten sie in ihre Galaxie zurück <strong>und</strong><br />

versprachen wiederzukommen. Als weitere Erhärtung dieser These<br />

wurde die Abbildung eines Königs in Palenque genannt, dessen<br />

königliche Tracht an die eines Raumfahrers erinnert <strong>und</strong> ebenso<br />

von manchen Menschen interpretiert wird. 34 Diese Sichtweise über<br />

die Herkunft der <strong>Maya</strong> stieß bei vielen anderen aj q´ijab´ jedoch auf<br />

tiefe Ablehnung. Aber es wird offensichtlich, wie viele unzählige<br />

Variationen <strong>und</strong> Ergänzungen eine spirituelle Richtung<br />

hervorbringt. Weiters wird deutlich, daß auch moderne Theorien<br />

des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts mancher Orts assimiliert wurden. Obwohl an<br />

dieser Stelle zu bemerken ist, daß Rosa Maria schon vielfach nach<br />

Europa <strong>und</strong> Indien gereist ist <strong>und</strong> vermutlich von daher auch<br />

Begriffe verwendet, die eigentlich mit der indischen Kultur assoziiert<br />

werden.<br />

34 RC 060901, 320ff.<br />

34


4.2. Berufung <strong>und</strong> Aufgabengebiet der aj q´ijab´<br />

Im Allgemeinen sind aj q´ijab´ für das Wohl ihrer Gemeinschaft<br />

zuständig. Diese Rolle hat sich jedoch in den letzten 40 Jahren<br />

verändert. Vor den Gewalttätigkeiten <strong>und</strong> der Unterdrückung durch<br />

die Armee waren die <strong>Maya</strong>priester in einer Gruppe organisiert <strong>und</strong><br />

trugen die Verantwortung für ihre Gemeinschaft. Die militärischen<br />

Repressionen führten dazu, daß die aj q´ijab´ eher individuell<br />

arbeiten, um nicht mehr die Last der Verantwortung für die ganze<br />

Gemeinde zu tragen. Aber in manchen Gemeinden existiert diese<br />

Art der Organisation nach wie vor. Die Funktionen eines aj q´ij sind<br />

vielfältig. Zum einem ist er der Hüter von Traditionen <strong>und</strong> somit ein<br />

Verbindungsglied zur Vergangenheit. Er weiß um den Richtigen<br />

Zeitpunkt von Pflanzung <strong>und</strong> Ernte Bescheid <strong>und</strong> in welcher Weise<br />

diese zu erfolgen haben. Dieses Wissen ist mit der Handhabung des<br />

<strong>Maya</strong> Kalenders verknüpft, es wird von einem aj q´ij in seiner<br />

Gemeinschaft bewahrt <strong>und</strong> gelehrt, da es nicht allen Menschen in<br />

der Gemeinschaft zugänglich sein muß. Weiters hat er die Funktion<br />

eines Arztes, eine große Anzahl von <strong>Maya</strong>priestern heilen während<br />

einer Zeremonie. In diesem Zusammenhang besitzt er Kenntnis der<br />

spezifischen Heilpflanzen. Außerdem übt er die Funktion eines<br />

Psychologen oder Psychotherapeuten aus, um seine Funktion in<br />

abendländischen Begriffen auszudrücken. Die Menschen sprechen<br />

mit ihm über ihre Probleme <strong>und</strong> er hilft Ihnen in Form von<br />

Divinationen oder speziellen Zeremonien weiter. In der<br />

Gemeinschaft übt er zudem die Rolle eines Richters aus, indem er<br />

den Fall Gott präsentiert <strong>und</strong> mit Hilfe der heiligen Bohnen zu lösen<br />

versucht. Hierbei ist die Unterscheidung zwischen aj q´ij <strong>und</strong> brujo<br />

wesentlich. Ein „echter“ <strong>Maya</strong>priester fügt einer anderen Person<br />

niemals Schaden zu. Oft bezeichnen sich brujos als aj q´ij, obwohl<br />

sie keine sind <strong>und</strong> führen Zeremonien aus, um jemanden zu<br />

35


schaden. Ein “echter” aj q´ij wurde die Bitte einer anderen Person zu<br />

schaden ablehnen. 35<br />

An dieser Stelle ein Kommentar zu Hexerei <strong>und</strong> <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong>:<br />

„The church told them about witchcraft. For one reason they used<br />

fire. Fire for Christians means hell, for the <strong>Maya</strong>n means recreation,<br />

rebirth, cleansing. Obviously everything for the Christians in the<br />

<strong>Maya</strong>n Spirituality was witchcraft an evil. It is very difficult to say<br />

there was brujaria before, one Anthropologist said very right the<br />

church brought the devil to Guatemala. The devil as such doesn’t<br />

exist in <strong>Maya</strong>n Spirituality. All that exist is creation, is life, is the<br />

cosmos. The fight from the god with the devil has nothing to do with<br />

<strong>Maya</strong>n Spirituality. Fighting against the evil certainly, but the evil is<br />

part of us it’s not a devil which is making it. It’s all from us created,<br />

we have to suffer for the things that our fathers and grandfathers<br />

did. We don’t like it, but that’s the truth. We don’t need this figure<br />

of the devil. Every time we tell a lie we are create evil. It’s hoped that<br />

we pay for all this till we will leave the world and not left it behind in<br />

the world.“ 36<br />

Hierbei wird deutlich, daß das Konzept von Gut <strong>und</strong> Böse in der<br />

<strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> eine andere Bedeutung hat, als es in unserer<br />

abendländischen Denkweise verwurzelt scheint. Zeremonien <strong>und</strong><br />

andere Aktivitäten in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> wurden erst mit der<br />

Bekehrung durch christliche Orden, die mit der spanischen<br />

conquista kamen, verteufelt <strong>und</strong> mit dem Etikett „böse“ versehen.<br />

Nun möchte ich mich aber dem Thema der Berufung zu einem aj<br />

q´ij zuwenden. Die Berufung zum aj q´ij hängt zum Teil von dem Tag<br />

35 TH 040801, 168ff.<br />

36 TH 130801, 122ff.<br />

36


ab, an dem die Person geboren wurde. In manchen Gemeinschaften<br />

wird angenommen, daß für Geborene an allen zwanzig Tagen des<br />

<strong>Maya</strong>kalenders die Möglichkeit besteht, zum aj q´ij berufen zu<br />

werden <strong>und</strong> es lediglich davon abhängt, wie das Leben der Person<br />

verläuft. In Momostenango gibt es zehn (Aq´b´al, Kan, Kame, Kej,<br />

Q´anil, E, Aj, I´x, Tz´ikin <strong>und</strong> No´j) 37 mögliche Tage, in anderen<br />

Gemeinden sind es nur acht Tage. Der Tag der Geburt hat einen<br />

großen Einfluß, aber andere Aspekte sind ebenso ausschlaggebend.<br />

Einige aj q´ijab´ nehmen lediglich auf das Zeichen der Geburt des<br />

Geborenen bezug, was aber nicht richtig ist. Die Berufung kann<br />

sich in verschiedener Weise manifestieren. Beispielsweise kann eine<br />

Serie von Träumen auftreten, oder eine spezielle Krankheit, wie<br />

etwa das Verlieren von Geld, das in Guatemala eine Krankheit<br />

darstellt, Depression, eine spezielle Art von Magenkrämpfen,<br />

Straßenunfälle oder auch Alkoholismus. Die Aufforderung aj q´ij zu<br />

werden kann sich jedoch auch auf viele weitere verschiedene Arten<br />

zeigen. Nachdem eine Anhäufung dieser Hinweise auftritt, begibt<br />

sich die Person normalerweise zu einem aj q´ij, um eine Divination<br />

zu erbitten. In der Divination wird daraufhin der göttliche Wille<br />

befragt <strong>und</strong> wenn die Diagnose des aj q´ij positiv ausfällt, wird die<br />

Person gewöhnlich noch zwei oder drei andere aj q´ijab´ aufsuchen,<br />

um das Ergebnis zu bestätigen. 38<br />

In der Regel wird die Ausübung zum aj q´ij nicht vererbt, aber in<br />

manchen Gemeinschaften ist auch diese Tradition anzutreffen.<br />

Beispielsweise kommt es in einer Familie manchmal zu einer<br />

Anhäufung von Geburtstagen an speziellen Tagen, welches als eine<br />

Aufforderung verstanden werden kann in die Fußstapfen eines<br />

Vorfahren zu treten, der die Funktion eines aj q´ij ausgeübt hat. 39<br />

37 Vgl. Barbara Tedlock, Time and the Highland <strong>Maya</strong>, Albuquerque, 1992, S. 53.<br />

38 TH 040801, 129ff.<br />

39 TH 040801, 157ff.<br />

37


Der gebürtige Ire Thomas Hart wuchs in Nordirland in einer<br />

protestantischen Familie auf. Mit 15 Jahren beschloß er, Gott<br />

hinter sich zu lassen weil er die geschriebene „Wahrheit“ der Bibel<br />

nicht glauben konnte. Als er nach Guatemala kam, hatte er von<br />

Gott keine genaue Vorstellung. Nachdem er einige Zeit mit<br />

Menschen, welche <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> praktizierten, verbracht hatte,<br />

wobei er zu Altaren geführt wurde <strong>und</strong> ihm über ihre Praxis erzählt<br />

wurde, fühlte er sich von der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> angezogen, mehr<br />

auf emotionale als auf intellektuelle Weise. Nach <strong>und</strong> nach fand er<br />

seinen Glauben <strong>und</strong> seine Wahrheit in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong>. Nun<br />

lebt Thomas nahezu zehn Jahre in Guatemala <strong>und</strong> ist vor über<br />

sieben Jahren seiner Berufung zum aj q´ij gefolgt. Er beschreibt die<br />

dazu führenden Umstände mit folgenden Worten: 40<br />

“ I was present in ceremonies with the idea of doing a book as a<br />

neutral observer. And during the course of ceremonies a priest told<br />

me that I should be doing ceremonies rather that attend them.<br />

Another told me after a series of dreams that I was being called to<br />

be a <strong>Maya</strong>n priest. I didn’t see how this was possible. And a third<br />

priest told me the same thing. I had to sit down to think about what<br />

I believe, and I believed it. I think that it was true and it was an<br />

obligation. I didn’t want very much to became a <strong>Maya</strong>n priest, it was<br />

always disgusting to see how anthropologist became <strong>Maya</strong>n priest<br />

in this culture in order to write their books. So it was a big conflict<br />

for me when the <strong>Maya</strong>n priest told me to doing this. Being a priest<br />

is about a obligation, in my case it’s an obligation not something I<br />

would like to be or not. It’s something that changes everybody’s life,<br />

a foreigner, a <strong>Maya</strong>n it doesn’t matter. It changes their lives<br />

completely, their life is no longer their own, their life is a service,<br />

their life is taking the burden of other peoples difficulties, other<br />

peoples illnesses, other people problems. And it’s not something<br />

that people here do likely, it’s something that foreigners do likely.<br />

40 TH 170801, 261ff.<br />

38


Because they simply don’t taken to account, they are no longer the<br />

owner of their life, god is the owner, they became a servant, their<br />

became a employee. It should be accepted as a burden, as a<br />

obligation, as a calling where people don’t really have the choice. ...<br />

My life is not mine anymore, it never was, but I thought like a lot<br />

people do. Everyone affects the world, like I say. In western cultures<br />

we are talking about we just responsible for ourselves, we can do<br />

what we feel like, but it’s not true, because they affect anything and<br />

anybody in the universe. We are not alone, we are not isolated.<br />

Every decision we made affects the universe. No one is more<br />

important than another person, no more important than a leaf or<br />

anything else.” 41<br />

Mario Martínez erhielt seine Berufung unter anderen Bedingungen:<br />

„Yo era ayudante de camioneta, también comericante. Siempre he<br />

sido comericante desde pequeno. Hasta ahora que tengo<br />

precisamente ocho anos que recibí mi Santa Mes, que con el abuelo<br />

el anciano Don Gregorio Camacho Leiva me entregó, proque yo<br />

estaba sufriendo. Yo era drogadicto y alcohólico y tenia problemas.<br />

... Hubo un amigo que me dijo que yo tenía un destino para ser aj<br />

q´ij.“ 42<br />

In europäischen oder nordamerikanischen Ländern wird eine<br />

spirituelle Berufung oft dazu benutzt die eigene Persönlichkeit zu<br />

erhöhen, oder mit verklärten Augen betrachtet. Dies ist vermutlich<br />

auf die zahlreich vorhandene New-Age Literatur zurückzuführen,<br />

wobei meist verschiedene Elemente oder Konzepte von<br />

außereuropäischen Kulturen "benutzerfre<strong>und</strong>lich“ vermarktet<br />

werden. Verschwiegen wird jedoch meist die Verantwortung <strong>und</strong> die<br />

41 TH 170801, 290ff.<br />

42 MM 171101, 002ff.<br />

39


Schwierigkeiten, die mit solch einer Lebensaufgabe verb<strong>und</strong>en sind.<br />

Die Verpflichtung, die Bürde <strong>und</strong> das damit verb<strong>und</strong>ene Leid, die<br />

mit solch einer Berufung korrelieren werden meist verschleiert, da<br />

in der westlichen Kultur das Konzept von Freiheit, Individualismus,<br />

Erfolg, ewiger Jugend <strong>und</strong> immerwährendem Glück vorherrscht. In<br />

den Interviewauszügen wird jedoch deutlich, daß eine Berufung zu<br />

einem aj q´ij einen anderen Hintergr<strong>und</strong> hat <strong>und</strong> als große<br />

Verantwortung, als lebenslanges Service am anderen Menschen<br />

empf<strong>und</strong>en wird <strong>und</strong> daß es nicht leicht ist, diesen Weg zu<br />

verfolgen.<br />

Martin Alvarado benötigte für die Entscheidung, seiner Berufung<br />

als aj q´ij zu folgen, mehrere Jahre. Während seiner Kindheit<br />

praktizierte sein Vater <strong>Maya</strong> Spiritualiät im Geheimen, durch die<br />

Präsenz des Katholizismus wuchs er jedoch in einem katholischen<br />

Umfeld auf. 1982 nahm er das erste Mal an einer <strong>Maya</strong> Zeremonie<br />

teil.<br />

„Bueno, yo hace muchos anos tal vez por los anos 82 participé en la<br />

primera ceremonia en San Andrés Xecul. Entonces allí empece<br />

como a preguntar. Lo que más me interesó es que en qué forma la<br />

ceremonia podía ayudarnos en la revolución, en la lucha que el<br />

pueblo estaba llevando a cabo y que muchos decían que la<br />

ceremonia podía ser como una protección. Y efectivamente así fue.<br />

... Pero para mí lo más difícil fue la decisión de ser guía espiritual.<br />

Casi como dice usted los maestros me decían vos tenés vocación de<br />

guía, tu día es bueno para ser guía y todo eso. Entonces pero yo sí<br />

no quería. Yo no quería porque para mi es una responsabilidad muy<br />

grande y es algo muy serio. ... Y realmente lo de guía espiritual yo lo<br />

tengo si hace si muco hace cinco anos tal vez. Me cósto mucho pero<br />

es porque yo sí creo y sigo creyendo de que eso es una función muy<br />

grande. Es algo tan serio que uno no puede tomarlo sin una firme<br />

40


decisión. ... Entonces yo sí lo medité muchos anos. Casi diez, doce o<br />

quince anos tal vez. ... porque esto no es un juego.“ 43<br />

Martín, der in einem katholischen Milieu aufwuchs, in dem<br />

Aktivitäten die mit der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> zusammenhingen von<br />

seinem Vater heimlich ausgeübt wurden, beschreibt seine erste<br />

Anwesenheit bei einer Zeremonie als traumatisch:<br />

„Entonces así es, y que los grandes fracasos y desastres que tuve en<br />

mi vida a lo mejor era porque no había encontrado mi verdadera<br />

raíz, mi verdadero origen. Y claro, catastrófico, pero así es y siento<br />

que el trauma fue hasta los anos 82 para mí.“ 44<br />

Die Arbeit der aj q´ijab hat nichts mit einer freiwillig gewählten<br />

Karriere zu tun. Ebenso wenig hat dieser Beruf mit Prestige zu tun<br />

sondern er ist eine große Pflicht, die mit Verantwortung getragen<br />

werden soll. Die Funktion eines aj q´ij ist mehr als Dienst zu<br />

betrachten, als ein Dienen an den Menschen. Sie sind auch keine<br />

Menschen die W<strong>und</strong>er vollbringen können, sie haben lediglich eine<br />

Funktion als Vermittler zwischen Gott <strong>und</strong> den hilfesuchenden<br />

Menschen inne.<br />

“Priests are ... an instrument for someone’s who work directly with<br />

god. “Channel” is a perfect word, but its used by other practitioners<br />

of New Age. The most of the New Age movement is very<br />

individualist, selfish improve their lives and look for personal<br />

benefits, rather then realising there certain amount of evil, there is<br />

certain amount of suffering, there is certain amount of sadness in<br />

the world and somebody has to take it on. And someone has to<br />

suffer it in order to make it disappear someone has to take it and<br />

43 MA 171001, 005ff.<br />

44 MA 211001, 321ff.<br />

41


dissolve it, rather than looking for a way of personally avoiding it.<br />

We should take the suffering on our shoulders and try to dissolve it,<br />

rather then pushed it away and avoid it. All of us are doing a lot of<br />

bad acts during our lives and its better to feel the consequences<br />

than leave them behind in this world for someone who’s fault it<br />

isn’t. I think not god is punishing a new born baby, but there is<br />

something evil, bad in the world what we do to other people and<br />

what we do to ourselves and its has to find its manifestation. And<br />

very often its the innocent who suffer. Its the innocent who have to<br />

pick up that burden, so I think its much better we pick up from the<br />

burden as much as we can and dissolve it. ... Some people are born<br />

with a greater capacity to suffering then the others according to the<br />

nawal, the birth in the <strong>Maya</strong>n calendar it brings a different<br />

capacity. If someone has a greater capacity, a greater ability to take<br />

on suffering they may not choose to do so, but they can stand it.<br />

There are useful for a society. That’s why the calendar exists as a<br />

way of trying to teach people, show people how they can be the best<br />

help for community. Not to help themselves, help the community of<br />

living things.” 45<br />

In seiner Verantwortung als aj q´ij kann er in eine Verbindung mit<br />

dem Göttlichen treten, wie dies bei Divinationen oder Zeremonien<br />

der Fall ist. Der aj q´ij wird von Personen aufgesucht, die<br />

Schwierigkeiten haben die das gesamte Spektrum menschlicher<br />

Leiden umfassen, sei es Liebeskummer, Krankheit, Geschäfte,<br />

Streitigkeiten, spirituelle Not oder eine Beratung bezüglich einer<br />

Heirat oder den Beginn eines Hausbaues. Zuerst nimmt der aj q´ij<br />

seine heiligen Bohnen zur Hand um zu erfragen, wo die Ursache des<br />

Problems wurzelt. Dann versucht er, mittels seiner Verbindung mit<br />

dem Göttlichen, einen Weg zu finden welcher der Person hilfreich<br />

sein kann. Die Lösung des Problems ist meist mit dem Darbringen<br />

45 TH 170801, 323ff.<br />

42


von Opfergaben während einer Zeremonien <strong>und</strong> Gebeten<br />

verb<strong>und</strong>en.<br />

“A priest never could help anybody, the priest is only a vehicle for<br />

god. God who can cure people, god who can orient people and the<br />

priest is only someone who knows the formal steps to take during<br />

the course of a ceremony. But the priest never could help anybody,<br />

he is just a sinner like everybody else. Priest are not<br />

wonderworkers, all they can do is to lend their body and soul as a<br />

vehicle, an instrument for someone who works directly with god.” 46<br />

Aufgr<strong>und</strong> seiner Kompetenz wählt der aj q´ij gemäß dem<br />

<strong>Maya</strong>kalender einen Tag für die geplante Zeremonie <strong>und</strong><br />

entscheidet an welchem Altar sie stattfindet. Die Zeremonien<br />

können für Gruppen, für Einzelne oder für Familien stattfinden.<br />

Hinsichtlich der Arbeitsweise herrscht eine ebenso große<br />

Vielfältigkeit. Die Arbeit von Rosa Maria beschränkt sich<br />

hauptsächlich darauf, “<strong>Maya</strong>horoskope” zu erstellen, wobei ihr<br />

Klientel oft aus Studenten aus der ganzen Welt besteht, welche die<br />

Sprachschule neben ihrem Geschäft besuchen, während Thomas in<br />

speziellen Gemeinden ausschließlich mit Indigenen arbeitet. Die<br />

Tätigkeit als aj q´ij verbindet sich bei Mario hingegen noch mit<br />

anderen Elementen:<br />

„A parte de ser aj q´ij soy masajista quiropráctico. Por el signo que<br />

tengo trabajo con huesos, como pudo darse cuenta usted la vez<br />

pasada, le di su masaje al compadre, ... y muestro de eso tenemos<br />

las plantas que nos sirven como un complemento, porque ahora en<br />

los hospitales ya sólo drogas, inyectan, sólo operan y cobran mucho<br />

dinero. Pero nosotros sólo vamos a la montana y recojemos hierbas<br />

46 TH 170801, 323ff.<br />

43


y las preparamos. También uso hierbas de otros lugares. Por<br />

ejemplo la una de gato es peruano, pero más la mayoriá es de aquí,<br />

de la parte del Petén. 47<br />

Martin sieht seine Arbeit als aj q´ij in einem größeren<br />

Zusammenhang <strong>und</strong> fühlt sich verpflichtet, auf einer<br />

übergeordneten Ebene zu wirken. Im Gegensatz zu Thomas oder<br />

Mario arbeitet er nicht in erster Linie mit privaten Personen, dies<br />

macht er nur fallweise, sondern er versucht im Dienste der <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> auf einer übergeordneten Ebene zu arbeiten.<br />

Beispielweise in der Realisierung eines Kongresses, wie er erzählt:<br />

„Entonces yo ni público ni privado. Yo estoy buscando ahorita<br />

una... !cómo diría yo! Un ejercicio colectivo de la espiritualidad.<br />

Entonces yo me he interesado mucho por juntar a los guías<br />

espirituales. En las fechas grandes por ejemplo en el Kej, B´atz´.<br />

Pero específicamente en el Wajxaq´ib´ B´atz´y Beleje´b B´atz´. ...<br />

Entonces yo realmente la espiritualidad más lo tomé porque por mi<br />

día y porque es una vocación que lo puedo hacer. Pero yo tengo esa<br />

idea de que la espiritualidad la quiero usar para algo más grande. ...<br />

La idea mía es por ejemplo realizar un congreso de guías<br />

espirituales. Para prof<strong>und</strong>izar y analizar esos temas. Esos<br />

problemas que hay con los guías, con los colores. Hay tres o cuatro<br />

grandes cosas que yo pienso que se tienen que..., como socializar y<br />

a la vez definir.“ 48<br />

Auf die Frage, wie er seine politische <strong>und</strong> seine spirituelle Arbeit<br />

vereint, antwortete er:<br />

47 MM 171101,120ff.<br />

48 MA 171001, 082ff.<br />

44


„Pero yo pienso que eso es compatible, perfectamente la<br />

espiritualidad con la política y con cualquier otra disciplina social y<br />

todo. Pero lo que pasa es pues de que sí hay que tenerlo como<br />

decimos nosotros: „cada cosa en su lugar y cada cosa en su<br />

momento.“ ... pero con mucho cuidado de no mezclar las cosas.“ 49<br />

Das Aufgabengebiet „der“ aj q´ijab´ kann also ebenso wenig<br />

festgemacht werden, wie <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> als solche, sondern es<br />

bewegt sich zwischen vielen Möglichkeiten. Gleichtzeitig existiert ein<br />

gewisser Rahmen, der verschiedenste Divinationen mit den heiligen<br />

Bohnen <strong>und</strong> die Kommunikation mit den Göttern umfaßt.<br />

4.3. Attribute <strong>und</strong> weitere besondere Fähigkeiten<br />

der aj q´ijab´<br />

Es gibt gewisse äußere Zeichen <strong>und</strong> Utensilien, die einen aj q´ij<br />

kennzeichnen. Als äußeres Zeichen der Legitimation tragen aj<br />

q´ijab´ während der Zeremonie ein Tuch auf dem Kopf, das im<br />

Nacken verknotet wird. Oft haben sie auch einen speziellen Gürtel<br />

umgeb<strong>und</strong>en, der aus farbenfrohen Stoffen, gewebt von<br />

<strong>Maya</strong>frauen, besteht.<br />

Ein wesentliches Attribut ist das vara, ein mit meist 260 Bohnen<br />

gefüllter Beutel, in dem oft auch Kristalle oder besondere Steine<br />

Platz finden. Das vara führt der aj q´ij so gut wie immer mit sich.<br />

Mario erklärt die Bedeutung des varas wie folgt:<br />

49 MA 191001, 235ff.<br />

45


„La vara es un complemento que nosotros los aji q´ ijab tenemos<br />

para pronosticar el futuro, para solventar nuestros problemas. Esto<br />

lo usó la abuela Ixmucane cuando sus dos hijos salieron a buscar<br />

la luz porque todo estaba en obscuridad. Eso lo dice el Pop vuh ...<br />

Nosotros hemos recibido clases de lo que es pero ne se nos queda<br />

porque es muy amplio y eso cuesta dice que la abuela Ixmucane<br />

que sus dos hijos Hunapú e Ixbalanque salieron a buscar su<br />

comida porque eran cazadores. Entoces para verificar la abuela<br />

Ixmucané agarró la semilla del pito e invocó al creador a formador<br />

para ver como estaban sus hijos. Por eso es de que nosotros a travé<br />

del sagrado tz´ite´, tz´ite´ se llama, otros le dicen frijol de brujo, por<br />

eso ne es así. tz´ite´ es la sagrada vara o es el cabuc que nosotro<br />

decimos, es la organización. Nosotros aquí tenemos 260 frijolitos<br />

que significan los 260 días del calendario maya. Dentro de esta<br />

bolsita está nuestro cuerpo, porque somos de maíz; nos<br />

alimentamos de maíz, de la madre tierra y nadie nos dice nada. Con<br />

ese motivo usamos el sagrado tz´ite´ para cuando viene una persona<br />

enferma decimos: ?Por qué está enferma? Entonces averiguamos<br />

según la pregunta que nos haga el sagrado tz´ite´, por eso nos<br />

guiamos para darle medicina a la persona.“ 50<br />

Das vara hat also hinsichtlich der spirituellen Verbindung mit den<br />

Göttern eine wichtige Bedeutung, dient als Hilfsmittel bei<br />

Divinationen <strong>und</strong> fehlt auch bei keiner Zeremonie, wo es mit neuer<br />

spiritueller Kraft versorgt wird <strong>und</strong> in den Ablauf der Zeremonie<br />

einbezogen ist. Aus obigem Zitat wird auch deutlich, daß das vara<br />

<strong>und</strong> die Aufgabe des aj q´ij eine enge Verbindung zu der Mythologie<br />

der <strong>Maya</strong>, dem Popol Vuh 51 hat. Überdies hat die Anzahl der<br />

Bohnen die sich im Vara befinden einen Bezug zum sakralen<br />

Kalender <strong>und</strong> jede Bohne repräsentiert eine der 260 Möglichkeiten<br />

von Zeichen <strong>und</strong> Zahlen, da jedes der 20 Zeichen in 13<br />

Schattierungen möglich ist. Durch die Legeweise der Bohnen wird<br />

50 MM 171101,102ff.<br />

51 Vgl.Cordan (Hg.), Popol Vuh.<br />

46


durch die Interpretation des aj q´ij die Antwort Gottes offenbar. Auf<br />

einer materiellen Ebene dient das vara als sichtbares Symbol der<br />

spirituellen Authorität.<br />

„Ustedes han visto por ejemplo los alcaldes de los municipios, ellos<br />

andan con una vara en la mano. Pues la vara para nosotros es un<br />

símbolo de autoridad y autoridad espiritual. Entonces decimos vara<br />

cuando hablamos por ejemplo de que se puede hacer una<br />

ceremonia. Se podría decir que el que no tiene vara no está<br />

autorizado para celebrar una ceremonia. O también diríamos de que<br />

el que no tiene vara no es guía espiritual. Y el otro sentido y<br />

significado de la vara es despejar o poner en la valanza la situación<br />

de una persona para descifrar lo que le pasa. Entonces nosotros<br />

también a los frijolitos también les decimos vara, o les decimos T´ize<br />

que quiere decir como el oráculo. Pero entonces la vara es más que<br />

todo el símbolo de la autoridad del cual esta investido el guía<br />

espiritual. Eso es la vara. Por ejemplo en las ceremonias todos los<br />

guías espirituales tienen su vara y la llevan. Pero la llevan<br />

escondida. Y no es porque no quieren que la miren, sino porque es<br />

la envoltura sagrada.“ 52<br />

Neben der Fähigkeit, in der Zeremonie <strong>und</strong> während einer<br />

Divination mit dem Göttlichen in Verbindung zu treten, gibt es<br />

weitere Besonderheiten die es dem aj q´ ij ermöglichen, Zeichen oder<br />

Signale des höheren Willens zu interpretieren. Wie Barbara Tedlock<br />

während ihrer Feldforschung in Momostenango herausgef<strong>und</strong>en<br />

hat, haben Personen deren Geburtszeichen auf die Tage Aq´b´al,<br />

Kan, Kame, Kej, Q´anil, E, Aj, I´x, Tz´ikin <strong>und</strong> No´j fallen, von Geburt<br />

an „Blitze“ (lightning) im Blut, welche diese Personen befähigen,<br />

übernatürliche Nachrichten zu erhalten.<br />

52 MA 191001, 047ff.<br />

47


„Most frequently, daykeepers describe the sensation of body<br />

lightning as feeling as if air were rapidly moving through their flesh<br />

in a flickering or <strong>und</strong>ulating manner, similar to the pattern of<br />

exterior sheet lightning as it moves at night over the lakes.“ 53<br />

Die sogenannten Körperzeichen äußern sich oft während einer<br />

Divination <strong>und</strong> geben dem guía espiritual Hinweise bezüglich der<br />

richtigen Interpretation, indem das Blut „spricht“. Die<br />

Körperzeichen machen sich durch Zucken der Muskeln oder durch<br />

„Springen“ im Blut bemerkbar <strong>und</strong> werden je nach Auftreten<br />

verschieden interpretiert. Die linke <strong>und</strong> rechte Körperseite haben<br />

hier verschiedene Bedeutungsinhalte, ebenso wird unterschieden<br />

an welcher Stelle des Körpers, beispielsweise im Arm oder im Bein,<br />

das Zeichen auftritt. Barbara Tedlock hat sich in ihrem Buch „Time<br />

and the Highland <strong>Maya</strong>“ 54 ausführlich mit diesem Phänomen<br />

befaßt.<br />

„In the case of the internal reading, fo<strong>und</strong> throughout the<br />

Guatemalan highlands, the shaman has a sensation within his or<br />

her body, variously described in the literature as a tingling,<br />

jumping, twitching, or twinging in the blood or muscles. This<br />

sensation conveys information about the past or the prospects of<br />

patients or divinatory clients.“ 55<br />

Weiters gibt die Traumtätigkeit eines aj q´ijab wesentliche Hinweise.<br />

Es werden zwei Kategorien von Träumen unterschieden. Die erste<br />

Kategorie stellt die Verarbeitung realer Geschehnisse dar, wie sie<br />

wohl jedem Menschen zuteil werden. Die zweite Kategorie stellt<br />

53 Tedlock, Time and the Highland <strong>Maya</strong>, S. 53.<br />

54 Ebenda S. 133 –150.<br />

55 Ebenda S. 133.<br />

48


Träume dar, welche die Zukunft betreffen. In Träumen der zweiten<br />

Kategorie kommuniziert das nahual des aj q´ij oft direkt mit ihm. 56<br />

„Entonces yo pienso que el sueno es una cuestión muy clave en<br />

dínámica o en el que hacer del guía espiritual o lo mismo también<br />

las senales o las contracciones del cuerpo. Pero siempre digo yo que<br />

el sueno es algo muy bonito porque para uno es como estar viendo<br />

una televisión o una película: mira las imágenes. Es bastante<br />

bonito. Pero en cambio las senales del cuerpo sólo son así que uno<br />

ya sabe, porqué. Si es el ojo, si es el pie o el brazo, sí es el cuerpo.<br />

!Así no! En cambio el sueno es más agradable. El nahual<br />

normalmente se identifica y sino lo hace uno ya lo conoce. Como<br />

digo, el nahual es el que más se comunica con uno a través del<br />

sueno. Ya que lo que decía de las senales y contracciones del<br />

cuerpo eso sí es totalmente el m<strong>und</strong>o exterior. En cambio el nahual<br />

es una relacion directa con uno.“ 57<br />

Die Funktion eines aj q´ij kann als Vermittler oder Empfänger von<br />

Nachrichten des Übernatürlichen bezeichnet werden. Er kann diese<br />

Nachrichten entschlüsseln, indem er Körperzeichen interpretiert, während<br />

einer Zeremonie die Zeichen des Feuers deutet oder während einer<br />

Divination mit Hilfe des sakralen Kalenders die Symbole deutet. Oftmals<br />

besteht die Interpretation aus einer Kombination von mehreren seiner<br />

außergewöhnlichen Fähigkeiten. Auf praktischer Ebene weiß er um die<br />

formalen Schritte während einer Zeremonie Bescheid <strong>und</strong> wie einer Person<br />

geholfen werden kann. Wobei die Worte „guía espiritual“ diese zwei<br />

Ebenen implizieren, indem er die Ausübung von Zeremonien oder<br />

Divinationen leitet <strong>und</strong> auf spiritueller Ebene Menschen führt. Aufgr<strong>und</strong><br />

meiner Interviewpartner <strong>und</strong> deren verschiedener Persönlichkeiten läßt sich<br />

56 MA 191001, 207ff.<br />

57 MA 191001, 177ff.<br />

49


ersehen, daß der Weg aj q´ij zu werden sehr unterschiedlich erfolgen kann<br />

<strong>und</strong> ebenso das Aufgabengebiet unterschiedlichste Variationen zuläßt.<br />

Abb.4.: Mario Martinéz mit speziellem Kopftuch <strong>und</strong> Gürtel, La Esperanza,<br />

17.11.2001.<br />

50


Abb.5.: Der aj q´ij Mario nach einer Divination mit den heiligen Bohnen, La<br />

Esperanza, 17.11.2001.<br />

Abb.6.: La mesa von Thomas Hart, mit vara in der Mitte (rotes Säckchen in<br />

der Mitte des Bildes), Quetzaltenango, 14.09.2001.<br />

51


4.4. Bedeutung der <strong>Maya</strong> Zeremonien<br />

„Para nosotros la ceremonia es toda la creación que se vuelve a<br />

hacer cada vez que se hace. Y engloba todo: la cosmogonía, la<br />

naturaleza, etc. ... Y otra cosa es que no es nada así como<br />

desconectado de la realidad sino se complementa con muchas cosas<br />

pero siempre está latente la realidad, la fuerza del fuego, la energía<br />

del fuego y también allí se convinan las senales y todo. Ya<br />

propiamente en la ceremonia. Y yo siento que el corazón de la<br />

espiritualidad maya y todo el que hacer maya, es la ceremonia.“ 58<br />

Innerhalb der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> ist die <strong>Maya</strong> Zeremonie die<br />

f<strong>und</strong>amentalste Ausdrucksform. Die <strong>Maya</strong> Zeremonie stellt eine<br />

Praxis in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> dar, eine religiöse Aktivität, den<br />

Versuch dem Höchsten, dem Schöpfer des Himmels <strong>und</strong> der Erde<br />

nahe zu sein <strong>und</strong> mit ihm zu kommunizieren <strong>und</strong> ist gleichzeitig<br />

eine symbolische Wiederholung des Schöpfungsaktes. Es werden<br />

spezielle Tage zelebriert, wie beispielsweise Wajxaq´ib´ B´atz. Hierbei<br />

werden Opfer dargebracht, um die Dankbarkeit zum Ausdruck zu<br />

bringen <strong>und</strong> die Reziprozität zu gewährleisten, wenn im Folgenden<br />

um Wohlergehen, Ges<strong>und</strong>heit, Arbeit, Verstärkung der positiven<br />

Energie <strong>und</strong> um Weisheit in schwierigen Lebenssituationen gebeten<br />

wird.<br />

„Wie in den meisten mesoamerikanischen Religionen gibt es in der<br />

Vorstellung der <strong>Maya</strong> eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen<br />

den Göttern <strong>und</strong> der übernatürlichen Welt auf der einen <strong>und</strong> den<br />

Menschen <strong>und</strong> ihrer Welt auf der anderen Seite. Der eine kann<br />

58 MA 191001. 305ff.<br />

52


ohne das aktive Eingreifen der anderen nicht exisitieren. Menschen<br />

ernähren die Götter durch Opfer <strong>und</strong> Rituale.“ 59<br />

Das Thema der Reziprozität ist in der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> ein weiteres<br />

zentrales Element <strong>und</strong> wird vor allem in Form der Zeremonien zum<br />

Ausdruck gebracht. Im Popol Vuh, dem Heiligen Buch der Quiché-<br />

<strong>Maya</strong> wird auch die Geschichte der Maispflanze erklärt. Auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage, daß die Maispflanze nicht ohne Hilfe des Menschen<br />

wachsen kann, er sie erst aussäen muß, basiert das Prinzip der<br />

Reziprozität. 60 Dies zeigt sich auch in der Erschaffung des<br />

Menschen, wobei erst die im vierten Versuch erschaffenen<br />

Menschen ihre Schöpfer genügend zu würdigen gewußt haben. 61<br />

Die Zeremonien werden an den <strong>Maya</strong> Altären ausgeübt, welche<br />

spezielle heilige Plätze darstellen. Das Wissen um diese speziellen<br />

Plätze wurde über Generationen weitergegeben <strong>und</strong> wird oft auf die<br />

Alten <strong>Maya</strong>s zurückgeführt. In der Realität werden Zeremonien<br />

jedoch auch oft bei Hausaltären oder anderen Plätzen zelebriert.<br />

„Hay altares enormes y altares intermedios. Pero como cada altar<br />

también tiene sus finalidades. Nosotros o mejor dicho yo pienso que<br />

a los altares pequenos se acude ahí en los días comunes y<br />

corrientes. Pero en los días grandes se acude a los grandes altares.<br />

Y están los altares que yo pienso están más para infram<strong>und</strong>o. Por<br />

ejemplo las cuevas, debajo de las rocas, etc, son más para el<br />

infram<strong>und</strong>o. En cambio los altares en los cerros en los altares altos,<br />

esos son para el creador y formador. Sin embargo cada altar como<br />

ya decíamos tiene su altar pequeno pero nunca está solo el altar.“ 62<br />

59 Grube, Maismenschen, S.65.<br />

60 Grube, Maismenschen, S.65.<br />

61 Vgl. dazu Günter Lanczkowski, Die Religionen der Aztenken, <strong>Maya</strong> <strong>und</strong> Inka,<br />

Darmstadt 1989, S. 91-94.<br />

62 MA 051101, 022ff.<br />

53


Jeder Altar hat demnach eine spezielle Bedeutung <strong>und</strong> die<br />

Verwendung des Altars variiert bezüglich der durchgeführten<br />

Zeremonie. Auch die Wichtigkeit der Altare ist unterschiedlich,<br />

ebenso wie die Wichtigkeit der Zeremonien, wie beispielweise der<br />

großen kollektiven Zeremonie Wajxaq´ib´ B´atz. Rosa Maria<br />

beschreibt die Altäre als Kraftplätze, die mit den Energiepunkten im<br />

menschlichen Körper verglichen werden können. Wie der<br />

menschliche Körper über Energiezentren wie Chakren oder<br />

Meridiane verfügt, ist auch die Erde von solchen Kraftpunkten<br />

überzogen, welche die Möglichkeit zur Kommunikation mit dem<br />

Göttlichen verstärken. Die Altäre werden folglich nach der Art des<br />

Anlieges ausgesucht. 63<br />

Abb.7.: Rosa Maria Cabrera bei ihrem Hausaltar, Antigua, 6.09.2001.<br />

63 RC 0400901, 293ff.<br />

54


Abb.8.: Der Vulkansee Laguna Chicabal von oben betrachtet, 10.11.2001<br />

Abb.9.: Der heilige Ort Laguna Chicabal, 10.11.2001.<br />

55


Abb.10.: Altar, Laguna Chicabal, 10.11.2001.<br />

56


Die Durchführung einer <strong>Maya</strong>zeremonie, aus welcher Motivation<br />

auch immer sie stattfindet, wird stets von einem aj q´ij geleitet. Er<br />

definiert unter Berücksichtigung des <strong>Maya</strong> Kalenders das Datum,<br />

welches von der Tagesenergie her am besten für den Zweck der<br />

Zeremonie geeignet ist. Er empfiehlt darüber hinaus, welche<br />

Materialien verwendet <strong>und</strong> welche Opfer in der Zeremonie<br />

dargebracht werden. Die physischen, emotionalen <strong>und</strong> spirituellen<br />

Konditionen der Menschen, die an der Zeremonie mitwirken, sind<br />

ebenfalls mitentscheidend, ob das dargebrachte Opfer gut akzeptiert<br />

wird.<br />

Eines der wesentlichsten Hilfsmittel zur Interpretation der Sprache<br />

der Götter während einer <strong>Maya</strong> Zeremonie ist das Feuer, das aus<br />

incienso, bolas de tacana, Zucker, verschieden farbigen Kerzen,<br />

Blumen <strong>und</strong> anderen Materialen entsteht, die während der<br />

Zeremonie verbrannt werden. Die Farbintensität, die Stärke, die<br />

Richtung, die Dauer <strong>und</strong> die Funken die sich während der<br />

Aufrufung verändern, sind Zeichen in welcher Form die Ahnen <strong>und</strong><br />

die Schöpfer mit dem aj q´ij kommunizieren. Aufgr<strong>und</strong> dieser<br />

Veränderungen, der „Sprache“ des Feuers, interpretiert der guía<br />

espiritual die gegebene Situation <strong>und</strong> gibt Empfehlungen. 64<br />

„Language, sacrifes, time you spent going to an altar doing a<br />

ceremony, economic sacrifes in terms of material you buy, payment<br />

to priest, reciprocally relationship you need to have with god, we<br />

can’t pray to god: give me this, give me this, it doesn’t work that<br />

way, we have to offer first. We have to sacrify our time, our energy,<br />

we have to sacrify the thing we would like to do instead of doing a<br />

ceremony. And only through sacrifies we can expect the receive.<br />

Another element might be respect. Respect is one of the princips in<br />

<strong>Maya</strong>n Spirituality. Respecting everything that’s in the world, in the<br />

nature, respecting everybody and every living creature. And there is<br />

64 Agenda <strong>Maya</strong> 2002.<br />

57


a lot of respect involved in a ceremony for instance. The way one<br />

speaks during a ceremony, it has to be a respectful language, and<br />

the way one behaves at an altar. For instance the day you do a<br />

ceremony there should be no fighting, no bad words, it a child<br />

breaks a pan you don’t even have the right to scold that child on<br />

that day, you have to wait till the next, simply because of respect.<br />

We are not isolated we are connected with everyone, everything is<br />

related with the wind, with the stars and that have to be manifested<br />

during the whole time doing a ceremony and a period before and<br />

after doing a ceremony.“ 65<br />

Die Zeremonie beeinhaltet ein großes Spektrum an Aspekten:<br />

Respekt, Verb<strong>und</strong>enheit mit der Natur, Ritualsprache, verwendete<br />

Materialen, Interpretation der Zeichen <strong>und</strong> einen gezielten,<br />

geregelten Ablauf.<br />

Auch das Thema der Dualität ist in den <strong>Maya</strong> Zeremonien präsent.<br />

Während der Anrufungen wird immer auf das weibliche <strong>und</strong> das<br />

männliche Prinzip Bezug genommen, wie bereits eingangs erklärt<br />

wurde. Das Thema der Dualität <strong>und</strong> Komplementarität findet sich<br />

noch in einem anderen Begriffspaar wieder: Leben <strong>und</strong> Tod. In den<br />

konstruktiven <strong>und</strong> destruktiven Anteilen des Seins, die sich in den<br />

Elementen offenbaren können:<br />

„Lo que sí para mí es muy importante y eso el lo que hay que<br />

rescatar y no perder es las dos clases de cermonia: una para el<br />

creador y formador y otra para los muchachos ..., o sea para los<br />

senores del infram<strong>und</strong>o, para los senores de la muerte porque ellos<br />

tamién tienen mucho poder. Entonces por eso pienso que sí la<br />

ceremonia tiene que ser en dos partes: la del creador y formador<br />

para agradarle y para cumplir nuestra función de darle su alimento,<br />

65 TH 140901, 072ff.<br />

58


pero sin olvidar a los senores del infram<strong>und</strong>o. ... Sumamente<br />

equitativos porque los mayas sabían que de plano so sólo el bien<br />

existe, sino existe también lo negativo y las fuerzas destructoras y<br />

eso no sólo lo vemos en lo social sino también en la naturaleza; lo<br />

vemos con la fuerza del aire; el aire nos sirve para respirar, el aire<br />

sirve para muchas cosas buenas. Pero si ya es huracán, si ya es<br />

una tempestad, un chubasco en el mar es destructivo. Entonces así<br />

son los creadores y formadores.“ 66<br />

Abb.11.: Der aj q´ij Thomas Hart während einer Zeremonie, Laguna<br />

Chicabal, 10.11.2001.<br />

66 MA 051101, 211ff.<br />

59


4.5. Eine Zeremonie im Detail<br />

Im Folgenden soll anhand einer Zeremonie, die am 8. Oktober 2001<br />

mit dem qj q´ij Martín Alvarado durchgeführt wurde, der Ablauf <strong>und</strong><br />

die verwendeten Materialen erklärt werden. Die Zeremonie wurde<br />

für eine Person abgehalten, deren Geburtszeichen Q´anil sieben ist<br />

<strong>und</strong> in diesem Jahr die Wiederkehr dieses Zeichen <strong>und</strong><br />

dementsprechender Zahlenkombination auf jenen 8. Oktober 2001<br />

fiel. Das Ziel der Zeremonie war die Stärkung der natürlichen<br />

positiven Anlagen, negative Einflüsse zu entfernen, die Person zu<br />

schützen <strong>und</strong> zu harmonisieren, um gutes Gelingen der Pläne <strong>und</strong><br />

um die Erfüllung der Wünsche zu bitten. Durchgeführt wurde die<br />

Zeremonie an dem Altar Chwiq´anchavox in der Nähe von Xela.<br />

Chwiq´anchavox bedeutet soviel wie „oben auf dem Hügel in<br />

Richtung Süden“. „Q´an“ bedeutet gelb <strong>und</strong> daher wurde der Altar<br />

mit Bedacht gewählt, da auch das Geburtszeichen der Person Q´anil<br />

ist <strong>und</strong> so einen speziellen Bezug zu diesen Altar hat. 67<br />

Verwendete Materialien:<br />

- azucar (Zucker)<br />

- ensarte (Weihrauch vermischt mit Harz <strong>und</strong> anderen Materialien)<br />

- Kerzen für die vier Kardinalpunkte in rot, schwarz, weiß <strong>und</strong> gelb<br />

- Kerzen für das Herz des Himmels <strong>und</strong> der Erde in hellblau/grün<br />

- 7 gelbe veladoras (dicke Kerzen) für den Altar<br />

- incienso puro (Weihrauch)<br />

- incienso de palito (Weihrauchäste)<br />

- bolas de tacana (Harzklumpen vermischt mit Wurzelteilen <strong>und</strong><br />

Weihrauch)<br />

- chocolate (Schokolade)<br />

67 MA e-mail vom 23.4.02<br />

60


- canela (Zimt)<br />

- pericon (Johanniskraut)<br />

- romero ( Rosmarin)<br />

- candelas de cebo (Kerzen aus Schafsfett)<br />

- ajonjolí (Sesam)<br />

- ocote (kann als „Z<strong>und</strong>er“ übersetzt werden, besteht aus dem Herz<br />

der tropischen Kiefer )<br />

- puros (Zigarren)<br />

- trago (Schnaps)<br />

- cuilco (Mischung aus Weihrauch, Myrrhe <strong>und</strong> Wurzeln) 68<br />

Abb.12.:Tienda mit Materialien für eine Zeremonie, La Democracia,<br />

Quetzaltenango, 2001.<br />

68 Übersetzungen stützen sich auf Erklärungen von Rosa Maria <strong>und</strong> Thomas Hart.<br />

61


Der Ablauf bestand aus folgenden Schritten:<br />

1. Zuerst wurde der Platz gereinigt.<br />

2. Die sieben gelben veladoras wurden am Altar entzündet, es wurde<br />

um Erlaubnis für die Zeremonie gebeten <strong>und</strong> der Dank für die<br />

Benutzung des Altars zum Ausdruck gebracht.<br />

3. Die Materialen wurden geordnet <strong>und</strong> ruhten eine Weile.<br />

4. Die Erlaubnis für die Zeremonie wurde bei den 4 Kardinalpunkten<br />

<strong>und</strong> dem Zentrum erbeten.<br />

5. Die Tagesglyphe, in diesem Fall Q´anil wurde mit dem Zucker auf<br />

den Boden gestreut.<br />

6. Jeweils 13 Kerzen wurden in der Reihenfolge Rot für den Osten,<br />

Schwarz für den Westen, Weiß für den Norden <strong>und</strong> Gelb für den<br />

Süden befestigt. Hellblaue <strong>und</strong> grüne Kerzen kamen ins Zentrum<br />

des Arrangements.<br />

7. Danach wurde ensarte auf die Zuckerlinien des Zeichens gelegt.<br />

8. In die Mitte wurden die bolas de tacana gelegt, um die Energie des<br />

Feuers zu verstärken.<br />

9. Dann wurde Incienso de palito hinzugefügt.<br />

62


10. Danach kam Incienso puro dazu.<br />

11. Das Arrangement wurde mit chocolate <strong>und</strong> canela ergänzt.<br />

12. Pericon <strong>und</strong> romero wurden angeordnet.<br />

13. Zusätzlich wurden gelbe Kerzen angeordnet (entsprechend dem<br />

Zeichen Q´anil)<br />

14. Das Gebilde war fertig für die Zeremonie:<br />

15. Die Kerzen wurden entzündet.<br />

16. Der aj q´ij rief alle großen Altäre <strong>und</strong> Zentren, Vulkane, andere<br />

wichtige Plätze <strong>und</strong> einen repräsentativen Altar der Gegend auf.<br />

17. Trago wurde das erste Mal verwendet, als aperitivo (Aperitiv) für<br />

Altar, Kreuz <strong>und</strong> die den Altar umgebenden Steine. Während dessen<br />

wurden wichtige Persönlichkeiten, Ahnen <strong>und</strong> Meister angerufen.<br />

18. Über einen längern Zeitraum wurde Nahrung für die 20 Tage (1-13)<br />

des heiligen Kalenders in Form von cuilco, die symbolisch für<br />

tortillas stehen, ins Feuer geworfen, drei Stück cuilco für jedes<br />

nawal beginnend mit dem aktuellen Tag. Während dieses Opfers<br />

wurden die wichtigsten Eigenschaften <strong>und</strong> Charakteristika des<br />

nawal genannt <strong>und</strong> um Schutz, Kraft <strong>und</strong> um die Lösung des<br />

Problems gebeten.<br />

63


19. Für die Herren der Unterwelt wurden ocote <strong>und</strong> puros als exklusive<br />

Opfergaben für Kame dargebracht.<br />

20. Im Zeichen Tz´ikin wurde der restliche incienso, Zucker <strong>und</strong> ajonjolí<br />

gemischt <strong>und</strong> als spezielle Opfergabe für das Gelingen von<br />

Herzenswünschen von der weiblichen Teilnehmerin geopfert.<br />

21. Während <strong>und</strong> nach der Nahrung für die 20 Tagesenergien wurde<br />

das Feuer genau beobachtet <strong>und</strong> interpretiert, vorher wird das<br />

Feuer für gewöhnlich nicht berührt, da es mit dem aj q´ij spricht.<br />

22. Am Ende der Zeremonie wurde den vier Kardinalspunkten, dem<br />

Herz der Erde <strong>und</strong> des Himmels für die Zeremonie gedankt <strong>und</strong> um<br />

die Annahme der Opfergaben gebeten.<br />

23. Die Dauer des gesamten Rituals, abgesehen vom Aufstieg auf den<br />

Berg wo der Altar gelegen ist, war etwa drei St<strong>und</strong>en. Die<br />

anwesenden Personen dürften den Altar nicht verlassen, bevor das<br />

Feuer völlig erloschen war.<br />

64


Abb.13.: Altar Chwiq´anchavox mit gelben veladoras, Quetzaltenango,<br />

8.10.2001.<br />

Abb.14.: Die ruhenden Materialien (ensarte), Quetzaltenango, 8.10.2001.<br />

65


Abb.15.: Die Glyphe Q´anil, Quetzaltenango, 8.10.2001.<br />

Abb.16.: Martín beim arrangieren der Kerzen, Quetzaltenango, 8.10.2001.<br />

66


Abb.17.: Ensarte auf den Zuckerlinien der Glyphe, Quetzaltenango, 8.10.2001.<br />

Abb.18.: Der aj q´ij legt die bolas de tacana in die Mitte.<br />

67


Abb.19.: Martín streut Incienso de palito aus.<br />

Abb.20.: Martín fügt Incienso puro hinzu.<br />

68


Abb.21.:Chocolate <strong>und</strong> canela wurden hinzugefügt.<br />

Abb.22.: Der aj q´ij Martín Alvarado ordnet die Kräuter pericon <strong>und</strong> romero an.<br />

69


Abb.23.: Martín fügt gelbe Kerzen für die Q´anil Zeremonie hinzu.<br />

70


Abb.24.: Das fertige Arrangement für die Zeremonie.<br />

71


Abb.25.: Die Kerzen wurden entzündet.<br />

Abb.26.: Ocote <strong>und</strong> puros werden den Herren der Unterwelt geopfert.<br />

72


Abb.27.: Der aj q´ij schürt das Feuer nach der Darbringung der<br />

Opfergaben.<br />

Wichtig ist es, in der Zeremonie natürliche Materialen zu<br />

verwenden.<br />

„Todo es natural en una ceremonia. No poner otras elementos.<br />

F<strong>und</strong>amentalmente es natural, no chemica.“ 69<br />

Der Zucker ist das erste Mittel, um die Mutter Erde mit etwas<br />

Süßem, Angenehmen, geneigt zu stimmen. Ensarte hat zwei<br />

Bedeutung, eine bezieht sich auf das Gute, das Positive, die andere<br />

bezieht sich auf die Befriedigung, auf das Positive für eine Person,<br />

für Kraft. Cuilco ist Nahrung für die Schöpfer, für die nawales. Bola<br />

69 MA 051101, 190ff.<br />

73


de tacana ist für die Kraft, darum wird es im Zentrum verwendet,<br />

für alles Positive.<br />

Die Kerzen haben einen Bezug zu den Kardinalspunkten, zum<br />

Universum. Vier Farben symbolisieren die vier Richtungen des<br />

Universums. Rot im Osten steht für Kraft <strong>und</strong> Blut; Schwarz<br />

symbolisiert den Sonnenuntergang, die Dunkelheit, Kame, den Tod;<br />

Weiß im Norden hat eine Verbindung mit dem Element Luft; Gelb<br />

im Süden steht für das Recht der Erde, für Nahrung, Natur im<br />

Sinne von Entwicklung <strong>und</strong> gutes Wachstum. Im Zentrum<br />

symbolisieren die hellblauen Kerzen das Herz des Himmels, des<br />

Universums. Die grünen Kerzen symbolisieren eine direkte<br />

Verbindung zum Zentrum, zur Erde, zur Natur. Die restlichen<br />

farbigen Kerzen, die in Zeremonien meist verwendet werden, stellen<br />

Ergänzungen dar, wie beispielsweise Rosa die Hoffnung<br />

repräsentiert. Candelas de Cebo sind aus Tierfett hergestellte<br />

Kerzen <strong>und</strong> finden als Opfergabe für die Toten Verwendung. Die<br />

Farben Rot, Schwarz, Weiß, Gelb, Grün <strong>und</strong> Hellblau sind für die<br />

meisten Zeremonien unerläßlich. Zusätzlich werden den<br />

verschiedenen farbigen Kerzen unterschiedliche Bedeutungen<br />

hinsichtlich ihrer Verwendung zugesprochen. So werden<br />

beispielsweise rote Kerzen mit Liebe in Verbindung gebracht, grüne<br />

mit Geschäften, blaue mit der Arbeit, rosa mit Ges<strong>und</strong>heit,<br />

schwarze mit Feinden, hellblaue mit Geld, lila mit Fehlern <strong>und</strong><br />

Lastern, gelbe als Schutz für Erwachsene assoziiert, weiße als<br />

Schutz für Kinder <strong>und</strong> Cebos als Schutz gegen Hexerei. Bei einer<br />

Zeremonie ist es auch üblich, die größeren <strong>und</strong> dickeren Kerzen,<br />

„veladoras“, beim Altar aufzustellen. Die Farbe richtet sich nach<br />

dem jeweiligen Tag, wobei je fünf Zeichen des heiligen Kalenders<br />

den Farben Rot, Weiß, Gelb <strong>und</strong> Schwarz zugeordnet werden.<br />

Incienso wird in erster Linie wegen seines Aromas verwendet <strong>und</strong><br />

dient dazu die Schöpfer fre<strong>und</strong>lich zu stimmen. Bolas de tocana<br />

74


symbolisieren positive Energie <strong>und</strong> Kraft, sie werden im Zentrum<br />

angeordnet. Schokolade wird verwendet um die Götter fre<strong>und</strong>lich zu<br />

stimmen, sie ist etwas Besonderes für die Gestalter <strong>und</strong> Schöpfer<br />

des Universums. Canela hat eine ähnliche Konnotation <strong>und</strong> hat ein<br />

besonderes Aroma. Pericon <strong>und</strong> romero dienen aufgr<strong>und</strong> ihres<br />

Aromas ebenfalls einem sinnesfreudigen Erlebnis <strong>und</strong> entfernen das<br />

Negative. Viele aj q´ijab´ benutzen in Zeremonien Knoblauch, um<br />

eine Person zu stärken, wenn diese sehr schwach ist.<br />

Ajonjolí ist Nahrung für die nawales Ajpu <strong>und</strong> Tz´ikin <strong>und</strong> es soll die<br />

Erfüllung der Wünsche gewährleisten, sei es Reichtum oder ein<br />

gewünschter Ehemann. Cuilco wird symbolisch als Zahlung <strong>und</strong> als<br />

Nahrung verwendet. Neben der symbolischen Gleichsetzung mit<br />

Tortillas, werden sie oft mit Geldmünzen in Zusammenhang<br />

gebracht. Ocote hat einen Bezug zu Stärke <strong>und</strong> hat eine spezielle<br />

Bedeutung für Kame, den Tod. Kame symbolisiert die neun Herren<br />

der Unterwelt, die in der Mythologie des Popol Vuh von den<br />

göttlichen Zwillingen bezwungen wurden. Sie verweilen immer im<br />

Dunkeln <strong>und</strong> brauchen Licht, deshalb benutzen sie ocote <strong>und</strong> puros<br />

als Lichtquelle, die ihnen im Ritual dargebracht werden. Viele aj<br />

q´ijab´ benutzen Puros für Heilungen oder als Gabe für Maximón.<br />

Trago oder cusha hat eine Verbindung zu den Geistern, zu den<br />

Toten <strong>und</strong> wird bei der Anrufung der Altare verwendet <strong>und</strong> zur<br />

Reinigung verwendet.<br />

Agua de florida wird ebenfalls von manchen aj q´ijab´ verwendet. Es<br />

dient zur Reinigung der Person <strong>und</strong> der Zeremonie, aber auch zur<br />

Stärkung der Personen. Agua de florida hat einen Bezug zur Hexerei<br />

<strong>und</strong> dient hier dem Schutz vor Krankheiten, vor Hexerei <strong>und</strong> heilt<br />

überdies. In manchen Gebieten werden Eier zum Heilen verwendet,<br />

um das Negative, das Kranke aus dem Körper zu holen.<br />

75


Abb.28.: Der aj q´ij Martín Alvarado während einer limpia,<br />

Esperanza, 20.11.2001.<br />

76


Die Opfergaben stellen ein Geschenk, eine Liebesbezeugung an die<br />

Götter dar. Eine Zeremonie ist an sich ein kollektiver Akt <strong>und</strong> auch<br />

die Menschen die keine guías espirituales sind, sollen Opfergaben<br />

darbringen. Während der Zeremonie machen die aj q´ijab´ bei der<br />

Nennung bestimmter Tage (Batz´, E, Aj, Ix, Tijax, Kawaq) Kreise mit<br />

ihrem vara um das Feuer, danach tun dies die Männer die keine<br />

guías sind. Das muß gegen den Uhrzeigersinn passieren, weil es<br />

symbolisch bedeutet, sich zu entwickeln im Sinne von sich<br />

entwirren. Nach dem Zeichen Kej sind die Frauen mit dem Kreisen<br />

um das Feuer dran, zuerst die aj q´ijb´. Im Zeichen Toj ist der<br />

Zeitpunkt für alle Menschen, die ihr Geburtszeichen nicht kennen,<br />

ihre Opfer darzubringen. Im Zeichen Tz´ikin wird eine Mischung aus<br />

incieno, Zucker <strong>und</strong> ajonjolí dargebracht, es ist das Zeichen durch<br />

das alles zum Blühen gebracht werden soll, was man mag. Viele<br />

bitten hier um Geld, um Reichtum, um einen Fre<strong>und</strong> oder etwas<br />

anderes das man gerne mag bzw. gerne hätte. Im Zeichen Ajmaq<br />

werden die aus Tierfett hergestellten Cebo Kerzen geopfert, obwohl<br />

es hinsichtlich des Zeitpunktes der Darbringung dieser speziellen<br />

Kerzen Variationen gibt. Das Zeichen Ajmaq hat einen Bezug zu den<br />

Ahnen <strong>und</strong> zu den ersten vier Frauen <strong>und</strong> Männern des<br />

<strong>Maya</strong>volkes, wie es in der Mythologie überliefert ist. Das Zeichen<br />

Tijax hat ebenfalls eine spezielle Bedeutung, es ist durch das<br />

sakrale Messer symbolisiert <strong>und</strong> zu diesem Zeitpunkt der<br />

Zeremonie wird gebeten, daß es unliebsame Dinge abschneiden soll,<br />

handle es sich um Krankheiten, Probleme oder sonstige<br />

unerwünschte Gegebenheiten. 70<br />

Wobei hier bei der Verwendung der Materialien speziell in Bezug auf<br />

die verwendeten Kerzen darauf hingewiesen werden muß, daß es<br />

kein streng einheitliches Konzept gibt, sondern Innovationen<br />

vorkommen. Bei obiger Beschreibung der Materialen habe ich mich<br />

in erster Linie auf die Zeremonie Q´anil sieben bezogen <strong>und</strong> die<br />

70 MA 051101, 068ff.<br />

77


Interpretationen von Martín Alvarado. Thomas weist jedoch auf die<br />

Unterschiede hin:<br />

„Every priest doing it different, there is no way to generalise what is<br />

„a <strong>Maya</strong>n ceremony“, some communities are using this material,<br />

others don’t. Also the meaning of the colours of the candles is<br />

different, green for some people is representing nature, for others<br />

money. Never generalise! Some communities are just using white<br />

candles. I mean common incense are copal, candles, alcohol. It’s so<br />

widely, some are using the candles representing the <strong>Maya</strong>n cross,<br />

red in the east, black in the west, white in the north and yellow in<br />

the south. The red representing life and blood and strength, black<br />

representing night, darkness and rest, white representing the<br />

bones, the air and the wind and yellow representing flesh of the<br />

body, the fertility of the earth, rain for instance. The elements can<br />

be included with red representing the fire, black representing the<br />

earth, white representing the air and yellow representing the water.<br />

Some <strong>Maya</strong>n priest using this stem, others don’ t.“ 71<br />

Die <strong>Maya</strong> Zeremonien stellen den offensichtlichsten Ausdruck<br />

dieses Glaubens dar. Zeremonien werden aus unterschiedlichen<br />

Motivationen abgehalten. Üblich ist es an großen Tagen (Wajxaq´ib´<br />

B´atz) kollektive Zeremonien zu veranstalten, aber ebenso werden<br />

Zeremonien für Familien oder Individuen zelebriert. Wesentlich ist,<br />

daß während der Zeremonie die Schöpfung wiederholt wird <strong>und</strong> die<br />

Dankbarkeit über das Leben zum Ausdruck gebracht wird. Erst im<br />

Zuge der dargebrachten Opfer kann im Sinne des<br />

Reziprozitätsprinzips etwas erbeten werden. Die Verstärkung des<br />

Positiven, die Reinigung von Negativem, Heilung <strong>und</strong> Schutz sind<br />

weitere Aspekte die eine Zeremonie beinhaltet. Wie wir erfahren<br />

haben, ist eine Zeremonie nicht starr geregelt, sondern läßt<br />

Variationen zu, die jedoch in gewissen Gr<strong>und</strong>prinzipien eingebettet<br />

71 TH 140901, 082ff.<br />

78


sind. Ebenso verhält es sich mit den Materialien, die sich<br />

hinsichtlich ihrer Verwendung <strong>und</strong> ihres Symbolcharakters<br />

unterscheiden können. Aller Zeremonien gemeinsames Ziel ist es<br />

aber, mit dem Göttlichen in Verbindung zu treten.<br />

In den vorangegangenen Kapiteln wurde ein Ausschnitt des Wesens<br />

von <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> gezeigt. Dabei wurde deutlich, daß <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> ein elementares Symbol ethnischer Identität darstellt<br />

<strong>und</strong> ein wichtiger Bestandteil der „Lebenswelt“ in Guatemala ist.<br />

Wesentlich ist hierbei, daß <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> nicht exakt definiert<br />

werden kann, da eine enorme Diversität innerhalb dieser Tradition<br />

vorherrscht. Die Unmöglichkeit <strong>Maya</strong> Spiritualiät zu generalisieren,<br />

zeigt sich in der Interpretation des Kalenders, in der Durchführung<br />

von Zeremonien, in den dazu verwendeten Materialien <strong>und</strong> in den<br />

Berufungserlebnissen meiner Interviewpartner sowie deren<br />

Betätigungsfeld als aj q´ijab´. Darüber hinaus ist es notwendig, die<br />

kontinuierlichen Veränderungen dieser praktizierten<br />

Glaubenstradition zu beachten. Neben der festgestellten Diversität<br />

<strong>und</strong> den kontinuierlichen Veränderungen, die in beachtlichem<br />

Maße auf Fremdeinflüsse zurückzuführen sind, ist die gleichzeitige<br />

Kontinuität der Tradition der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> bedeutend. Diese<br />

Kontinuität wurde an einer Vielzahl von Beispielen deutlich, die als<br />

„typisch“ für die <strong>Maya</strong> Tradition bezeichnet werden können <strong>und</strong><br />

sich einer Assoziation mit christlichen Elementen entziehen. Ich<br />

denke hierbei beispielsweise an die Verwendung des heiligen<br />

Kalenders <strong>und</strong> die Durchführung von Zeremonien, wobei die<br />

sichtbaren Spuren massiver Fremdeinflüsse in der Alltags- <strong>und</strong><br />

Glaubenswelt jedoch nicht übersehen werden können. Nach der<br />

Darstellung von <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong>, einigen ihrer Besonderheiten<br />

<strong>und</strong> Veränderungen, wird im folgenden Teil auf aktuelle<br />

Diskussionen über <strong>Globalisierung</strong> <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />

möglichen Auswirkungen auf <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> Bezug genommen.<br />

Zunächst soll ein Einblick in den wissenschaftlichen Diskurs<br />

gewährt werden, wobei in erster Linie Einflüsse der <strong>Globalisierung</strong><br />

79


auf traditionelle Kulturen diskutiert werden. Im darauf folgenden<br />

Kapitel möchte ich verstärkt meine Interviewpartner „sprechen“<br />

lassen, welche Auswirkungen der <strong>Globalisierung</strong>sprozeß ihrer<br />

Meinung nach auf ihre gelebte Tradition hat bzw. haben wird.<br />

Anschließend wird speziell auf neue Medien im Zusammenhang mit<br />

<strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> Bezug genommen. In diesem Kontext wird<br />

Maximón genauer betrachtet. Darauf folgt eine Darstellung über die<br />

Zukunft der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong>, wobei in erster Linie auf die<br />

Gedanken <strong>und</strong> Ideen meiner Interviewpartner eingegangen wird.<br />

Abb.29.: Thomas <strong>und</strong> Martín während einer Zeremonie, Laguna<br />

Chicabal, 10.11.2001.<br />

80


5. <strong>Globalisierung</strong>stheorien - Kultur <strong>und</strong><br />

<strong>Globalisierung</strong><br />

Die aktuelle <strong>Globalisierung</strong>sdiskussion konzentriert sich im<br />

Allgemeinen auf die zeitgenössischen wirtschaftspolitischen<br />

Entwicklungen. Fragen nach der Bedeutung der zeitgenössischen<br />

Entwicklungen für die Menschen weltweit werden innerhalb dieser<br />

Diskussion <strong>und</strong>ifferenziert beantwortet, oder aber sehr<br />

gegensätzliche Meinungen vertreten. <strong>Globalisierung</strong> vollzieht sich in<br />

den unterschiedlichsten Bereichen <strong>und</strong> Dimensionen.<br />

Länderübergreifende Finanzmärkte, transnationale<br />

Warenproduktion <strong>und</strong> deren Vermarktung, schnelle Transportmittel<br />

<strong>und</strong> elektronische Kommunikationsmedien vernetzten die Welt auf<br />

eine noch nie dagewesene Art <strong>und</strong> Weise. Das heutige Weltsystem<br />

zeigt sich uns als eine komplexe, sich überschneidende,<br />

widersprüchliche Ordnung, innerhalb derer Menschen, Waren,<br />

Kapital, Technologien, Ideen <strong>und</strong> Glaubensmanifestationen<br />

zirkulieren <strong>und</strong> wir befinden uns in einer neuen Phase dieser<br />

Entwicklung, die durch Zunahme der systematischen Kontakte,<br />

Vermischungen vieler Kulturen <strong>und</strong> weltweiter<br />

Abhängigkeitsverhältnisse charakterisiert ist. Durch neue<br />

Transportmöglichkeiten <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien scheint<br />

die Welt zu schrumpfen, zugänglich <strong>und</strong> übersichtlich zu werden<br />

<strong>und</strong> geographische Distanzen verlieren zunehmend Einfluß auf<br />

soziale <strong>und</strong> kulturelle Beziehungen. 72<br />

Breidenbach <strong>und</strong> Zukrigl vertreten die Ansicht, daß die Doktrin des<br />

Neoliberalismus <strong>und</strong> ihre <strong>und</strong>ifferenzierte Anwendung<br />

wirtschaftspolitischen Handelns zur Recht massiv kritisiert werden,<br />

72 Joana Breidenbach/Ina Zukrigl, Tanz der Kulturen. Kulturelle Identität in einer<br />

globalisierten Welt, Hamburg, 2000, S.30-33.<br />

81


jedoch die kulturelle Dimension der <strong>Globalisierung</strong> stark<br />

vernachlässigt wird. Wenn kulturelle Folgen der <strong>Globalisierung</strong><br />

überhaupt thematisiert werden, dann lediglich mit dem Ergebnis<br />

eines dramatischen Kulturverlustes. Ihrer Ansicht nach erschließt<br />

die Analyse der kulturellen <strong>Globalisierung</strong> jedoch andere Risiken<br />

<strong>und</strong> Chancen. Zudem offenbart die Einbeziehung der kulturellen<br />

Dimension, daß <strong>Globalisierung</strong> ein zu komplexes, vieldimensionales<br />

<strong>und</strong> widersprüchliches Phänomen darstellt, als daß sie pauschal als<br />

Chance oder Risiko gewertet werden kann.<br />

Menschenrechtsdebatten, Hygienestandards <strong>und</strong> Frauenrechte<br />

werden in diesem Kontext nicht beachtet <strong>und</strong> die zunehmende<br />

Akzeptanz von Idealen wie der gegenseitigen Anerkennung <strong>und</strong> des<br />

universellen Pluralismus finden keine Erwähnung. In ihrer Analyse<br />

kommen sie weiters zu der These, daß <strong>Globalisierung</strong> meist aus der<br />

Perspektive des Westens dargestellt wird. 73<br />

Elke Mader weist darauf hin, daß einige AutorInnen <strong>Globalisierung</strong><br />

mit kultureller Homogenisierung gleichsetzen <strong>und</strong> eine weltweite<br />

Kulturschmelze unter der Herrschaft US-amerikanischer<br />

Konsumkultur prognostizieren. Andere AutorInnen sprechen<br />

hingegen von einer neuen Vielfalt <strong>und</strong> einer stärkeren<br />

Differenzierung kulturellen Lebens.<br />

„Die neue Vielfalt beruht zum einen auf dem Neben- <strong>und</strong><br />

Miteinander von unterschiedlichen Lebenspraktiken <strong>und</strong><br />

Bedeutungssystemen an einem Ort, etwa in den postkolonialen<br />

Metropolen. Zum anderen beruht sie auf Prozessen der<br />

Hybridisierung, der Vermischung von Kulturelementen <strong>und</strong> der<br />

73 Vgl. Breidenbach/Zukrigl, Tanz der Kulturen, S.13-17.<br />

82


Entstehung neuer kultureller <strong>und</strong> sozialer Formen, die aus der<br />

Interaktion von verschiedenen Kulturen erwachsen.“ 74<br />

Sie zeigt weiters auf, daß diese Fragestellungen mit kulturellen<br />

Begegnungen <strong>und</strong> Konflikten, mit Verflechtungen <strong>und</strong><br />

Abgrenzungen sowie mit dem Verhältnis von Kultur, Raum <strong>und</strong><br />

Macht in Zusammenhang stehen <strong>und</strong> viel älter als die<br />

<strong>Globalisierung</strong> <strong>und</strong> ihre wissenschaftliche Analyse sind. Diese<br />

Phänomene beruhen auf der Beweglichkeit von Menschen, Ideen<br />

<strong>und</strong> Objekten, ein Charakteristikum aller Gesellschaften seit dem<br />

Beginn der Menschheitsgeschichte, denn bereits vor der<br />

europäischen Expansion zu Beginn der Neuzeit bestanden intensive<br />

Verbindungen zwischen geographisch weit entfernten Gebieten. Das<br />

imperiale Machtstreben <strong>und</strong> damit einhergehende Entwicklungen,<br />

wie beispielsweise die moderne Geographie, bildeten lediglich die<br />

Basis für <strong>Globalisierung</strong> im engeren Sinne. Kulturen waren daher<br />

nie geschlossene Systeme mit gleichbleibenden, gemeinsamen<br />

Merkmalen, sondern veränderten sich laufend <strong>und</strong> beeinflußten<br />

sich wechselseitig. Angesichts dieser Betrachtungsweise waren<br />

Kulturen immer schon hybrid. Dies zeigt sich auch im religiösen<br />

Bereich, wobei viele Religionen, wie beispielsweise das Christentum,<br />

die Einzigartigkeit <strong>und</strong> Reinheit ihrer Lehren betonen, jedoch<br />

entstanden alle Religionen aus anderen religiösen Konzepten <strong>und</strong><br />

wurden lediglich vermischt <strong>und</strong> neuinterpretiert. Elke Mader weist<br />

weiters darauf hin, daß auch Homogenisierung nichts neues ist, da<br />

politische <strong>und</strong> kulturelle Gefüge, die über einen längeren Zeitraum<br />

große Regionen <strong>und</strong> verschiedene Lokalkulturen beherrschen,<br />

immer ein gewisses Maß an Homogenisierung bewirken. Das gilt für<br />

die <strong>Globalisierung</strong> ebenso, wie für den Kolonialismus, den<br />

74 Elke Mader, Kulturelle Verflechtungen. Hybridisierung <strong>und</strong> Identität in<br />

<strong>Lateinamerika</strong>, IN: Borsdorf Axel/Stätter Johann (Hg.), <strong>Lateinamerika</strong> im<br />

Umbruch. Geistige Strömungen im <strong>Globalisierung</strong>sstress, IGS Innsbrucker<br />

Geographische <strong>Studien</strong> 12, Bd. 32, Innsbruck 2001, S. 77.<br />

83


Hellenismus, das römische Reich oder lateinamerikanische<br />

Imperien der präkolumbischen Epoche (z.b. Inka, <strong>Maya</strong>). 75<br />

In krassen Gegensatz dazu steht die Beschreibung der<br />

Auswirkungen der <strong>Globalisierung</strong> in einem Artikel von Jeremy<br />

Seabrook. Für ihn beinhaltet die Gegenwart mächtigerer<br />

Technologien, die englische Sprache <strong>und</strong> der Glanz <strong>und</strong> Reichtum<br />

der westlichen Bilderwelt ein transzendentes Versprechen <strong>und</strong> läßt<br />

traditionelle Kulturen als minderwertig erscheinen. Er befürchtet<br />

eine Vereinheitlichung, auch wenn äußere Erscheinungen wie<br />

Sprache, Glaubensvorstellungen <strong>und</strong> kulturelle Manifestationen<br />

gleich bleiben, da für ihn eine Veränderung von innen her erfolgt.<br />

Er betrachtet die kulturelle Vielfalt genauso gefährdet wie die<br />

biologische Vielfalt <strong>und</strong> zwar aus den selben Gründen.<br />

„Nicht die Theorie der <strong>Globalisierung</strong> bedroht die Menschheit. Ihre<br />

kulturelle Kraft bezieht sie aus ihrer Praxis, ihrer produktiven<br />

Kapazität <strong>und</strong> aus einer Ideologie, die mit Hilfe einer Symbolsprache<br />

der Hoffnung propagiert wird, mit Bildern der Fülle, die den Armen<br />

der Welt Befreiung verheißen.“ 76<br />

Elke Mader erwähnt jedoch auch, daß Kulturen keine einmaligen<br />

<strong>und</strong> voneinander getrennte Einheiten darstellen <strong>und</strong> betont, daß<br />

neuere Konzepte von Kultur den Veränderungen in einer<br />

globalisierten Welt Rechnung tragen sollen. 77<br />

75 Mader, Kulturelle Verflechtungen, S. 77.<br />

76 Jeremy Seabrook, Unsere gefangenen Herzen befreien, IN: Südwind Nr. 3, März<br />

2002, 23. Jahrgang, Wien, S. 31.<br />

77 Elke Mader, Kultur, Raum <strong>und</strong> Macht im Schamanismus der Shuar, Gast<br />

Vortrag am EHES, Paris, Jänner 2001.<br />

84


„Kultur wird immer beweglicher <strong>und</strong> ist immer weniger an einen<br />

spezifischen Raum geb<strong>und</strong>en. Einzelne Kulturen sind also nicht nur<br />

in bestimmten Regionen zu finden, sondern manifestieren sich als<br />

kulturelle Ströme bzw. Bewegungen ..., die transnationale oder<br />

globale Vernetzungen zum Ausdruck bringen.“ 78<br />

Joana Breidenbach <strong>und</strong> Ina Zukrigl argumentieren in ähnlicher<br />

Weise <strong>und</strong> deuten darauf hin, daß bei einer Analyse der kulturellen<br />

Dimensionen der <strong>Globalisierung</strong> nicht nur von einem dynamischen<br />

Gesellschaftsbild ausgegangen werden muß, sondern auch ein<br />

holistisches Kulturverständnis als Gr<strong>und</strong>lage der Untersuchung<br />

dienen soll.<br />

„Kultur, verstanden als symbolisch-expressiver Aspekt<br />

menschlichen Verhaltens, ist nicht nur in subjektiven Werten,<br />

Ideen, Weltbildern <strong>und</strong> kulturellen Bedeutungen verankert, sondern<br />

auch Teil objektiven, beobachtbaren Verhaltens, der Sprache, von<br />

Wirtschafts- <strong>und</strong> Gesellschaftsformen. Kultur ist untrennbar mit<br />

dem sozialen Leben verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> kein, wie so oft angenommen,<br />

getrennter oder gar nebensächlicher Bereich.“ 79<br />

Auch Seabrook betrachtet Kulturen als lebendig:<br />

„.. sie erleben Aufstieg <strong>und</strong> Niedergang, beeinflussen andere <strong>und</strong><br />

borgen von ihnen. Aber an ihrer Wurzel brauchen sie einen<br />

zugr<strong>und</strong>eliegenden Glauben oder Mythos, der ihren Ritualen <strong>und</strong><br />

Festen, der stets erneuten Bestätigung ihrer eigenen Identität<br />

Bedeutung <strong>und</strong> Zusammenhang verleiht.“ 80<br />

78 Mader, Kulturelle Verflechtungen, S. 77.<br />

79 Breidenbach/Zukrigl, Tanz der Kulturen, S. 24.<br />

80 Seabrook, Unsere gefangenen Herzen befreien, S. 32.<br />

85


Der Mythos der <strong>Globalisierung</strong> lautet für ihn: Beherrschung der<br />

Natur, technischer Fortschritt <strong>und</strong> ökonomische Vernunft.<br />

Seabrook verlangt in seinem Artikel nach einer Alternative, diese<br />

wird „aus den verheerenden Folgen der <strong>Globalisierung</strong> <strong>und</strong> ihres<br />

Todestanzes entstehen. Ein Internationalismus, der andere<br />

Lebensweisen achtet <strong>und</strong> sie nicht bloß vermarktet, eine Vielfalt der<br />

Wege, menschlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, anstatt des<br />

Zwangs, sich in die weltweite Wirtschaftsmaschine einzugliedern;<br />

eine Re-Sakralisierung der Elemente, ohne die kein Leben möglich<br />

ist. ... Wenn heute anerkannt wird, daß die verschmutzten<br />

Landstriche, die verseuchten Böden <strong>und</strong> die vergiftete Luft saniert<br />

<strong>und</strong> wiederhergestellt werden müssen, dann muß dies noch weit<br />

mehr für unsere verkümmerte Menschlichkeit gelten.“ 81<br />

Die Autorinnen Breidenbach <strong>und</strong> Zukrigl verweisen darauf, daß<br />

multikulturelle Einflüsse als selbstverständlicher Teil unseres<br />

Alltagslebens wahrgenommen werden können. Wenn man unsere<br />

eigene Lebenswelt betrachtet, ist es nichts außergewöhnliches,<br />

Sushi zu essen, lateinamerikanische Tänze zu tanzen <strong>und</strong> eventuell<br />

schamanische Seminare zu besuchen. Für Breidenbach <strong>und</strong> Zukrigl<br />

stellt sich die Frage, wie Menschen durch diese Vernetzung ihre<br />

Denkweise ändern <strong>und</strong> wie sie das Fremde in ihr eigenes Leben<br />

integrieren:<br />

„<strong>Globalisierung</strong> benennt dabei den sich ständig verändernden<br />

Prozeß der Vernetzung, den wir gestalten können <strong>und</strong> müssen.“ 82<br />

Für die Autorinnen verändert sich durch den vermehrten<br />

Kulturkontakt nicht nur Altes, es entsteht auch Neues <strong>und</strong><br />

Elemente aus verschiedenen Kulturen gehen ungewohnte<br />

81 Seabrook, Unsere gefangenen Herzen befreien, S. 32.<br />

82 Breidenbach/Zukrigl, Tanz der Kulturen, 2000, S. 11.<br />

86


Kombinationen miteinander ein, so daß neue Lebensformen<br />

entstehen. 83<br />

„Im System der Kulturen gehen Homogenisierung <strong>und</strong><br />

Differenzierung miteinander einher <strong>und</strong> bedingen sich gegenseitig.<br />

Die Welt wird sich zum einen immer ähnlicher, zum anderen immer<br />

unterschiedlicher.“ 84<br />

Für Jeremy Seabrook hingegen hat <strong>Globalisierung</strong> nichts mit<br />

Pluralismus oder Vielfalt zu tun:<br />

„Ihre Kultur ist eine Monokultur ..., denn sie reduziert die Fülle des<br />

Lebens auf der Erde auf eine Ansammlung von Waren – daher sind<br />

die 20.000 Artikel auf den Supermarktregalen auch keine Vielfalt“. 85<br />

Der Meinung von Breidenbach <strong>und</strong> Zukrigel nach entsteht ein<br />

Bewußtsein einer Welt anzugehören, diese Kollektiverfahrung die<br />

allen Menschen gemeinsam ist, stellt das bahnbrechend Neue an<br />

der zeitgenössischen Phase der <strong>Globalisierung</strong> für sie dar:<br />

“Das zunehmende Bewußtsein, Teil eines größeren Ganzen zu sein,<br />

das wiederum selbst nur Teil von etwas Umfassenderem ist,<br />

durchzieht alle Lebens- <strong>und</strong> Wissensbereiche.“ 86<br />

An dieser Stelle komme ich allerdings nicht umhin zu bemerken,<br />

daß viele praktizierte außereuropäische Glaubensformen nicht erst<br />

die <strong>Globalisierung</strong> benötigten, um sich als Teil von etwas<br />

83 Breidenbach/Zukrigl, Tanz der Kulturen, S.81.<br />

84 Ebenda S.93.<br />

85 Seabrook, Unsere gefangenen Herzen befreien, S. 31.<br />

86 Breidenbach/Zukrigl, Tanz der Kulturen, S.34.<br />

87


Umfassenderem Ganzen zu erfahren. Ich hoffe, dies wird auch in<br />

meiner Darstellung über <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> deutlich!<br />

Elke Mader stellte in ihren Arbeiten über Schamanismus in<br />

<strong>Lateinamerika</strong> fest, daß in vielen Regionen <strong>Lateinamerika</strong>s<br />

Schamanismus eine Zone transkultureller Verflechtungen darstellt,<br />

in welcher Akteure verschiedener Kulturen durch Lehr- oder<br />

Tauschbeziehungen sowie durch Allianzen miteinander verb<strong>und</strong>en<br />

sind. Im Zuge dieser Beziehungen <strong>und</strong> Transaktionen werden<br />

verschiedene spirituelle Elemente von fremden Kulturen<br />

übernommen <strong>und</strong> in das eigenen kognitive <strong>und</strong> kulturelle Gefüge<br />

integriert. Diese Vernetzung verschiedener indianischer<br />

Regionalkulturen bestand bereits in präkolumbischer Zeit. An<br />

dieser Stelle sei an die zahlreichen klassischen Staaten in den <strong>Maya</strong><br />

Gebieten verwiesen, die weitläuftige Handelsbeziehungen hatten. 87<br />

Die Akteure verbinden ihre indianischen Traditionen mit religiösen<br />

<strong>und</strong> medizinischen Systemen europäischer oder afrikanischer<br />

Herkunft <strong>und</strong> durch die verbesserten Möglichkeiten des Reisens in<br />

der heutigen Zeit werden sie weiter ausgedehnt <strong>und</strong> intensiviert.<br />

Weiters stellt sie fest, daß die spanische Kolonialherrschaft eine<br />

Dichotomisierung zwischen den dominanten europäischen<br />

Traditionen <strong>und</strong> den indianischen Traditionen etablierte. Dieses<br />

Spannungsverhältnis zwischen Schamanismus <strong>und</strong> Christentum ist<br />

heute noch präsent. Während jedoch Schamanen viele Elemente<br />

des Christentums in ihr Weltbild integrierten, grenzen sich Priester<br />

vehement von den Indianischen Traditionen ab. 88 Diese Tatsache<br />

konnte ich auch während meiner Feldforschung in Guatemala<br />

beobachten, wobei bei vielen ladinos die dem christlichen Glauben<br />

zugeneigt sind, die <strong>Maya</strong> Zeremonien, bei denen zu speziellen<br />

Anlässen Tiere geopfert werden, noch immer ablehnend mit Hexerei<br />

in Zusammenhang gebracht werden.<br />

87 Vgl. dazu Nikolai Grube (Hg.), <strong>Maya</strong>. Gottkönige im Regenwald, S. 40-66.<br />

88 Mader, Reisende zwischen den Welten, S.1.<br />

88


Mader weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß<br />

<strong>Lateinamerika</strong> seit vielen Jahrh<strong>und</strong>erten Raum für vielfältige<br />

kulturelle Interaktionen ist.<br />

„Dabei kam es im Lauf der Geschichte immer wieder zu<br />

Verschmelzung, zu Synkretismus <strong>und</strong> Hybridisierung aber auch zu<br />

Abgrenzung im Sinne eines Anti-Synkretismus, der die Differenz<br />

zwischen verschiedenen kulturellen oder religiösen Traditionen<br />

hervorhebt.“ 89<br />

Elke Mader, die sich intensiv mit der Kultur der Shuar beschäftigt<br />

hat, stellt hierbei fest, daß diese Kultur seit 50 Jahren durch eine<br />

verstärkte Hybridisierung gekennzeichnet ist, die sich unter<br />

anderem im Rahmen der materiellen Kultur<br />

(Gebrauchsgegenstände, Kleidung, Architektur), der religiösen<br />

Praktiken (Schamanismus, Parallelismus <strong>und</strong> Synkretismus mit<br />

katholischen <strong>und</strong> evangelikalen Lehrern) <strong>und</strong> der politischen<br />

Institutionen (Föderationen) manifestiert:<br />

„Mit diesen Prozessen geht eine stärkere Artikulation ethnischer<br />

Identität Hand in Hand, die mit Forderungen nach territorialen<br />

Rechten, nach mehr Selbstbestimmung <strong>und</strong> nach Akzeptanz der<br />

indigenen Kultur verb<strong>und</strong>en ist.“ 90<br />

Während ihrer Arbeit in Ecuador kam Elke Mader zu der<br />

Erkenntnis, daß die Shuar-Schamanen verschiedene Traditionen in<br />

ihrem Umfeld kennen, die einen diversifizierten symbolischen Raum<br />

<strong>und</strong> ein Gefüge von Machtfeldern darstellen, mit welchen sie<br />

89 Mader, Kulturelle Verflechtungen, S. 78.<br />

90 Ebenda S. 78.<br />

89


ständig interagieren (andere schamanische Traditionen aus dem<br />

Amazonasgebiet, dem Andenraum <strong>und</strong> der Pazifikküste,<br />

Christentum, Magie, Naturheilk<strong>und</strong>e). Im Zuge der <strong>Globalisierung</strong><br />

kommen sie darüber hinaus mit neuen Ideen <strong>und</strong><br />

Glaubensvorstellungen in Kontakt: Mit asiatischen Traditionen wie<br />

Hinduismus, Yoga <strong>und</strong> Buddhismus oder auch der Inglesia Nativa<br />

(Native American Church), in deren Rahmen religiöse Konzepte<br />

nordamerikanischer Indianer momentan in <strong>Lateinamerika</strong> weit<br />

verbreitet werden <strong>und</strong> sich mit lokalen schamanischen Traditionen<br />

vermischen, ebenso bekommen sie von dem Gedankengut des New<br />

Age <strong>und</strong> des Neo-Schamanismus Kenntnis. 91<br />

Meine Forschungsergebnisse aus Guatemala schließen an diese<br />

Diskussionen an: Thomas Hart, der als praktizierender aj q´ij in<br />

Guatemala lebt <strong>und</strong> irischer Herkunft ist, verkörpert alleine durch<br />

diese Tatsache ein Beispiel der Umgestaltung einer neuen<br />

kulturellen Identität. Über die spirituelle Tradition der <strong>Maya</strong> sagt er:<br />

„There are always local variations. Diversity exists, diversity is the<br />

richness of the whole tradition.“ 92<br />

Mario Matinéz identifiziert sich zum einem mit seiner Funktion als<br />

aj q´ij <strong>und</strong> läßt zum anderem Elemente der Chiropraktik in seine<br />

Arbeit einfließen, arbeitet mit Heilpflanzen die über die botanische<br />

Herkunft Guatemalas hinausreichen <strong>und</strong> bedient sich der<br />

westlichen Astrologie bei der Interpretation der Geburtszeichen<br />

gemäß des <strong>Maya</strong> Kalenders. 93 Rosa Maria hingegen führte ein<br />

Zeitungsartikel über die Lehre von Sai Baba viele Male nach Indien<br />

in dessen Ashram. Seine Lehren verbindet sie problemlos mit der<br />

<strong>Maya</strong> Tradition <strong>und</strong> erkennt gr<strong>und</strong>legende Prinzipien in vielen<br />

91 Mader, Kulturelle Verflechtungen, S. 81.<br />

92 TH 140901, 150ff.<br />

93 MM171101, 120ff.<br />

90


verschiedenen Glaubensmanifestationen. Sie bezeichnet viele<br />

Manifestationen innerhalb der <strong>Maya</strong> Tradition mit Wörtern, die aus<br />

der indischen Philosophie bekannt sind <strong>und</strong> Reinkarnation stellt für<br />

sie eine Selbstverständlichkeit dar. In ihrem Geschäft in Antigua<br />

verkauft sie indianische Kräuter, Bach Blüten, die ursprünglich aus<br />

England stammen, Duftöle <strong>und</strong> indische Räucherstäbchen <strong>und</strong> ein<br />

Feng-shui Spielgel hängt zierend über ihrem Arbeitsplatz, direkt<br />

neben einer aus Holz geschnitzten <strong>Maya</strong>-Glyphe eines<br />

guatemaltekischen Künstlers. In ihrer Interpretation eines „<strong>Maya</strong><br />

Horoskopes“ finden sich neben der traditionellen Interpretation<br />

auch Hinweise auf Farbsymbolik, Numerologie, eine Bach Blüten<br />

Empfehlung <strong>und</strong> Elemente der Edelsteink<strong>und</strong>e. Don Alejandro<br />

Cirilo Perez Oxlaj ist der Lehrer von Rosa Maria <strong>und</strong> einer der<br />

Führer des „<strong>Maya</strong>n Council of Elders in Guatemala“. Er ist wohl<br />

einer der am weitest gereisten spirituellen <strong>Maya</strong> Autoritäten von<br />

Guatemala, zahlreiche Reisen führten ihn in die USA <strong>und</strong> nach<br />

Europa, um seine Botschaft an die Menschheit zu verkünden. 94<br />

In diesem Zusammenhang stellte Elke Mader fest, daß sich im<br />

Zeitalter der <strong>Globalisierung</strong> eine weitere Dimension des<br />

schamanischen Reisens eröffnet hat. Und zwar die Reisen von<br />

Schamanen, Schamaninnen <strong>und</strong> anderer spiritueller Führer zu<br />

Seminaren nach Europa, Nordamerika <strong>und</strong> andere Teile der Erde.<br />

Schamanen aus <strong>Lateinamerika</strong> <strong>und</strong> von anderen Kontinenten<br />

stellen in Europa heute einen fixen Bestandteil des Angebots an<br />

Seminaren, Vorträgen oder Workshops für spirituell interessierte<br />

Menschen dar. Die Verbreitung schamanischer Ideen <strong>und</strong> Praktiken<br />

sind Bestandteil der Diversifizierung von religiösen <strong>und</strong><br />

medizinischen Aktivitäten in westlichen Industrieländern seit den<br />

70er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts. Neben dem Anteil „richtiger“<br />

Schamanen, die in einer schamanischen Tradition sozialisiert<br />

wurden <strong>und</strong> eine dementsprechende Ausbildung <strong>und</strong> Initiation<br />

94 RC 060901, 017ff.<br />

91


durchliefen, sind Personen präsent, die als Praktizierende des Neo-<br />

Schamanismus betrachtet werden können. Elke Mader spricht in<br />

diesem Zusammenhang auch von spirituellem Tourismus. 95<br />

Breidenbach <strong>und</strong> Zukrigl weisen in diesem Zusammenhang darauf<br />

hin, daß einige dieser spirituellen Führer sich als Vertreter ihrer<br />

jahrh<strong>und</strong>ertealten Glaubensrichtung verstehen, die sie in ihrer<br />

traditionellen Form vermitteln <strong>und</strong> weiter geben wollen. Andere<br />

entwickeln hingegen eine Synthese verschiedener Religionen,<br />

Weltbilder <strong>und</strong> Traditionen, mit welcher sie in erster Linie den<br />

Bedürfnissen der spirituell orientierten Menschen in<br />

Industrieländern gerecht werden wollen. 96<br />

Elke Mader kommt in ihren Arbeiten zu dem Ergebnis, daß<br />

Hybridisierung <strong>und</strong> Identität sich in <strong>Lateinamerika</strong> als Teil<br />

vielschichtiger kultureller Interaktionsprozesse präsentieren, die in<br />

verschiedenen Kontexten immer wieder anders gestaltet werden:<br />

„Sie nehmen einen wichtigen Platz in größeren historischen<br />

Prozessen ein, welche kulturelle Verflechtungen bedingen <strong>und</strong><br />

strukturieren. So bilden etwa Kolonialismus <strong>und</strong> <strong>Globalisierung</strong><br />

Rahmenbedingungen von Hybridisierung, die unter bestimmten<br />

Machtverhältnissen erfolgt <strong>und</strong> auch mit der Abwertung oder<br />

Zerstörung lokaler kultureller Gefüge einhergehen kann.<br />

Hybridisierung trägt in diesem Zusammenhang oft die Züge von<br />

erzwungener Anpassung an eine dominante Kultur mit<br />

hegemonialen Ansprüchen. In solchen Situationen kommt es häufig<br />

zu einer neuen Definition von lokaler Identität <strong>und</strong>/oder Ethnizität<br />

<strong>und</strong> zu Prozessen der Abgrenzung, die oft mit einer<br />

(Rück)Besinnung auf eigenständige <strong>und</strong> somit auch widerständige<br />

kulturelle Traditionen verb<strong>und</strong>en sind. Hybride kulturelle<br />

Situationen (Situationen, die durch intensiven Kulturkontakt<br />

95 Mader, Reisende zwischen den Welten, S. 7-8.<br />

96 Breidenbach/Zukrigl, Tanz der Kulturen, S. 155-156.<br />

92


gekennzeichnet sind) stellen aber auch ein großes kreatives<br />

Potential dar. Elemente des Eigenen <strong>und</strong> des Fremden verbinden<br />

sich zu neuen symbolischen Formen <strong>und</strong> Praktiken, sie bilden im<br />

Sinne von Eric Wolf „kulturelle Baukästen“, aus denen sich<br />

bestimmte menschliche Akteure unter bestimmten historischen<br />

Verhältnissen bedienen. ... Hybridisierung steht immer in<br />

Zusammenhang mit einer Umgestaltung <strong>und</strong> einer neuen Definition<br />

von kultureller Identität. Das Verhältnis zwischen dem Eigenen <strong>und</strong><br />

dem Fremden wird dabei von verschiedenen Faktoren bestimmt: Bei<br />

seiner Analyse muß der asymmetrische Charakter der Beziehungen,<br />

die oft Teil eines Herrschaftsverhältnisses bilden, in Betracht<br />

gezogen werden, aber auch die aktive Rolle aller Beteiligten bei der<br />

Gestaltung <strong>und</strong> Instrumentalisierung kultureller Verflechtungen.“ 97<br />

Es kann zusammenfassend gesagt werden, daß Kulturen <strong>und</strong> die<br />

damit einhergehenden Glaubensmanifestationen historisch gesehen<br />

immer Wandlungen <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Neuerungen<br />

unterworfen waren. Aus diesem Gr<strong>und</strong> kann das Phänomen der<br />

<strong>Globalisierung</strong> nicht als etwas Neues betrachtet werden. Der<br />

Zusammenstoß verschiedener Kulturen verlief meist unter dem<br />

Aspekt von unausgewogenen Machtverhältnissen. Die Menschen,<br />

die den Repressalien der einflußstärkeren Kultur ausgesetzt waren,<br />

entwickelten jedoch zahlreiche Strategien ihre Kulturelemente zu<br />

tradieren. Dieser als kreativ zu betrachtende Prozeß führte zu<br />

zahlreichen hybriden Erscheinungsformen. Dieser Prozeß kann<br />

einerseits als Anpassungsprozeß betrachtet werden, andererseits<br />

jedoch als Prozeß des Widerstandes verstanden werden. Wesentlich<br />

dabei ist, daß die Beteiligten diesen Prozeß selbst aktiv <strong>und</strong> kreativ<br />

gestalten. Es bleibt anzunehmen, daß diese Begebenheiten nicht<br />

lediglich zu einer Homogenisierung führen, sondern vielmehr ein<br />

Spektrum neuer Vielfalt ermöglichen.<br />

97 Mader, Kulturelle Verflechtungen, S. 82-83.<br />

93


Diese Vielfalt beruht in Guatemala zu einem Teil auf der Diversität<br />

der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> an sich <strong>und</strong> zum anderen auf Einflüssen von<br />

Außen. Dies drückte ein aj q´ij aus Guatemala mit folgenden Worten<br />

aus:<br />

„ ... ni entender de dónde viene o hacia dónde va, así suele ser<br />

nuestra diversidad, nuestra diferencia, nuestra potencialidad y<br />

nuestra riqueza cultural en Guatemala. ... la diversidad no es<br />

pobreza sino riqueza y, que, la naturaleza misma es el primer<br />

ejemplo de realidad diversa, multiforme y multicolor, y porque es<br />

diversa, es ùnica y fenomenal.“ 98<br />

5.1. Modernisierung = Kommerzialisierung?<br />

„Wandel ist das einzig Beständige.“ 99<br />

Die <strong>Maya</strong> Spiritualiät verfügte bereits in ihrer klassischen Periode<br />

über eine gewisse Diversität, die sich in verschiedenen Kleinstaaten<br />

unterschiedlich manifestierte. Bedeutende Fürstentümer wie<br />

beispielsweise Tikal oder Calakmul hatten verschiedene Herrscher,<br />

die ihre göttliche Herkunft in den Vordergr<strong>und</strong> stellten. Der König<br />

war Vermittler <strong>und</strong> Fürsprecher der Gemeinschaft <strong>und</strong><br />

kommunizierte mit den Göttern. 100 Trotz elementarer<br />

Gemeinsamkeiten gab es lokale Unterschiede in den<br />

Glaubensmanifestationen. Beispielsweise unterschied sich die<br />

spezifische Rolle der Götter hinsichtlich der vorherrschenden<br />

dynastischen Politik <strong>und</strong> der lokalen Ideologie. Im Laufe der Zeit<br />

98 UXE´AL PIXAB´ RE KÍCHE´ AMAQ´,S. 14.<br />

99 Breidenbach/Zukrigl, Tanz der Kulturen, S.37.<br />

100 Grube (Hg.), <strong>Maya</strong>, S. 150-152.<br />

94


verschmolzen gelegentlich zwei oder mehrere Gottheiten zu einem<br />

einzigen Wesen, wie beispielsweise der Blitzgott k´awill <strong>und</strong> der<br />

Regengott chaak. 101 Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde deutlich,<br />

daß einerseits gemeinsame Gr<strong>und</strong>normen vorherrschten, sich<br />

jedoch lokal sehr unterschiedlich manifestierten.<br />

Eine weitere massive Beeinflussung erfuhr die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong><br />

durch die Konfrontation mit dem christlichen Glauben, welchen die<br />

Europäer bei ihrer „Eroberung“ des lateinamerikanischen<br />

Kontinentes mitbrachten. Das erste Mal trafen <strong>Maya</strong> <strong>und</strong> Europäer<br />

im Jahre 1502 zusammen <strong>und</strong> zwar als Kolumbus während seiner<br />

zweiten Reise auf ein Handelsboot der <strong>Maya</strong> stieß. 1511 landeten 13<br />

schiffbrüchige Spanier auf der Halbinsel Yucatan. Nach zahlreichen<br />

Expeditionen an die Küste von Yucatan wandten sich die Eroberer<br />

1521 südlicheren Gebieten zu. In diesem Jahr schwächte eine<br />

eingeschleppte Pockenepidemie die <strong>Maya</strong> des guatemaltekischen<br />

Hochlandes <strong>und</strong> raffte etwa ein Drittel der Bevölkerung hinweg, im<br />

Februar 1524 gelang es Pedro de Alvarado in kurzer Zeit Städte im<br />

Hochland von Guatemala einzunehmen. 102 Mit den spanischen<br />

Invasoren hielt die christliche Mission Einzug <strong>und</strong> die Kosmovision<br />

der <strong>Maya</strong> wurde seit diesem Zeitpunkt verteufelt. Durch Begegnung<br />

der christlichen Botschaft mit altamerikanischen<br />

Glaubensmanifestationen kam es zu einem Phänomen:<br />

„Katholische Symbole treffen auf animistische Riten, christliche<br />

Erlösungsbotschaft stößt auf das zyklische Denken<br />

präkolumbischer Hochkulturen, kirchliche Dogmatik reibt sich am<br />

mythologischen Weltbild.“ 103<br />

101 Grube (Hg.), <strong>Maya</strong>, S.266.<br />

102 Grube, Maismenschen, S.56.<br />

103 Allebrand, Renaissance der <strong>Maya</strong>, S.117.<br />

95


Die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> wurde aufgr<strong>und</strong> der Repressionen der<br />

Spanischen Eroberer über 500 Jahre lang isoliert <strong>und</strong> vor den<br />

Weißen versteckt. Die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> versteckt zu halten war<br />

eine Überlebensstrategie. Eine wichtige Funktion der<br />

Dorfgemeinschaft im Verlauf der Kolonialzeit war die Stiftung von<br />

Identität. Im Dorfleben fand das gemeinschaftliche Leben statt,<br />

Agrarland wurde als kollektive Körperschaft gehalten <strong>und</strong> alle<br />

wichtigen Feste wurden gemeinsam begangen. Diese Fähigkeit,<br />

Anpassungsmechanismen <strong>und</strong> Strategien eines kollektiven<br />

Überlebens zu entwickeln, ermöglichte es den Menschen in den<br />

<strong>Maya</strong> Dörfern vorspanische Strukturen bis in die Gegenwart zu<br />

bewahren. Dies umfaßt vor allem religiöse<br />

Glaubensmanifestationen. Gegen die Übermacht der Spanier <strong>und</strong><br />

später, nach der staatlichen Unabhängigkeit, gegen die Ladinos,<br />

wurde die Macht <strong>und</strong> Zauberkraft der alten Götter eingesetzt.<br />

Hierbei kam es zu dem Phänomen des Synkretismus, wobei die<br />

alten Götter häufig in Gestalt christlicher Heiliger verehrt <strong>und</strong><br />

Zeremonien heimlich durchgeführt wurden. Bei diesem Prozeß<br />

wurden Elemente der europäischen Kultur integriert, um die<br />

kulturelle Identität der <strong>Maya</strong> zu wahren. Diese Lebensweise hat<br />

wesentlich zum Überleben der <strong>Maya</strong> beigetragen. 104 Dieses religiöse<br />

Phänomen schließt jedoch auch die soziale <strong>und</strong> politische Ebene<br />

mit ein, so wie bereits in der klassischen Zeit der <strong>Maya</strong> die Rolle des<br />

Herrschers ein Geflecht von politischer <strong>und</strong> religiöser Macht<br />

darstellte.<br />

„Der politische Diskurs der <strong>Maya</strong>, anders als der europäische,<br />

inszeniert politische Anliegen auf einer religiösen Bühne <strong>und</strong><br />

verwendet dabei eine vorspanische Symbolik. Die Reflexionen über<br />

Macht im Rahmen religiöser Symbole hat eine jahrtausendalte<br />

<strong>Maya</strong>-Tradition <strong>und</strong> ist ebenfalls ein Zeichen kultureller<br />

Kontinuität.“ 105<br />

104 Grube, Maismenschen, S.59-60.<br />

105 Ebenda S.60.<br />

96


In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, daß Religion bzw.<br />

<strong>Spiritualität</strong> nicht als isolierter Aspekt betrachtet werden kann,<br />

sondern mit Kosmovision, sozialer Realität <strong>und</strong> Politik verflochten<br />

ist.<br />

Einen weiteren Einbruch in die Ausübung dieser traditionellen<br />

Glaubensrichtung stellte das Kriegsgeschehen von den 60er bis in<br />

die 90er Jahre da, das genozidartige Ausmaße annahm. In den<br />

Kriegsjahren wurden viele Gemeinschaften zerstört <strong>und</strong> viele<br />

Menschen mußten ihre Heimat verlassen. Durch den verloren<br />

gegangenen Kontakt zu den Gemeinschaften kam es zu der größten<br />

Diskontinuität seit dem Zeitpunkt der Eroberung durch die<br />

Spanier. Viele Älteste lebten in den Bergen <strong>und</strong> viele spirituelle <strong>und</strong><br />

politische Führer wurden ermordet. Ein großer Teil des Wissens<br />

über Traditionen ging dadurch während des Krieges verloren. 106<br />

Im Vorfeld des Kolumbusjahres 1992 enstanden jedoch mehr <strong>und</strong><br />

mehr Widerstandsbewegungen der Indianer, die ihr Recht auf<br />

Souveränität <strong>und</strong> Selbstbestimmung formulierten. Die<br />

Gr<strong>und</strong>forderungen nach Selbstbestimmung umfassen die eigene<br />

Kultur <strong>und</strong> Religion, eigene politische Organisationen, die<br />

Beteiligung von Frauen am politischen Leben <strong>und</strong> die Verwaltung<br />

<strong>und</strong> Kontrolle der von Indios bewohnten Gebiete. Bezug nehmend<br />

auf die zahreichen Interessensorganisationen von Indianern, kann<br />

von einer Renaissance des Indianischen gesprochen werden. Im<br />

Oktober 1991 fand in Quetzaltenango (Xelajú) das zweite<br />

Kontinentaltreffen der amerikanischen Kampagne 500 Jahre<br />

Widerstand statt, wobei man sich einig war die Einheit in der<br />

Vielfalt zu stärken. Seit damals gab es einige Erfolge, jedoch<br />

lediglich auf Papier, da die soziale Realität noch immer sehr<br />

106 TH 130801, 143ff.<br />

97


ernüchtert wirkt. 107 1992 erhielt Rigoberta Menchú Tum den<br />

Friedesnobelpreis verliehen, welcher einerseits den persönlichen<br />

Kampf einer Frau im Bürgerkrieg würdigt, gleichzeitig jedoch als<br />

Akt der internationalen Solidarität mit den kontinentalen Projekten<br />

der Indígenas, besonders jener der <strong>Maya</strong>, zu verstehen war. 108 Im<br />

Zuge der Indiansichen Renaissance schlossen sich <strong>Maya</strong> Priester in<br />

mehreren Organisationen auf nationaler Ebene zusammen <strong>und</strong><br />

stellen einen wichtigen Faktor innerhalb der ethnischen Bewegung<br />

dar. Erstmals seit 500 Jahren wurde ihre religiöse Praktik nicht<br />

versteckt, sondern die Öffentlichkeit konnte daran teilhaben, wobei<br />

sie die Neuentdeckung einer niemals aufgegebenen Tradition<br />

präsentierten. Große Feste, wie die rituelle Eröffnung des <strong>Maya</strong><br />

Jahres (Wajxaq´ib´ B´atz) finden seither in der Tagespresse<br />

Erwähnung. 109<br />

Während die Bemühung der <strong>Maya</strong> um die Legitimation <strong>und</strong><br />

Akzeptanz ihrer Glaubensmanifestationen noch nicht<br />

abgeschlossen ist, wird durch den fortschreitenden<br />

<strong>Globalisierung</strong>sprozeß <strong>und</strong> durch die Vernetzung durch die neuen<br />

Medien die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> bereits neuen Einflüssen ausgesetzt.<br />

Im Folgenden sollen Ängste, Befürchtungen <strong>und</strong> Hoffnungen meiner<br />

Interviewpartner, die ja Praktizierende der <strong>Maya</strong> Spiritualiät sind,<br />

hinsichtlich der Vorstellungen von <strong>Globalisierung</strong> <strong>und</strong> der damit<br />

Hand in Hand gehenden Modernisierung zum Ausdruck kommen.<br />

„Globalización y espiritualidad maya. Bueno, para mí globalización<br />

es negación de ser humano y negación de la cultura, todas las<br />

culturas. Y por lo mismo la cultura maya. Entonces para mí<br />

globalización es como la muerte de las culturas y la muerte del ser<br />

107 Walther L. Bernecker, Zwischen Widerstand <strong>und</strong> ethnischem Aufbruch.<br />

Indianische Renaissance in <strong>Lateinamerika</strong>, IN: Allebrand (Hg.), Die Erben der<br />

<strong>Maya</strong>, S. 11-19.<br />

108 Allebrand, Renaissance der <strong>Maya</strong>, S. 92-94.<br />

98


humano. Espiritualidad es lo contrario. O sea, es totalmente<br />

adverso.“ 110<br />

Martín Alvarado sieht <strong>Globalisierung</strong> als das Gegenteil von<br />

<strong>Spiritualität</strong>, eine Negation des Menschseins <strong>und</strong> als den Tod der<br />

Kultur.<br />

„You can take it to mean the whole process of contemporary modern<br />

globalisation, you could take it to mean the contact with other<br />

forms of spirituality or with other influences or with other<br />

philosophy that’s been going on for 500 years. The view of<br />

globalisation with New Liberalism in the last few years that’s a<br />

specific impact, because there are more opportunities for contact<br />

between individual <strong>Maya</strong>npriest and the outside world. <strong>Maya</strong>n<br />

Spirituality has been preserved by being cut off by being hidden<br />

within the communities. That’s no longer the case. Globalisation<br />

has to represent a dread to those who seen <strong>Maya</strong>n spirituality is<br />

having survived in one form of purity. That’s no longer possible, the<br />

outside influences can mean others part in Guatemala, can mean<br />

other parts of the world who are interested in <strong>Maya</strong>n Spirituality. It<br />

can also mean the other way aro<strong>und</strong> <strong>Maya</strong>n priest or priestess are<br />

reaching out to other forms of philosophy to other forms of<br />

spirituality in different contexts. There are dangerous I see, on of<br />

the reason is the business that we see at the internet for instance.<br />

People are selling divinations, amulets, protection and that becomes<br />

a business. And that’s obviously not what is about. It’s obviously a<br />

risk, there are some people who taken some training here in<br />

Guatemala and are using that for commercial reasons outside<br />

Guatemala, in the United states, through the internet or where ever<br />

else, and that’s obviously a prostitution of <strong>Maya</strong>n spirituality.“ 111<br />

109 Vgl. dazu Allebrand, Renaissance der <strong>Maya</strong>, S. 121.<br />

110 MA 211001, 002ff.<br />

111 TH 140901, 000ff.<br />

99


Hier wird deutlich, daß <strong>Globalisierung</strong> einen Einfluß auf die <strong>Maya</strong><br />

Spiritualiät hat <strong>und</strong> neue Möglichkeiten von Kontakten <strong>und</strong><br />

Wissensaneignung bietet. Als Gefahrenquelle für den eigentlichen<br />

Inhalt der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> bei der Zugänglichkeit für die<br />

Öffentlichkeit sieht Thomas Hart die kommerzielle Verwendung.<br />

„Masspublicity surro<strong>und</strong>ing <strong>Maya</strong>n spirituality has removed<br />

something of the mystic, something of the idea of service, of the idea<br />

of community and that should surro<strong>und</strong> the whole idea of practice<br />

<strong>Maya</strong>n Spirituality. ... There is nothing about in the service, there<br />

is nothing about obligation, there is nothing about paying, there is<br />

nothing about suffering that is necessary to became a priest. It’s<br />

something personal, something individual part of the massculture<br />

and ripped out of it’s context.“ 112<br />

Hierbei kommt die Befürchtung zum Ausdruck, daß <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> im Kontext von Massenkultur nicht in ihrer Ganzheit<br />

wahrgenommen wird, lediglich Teile davon adaptiert werden <strong>und</strong><br />

dadurch die eigentlichen Inhalte verloren gehen bzw. nicht<br />

verstanden werden können, wie beispielsweise die soziale<br />

Komponente oder die Verantwortung eines aj q´ij. Ebenso<br />

beinhalten solche Praktiken einen Verlust des „Geheimen“, des<br />

Mystischen, welches dieser sakralen Praxis anhaftet.<br />

„On the other hand when you go public then obviously certain<br />

things are lost as well. A lot of the holiness, and what it means to be<br />

a <strong>Maya</strong>n priest are <strong>und</strong>er attack, not <strong>und</strong>er physical attack during<br />

the army years ago, but simply it’s becoming vulgarised, are<br />

becoming part of massculture. I think that to many people<br />

becoming <strong>Maya</strong>n priest without the lifelong calling commitment and<br />

112 TH 130801, 191ff.<br />

100


dedication that it requires. It’s like I say being vulgarised, you have<br />

a little book everywhere about the meaning of the <strong>Maya</strong>n calendar,<br />

people pick this up and they think there can be <strong>Maya</strong>n priests. It’s<br />

becoming a career choice for some people, and I think that’s a very<br />

dangerous and a very worrying development. I think it’s also the<br />

case when it comes to the whole business of globalisation looking at<br />

foreigners which are involved. It so<strong>und</strong>s strange for me as a foreign<br />

<strong>Maya</strong>n priest to say that, but I know perfectly well that a lot of<br />

people have to came down to learn what they can about <strong>Maya</strong>n<br />

Spirituality and in some cases being initiated as priest or priestess<br />

and then go back home and lounge themselves on the internet. I<br />

saw recently someone doing consultations according to the <strong>Maya</strong>n<br />

calendar. Like we can do it on the telephone, 1oo Dollar each, and<br />

this is disgusting. Because it’s making a Vulgarisation of it and it’s<br />

removing the holiness of it. The idea of becoming a <strong>Maya</strong>n priest or<br />

a <strong>Maya</strong>n priestess isn’t something that should make anybody<br />

happy, I know people here they open their eyes wide, when the<br />

heard that they should became a <strong>Maya</strong>n priest, because they take it<br />

seriously, they realised it’s a burden of suffering when they take it<br />

on for the rest of their lives. And it’s nothing to make money with<br />

and it’s nothing to improve their personal lives with. It’s the whole<br />

idea of a life time service, a obligation, what means he or she has to<br />

do a service of the burden, and it’s a burden which take people off<br />

when they became a priest or a priestess.“ 113<br />

Die Vulgarisierung von <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> stellt für Thomas Hart<br />

eine große Gefahrenquelle hinsichtlich der Modernisierung <strong>und</strong> der<br />

leichten Zugänglichkeit in Folge der Globalisation dar. Eine der<br />

ärgerlichsten Begleiterscheinungen ist für ihn die zunehmende<br />

kommerzielle Nutzung spiritueller Praktiken. Die Anklage der<br />

negativen Entwicklung hinsichtlich der Inhalte von <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> richtet er jedoch auch an die <strong>Maya</strong> selbst, da sie durch<br />

113 TH 130801, 175ff.<br />

101


Moderniesierungsmaßnahmen gegen den eigentlichen Gr<strong>und</strong>satz<br />

ihrer <strong>Spiritualität</strong> verstoßen, indem sie beispielsweise Schirme als<br />

Schutz gegen Sonne oder Regen verwenden <strong>und</strong> so die<br />

Verb<strong>und</strong>enheit mit der Natur negieren.<br />

„Groups of <strong>Maya</strong>n priests and priestess doing ceremonies with<br />

using Microphones and Loudspeakingsystems, they say the are<br />

modernising. An for me they are vulgarising. They say angelics can<br />

do it, why shouldn’t we? And I think they are falling in the trap of<br />

losing the mystic of it. Some of them are talking of building <strong>Maya</strong>n<br />

chapels and buildings, the Catholics have it, why shouldn’t we? I<br />

have been to a lot of <strong>Maya</strong>n altars where in the last two or three<br />

years, they built platforms. They are trying to modernise, but they<br />

don’t do it what I concern in harmony with the spirit of nature, of<br />

the spirit of quietly speaking to one’s creator on the mountains side.<br />

If the wind and the rain come, while we doing a ceremony, let us<br />

feel nature, be a part of nature, not hiding with our umbrellas.<br />

There is a lot of danger in the whole business of modernising, I am<br />

not against the times, but I think people should be more careful<br />

about how they adapt according to the teaching of the ancestors as<br />

well.“ 114<br />

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der <strong>Maya</strong> Zeremonie ist die<br />

Ritualsprache. Diesen Aspekt sieht Thomas Hart durch<br />

Modernisierungsmaßnahmen ebenso gefährdet:<br />

„There are other aspects of the future of <strong>Maya</strong>n Spirituality that<br />

also, to me, personal cost some concern thing like the idea of the<br />

ceremonies in Spanish has nothing whatever doing the ceremonies<br />

in Spanish, and I do it. But I do it because I am not capable of<br />

speaking Quiche very well, because I have not been able to study to<br />

114 TH 130801, 224ff.<br />

102


the sufficient level to do it purely in Quiche. But when people doing<br />

the ceremony they are using a vulgar Spanish, a vulgar Language<br />

losing all the mystery. I do the ceremonies in Spanish, but that<br />

means that the should translate the form of language, the form of<br />

speaking literacy as possible, because a important part of the<br />

ceremony is the language in which the people perform the<br />

ceremonies, is it in Quiche, Mam, .... it’s a ceremonial Language, it’s<br />

a specific language and that’s something that people who are<br />

modernising <strong>Maya</strong>n spirituality leave to one side, to ignore. That<br />

again is losing the richness, losing the values of performing <strong>Maya</strong>n<br />

ceremony, the pureness. Ceremonial language is one of the most<br />

important parts. And if people do ceremonies in other languages<br />

there is nothing wrong, so long they translated literal, the same<br />

phrases, the same symbols, the same poetic, the same harmony.<br />

But just talking in normal language, like we talking in the market,<br />

that’s not right for me, that’s losing the sacredness, that’s loosing<br />

the holiness of a ceremonial space. A lot of people here in<br />

Guatemala have no interest in this forms, there are too hard, there<br />

are too difficult, but this ends in vulgarisation. As I say it, there are<br />

survivals from the <strong>Maya</strong>n spirituality, but the survived changed.“ 115<br />

Für Thomas ist es wesentlich, daß der Gebrauch von Symbolen aus<br />

der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> nichts mit gelebter <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> zu tun<br />

hat, sondern aus politischen oder kommerziellen Gründen benutzt<br />

werden.<br />

„It becomes popular to print diaries, print calendars, in the last few<br />

years. Some of the people use this symbols for political or social<br />

reasons, but without the devotion they would need to guide their<br />

lives and they don’t live <strong>Maya</strong>n Spirituality at all.“ 116<br />

115 TH 130801, 198ff.<br />

116 TH 140901, 145ff.<br />

103


Die Gefahr der kommerziellen Nutzung wird einigen spirituellen<br />

Führern in Guatemala selbst zum Vorwurf gemacht. Hierbei ist zu<br />

bemerken, daß mittlerweile auch viele ladinos als <strong>Maya</strong>priester<br />

praktizieren, wobei diese Tatsache teilweise sehr ambivalent<br />

betrachtet wird. Der Mißbrauch der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> hinsichtlich<br />

kommerzieller Nutzung wird also nicht lediglich Ausländern<br />

angekreidet, sondern sehr wohl auch in den eigenen Reihen erkannt<br />

<strong>und</strong> mißbilligt.<br />

„Yo también estuve hace poco en San Andrés Itzapa, pero yo miro<br />

que allí hay gente como caricaturas de guías espirituales y ya todo<br />

es comercial, ya todo es negocio y que ya hacen una cosa y otra y<br />

todo es escándalo sólo para llamar la atención. Esa es una<br />

vulgaridad. Es una vulgaridad porque realmente ya no es lo<br />

nuestro, lo ancestral. Y que también el abuelo Simón ... Parece un<br />

santo parece un ... ?Cóme se puede decir? Parece.. pues una<br />

imagen. Pero en realidad el abuelo Simón117 fue un guía espiritual.<br />

Fue un lider indígena.“ 118<br />

Ebenso finden sich in Tageszeitungen Kommentare hinsichtlich des<br />

respektvollen Umganges mit <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong>:<br />

„Esto lo dijo porque había visto cómo algunos sacerdotes jóvenes se<br />

auto nombraban „ancianos“ y comercializaban con la espiritualidad<br />

maya. Por aparte, y en un ámbito distinto, un conocido dirigente<br />

maya también calificó estas acciones como simple „vara tráfico“. Si<br />

bien es cierto que la situación económica del país está bastante<br />

mal, eso no justifica que otros se pongan a vender, cual acto de<br />

simonía, falsificación porque lo que ésto comericantes hacen, dista<br />

mucho de lo que practican los aj´ijab mayas que se han ganado el<br />

117 Abuelo Simón ist gleichzusetzen mit Maximón, der an späterer Stelle eingehend<br />

vorgestellt wird.<br />

118 MA 051101, 230ff.<br />

104


puesto a pulso por su méritos, constancia y responsabilidad<br />

probadas y por las cuales también se han ganado el respeto de sus<br />

respectivas comunidades.“ 119<br />

Martín sieht <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> jedoch nicht exklusiv den <strong>Maya</strong><br />

vorbehalten, für ihn stellt sie mehr eine Universalie dar <strong>und</strong> kann<br />

auch von Menschen aus anderen Kulturen verstanden werden. Die<br />

Verantwortlichkeit liegt für ihn in dem respektvollen Umgang.<br />

„Yo pienso que hay que ver la cultura maya como una cuestión<br />

milenaria o como una cuestión universal. Tal vez lo difíciles cuando<br />

por ejemplo hablábamos de unos que mezclan todo y otros que<br />

fantasian con lo maya y otros que lo comercializan. ... para mí es<br />

muy difícil que casi no vale la pena centrarse mucho en eso porque<br />

es como una cosa que no está en manos de los mayas y está en<br />

manos de mucha gente. Y unos como dice usted lo estiman lo<br />

aprecian y lo respetan otros que no. Entonces yo digo que todo eso<br />

se puede hacer así como por cultura universal y general total. ...<br />

Porque como decía al principio tal vez, pongo como caso este tema<br />

específio es que es una cuestión universal, es una cuestión que yo<br />

diría tal vez partiendo de lo humano. No que humano lo tiene, lo<br />

que se habría que distinguir son los otros factores. También los<br />

fines y sobre todo la identificación de la persona en ese campo<br />

específico, porque yo creo que aquí es donde entramos en algunas<br />

contradicciones a veces con los ancianos cuando hablamos de que<br />

por la vara algunos ladinos también se están saliendo un poco de la<br />

ética o de la esencia de la espiritualidad. Porque yo pienso..<br />

Partamos de un principio. ... Porque yo sigo pensando de que el ser<br />

humano defínitivamente no difiere mucho en cuanto a de que sie<br />

nació aqui o nació en el Africa. O nació en los Estados Unidos o en<br />

el polo sur. !NO! no difiere! Lo que difiere es la concepción que se<br />

119 Sam Colop, ?Simonía maya?, IN: Prensa Libre, Samstag 24. November 2001,<br />

Guatemala, S. 16.<br />

105


tiene de una cosa y cómo se adopta porque ahí sería adoptado y<br />

sobre que bases y realmente si es para una práctica; sí es para un<br />

equilibrio, sí es para enderezar la vida, sí es para todo que eso<br />

puede tirar y generar en positivo. Ahora sí ocurre lo contrario ya<br />

preocupa y no debe ser así. Yo condidero que ahí es donde han<br />

fallado un poco los guías, de que como los que vienen de afuera les<br />

ofrecen cinco mil, dos mil o mil dólares, los pobrecitos lo aceptan<br />

?verdad? Pero ahí realmente están hipotecando nuestra<br />

espiritualidad y cosas que yo me digo: si uno es guía espiritual tiene<br />

que ser bastante responsable.“ 120<br />

„Yo creo que solamente como una opcción para el que quiera. Y<br />

podríamos decir también que una vevencia maya para la<br />

humanidad porque eso creo que ya no con la fuerza de la<br />

civilización de antes, pero sí, fuertemente todavía con esos<br />

contenidos. Entonces yo creo que eso significa para la humanidad.<br />

Un ejemplo de otra práctica, de otra realidad.“ 121<br />

Als positiven Aspekt bemerkt Thomas, daß durch den leichteren<br />

Zugang durch das Internet die Möglichkeit für unterstützende<br />

Projekte in Guatemala besteht. Er erkennt jedoch auch, daß dieser<br />

Umstand auf einer unausgeglichenen Beziehung basiert, da der<br />

Zugang zu modernen Medien für viele Indigene nicht besteht:<br />

„There are other aspects support groups f<strong>und</strong>raising for projects<br />

here in Guatemala for instance. Some of the projects come with the<br />

<strong>Maya</strong>n Spirituality. And there are certain opportunities as I say for<br />

people whose have a generous interest in supporting in economical<br />

or any other sense, can get in touch directly with those who are<br />

generate of the <strong>Maya</strong>n traditions. There are other opportunities but<br />

120 MA 191001, 355ff.<br />

121 MA 191001, 332ff.<br />

106


they came with the danger. But opportunities certainly can used,<br />

Chiapas showed some of the potentials that internet for example<br />

has in attracting support-groups. .. This could be the same case for<br />

<strong>Maya</strong>n priest or priestess here in Guatemala or anywhere else. The<br />

problem obviously is the inequality to the benefit of access to the<br />

globalisation, people in the west, people in the north have the<br />

opportunity to get on internet and most people obviously don’t. So it<br />

becomes an unbalanced relationship between those outside and<br />

those here.“ 122<br />

Vielen Befürchtungen, daß es durch den Modernisierungsprozeß im<br />

Zuge der <strong>Globalisierung</strong> zu einem Verlust der Werte der <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> kommt, stehen auch positive Ansichten entgegen.<br />

Martín ist davon überzeugt, daß massive Einflüsse im Gr<strong>und</strong>e<br />

nichts an den eigentlichen Inhalten <strong>und</strong> der Kontinuität ändern,<br />

sondern sich lediglich einige äußere Formen wandeln:<br />

„Lo único es que yo pienso que claro, los guías espirituales tal vez<br />

van a cambiar un poco en cuanto a su forma de vivir y seguramente<br />

ya no se va a andar a pie. Talvez se va a usar un carro. Esas cosas<br />

sí pueden cambiar, pero por ejemplo los contenidos o los elementos<br />

de la espiritualidad y f<strong>und</strong>amentalmente su carácter cosmogónico,<br />

yo creo que no va a cambiar. A no ser que ocurriera algo que fuera<br />

peor que la invasión. Sí fuera algo peor que la invasión tal vez, pero<br />

ya estamos claros que la invasión no pudo y menos ahora poder<br />

cambiar eso. Entonces yo estoy convencido y en lo personal no creo<br />

que vaya a cambiar más. Ni en lo original, ni en lo f<strong>und</strong>amental. Así<br />

que yo no creo pues. Por ejemplo pienso que la globalización es un<br />

asunto que vendrá o viene pero no va a cambiar eso tampoco. Sí, no<br />

va a cambiar. Entonces mi opinión es que no cambiará. Unas<br />

cositas que otras tal vez. Y lo que yo espero es que no cambien los<br />

altares sagrados, las cumbres, los montanas. Que no se empiecen a<br />

122 TH 140901, 053ff.<br />

107


crear seudoaltares en otros lados o en idificios que no es el sentido<br />

de la espiritualidad.“ 123<br />

„Por ejemplo en el sentido de que hablábamos de que la ceremonia<br />

es la creación la que se está renovando cada vez. Lo otro es por<br />

ejemplo el idioma. Todos los mayas están recuperando su idioma y<br />

pienso que las ceremonias seguirán siendo en el idioma materno y<br />

en el idioma original. El tercer elemento es por ejemplo los<br />

materiales te digo yo, todo es natural. Excepto eso es lo que<br />

también unos cuestionan, que por ejemplo hay uno que no quieren<br />

usar el trago porque dicen que sí se puede usar la cusha o algo que<br />

esté preparado para eso pero no el trago porque eso ya es occidental<br />

y no se qué. Pero yo pienso que se puede usar mientras no haya<br />

otro. Pero si digamos hay cusha, entonces sí se dejaría el otro trago.<br />

Lo otro que siento y o que también es f<strong>und</strong>amental en esto es los<br />

aspectos que decíamos de algunas cosas que hay que corregir y que<br />

en vez de cambiar hay que retomar lo original y tomar lo antiguo.<br />

Retomar lo ancestral. Y yo pienso que este es un aspecto que se va<br />

a lograr con discución, con análisis, con argumentos lógicos y<br />

razonables y es una etapa que viene y que se hará. Pero yo no creo<br />

pues que, por ejemplo a algien se le ocurra decir: bueno ahorita ya<br />

no lo vamos a hacer como se hace, sino que vamos a hacerlo al<br />

revés o usaremos luz eléctrica para las candelas o cosas así.<br />

Entonces yo pienso que esas son las cosas que no van a cambiar.<br />

No van a cambiar.“ 124<br />

Rigoberto Itzep sieht in der Globalisation ein Potenzial, kulturelle<br />

<strong>und</strong> spirituelle Inhalte zu bewahren, ähnlich wie er in vielen<br />

Bibliotheken in Europa oder Nordamerika die Möglichkeit erkennt,<br />

vorspanische Dokumente aufzubewahren.<br />

123 MA 211001, 155ff.<br />

124 MA 211001, 186ff.<br />

108


„En todas las culturas están guardados sus valores, eso podía ser.<br />

Por un lado y por el otro, en varias bibliotecas de Europa y de<br />

Estados Unidos se encuentran calendarios mayas originales<br />

prehispánicos, eso me da una evidencia de que es importante que<br />

es esas fuentes se guardan. ... en conclusión la globalización tiene<br />

un trabajo muy grande, es un espíritu que tiene mucho que hacer,<br />

no sólo sobre esprititualidad cultural. Pienso que la cultura maya<br />

también está involucarda ... estan guardados culturales y<br />

espírituales.“ 125<br />

Aus dem Gesagten werden Ängste deutlich, daß es zu einer<br />

verstärkten Kommerzialisierung der <strong>Maya</strong> Spiritualiät, unter<br />

anderem durch das Internet, kommt. Weiters ist es wesentlich, eine<br />

Unterscheidung zwischen gelebter <strong>Maya</strong> Spiritualiät in ihrer<br />

Komplexität <strong>und</strong> einigen lediglich adaptierten Elementen zu treffen.<br />

Überdies wird die Ernsthaftigkeit gelebter <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> im<br />

Gegensatz zu ihrem kommerziellen Mißbrauch deutlich. Ebenso<br />

wird die Tendenz der Abgrenzung, der Bewahrung der spirituellen<br />

Inhalte der <strong>Maya</strong> Spiritualiät offensichtlich.<br />

5.2. <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> im Lichte neuer Medien<br />

Durch elektronische Medien, insbesondere das Internet, verlieren<br />

geographische Räume an Bedeutung. Internet, als zentrumsloses<br />

Medium, ermöglicht es den Benutzern überall, Informationen<br />

heranzuziehen. Das Internet fördert den interkulturellen<br />

Austausch, kleinen Interessengruppen <strong>und</strong> dient als Ort der<br />

Darstellung. Bei den Präsentationen im Internet werden Leistungen<br />

oder Gegenstände angeboten <strong>und</strong> diverse Themen vorgestellt, wobei<br />

125 RI 190901, 121ff.<br />

109


die Darstellungen verschiedener religiöser Glaubenspraktiken einen<br />

wachsenden Anteil haben.<br />

„Globale Kommunikationstechnologien wie das Internet erleichtern<br />

weltweit operierende Bewegungen die Arbeit <strong>und</strong> machen sie<br />

effektiver. Durch den Einsatz des kostengünstigen <strong>und</strong> schnellen<br />

Kommunikationsmittels können internationale Konferenzen<br />

organisiert, Informationen übermittelt <strong>und</strong> ausgetauscht werden<br />

<strong>und</strong> elektronische Meiden ermöglichen neue Arten der<br />

Solidarisierung.“ 126<br />

Manfred Kremser, für welchen einen Forschungsschwerpunkt die<br />

neue anthropologische Disziplin „Cyber Anthropology“ darstellt,<br />

stellt diesbezüglich fest:<br />

„Ausgelöst durch das exponentielle Wachstum des Internet <strong>und</strong> des<br />

WorldWideWeb im Sinne eines neuen globalen<br />

Kommunikationsmittels eröffnet sich unserer Spezies erstmals in<br />

ihrer Geschichte die Vision der gemeinschaftlichen Teilhabe an<br />

Vorstellungskraft <strong>und</strong> Wissen.“ 127<br />

Und weiter:<br />

„Im Zusammenhang mit dem Internet wird sogar von einer zweiten<br />

kopernikanischen Wende gesprochen, die neue kultur- <strong>und</strong><br />

sozialtechnische Systeme entstehen läßt. Ein neues Menschenbild,<br />

das des „homo sapiens informaticus“ wird entworfen, wobei<br />

menschliche <strong>und</strong> technische Informationsverarbeitung<br />

komplementär arbeiten sollen.“ 128<br />

126 Breidenbach/Zukrigl, Tanz der Kulturen, S.128.<br />

127 Manfred Kremser, CyberAnthropology <strong>und</strong> die neuen Räume des Wissens, IN:<br />

Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien (MAGW), Bd. 129, Wien<br />

1999, S. 275.<br />

128 Ebenda S. 276.<br />

110


Dieser positiven Sichtweise stehen natürlich andere Ansichten<br />

gegenüber. Beispielsweise befürchtet Mc Luhan in „The global<br />

village“ einen Identitätsverlust <strong>und</strong> spricht von Robotismus<br />

hinsichtlich der Globalisation <strong>und</strong> der Informationsfülle der neuen<br />

Medien:<br />

„Die schlechte Nachricht ist, daß alle Menschen, ob sie das<br />

Geschehen der computerisierten Datenübertragung mit<br />

Hochgeschwindigkeit verstehen oder nicht, ihre alten privaten<br />

Identitäten verlieren werden. Alles vorhandene Wissen wird jedem<br />

zur Verfügung stehen. In diesem Sinne also wird jedermann ein<br />

Niemand sein. Ein Jeder wird in den Rollenspielen des Robotismus<br />

eingeb<strong>und</strong>en sein – auch diese kleine Elite, welche die<br />

umfangreichen Muster in den Daten interpretiert oder ihren Einsatz<br />

managt, <strong>und</strong> damit die Funktionen in den Eingeweiden einer<br />

Lichtgeschwindigkeits-Gesellschaft kontrolliert. Je schneller die<br />

Geschwindigkeit des Informationsaustausches wird, desto<br />

wahrscheinlicher werden wir gemeinsam in einer neuen Corparate<br />

Entity (Einheit der vielfachen Einfalt) des Robotismus verschmelzen,<br />

ohne daß wir den Spezialismus zurückerhielten, der das<br />

Kennzeichen unserer alten privaten Identitäten war. Je mehr<br />

Informationen man bewerten muß, desto weniger weiß man. Der<br />

Spezialist kann nicht bei Lichtgeschwindigkeit existieren.“ 129<br />

Es scheint eine Tatsache zu sein, daß die elektronische<br />

Nachrichtenübertragung für viele Menschen eine angenehme<br />

Erscheinung darstellt. E-mail von anderen Kontinenten können<br />

innerhalb einer kurzen Zeit gelesen werden <strong>und</strong> die Distanzen<br />

scheinen sich zu relativieren. Ähnlich wie auf dem europäischen<br />

oder nordamerikanischen Buchmarkt, wo wohl Bücher zu jedem<br />

129 Marshall Mc Luhan/Bruce Powers , The Global Village. Der Weg der<br />

Mediengesellschaft in das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert, Paderborn 1995.S. 169-170.<br />

111


Thema erhältlich sind, ist es möglich im Internet eine Unzahl von<br />

Informationen zu den unterschiedlichsten Themen zu bekommen.<br />

Das Internet bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten. Es können<br />

Nachrichten in sek<strong>und</strong>enschnelle übermittelt werden, es kann ein<br />

direkter Austausch in Chatrooms stattfinden <strong>und</strong> es bietet sich eine<br />

enorme Informationsquelle. Hinsichtlich der potentiellen<br />

Möglichkeiten dieses Mediums muß jedoch eine Unterscheidung<br />

zwischen Internet <strong>und</strong> Cyberspace vorgenommen werden.<br />

Cyberspace ist ein erst im Entstehen begriffener Raum, während<br />

das Internet, als wesentlicher Bestandteil der zukünftigen virtuellen<br />

Räume, bereits seit etwa 30 Jahren existiert. Internet dient heute<br />

lediglich zur Informationsbeschaffung, als Kommunikationsmittel,<br />

als Ort der Selbstdarstellung, der Organisation von Menschen mit<br />

Hilfe der Vernetzung <strong>und</strong> dem Aufbau eines globalen Marktplatzes.<br />

Die zukünftigen medialen Qualitäten von Cyberspace sind jedoch<br />

erst erahnbar <strong>und</strong> noch nicht in ihrer Gänze vorstellbar - lediglich<br />

das Ziel, die Erzeugung von (virtueller) Realität in realitätsnaher<br />

Perfektion. 130<br />

Befürchtungen, daß Entwicklungen dieser Art die<br />

Isolierungstendenzen unserer modernen Welt verstärken könnten,<br />

beantwortet Kremser mit folgenden Worten:<br />

„Das Bild des vereinsamten Menschen, der vor seinem Bildschirm<br />

sitzt, gibt eher ein Phantasma als eine soziologische Tatsache<br />

wieder. Wer einen Zugang zum Internet besitzt, ... reist<br />

wahrscheinlich mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung. In<br />

diesem Jahrh<strong>und</strong>ert nahmen die Kommunikation <strong>und</strong> der Verkehr<br />

gleichermaßen weltweit zu.“ 131<br />

130 Kremser, CyberAnthropology, S. 287-289.<br />

131 Ebenda S. 285.<br />

112


Darüber hinaus betrachtet er das zugr<strong>und</strong>eliegende Prinzip der<br />

neuen Medien auf Gr<strong>und</strong>lage einer Entgrenzung, einer Verbindung<br />

mit allem:<br />

„Am Beginn des Cyberspace steht als eine der wichtigsten Ideen die<br />

Verbindung aller mit allen – oder vielleicht sollte man besser sagen:<br />

Einer der stärksten Antriebe <strong>und</strong> Motivationen für die Entwicklung<br />

des Cyberspace ist die Verbindung von allem mit allem gewesen. Für<br />

die Cyberkultur ist die Verbindung stets besser als die Isolation!“ 132<br />

Die Ansicht das Medium Internet als einen Spiegel unserer Zeit zu<br />

betrachten, der die zunehmende Tendenz zu Schnelligkeit, einer<br />

enormen Informationsflut <strong>und</strong> einer gewissen Oberflächlichkeit der<br />

westlichen Gesellschaft reflektiert, sollte nicht außer acht gelassen<br />

werden, wobei Quantität <strong>und</strong> Qualität sich diametral gegenüber<br />

stehen. Weiters ist die Ungleichheit hinsichtlich der Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Zugänglichkeit der Nutzung des Internets zwischen der<br />

„industrialisierten“ Welt <strong>und</strong> „Entwicklungsländern“ nicht von der<br />

Hand zu weisen. In vielen Ländern ist die Nutzung der Internetcafes<br />

mit hohen Kosten verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> stellt somit eine Art Luxus dar,<br />

ähnlich den gedruckten Medien. Darüber hinaus ist die oft<br />

unzureichende oder qualitativ schlechte Stromversorgung zu<br />

beachten. In Guatemala beispielsweise stehen Stromausfälle bei<br />

Schlechtwetter oder sonstigen ungünstigen Bedingungen an der<br />

Tagesordnung.<br />

Im vorigen Kapitel wurde auf die Gedanken meiner Interviewpartner<br />

hinsichtlich des Globalisationsprozesses Bezug genommen <strong>und</strong> es<br />

wurden einige Befürchtungen hinsichtlich der Nutzung des<br />

Mediums Internet für Präsentationen spiritueller Inhalte geäußert.<br />

Die Nutzung des Internets für die Darstellung von <strong>Maya</strong><br />

132 Kremser, CyberAnthropology, S. 284.<br />

113


<strong>Spiritualität</strong> stellt für Thomas Hart eine Unmöglichkeit dar. Die<br />

leichte Zugänglichkeit spiritueller Inhalte im Internet stellt Thomas<br />

Hart dem realen Prozeß des Erlernes von <strong>Maya</strong> Spiritualiät<br />

unvereinbar gegenüber. Das oberflächliche Wissen um den <strong>Maya</strong><br />

Kalender ist nicht das Eigentliche der <strong>Maya</strong> Spiritualiät, die<br />

spirituellen, kraftvollen, geheimen Inhalte stehen für ihn im<br />

Widerspruch mit der Schnelligkeit <strong>und</strong> der leichten Zugänglichkeit<br />

durch das Internet. Werden spirituelle Inhalte durch den<br />

spirituellen Hunger der Konsumgesellschaft der sogenannten ersten<br />

Welt tatsächlich zu einem Produkt degradiert, welches von<br />

jedermann konsumiert werden kann?<br />

„There are also questions about people reaching out to works<br />

<strong>Maya</strong>n Spirituality through recourses that are aro<strong>und</strong> thanks<br />

Globalisation. That recourses can be WebPages at the internet,<br />

books, that can mean electronic or paper Publications representing<br />

<strong>Maya</strong>n Spirituality and that means that there are individuals who<br />

represent themselves. There are other people they have a serious<br />

interest will find it easier to go to them than to come to Guatemala<br />

and talk to people who practice it every day of their life. And that’s<br />

another risk, it becomes too easy to get an access to information if<br />

there is a middleman. The middleman are those individuals are<br />

keen often for commercial reasons. That removes first of all the<br />

respect to the people who live <strong>Maya</strong>n Spirituality here in Guatemala<br />

and secondly the truth, because each of these middlemen has their<br />

own point of view. And a lot of what is represented at the internet<br />

for example as <strong>Maya</strong>n Spirituality really very, very far away from<br />

people here <strong>und</strong>erstand it. ... It’s also a question when it comes to<br />

publication in terms of globalisation as I say through books or<br />

electronic media. It becomes to easy. Knowledge of <strong>Maya</strong>n<br />

Spirituality has to be learnt, it also has to be earned, it has to be<br />

earned by sacrifices, earned step by step development rather then<br />

having for instance a book of the meanings of the calendar. That’s<br />

not the idea, there a sacred issues, powerful issues. Knowledge of<br />

114


them needs to be earned. And globalisation is somehow extent by<br />

it’s nature of <strong>Maya</strong>n Spirituality.“ 133<br />

Ein weiterer tragender Aspekt in der <strong>Maya</strong> Kultur ist die orale<br />

Tradition, wobei auch spirituelles Wissen in dieser Form<br />

weitergegeben wird. Diese Tatsache steht der Erscheinung des<br />

Internets im Widerspruch gegenüber.<br />

„Uno de los elementos es la manifestación del calendario maya y la<br />

tradición oral. Que es un elemento muy importante también. Pienso<br />

que en eso está. Ahora la tradición oral es algo que no se puede<br />

escribir porque hay palabras que hay que traducirlas y no se puede<br />

transcribir, es cuestión de la manifestación del calendario. Como<br />

una norma de dice a uno, lo va guiando a uno con la tradición. Lo<br />

va a uno coordinando.“ 134<br />

Rigoberto Itzep, welcher in seiner misión maya kulturelle Inhalte zu<br />

bewahren versucht, sieht es als Vorteil, sich mittels des Mediums<br />

Internet Wissen über andere Kulturen anzueignen. Der Nachteil<br />

dabei ist für ihn jedoch, daß sakrale Werte verloren gehen <strong>und</strong><br />

Glaubensmanifestationen ähnlich einem Produkt angeboten<br />

werden.<br />

“Los contactos, primero pienso que..., digamos se ha dado a conocer<br />

que la misión maya está haciendo una labor en pro del rescate de la<br />

cultura maya y proyectarlo. Es sería una ventaja que facilita el<br />

internet en cuanto a la spiritualidad maya por el mismo. Creo que<br />

so es bueno, pero lo malo es que a veces en la espiritualidad maya...<br />

O sea son como virtudes que algunas veces es bueno dar a conocer.<br />

Pero se pierden valores, porque lo sagrado, simplemente se pierden<br />

133 TH 140901, 023ff.<br />

134 RI 190901, 167ff.<br />

115


valores de cualquier modo. Pero hoy varias religones hacen<br />

comunicación por internet. Es decir, se comincan en un sentido y el<br />

otro es que proporcionan su servicio, lo ofrecen como un<br />

producto.“ 135<br />

Im Prensa Libre fand der Zusammenhang von Globalisation <strong>und</strong><br />

Kommerzialisierung ebenso eine Erwähnung:<br />

„En esta era global y neoliberal es comprensible que se quiera<br />

competir con Urbano Madel, con los que utilizan el horóscopo chino<br />

y otros, incluso con los ladinos y extranjeros que comerician con el<br />

calendario maya cual zodíaco por internet.“ 136<br />

Rigoberto Itzep selbst ist einer der wenigen in Guatemala lebenden<br />

<strong>Maya</strong>priester, welcher in einer Homepage Erwähnung findet. Wie es<br />

dazu kam, berichtete er in folgenden Worten:<br />

„Lo que quiero decir es que visitanes como ustedes, como un amigo<br />

de América que me visitó, dijo que me iba a incluir en la página del<br />

internet. El incluso me metió en el libro sin haberme preguntado,<br />

pero no es malo, sólo habría que decírmelo. Ya me había<br />

introducido en el internet y yo sin saberlo. Desde entonces aparezco<br />

en las páginas del internet.“ 137<br />

Hierbei wird deutlich, daß die Motivation der aj´qjab im Internet<br />

präsent zu sein eigentlich nicht sehr ausgeprägt erscheint <strong>und</strong> im<br />

Falle von Rigoberto lediglich durch einen Zufall zu Stande kam.<br />

Aber welche Motivation hätte ein spiritueller Führer, seine<br />

135 RI 190901, 026ff.<br />

136 Colop, ?Simonía maya?, S. 16.<br />

137 RI 190901, 062ff.<br />

116


Orientierung im Internet zu präsentieren? Bei der Durchsicht<br />

unzähliger Homepages über <strong>Maya</strong> oder <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> - wobei<br />

mir ein Anspruch auf Vollständigkeit fernliegt - kam ich zu<br />

folgendem Ergebnis: Der Großteil der Informationen bezieht sich auf<br />

geschichtliche Darstellungen <strong>und</strong> hierbei in erster Linie auf die<br />

sogenannte klassische Periode der <strong>Maya</strong> wie beispielsweise das<br />

monumentale Zentrum Tikal. Weiters gibt es einige Darstellungen<br />

über das Zusammentreffen der <strong>Maya</strong> mit den Spaniern138. Darüber<br />

hinaus enthält das Internet eine Vielzahl von Reiseberichten, die<br />

teilweise von eindrucksvollen Bildern ergänzt werden. Ein Teil der<br />

Darstellungen bezieht sich auf spirituelle Hilfe via Internet.<br />

Kurse <strong>und</strong> Seminare über <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> werden hierbei<br />

angeboten, untermalt sind die Seiten mit Fotos blonder Frauen, die<br />

eine schamanische Trommel schlagen <strong>und</strong> der Erwerb von Cds mit<br />

dem klingenden Titel „Journey of the Jaguar“ wird ermöglicht. 139<br />

Flordemayo, eine aj q´ij <strong>und</strong> Mitglied der „Confederation of<br />

Indigenous People of the Americas“ bietet Heilungen als curandera<br />

an <strong>und</strong> bietet via Internet Kräuter zum Verkauf. Sie ist ebenfalls mit<br />

Don Alejandro Cirilo Perez Oxlaj bekannt. 140 Auf anderen Webseiten<br />

ist es möglich Materialien, die Bestandteil einer <strong>Maya</strong> Zeremonien<br />

sind, zu erstehen. 141 Mary Kay LeFevour ist in <strong>Maya</strong> Schamanismus<br />

spezialisiert, wie es in ihrer Homepage „<strong>Maya</strong>n Shamanic Healing“<br />

zu lesen ist. Sie bietet ein schamanisches Training an <strong>und</strong> ihr<br />

Service inkludiert folgendes:<br />

„Personalized spiritual and healing oils, house or workplace<br />

blessings/cleansings, Workshops and Drumming Circles.“ 142<br />

138 vgl. dazu http://gbgm-umc.org/Respouse/articles/<strong>Maya</strong>n.html<br />

139 http://themayansite.tripod.com/themayanside/id7.html<br />

140 http://flordemayo.freeyello.com/index.html<br />

141 vgl. dazu http://www.mayanshamanism.com/products.jsp#Offerings<br />

142http://members.aol.com/_hat_a/mklefevour/my.../buisness.html?mtbrand=AO<br />

L_U<br />

117


Auf der Homepage „<strong>Maya</strong>n Shamanism“ bietet der aus Guatemala<br />

stammende aj q´ij OmeAkaEhekatl Erick Gonzalez, in Middletown<br />

lebend, ebenfalls ein sehr umfangreiches Programm an:<br />

„Divinations using The <strong>Maya</strong>n Oracle, crystals and the sacred<br />

knowledge of the <strong>Maya</strong>n People, Healing with Fire ceremony,<br />

Healing wiht Water through the Medicine Lodge and the sweatlodge<br />

ceremony“, weiters „Energy work, Breath work, Divination, <strong>Maya</strong>n<br />

Astrological Readings, Spiritual Counseling, Visualization Healing,<br />

Spiritual Journeys, Rites of Passage, Blessings and Purification<br />

ceremonies.“ 143<br />

Das Team dieser Webseite setzt sich aus mehreren Personen<br />

zusammen, wobei lediglich Erick Gonzales dem<br />

mittelamerikanischen Raum entstammt. Auch einige<br />

österreichische Beiträge sind im WorldWideWeb über <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> zu finden: Die Familie Kössner rühmt sich, den<br />

heiligen Kalender der <strong>Maya</strong> für das deutsche Verständnis<br />

aufgearbeitet zu haben <strong>und</strong> bietet Seminare <strong>und</strong> eine Vielzahl von<br />

Literatur aus dem Eigenverlag an. Die Berechnung des<br />

Geburtsblattes lehnt sich an die Methode von José Argüelles an <strong>und</strong><br />

weicht von der in Guatemala verwendeten Zählung stark ab. 144<br />

Magda Wimmer, die ein schamanisches Training absolviert hat <strong>und</strong><br />

sich während eines Filmprojekts in <strong>Lateinamerika</strong> aufhielt, nennt<br />

ihre Homepage „<strong>Maya</strong> Resonance“. Sie bietet lediglich<br />

Geburtszeichenberechnung an, wobei sie sich ebenfalls auf die<br />

Zählung von José Argüelles stützt. Darüber hinaus bietet sie ihr<br />

Buch, ihr Video, Kalender <strong>und</strong> diverse andere Artikel zum Verkauf<br />

an. 145 Der Tiroler Norbert Muigg arbeitete in der „Österreich Schule“<br />

143 http://www.mayanshamanism.com/services.jsp<br />

144 http://www.maya.at/index.html<br />

145 http://www.mayaresonance.com/frame.01.html<br />

118


in Guatemala Stadt <strong>und</strong> wurde dort zum aj q´ij initiiert. Auf seiner<br />

Homepage bezeichnet er sein Projekt als „Verein für interkulturelle<br />

Freidensarbeit, Österreich – Guatemala“. Mittlerweile besitzt er ein<br />

imposantes Haus in Sololá mit Blick auf den Atitlán See. Er arbeitet<br />

gemeinsam mit seiner Frau, sein Sohn besitzt ein Reisebüro. In den<br />

letzten Jahren hat er zwei Bücher über <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong><br />

veröffentlicht, in denen er von seinen persönlichen Erfahrungen<br />

berichtet. 146 Er bietet für spiritualitätshungrige Europäer diverse<br />

Veranstaltungen in seinem Haus in Guatemala an. (13 Tage für<br />

1900 USD, 20 Tage für 2900 USD). 147<br />

Spirituelle Präsentationen im Internet können von vielen<br />

Perspektiven betrachtet werden. Einerseits könnte argumentiert<br />

werden, daß Heilungserfolge sich nicht auf die körperliche Präsenz<br />

beschränken, da es in vielen schamanistischen Traditionen möglich<br />

ist Menschen zu heilen, die sich in weit entfernten Gebieten<br />

befinden, da beispielsweise ein Schamane keinen geographischen<br />

Beschränkungen unterworfen ist <strong>und</strong> auf einer anderen Ebenen<br />

reisen <strong>und</strong> heilen kann. Andererseits kann der Vorwurf der<br />

kommerziellen Nutzung nicht unbeachtet bleiben. Natürlich möchte<br />

ich keiner der genannten Personen kommerzielle Ausbeutung<br />

vorwerfen! Es sollte jedoch kritisch betrachtet werden, was <strong>und</strong> wie<br />

<strong>und</strong> zu welchem Zweck jemand etwas präsentiert <strong>und</strong> vor allem wer<br />

dieser jemand ist. Schließlich kann jeder in der Anonymität des<br />

Internets seine Präsentation individuell <strong>und</strong> subjektiv gestalten.<br />

Eine Differenzierung zwischen einer Tradition in welcher man<br />

sozialisiert wurde, die permanent gelebt wird <strong>und</strong>/oder eine ernste<br />

Lebensaufgabe darstellt <strong>und</strong> einer leichtfertigen Initiation, die<br />

kommerziell genutzt wird, sollte hierbei nicht unbeachtet bleiben.<br />

Rosa Maria berichtete mir in diesem Zusammenhang, daß einige<br />

elders vor einiger Zeit sehr aufgeschlossen waren <strong>und</strong> einige<br />

146 Norbert Muigg, Die Sprache des Herzens, Wien 1999 <strong>und</strong> Der Mond im Jaguar,<br />

Wien 2002.<br />

147 http://www.to-om-ra.com<br />

119


extranjeras mit ihrem Wissen unterrichteten <strong>und</strong> initiierten. Als sie<br />

jedoch bemerkten, daß viele dieses Wissen in ihrer Heimat<br />

kommerziell nutzten, verschlossen sie sich abermals <strong>und</strong> hörten<br />

damit auf, Fremde zu unterrichten. 148 Ein Faktum ist jedoch, daß<br />

diverse Angebote im Internet den Vorstellungen der praktizierenden<br />

aj q´ijab´ <strong>und</strong> ihrem Glauben widersprechen <strong>und</strong> mit vielen ihrer<br />

Werte unvereinbar sind. Beispielsweise, daß der Initiation zu einem<br />

guía espiritual eine Berufung vorangeht <strong>und</strong> keine Karrierewahl<br />

darstellt <strong>und</strong> daß dieses Wissen oft unter ernsthaften <strong>und</strong><br />

schmerzhaften Bedingungen erlernt werden muß.<br />

Manfred Kremser stellt in diesem Zusammenhang fest, daß es<br />

bereits einige Regelungen hinsichtlich des Angebots von spirituellen<br />

Diensten gibt. Er beschäftigt sich in erster Linie mit afrikanischen<br />

<strong>und</strong> afrokaribischen Glaubensmanifestationen <strong>und</strong> stellt hierzu<br />

fest:<br />

„Es gibt schon so etwas wie eine Internetpolizei in Sachen Religion.<br />

Alle, die im Internet Voodoo anbieten, müssen sich durch eine<br />

Initationslinie ausweisen. Die Priester müssen sich im Internet<br />

legitimieren, um sich von Scharlatanen abzusetzen. Aber es sind<br />

nicht zuletzt gerade diese Scharlatane, die dem Voodoo derzeit zu<br />

einem Boom verhelfen. Es entsteht die interessante Situation, daß<br />

wir einen doppelten Boom erfahren.“ 149<br />

Manfred Kremser glaubt jedoch zu erkennen, daß sich aus der Sicht<br />

der modernen ethnologischen Religions- <strong>und</strong> Bewußtseinsforschung<br />

erstaunliche Parallelen zwischen diesen neuen virtuellen Realitäten<br />

<strong>und</strong> den alten spirituellen Erfahrungswelten aufzeigen lassen. Die<br />

Zukunft der ethnologischen Forschung auf diesem Gebiet wird<br />

148 RC 060901, 319ff.<br />

149 http://science.orf.at/science/news/15744<br />

120


daher die Erforschung dieser beiden menschlichen<br />

Bewußtseinswelten sein, sie wechselseitig zu beleuchten <strong>und</strong><br />

miteinander zu korrelieren:<br />

„Dabei können wir von der These ausgehen, daß das<br />

zugr<strong>und</strong>eliegende Prinzip – sowohl der religiös-spirituellen<br />

Erfahrung als auch der Cyberkultur – die kommunikative<br />

Verbindung des menschlichen Individuums mit (virtuellen) Trägern<br />

eines größeren Wissens ist.“ 150<br />

Weiters betrachtet Kremser den Raum der virtuellen Welt als eine<br />

Art neuen Kontinent:<br />

„Die afrikanischen Religionen wurden ein erstes Mal transformiert,<br />

als sie im Zuge der Sklavenhandels in die Neue Welt kamen <strong>und</strong><br />

jetzt verändern sie sich wieder, weil sie einen neuen Kontinent<br />

besiedeln <strong>und</strong> zwar den sechsten Kontinent.“ 151<br />

Diesbezüglich stellt er fest, daß sich durch spirituelle Arbeit per<br />

Internet neue Veränderungen ergeben:<br />

„On the socio-cultural level it can be observed that the new cyberworlds<br />

of ADR (African Derived Religions) do not necessarily replace<br />

the old ways of practicing the religion, but rather re-interpret the<br />

old concepts according to new contexts. Thus parallel worlds of<br />

religious practice are created.“ 152<br />

150 Kremser, CyberAnthropology, S. 284.<br />

151 http://science.orf.at/science/news/15744<br />

152 Manfred Kremser, Transforming the Tranformed, African Derived Religions in<br />

Cyberspace, IN: http://www.goethe.de/br/sap/macumba/kremser_long.htm<br />

121


Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Darstellungen religiöser<br />

Traditionen im Internet sehr unterschiedlich <strong>und</strong> ambivalent<br />

betrachtet werden können. Wie alles Neue, birgt auch diese<br />

Entwicklung ein enormes Potential mit den dazugehörigen Chancen<br />

<strong>und</strong> Risiken. Sicher ist, daß das Internet einen weiten Raum an<br />

Möglichkeiten darstellt, Themen verschiedenster Art zu<br />

präsentieren. Ebenso sicher ist, daß in der nahen <strong>und</strong> fernen<br />

Zukunft noch viele Untersuchungen <strong>und</strong> Publikationen über<br />

religiöse Glaubensmanifestationen <strong>und</strong> deren Veränderungen<br />

hinsichtlich ihrer Präsentation im Internet notwendig sein werden,<br />

um dieses Thema differenziert zu behandeln.<br />

5.3. Maximón<br />

Dieses Kapitel ist einer speziellen Erscheinung der <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> gewidmet, die während der Kolonialzeit entstanden ist<br />

<strong>und</strong> über die zahlreiche Informationen im Internet zu finden sind:<br />

Maximón oder San Simón. Zunächst möchte ich die<br />

Entstehungsgeschichte von San Simón oder Maximón auf<br />

Gr<strong>und</strong>lage der Interviews darstellen:<br />

Thomas Hart weist darauf hin, daß es über die Geschichte von<br />

Maximón eine Vielzahl verschiedener Variationen gibt. Es ist stets<br />

angebracht zu sagen, welchen San Simón man meint, weil sie nicht<br />

alle gleich sind. San Simón bekam eine weiße Haut, da die Heiligen<br />

in der Katholischen Kirche eine weiße Haut haben, um so von den<br />

Spaniern akzeptiert zu werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> gehen auch<br />

heute eine Menge Ladinos zu San Simón, weil er weiß ist <strong>und</strong> sie<br />

würden nie zu einer anderen <strong>Maya</strong> Zeremonie gehen. Überdies<br />

122


wurde San Simón mit Geld <strong>und</strong> Geschäften assoziiert, daß ist ein<br />

weiterer Gr<strong>und</strong> warum Ladinos sich an ihn wenden. 153<br />

„Mire, él era un aj q´ij, un aj q´ij igual que nosotros y según cuenta<br />

la historia que cuando vino la invasión extranjera él se opuso a la<br />

relgión christiana, entonces a él lo quemaron – es como los<br />

linchamientos que se vienen dando – pero el ayudaba a mucha<br />

gente, más en especial era a mujeres, la versión está en Santiago<br />

Atitlán. Nadie dijo nada cuando lo quemaron. Èl se reveló y lo<br />

quemaron los extranjeros y el pueblo no dijo nada. Entonces<br />

despúes de que se fueron los extranjeros la gente lo lloró y muestra<br />

de eso dicen que su altar era un Palito, su Tabal donde el quemaba,<br />

donde pedía orientación al Ajau para ayudar a las personas. Hubo<br />

personas que tenían su imagen de cóme el era, entonces cuando<br />

realmente él se acabó, la gente tomó su ropa, sus tacuche-s,<br />

tomaron paja y empezaron a rellenarlos y otros que eran escultores<br />

cortaron su árbol y lo tallaron en la madera. Por eso él se<br />

representa en madera. Por esa razón dijeron que no ha muerto.<br />

Esta vivo. Su carne y sus huesos se quemaron, pero su espíritu no.<br />

Por eso es de que de él desde Santiago Atitlán ha venido esta<br />

historia. Luego un cofrade trafo esta historia y lamentablemente<br />

también lo hizo a su imagen. Lo hizo de paja como un<br />

espantapájaros y muestra de ello está el Rey San Simón. Allá en<br />

Zunil. Èl no se llamaba San Simón, es un sobrenombre que le han<br />

puesto. A él lo conf<strong>und</strong>en con Judas Iscariote el de la histroria de<br />

Jesucristo. Pero él se llamaba Francisco Sojuel. El era abuelo, por<br />

eso nosotros lo tenemos como un abuelo. El pronostico, antes de<br />

morirse pronosticó que cuando el sea famoso la gente iba a volar y<br />

muestra de eso está en las placas donde el se encuentra, gratitudes<br />

que dicen: „Gracias a San Simón, por mi vuelo a California“,<br />

„gracias por mi vuelo a no sé qué a no sé dónde“. A él lo han visto<br />

como si fuera satanás no sé por qué. Pero no es así, satanás es<br />

153 TH 130801, 053ff.<br />

123


aparte y San Simón otra y Jesucristo fue otra parte. Y para nosotros<br />

en nuestra cultura y religión entran reglas mam. Y ya tiene<br />

bastante tiempo. Por eso es de que en la noche las mujeres le<br />

lloran. Mujeres que han sido abandonadas en su hogar le lloran<br />

para que les de una luz, abrigo, su comida etc. Dicen que su<br />

nacimiento era 13 Qánil y no esta muerto, esta vivo. Nosotros lo<br />

invocamos con fe y esperanza. Èl era un auxiliar por eso se<br />

representa con su Vara; es la vara que nosotros tenemos aquí.<br />

Nosostros somos autoridades espirituales, pero tenemos que<br />

conocer más para darle a conocer a la gente. Ahora por la<br />

descriminación y el racismo se ha perdido todo eso. Pero<br />

primeramente el Ajau tenemos que salir adelante para seguir<br />

evolucionando y que el no muera ni nosotros muramos.“ 154<br />

„He is believed to be at one and the same time a manifestation of<br />

Judas Iscariot, Pedro de Alvarado, Saint Michael Archangel, the<br />

apostle Peter, and Mam (an ancient <strong>Maya</strong>n deity) – though he is<br />

most closely associated with San Simon, a popular deity invoked<br />

throughout Guatemala for witchcraft purposes. Maximón definitely<br />

has a political aspect as well: he personifies Francisco Sojuel, a hero<br />

of the Tzutuhil people in their resistance against the Spanish. After<br />

Sojuel died his spirit was perpetuated in Maximón in order to fight<br />

the conquerors with magic. This is why he is arrayed in ladino<br />

clothing: to fool the ladinos.“ 155<br />

Die Erscheinung des Maximón steht in engem Zusammenhang mit<br />

dem Erscheinen der Spanier auf dem amerikanischen Kontinent.<br />

Er kann als Paradebeispiel einer synkretischen Erscheinungsform<br />

betrachtet werden. Einerseits hat er eine Konnotation mit<br />

biblischen Gestalten, andererseits verkörpert er den Archetyp eines<br />

aj q´ij. Auf einer Ebene wird er mit Pedro de Alvarado assoziiert, als<br />

154 MM 171101,065ff.<br />

155 http://www.dearbrutus.com/maximon.html<br />

124


Sinnbild des Bösen für das <strong>Maya</strong>volk, auf einer anderen Ebene wird<br />

er von den Spaniern mit Hexerei in Verbindung gebracht. In einem<br />

anderen Zusammenhang personifiziert er Francisco Sojuel als<br />

Symbol des Widerstandes gegenüber der spanischen Vorherrschaft.<br />

Er gehört somit dieser <strong>und</strong> jener religiösen Glaubensmanifestation<br />

an <strong>und</strong> versinnbildlicht eine Art Bindeglied. Darüber hinaus<br />

vergegenwärtigt er die unglaubliche Diversität der religiösen<br />

Ausformungen innerhalb der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> auf eindrucksvolle<br />

Weise.<br />

„Maximón would appear to belong to the two religions, since he is<br />

credited with various personalities, some belonging to one, some to<br />

the other. While he is sometimes known as St. Andrew, St. Michael,<br />

or St. Peter, not to speak of Pedro de Alvarado, Conquistador of<br />

Guatemala, he is also known by the name Mam, „the Old God“,<br />

which, according to Bishop Landa and other sources, the ancient<br />

Worshiped on the five last days of the pre-Columbian calendar<br />

year.“ 156<br />

Während einer Zeremonie mit bzw. für ihn werden ihm Alkohol<br />

eingeflößt <strong>und</strong> Zigarren entzündet <strong>und</strong> in seinem M<strong>und</strong> gesteckt.<br />

Hauptsächlich wird er in feinen ladino Kleidern präsentiert, oft<br />

jedoch auch in einer indigenen Tracht. Bei einem Besuch in Zunil<br />

konnte ich in Erfahrung bringen, daß Maximón jährlich seinen<br />

Besitzer wechselt. Während seiner Anwesenheit wird er wie ein<br />

lebender Mensch behandelt, da er in gewisser Weise lebendig ist. Er<br />

besitzt ein eigenes Zimmer, ein eigenes Bett, wird täglich schlafen<br />

gelegt <strong>und</strong> morgens bekleidet auf seinen Stuhl gesetzt, wo er mit<br />

Alkohol <strong>und</strong> Zigarren versorgt wird. Seine Zuständigkeit<br />

menschliche Wünsche betreffend ist vielseitig. Oft wird er mit<br />

156 E. Michael Mendelson, The King, the Traitor, and the Cross: An Interpretation of<br />

a Highland <strong>Maya</strong> Religious Conflict, IN: Diogenes, no. 21, USA 1958, reprinted for<br />

private circulation, S. 5.<br />

125


Geldgeschäften in Verbindung gebracht, was ihn auch bei ladinos<br />

sehr beliebt macht. Häufig wird er in Liebesangelegenheiten um<br />

Hilfe gebeten.<br />

„Among his various duenoship, there is one that we have no yet<br />

examined – his dominion over sexual affairs and love magic.“ 157<br />

Darüber hinaus wird er häufig mit Hexerei oder schwarzer Magie<br />

assoziiert:<br />

„San Simón is powerful that’s what’s god is. San Simón isn’t<br />

uniformly good, like the way the world isn’t uniformly good. Life is<br />

good, is also suffering, something evil, it’s also part of creation. He<br />

is both good but also suffering like the world. Sometimes there are<br />

places he is used for witchcraft, places where I don’t go to work,<br />

that’s because of the resonance, the evil atmosphere. Every place<br />

has to be changed by what happened there, every house where the<br />

wife has been hit, is a house which has suffering in it, for ever. ...<br />

Depends what the person ask for, everything can be good or evil.“ 158<br />

Aus der Erklärung von Thomas Hart wird ersichtlich, daß es jedoch<br />

an den Wünschen der Menschen liegt <strong>und</strong> Maximón selbst nicht als<br />

„böse“ abgestempelt werden kann.<br />

Im WorldWideWeb sind zahlreiche Fotos <strong>und</strong> Informationen über<br />

Maximón zu finden. Einerseits in Verbindung mit Reiseberichten,<br />

anderseits im Zusammenhang mit tiefer führenden Erklärungen.<br />

Maximón dürfte für viele Touristen eine handfeste, exotische,<br />

religiöse <strong>und</strong> vielleicht befremdend wirkende Erscheinung<br />

157 Mendelson, The King, S. 9.<br />

158 TH 130801, 000ff.<br />

126


epräsentieren. In Guatemala selbst wird er für touristische Zwecke<br />

vermarktet. Gegen Bezahlung dürfen Fotos gemacht werden <strong>und</strong> in<br />

fast jedem Freitzeitgestaltungsprogramm der zahlreichen<br />

Sprachschulen ist der Besuch eines Maximón ein fixer Bestandteil.<br />

Thomas Hart betrachtet die zahlreichen Webseiten über San Simón<br />

jedoch mit Mißfallen. Er betont die spezielle Behandlung, die San<br />

Simón benötigt.<br />

„San Simón is more delicate, more strict, demanding. He needs his<br />

proper treatment in other way he becomes very angry.“ 159<br />

Weiters weist er auf die eventuellen Gefahren des spirituellen<br />

Mißbrauchs hin.<br />

„San Simón on WebPages. Such things are dangerous and should<br />

not be done, because they are very disrespectful. An Italian<br />

Anthropologist 10 years ago, the <strong>Maya</strong>n priest gave him a little<br />

image of San Simón, he took him back to Italy and then he had a<br />

big car crash. He was left not very well, lost his job and his wife. He<br />

was sure it was upon San Simon and he sent him back. Such<br />

things are delicate. A lot of Anthropologist are not respectful, they<br />

are touching things apart they are not dedicated to. There are little<br />

images of San Simon and people would never dream to buy one, he<br />

need a special treatment, special offer twice every week till the end<br />

of their lives. It’s a delicate thing I wouldn’t have one here. Little<br />

San Simon amulets are sold on the internet as well.“ 160<br />

Das Angebot von Maximon Amuletten dürfte ein fixer Artikel im<br />

„größten Warenhaus“ der Welt sein:<br />

159 TH 130801, 030ff.<br />

160 TH 130801, 084ff.<br />

127


„This package amulet from Guatemala measures 2 inches wide by 2<br />

½ inches high an is similar in style to the Mexiacan miniature...“ 161<br />

Per Mausklick ist es möglich Maximón Puppen, die bereits erwähnt<br />

wurden, zu bestellen. 162 Überdies wird „The world´s first online<br />

shrine to Maximón“ auf einer Webseite präsentiert, wobei für<br />

Geldbeträge Gaben für Maximón dargebracht <strong>und</strong> Wünsche<br />

deponiert werden können. 163<br />

In diesem Zusammenhang rückt ein Aspekt in den Vordergr<strong>und</strong>,<br />

der noch nicht erörtert wurde. Die meisten religiösen<br />

Ausdrucksformen beinhalten spirituelle Machtelemente, die ihre<br />

Wirkung spürbar manifestieren, wie Thomas mit dem Beispiel des<br />

italienischen Anthropologen verdeutlichen möchte. Wie können<br />

diese machtvollen Inhalte im Rahmen des Internets gehandhabt<br />

werden, wenn eine gr<strong>und</strong>legende Kenntnis <strong>und</strong> eine Schulung des<br />

Umgangs fehlen?<br />

161 http://www.luckymojo.com/packageguatehorseshoe.html<br />

162 http://www.losttrails.com/pages/Artifacts/maximon.html<br />

163 http://timshome.com/maximon.htm<br />

128


Abb.30.: La mesa von Mario mit Maximón, zwei <strong>Maya</strong>kreuzen,<br />

einem Bildnis von Jesus <strong>und</strong> der Virgen von Guadalupe, La<br />

Esperanza, 20.11.2001.<br />

129


Abb.31.: Maximón, Antigua, 25.11.2001.<br />

130


Abb.32.: Rosa Maria´s Maximón mit einem Photo von Don<br />

Alejandro Cirilo Perez Oxlaj, Antigua, 06.09.2001.<br />

131


6. Zukunft der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong><br />

Die von bekannte Geschichte der <strong>Maya</strong>, vor allem die vorspanische<br />

Zeit betreffend, ist von Europäern <strong>und</strong> Nordamerikanern<br />

geschrieben worden. Viele der heutigen <strong>Maya</strong>s haben keinen<br />

Zugang zu Universitäten, sie werden nicht zu Kongressen <strong>und</strong><br />

Symposien eingeladen <strong>und</strong> können die in englischer oder<br />

spanischer Sprache verfaßten Bücher über ihre eigenen Vorfahren<br />

nicht lesen. Dies scheitert nicht nur an etwaigen Barrieren in<br />

sprachlicher Hinsicht, sondern weil ein Buch für sie ein<br />

unerschwingliches Luxusgut darstellt. Parallel zur akademischen<br />

Geschichtsschreibung, haben die <strong>Maya</strong> jedoch eigene Reflexionen<br />

über ihre Vergangenheit, die in oralen Traditionen, in Mythen <strong>und</strong><br />

schauspielartigen Inszenierungen gegenwärtig ist. Die „objektive“<br />

akademische Geschichtsschreibung ist jedoch mit europäischen<br />

Interessen verknüpft, insbesondere kolonisierte Völker betreffend.<br />

Beispielsweise ist die Theorie der widerstandslosen Auslieferung der<br />

<strong>Maya</strong> an die Spanier, die sie für die weißen Götter gehalten haben<br />

sollen, vielmehr als Rechtfertigung zu begreifen. Über die Tatsache<br />

der indianischen Aufstände gegen die spanische Landnahme wurde<br />

erst in Ansätzen geschrieben. Ein weiteres Charakteristikum der<br />

akademischen <strong>Maya</strong>-Forschung ist die Betonung der Diskontinuität<br />

zwischen vorspanischer <strong>und</strong> kolonialer Zeit. Die ist jedoch keine<br />

Tatsache, sondern darauf zurückzuführen, daß sich Archäologen<br />

ausschließlich mit der vorkolonialen Vergangenheit befaßt haben.<br />

Die lebenden <strong>Maya</strong> waren in diesem Zusammenhang lediglich als<br />

„Überbleibsel“ sozialer <strong>und</strong> religiöser Kulturelemente der<br />

Vergangenheit von Interesse. In der Überlieferung der <strong>Maya</strong> selbst<br />

ist hingegen durchaus eine Kontinuität in der Zeit gegeben. 164<br />

164 Grube, Maismenschen, S. 20-21.<br />

132


„In ihrer Selbstwahrnehmung handelt es sich dabei stets um<br />

dasselbe Kollektiv. In ihrer eigenen Geschichte sind sie selbst die<br />

handelnden Subjekte.“ 165<br />

Weiters ist zu bemerken, daß die unterschiedlichen Gruppen der<br />

<strong>Maya</strong> in Guatemala häufig generalisiert werden, sie selbst grenzen<br />

sich jedoch gegenüber anderen Gemeinschaften ab.<br />

„Consequently, Ladinos tend to presume a categorical superiority<br />

over all „Indian“, regardless of local cultural or linguistic differences<br />

among <strong>Maya</strong> themselves, while <strong>Maya</strong> tend to make more concentric<br />

distinctions between their individual communities and all other<br />

outsiders ...“ 166<br />

Wie bereits festgehalten wurde, war <strong>und</strong> ist die <strong>Maya</strong> Spiritualiät<br />

massiven externen Einflüssen ausgesetzt. Und der Blick von außen<br />

<strong>und</strong> von innen kann sehr unterschiedlich interpretiert sein. Jedoch<br />

ist <strong>Maya</strong> Spiritualiät so lange lebendig, so lange ihre Tradition<br />

gepflegt wird.<br />

„Lo más importante en la espiritualidad maya es la educación y<br />

practicarla para que no se vaya a muriendo, lo que nuestros<br />

ancestros o abuelos no heredaron a nosotros. Esto es una cultura<br />

para nosotros.“ 167<br />

Es ist nicht zu leugnen, daß sich auf spirituellem Gebiet massive<br />

Veränderungen zeigen. Laut dem Schöpfungsmythos der <strong>Maya</strong><br />

befinden wir uns derzeit in der vierten Welt. Drei frühere Welten<br />

165 Grube, Maismenschen, S. 21.<br />

166 Watanabe: from saints to shibboleths, S. 142.<br />

167 MM 171101, 42ff.<br />

133


sind bereits durch Katastrophen untergegangen. Nach<br />

verschiedenen Berechnungen stehen wir heute vor einem<br />

unmittelbaren Ende der gegenwärtigen Schöpfung, welches nach<br />

unserer Zeitrechnung um 2012 erfolgen soll. 168<br />

Rosa Maria ist der Ansicht, Amerika sei das Land der Zukunft <strong>und</strong><br />

in der Zeit der fünften Sonne werde sich vieles ändern. Jeder dieser<br />

Wechsel war bisher mit Krisen verb<strong>und</strong>en die chemischen Waffen,<br />

die Rinderseuche <strong>und</strong> der Ebola Virus sind für sie Hinweise, daß<br />

diese krisenhafte Zeit bereits begonnen hat. In der Zeit der fünften<br />

Sonne begeben wir uns dann in eine andere Dimension <strong>und</strong> alles<br />

verändert sich ähnlich einer Spirale, die sich schneller <strong>und</strong><br />

schneller dreht <strong>und</strong> es kommt zu einer Reinigung des Planeten. Die<br />

Durchführung von <strong>Maya</strong> Zeremonien kann diesen Prozeß<br />

unterstützen. 169<br />

Martín befürchtet jedoch keine massiven Änderungen hinsichtlich<br />

des Wechsels 2012:<br />

„No creo. El cambio que se espera es en dos direcciones<br />

f<strong>und</strong>amentales: uno en un poco de lo que hablámos del congreso tal<br />

vez se puede ya echar un vistazo en ese sentido. Y sobre todo tal vez<br />

es en lo político en que podamos ya tener un proyecto propio. El<br />

proyecto del que se habla en los Acuerdos de Paz. Un proyecto de<br />

Nación, de convivencia y no coexistencia como estamos ahora. Eso<br />

sería más probable. Y yo creo que tampoco allí no podemos<br />

adelantar mucho, ni especular casi nada porque no sabemos. Con<br />

todo esto que está pasando ahora no sabemos. Pero sí nosotros lo<br />

consideramos que se va aformar la concepción de una nueva nación<br />

en donde realmente exista la convivencia.“ 170<br />

168 Grube, Maismenschen, S.63.<br />

169 RC 060901, 174ff.<br />

170 MA 191001, 131ff.<br />

134


Rigoberto Itzep, der in seiner Misión <strong>Maya</strong> die Werte seiner Kultur<br />

erhalten will, hat sich über die Zunkunft seiner Kultur, seines<br />

Glaubens schon viele Gedanken gemacht:<br />

„Sobre eso pienso bastante duro porque ahora no se puede<br />

especificar, a medida que va creciendo la cultura maya y se<br />

recupera, también otras cosas están creciendo, que tratan de<br />

desnivelar, de desquilibrar. A nivel local aquí he encontrado muchos<br />

logros pero también hay otras cosas que traan de venir a hacer,<br />

como el caso de la inglesia católica que viene a imitar, trata de<br />

decirle a la gente „aquí está Dios, recibelo!“. No es una pelea,<br />

simplemente todo se está perdiendo y a medida que se están<br />

metiendo muchas cosas. Entonces se está llegando a la misma cosa<br />

que no se ha logrado nada, es un reisgo como una gotita de agua<br />

tirada en el mar; se píerde esa gotita de agua en el mar y podría ser<br />

que se exterdiera. ... Así veo a la cultura maya.“ 171<br />

Viele meiner Interviewpartner haben Pläne hinsichtlich einer<br />

Bewahrung oder Stärkung ihrer gelebten Glaubensform. Martín<br />

plant einen Kongreß über <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong>:<br />

„Pero está planificado un congreso continental. Pero también me<br />

preocupa un poco, porque en un congreso continental como que se<br />

hablan muchas cosas, pero no se concreta. Yo pienso que tal vez<br />

tiene que ser un congreso, incluso a nivel sólo de comunidades: los<br />

Quichés, los Kakchiqueles y luego hacer un congreso nacional. Pero<br />

como también se trata de recursos para utilizar los recursos<br />

entonces tal vez hacemos un congreso nacional de todos los guías.<br />

Pero específicamente de los guías para ver esos problemas que te<br />

digo. Y también como decíamos, algunos están .. a lo mejor<br />

171 RI 190901, 132ff.<br />

135


nosotros somos los equivocados, están pensando en otra fecha del<br />

cierre del trece Baktun. Que es en el 2012. Otros dicen que es en el<br />

2013. Entonces como que eso hay que fijarlo y hay que estar claro<br />

ya. Entonces son esas cosas las que nos hacen pensar en ese<br />

congreso.“ 172<br />

Rosa Maria arbeitet mit Don Alejandro Cirilo Perez an der<br />

Restaurierung <strong>und</strong> dem Rückkauf der heiligen Plätze. Viele davon<br />

sind in Privatbesitz. Von den ungefähr 5000 heiligen Plätzen in<br />

Guatemala sind lediglich 1000 in Besitz der <strong>Maya</strong> oder für sie<br />

zugänglich. 173<br />

All diese Bestrebungen sind Bestandteil der ethnischen<br />

Renaissance der <strong>Maya</strong>, die sich unter anderem auf die<br />

Wiederentdeckung <strong>und</strong> Verteidigung traditioneller Werte bezieht. Im<br />

Mittelpunkt dieser Tradition steht eine Weltsicht, die ursprünglich<br />

in einer vorindustriellen Agrargesellschaft wurzelt, die im Laufe der<br />

Jahre teilweise mit anderen Traditionen verschmolzen ist. Eine<br />

motivierende Rolle in dem ethnischen Aufbruch spielt hierbei die<br />

Hoffnung auf ein neues Zeitalter, den Zyklus der fünften Welt,<br />

welches die weltliche Ordnung in andere - bessere - Bahnen lenken<br />

soll. 174 Jedenfalls haben die indianischen Organisationen noch ein<br />

großes Stück Arbeit vor sich in ihrem Kampf um Anerkennung,<br />

Respekt <strong>und</strong> der ihnen gebührenden Rechte.<br />

172 MA 171001, 142ff.<br />

173 RC 040901, 290ff.<br />

174 vgl. dazu Allebrand, Renaissance der <strong>Maya</strong>, S. 120-125.<br />

136


7. Abschließende Bemerkungen<br />

Abseits der Städte überlebte die lange verborgen gebliebenen Welt<br />

der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong>, eine Welt voller Traditionen, Symbole,<br />

religiöser Riten <strong>und</strong> sozialer Interaktionen. Wie in vorliegender<br />

Arbeit deutlich wurde, konnten sich in Guatemala zahlreiche<br />

Elemente der vorspanischen Religion bis in die Gegenwart<br />

behaupten, wobei Angehörige entlegener Dörfer zweifellos stärker<br />

von Elementen des traditionellen Weltbildes geprägt sind als<br />

Stadtbewohner. Neben allen Einflüssen <strong>und</strong> den damit<br />

verb<strong>und</strong>enen Veränderungen werden <strong>Maya</strong> Altäre nach wie vor<br />

stark frequentiert, wichtige Zeremonien zelebriert <strong>und</strong> der <strong>Maya</strong><br />

Kalender dient zur Orientierung in verschiedenen Lebensbereichen.<br />

Aj q´ijab´ werden weiterhin in wichtigen Angelegenheiten zu Rate<br />

gezogen <strong>und</strong> die Ausführung der Zeremonien wird in ihre Hände<br />

gelegt. Der tiefe Respekt gegenüber allen Daseinsformen der<br />

Schöpfung, die starke Naturverb<strong>und</strong>enheit, die gebührende Ehrung<br />

der Ahnen sind in vielen Traditionen Amerikas vorhanden, es gibt<br />

jedoch einige Besonderheiten der <strong>Maya</strong> Spiritualiät, die eingehend<br />

dargestellt wurden. Bei der Beschreibung einer Zeremonie im Detail<br />

wurde ersichtlich, daß sie sich aus vielen Elementen<br />

zusammensetzt, die eindeutig in der <strong>Maya</strong>-Tradition verwurzelt sind<br />

<strong>und</strong> mit christlichen Elementen kaum Gemeinsamkeiten aufweisen.<br />

Dabei ist beispielsweise an die heiligen Plätze in den Bergen zu<br />

denken, an die verwendeten Materialien, an die Bedeutung des<br />

Feuers, an die Ritualsprache, den Ablauf der Zeremonie <strong>und</strong> das<br />

dahinterstehende Anliegen, direkt mit dem Göttlichen zu<br />

kommunizieren <strong>und</strong> den Schöpfungsakt symbolisch zu wiederholen.<br />

Ein weiterer zentraler Punkt vorliegender Arbeit ist es zu zeigen,<br />

daß Diversität <strong>und</strong> Reichhaltigkeit das religiöse Leben in Guatemala<br />

kennzeichnen. Die Glaubenswelten in Guatemala erscheinen als ein<br />

buntes Neben- <strong>und</strong> Miteinander. Der Katholizismus wurde vor über<br />

137


500 Jahren nach Guatemala gebracht, oder vielmehr aufgezwungen<br />

<strong>und</strong> hat heute eine bedeutende Rolle inne. Verstärkt vertreten sind<br />

der Protestantismus <strong>und</strong> eine Vielzahl von f<strong>und</strong>amentalistischen<br />

Sekten. Lutheraner, Baptisten, Anglikaner <strong>und</strong> Methodisten<br />

konnten ebenso Fuß fassen, sie stellen jedoch eine Minorität dar.<br />

Mit Ende der 60er Jahre erschienen verschiedenste<br />

Denominationen (Kirche von Sion, Kirche des fünften Evangeliums)<br />

auf der Bildfläche. Die meisten dieser Gruppen gehören zum Umfeld<br />

des enormen Spektrums evangelikaler Kirchen mit Wurzeln im<br />

angelsächsischen Protestantismus nordamerikanischer Prägung,<br />

wie etwa die anwachsende Pfingstbewegung oder die Charismatische<br />

Erneuerung. Viele Guatemalteken gehören einer dieser<br />

f<strong>und</strong>amentalen Gruppen an, teilweise in einer Doppel-<br />

mitgliedschaft. 175<br />

Die religiöse Reichhaltigkeit bezieht sich einerseits auf die<br />

unterschiedlichen Traditionen innerhalb der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong>,<br />

deren verschiedene lokale Traditionen bis in die klassische Periode<br />

der <strong>Maya</strong> zurückreichen. Das von mir dargestellte Material meiner<br />

Feldforschung bieten ebenso einen Einblick in die Unterschiede,<br />

beispielsweise die unterschiedlichen Berufungserlebnisse meiner<br />

Interviewpartner, deren Aufgabengebiet oder die<br />

Variationsmöglichkeiten Zeremonien betreffend. Andererseits kam<br />

es im Laufe der Geschichte zu massiven Fremdeinflüssen, wobei die<br />

mit der spanischen Eroberung einhergehende „Christianisierung“<br />

wohl besonders deutliche Spuren hinterließ. Im Zuge dieser<br />

Prozesse kam es zu Phänomenen der Verschmelzung,<br />

Parallelisierung, Synkretisierung <strong>und</strong> Hybridisierung.<br />

Im gegenwärtigen Prozeß der <strong>Globalisierung</strong> werden diese Prozesse<br />

beschleunigt <strong>und</strong> es eröffnet sich eine neue Vielfalt kulturellen<br />

Lebens. Durch den vermehrten Kulturkontakt verändert sich nicht<br />

175 Allebrand, Renaissance der <strong>Maya</strong>, S. 120-123.<br />

138


nur Altes, sondern es entstehen durch die Kombination<br />

verschiedener Kulturelemente neue Lebensformen. In diesem<br />

Zusammenhang sei an die aj q´ijab´ Rosa Maria, Mario Martinéz<br />

<strong>und</strong> Thomas Hart erinnert. Rosa Maria´s Glaubenswelt integriert<br />

Elemente der Lehren von Sai Baba in die <strong>Maya</strong> Tradition <strong>und</strong> sie<br />

verkauft Heilmittel aus Europa (Bach Blüten). Mario kombiniert die<br />

westliche Astrologie mit dem Heiligen Kalender in seinen<br />

Divinationen <strong>und</strong> der Ire Thomas Hart lebt in Guatemala <strong>und</strong><br />

praktiziert als aj q´ij die spirituelle Tradition der <strong>Maya</strong>.<br />

Maximón, ein Element der <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong>, entstand im Zuge der<br />

conquista <strong>und</strong> repräsentiert ein vielfältiges, teilweise ambivalentes<br />

Bedeutungsfeld sowohl für Indigene, als auch für ladinos. Einerseits<br />

ist Maximón als Symbol des Widerstandes zu verstehen,<br />

andererseits stellt er ein verbindendes Element zweier Kulturen dar.<br />

Maximón ist auch für diverse Präsentationen im Internet attraktiv<br />

<strong>und</strong> scheint für viele extranjeros die erste Assoziation im Hinblick<br />

auf die guatemaltekische Glaubenswelt zu sein.<br />

Im Prozeß der Hybridisierung kommen auch sehr seltsame Blüten<br />

zum Vorschein. Wie in einem vorangegangen Kapitel zum Ausdruck<br />

kam, gibt es nicht wenige Menschen die <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong><br />

mißbrauchen. Scharlatane, die sich selbst als aj q´ijab´ bezeichnen,<br />

haben jedoch mit traditioneller <strong>Maya</strong> <strong>Spiritualität</strong> wenig gemein.<br />

Weiters soll in diesem Zusammenhang noch einmal darauf<br />

hingewiesen werden, daß der Mißbrauch der kommerziellen<br />

Nutzung auf „beiden“ Seiten stattfindet. Einerseits verkaufen einige<br />

sogenannte <strong>Maya</strong> Priester Initiationen teuer an extranjeros, die<br />

ihrerseits ihr Wissen dann teilweise wieder vermarkten, indem sie<br />

ihre Dienste im Internet anbieten. Andere Internetpräsentationen<br />

stellen wiederum eine neue Spielart von Glaubensmanifestationen<br />

dar, die sich teilweise mit Elementen des New Age vermischen. Eine<br />

Unterscheidung zwischen den verschiedenen Manifestationen<br />

139


hinsichtlich der Seriosität erscheint angebracht. Ebenso sollte es<br />

nicht an Respekt <strong>und</strong> Wertschätzung für jene Menschen mangeln,<br />

die ihre Tradition unter schwierigen Bedingungen am Leben<br />

erhielten <strong>und</strong> sie heute noch leben. Darüber hinaus sollte der tiefe<br />

Gehalt <strong>und</strong> die mystischen Elemente „wahrhafter“ <strong>Maya</strong><br />

<strong>Spiritualität</strong> von kommerziell genutzten religiösen Inhalten<br />

unterschieden werden.<br />

140


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149


http://science.orf.at/science/news/15744<br />

150

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