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Broschüre als PDF - Migrationsrat Berlin-Brandenburg eV

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tion, dass die „Schaffung einer multikulturellen<br />

Gesellschaft“ zur „systematischen Zersetzung<br />

kultureller Identität“ und sogar „ganzer Völker“<br />

geführt habe, sodass es sich beim Multikulturalismus<br />

um „eines der schlimmsten Verbrechen“<br />

handle, die jem<strong>als</strong> gegen die Menschheit verübt<br />

worden seien. Indem sie den „Doktrinen“<br />

der „Toleranz“ und des „Liberalismus“ den<br />

Krieg erklären und die „multi-ethnische Gesellschaft“<br />

<strong>als</strong> „tickende Zeitbombe“ beschreiben,<br />

hängen diese gewalttätigen Netzwerke und<br />

Verschwörer_innen – ganz wie Anders Behring<br />

Breivik in Oslo und Gianluca Casseri in Florenz<br />

– der Vorstellung an, dass diejenigen, die<br />

Eingewanderte, Roma oder Muslim_innen unterstützen,<br />

ihr Land verraten. Und wir, die antirassistische<br />

Bewegung, die vom Staat <strong>als</strong> Vertreterin<br />

eines kulturellen Relativismus (sprich:<br />

des Multikulturalismus) verspottet wird, sind<br />

diejenigen, die <strong>als</strong> unpatriotisch verteufelt werden.<br />

Unsere Namen werden gesammelt und<br />

unsere Aktivitäten überwacht, von Gruppen wie<br />

dem Nation<strong>als</strong>ozialistischen Untergrund, Redwatch,<br />

Stormfront, Blood and Honour usw.<br />

Zu dem Zeitpunkt, zu dem ich schreibe, hat<br />

die italienische Staatsanwaltschaft eine Untersuchung<br />

der internationalen neonazistischen<br />

Website Stormfront eingeleitet, die von dem<br />

Amerikaner Don Black, einem ehemaligen Anführer<br />

des Ku Klux Klan, gegründet worden ist<br />

und von Florida aus betrieben wird. Stormfront<br />

hatte eine schwarze Liste „italienischer Krimineller“<br />

online gestellt, d. h. eine Liste von<br />

antirassistischen Organisationen und muslimischen<br />

und jüdischen Führungspersonen,<br />

sowie von Politiker_innen, Richter_innen, Anwält_innen,<br />

Journalist_innen, Akademiker_innen<br />

und Geistlichen, die sich „um Einwanderer<br />

kümmern“. Die Veröffentlichung dieser Namen<br />

erfolgte, nachdem ein unter dem Namen Costantino<br />

schreibendes Mitglied eines Online-<br />

Forums folgende Sätze ins Internet stellte:<br />

„Man beschuldigt uns des Rassismus gegen<br />

Einwanderer und sagt, wir würden sie grundlos<br />

hassen. Doch auch Italiener begehen Verbrechen.<br />

Ich möchte beweisen, dass ich Ausländer<br />

nicht hasse, sondern dass ich manche Italiener<br />

viel mehr hasse. Deswegen möchte ich diese<br />

Debatte eröffnen und die Namen von Italienern<br />

sammeln, die Verbrechen begehen, die Einwanderern<br />

helfen und davon profitieren.“<br />

Im nation<strong>als</strong>ozialistischen Deutschland bestand<br />

das Vorspiel zur Vernichtung in den Bemühungen<br />

der Nazis, eine Unterscheidung zu<br />

treffen zwischen denen, die der nationalen<br />

Gemeinschaft angehören und denen, die das<br />

nicht tun – etwa durch die Nürnberger Gesetze.<br />

Am Ende des Jahres 2011 können wir beobachten,<br />

dass politische Parteien vermittels einer<br />

Debatte über nationale Werte und nationale<br />

Identität wieder auf nationalistische Formeln<br />

zurückkommen. Dabei werden all diejenigen,<br />

die sich nicht dem herrschenden Narrativ über<br />

Grundwerte anschließen, <strong>als</strong> unpatriotisch<br />

oder sogar <strong>als</strong> subversiv behandelt. Durch ihre<br />

täglichen Bemühungen, den Opfern rassistischer<br />

Angriffe zu helfen, Fälle von Rassismus<br />

aufzugreifen und die Polizei zum Handeln zu<br />

zwingen, klären antirassistische Gruppen und<br />

Organisationen, die Opfer des Rassismus unterstützen,<br />

den Mainstream über die Gefahren<br />

auf, die das Zurückfallen auf nationalistische<br />

Diskurse birgt – auf Diskurse, die letztlich jedes<br />

sichtbare Zeichen von Differenz <strong>als</strong> Bedrohung<br />

definieren. Jetzt, da sich die deutsche<br />

Regierung gezwungen sieht, zuzugeben, dass<br />

die Terrorkampagne des NSU mehr <strong>als</strong> elf Opfer<br />

gefordert haben könnte, erinnern wir uns an<br />

die Namen Hoyerswerda, Solingen, Lübeck und<br />

Ludwigshafen. Gäbe es keine antirassistischen<br />

Organisationen in Deutschland, wer würde sich<br />

dann noch an diese früheren Verbrechen erinnern?<br />

Die Bedeutung des unabhängigen Monitorings<br />

liegt aber nicht nur in den täglichen<br />

Aktivitäten dieser Gruppen. Sie sind vielmehr<br />

auch die Träger einer ganzen Geschichte des<br />

Rassismus und des Widerstands. Das zehnjährige<br />

Bestehen von ReachOut ist ein Anlass,<br />

Glückwünsche auszusprechen. Doch auch die<br />

nächsten zehn Jahre werden entscheidend<br />

sein.<br />

Die Bildungsangebote von reachout<br />

unsere Zielgruppen<br />

Die Seminar- und Weiterbildungsangebote richten sich an Pädagog_innen, Multiplikator_innen,<br />

Student_innen, Schüler_innen und andere Interessierte.<br />

unsere Themen – eine Auswahl<br />

Wir entwickeln bedarfsgerechte, zielgruppenspezifische Angebote auf Anfrage.<br />

Vorurteilsfreie kommunikation<br />

Was sind Stereotype und Vorurteile? Woher haben wir sie? Was bezwecken wir mit ihnen?<br />

Was sind die Folgen? Welche Reaktions- und Handlungsmöglichkeiten haben wir?<br />

Antirassismustraining<br />

Was ist Rassismus? Was ist Diskriminierung? Welche Erscheinungsformen gibt es? Was sind<br />

die Folgen? Welche Vorurteile, Ausgrenzungserfahrungen etc. haben wir selbst? Welche Reaktions-<br />

und Handlungsmöglichkeiten gibt es für uns?<br />

empowerment Training<br />

Die Ressourcenaktivierung und -stärkung der Teilnehmer_innen wird unterstützt. Dabei werden<br />

konkrete Handlungsmöglichkeiten von Individuen und Gruppen herausgearbeitet.<br />

„wIr müssen DIe<br />

strukturen VeränDern“<br />

Interview mit Sanchita Basu<br />

Sanchita Basu ist Mitarbeiterin von Reach-<br />

Out. Jana Proschek führte das Interview.<br />

Wann und wie hast du mit antirassistischer Bildungsarbeit<br />

begonnen?<br />

Anfang der achtziger Jahre haben wir im Rahmen<br />

der Studierendenstreiks damit begonnen,<br />

Workshops zum Thema Antirassismus durchzuführen.<br />

Dam<strong>als</strong> organisierten wir an der Uni am<br />

Fachbereich Erziehungswissenschaften Seminare<br />

zum Thema Rassismus, Feminismus und<br />

Sexismus.<br />

Was war dam<strong>als</strong> deine motivation, diese seminare<br />

zu organisieren?<br />

10 Jahre ReachOut | ReachOut in der Praxis<br />

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