Magazin 197812
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Von links: Oberregieru ngsrat von Arnim, BZS, THW-Ortsbeauftragter<br />
Oanlel , BZS-Präsident Or. KOlb, Regierungsdirektor Kaeppel,<br />
Hesslsches Ministerium des Innern; stv. Landesbeauftragter des<br />
THW In Hessen, Oipl.-Ing. Franz und Frau.<br />
im Weitmaßstab das Land der freiwilligen<br />
Hilfe schlechthin isf'. Dies sei das Ergebnis<br />
eingehender Recherchen von<br />
Statistikern, Kombinateuren, Sozialforschern<br />
und Demoskopen. Er belegte<br />
die These damit, daß etwa jeder 60.<br />
Bürger sich einer großen oder kleinen<br />
Hilfsorganisation als ehrenamtlicher Helfer<br />
zur Verfügung stellt. Der Helfer sei<br />
der Allgemeinheit aber auch so lieb,<br />
weil er durch den finanziellen Autwand,<br />
den er erfordert, eben nicht teuer sei .<br />
So koste der Helfer den Steuerzahler<br />
im Jahr runde 1000 Mark, wovon 20<br />
Prozent auf die Ausbildung , weitere<br />
20 Prozent auf die Ausstattung und der<br />
Rest auf Ausrüstung, Infrastruktur und<br />
sonstiges entfallen.<br />
Spontanes Engagement<br />
Die Motive des freiwilligen Engagements<br />
sind nach den Worten des Präsidenten<br />
nicht religiöser oder ethischer Natur,<br />
sondern entstammen spontaner Zuwendung<br />
und Einsicht für die Nächstenhilfe.<br />
Die Suche nach gesellschaftlichen Kontakten<br />
wertete Dr. Kolb als "zweites<br />
wichtiges Element" der freiwilligen Hilfsbereitschaft<br />
in den Organisationen des<br />
Katastrophenschutzes.<br />
Auch die Zusammensetzung der Helferschaft<br />
und einige - fü r den Einsatz wichtige<br />
- persönliche Fakten sind mittlerweile<br />
kein Geheimnis mehr. Abgesehen<br />
vom hohen Anteil weiblicher Mitgliecer<br />
bei den Sanitätsorganisationen rekrutieren<br />
sich die Angehörigen im Katastrophenschutz<br />
vor allem aus Männern im<br />
Alter bis zu 45 Jahren. Junggesellen<br />
und Verheiratete halten sich dabei die<br />
Waage. Was die berufliche Stellung<br />
anlangt, so zählen die meisten Freiwilligen<br />
zum Mittelstand, "Intellektuelle"<br />
findet man hier schon seltener.<br />
Was die dienstbezogenen Daten angeht,<br />
führte der Präsident des Bundesamtes<br />
weiter aus, so sind in der Regel mehr<br />
als 80 Prozent der Helfer innerhalb kurzer<br />
Zeit am Einsatzort oder Sammelpunkt,<br />
sofern " Not ins Haus steht".<br />
Dr. Kalb: "Ganz erstaunliche Zahlen".<br />
Die Mobilität spiele dabei eine wesentliche<br />
Rolle. Fast 90 Prozent besitzen<br />
ein Auto, Motorrad oder Mofa. Der Motorisierung<br />
dürfte es wohl zu verdanken<br />
sein, daß 60 von 100 innerhalb von zehn ,<br />
und drei Viertel der Einsatzmannschaft<br />
in 20 Minuten am Bestimmungsort eintreffen<br />
.<br />
" Verrechtlichung"?<br />
Eine nicht zu unterschätzende Komponente<br />
steter Einsatzbereitschaft bildet<br />
zudem die Erreichbarkeit der Hilfskräfte.<br />
Den Umfragen zufolge verbringen etwa<br />
82 Prozent der Freiwilligen im Katastrophenschutz<br />
ihren Feierabend zu Hause.<br />
Zwar schneiden hierbei die Bewohner<br />
von Landgemeinden günstiger ab, doch<br />
selbst in Städten halten sich im Fall eines<br />
Alarms noch über 70 von 100 daheim<br />
auf.<br />
Mit ein wenig Besorgnis sieht man anscheinend<br />
"höheren Orts" die Wandlung<br />
in der Einstellung der Helfer zu den<br />
Hilfsorganisationen. Präsident Dr. Kalb<br />
sprach in Frankfurt von einer Tendenz<br />
zur " Verrechtlichung". Diese störe etwas,<br />
weil sie die "spontane Beziehung" zur<br />
Aufgabe " versachlicht". Allerdings habe<br />
die geänderte Haltung nicht dazu geführt,<br />
daß die Helfer - ähnlich wie andere Bürger<br />
- sich nur als Nehmende empfänden .<br />
Nach wie vor stehe die Bereitschaft im<br />
Vordergrund, aus eigenem Antrieb etwas<br />
zu dem hinzuzufügen, was der Staat<br />
vorgibt.<br />
Der stv. Landesbeauftragte Olpl.-Ing. Franz zeichnete verdiente<br />
Helfer des THW-Ortsverbandes Frankfurt aus.<br />
Verzicht auf Freizeit<br />
Nur für die Ausbildung opfert ein ehrenamtlicher<br />
Helfer 1262 Stunden seiner<br />
Freizeit, so ermittelte das Bundesamt,<br />
bis er in einer Einsatzleitung mitarbeiten<br />
kann . Ein Ausbildungspensum, welches<br />
kaum unter fünf Jahren absolviert sein<br />
dürfte. Zugleich aber auch ein enormer<br />
Verzicht auf Freizeit im Dienste der Gefahrenabwehr<br />
für alle Bürger. Auf rund<br />
200 Stunden jährlich Verzicht auf Privatleben<br />
zugunsten der Allgemeinheit bezifferte<br />
Dr. Kalb die reguläre Zeit, die ein<br />
THW-Helfer ohne Führungsfunktion für<br />
die humanitäre Organisation erbringt.<br />
Dr. Kalb: " Das sind ganze fünf Arbeitswochen".<br />
Hinzu kämen noch Verwaltungsarbeiten,Gemeinschaftsveranstaltungen<br />
und allerlei Zeitautwand, um<br />
die Unterkunft in Ordnung zu bringen.<br />
Somit bleibe die Grenze von 200 Stunden<br />
oft eine "fiktive". Wenn man dann<br />
noch überlege, was die Gemeinschaft<br />
aller Kameraden im Bund an Dienststunden<br />
leiste, könnten sich alle zu " Teilhabern<br />
an einem Millionenwerk von Freiwilligkeit<br />
- erbracht in Arbeitsstunden -<br />
rechnen". Eine Leistung , so Dr. Kalb,<br />
die die Offentlichkeit gar nicht hoch genug<br />
anrechnen könne.<br />
Es steht zwar in einem Standardwerk<br />
der Offentlichkeitsarbeit geschrieben,<br />
tue Gutes und rede darüber. Die Helfer<br />
indessen treten aus Tradition hinter die<br />
Sache - das, was sie für den Nächsten<br />
erbringen - zurück. Dr. Kolb fügte hinzu :<br />
" Ich darf Ihnen versichern, soweit ich<br />
die Pflicht habe, für Sie zu sorgen, werde<br />
ich mich dieser meiner eigenen Ausführungen<br />
zu gegebener Zeit immer erinnern".<br />
Horst Engelhardt<br />
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