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5. Pressereaktionen im deutschen Sprachraum in ... - Historicum.net

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77<br />

E<strong>in</strong> weiterer, uns erhaltener Bericht, der noch vor dem Todesurteil verlasst<br />

wurde, stammt aus der Feder des <strong>deutschen</strong> Professors Johann Michael Afsprung.<br />

Dieser beschreibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch "Reise durch e<strong>in</strong>ige Cantone der<br />

Eidgenossenschaft", das <strong>im</strong> Jahre 1784 gedruckt wurde, die Situation <strong>in</strong> Glarus,<br />

wie sie kurze Zeit vor der Fällung des Todesurteils herrschte. 271 Se<strong>in</strong>en Bericht<br />

aus Glarus hält er <strong>im</strong> neunten Brief fest. Dieser trägt das Datum vom sechsten Juni<br />

1782. Da J. M. Afsprung ke<strong>in</strong> evangelischer Glarner war, muss das Datum auf den<br />

"alten Styl" umgeschrieben werden. Demnach hatte er se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>drücke am 26. Mai<br />

1782 "alten Styls" festgehalten. Er hatte Gelegenheit gehabt, mit den am Prozess<br />

Beteiligten zu sprechen. Bemerkenswerterweise blieb er bei se<strong>in</strong>er aufgeklärten<br />

Haltung und Iiess sich von der allgeme<strong>in</strong>en St<strong>im</strong>mung nicht anstecken.<br />

Schon auf me<strong>in</strong>er Reise hierher habe ich h<strong>in</strong> und wieder so viel davon gehöret, dass ich begierig war,<br />

die Geschichte hier selbst zu hören; nicht als wenn ich begriffe, deren Richtigkeil mir die gesunde<br />

Vernunft verbOrget, sondern zu ertahren, was an der Sache selbst wäre, well ich wohl weiss, dass die<br />

ErzFraubase, die Fama, alles entstellet. Es war mir daher sehr angenehm, als ich den Vater des<br />

behexten K<strong>in</strong>des In e<strong>in</strong>er Gesellschaft zu sprechen Gelegenheit hatte, und die ganze Historia von<br />

ihm selber vernahm.272<br />

Er schildert nun den Verlauf des Handels, wie er ihn vom Vater des Anne<br />

Miggeli erzählt bekam. Das Mädchen habe <strong>im</strong> Beise<strong>in</strong> von vielen Personen unter<br />

Schmerzen nach und nach über 100 Stecknadeln und Eisennägel erbrochen, und<br />

weil e<strong>in</strong>ige Zeit vorher <strong>in</strong> der Morgensuppe des K<strong>in</strong>des solche Stecknadeln<br />

gefunden wurden, sei der Verdacht auf die ehemalige Magd Anna Göldi gefallen.<br />

Diese sei aber ausser Landes gegangen. In ihrer Abwesenheit sei der Verdacht<br />

<strong>im</strong>mer stärker geworden, Anna Göldi habe das K<strong>in</strong>d verhext. Dieser Aberglaube<br />

sei bestärkt worden durch den Vieharzt Irm<strong>in</strong>ger, der trotz se<strong>in</strong>es nicht gerade<br />

guten Rufes273 von den Eltern des Anne Miggeli zu ihm bestellt wurde, <strong>in</strong> der<br />

Hoffnung, er könne mit se<strong>in</strong>en zwielichtigen Künsten das K<strong>in</strong>d heilen.<br />

So sei die Magd gesucht worden und als sie schliesslich <strong>in</strong> Glarus<br />

gefangengesetzt wurde, sei sie angehalten worden, das Mädchen, das sie<br />

"verderbt" habe, wieder zu heilen.<br />

über den Grund, warum die Heilungsversuche durch Anna Göldi des Nachts<br />

271 J.M. Afsprung: Reise durch e<strong>in</strong>ige Cantone, 1784, 143·178.<br />

272 Ebenda. 171 ·172.<br />

273 Ex1ractus Prolocolli der Grafschaft Kyburg, sub 2. April 1783. In: Gazette de sante, 1783. 225·<br />

236.

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