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Broschüre als PDF - Migrationsrat Berlin-Brandenburg eV

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Foto: www.andi.nrw.de<br />

anDI<br />

auf Dem Vormarsch?<br />

Die Bildungsarbeit des Verfassungsschutzes<br />

in Zeiten des „Extremismus“<br />

Vom Arbeitskreis Extremismusbegriff<br />

Spätestens seit dem Erscheinen des ersten<br />

Andi-Comics im Jahr 2005 hat sich der Verfassungsschutz<br />

(VS) über seinen ursprünglichen<br />

Auftrag hinaus auch der Bildungsarbeit verschrieben.<br />

Abgesehen davon, dass sich der VS<br />

dafür juristisch in einer Grauzone bewegt, ist<br />

besonders zu kritisieren, dass er in seiner Bildungsarbeit<br />

die Extremismustheorie reproduziert.<br />

So sollen schon die Kleinen lernen, was<br />

ein verfassungskonformes Spektrum ist und<br />

inwiefern die sich daraus ergebenden extremistischen<br />

Ränder sich gleichen. Besonders deutlich<br />

wird die Intention des VS anhand eines<br />

Vergleichs des ersten und dritten Andi-Comics.<br />

Die extremismustheorie nach Backes und Jesse<br />

Die Extremismustheorie nach Uwe Backes und<br />

Eckhard Jesse konstruiert eine „gute, demokratische<br />

Mitte“, die den demokratischen Verfassungsstaat<br />

auf Grundlage der freiheitlichen<br />

demokratischen Grundordnung (fdGO) reprä-<br />

Der Arbeitskreis Extremismusbegriff ist ein<br />

Zusammenschluss von Politikwissenschaftler_innen,<br />

die sich kritisch mit dem Begriff<br />

des politischen Extremismus auseinandersetzen.<br />

Schwerpunkt des Arbeitskreises ist<br />

die Bildungsarbeit des Verfassungsschutzes,<br />

insbesondere die Andi-Comics.<br />

(arbeitskreis.extremismusbegriff@googlemail.com)<br />

sentiert. Zu der Mitte wird ein „links“- bzw.<br />

„rechtsextremistischer“ Rand entworfen, der<br />

diesen demokratischen Verfassungsstaat ablehnt.<br />

Das Konstrukt der demokratischen Mitte<br />

ist auf diesen Extremismusbegriff angewiesen,<br />

um sich in Abgrenzung dazu produzieren zu<br />

können. Die Extremismustheorie bemüht das<br />

sogenannte Hufeisenmodell, um die politischen<br />

Spektren grafisch darzustellen. Die demokratische<br />

Mitte wird von einem linken und<br />

rechten Rand eingegrenzt. Die extremistischen<br />

Ränder sind am weitesten von der demokratischen<br />

Mitte entfernt und nähern sich außerhalb<br />

dieses verfassungskonformen Spektrums<br />

an. Die Reduzierung auf die Ablehnung der demokratischen<br />

Mitte und damit der FdGO spart<br />

eine inhaltliche Auseinandersetzung aus. Auf<br />

diese Weise erfolgt de facto eine Gleichsetzung<br />

von links und rechts. Dies führt zu einer Kriminalisierung<br />

von Linken und einer Verharmlosung<br />

der Gefahr, die von der extremen Rechten<br />

ausgeht.<br />

Mit Hilfe der Extremismustheorie wird ein gesamtgesellschaftliches<br />

Phänomen an eine<br />

kleine Randgruppe delegiert und extrem rechte<br />

und antidemokratische Einstellungen in der<br />

gesamten Bevölkerung geleugnet. Insgesamt<br />

kann die Extremismustheorie <strong>als</strong> ideologisches<br />

Instrument zur Immunisierung des demokratischen<br />

Verfassungsstaates gegen Kritik verstanden<br />

werden.<br />

Der Verfassungsschutz und die extremismustheorie<br />

Der Verfassungsschutz hat die Aufgabe, die<br />

FdGO des Grundgesetzes zu schützen, bevor<br />

es zu konkreten Angriffen auf sie kommt. Seine<br />

Aufgaben sind im §3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes<br />

mit der Formulierung „Sammlung<br />

und Auswertung von Informationen“ festgeschrieben.<br />

Diese Informationen sollen auch<br />

der Aufklärung der Öffentlichkeit dienen. Auswertung<br />

versteht das Bundesamt dementsprechend<br />

<strong>als</strong> Legitimation für die Publikation einer<br />

breiten Palette an Informationsangeboten, wie<br />

Borschüren und Ausstellungen. Auf Landesebene<br />

gibt es ähnliche Formulierungen, die den Behörden<br />

eine Öffentlichkeitsarbeit zugestehen.<br />

Problematisch erscheint hier, dass es keine gesetzlichen<br />

Regeln gibt, worüber genau berichtet<br />

werden darf. Formulierungen wie „FdGO-<br />

feindlich“ oder „extremistisch“ sind zum einen<br />

sehr abstrakt, zum anderen auch keine Rechtsbegriffe,<br />

sondern politische Werturteile.<br />

Bei der Öffentlichkeitsarbeit – der VS wehrt<br />

sich strikt gegen den Begriff Bildungsarbeit –<br />

wird deutlich, dass der VS sich sowohl bei der<br />

Auswahl der Themenfelder (Links- und Rechtsextremismus)<br />

<strong>als</strong> auch inhaltlich stark an der<br />

Extremismustheorie orientiert. Die Konstruktion<br />

einer demokratischen Mitte, die nicht thematisiert<br />

und damit de facto von jeglichen problematischen<br />

Tendenzen frei gesprochen und<br />

nur durch „extremistische Ränder“ bedroht<br />

wird, findet sich in fast jeder Publikation. Daher<br />

wundert es kaum, dass neben der inhaltlichen<br />

Nähe auch eine personelle Verknüpfung zwi-<br />

10 Jahre ReachOut | ReachOut in der Praxis<br />

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