[Rio]+15 [Johannesburg]+5 - Landschaftsverband Rheinland
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die größte Gefahr für ein gutes Konzept ist, dass es zu einer Inflation des Gebrauches dieses<br />
Namens kommt. Exakt das ist der Nachhaltigkeit passiert. Wenn du heute „Nachhaltigkeit“<br />
sagst, wagt schon keiner mehr nachzufragen, was das denn nun eigentlich sei. Ich möchte<br />
an dieser Stelle einen kleinen Scherz anbringen der von einem Hauptmann der kaiserlichen<br />
Artillerie in preußischen Zeiten berichtet. Er versuchte seinen Rekruten die Berechnung der<br />
Schussbahn zu erklären. Hat gesagt: „Rekruten, zur Berechnung der Schussbahn brauchen<br />
wir den Satz des Pythagoras a²+b²= c²“ und hat hinzugefügt: „Unter Zivilisten pflegt man das<br />
zu beweisen. Bei Soldaten gilt Ehrenwort!“<br />
Bei dem Begriff Nachhaltigkeit ist es langsam so geworden: es gilt Ehrenwort. Was nicht<br />
alles nachhaltig geworden ist. Es gibt solche Begriffe, die ihren Sinn dadurch verlieren, dass<br />
sie zu häufig und zu undifferenziert ungefragt genutzt werden. Und deswegen ist es wiederum<br />
richtig, sich einmal einzuschalten und zu fragen: Was ist denn das? 20 Jahre nach den<br />
Brundtland-Berichten. Würden wir jetzt denselben Brundtland-Bericht schreiben? Das ist<br />
ja wirklich eine wesentliche Frage. Denn in diesen 20 Jahren ist eine ganz entscheidende,<br />
wirklich historische Veränderung eingetreten. Der Brundtland-Bericht ist noch in einer bipolaren<br />
Welt geschrieben worden und wir sind seit dem Fall von Mauer und Stacheldraht in<br />
einer globalisierten Welt.<br />
Welche Konsequenzen hat die Globalisierung für diesen Nachhaltigkeitsprozess? Auch deswegen<br />
ist das Thema, das Sie gewählt haben sinnvoll. Die Globalisierung ist im Brundtland-<br />
Bericht nicht eingebunden. War auch gar nicht denkbar. Stellen Sie sich mal vor, damals<br />
hätte jemand in diesem Bericht formuliert was nach dem Fall des sowjetischen Systems<br />
passiert. So wie man uns auch mal gesagt hat: Ihr wart ja gar nicht vorbereitet auf die Wiedervereinigung.<br />
Ich frage mich immer nur, wie hätten wir was in die Schubladen gelegt? Und<br />
wenn Sie das müssen, wissen Sie im politischen Bereich, wenn Sie etwas veröffentlichen<br />
wollen, dann müssen Sie oben „ ganz geheim“ drüber schreiben, dann ist es veröffentlicht.<br />
Veröffentlichen Sie das im Bundesanzeiger, nimmt keiner Notiz davon. Also, natürlich ist darüber<br />
nicht nachgedacht worden. Und viele der Dinge, die wir heute diskutieren müssen sind<br />
eben noch nicht so angelegt gewesen. Sie können aus demselben Gedankengebäude heraus<br />
gelöst werden.<br />
Zum Beispiel fehlt im Brundtland-Bericht ganz sicherlich die hohe Bedeutung, die Sie ja<br />
auch in der Ausstellung aufgegriffen haben: die Bedeutung der Kultur. Und dass Kultur in einer<br />
globalisierten Welt eine andere Bedeutung hat als in einer bipolaren, ist ganz unstrittig.<br />
Ich hab das in meiner Zeit in Afrika sehr deutlich erlebt. Je mehr die Menschen die Sorge<br />
hatten, ihre Identität als Preis für die Globalisierung zu verlieren, umso stärker wurde die<br />
Rückbesinnung auf die kulturelle Identität.<br />
Ich muss ganz deutlich sagen, wir werden eine Globalisierung nicht stabil halten können,<br />
selbst wenn wir das wollten, wenn wir als Preis dafür einen Verlust von Identitäten auf<br />
kultureller Ebene abverlangen. Und das ist in vielen Fällen der Fall. Gehen Sie mal mit mir<br />
nach Nairobi und sehen Sie abends Fernsehen. Dann sehen Sie dort, in Nairobi, die alten<br />
soap operas aus Hollywood die 20 Jahre alt sind. Diese haben mit den Lebenserwartungen<br />
der Menschen dort überhaupt nichts zu tun. Sie blenden eine völlig andere Realität in diese<br />
Gesellschaft ein und haben damit eigentlich destabilisierende Tendenzen.<br />
Also, das ist nicht nur so etwas „auch wir wollen uns jetzt mit Kultur beschäftigen“. Die<br />
Erhaltung von Identitäten, auch spiritueller Identitäten, hat etwas mit der Stabilisierung und<br />
der Erwartung der Menschen in einer globalisierten Welt zu tun. Deswegen ist das damals<br />
vor der Überwindung der Bipolarität nicht so deutlich im Mittelpunkt gewesen.<br />
Natürlich können Sie hingehen und sagen, das ist auf der sozialen Ebene der Nachhaltigkeit<br />
verankert. Wenn wir die richtig interpretieren, können wir das mit einbringen. Ich will nicht<br />
sagen, dass es gänzlich unmöglich ist, aber ich bin davon überzeugt, würde der Brundtland-<br />
Bericht heute neu geschrieben, würde man ganz sicher der kulturellen Identität einen ganz<br />
eigenen Beitrag zuordnen. Weil die kulturelle Identität etwas Wesentliches für die Lebenserwartung<br />
in der eigenen Gesellschaft, für das eigene Verständnis der Menschen ist. Das<br />
führt dann schon ein gutes Stück zu dem, was der Vorsitzende gerade angesprochen hat,<br />
das führt dazu, dass kulturelle Identität zum Beispiel immer ganz eng verbunden ist mit der<br />
Diversität von Natur.<br />
Wir haben in meinem früheren Unternehmen einmal eine Untersuchung über die Zusam-<br />
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