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Öffnungszeiten 25 / 2011 - Fachhochschule Lübeck

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tivierter« Wert entsteht aus einem auf der subjektiven Ebene<br />

stattfindenden sozialpsychologischen Prozess, der mit einem<br />

ausgeprägten Symbolfetischismus einhergeht – mit Design.<br />

Ein wichtiger Aspekt der Simmelschen Theorie des Geldes<br />

ist die Gegenüberstellung von Inhalt und Form. Inhalt sind<br />

die arbiträren Bedürfnisse des Individuums, seine Interessen,<br />

Motive, Zwecke, Neigungen. Sie haben zunächst keinen sozialen<br />

Charakter. Sie sind die von Simmel so genannte »Materie<br />

der Vergesellschaftung«. Diese »Materie« wird im Prozess<br />

der Vergesellschaftung in eine »Form« gestellt, herbeigeführt<br />

durch die Verbindungen, die Individuen miteinander<br />

eingehen. Anstelle von »Form« würden wir heute eher von<br />

»Struktur« sprechen. Der Charakter des Sozialen kommt<br />

zustande, indem die »Formen« als selbstständige Strukturen<br />

aus der Wechselwirkung zwischen Individuen hervorgehen.<br />

Die Individuen, in ihrem Handeln aufeinander bezogen, folgen<br />

bestimmten Ordnungsmustern (sprich Formen). Formen sind<br />

abstrakt und allgemein; innerhalb der abstrakten Formen realisieren<br />

die Individuen ihre konkreten Inhalte. Für Simmel sind<br />

Formen der Gesellschaft z. B. Familie, Gruppe, Verband, Über-<br />

und Unterordnung, Konkurrenz, Konflikte oder Arbeitsteilung.<br />

– Sicherlich wird die heutige Soziologie der Differenzierung<br />

von Form und Inhalt zustimmen können; jedoch nicht der<br />

Vorordnung des Individuums gegenüber der Gesellschaft; vielmehr<br />

erscheint die Gesellschaft als das produktive System, das<br />

Individuen überhaupt erst ermöglicht. Inhalt und Form sind<br />

eine formale Unterscheidung, keine inhaltliche.<br />

Aus dem übersummativen Zusammenwirken von Elementen<br />

– Individuen – ergeben sich nach Simmel gestalthaft Formen<br />

– Gesellschaftsdesign. Auf die Philosophie des Geldes bezogen,<br />

verwandelt sich diese Aussage in die Feststellung, Geld sei ein<br />

allgemeines Medium, das ein spezielles, individuelles Handeln<br />

erlaubt, den Tausch. Geld gestaltet einen Markt.<br />

Eine Birne für einen Apfel zu tauschen, ist dank des Geldes nicht<br />

mehr nur Inhalt (zwei Individuen, die jedes Mal neu darüber<br />

verhandeln), sondern eine Form: das Geld reguliert den Tausch.<br />

Birnen oder Äpfel werden zu Waren abstrahiert und in eine<br />

etablierte Sozialform, das Geld, übersetzt. Geld verleiht jedem<br />

Objekt einen Wert. Keine Frage aber, nicht alles hat für jedes<br />

Individuum den gleichen Wert. In einer Gesellschaft kann ein<br />

Gegenstand für ein Individuum den höchsten, für ein anderes<br />

den niedrigsten Wert repräsentieren. Diese Subjektivität, so<br />

Simmel, ist nicht Willkür. Dem Subjekt ist schon bewusst, dass<br />

es am sozialen Wert meist so wenig ändern kann wie an den<br />

übrigen Wirklichkeiten. Der soziale Wert des Gegenstandes<br />

kann das Subjekt aber gleichgültig lassen. So kann es nach<br />

Simmel sein, dass jemand einem Objekt einen subjektiven<br />

Wert gibt, den niemand anderer bereit ist, zu akzeptieren. Der<br />

Wert bleibt aber für diese Person genauso hoch, auch wenn das<br />

Objekt dadurch unverkäuflich wird 6 . Hier kämen, so Simmel,<br />

30 <strong>Öffnungszeiten</strong> <strong>25</strong> / <strong>2011</strong><br />

individuelle Inhalte zur Geltung. Das Mittel Geld lässt also<br />

zwar eine Objektivierung zu, subjektive Werte, die zu dieser<br />

Objektivierung führen, sind dann durch die Bereitschaft, etwas<br />

für das Objekt zu opfern, zu messen. Geld erlaubt es dem<br />

Individuum, einen Wert für das Objekt zu geben oder zu verlangen,<br />

einen Wert, der durch die Geldquantität intersubjektiv<br />

messbar wird.<br />

Simmel schreibt: »Von der Mehrzahl der Objekte kann<br />

man sagen: sie sind nicht wertvoll, sondern sie werden es –<br />

denn dazu müssen sie fortwährend aus sich heraus und in<br />

Wechselwirkung mit anderen treten; es sind nur Wirkungen<br />

ihrer, an die sich ein Wertgefühl knüpft.« 7 Der objektivierte<br />

Wert geht nach Simmel also aus der Summe subjektiver<br />

Bewertungen hervor. Was die heutige Wirtschaftstheorie – siehe<br />

Marketing – etwas anders akzentuiert.<br />

Geld als »objektives« Symbol<br />

Wieso kann etwas zugleich subjektiv und objektiv existieren,<br />

wie das Geld? Simmel meint, »der Mensch ist das tauschende<br />

Tier; […] der Mensch ist das objektive Tier. Nirgends in der<br />

Tierwelt finden wir auch nur Ansätze zu demjenigen, was<br />

man Objektivität nennt, der Betrachtung und Behandlung<br />

der Dinge, die sich jenseits des subjektiven Fühlens und<br />

Wollens stellt« 8 . Durch Geld werden die wirtschaftlichen<br />

Verhältnisse der Objekte, ihre Tauschbarkeit, ausdifferenziert,<br />

und zwar durch die quasi begriffliche Existenz des Geldes, die<br />

an ein sichtbares Symbol geknüpft ist 9 . Geld verkörpert sich<br />

in Münzen und Geldscheinen, die sich wie die Wörter einer<br />

Sprache verhalten. Geld bekommt so eine Art Universalität<br />

(verschiedene Sprachen – verschiedene Geldscheine; aber<br />

dieselbe Sache Geld).<br />

Nach Simmel findet ein Tausch statt, wenn eine Leerstelle, die<br />

durch das Geben (oder die Trennung) eines Objekts entstanden<br />

ist, mit einem vermeintlich noch wertvolleren Objekt ausgefüllt<br />

wird. »[…] Schema des Tausches: von der niedrigsten<br />

Bedürfnisbefriedigung bis zum Erwerbe der höchsten intellektuellen<br />

und religiösen Güter muß immer ein Wert eingesetzt<br />

werden, um einen Wert zu gewinnen.« 10 Nach Simmel vollzieht<br />

sich unser gesamtes Handeln in Tausch-Kategorien, da jedes<br />

Gut die Hingabe eines Gegengutes verlangt. Hierbei ist schließlich<br />

ein Wechsel von Qualität zur Quantität möglich, d. h. zum<br />

Geld. Für den Vorteil etwa, durch intellektuelle Tätigkeit seinen<br />

Lebensunterhalt zu verdienen, war immer das Opfer eines großen<br />

Zeit- und Energieeinsatzes für die Aus- und Weiterbildung<br />

zu erbringen; eine quantitative Kompensation wäre dafür<br />

zu erwarten in Form höheren Einkommens. In der heutigen<br />

Gesellschaft findet diese Kompensation in der Regel nicht<br />

mehr statt. Das Gut »Freizeit« muss für das Gut »intellektuelle<br />

Tätigkeit« ohne quantitative Kompensation hingegeben<br />

werden. Die quantitative Kompensation wird heute eher für

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