Flugleiter - GdF Gewerkschaft der Flugsicherung eV
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<strong>der</strong> flugleiter 2011/04/05<br />
16<br />
Aktuell<br />
Turbojustiz<br />
In zwei Tagen durch vier Instanzen: die Gerichtsverfahren zum Streik bei <strong>der</strong> DFS<br />
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht David Schäfer, Bremen<br />
Die juristischen Scharmützel <strong>der</strong> DFS mit <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> um die Zulässigkeit<br />
eines Streiks in den ersten Augustwochen haben<br />
im medialen Sommerloch allseits für Spannung, aber auch<br />
für Verwirrung und Missverständnisse gesorgt. Das ist kein<br />
Wun<strong>der</strong>, denn nur ganz selten verdichtet sich eine gerichtliche<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>der</strong>art, dass alle maßgeblichen Erklärungen<br />
und Entscheidungen <strong>der</strong> Parteien und des Gerichts<br />
an nur einem Tag, gar in nur wenigen Stunden erfolgen müssen.<br />
Für Erläuterungen gegenüber <strong>der</strong> Presse und allen an<strong>der</strong>en,<br />
die nicht unmittelbar prozessbeteiligt sind, bleibt da oft<br />
keine Zeit. Kein Wun<strong>der</strong> also auch, dass im Umfeld eines solchen<br />
Prozesses dann nicht jede Darstellung in <strong>der</strong> Presse<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>swo dem Geschehen voll gerecht wird. Ein guter<br />
Grund, die Abläufe im Nachhinein noch einmal zu rekonstruieren<br />
und die Hintergründe darzustellen.<br />
Tag 1: 03.08.2011<br />
Die DFS hat in <strong>der</strong> Presse angekündigt, <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> im Wege des so<br />
genannten einstweiligen Rechtsschutzes die Durchführung<br />
des für den 04.08., 6.00 Uhr, angekündigten Streiks gerichtlich<br />
untersagen lassen zu wollen. Emsige Recherche ab 9.00 Uhr<br />
bei den in Frage kommenden Gerichten ergibt, dass ein entsprechen<strong>der</strong><br />
Antrag <strong>der</strong> DFS bislang nicht vorliegt. Am Arbeitsgericht<br />
Frankfurt, das in <strong>der</strong>artigen Angelegenheiten <strong>der</strong><br />
GDL, <strong>der</strong> VC, und auch <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> schon häufiger entscheiden<br />
musste, ist man auf den Eingang organisatorisch vorbereitet.<br />
Obwohl die Streikankündigung für die DFS alles an<strong>der</strong>e als<br />
überraschend kommt, liegt <strong>der</strong> ca. 50seitige Unterlassungsantrag<br />
erst nach 10.00 Uhr bei Gericht vor. Das Arbeitsgericht<br />
Frankfurt reagiert sofort, lädt für den Nachmittag des gleichen<br />
Tages zur mündlichen Verhandlung und setzt <strong>der</strong> <strong>GdF</strong><br />
eine Frist bis 15.00 Uhr zur schriftlichen Stellungnahme.<br />
Die Durchsicht des Schriftsatzes ergibt: <strong>der</strong> Arbeitgeber begründet<br />
seinen Antrag damit, drei <strong>der</strong> von <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> in <strong>der</strong><br />
Tarifauseinan<strong>der</strong>setzung erhobenen For<strong>der</strong>ungen seien –<br />
nach seiner Auffassung – unzulässig, weshalb <strong>der</strong> diesbezügliche<br />
Arbeitskampf seinerseits wie<strong>der</strong>um unzulässig sei.<br />
An<strong>der</strong>e Aspekte des Arbeitskampfes (etwa dessen Umfang,<br />
Länge o<strong>der</strong> Art und Umfang <strong>der</strong> Notdienstarbeiten) rügt <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber nicht.<br />
Die Rechtsauffassung des Arbeitgebers ist für die <strong>GdF</strong> we<strong>der</strong><br />
inhaltlich noch nach dem Verlauf <strong>der</strong> vorangegangenen siebenmonatigen<br />
Verhandlungen nachzuvollziehen: zum Teil<br />
waren die vom Arbeitgeber monierten Tariffor<strong>der</strong>ungen ihrer<br />
Art nach bereits vom Bundesarbeitsgericht ausdrücklich für<br />
zulässig erklärt worden, zum Teil sind es rein redaktionelle<br />
Verän<strong>der</strong>ungen ohne jedes eigene Verhandlungsvolumen, zum<br />
Teil hat sich <strong>der</strong> Arbeitgeber in den Tarifverhandlungen zuvor<br />
auf diese Punkte eingelassen, ohne die Rüge ihrer angeblichen<br />
Unzulässigkeit auch nur einmal zu erheben. Für die <strong>GdF</strong><br />
ist klar: hier schiebt <strong>der</strong> Arbeitgeber zum Teil Verhandlungspunkte<br />
als angeblich rechtlich kritisch vor, die in den Verhandlungen<br />
aus Sicht bei<strong>der</strong> Seiten inhaltlich unkritisch und<br />
bis auf einen (vergleiche unten) auch unbedeutend waren.<br />
Auf entsprechenden Vortrag <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> in <strong>der</strong> Verhandlung und<br />
auf die Frage des Gerichts, warum sie nicht die Schlichtung<br />
anrufe, erklärt die DFS ausdrücklich, alle aus ihrer Sicht<br />
rechtlich problematischen Punkte im Verfahren klären lassen<br />
zu wollen, um weitere Tarifverhandlungen bzw. eine etwaige<br />
Schlichtung von rechtlichen Fragen und von unzulässigen<br />
For<strong>der</strong>ungen freizuhalten. Erst müsse also eine abschließende<br />
Klärung dieser Punkte durch das Gericht erfolgen. Darüber<br />
hinaus gehe es ihr bei <strong>der</strong> Klärung um das Wohl ihrer Mitarbeiter,<br />
die sich sonst an einem gegebenenfalls rechtswidrigen<br />
Arbeitskampf beteiligten und arbeitsrechtliche Konsequenzen<br />
riskierten. Letzteres ist schon deswegen scheinheilig, weil es<br />
ja die DFS selbst war, die ihre Mitarbeiter aufs wildeste bedrohte<br />
– und das, obwohl sogar dem Arbeitgeber bekannt<br />
sein dürfte, dass die Beteiligung an einem Streiks keine arbeitsrechtlichen<br />
Nachteile für die Teilnehmer zur Folge haben<br />
darf, sofern nicht die Unzulässigkeit des Streiks für sie<br />
auf <strong>der</strong> Hand liegt. Wie sich später herausstellen wird, war<br />
diese hehre Begründung im Übrigen die blanke Unwahrheit.<br />
Da also eine Einigungsbereitschaft <strong>der</strong> DFS nicht bestand,<br />
musste das Gericht entscheiden. Aus seiner Sicht war die Tariffor<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> <strong>GdF</strong>, die Heraufgruppierung bei vertretungsweiser<br />
Übernahme einer höher gruppierten Tätigkeit bereits<br />
nach sechs und nicht erst nach 24 Monaten vorzunehmen,<br />
mit <strong>der</strong> dazu im MTV bestehenden Tarifregelung nicht zu vereinbaren.<br />
Ein in den Verhandlungen schon deswegen völlig<br />
nebensächlicher Punkt, weil auch bisher schon nach fünf<br />
Wochen <strong>der</strong> Unterschiedsbetrag zur höheren Gruppe in Form<br />
einer persönlichen Zulage ausgeglichen wird. Kosten für den<br />
Arbeitgeber durch die Erfüllung <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung: null.<br />
Die hessische Arbeitsgerichtsbarkeit ist – wie gesagt – gewappnet:<br />
die Berufung gegen das Urteil kann noch am gleichen<br />
Abend erhoben und vor dem Landesarbeitsgericht verhandelt<br />
werden. Von dieser Möglichkeit macht die <strong>GdF</strong> Gebrauch und<br />
erklärt zugleich, die vom Gericht für unzulässig gehaltene<br />
For<strong>der</strong>ung – lediglich vorsorglich – ebenso zurückzunehmen<br />
wie einen weiteren vom Arbeitgeber gerügten Punkt. Übrig<br />
bleibt also als einzige For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>GdF</strong>, die angeblich unzulässig<br />
sein soll die Schaffung so genannter Besetzungsre-