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Gesamtkonzeption Stand: 01.01.09 - Klinik Eschenburg

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Konzeption<br />

<strong>Gesamtkonzeption</strong> <strong>Stand</strong>: <strong>01.01.09</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

Grundaussagen zum Gesamtkonzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> .................................................... 2<br />

Qualitätspolitik und Qualitätssicherung..................................................................................... 2<br />

Einführende Patienteninformation ............................................................................................. 5<br />

Kurzzeittherapie/Auffrischungsbehandlung............................................................................. 10<br />

Langzeittherapie ....................................................................................................................... 15<br />

Kombinationstherapie .............................................................................................................. 19<br />

Konzept Übergangsphase zwischen Entgiftung und Therapie................................................. 22<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen ..................................................................................... 26<br />

Behandlung von Patienten aus dem russischen Sprachraum ................................................... 32<br />

Psychogene Essstörung ............................................................................................................ 34<br />

Integration von polytoxikomanen Patienten in das Gesamtkonzept ........................................ 39<br />

Konzept zur Behandlung der Medikamentenabhängigkeit ...................................................... 41<br />

Konzept zur Behandlung traumatischer Störungen (PTBS) .................................................... 46<br />

Fachambulanz........................................................................................................................... 49<br />

Adaption................................................................................................................................... 63<br />

Stationäre Stabilisierungsphase in der Fachklinik während der Adaption............................... 69<br />

Konzept Intensiv Betreutes Wohnen........................................................................................ 70<br />

Literaturverzeichnis.................................................................................................................. 82<br />

Inhaltsverzeichnis 1


Grundaussagen zum Gesamtkonzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong><br />

Die Konzeption der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> orientiert sich an dem bio-psycho-sozialen<br />

Krankheitsbild der Abhängigkeitserkrankung gemäß den Leitlinien der AWMF welche<br />

beschreibt: „Postakute Behandlungen bestehen meist in Maßnahmen der Entwöhnung von<br />

Alkohol zum Erhalt, der Verbesserung oder der Wiederherstellung der Funktions- und<br />

Leistungsfähigkeit des chronischen Alkoholkranken (oder behinderten Menschen im Sinne<br />

der ICF Definition der WHO 2001) in Alltag und Beruf“.<br />

Die dort getroffenen Aussagen werden mit Hilfe der, in der Konsultationsfassung der<br />

Rentenversicherungsträger festgelegten ETM‘s (evidenzbasierte Therapiemodule) umgesetzt.<br />

Dabei wird in festgelegten Zeitabschnitten geprüft, ob die erbrachten KTL-Leistungen<br />

(Katalog therapeutischer Leistungen) den Erfordernissen des Patientenbedarfs entsprechen.<br />

Diese Überprüfung wird eingebettet in das interne Qualitätsmanagementverfahren, welches<br />

kontinuierlich die Anforderungen überprüft und den neuesten Bestimmungen und<br />

Erkenntnissen anpasst.<br />

Qualitätspolitik und Qualitätssicherung<br />

Qualitätspolitik der Einrichtung<br />

Unter Qualitätspolitik verstehen wir,<br />

• die Darstellung nach Außen, d.h. Kontaktpflege mit den vor- und nachsorgenden<br />

Stellen;<br />

• unsere Therapiekonzepte regelhaft zu überprüfen und entsprechend anzupassen;<br />

• Fort- und Weiterbildung für Mitarbeiter<br />

• von Transparent und Toleranz geprägte Mitarbeiterführung<br />

.<br />

Durch die ständige Zusammenarbeit zwischen Patienten, Mitarbeitern, <strong>Klinik</strong>leitung und<br />

Leistungsträgern überprüfen wir regelmäßig unser Tun auf Effektivität. Wie dies im<br />

Einzelnen aussieht erläutern wir in den nächsten Punkten.<br />

Strategische und operative Ziele<br />

Wie nachfolgend noch zu sehen ist, leisten wir gute und effektive Arbeit. Dies ist auch unser<br />

Ziel für die nächsten Jahre. Wir gewährleisten die Qualität dadurch, dass wir uns z.B. aktiv<br />

mit den Leitlinien der Rentenversicherungsträger auseinander setzen. Diese Leitlinien sollen<br />

weitere Verbesserungen in der Rehabilitation Alkoholabhängiger erreichen und zu einer<br />

bundesweit nachvollziehbaren Behandlung führen. Dabei wird die besondere Individualität<br />

unserer Arbeit mit Sicherheit erhalten bleiben.<br />

Wir nehmen an den Qualitätssicherungsmaßnahmen der RV-Träger teil, dazu gehört das Peer-<br />

Review Verfahren sowie die Überprüfung unserer therapeutischen Leistungen bezogen auf<br />

den einzelnen Patienten. Patientenorientierte Behandlungsqualität wird durch die subjektiven<br />

Aussagen (Patienten-Zufriedenheitsfragebogen) überprüft. Auf diesem Hintergrund haben wir<br />

in den letzten Jahren zahlreiche Veränderungen, z.B. unseren modernen Fitness-Raum,<br />

umgesetzt.<br />

Einführende Patienteninformation 2


Als Teil unserer Qualitätspolitik ist der Reha-Verbund des Lahn-Dill-Kreises zu sehen, in<br />

dem maßgebliche Organisationen Hand in Hand zusammenarbeiten, so dass eine nahtlose<br />

Versorgung unserer Patienten möglich ist.<br />

Qualitätspolitik intern bedeutet, dass wir abteilungsspezifische einjährige Qualitätsziele<br />

benennen. Die Überprüfung dieser Ziele erfolgt über die Leitungskonferenz und durch die<br />

jährlichen internen Audits<br />

Umsetzung von Leitlinien<br />

Leitlinien sind schriftliche Empfehlungen bzw. systematisch entwickelte Entscheidungshilfen,<br />

zum Beispiel der GRV, zur Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen.<br />

Experten aus insgesamt 17 Fachgesellschaften entwickelten Behandlungsrichtlinien für<br />

substanzbezogene Störungen. Ziel der Leitlinien ist es, den aktuellen <strong>Stand</strong> der<br />

wissenschaftlich begründeten und evidenzbasierten Medizin in der Suchttherapie unabhängig<br />

von regionalen und nationalen Behandlungseinrichtungen zu beschreiben.<br />

Die Leitlinien der GRV werden umgesetzt. Seit Juni 2007 ist die Anzahl der Einzelgespräche<br />

erhöht, das heißt, jeder Patient erhält pro Woche mindestens ein Einzelgespräch, unabhängig<br />

von akuten Kriseninterventionen und sonstigen Therapiegesprächen.<br />

Im Bereich der Angehörigenarbeit, der Förderung der sozialen Integration wie auch in der<br />

Sport- und Bewegungstherapie entspricht unsere Arbeit ebenfalls den Anforderungen der<br />

Leitlinien.<br />

Umsetzung spezifischer rechtlicher Anforderungen<br />

Die Anforderungen des Hygienemanagements sowie des Arbeitsschutzmanagements der<br />

BGW werden erfüllt und werden kontinuierlich durch das Zertifizierungsverfahren des<br />

internen Qualitätsmanagements überprüft. Neben den verantwortlichen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern sind bei der Planung um Umsetzung der Richtlinien auch Fachkräfte aus<br />

externen Institutionen z.B. des TÜV beteiligt.<br />

Qualitätssicherung für die Einrichtung<br />

In der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> erfolgt eine interne und externe Qualitätskontrolle durch<br />

Erhebungen und Sicherungsverfahren der Rehabilitationsträger. Die <strong>Klinik</strong> erhält durch<br />

Berichte zur Qualitätssicherung differenzierte Rückmeldungen. Durch jährliche Audits wird<br />

die Einhaltung der anspruchsvollen Qualitätsgrundsätze der DEGEMED dokumentiert.<br />

Internes Qualitätsmanagement<br />

Unter Qualitätsmanagement verstehen wir nachvollziehbare Therapiekonzepte, Fort- und<br />

Weiterbildung unserer Mitarbeiter, eine von Toleranz und Transparenz geleitete<br />

Mitarbeiterführung sowie Kontaktpflege nach Außen, wie z.B. Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Unser Handbuch stellt zunächst das Regelwerk unserer Arbeit dar; die Inhalte bzw. die Arbeit<br />

wird allerdings jährlich durch interne Audits überprüft. In der täglichen Arbeit bilden<br />

wöchentliche Qualitätszirkel, mit allen Bereichen die Grundlage für eine aufeinander<br />

abgestimmte, zum Wohle der Patienten abgestimmte Arbeit. Herr Schüler, unserer<br />

Qualitätsmanagementbeauftragter (QMB), ist der Ansprechpartnerin für das QM-System. Er<br />

aktualisiert und pflegt unser QM-Handbuch. Herr Dr. Klein ist Beauftragter der obersten<br />

Leitung (BOL) und koordiniert und überwacht die Prozesse.<br />

Einführende Patienteninformation 3


In den wöchentlich stattfindenden Bereichsbesprechungen (Qualitätszirkel) werden<br />

zusammen mit den Patientensprechern Wünsche/Anfragen/Veränderungen aufgegriffen und,<br />

wenn möglich, die Lösung gleich im Protokoll festgehalten.<br />

In diesem Qualitätszirkel wird auch aufgegriffen, was an Veränderungsvorschlägen, Anfragen<br />

und Verbesserungen von den Mitarbeitern herangetragen wird.<br />

Eine wesentliche Grundlage für unser Qualitätsmanagement ist unsere Maßnahmenliste.<br />

Mängel /Schnittstellenprobleme, notwendige Verbesserungen, die zum Beispiel im jährlichen<br />

internen Audit auffallen, werden in die Maßnahmenliste übernommen und kontrolliert<br />

abgearbeitet. In der ebenfalls wöchentlichen Leitungskonferenz ist die Maßnahmenliste ein<br />

Instrument der kontinuierlichen Verbesserung und Weiterentwicklung.<br />

Durch unseren internen Schulungsplan, der jährlich erstellt wird, nehmen wir uns Zeit unsere<br />

Arbeit zu reflektieren und zu überprüfen.<br />

Qualifizierung der Mitarbeiter<br />

Entsprechend den Anforderungen der Leistungsträger erfüllen unsere Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter die geforderten Qualifikationen und bilden sich regelmäßig in internen und<br />

externen Weiterbildungsangeboten fort.<br />

Externe Qualitätssicherung<br />

Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> nimmt am externen Qualitätssicherungsverfahren der Deutschen<br />

Rentenversicherung Bund und der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen teil.<br />

Dies betrifft das Peer Review Verfahren und die externe Patientenbefragung. Die<br />

Strukturanforderungen ebenso wie die Personalstandspläne werden regelmäßig vorgelegt.<br />

Einführende Patienteninformation 4


Einführende Patienteninformation<br />

Sich helfen lassen ist eine Stärke<br />

Über Sucht wird heute viel gesprochen und geschrieben. Oft ist dieser Begriff negativ<br />

belastet. Charakter, Willensschwäche und Haltlosigkeit werden landläufig als Ursache für<br />

eine Suchterkrankung angenommen. Die Gründe für eine Abhängigkeit von Suchtmitteln sind<br />

aber vielfältig. Eine Abhängigkeit entsteht nicht von heute auf morgen, sie entwickelt sich<br />

vielmehr über einen längeren Zeitraum hinweg, indem Versuche, selbst mit der Abhängigkeit<br />

fertig zu werden, immer wieder scheiterten. Der Weg in Richtung Selbstständigkeit bedarf<br />

konstruktiver Hilfen. Das Suchtmittel, wie Alkohol oder Tabletten ist ein unverzichtbarer Teil<br />

des Lebens geworden, ohne den der Süchtige glaubt, nicht mehr leben zu können.<br />

Ursprünglich diente der Konsum des Alkohols, der Tabletten, dazu, sich für den Moment in<br />

irgendeiner Art und Weise besser zu fühlen. Im Verlauf der Entstehung der Abhängigkeit<br />

jedoch traten die körperlichen und geistigen Nachteile in den Vordergrund. Die Abhängigkeit<br />

zu akzeptieren ist nicht einfach – besonders, wenn man das Suchtmittel noch braucht. Oft<br />

kann erst mit dem Verzicht darauf, die eigene Abhängigkeit deutlich wahrgenommen und<br />

verstanden werden. Schwer ist auch die Entscheidung, sich in eine Behandlung zu begeben.<br />

Oft ist weniger die eigene Überzeugung zu einer Therapie, sondern eher die Angst, den<br />

Arbeitsplatz zu verlieren, die Partnerschaft und Familie zu zerstören oder Befürchtungen um<br />

die eigene Gesundheit, Antrieb für eine Entscheidung. Eine Behandlung bietet vielfältige<br />

Chancen. Sie kann einen Weg aus dem Teufelskreis der Abhängigkeit aufzeigen und<br />

Möglichkeiten zu einem gesünderen und sinnvolleren Leben öffnen. Den Mut haben, alte<br />

Wege zu verlassen, sich einzugestehen, dass man alleine nicht weiterkommt und sich auf<br />

Unbekanntes einzulassen, ist der Teil, den ein Abhängiger mitbringen muss. Unsere<br />

ehemaligen Patienten sagen oft, die Therapie war ein Einschnitt in unserem bisherigen Leben,<br />

ein Einschnitt, der Angst macht, der sich aber gelohnt hat .Mit der vorliegenden Broschüre<br />

wollen wir Ihnen einen Einblick in die Behandlung unserer <strong>Klinik</strong> geben, wir wollen Sie<br />

informieren und Ihnen Hilfen an die Hand geben, mögliche Ängste abzubauen. Sollten Ihnen<br />

die Informationen nicht ausreichen, so wenden Sie sich bitte telefonisch oder schriftlich an<br />

uns. (Anschrift und Telefon sowie E-Mail-Adressen finden Sie im Anhang.) Wir beantworten<br />

gern Ihre Fragen. Nach vorheriger Absprache ist auch eine Besichtigung der <strong>Klinik</strong> möglich.<br />

Für wen ist die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> geeignet?<br />

Unsere Therapie ist abgestimmt auf die Behandlung von Frauen und Männern ab dem 18.<br />

Lebensjahr, die frei von Alkohol und/oder Medikamenten leben möchten. Sollte Sie Ihre<br />

momentane Lebensweise, besonders Ihr problematischer Umgang mit Alkohol und<br />

Medikamenten unzufrieden machen, sollten eigene Versuche mit der sucht fertig zu werden<br />

schon gescheitert sein, sollten Ihnen Mitmenschen raten an einer Therapie teilzunehmen,<br />

dann können Sie unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Behandlung in unserer <strong>Klinik</strong><br />

aufgenommen werden. Nicht geeignet ist unsere Einrichtung für Patienten, die<br />

unveränderliche hirnorganische Schäden haben, für Menschen mit akuten<br />

Selbsttötungswünschen, für Süchtige, die von harten Drogen abhängig sind und Menschen<br />

mit psychotischen Störungen.<br />

Einführende Patienteninformation 5


Um eine sinnvolle Vor- und Nachbetreuung der Patienten sicherzustellen, stimmen wir deren<br />

Aufnahme mit der zuständigen Beratungsstelle und dem jeweiligen Leistungsträger ab. Die<br />

<strong>Klinik</strong> vereinbart mit dem Betroffenen und der Beratungsstelle ein festes Aufnahmedatum, an<br />

dem der Patient bis 11.00 Uhr in der <strong>Klinik</strong> eintreffen sollte.<br />

Die besonderen Möglichkeiten der Übergangsphase nach qualifizierter Entgiftung<br />

entnehmen Sie bitte dem entsprechenden Kapitel ab Seite 22.<br />

Wegen des einfacheren Sprachgebrauchs wird im Text die männliche Form verwendet.<br />

Selbstverständlich sind damit auch die Frauen angesprochen.<br />

Allgemeine Informationen zu unseren Therapiegruppen<br />

Unsere Patienten sind in feste Bezugsgruppen integriert. Jede Gruppe hat ca. 10-12<br />

Mitglieder. In dieser Therapiegruppe verbleiben Sie während der gesamten Therapiezeit.<br />

Jeder Gruppe ist ein fester Gruppentherapeut zugeordnet, der sowohl für die Gruppentherapie<br />

wie auch die Einzeltherapie zuständig ist und Sie in den gesamten therapeutischen Belangen<br />

begleitet.<br />

Jede Bezugsgruppe hat ihren eigenen Gruppenraum. Die Gruppenräume stehen den Patienten<br />

auch als Aufenthaltsraum zur Verfügung. Die Gruppenräume sind mit einem Fernseher<br />

ausgestattet. In den Gruppenräumen steht Ihnen eine kleine Teeküche zur Verfügung. Darüber<br />

hinaus gibt es mit einer Bibliothek, Spieleräume und einer Cafeteria als allgemeine<br />

Begegnungsstätten.<br />

Die Zuordnung einer Gruppe zu einem eigenen Aufenthalts- und Gruppentherapieraum soll<br />

die Möglichkeit bieten, sich besser kennenzulernen bzw. gemeinsame Freizeitaktivitäten zu<br />

planen .<br />

Die Räumlichkeiten können von den Gruppen gestaltet werden, so dass eine freundliche<br />

Gruppenatmosphäre entstehen kann, in der sich alle wohlfühlen .<br />

Den typisch Suchtkranken gibt es nicht!<br />

Jeder Mensch hat eine ganz persönliche Lebensgeschichte. So unterschiedlich die Menschen<br />

sind, so verschieden sind auch die Ursachen für eine Abhängigkeit. Alkohol und Tabletten<br />

werden unterschiedlich lange, unterschiedlich intensiv und aus unterschiedlichen Gründen<br />

eingenommen. Allen unseren Patienten ist eines gemeinsam; sie sind in die Abhängigkeit<br />

eines Suchtmittels geraten. Die Behandlung in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> geht auf die<br />

persönlichen Hintergründe und die jeweiligen Auswirkungen für den Einzelnen ein. Es gibt<br />

nicht die Behandlung in der <strong>Klinik</strong>, sondern für jeden Einzelnen wird ein individueller<br />

Behandlungsplan erstellt, der den persönlichen Belangen des Patienten Rechnung tragen soll.<br />

Alle Maßnahmen dienen dem Patienten zur Entfaltung eigener Möglichkeiten, seine<br />

Erkrankung und seine Probleme selbst besser bewältigen zu können. Mit der Behandlung<br />

wollen wir die Gesundheit des Patienten wiederherstellen und erhalten, zu mehr<br />

Selbstvertrauen verhelfen und einen bewussteren Umgang mit der eigenen Person bewirken.<br />

Der Patient soll lernen, auch nach seinem Aufenthalt abstinent und zufrieden zu leben.<br />

Behandlungsspektrum<br />

Die Behandlung in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> verläuft in Therapiegruppen, die unterschiedliche<br />

Schwerpunkte haben. Im folgenden Abschnitt stellen wir Ihnen die verschiedenen<br />

Behandlungsschwerpunkte in Kurzform vor.<br />

Einführende Patienteninformation 6


Insgesamt umfasst unsere Behandlungsspektrum einen Zeitrahmen von 6 – 16 Wochen,<br />

wobei eine Regelbehandlungszeit von 12 Wochen zu beachten ist.<br />

Kombinationstherapie (Kurzzeittherapie)<br />

Die Kombinationstherapie stellt eine Verknüpfung von ambulanter und stationärer<br />

Therapieform dar. Ziel der Kombinationstherapie ist, die beiden Therapieformen noch<br />

intensiver miteinander zu verknüpfen, die Therapieziele aufeinander abzustimmen und eine<br />

hohe Antrittsquote der nachstationären Phase zu erreichen. In der Regel dauert die stationäre<br />

Phase 10-12 Wochen mit anschließender intensiver (2 x wöchentlich Gruppe) ambulanter<br />

Weiterbehandlung .<br />

In der Kurzzeittherapie mit einer möglichen Behandlungszeit von 4-12 Wochen bei einer<br />

Regelbehandlungszeit von 8 Wochen, erhält der Patient die Möglichkeit, von Beginn an mit<br />

Arbeitsmaterialien sehr eigenverantwortlich seine Therapie mitzugestalten. Dabei gehen wir<br />

davon aus, dass die entsprechenden Patienten ein hohes Maß an Krankheitseinsicht und<br />

Veränderungsbereitschaft mitbringen.<br />

Mittel- bis langfristige Therapie<br />

In der mittel- bis langfristigen Therapie mit einer Behandlungszeit von 8 – 16 Wochen<br />

(Regelbehandlungszeit 12 Wochen) sind Patienten am besten aufgehoben, deren<br />

Suchtmittelabhängigkeit schon über mehrere Jahre hinweg besteht, die für sich erst einmal<br />

herausfinden müssen, worin der Vorteil einer dauerhaften Abstinenz besteht und die sowohl<br />

körperlich als auch sozial und psychisch längere Zeit benötigen ,um aus den gegebenen<br />

Kreisläufen auszusteigen.<br />

Spezielle Therapie für ältere Patienten<br />

Für ältere Patienten, die nicht mehr erwerbstätig sind und/oder dies auch aus gesundheitlichen<br />

Gründen nicht mehr anstreben, meistens Personen über 50 Jahre, haben wir besondere<br />

Gruppen eingerichtet, die den speziellen Fragen und Therapiezielen gerecht werden. Neue<br />

Lebensinhalte, neue Lebensperspektiven entwickeln, bedeutet, sich aktiv mit der<br />

gegenwärtigen Situation, den eigenen Wünschen und Bedürfnissen sowie der Erarbeitung<br />

praktischen Fragestellungen auseinander zu setzen. „Wie verbringe ich meine Freizeit, wie<br />

schaffe ich es, Kontakt zu anderen aufzunehmen, wie halte ich mich körperlich fit, wie gehe<br />

ich mit dem Alleinsein um“ usw., sind dabei thematische Schwerpunkte. Eine dem Alter<br />

angepasste „Sinnfrage“ wird ebenfalls aufgegriffen, wie auch die Wertschätzung des bisher<br />

Geleisteten.<br />

Die Behandlungszeit in diesen Gruppen hängt sehr von den persönlichen Gegebenheiten des<br />

Einzelnen ab.<br />

Paartherapie<br />

Paare, die zusammen leben und auch ihre Therapie in einer Einrichtung absolvieren möchten,<br />

sollten ein Vorstellungsgespräch in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> beantragen. In diesem Gespräch<br />

sollte geklärt werden, ob eine gemeinsame Therapie auch therapeutisch sinnvoll erscheint und<br />

unter welchen Rahmenbedingungen die Maßnahme durchgeführt werden sollte.<br />

Praxisorientierungsphase<br />

Patienten, die eine Erwerbstätigkeit, eventuell nach einem längeren Zeitraum, wieder<br />

anstreben, können, nach einer psychotherapeutischen Phase in der Bezugsgruppe , durch ein<br />

speziell auf die Fähigkeiten des Einzelnen abgestimmtes Praktikum in einem externen Betrieb<br />

ihre alten Fähigkeiten wiederentdecken bzw. neue dazu erwerben. Die Aufnahme in diese<br />

Einführende Patienteninformation 7


Praxisorientierungsphase ermöglicht ein Training von Arbeitsabläufen ebenso, wie die<br />

Fähigkeit, im Alltag alleine zurecht zu kommen.<br />

Therapie von Patienten aus dem russischen Sprachraum<br />

Patienten, die deutschstämmig, jedoch in Russland aufgewachsen sind oder direkt aus<br />

Russland kommen und nun in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben, jedoch über keine,<br />

für eine Therapie in deutscher Sprache ausreichenden Sprachkenntnisse verfügen, können<br />

durch die Integration von russischen Therapeuten in dem Gesamtteam der <strong>Klinik</strong> bestimmte<br />

Einheiten, wie Einzel- und zum Teil auch Gruppensequenzen in ihrer ursprünglichen Sprache<br />

wahrnehmen.<br />

Therapie von Essstörungen als Zweitdiagnose<br />

Für Patienten, die zusätzlich zu ihrer Alkohol- und/oder Medikamentenabhängigkeit an einer<br />

Essstörung leiden, steht ein (wurde ein) erweitertes Therapiekonzept (entwickelt). zur<br />

Verfügung<br />

Anorexien, Bulimien und Adipositas können je nach Ausprägungsgrad in diesem Rahmen<br />

mitbehandelt werden, um so u mso den wechselseitig stattfindenden Suchtverschiebungen<br />

(vorzubeugen.) entgegen zu wirken bzw. vorzubeugen.<br />

Die spezifischen Behandlungsangebote berücksichtigen die jeweilige Problematik und geben<br />

den Patienten eine Möglichkeit, einen Weg in Richtung gesundem Umgang mit Essen zu<br />

finden.<br />

Ambulante Therapie<br />

Die Fachambulanz der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> bietet die Möglichkeit, die in der <strong>Klinik</strong> selbst oder<br />

in einer anderen Fachklinik stattgefundene stationäre Phase auf ambulantem Wege weiter<br />

fortzuführen oder ausschließlich eine ambulante Rehabilitation zu absolvieren. In zwei,<br />

jeweils wöchentlich, zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfindenden Gruppen, unterstützt<br />

durch Einzelkontakte, können die stufenweise Wiedereingliederung in den Alltag unterstützt<br />

bzw. bestehende Strukturen stabilisiert werden.<br />

Sollten Sie zu einzelnen Punkten Fragen haben, wenden Sie sich bitte persönlich an uns.<br />

Ansprechpartner für die Ambulanz ist Herr Hasso Kann. Telefonnummer und E-Mail-Adresse<br />

finden Sie im Anhang.<br />

Adaption<br />

Die Adaptionseinrichtung der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> bietet Patienten die arbeitslos und/oder<br />

wohnungslos sind, ihr altes Umfeld verändern wollen und bei der Wiedereingliederung in das<br />

Erwerbsleben besondere Unterstützung benötigen eine Adaptionsbehandlung in einem<br />

separaten Haus an.<br />

Neben den formellen Voraussetzungen wie die reguläre Beendigung einer<br />

Entwöhnungsbehandlung und Kostenzusage durch den Leistungsträger, ist eine berufliche<br />

Orientierung und Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit Grundvoraussetzung. Im Rahmen eines<br />

Arbeitspraktikums in einem Betrieb außerhalb der <strong>Klinik</strong> , können alte Fähigkeiten<br />

wiederentdeckt werden und eine Angleichung an die aktuellen Arbeitsbedingungen<br />

geschaffen werden.<br />

Durch die therapeutischen Gespräche sowie durch die Unterstützung bei der<br />

Alltagsgestaltung, wie z.B. Einkaufen, Kochen etc. wird in der Gemeinschaft eine Basis für<br />

die zukünftige eigenständige, abstinente Lebensführung erarbeitet.<br />

Sollte im Anschluss an die Adaptionsbehandlung ein weiteres intensives betreutes Wohnen<br />

sinnvoll und notwendig sein, kann die Übernahme in unseren neu entstandenen Bereich<br />

„intensiv betreutes Wohnen“ ebenfalls eingeleitet werden.<br />

Einführende Patienteninformation 8


Der Aufenthalt in der Adaptionseinrichtung beträgt durchschnittlich 3 Monate.<br />

Ansprechpartner für Adaption sowie intensiv betreutes Wohnen ist Herr Achim Villain.<br />

(Telefonnummer und E-Mail-Adresse siehe Anhang.<br />

Voraussetzung für eine Therapie in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong><br />

Für die Aufnahme gelten folgende Voraussetzungen:<br />

• mündliche oder schriftliche Anmeldung in unserer <strong>Klinik</strong><br />

• gültige Kostenübernahme des zuständigen Leistungsträgers bzw. bei Selbstzahlern<br />

Unterzeichnung eines Behandlungsvertrages (Ausnahmen siehe Übergangsphase)<br />

• die körperliche Entgiftung sollte vorausgegangen sein oder ein ärztliches Attest<br />

vorliegen, dass eine Entgiftung als nicht notwendig ausweist.<br />

• Vorlage eines Sozialberichtes<br />

Wenn Sie die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, können Sie zu einer Behandlung in<br />

der <strong>Klinik</strong> aufgenommen werden. Individuelle Fragen stimmen Sie bitte im Vorfeld mit uns<br />

ab.<br />

Weitere organisatorische Hinweise entnehmen Sie bitte unserem zusätzlichen Infoblatt „Für<br />

Patienten“.<br />

Sollten Sie noch weitere Fragen haben, rufen Sie uns doch einfach unter der Telefonnummer<br />

02774/91340 einmal an! Weitere Informationen erhalten Sie auch über folgende E-Mail<br />

Adresse :www.klinik-eschenburg.de.<br />

Einführende Patienteninformation 9


Kurzzeittherapie/Auffrischungsbehandlung<br />

Grundlagen<br />

Das Konzept, die Behandlung Abhängiger zeitlich zu differenzieren, ist <strong>Stand</strong>ard einer<br />

zeitgemäßen Suchttherapie.<br />

Da die individuellen Behandlungsvoraussetzungen sehr unterschiedlich sein können,<br />

Wiederholer, Patienten mit ambulanten therapeutischen Vorerfahrungen etc., sollte ein<br />

Konzept darüber hinaus Möglichkeiten der Differenzierung bieten.<br />

Die übergeordneten Inhalte der indikationsbezogenen Kurzzeittherapie zielen darauf ab,<br />

Alkohol- und Medikamentenabhängige auf ihrem Weg hin zu einer zufriedenen Lebensweise<br />

im Sinne einer akzeptierenden Beziehung zu sich selbst, stabilen zwischenmenschlichen<br />

Beziehungen und sinnerfüllter Erwerbstätigkeit, zu unterstützen.<br />

Spezifisch bedeutet dies eine Orientierung an den aktuellen und zukünftigen Ressourcen der<br />

persönlichen und sozialen Realität sowie der Individualität des Abhängigen.<br />

Die therapeutischen Interventionen richten sich nach den Angeboten der Patienten und den<br />

durch Diagnostik gewonnenen Erkenntnissen.<br />

Im Mittelpunkt der Behandlung steht ein gemeinsamer Austausch mit dem Bestreben,<br />

Menschen ihre Fähigkeiten bewusst zu machen und zu fördern, so dass kurz- und langfristig<br />

auf die Einnahme von Suchtmitteln verzichtet werden kann und eine Integration in den<br />

sozialen Rahmen bestehen bleibt bzw. wiederhergestellt wird.<br />

Da eine anschließende ambulante Behandlung oftmals von Vorteil ist, kann, im regionalen<br />

Einzugsgebiet, eine Fortführung der Therapie in der Fachambulanz der <strong>Klinik</strong> erfolgen, oder<br />

mit entsprechenden Stellen am Heimatort koordiniert werden.<br />

Indikation<br />

Kurzzeittherapie ist für alkohol- und/oder medikamentenabhängige Frauen und Männer ab<br />

dem 18. Lebensjahr geeignet, die<br />

- mindestens eine Langzeittherapie in den letzten Jahren absolviert haben, über<br />

Abstinenzerfahrung verfügen und ausreichend auf eine stationäre Behandlung<br />

vorbereitet worden sind.<br />

- eine ambulante Therapie begonnen haben, jedoch eine kurzfristige stationäre<br />

Stabilisierungsphase benötigen,<br />

- nach einer fundierten Beratungsphase zu einer kurzzeitigen stationären Phase<br />

motiviert sind, um die begonnenen Erfahrungen anschließend in einer ambulanten<br />

Therapie zu vertiefen,<br />

- Patienten, die sowohl psychisch, körperlich als auch sozial noch so stabil sind, das<br />

eine Kurzzeittherapie zur Erlangung der Ziele ausreichend erscheint.<br />

Die Patienten müssen in einer körperlichen Verfassung sein, die von Beginn an eine<br />

uneingeschränkte Teilnahme am gesamten Therapiegeschehen ermöglicht, das heißt im<br />

Einzelnen<br />

- entgiftet<br />

- frei von ansteckenden Krankheiten<br />

- keine Psychosen<br />

- keine Suizidgefahr<br />

Kurzzeittherapie 10


- kein hirnorganischer Abbau der eine Beeinträchtigung von Konzentration und<br />

Lernfähigkeit darstellen könnte<br />

- kein Zustand nach Operationen, der die Therapiefähigkeit einschränken könnte<br />

Gewünscht wird die Bereitschaft sich auf Veränderungsprozesse einzulassen und dabei die<br />

Personen seines persönlichen Umfeldes, wie Partner, Familie, Vorgesetzte oder<br />

Arbeitskollegen, in das Therapiegeschehen zu integrieren.<br />

Behandlungsdauer<br />

Die Behandlungsdauer beträgt zwischen 6 und 12 Wochen, wobei die Regelbehandlungszeit 8<br />

Wochen beträgt.<br />

Sie richtet sich nach Vorbereitungsphase, Therapiezielen und geplanter Weiterbehandlung.<br />

Die Behandlungsdauer wird in den ersten Wochen vorläufig, in der 4. bis 5. Woche endgültig<br />

in Absprache mit dem Leistungsträger festgelegt.<br />

Prinzipiell gilt die Behandlung auch vorzeitig dann als beendet, wenn die Therapieziele<br />

erreicht sind.<br />

Sollte dem entgegen eine Verlegung in den Langzeitbereich erforderlich sein, wird dies in<br />

Ausnahmefällen nach Rücksprache mit dem Leistungsträger abgeklärt.<br />

Therapeutische Orientierung<br />

Analog unserem bisherigen Selbstverständnis stehen auch in der Kurzzeittherapie die<br />

formalen, die, durch den Leistungsträger vorgegebenen und die individuellen, persönlichen<br />

Sichtweisen des Patienten und Therapieziele gleichrangig nebeneinander.<br />

Der Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit kann nur dann erreicht werden,<br />

wenn dies auch ein persönliches Ziel der Patienten ist und mit den Gesamtveränderungen<br />

seiner Lebensweise einhergeht.<br />

Von daher orientiert sich die therapeutische Arbeit weitgehend an den realen Bedingungen,<br />

den vorhandenen Ressourcen und den zu unterstützenden Handlungsmustern.<br />

Therapeutische Ausrichtungen sind:<br />

- verhaltenstherapeutischer Ansatz<br />

- Verfahren der humanistischen Psychologie, wie Gestalttherapie und Psychodrama,<br />

sowie<br />

- Körper- und Kreativtherapie<br />

Therapieziele<br />

In der Kurzzeittherapie gehen wir davon aus, dass der Patient bereits Therapieerfahrung hat<br />

oder intensiv auf die Therapie vorbereitet ist.<br />

Die Therapieziele orientieren sich an den vorhandenen Fähigkeiten, die ausgebaut bzw.<br />

ergänzt werden sollen.<br />

Ausnahmen haben immer wieder bewiesen, dass in einem bestimmten Kontext alternative<br />

Handlungsmöglichkeiten bestehen. Diese gilt es zu stabilisieren und auf konkrete<br />

Krisensituationen zu übertragen. Die Gesamttherapie ist in verschiedene Phasen untergliedert,<br />

deren Übergänge fließend sind.<br />

Kurzzeittherapie 11


Klärungsphase<br />

Davon ausgehend, dass die Fähigkeit abstinent zu leben in Wechselwirkung mit anderen<br />

Fähigkeiten steht, wird zu Beginn das Herausfinden der Funktionalität des<br />

Suchtmittelkonsums einen hohen Stellenwert erhalten.<br />

Weitere wichtige Ziele der ersten zwei Wochen können sein:<br />

- Abstand von Kreisläufen zu erlangen, in welche man involviert ist/war,<br />

- ein Vertrauensverhältnis zu Therapeuten und Mitpatienten aufbauen,<br />

- <strong>Stand</strong>ortbestimmung der persönlichen und realen Lebensbedingungen,<br />

- einen kognitiven und emotionalen Bezug zu der Vorteilerbringung der Therapie<br />

herzustellen,<br />

- Sondierung, welche Personen zur Klärung von aktuellen und zukünftigen Lösungen<br />

beitragen können,<br />

- Körperliches Wohlbefinden wieder kennenlernen,<br />

- eine Hierarchie von in der Behandlung zu erreichenden Therapiezielen entwickeln und<br />

erste Kontakte zu verborgenen Fähigkeiten wieder herstellen.<br />

Dazu sind sowohl Einzel- als auch Gruppengespräche geeignet. Körperorientierte Verfahren<br />

ermöglichen eine Focussierung der Aufmerksamkeit und stellen die Verbindung von<br />

Gedanken und Körpersignalen her.<br />

Gemeinsame Aktivitäten der Gruppe erleichtern das gegenseitige Kennenlernen; Patienten,<br />

die schon längere Zeit in Therapie sind, helfen bei der Orientierung und Strukturierung.<br />

Phase der Fragen und Antworten<br />

Die Erkenntnis der Funktionalität des Suchtmittels allein reicht nicht aus.<br />

Welche alternativen Möglichkeiten stehen mir zur Verfügung?<br />

Wie kann ich meine Fähigkeiten ausbauen?<br />

Wie kann ich weitere Rückfälle vermeiden?<br />

Dies sind nur einige Fragen, zu denen Antworten erst erarbeitet werden müssen.<br />

Ziele sind demnach:<br />

- Kennenlernen eigener Fähigkeiten, spezielle, früher durch Suchtmittelkonsum<br />

hervorgerufene positive Reaktionen, auch alternativ zu erlangen (Rückfallprophylaxe).<br />

- Lernen von zusätzlichen Fähigkeiten bedeutet z.B. andere Patienten zu beobachten<br />

und zu prüfen, ob man bestimmte Lösungsstrategien übernehmen und ausprobieren<br />

möchte. (Lernen am Modell).<br />

- In Kontakt mit inneren Empfindungen wie Freude und Zufriedenheit, aber auch Angst,<br />

Enttäuschung und Trauer kommen.<br />

- Mehr und mehr Verantwortung übernehmen, Sicherheit in Entscheidungen bekommen<br />

und sich selbst bewusst werden, wo die eigenen Möglichkeiten und Grenzen sind.<br />

- Beziehungsstrukturen analysieren und auf ihre Zukunftsmöglichkeiten hin bearbeiten;<br />

gemeinsame Gespräche, Planung von evtl. poststationären Behandlungsmöglichkeiten.<br />

- Lösungsmöglichkeiten auf ihre Verwendung im Alltag überprüfen.<br />

- Behandlungszeit festlegen<br />

- Therapieziele bis dahin formulieren.<br />

- Körperliche und psychische Verfassung weiter stabilisieren.<br />

Kurzzeittherapie 12


Phase der Lösung und Wiedereingliederung<br />

Trotz einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer gilt es, den Wechsel von stationärem Aufenthalt<br />

und Rückkehr in die Alltagsrealität gut vorzubereiten.<br />

Ziele sind demnach:<br />

- Rückfallprophylaktische Fähigkeiten erproben<br />

- Abschied vom beschützenden Rahmen nehmen und entwickelte Perspektiven auf ihre<br />

praktische Umsetzbarkeit überprüfen<br />

- ggf. Vorbereitung auf anschließende Maßnahmen, z.B. beim Übergang in ambulante<br />

Therapie.<br />

Gerade in der letzten Phase haben die Patienten die Möglichkeit, in Einzel- und<br />

Gruppengesprächen ihre Haltung einer kritischen Reflexion durch Behandler und<br />

Mitpatienten zu unterziehen, um ein möglichst adäquates Maß an Realitätsorientierung zu<br />

bekommen.<br />

Die 3 Phasen sind ineinander verflochten und werden, je nach Bedürfnis von Patient zu<br />

Patient unterschiedlich stark gewichtet.<br />

Je nach persönlichem Schwerpunkt der Therapieziele, werden auch die therapeutischen<br />

Interventionen entsprechend geplant.<br />

So z.B. die Wahl der Indikationsgruppe, die Häufigkeit von Paar-Gesprächen, der Einsatz von<br />

therapeutischen Vorgehensweisen zur Erweiterung von Handlungsstrategien (mehr<br />

verhaltenstherapeutische Techniken oder mehr an stützenden und aufarbeitenden Gesprächen<br />

etc.), Körpertherapie zur Vertiefung der Beziehung zum eigenen Körper, Kreativtherapie als<br />

aufdeckende und erfahrende Methode oder auch Arbeitstherapie zur Vermittlung von<br />

Regelmäßigkeit und Verdeutlichung eigener Fähigkeiten.<br />

Therapieplan<br />

Die Struktur des Therapieplanes unterstützt die therapeutischen Angebote auf verschiedenen<br />

Ebenen und ermöglicht Zugänge zu eigenen Erkenntnissen und Erfahrungen.<br />

Schwerpunkte können individuell gestaltet werden.<br />

Der Gruppenrahmen bietet die orientierende Stütze.<br />

Neben der regelmäßig stattfindenden Gruppentherapie werden therapeutische Einzelgespräche<br />

individuell geplant, wobei einmal wöchentlich ein Gespräch angeboten wird.<br />

Körper- und Kreativtherapie werden sowohl kontinuierlich für alle, als auch im zusätzlichen<br />

Indikationsangebot verstärkt, für Einzelne angeboten.<br />

Der Plan bietet Möglichkeiten, Angehörige und Bezugspersonen in die Arbeit zu integrieren.<br />

Der Therapieplan wird ergänzt durch „Arbeiten für die Gemeinschaft“ wie z.B.<br />

Telefondienste oder Dienst in der Cafeteria. zur Arbeit für die Gemeinschaft werden einmal<br />

wöchentlich für einen halben Tag, Dienste, z.B. Telefondienst am Abend, übernommen.<br />

Integration in das bestehende System<br />

Der medizinische Bereich, Sozialdienst, Küche sowie alle anderen Funktionen und Angebote:<br />

Cafeteria, Bibliothek, Tischtennisraum, Sauna etc. sind in das bestehende System der der<br />

Langzeittherapie integriert.<br />

Kurzzeittherapie 13


Besonderheiten<br />

Ein kurzzeittherapeutisches Konzept betont in konsequenter Weise, wie oben in den<br />

Therapiezielen schon angedeutet, die Rückfallthematik.<br />

Dies bedeutet auch, die neueren wissenschaftlichen Untersuchungen in der Therapieplanung<br />

zu berücksichtigen und in therapeutische Strategien zu integrieren.<br />

Marlatt, Körkel, Klein, Funke W. u. J. sind einige der Wissenschaftler, die ihre<br />

Untersuchungen in unmittelbarer Nähe zur Praxis dargelegt haben.<br />

Auf diesen Untersuchungen aufbauend können wir davon ausgehen, dass es in Bezug auf die<br />

Entstehung eines Rückfalles Hochrisikosituationen gibt, die einem Rückfall vorausgehen.<br />

Hat man sich ursprünglich an den vor der Therapie erlebten Hochrisikosituationen orientiert<br />

und dementsprechend versucht, die Handlungskompetenzen adäquat zu stärken, können wir<br />

heute davon ausgehen, dass die poststationär erwarteten Risiken inhaltlich unterschiedlich<br />

sind und viel eher den anschließend auch in praxi erlebten entsprechen. (vgl. Klein, Funke<br />

1995). Dies bedeutet, noch mehr zukunftsorientiert zu arbeiten und mit Hilfe entsprechender<br />

Messinstrumente den Patienten eine Chance zur intensiven prospektiven Systemanalyse<br />

anzubieten.<br />

Um die entsprechenden Erkenntnisse auch im Rahmen eines stationären Kontextes umsetzen<br />

zu können, bedarf es einer flexiblen Struktur, die im individuellen Therapieplan<br />

berücksichtigt ist.<br />

Kurzzeittherapie 14


Langzeittherapie<br />

Indikation<br />

Die mittel- bis langfristige Therapie ist für alkohol- und medikamentenabhängige Patienten<br />

sowie Polytoxikomane mit Schwerpunkt Alkohol - Medikamentenabhängigkeit konzipiert,<br />

die ihre ersten Therapiemaßnahmen absolvieren, über zum Teil nur eingeschränkte<br />

Krankheitseinsicht verfügen, jedoch seit Jahren abhängig sind. Die Patienten werden zu<br />

Beginn der Behandlung in eine Aufnahmephase aufgenommen. In der Aufnahmephase, die in<br />

der Regel eine Woche, in Ausnahmen bis zu zwei Wochen dauert, werden erste<br />

psychologische und medizinische Tests und Untersuchungen durchgeführt. In dieser Phase<br />

sammeln wir erste Daten für einen Behandlungsplan und vermitteln dem Patienten<br />

grundlegende Informationen über Entstehungsbedingungen von Abhängigkeiten. Da unser<br />

therapeutisches Konzept eine individuelle Therapie anstrebt, ist diese Phase bedeutsam, um<br />

eine den persönlichen Notwendigkeiten entsprechende Schwerpunktsetzung in der<br />

Therapieplanung zu gewährleisten. Auch die Zuweisung in eine der festen Therapiegruppen<br />

erfolgt nach Indikationskriterien wie Persönlichkeit des Patienten, spezielle Problemfelder,<br />

Ausbildungsart des verantwortlichen Bezugstherapeuten, Gruppenzusammensetzung,<br />

Alterstruktur etc.<br />

Kontraindikation<br />

Patienten mit akuten Psychosen, drohender Suizidalität und ausschließlicher Abhängigkeit<br />

von harten Drogen können nicht aufgenommen werden.<br />

Störungsmodell<br />

Das der Behandlung zugrunde liegende Störungsmodell basiert auf der Sichtweise, dass die<br />

Abhängigkeitserkrankungen mit einem bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell zu erklären<br />

sind. Die in der Ursprungssituation erzielten psychischen Gewinne, führen zu einer<br />

kontinuierlichen Steigerung der konsumierten Menge an Suchtstoffen und erzielen langfristig<br />

eine irreversible biologische Veränderung, die die Unfähigkeit des kontrollierten Umganges<br />

nach sich zieht. Nach den neuesten neurobiologischen Erkenntnissen, dokumentiert durch<br />

BÖNING et.al. muss man von der Entwicklung eines Suchtgedächtnisses ausgehen, dass<br />

durch seine manifeste Prägung irreversible neurologische Strukturen aufbaut. Durch das<br />

Eingebettet sein in soziale Bezüge wie Familie, Beziehung, Arbeitswelt etc. entstehen über<br />

die Zeit hinaus auch dort Veränderungen der Beziehungsfähigkeit, die erhebliche<br />

Auswirkungen auf den Grad der erlebten Zufriedenheit im Leben nach sich zieht.<br />

Dementsprechend berücksichtigt dieses Störungsmodell die Tatsache, dass auf der Grundlage<br />

einer abstinenten Lebensführung die Therapie die Aufgabe hat, über die Analyse des<br />

Verhaltensspektrums sowie der Persönlichkeitsstrukturen eine individuelle Klärung der durch<br />

die psychotropen Substanzen erzielten bzw. erlebten Vorteile herbeizuführen, diese zu<br />

kompensieren und konkrete Auswirkungen auf den Lebensalltag zu erarbeiten. Dabei wird<br />

berücksichtigt, dass dies nicht nur eine kognitive Arbeit ist, sondern die praktische Erprobung<br />

der erarbeiteten Alternativen im Vordergrund der Therapie stehen muss.<br />

Diese Grundsätze verinnerlichend gehen die Mitarbeiter von der Rehabilitation einer<br />

chronischen Erkrankung aus, bei der sie entsprechend ihrer Profession den Patienten durch<br />

ihre Interventionen Impulse zur Persönlichkeitsentwicklung und spezifische Lernprozesse<br />

zur Festigung einer abstinenten Lebensweise vermitteln.<br />

Ob und inwieweit bestimmte Medikament wie Antidepressiva zu bestimmten Phasen der<br />

Therapie eingesetzt werden müssen, entscheidet der Arzt in Abstimmung mit den<br />

niedergelassenen Psychiatern die gegebenenfalls eine Prämedikation schon vorgenommen<br />

Langzeittherapie 15


haben und auch nach der Therapie die entsprechenden Ansprechpersonen für die Patienten<br />

sind.<br />

Phasenhafter Verlauf der Behandlung<br />

Aktivierungs- und Aufarbeitungsphase<br />

In dieser Phase steht die Selbsterfahrung im Mittelpunkt der therapeutischen Arbeit. Der<br />

Zusammenhang von innerseelischem Konflikt und dem Gebrauch des Suchtmittels soll dem<br />

Patienten bewusst werden. In der therapeutischen Gemeinschaft hat er die Möglichkeit, die<br />

neu gewonnenen Einstellungen umzusetzen und zu überprüfen. Ziel dieser Phase ist das<br />

Erkennen eigener Möglichkeiten, um die ursprünglich durch das Suchtmittel erzielten<br />

Gewinne auf anderem Wege zukünftig sicherzustellen. Dem Patienten werden Angebote<br />

unterbreitet, mit sich selbst intensiv in Kontakt zu kommen, seine zum Teil bisher<br />

verborgenen Gefühle und Affekte wahrzunehmen und in einem vertrauten sicheren Rahmen<br />

auch zu erleben. Durch eine gezielte Stärkung des Selbstwertgefühles erfährt er zunehmende<br />

Sicherheit, auf deren Grundlage eine an den Notwendigkeiten des Alltags orientierte Stärkung<br />

von Fähigkeiten liegt.<br />

Ablösungs- und Neuorientierungsphase<br />

In der letzten Phase der Behandlung bereitet sich der Patient verstärkt auf die Situation nach<br />

der Entlassung aus der <strong>Klinik</strong> vor. Die Kontakte zur Familie, zum Arbeitsplatz, zur<br />

Beratungsstelle und zur Selbsthilfegruppe werden hergestellt bzw. intensiviert. In diesem<br />

Prozess geben die Mitarbeiter Hilfen und Anstöße. Damit stehen die schrittweise Lösung aus<br />

der therapeutischen Gemeinschaft und die Intensivierung der Außenkontakte im Vordergrund.<br />

Paar- und Familienseminare<br />

Im Rahmen der Paar- und Familienseminare werden Angehörige unserer Patienten zu einem<br />

2-tägigen Seminar eingeladen. Die Gespräche während dieses ersten Seminares bieten die<br />

Grundlage für eventuell weitere gemeinsame Gespräche im Verlaufe der Therapie.<br />

Behandlungsdauer<br />

Die grundsätzliche Behandlungsdauer beträgt 12 Wochen. Bei entsprechend medizinischer<br />

Indikation und Motivation des Patienten wird beim Leistungsträger ein Verlängerungsantrag<br />

gestellt, bzw. das vorhandene Budget in Anspruch genommen.<br />

Therapeutische Ansätze<br />

Je nach der oben aufgeführten schon in der Aufnahmephase festgelegten Schwerpunktsetzung<br />

kommen folgende einzel- und gruppentherapeutische Behandlungsansätze zum Tragen.<br />

Analytisch- orientierte Sozialtherapie<br />

Neben der diagnostischen Befragung berücksichtigen wir die Übertragungs- und<br />

Gegenübertragungsreaktionen im Erstinterview ebenso wie Vermutungen über die<br />

Persönlichkeitsstruktur und mögliche Abwehrmechanismen. So gewinnen wir im Gespräch<br />

indirekt Informationen, die sich aus der Qualität der Beziehung zwischen Patient und<br />

Therapeut ergeben. In der Gruppen- und Einzeltherapie soll der Patient seine unzureichend<br />

ausgebildeten Ich-Funktionen nachentwickeln, seine suchtbedingten Fehlhaltungen erkennen<br />

sowie Vertrauen in sich und seine Umwelt gewinnen. Ebenso soll er zu einer realistischen<br />

Selbst- und Fremdwahrnehmung kommen und zunehmend mehr Eigenverantwortung<br />

übernehmen.<br />

Langzeittherapie 16


Verhaltenstherapie<br />

Der verhaltenstherapeutische Ansatz basiert auf der Grundlage, dass menschliche Denk- und<br />

Verhaltensmuster gelernt sind, da sie zu einem frühen Zeitpunkt im Leben als angemessen<br />

und hilfreich, eventuell sogar überlebensnotwenig erlebt wurden.<br />

Ein wesentliches Ziel in der Therapie ist es, den Klienten für die Wahrnehmung seiner<br />

automatisch aufkommenden Gedanken und Bewertungen zu sensibilisieren, um<br />

selbstzerstörerische bzw. suchtspezifische Denkfehler und daraus resultierende Gefühle und<br />

Verhaltensweisen zu erkennen. Diese automatischen Gedanken werden in Verbindung mit<br />

den Hypothesen über die eigene Person und die Umwelt gebracht und im Hinblick auf ihren<br />

Wahrheitsgehalt und ihre Nützlichkeit für das Erreichen einer Lebenszufriedenheit hin<br />

überprüft. Auf diese Weise soll zunehmend differenzierter der eigene Anteil und der eigene<br />

Einfluss an der kognitiven und verhaltensbezogenen Gestaltung des eigenen Lebens und der<br />

Lebensumwelt erkannt werden. Alternative, situationsangemessenere Denkstrukturen und<br />

Verhaltensweisen werden gemeinsam mit dem Klienten entwickelt und in realen Situationen<br />

erprobt.<br />

Systemische Familientherapie<br />

Unsere Familientherapie orientiert sich am psychotherapeutischen Ansatz zur Behandlung<br />

sozialer Systeme. Die systemische Betrachtung der Alkoholabhängigkeit geht davon aus, dass<br />

in der Persönlichkeit des Abhängigen unterschiedliche Anteile der Herkunftsfamilie<br />

zusammenwirken, die von dem Betroffenen unter Alkoholeinfluss wertfrei realisiert werden<br />

können, im nüchternen Zustand aus unterschiedlichen Gründen jedoch oft nicht akzeptabel<br />

erscheinen und abgelehnt bzw. tabuisiert werden. Durch die intensive Beschäftigung mit dem<br />

eigenen Familiensystem kann es zu einer Erfassung der Identitätsanteile kommen, damit zu<br />

einer erhöhten Akzeptanz bzw. zur Möglichkeit neue Freiräume zu erschließen. Dies<br />

impliziert die Grundvoraussetzung, dass eine zufrieden gelebte Abstinenz notwendig ist, um<br />

das Gesamtsystem zu stabilisieren.<br />

Lösungsorientierter Ansatz<br />

Die Grundlage des lösungsorientierten Ansatzes basiert auf der Stärkung der individuellen<br />

Ressourcen von Menschen. Gerade bei den im Vergleich zu früher verkürzten<br />

Behandlungszeiten ist ein oftmals pragmatisches Herangehen an Problemfelder notwendig.<br />

Kreativtherapie<br />

Die Kreativtherapie mit Angeboten aus der Holz- und Tonbearbeitung eröffnet zum einen den<br />

Zugang zu kreativen Anteilen in der Person, als auch praxisnahe Möglichkeiten der<br />

zukünftigen Freizeitgestaltung. In der themen- und aufgabenorientierten Angebotspalette<br />

erfährt der Patient seine kunstvollen Fertigkeiten und hat die Möglichkeit, sich alternativ zu<br />

dem gesprochenen Wort auszudrücken.<br />

Körpertherapie<br />

Die körperorientierte Therapie dient dem Wiederentdecken und kontinuierlichen körperlichen<br />

Aufbau von Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit im Rahmen der noch zur Verfügung<br />

stehenden Möglichkeiten.<br />

Durch den gezielten, an der Freude der Bewegung orientierten Aufbau, werden körperliche<br />

Parameter kontinuierlich trainiert und kooperatives gemeinsames Handeln praktiziert.<br />

In der Körperpsychotherapie dienen Entspannungs- und Körperwahrnehmungsverfahren zum<br />

Erleben des eigenen Körpers und der Auseinandersetzung mit der inneren Gefühlswelt.<br />

Langzeittherapie 17


In speziellen Indikationsbereichen geht es z.B. darum, über den Erwerb von<br />

Entspannungstechniken Ein- und Durchschlafstörungen alternativ zu Medikamenteneinnahme<br />

positiv zu beeinflussen.<br />

Indikationsgruppen<br />

Die Indikationsgruppen, an denen der Patient in der mittel- bis langfristigen Therapie an<br />

mindestens zweien teilnimmt, dienen dazu, individuelle Schwerpunkte im<br />

Behandlungsverlauf zu setzen und bestimmte Fähigkeiten gezielt zu fördern.<br />

Sozialdienst<br />

Gerade im Bereich der Langzeittherapie treten überproportional häufig Patienten ihre<br />

Therapie mit großen sozialen Schwierigkeiten an. Fragen des Arbeitsplatzes, der Wohnung,<br />

der finanziellen Versorgung, eventuell Schuldenregulierung, der Klärung von bestimmten<br />

Gerichtsverfahren etc., sind oft die innerliche Situation des Patienten beherrschende Themen.<br />

Eine rasche Klärung bzw. eine Unterstützung bei der Suche nach möglichen Wegen aus<br />

diesen Krisen ist unabdingbar, um eine Konzentration auf dem psychotherapeutischen Prozess<br />

zu gewährleisten.<br />

Nachsorgeplanung<br />

Schon möglichst früh wird über die Grenzen der eigentlich stationären Therapie<br />

hinausgeschaut, um zukünftige Interventionen frühzeitig zu planen. Dies kann in einem Fall<br />

bedeuten, dass sich an die stationäre eine ambulante Behandlung anschließen muss, um die im<br />

stationären Setting gewonnenen Therapieziele auch im Alltag zu stabilisieren (siehe auch die<br />

Broschüre Fachambulanz), in einem anderen Fall aber auch die Integration in die weiter unten<br />

erläuterte Praxisorientierungsphase zu planen.<br />

Langzeittherapie 18


Kombinationstherapie<br />

Einleitung:<br />

Aktuelle Suchtkrankenrehabilitation berücksichtigt zunehmend die Verknüpfung von<br />

ambulanter und stationärer Therapieform. Dies ist sinnvoll, da die Erhaltung der Abstinenz<br />

nach einer stationären Phase in hohem Maße von einer weiteren ambulanten Begleitung<br />

abhängig ist. Das Ziel der Kombinationstherapie ist, die beiden Therapieformen noch<br />

intensiver miteinander zu verknüpfen, die Therapieziele aufeinander abzustimmen und eine<br />

hohe Antrittsquote der nachstationären Phase zu erreichen. Gerade dies ist über eine<br />

Beziehungskonstanz der kooperierenden Behandlungsinstitutionen zu erreichen (durch<br />

Untersuchungen der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> belegt). Die Verbindlichkeit wird zusätzlich durch<br />

entsprechende Terminierungen, eine gemeinsame Kostenzusage und entsprechende<br />

Übergabegespräche hergestellt. Durch die Fortführung der Therapie auf ambulanter Ebene<br />

kann in Einzelfällen die stationäre Therapiezeit verkürzt werden.<br />

Der Verbund besteht aus:<br />

• <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>,<br />

• Fachambulanz der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>,<br />

• Suchthilfezentrum Mittelhessen, Kooperation <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und Diakonisches<br />

Werk Gießen und Kooperation Suchthilfe e.V. Wetzlar und <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong><br />

• Suchtberatung Marburg<br />

Die geschäftsführende Institution dieses Verbundes ist die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>, die auch gem.<br />

beigefügter Anlage sowohl Adressat für die Leistungszusagen, als auch rechnungsstellende<br />

Stelle darstellt.<br />

Vorteile der Kombinationsbehandlung:<br />

Im Gegensatz zu der Verknüpfung von stationärer Therapie und nachstationärer ambulanter<br />

Rehabilitation wird durch eine konzeptionelle Zusammenarbeit zwischen <strong>Klinik</strong> und<br />

Ambulanz eine Fortführung der Therapie auf ambulanter Ebene ermöglicht. Dies bedeutet,<br />

dass bestimmte Therapieziele weiterentwickelt, andere aber auch im ambulanten Setting<br />

überhaupt erst erarbeitet werden. Durch die Beziehungskonstanz der Behandler, die<br />

beteiligten Institutionen pflegen ein hohes Ausmaß an Kooperation, entsteht für die Patienten<br />

eine hohe Vertrautheit der Therapeuten und damit eine zusätzliche Motivation für den<br />

gesamten therapeutischen Prozess. Insgesamt werden die Behandlungsstrukturen<br />

transparenter, Zugangsformen zu ambulanter Therapie besser ausgeschöpft,<br />

Wiederholungsbehandlungen reduziert und personelle Ressourcen effektiver ausgelastet.<br />

Durch die Steigerung der wohnortnahen Behandlung können auch die zusätzlichen<br />

Institutionen der Gesundheitspflege intensiver in Anspruch genommen werden.<br />

19


Ablauf:<br />

Antrag durch Beratungsstelle<br />

• Beantragung der Kombinationsbehandlung durch Beratungsstelle<br />

• Kostenzusage durch den Leistungsträger für stationäre und ambulante Phase<br />

• Übergabegespräch zwischen Beratungsstelle und <strong>Klinik</strong><br />

• Stationäre Behandlung mit zwischenzeitlichen Kontakten mit den Nachbehandlern<br />

• Erstellung eines vorläufigen Berichtes zum Ende der stationären Phase mit Angabe<br />

über die aktuelle sozialmedizinische Einschätzung sowie der erreichten und weiter<br />

geplanten Therapieziele<br />

• Übergabegespräche stationär zu ambulant zwischen Bezugstherapeut und ambulanten<br />

Nachbehandlern<br />

• Weiterführung der Therapie im ambulanten Setting<br />

• Zum Ende der Gesamtmaßnahme Erstellung eines kompletten Reha-Entlassberichtes,<br />

der den Verlauf der stationären und ambulanten Phase integriert<br />

Antrag aus der stationären Therapie heraus<br />

• Aufnahme im stationären Setting<br />

• Nach Diagnostik und erster Verlaufsbeobachtung, nach Rücksprache mit Patient,<br />

Integration in das Modul Kombinationsbehandlung<br />

• Absprache mit ambulanten Nachbehandlern<br />

• Antrag beim Leistungsträger auf „Anpassung der Kostenzusage“ und Erteilung der<br />

ambulanten Kostenzusage<br />

• Stationäre Behandlung mit zwischenzeitlichen Kontakten mit den Nachbehandlern<br />

weiter wie oben.<br />

Indikation und Kontraindikation:<br />

Indikation:<br />

1. Die Voraussetzungen für eine ambulante Rehabilitation sind weitgehend erfüllt. Der<br />

Patient ist aber im ambulanten Setting noch nicht in der Lage abstinent zu leben.<br />

Daher ist eine passagere Herausnahme aus dem familiären und beruflichen Umfeld<br />

angezeigt.<br />

2. Patienten, die eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme begonnen haben und bei<br />

denen deutlich wird, dass das ambulante Setting zur Zeit nicht ausreicht, um sich<br />

hinreichend zu stabilisieren, bei denen aber erwartet werden kann, dass über eine<br />

stationäre Stabilisierungsphase die Behandlung auf ambulanter Ebene weitergeführt<br />

werden kann.<br />

3. Patienten in einer stationären Therapiemaßnahme, bei denen im Verlauf der<br />

Behandlung deutlich wird, dass die stationäre Maßnahme zugunsten einer<br />

Weiterführung auf ambulanter Ebene verkürzt werden kann.<br />

4. Gute Krankheitseinsicht und Abstinenzmotivation.<br />

20


Kontraindikation:<br />

1. Eindeutige Indikationen für eine ambulante oder längerfristige stationäre Maßnahme,<br />

wie sie in der Vereinbarung „Abhängigkeitserkrankungen Anlage 3“ beschrieben<br />

sind.<br />

2. Schwere körperliche Folgeschäden.<br />

3. Die auch für ambulante und stationäre Maßnahme geltenden Kontraindikationen, wie<br />

erhebliche hirnorganische Beeinträchtigungen, akute Suizidgefährdung und flouride<br />

psychotische Zustände.<br />

Behandlungsdauer:<br />

1. Stationäre Phase durchschnittlich 10 Wochen (Korridor 8 – 12 Wochen)<br />

2. Ambulante Phase 40 + 4 TE/ 6 Monate (Verlängerungsoption 20 + 2 TE/ 6 Monate)<br />

Dokumentation und Evaluation:<br />

Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> verwendet seit 1993 das auch vom Fachverband Sucht empfohlene<br />

Dokumentationssystem BADO und führt standardmäßig Routinekatamnesen ein Jahr nach<br />

Entlassung aus der <strong>Klinik</strong> durch. Ebenso wird bei der Kombinationsbehandlung in<br />

Abstimmung mit den Ambulanzen eine Katamnese nach einem Jahr nach Beendigung der<br />

Maßnahme durchgeführt.<br />

Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> unterzieht sich seit 1995 dem Qualitätssicherungsprogramm des VDR<br />

in der Version des federführenden Leistungsträgers, hier der DRV Land Hessen, und steht<br />

unmittelbar vor der Zertifizierung eines internen Qualitätsmanagements.<br />

21


Konzept Übergangsphase zwischen Entgiftung und Therapie<br />

Vorbemerkung<br />

Die Grundüberlegung zur Etablierung einer Abteilung für eine abstinente Unterbringung von<br />

alkoholabhängigen Patientinnen und Patienten ist vom Grundsatz her sicherlich keine neue<br />

Idee.<br />

In anderen Bundesländern bereits praktiziert, besteht für das Land Hessen eine solche<br />

Möglichkeit bisher ausschließlich für drogenabhängige Patientinnen und Patienten.<br />

Auch gerade im Bereich der Alkholabhängigen haben sich jedoch in den letzten Jahren durch<br />

zwei wesentliche Strukturangleichungen Veränderungen ergeben, die bestimmte<br />

Konsequenzen nach sich gezogen haben. Zum einen zeigen die Veränderungen in der<br />

Finanzierung der Beratungsstellen , dass durch die Reduzierung der personellen Ressourcen<br />

eine längerfristige Begleitung von Betroffenen nicht mehr möglich ist, ausschließlich eine<br />

„Komm-Struktur“ besteht und zum Teil erhebliche Wartezeiten aufgebaut wurden, zum<br />

anderen führte die Reduzierung der Verweildauer in den Entgiftungen ebenfalls zu einer<br />

Reduzierung von weiterführenden Maßnahmen.<br />

Dies führt zu einer weiteren Chronifizierung der Abhängigkeitserkrankung, zu einer längeren<br />

Belastung der Angehörigen und letztendlich auch zu erheblichen finanziellen<br />

Mehraufwendung.<br />

Der eindeutige Anstieg der Mehraufnahmen in den Entgiftungen (Drehtürfälle) ist dafür ein<br />

wichtiges Indiz.<br />

Die abstinente Unterbringung kann hier ein probates Mittel sein, den Teufelskreis zu beenden,<br />

eine begonnene Stabilisierung sinnvoll weiterzuführen und letztendlich einen Weg heraus aus<br />

der Sucht zu finden.<br />

Indikation<br />

- nach erfolgter Alkoholentgiftung Abwendung eines erneuten Rückfalles<br />

- psychosozial-instabile Gesamtsituation<br />

- Herstellung einer Behandlungsmotivation<br />

- Abklärung einer Rehabilitationsfähigkeit<br />

Kontraindikation<br />

- noch durchzuführende Entgiftung<br />

- psychotische Zustände<br />

Ziele der abstinenten Unterbringung<br />

- Herauslösen aus einem destabilisierenden nassen Milieu<br />

- Entwicklung einer Zielperspektive<br />

- gemeinsames Erarbeiten eines möglichen Weges dorthin<br />

- gesundheitliche Stabilisierung<br />

- Entwicklung einer Krankheitseinsicht<br />

- Entwicklung einer Behandlungsbereitschaft<br />

- Schutz von Angehörigen (Kinder, Ehepartner)<br />

- lückenloser Übergang in eine Therapiemaßnahme<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 22


Erläuterung der einzelnen Ziele<br />

Herauslösen aus einem destabilisierenden nassen Milieu<br />

Gerade in den Fällen, in welchen in der Vergangenheit oftmals schon mehrere Entgiftungen<br />

stattgefunden haben, die jedoch nicht zu einer längerfristigen Abstinenz führten, ist das<br />

soziale Umfeld der Betreffenden oftmals direkt selbst ein Rückfall auslösender Faktor.<br />

Die Betroffenen sind oftmals nicht in der Lage, sich von den anderen, ebenfalls Trinkenden,<br />

zu distanzieren, um einen eigenen Weg zu gehen.<br />

Entwicklung einer Zielperspektive<br />

Geht es einigen Menschen primär um das nackte Überleben, so sind insgesamt<br />

weiterreichende Zielperspektiven in der Vergangenheit eher mit neuen Frustrationen<br />

verbunden gewesen. Der Aufbau einer realistischen Zielperspektive kann den durch<br />

Suchtmitteln oftmals eingetrübten Blick wieder entschleiern und ein Gespür für mögliche<br />

Veränderungen erlebbar werden lassen.<br />

Gemeinsames Erarbeiten eines möglichen Weges dorthin<br />

Sind realistische Zielperspektiven beschrieben, so mangelt es oft an den Möglichkeiten der<br />

praktischen Umsetzbarkeit. Was kann ich wie, wann, wo und evtl. mit wem kurz-, mittel- und<br />

langfristig erreichen, sind Fragen, deren Antworten helfen einen Schritt nach dem nächsten<br />

umzusetzen.<br />

Gesundheitliche Stabilisierung<br />

Auch nach einer kurzen Entgiftung befinden sich noch eine Reihe von Personen in körperlich<br />

sehr reduziertem Allgemeinzustand. Ziel der abstinenten Unterbringung ist es demnach auch,<br />

wieder eine auch körperliche Stabilisierung zu finden, um weitere Schritte absolvieren zu<br />

können.<br />

Entwicklung einer Krankheitseinsicht<br />

Auch zum Teil mehrfache Entgiftungen führen nicht zwangsläufig zu der Einsicht<br />

abhängigkeitserkrankt zu sein. Dementsprechend ist es Ziel, zu einer realistischen<br />

Selbsteinschätzung im Umgang mit Suchtmitteln zu gelangen und , falls vorhanden, die<br />

Erkrankung Abhängigkeit auch für sich annehmen zu können.<br />

Entwicklung einer Behandlungsbereitschaft<br />

Körperliches Unwohlsein ist oft damit verbunden, fremde Hilfe bei erwarteter Verbesserung<br />

durchaus zu akzeptieren. Nach einigermaßen erfolgter körperlicher Stabilisierung sinkt<br />

oftmals die Überzeugung der Notwendigkeit einer wie auch immer gearteten therapeutischen<br />

Unterstützung. Dementsprechend müssen neue Vorteile die mit einer eventuellen Behandlung<br />

verbunden sein könnten erarbeitet werden.<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 23


Schutz von Angehörigen<br />

Gerade Angehörige atmen oftmals auf, wenn ein seit Jahren bestehender Konflikt mit einer<br />

Entgiftung zu einer scheinbaren Wende der Entwicklung führt. Eine mehrtägige Entgiftung<br />

kann jedoch nicht die im Vorfeld bestandenen Konflikte lösen, geschweige denn die Ängste<br />

der Angehörigen minimieren.<br />

Lückenloser Übergang zu eventueller Therapie<br />

Sollte eine Indikation zu einer Behandlung bestehen und eine entsprechende Motivation zur<br />

Aufnahme dieser seitens der Betroffenen vorliegen, so ist das Ziel der abstinenten<br />

Unterbringung diesen Übergang lückenlos herzustellen. Bei Übernahme in der Fachklinik<br />

<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> kann damit die Aufnahmephase, da entsprechende Informationen ja bereits<br />

vorliegen, verkürzt und damit die Gesamtbehandlungsdauer reduziert werden.<br />

Dauer der Maßnahme<br />

Die abstinente Unterbringung kann nur über einen Zeitraum von 4-6 Wochen durchgeführt<br />

werden. Danach hat entweder eine lückenlose Verlegung in eine Fachklinik zu erfolgen oder<br />

es kommt bei mangelnder Motivation bzw. ,wahrscheinlich eher selten, bei nicht vorhandener<br />

Indikation , zur Entlassung in beratende Institutionen.<br />

Bausteine der abstinenten Unterbringung<br />

- Strukturierter Rahmenplan<br />

- Informationsvermittlung<br />

- Klärung der sozialen Situation<br />

- Eventuelle Beantragung einer Reha-Leistung<br />

- zu den Angaben der Entgiftung ergänzende medizinische Befunderhebung, vor<br />

allem zur Klärung der aktuellen und erzielbaren Leistungsfähigkeit<br />

- Aufbau einer Behandlungsmotivation<br />

Strukturierter Rahmenplan<br />

Angefangen von der verpflichtenden Teilnahme an den drei Mahlzeiten erhält jeder<br />

Teilnehmer der abstinenten Unterbringung einen persönlichen Tagesplan, der, entsprechend<br />

seiner Aufenthaltsdauer, in diesem Modul festgelegt wurde. Darin festgelegt sind sowohl die<br />

Termine bei den Sozialarbeitern, der Medizin, die Einzel- und Gruppengespräche sowie die<br />

Teilnahme an Arbeitsprojekten.<br />

Informationsvermittlung<br />

Das Ziel, eine Krankheitseinsicht zu entwickeln, kann nur dann umgesetzt werden, wenn<br />

entsprechende Informationen adressatenspezifisch vermittelt werden. Dabei geht es sowohl<br />

um biologisch-medizinische Aspekte des Missbrauchs und der Abhängigkeit, wie auch<br />

Suchtentwicklung im allgemeinen. Mit Hilfe der Information hat der Teilnehmer der<br />

abstinenten Unterbringung die Chance zu einer realistischen Selbsteinschätzung seines Status<br />

in punkto Abhängigkeit zu gelangen.<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 24


Klärung der sozialen Situation<br />

Durch den Kontakt mit den Sozialarbeitern kann eine realistische Bestandsaufnahme der<br />

aktuellen sozialen Situation durchgeführt werden. Insbesondere Fragen der Einkünfte, des<br />

Versicherungsstatus, Wohnungsfragen und rechtliche Angelegenheiten können zumindest in<br />

ihrer Grobstruktur eruiert werden.<br />

Medizinische Befunderhebung<br />

In Ergänzung zu den Angaben, die während der Entgiftung erhoben wurden, haben die<br />

medizinischen Untersuchungen und Konsultationen bei Fachärzten die Notwendigkeit und<br />

auch die Erfolgsaussicht einer Rehabilitationsbehandlung zu klären.<br />

Aufbau einer Behandlungsmotivation<br />

Mit der Strategie des „Motivational interviewings“ wird versucht, in Einzel- und<br />

Gruppengesprächen eine Behandlungsbereitschaft aufzubauen, bzw. die angemessene Form<br />

einer weiteren Betreuung zu finden. (Erläuterung des Moduls „motivational interview“ im<br />

Anhang)<br />

Notwendig beteiligte Berufsgruppen und ihre Aufgaben<br />

Mediziner: Medizinische Betreuung, Beurteilung von Notwendigkeit und Erfolg einer<br />

Rehabilitationsmaßnahme, Medizinische Information.<br />

Sozialarbeiter: Klärung der sozialen Situation und Unterstützung bei der Einleitung von<br />

bestimmten Maßnahmen.<br />

Psychologen: Einschätzung des Grades des Missbrauches/der Abhängigkeit, Durchführung<br />

von motivationsfördernden Einzel- und Gruppengesprächen.<br />

Arbeitsanleiter: Betreuung der Teilnehmer im Rahmen von Arbeitsprojekten.<br />

Hauswirtschafter: Unterstützung bei alltagsrelevanten Fragestellungen, Hygiene, Zimmer-<br />

und Kleiderordnung, usw..<br />

Vorteile der abstinenten Unterbringung<br />

Für den Betroffenen : Minimierung des Risikos bei wiederholter Alkoholintoxikation frühzeitig zu<br />

sterben und mit therapeutischer Hilfe seine Erkrankung in den Griff zu bekommen.<br />

Für den Sozialleistungsträger: Eine zunehmende Chronifizierung der Erkrankung wird gestoppt und<br />

die Wahrscheinlichkeit der langfristigen Inanspruchnahme von Sozialleistungen verringert.<br />

Für die Krankenkassen: Zusätzliche Kosten für immer wiederholende Entgiftungen werden gekappt.<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 25


Für den Rentenversicherungsträger: Mit der Herstellung der Abstinenz erhöht sich bei<br />

entsprechender Therapie die Wahrscheinlichkeit der Wiederaufnahme einer Erwerbsfähigkeit um ein<br />

Mehrfaches.<br />

Für die Politik: Durch Schließung dieser offensichtlichen Lücke beweist sie ein hohes Maß an<br />

sozialer Verantwortung und Handlungskompetenz.<br />

Regionale Zuständigkeit<br />

Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> kann eine Zuständigkeit für den gesamten mittelhessischen Raum<br />

übernehmen und ist über gewachsene Kontakte zu den unterschiedlichen psychiatrischen<br />

Krankenhäusern von Herborn über Gießen, Marburg, Friedberg, Kiedrich und Eltville sowie<br />

Frankfurt im ständigen Kontakt mit entsprechenden Entgiftungsabteilungen. Eine Kapazität<br />

von 10 bis 15 Plätzen wäre direkt umsetzbar.<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen<br />

Vorbemerkung<br />

Schon seit geraumer Zeit, die erste konzeptionelle Fassung stammt vom Januar 1996,<br />

beschäftigt sich die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> mit der Überlegung, der gesamtgesellschaftlichen<br />

Entwicklung der Verschiebung der Altersgrenze nach oben und den damit verbundenen<br />

wachsenden Schwierigkeiten älterer Menschen, wie fehlende Lebensperspektiven, Alleinsein,<br />

mangelnde Freizeitgestaltung u.a., mit einem spezifischen Angebot gerecht zu werden.<br />

Lag 1970 die durchschnittliche Lebenserwartung in den Industriestaaten noch bei 70,4 Jahren,<br />

befindet sie sich heute bei 73,4 und prognostisch im Jahre 2000 bereits bei 76,2 Jahren.<br />

Wie auch der Leiter der Forschungsstelle der Philippsuniversität Marburg, Herr Professor<br />

Bönner, in seinem Aufsatz: „Entwicklungen im Alter“ herausarbeitete „erhöht sich die<br />

Wahrscheinlichkeit für viele Menschen immer mehr 80, 85 oder gar 90 Jahre und älter zu<br />

werden. Alleine im Zweitraum von 1975 bis 1980 nahm die Gruppe der 75- bis 80-Jährigen in<br />

der Bundesrepublik um 17% zu, jene der 80- bis 85-Jährigen jedoch um 51% und die Gruppe<br />

90-Jähriger um 43%“ (1, Bönner).<br />

Dass diese Zunahme der Lebenserwartung nicht nur positive Seiten hat, können wir leider in<br />

anderen Entwicklungen überaus deutlich sehen. So werden gerade Psychopharmaka wie<br />

Schlafmittel oder Tranquilizer bzw. Benzodiazepine, die alle mit einem Risiko zur<br />

Entwicklung einer Abhängigkeit belastet sind, bis zu einem prozentualen Anteil von 88%<br />

(z.B. Adumbran) für Versicherte über 60 Jahre verordnet (vgl. 2, Glaeske).<br />

Laut der EBIS-Statistik 6/95 liegt die Dunkelziffer für die Erkrankungsrate älterer Menschen<br />

über 60 Jahre im Bereich Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit bei 400.000.<br />

Eine von Professor John in Lübeck durchgeführte Studie im Jahr 1996 (3, Vossmann,<br />

Wenado) ergab, dass in Allgemeinkrankenhäusern 3,5% der über 65-Jährigen und in<br />

Allgemeinpraxen sogar 10,7% aller über 65-Jährigen als alkoholabhängig eingestuft werden<br />

müssen.<br />

Betrachtet man die Einweisungskriterien alkohol- und medikamentenabhängiger Menschen in<br />

ambulante und stationäre Therapien, so sind bei einer ganz überwiegenden Zahl von Patienten<br />

äußere Druckfaktoren für den wirklichen Beginn der Maßnahme verantwortlich.<br />

Die Stabilisierung bzw. die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, das Aufrechterhalten des<br />

sozialen Status, die Angst vor Verlust der Partnerschaft und körperliche Risikofaktoren sind<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 26


oftmals ausschlaggebend dafür, dass sich suchtmittelabhängige Patienten zu einer Behandlung<br />

entschließen.<br />

Viele dieser Faktoren entfallen bei Personen, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen.<br />

Sie haben nicht das Ziel, wieder arbeiten zu können, leiden oftmals an dem Verlust des<br />

Partners, haben sich mit körperlichen Beeinträchtigungen weitestgehend arrangiert und<br />

besitzen relativ wenig Lebensperspektive.<br />

Stellt sich nun die Frage, wer ein grundlegendes Interesse an der Rehabilitation dieser<br />

Personen haben könnte und wie die Verantwortlichkeiten dafür aussehen.<br />

Neben dem sicherlich nicht mehr zu diskutierenden ethischen Ansatz, der notwendigen<br />

Versorgung aller Menschen, egal welscher Rasse und welchen Alters, muss gerade in unserer<br />

Zeit auch ökonomischen Faktoren eine besondere Bedeutung zugemessen werden.<br />

Dazu ist es notwendig, die offenkundigen Nebenwirkungen einer über die Norm<br />

hinausgehenden Medikamenteinnahme bzw. des übermäßigen Alkoholkonsums in seiner<br />

Konsequenz näher zu betrachten.<br />

Wie in der Studie von John dargestellt, tauchen die alkoholabhängigen Menschen<br />

überdurchschnittlich häufig in Arztpraxen und Allgemeinkrankenhäusern auf .Auch der<br />

Anteil, der auf einer internistischen Krankenhausstation aufgenommene Patienten, die<br />

verstärkt Alkohol konsumieren, ist weiter steigend, Dabei spielen nicht nur die auftretenden<br />

Leberfunktionsstörungen, sondern insgesamt Probleme des gastrointestinalen Bereiches nebst<br />

Herz-Kreislaufkrankheiten und stoffwechselrelevanten Komplikationen eine wesentliche<br />

Rolle.<br />

Die Aufnahmehäufigkeit von Patienten mit Suchtproblemen auf gerontopsychiatrischen<br />

Stationen hat sich ebenfalls erhöht, obwohl diese Stationen oftmals kein gesondertes Konzept<br />

zur Behandlung dieser Kranken haben (Verwahrung und Medikamente sind keine Lösung).<br />

Auch der prozentuale Anstieg der Patientinnen und Patienten auf orthopädischen Stationen<br />

resultiert nicht zuletzt aus den Medikamentösen Nebenwirkungen von Psychopharmaka, die<br />

nicht nur zu einer negativen Beeinflussung des Mineralstoffwechsels führen, sondern auch<br />

durch ihre oftmals sedierenden Wirkungen die Wahrscheinlichkeit von Stürzen bei Menschen<br />

im Alter erheblich erhöhen.<br />

Dies alles bedeutet, dass die Folgekosten dieser Entwicklung für die Solidargemeinschaft<br />

einen erheblichen Stellenwert haben, der eine spezifische Behandlung der Klientel nicht nur<br />

aus ethischen Gesichtspunkten als relevant erscheinen lässt.<br />

Die Zuständigkeit für die Behandlung von abhängigen Menschen besteht zu Zeiten einer<br />

Erwerbsfähigkeit bei der Rentenversicherung.<br />

Ist die Erwerbsfähigkeit jedoch nicht mehr gegeben bzw. ein Anspruch nicht ableitbar,<br />

entsteht ein Anspruch bei anderen Kostenträgern wie z.B. der Krankenkasse. Das Ihnen<br />

vorliegende Konzept basiert auf einer über 20-jährigen Erfahrung der Behandlung<br />

suchtkranker Menschen und stellt die spezifischen Besonderheiten einer Behandlung von<br />

Personen, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen, heraus.<br />

Nach einer detaillierten Beschreibung der zu behandelnden Klientel wird nach einer<br />

Therapiezielbeschreibung ein entsprechender Behandlungsplan vorgestellt, der, nach<br />

individueller Ausrichtung, zeitlich differenziert durchgeführt werden kann.<br />

Im Sinne der Verbindung von stationären und ambulanten Angeboten wird der notwendige<br />

Anteil stationärer Phasen kritisch geprüft und die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit<br />

anderen im Gesundheitswesen tätigen Institutionen erörtert.<br />

Mit dieser Konzeption werden originär die Hausärzte und Krankenkassen angesprochen, die<br />

am ehesten Zugang zu diesen Menschen haben und beurteilen können, inwieweit eine<br />

Behandlungsnotwendigkeit gegeben ist.<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 27


Indikation<br />

Dieses spezifische Konzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist geeignet für Frauen und Männer, deren<br />

Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nicht mehr möglich ist.<br />

Der Konsum von alkohol- und/oder die Einnahme von psychotropen Medikamenten<br />

entspricht keiner normalen Dosierung und bereitet den Betroffenen physische, psychische und<br />

soziale Störungen.<br />

Kontraindikation<br />

für eine Aufnahme sind akute Suizidalität, psychotisches Geschehen und ausgeprägte<br />

hirnorganische Störungen wie Korsakow-Syndrom sowie ansteckende körperliche<br />

Krankheiten, die eine Gefährdung für Mitpatienten darstellen.<br />

Bettlägerige Patienten können nicht aufgenommen werden.<br />

Beschreibung der Klientel<br />

Ein Teil dieser Klientel hat bereits eine lange „Suchtkarriere“ sowie eine<br />

Suchtrehabilitationsmaßnahme in früheren Jahren absolviert.<br />

Nach zum Teil langjährigen Abstinenzphasen tritt nun infolge einer signifikanten<br />

Verschiebung der Lebensinhalt eine Krise ein, die über den Konsum von Alkohol respektive<br />

ärztlich verordneter Medikamenteneinnahme „behandelt“ wird.<br />

Gerade die Gruppe der Vorruheständler erlebt zu einem Zeitpunkt relativer körperlicher<br />

Fitness und geistiger Wachheit eine Degradierung auf einen Status, den sie selbst vor einigen<br />

Jahren noch sehr weit von sich geschoben hat.<br />

Die Identifikation mit dem Rentendasein erlebt wenig positive Zuschreibung im Sinne des<br />

Genießens eines wohlverdienten Ruhestandes, sondern ist eher verbunden mit dem<br />

Insuffizienzgefühl des Abgeschoben- und nicht mehr Gebrauchtwerdens.<br />

Eine recht große Gruppe dieser Menschen hat sich mit der Arbeit so identifiziert, dass<br />

Beziehungen und Freizeitgestaltung eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben.<br />

Die oftmals plötzlich eingetretene Hierarchieverschiebung der Lebensinhalte provoziert eine<br />

psychische Krise, die gerade bei entsprechender Vorerfahrung der Bewältigung von Krisen<br />

oftmals nur auf dem medikamentösen bzw. alkoholkonsumierenden Weg angegangen wird.<br />

Ein plötzlicher Tod des Partners kann bei einigen Personen ebenfalls zu einer intensiven<br />

psychischen Instabilität führen und Auslöser für einen verstärkten Alkoholkonsum oder einen<br />

missbräuchlichen Umgang mit Psychopharmaka sein.<br />

Eine oftmals langjährige Beziehung, die gerade durch den Weggang der erwachsenen Kinder<br />

in den letzten Jahren wieder einen erhöhten Stellenwert bekommen hat, wird drastisch in ein<br />

Singledasein umgewandelt.<br />

Die Sinnhaftigkeit des Weiterlebens muss neu definiert werden.<br />

Eine dritte Gruppe, wahrscheinlich sogar versehen mit der höchsten Dunkelziffer, befindet<br />

sich in Altenwohnheimen mit relativ wenigen Kontakten zur Außenwelt. Gerade die<br />

Verschreibungshäufigkeit von Medikamenten sowie der Alkoholkonsum, wie in den<br />

Vorbemerkungen bereits angedeutet, nehmen hier eine erschreckende Größenordnung ein.<br />

Therapieerfahrungen anderer Einrichtungen geben jedoch Anlass zur Hoffnung,<br />

entsprechende Konstellationen mit angemessenen Therapiemaßnahmen in eine positive<br />

Richtung verändern zu können.<br />

Therapieziele<br />

Im Sinne einer individuellen Diagnostik lassen sich übergreifende Ziele definieren und wie<br />

folgt beschreiben:<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 28


- intensive Reflexion der aktuellen Lebenssituation mit dem Schwerpunkt des<br />

Hervorhebens positiver Anteile<br />

- heranführen an den Aufbau einer neuen Lebensperspektive unter Berücksichtigung<br />

erlebter und auch in der Zukunft anwendbarer Fähigkeiten<br />

- Stabilisierung bzw. Wiederherstellung der Kontaktfähigkeit zu anderen Menschen<br />

etwa gleichen Alters und gleicher Interessen<br />

- herstellen einer emotionalen Atmosphäre, die das Wahrnehmen, und im Rahmen der<br />

individuellen Möglichkeiten, auch das Ausleben angestauter Gefühle erlaubt.<br />

- Förderung von lebenspraktischen Fähigkeiten zur Bewältigung von Alltagssituationen<br />

- praktisches Erarbeiten von Freizeitgestaltungsmöglichkeiten<br />

- Verbesserung der Konzentration und Merkfähigkeit durch gezieltes tägliches<br />

Hirnleistungstraining, (individuelle Indikation)<br />

Therapieprogramm<br />

Die Behandlung der Patientinnen und Patienten mit entsprechender Indikation erfolgt in einer<br />

separaten Gruppe, deren Gruppen- und Co-Therapeutin über langjährige therapeutische<br />

Erfahrung verfügen.<br />

Grundelemente<br />

- Gruppengesprächstherapie<br />

- gestalterische Ergotherapie<br />

- altersangepasste körperorientierte Therapie<br />

- individuell indikationsbezogene Schwerpunktgruppen<br />

- Einzelarbeit<br />

- Integration in gemeinschaftliche Tätigkeiten<br />

Durch die Integration dieser Gruppe in das Gesamtbehandlungskonzept werden soziale<br />

Begegnungen auch mit jüngeren Patienten stattfinden und ein gegenseitiges Lernen und<br />

Unterstützen ermöglichen.<br />

In den einzelnen therapeutischen Bereichen wird nach folgenden Zielvorstellungen<br />

gearbeitet:<br />

Gruppentherapie<br />

Die Gruppentherapie orientiert sich an der verbalen Aufarbeitung der aktuellen Situation.<br />

Dabei steht das Erreichen einer realistischen Selbsteinschätzung und der Aufbau einer<br />

entsprechenden Motivation zur positiven Veränderung im Vordergrund.<br />

Mit den verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten werden gemeinsam<br />

Verhaltensmodifikationen geprüft und im Rollenspiel getestet.<br />

Die Möglichkeit, die Erfahrung aller Teilnehmer für positive Lösungsmöglichkeiten<br />

einzusetzen, gibt der Gruppentherapie einen besonderen Stellenwert. Dabei genießt die<br />

Wertschätzung der persönlichen Fähigkeiten, die durchaus positive Dinge im bisherigen<br />

Leben ermöglichten, besondere Bedeutung. Die Kontaktaufnahme untereinander reduziert<br />

eventuelle Hemmungen und ist Grundlage für gemeinsame Unternehmungen. Durch<br />

Reflexionen hervorgerufene spezifische Erfahrungen können in der Einzelarbeit aufgegriffen<br />

und psychotherapeutisch bearbeitet werden.<br />

Ziel ist das gemeinsame Erarbeiten von Lebenszielen sowie den pragmatischen<br />

Möglichkeiten, diese auch zu erreichen.<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 29


Kreativtherapie<br />

Die Kreativtherapie mit Angeboten aus der Holz- und Tonbearbeitung eröffnet zum einen den<br />

Zugang zu kreativen Anteilen in der Person, als auch praxisnahe Möglichkeiten der<br />

zukünftigen Freizeitgestaltung. In der themen- und aufgabenorientierten Angebotspalette<br />

erfährt der Patient seine kunstvollen Fertigkeiten und hat die Möglichkeit, sich alternativ zu<br />

dem gesprochenen Wort auszudrücken.<br />

Körpertherapie<br />

Die körperorientierte Therapie dient dem Wiederentdecken und kontinuierlichen körperlichen<br />

Aufbau von Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit im Rahmen der noch zur Verfügung<br />

stehenden Möglichkeiten.<br />

Durch den gezielten, an der Freude der Bewegung orientierten Aufbau, werden körperliche<br />

Parameter kontinuierlich trainiert und kooperatives gemeinsames Handeln praktiziert.<br />

In der Körperpsychotherapie dienen Entspannungs- und Körperwahrnehmungs-verfahren zum<br />

Erleben des eigenen Körpers und der Auseinandersetzung mit der inneren Gefühlswelt.<br />

In speziellen Indikationsbereichen geht es z.B. darum, über den Erwerb von<br />

Entspannungstechniken Ein- und Durchschlafstörungen alternativ zu Medikamenteneinnahme<br />

positiv zu beeinflussen.<br />

Indikationsgruppen<br />

In Indikationsgruppen kann je nach individueller Notwendigkeit die eine oder andere<br />

Fähigkeit spezifischer unterstützt werden.<br />

So kann der Erwerb von alltagsrelevanten Fähigkeiten zur Organisation eines eigenständigen<br />

Haushaltes, spezielle Freizeitmöglichkeiten, eventuell auch Partnerprobleme oder ganz<br />

speziell Alleinsein thematisiert und in möglichst praxisnahen Handlungsanweisungen erprobt<br />

werden.<br />

Behandlungsdauer<br />

Die Behandlungsdauer richtet sich nach den individuellen Bedingungen der Patienten und<br />

kann zwischen 6 Wochen und 4 Monaten betragen.<br />

Entscheidend sind die Schwere der Erkrankung aufgrund physischer, psychischer und sozialer<br />

Folgeerscheinungen und die Fähigkeit des Patienten, die angebotenen Therapieangebote<br />

anzunehmen.<br />

Eine Verlängerung der Maßnahme geschieht ausschließlich nur nach Zustimmung mit dem<br />

Leistungsträger .<br />

Ambulante Möglichkeiten sind immer zu prüfen.<br />

Wissenschaftliche Begleitforschung<br />

Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist seit Jahren bemüht, die der Qualitätssicherung dienenden<br />

Instrumente der Basisdokumentation und Katamnese durchzuführen und so transparent wie<br />

möglich darzustellen.<br />

Die Ergebnisse dienen der Reflexion therapeutischer Entscheidungen und prägen die<br />

Strukturdiskussionen des Konzeptes. Psychologische Begleitdiagnostik mit Hilfe von<br />

Persönlichkeitstest wie dem Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI) sowie dem<br />

suchtspezifischen Fragebogen des Trierer Alkoholismusinventars (TAI) dienen zu Beginn,<br />

während des Verlaufes, adaptive Indikationsstellung, sowie am Ende der Behandlung einer<br />

genauen Einschätzung der notwendigen Interventionen bzw. der abschließenden Einschätzung<br />

eventuell noch notwendiger Maßnahmen.<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 30


Die anonymisierten Daten werden sowohl mit den Ergebnissen und Erfahrungen der übrigen<br />

Patientinnen und Patienten der <strong>Klinik</strong> sowie übergreifend in entsprechenden Qualitätszirkeln<br />

mit den Erfahrungen anderer <strong>Klinik</strong>en verglichen. Die bisherigen katamnestischen<br />

Untersuchungen von <strong>Klinik</strong>en, die eine ähnliche Behandlung durchgeführt haben, zeigen<br />

deutlich die erhöhte Wirksamkeit Maßnahmen in diesem Alter durchzuführen.<br />

Im Sinne einer längerfristigen Abstinenz formulierte Erfolgskriterien erreichten einen<br />

Prozentsatz von 75% über drei Jahre stabil gebliebener Patienten (3, Vossmann, Wernado).<br />

Einordnung<br />

Das folgende Konzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist eine Erweiterung der seit Jahren bestehenden<br />

<strong>Gesamtkonzeption</strong>, die mit der DRV Land Hessen sowie im Fachambulanzbereich der<br />

Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und den Krankenkassen sowie der<br />

Bundesknappschaft abgestimmt ist.<br />

Die Spezifizierung richtet sich auf einen bestimmten Teil der Klientel, die zahlenmäßig in den<br />

letzten Jahren stark zugenommen, im Behandlungsbereich jedoch nicht die adäquate<br />

Resonanz gefunden hat.<br />

Das übergeordnete Ziel besteht darin, Menschen behilflich zu sein, aus einer oftmals erlebten<br />

Opferrolle herauszukommen und für die eigene positive Entwicklung wieder<br />

Selbstverantwortung zu übernehmen.<br />

Das gesamte therapeutische Team kann dabei ein konstruktiver Wegbegleiter und<br />

richtungsweisender Ratgeber sein. Dabei geführt älteren Menschen mindestens genauso viel<br />

Aufmerksamkeit wie denjenigen, die noch im arbeitsfähigen Alter scheinbar im Vollbesitz<br />

ihrer Kräfte sind.<br />

Die Zusammenarbeit mit Altenwohnheimen, Hausärzten, Gesundheitsamt, Krankenkassen<br />

und Krankenhäusern stellt das stabile Fundament für zukunftsorientierte positive<br />

Veränderungsmöglichkeiten dar.<br />

Behandlung von älteren Erwachsenen 31


Behandlung von Patienten aus dem russischen Sprachraum<br />

Durch die räumliche Nähe der Fachklinik zu der Übergangseinrichtung von Aussiedlern<br />

vorwiegend aus dem osteuropäischen Bereich in Gießen, haben wir in den letzten Jahren<br />

zunehmend Patienten behandelt, die zwar über allgemeine deutschsprachliche Kenntnisse<br />

verfügten, jedoch für die therapeutische Arbeit zusätzliche Unterstützung in ihrer<br />

Muttersprache, in diesem Fall russisch, benötigten.<br />

Neben dem Sprachproblem stand immer auch ein kulturelles Verständnis der sozialen<br />

Bedingungen der Patienten, die aus dem russischen Sprachbereich kamen, im Vordergrund<br />

unserer Betrachtung. Daher war es für uns ungemein wichtig, vor einiger Zeit eine Diplom-<br />

Sozialpädagogin, die in Moskau geboren und aufgewachsen ist, und erst in den letzten 7<br />

Jahren hier in Deutschland verheiratet ist, einstellen zu können. Diese Kollegin, die nicht nur<br />

über die entsprechenden Sprachkenntnisse verfügt, kann die Situation der Patienten sehr gut<br />

einschätzen und entwickelte sehr gute Fähigkeiten, den vom Gruppentherapeuten<br />

aufgestellten Behandlungsplan für die russisch sprechenden Patienten sinnvoll zu ergänzen.<br />

Bei der individuellen psychosozialen Diagnostik können die psychotherapeutischen und<br />

sozialtherapeutischen Schwerpunkte dann entsprechend gesetzt werden.<br />

Dies wären:<br />

• Verbesserung der deutschsprachigen Kenntnisse in zweimal wöchentlich stattfindenden<br />

„Unterrichtseinheiten : Deutsch in Wort und Sprache“<br />

• Kontaktaufnahme zu Arbeitsvermittlungsdiensten, hier den speziellen Abteilungen für<br />

Migranten<br />

• Abklärung der Leistungsfähigkeit über das arbeitsmedizinische Zentrum Herborn, da oft<br />

wenig Informationen über die im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen bzw. die<br />

Fähigkeiten der Patienten vorliegen<br />

• Stärkung des emotionalen Bereiches über intensive Einzelgespräche in der Muttersprache<br />

• Klärung der familiären, oft durch Entwurzelung geprägten Situation in<br />

familientherapeutischen Sequenzen und Angehörigenseminaren<br />

• bei bestehenden Arbeitsplatzsituationen - Analyse der perspektivischen Möglichkeiten<br />

durch Zuhilfenahme der Sprachkenntnisse der Bezugstherapeutin<br />

• Unterstützung durch die Bezugstherapeutin und den Sozialdienst bei der Klärung sozialer<br />

Fragestellungen wie z. B. Schulden, Wohnungs- fragen etc.<br />

• soziokulturelles Training im Rahmen von Indikationsgruppen um unter anderem die<br />

Freizeitmöglichkeiten zu erweitern und überhaupt verfügbar zu gestalten<br />

• spezielle psychotherapeutische Sequenzen zur Bearbeitung spezifischer Fragestellungen in<br />

russischer Sprache<br />

Der individuelle Behandlungsplan bezieht sich auf die in speziellen Gruppen stattfindende<br />

Gruppentherapie, sowie alle anderen Therapiebereiche, die letztendlich zur Erreichung der<br />

therapeutisch als notwendig eingeschätzten und vom Patienten selbst als wichtig erachteten<br />

Therapieziele konzipiert wurden. So kann z. B. auch die Integration in die<br />

Praxisorientierungsphase sinnvoll sein, um den Patienten ein gewisses Training zu<br />

ermöglichen. Auch das Bewältigen von alltagsrelevanten Dingen wie, selbständiges<br />

Zubereiten von Mahlzeiten sowie aller Bereiche, die zu einer Haushaltsführung notwendig<br />

sind, kann trainiert werden. Sowohl die Integration in die Betriebe, vorwiegend solche, in<br />

denen bereits Emigranten aus dem russischen Sprachbereich arbeiten, als auch das Training<br />

Russischsprachige Patienten 32


der sozialen Fertigkeiten muss zumindest zeitweise durch die russische Bezugstherapeutin<br />

begleitet werden.<br />

Durch die Integration der Therapiegruppe in das Gesamtgefüge der <strong>Klinik</strong> entsteht eine Reihe<br />

von Kontakten zu allen anderen Patienten, was die Kommunikationsfähigkeit und<br />

Kontaktaufnahme deutlich unterstützt.<br />

Von Seiten der Therapeuten wird darauf geachtet, dass die sicherlich entstehende Sub-Gruppe<br />

sich nicht zu sehr von allen anderen isoliert. Durch die gezielte Aufgabenverteilung mit<br />

Patienten aus anderen Gruppen, entstehen gruppenübergreifende Verbindungen, die den<br />

Patienten mehr Selbstsicherheit vermitteln sollen.<br />

Aufgrund der bisher getätigten Erfahrungen können wir heute davon ausgehen, dass sich<br />

diese Patienten sehr gut in das Gesamtkonzept der <strong>Klinik</strong> integrieren lassen. In vielen Fällen<br />

ist eine spürbare Motivation zur Veränderung vorhanden und führt im Laufe der Therapie zu<br />

deutlichen Veränderungen.<br />

Katamnestische Untersuchungen begleiten diese Konzeption .<br />

Russischsprachige Patienten 33


Psychogene Essstörung<br />

Ergänzendes Konzept zur Behandlung von alkohol- und/oder medikamentenabhängigen<br />

Frauen und Männern in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>, die neben ihrer stoffgebundenen<br />

Abhängigkeit auch eine psychogene Essstörung entwickelt haben.<br />

Obwohl die Abhängigen von illegalen Drogen die kleinste Gruppe unter den Abhängigen<br />

bilden, erfahren sie aufgrund der Illegalität oft die meiste Aufmerksamkeit.<br />

Die Anzahl der Alkoholabhängigen bzw. der Personen mit missbräuchlichem Umgang mit<br />

Alkohol ist weit größer, wird jedoch oft bagatellisiert. Noch stärker in den Hintergrund gerät<br />

der abhängige und missbräuchliche Umgang mit psychotropen Medikamenten.<br />

Neben diesen Formen ist in den letzten Jahren verstärkt ein Bewusstsein darüber entstanden,<br />

dass Menschen auch einen für sie selbst schädlichen Umgang mit Essen entwickeln können.<br />

Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass es zur Zeit ca. 4 Millionen Menschen mit<br />

Essstörungen in Deutschland gibt, wobei die Behandlungsmöglichkeiten bisher nur in sehr<br />

eingeschränkter Form vorhanden sind.<br />

Die Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> hat eine über 20-jährige Erfahrung in der Behandlung mit<br />

alkohol- und medikamentenabhängigen Patientinnen und Patienten. Dabei wurde in den<br />

letzten Jahren deutlich, dass oftmals eine Reihe von Patienten neben ihrer Alkohol- und<br />

Medikamentenabhängigkeit auch einen problematischen Umgang mit Essen entwickelt haben.<br />

Um diesem Patientenkreis mit einer spezifischen Behandlung gerecht werden zu können,<br />

wurde die hier vorliegende Konzeption entwickelt. Sie basiert auf den therapeutischen<br />

Erfahrungen der in diesem Therapiekomplex tätigen Therapeutinnen, ihren entsprechenden<br />

Weiterbildungen sowie einer Sensibilisierung des gesamten therapeutischen Teams.<br />

Indikation<br />

Das hier vorgestellte Konzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist geeignet für alkohol- und<br />

medikamentenabhängige Frauen und Männer, die in der Vergangenheit oder aktuell zusätzlich<br />

Schwierigkeiten mit ihrem Essverhalten haben oder hatten.<br />

Kontraindikation<br />

• Akute Suizidalität<br />

• Akute endogene Psychosen<br />

• Ausgeprägte hirnorganische Psychosyndrome<br />

• Dauerhaft pflegebedürftige Patienten<br />

• Bedrohliches Unter- oder Übergewicht<br />

• Hohe Brechfrequenz verbunden mit einer schweren körperlichen Symptomatik<br />

Bei magersüchtigen Patienten wird in jedem Fall ein Vorgespräch durchgeführt.<br />

Einordnende Informationen<br />

Essstörungen sind psychosomatische Störungen mit Suchtcharakter, die dazu geführt haben,<br />

dass Essen zum Problem wird und der Umgang mit Nahrung außer Kontrolle geraten ist. Dies<br />

geschieht, wenn Essen nicht mehr vorrangig Befriedigung von Hunger ist, nicht aus Genuss<br />

gegessen wird, sondern um Trost zu haben, Ängste zu meiden und/oder<br />

Spannungen abzubauen bzw. ein unrealistisches Körperbild angestrebt wird.<br />

Psychogene Essstörung 34


Die Grenzen zwischen normalem und gestörtem Essverhalten sind fließend und werden auch<br />

von den Betroffenen erst spät erkannt. Die Essstörung stellt einen unangemessenen<br />

Lösungsversuch für Probleme dar, für die keine angemessenen Bewältigungsmöglichkeiten<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Dabei wird zwischen 3 verschiedenen Formen und Ausprägungen der Essstörungen<br />

unterschieden:<br />

• Anorexia nervosa (Magersucht)<br />

• Bulimie (Ess-, Brechsucht)<br />

• Adipositas (Esssucht)<br />

Anorexia nervosa (Magersucht):<br />

Magersucht ist eine psychische Störung, die durch starken Gewichtsverlust (oder eine<br />

fehlende Gewichtszunahme meist bei Jugendlichen) gekennzeichnet ist. Magersüchtige sind<br />

entschlossen dünn zu werden oder haben eine starke irrationale Furcht dick zu werden, wobei<br />

beides nach einer Gewichtsabnahme oft noch zunimmt. Allgemein ausgedrückt könnte man<br />

formulieren „das Fasten ist außer Kontrolle geraten“. Magersüchtige haben keinen Kontakt<br />

mehr zu ihrem Körper. Der Kopf kontrolliert und steuert; der Körper wird bekämpft.<br />

Kontrolle gibt das Gefühl von Autonomie und Unabhängigkeit. Das Gewicht wird durch<br />

verschiedene Methoden verringert, z. B. durch starke Kalorieneinschränkung (Fasten),<br />

intensives körperliches Training, Appetitzügler, harntreibende Mittel, Abführmittel oder auch<br />

durch selbst herbeigeführtes Erbrechen. Bezeichnend ist, dass sich viele dieser Menschen<br />

selbst als dick erleben, auch wenn sie schon abgemagert sind. Das äußere Erscheinungsbild<br />

dokumentiert unausgesprochen eine Form der inneren Isolation, der emotionalen<br />

Bedürftigkeit, der Identifikationsproblematik mit der Frauenrolle sowie des Status eines<br />

Kranken.<br />

Diagnosekriterien für Anorexiepatienten sind:<br />

• Auffälliger Gewichtsverlust innerhalb von 3-4-Monaten von 15 % oder mehr, ohne<br />

bekannte körperliche Ursache<br />

• Einschränkung der Nahrungsaufnahme vor allem von Kohlehydraten und Fetten<br />

• Verleugnung von Hunger und/oder Verleugnung Probleme zu haben<br />

• Starke Angst vor einer Gewichtszunahme und/oder eine Entschlossenheit immer dünner<br />

zu werden<br />

• Ausbleiben der Regelblutung (Amenorrhoe) bei Frauen, niedriger Sexualhormonspiegel<br />

(Testosteron) bei Männern<br />

• Fortgesetztes exzessives körperliches Training trotz Ermüdung und Schwäche,<br />

Hyperaktivität<br />

• Eigenartige Gewohnheiten im Umgang mit Nahrung<br />

• Verzerrte Wahrnehmung des Gewichtes, Körperumfangs und/oder Körperformen<br />

• Unfähigkeit den Gewichtsverlust und das Ausmaß an körperlicher Tätigkeit zu<br />

kontrollieren<br />

• Sozialer Rückzug<br />

• Ungewöhnliche Kälteempfindlichkeit<br />

• Perfektionismus, der von einem tiefen Gefühl eigener Wertlosigkeit begleitet ist<br />

• Gewichtsverlust durch Erbrechen, harntreibende Mittel (Diuretika) und/oder Abführmittel<br />

(Laxantien)<br />

• Lanugo-Behaarung (feines Haar - „Baby-Flaum“)<br />

• Symptome des Hungerzustandes<br />

Psychogene Essstörung 35


Bulimie (Ess-, Brechsucht):<br />

Das extreme Wechselspiel zwischen übermäßigem Essen und sich Entleeren ist oftmals ein<br />

Ventil für Enttäuschung, Ärger, Wut, Einsamkeit, Langeweile und Frustrationsgefühle. Durch<br />

die Komplexität der möglichen psychischen Auslöser kann die Bulimie mit anderen für die<br />

Personen schädlichen Verhaltensweisen wie Selbstverletzung, Alkohol-, Drogen-, oder<br />

Medikamentenmissbrauch einhergehen. Da die bulimischen Patienten nicht unbedingt durch<br />

ein verändertes Normalgewicht auffallen, ist die Dunkelziffer ungleich höher als im Bereich<br />

der anorektischen bzw. adipösen Personen.<br />

Diagnosekriterien für Bulimie:<br />

• Das Körpergewicht liegt gewöhnlich im Durchschnittsbereich<br />

• Angst vor einer Gewichtszunahme<br />

• Oft unkontrollierbare geheime Episoden von Fressanfällen, denen Versuche folgen, sich<br />

der Nahrung durch selbst herbeigeführtes Erbrechen, Diät oder Gebrauch von<br />

Abführmitteln, harntreibenden Mitteln oder Appetitzüglern wieder zu entledigen<br />

• Depressionen und immer wiederkehrende Stimmungsschwankungen<br />

• Verstärkte körperliche Aktivität zur Gewichtskontrolle<br />

• Unfähigkeit den Ess-Brechkreislauf zu durchbrechen<br />

• Schmerzen in Hals, Speiseröhre, Magen oder Darm<br />

• Ödeme der Haut und Schwellungen der Speicheldrüsen<br />

• Zahnschmerzen und Zahnzerstörungen<br />

• Gefühlsmäßige Labilität und Impulsivität<br />

• Unzufriedenheit mit den Körperformen und ständige Beschäftigung mit dem Wunsch<br />

dünner zu werden<br />

• Häufige Gewichtsschwankungen<br />

Adipositas (Esssucht):<br />

Adipositas ist gekennzeichnet durch Übergewicht, regelmäßiges Zuviel-Essen, häufiges<br />

Diäthalten und Fressanfälle.<br />

Auf diesem Hintergrund geht das Gefühl für Hunger und Sattsein verloren. Das Essen dient<br />

nicht dazu Hunger zu stillen, sondern wird Ersatz für fehlenden oder nie gelernten Umgang<br />

mit Gefühlen, dient zur Verarbeitung von Zurückweisung und innerer Leere.<br />

Essen dient dazu, verdrängte und unerwünschte Bedürfnisse oder Gefühle „wegzuessen“, um<br />

sie nicht zu spüren. Gefühle vor allem der Trauer, Angst und Wut sowie von Überforderung<br />

und Unsicherheit werden heruntergeschluckt. Ein innerer, ungeklärter Konflikt wird im und<br />

am Körper mit der Folge körperlicher und seelischer Erkrankung ausgetragen.<br />

Esssüchtige, dicke Menschen tragen ihr Problem für alle sichtbar mit sich herum und machen<br />

sich angreifbar. Sie gehen selbstschädigend mit sich um, sie richten negative Gefühle gegen<br />

sich selbst und orientieren sich in ihrem Handeln nach den Bedürfnissen anderer. Sie können<br />

sich selbst keinen Raum nehmen, haben ein geringes Selbstbewußtsein und ein basales Gefühl<br />

der Unzulänglichkeit.<br />

Esssüchtige Frauen haben meist negative Erfahrungen mit ihrem Frausein gemacht.<br />

Psychogene Essstörung 36


Diagnosekriterien für Adipositas:<br />

• Übergewicht (20% und mehr des Normalgewichtes)<br />

• Adipositas: BMI von 30 und mehr<br />

• extreme Adipositas: BMI von 40 und mehr<br />

• Heißhungerattacken, die sich über mehrere Monate hinweg wiederholen, die durch<br />

Zwanghaftigkeit und Unkontrolle charakterisiert sind und denen Unbehagen,<br />

Schuldgefühle, Depressionen und Selbstvorwürfe folgen<br />

• Essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl<br />

• Übermäßiges schnelles, schlingendes essen<br />

• Essen ohne körperliches Hungergefühl<br />

• Alleine essen aus Schamgefühl<br />

• Schuldgefühle und Ekel nach dem Essen<br />

• die Essanfälle werden nicht wie bei Bulimie ungeschehen gemacht<br />

Mögliche körperliche Folgeschäden:<br />

• Belastung des Herzens und des Kreislaufes<br />

• Bluthochdruck<br />

• Schädigung des Skelettes<br />

• Leberschäden<br />

• Gefährdung von Schlaganfall, Herzinfarkt<br />

• Diabetes<br />

• Gelenkleiden<br />

• Wirbelsäulenschäden<br />

Therapieansatz:<br />

Die Beobachtungen der letzten Jahre haben ergeben, dass in der Kombination Alkohol-<br />

und/oder Medikamentenabhängigkeit und Essstörung oftmals ein gegenseitiger<br />

Kompensationsmechanismus ausprobiert wird.<br />

Die in der Mehrzahl weiblichen Patienten versuchen über einen Drogenkonsum eigene<br />

Scham und Hilflosigkeit gegenüber ihrem praktizierten Essverhalten ertragbar zu machen.<br />

Kommt es dann in der Therapie zu einer Abstinenz von Alkohol und/oder Medikamenten,<br />

besteht die Gefahr, dass das zum Teil ursprüngliche Symptom, nämlich die Essstörung,<br />

verstärkt ausbricht. Der Therapieansatz für diese Patientengruppe stellt die Bearbeitung der<br />

dem Verhalten zu Grunde liegenden Psychodynamik in den Vordergrund. Dies bedarf einer<br />

Auseinandersetzung mit der eigenen Essgeschichte, der eigenen Erfahrung im Umgang mit<br />

Konflikten sowie der Herstellung von Transparenz bezüglich der Funktionalität des Essens.<br />

Die Behandlung erfolgt neben dem Eingebundensein in die therapeutische Bezugsgruppe in<br />

speziellen themenzentrierten Gruppen, einer an den Bedürfnissen der einzelnen orientierten<br />

Einzelarbeit, der Integration in die Körper- und Kreativtherapie sowie einer speziellen Sport-<br />

und Bewegungstherapie.<br />

Gerade die spezifische Körpertherapie in Einzel- oder / und Gruppenarbeit soll den<br />

Essgestörten helfen eine positive intensivere Beziehung zum eigenen Körper und zur eigenen<br />

Sexualität aufzubauen bzw. wieder zu gewinnen. Die oftmals erlebte Trennung zwischen<br />

Körper und Seele, die meist auf dem Hintergrund von massiv erlebten Grenzverletzungen<br />

entstanden ist, soll wieder zu einer Einheit geformt werden.<br />

Psychogene Essstörung 37


Dementsprechend ergeben sich die Ziele der Körpertherapie wie folgt:<br />

• Entwicklung eines körperlich verankerten Selbstgefühles<br />

• Herstellung einer gesunden Balance zwischen Körper und Seele<br />

• Entwicklung eines positiven realistischen Körperbildes<br />

• Verbesserung und Differenzierung der Eigenwahrnehmung<br />

• Erkennen der Signale des Körpers<br />

• Verbesserung der Verbalisierung von Gefühlen, Empfindungen, Ängsten und Wünschen<br />

sowie der Auflockerung körperbezogener Blockaden<br />

Mit der zusätzlichen Unterstützung durch meditative und entspannungsfördernde Elemente,<br />

können die Patienten, den eigenen Körper positiv annehmen und die eher als<br />

Vernichtungskampf gegen den eigenen Körper zu bezeichnende Strategie aufgeben.<br />

Insgesamt gesehen können folgende Therapieziele formuliert werden:<br />

• Erkennen des Zusammenhangs zwischen der Entwicklung der stoffungebundenen und der<br />

stoffgebundenen Abhängigkeit<br />

• Verstehen des Symptoms, d. h. unnormales Essen als Abwehr von Ängsten, Wünschen<br />

und verbotenen Gefühlen erkennen<br />

• Entwicklung von mehr Selbstwertgefühl und Ich-Stärkung im Sinne eines<br />

Reifungsprozesses<br />

• Entwicklung einer stabilen Identität mit innerem Gleichgewicht<br />

• Entwicklung eines positiven Körperbildes (Achtung des eigenen Körpers)<br />

• Erkennen eigener Ressourcen<br />

• Erlernen eines fürsorglicheren Umgehens mit sich selbst und dem gesamten Körper<br />

• Erwerb und Erhaltung eines der Person angepassten realistischen Gewichtes<br />

• Wiederherstellung eines angemessenen Essverhaltens<br />

• Eine gesunde Einstellung im Umgang mit Lebensmitteln<br />

Einordnung in familiäre Strukturen<br />

Da Essstörungen meist in der Familie entstehen, ist es wichtig sich auch mit der<br />

Ursprungsfamilie auseinanderzusetzen.<br />

Durch die Einbeziehung der Familienmitglieder im Rahmen von Familien- und<br />

Angehörigengesprächen kann ein Teil dieser Dynamik erfasst werden und damit die<br />

Funktionalität des Verhaltens transparenter und die Erarbeitung von alternativen<br />

Lösungswegen realistischer gestaltet werden. Dabei geht es um das Erkennen von<br />

Familienkonflikten, die immer wiederkehren und das Benennen von Tabuthemen.<br />

Zum Abschluss der Behandlung werden die Möglichkeiten der Fortführung auf ambulantem<br />

Wege, die Information über Selbsthilfegruppen sowie lebenspraktische Fragen wie z. B. der<br />

zukünftige Umgang mit Lebensmitteln in den Vordergrund gestellt.<br />

Psychogene Essstörung 38


Integration von polytoxikomanen Patienten in das Gesamtkonzept<br />

Resultierend aus der Diskussion über Indikationskriterien sind wir zu der Auffassung<br />

gekommen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> mit ihrem <strong>Stand</strong><br />

der personell gebündelten Kompetenzen und der Erfahrungen des gesamten Systems in der<br />

Lage sind, im weiteren Text näher bezeichnetes Klientel effektiv zu behandeln.<br />

Die Diskussion im Vorfeld der Entscheidung beinhaltete die Einbeziehung von Erfahrungen<br />

aus anderen <strong>Klinik</strong>en, z.B. der <strong>Klinik</strong> Wied, den Ergebnissen aus Expertengesprächen mit der<br />

Arbeitsgruppe Drogen des Fachverband Sucht, Vorstandsmitgliedern des Verbandes Drogen<br />

und Rauschmitteln sowie den Erfahrungen der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die<br />

vor einer Beschäftigung in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> bereits im Drogenbereich tätig waren.<br />

Auf diese Art und Weise entstand der übereinstimmende Eindruck, dass im Vordergrund der<br />

Abklärung, ob eine entsprechende Konzeption für die Behandlung eines Patienten geeignet<br />

ist, nicht an erster Stelle die Substanz des Konsums entscheidend ist, sondern die<br />

Persönlichkeit des Betroffenen, seine sozialen Verhältnisse und seine Behandlungsmotivation<br />

zu berücksichtigen sind.<br />

Auf dieser Grundlage entstand folgende Konzeptergänzung:<br />

Indikation<br />

• Patientinnen und Patienten mit einem polytoxikomanen Drogenkonsum bei denen der<br />

Konsum illegaler Drogen eingestellt wurde oder zugunsten von Alkoholmissbrauch in den<br />

Hintergrund getreten ist mit noch ausreichender sozialer Integration<br />

• Primär Alkohol- und Medikamentenabhängige mit ständigem oder passagerem<br />

Beigebrauch von : Cannabis, Kokain, Ecstasy, bei ausreichend vorhandener sozialer<br />

Integration<br />

Kontraindikation<br />

• ausschließliche Abhängigkeit von illegalen Drogen<br />

• Patientinnen und Patienten, mit ausgeprägten psychosozialen Defiziten die eines anderen,<br />

mehr pädagogischen Behandlungsansatzes mit einem strukturierteren Rahmen bedürfen<br />

Behandlungsansatz<br />

Die Patientinnen und Patienten mit polyvalentem Substanzgebrauch werden, wie auch die<br />

anderen Patienten der Langzeittherapie, in die Aufnahmegruppe integriert.<br />

In dieser, maximal 14-tägigen Phase wird durch gezielte medizinische, psychologische und<br />

soziale Diagnostik erfasst, wie die Therapie-Schwerpunkte strukturiert werden müssen.<br />

Anschließend erfolgt eine Übernahme in eine geeignete Bezugsgruppe. Der prozentuale<br />

Anteil der polytoxikomanen Patienten in einer Gruppe wird ein Drittel der Gesamtzahl nicht<br />

überschreiten.<br />

Der Integrationsgedanke beruht auf der Erkenntnis, dass im Vordergrund der Behandlung<br />

abhängiger Menschen nicht die Substanzorientierung, sondern das Ausmaß der individuellen<br />

psychosozialen Defizite stehen sollte.<br />

Beruhend auf dem therapeutischen Gesamtkonzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> wird auch hier<br />

davon ausgegangen, dass mit einer kombinierten Behandlung tiefenpsychologischer und<br />

systemischer Therapieansätze, die Selbst- und Fremdwahrnehmung, die Steigerung des<br />

Polytoxikomane Patienten 39


eigenverantwortlichen Handelns sowie das intensive Erleben von Affekten und Gefühlen<br />

effektiv verbessert werden kann.<br />

Durch die Mischung mit alkohol- und medikamentenabhängigen Patientinnen und Patienten<br />

verliert der Konsum illegaler Drogen an Exklusivität und wird letztendlich reduziert auf ein<br />

den Abhängigkeitserkrankungen gemeinsames Störungsmuster.<br />

Im Vergleich zu der Gruppe der alkoholabhängigen Patienten bedarf diese Patientengruppe<br />

neben dem psychotherapeutischen Therapieprogramm erfahrungsgemäß häufiger der<br />

Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt.<br />

Therapieziele<br />

• Stabilisierung der vor der Behandlung begonnenen Abstinenz,<br />

• Festigung der Einstellung, dass eine dauerhafte Abstinenz die Grundlage für die Lösung<br />

von anderen Problemen ist<br />

• Aufbau von stabilen sozialen Beziehungen<br />

• Festigung der bestehenden Arbeitsplatzsituation, oder gegebenenfalls nach der<br />

psychotherapeutischen Phase in der Fachklinik eine Adaptionsphase mit Integration in das<br />

Erwerbsleben<br />

• Neuorientierung des Freizeitverhaltens<br />

Evaluation<br />

Durch die separate Registrierung in der Basisdokumentation wird es möglich sein den Verlauf<br />

der Behandlung z.B. in puncto durchschnittliche Verweildauer, Abbruchquote,<br />

Altersdurchschnitt etc. sowie die katamnestischen Ergebnisse separat auszuwerten.<br />

Polytoxikomane Patienten 40


Konzept zur Behandlung der Medikamentenabhängigkeit<br />

Im Rahmen der Medikamentenabhängigkeit ist es aufgrund der längeren Dauer und der<br />

Intensität der Entzugssymptome wichtig, einen fließenden Übergang zwischen der Entzugs-<br />

und der Entwöhnungsphase zu schaffen (Barbiturate, Tranquilizer, Codein und Opiate<br />

müssen langsam über einen längeren Zeitraum ausgeschlichen werden). Die körperlichen<br />

Symptome entsprechen zudem häufig den Symptomen der Ursprungssymptomatik (z. B.<br />

Angst, Schlafstörungen oder Schmerzen). Ein Unterstützungsangebot für diese Symptomatik<br />

ist für den Erfolg der Abstinenzbemühungen des Patienten wichtig.<br />

„Substitutions-Aktivitäten“ bei Entzug:<br />

Die Aktivierung des „Belohungsschaltkreises“ durch andere Aktivitäten als die der<br />

Medikamenteneinnahme könnte die Symptome erleichtern. Hier einige Vorschläge:<br />

• Musik hören<br />

• Tanzen, malen, lesen, schreien im Wald. . .<br />

• Kuscheln (hier empfiehlt sich unser „Streichelzoo“).<br />

Es empfiehlt sich, sicherzustellen, dass diese Aktivitäten den Patienten tatsächlich Freude<br />

bereiten.<br />

Therapeutische Ansatzpunkte während der Therapie:<br />

1. Aufbau von Bewältigungsstrategien im Umgang mit akuten Entzugssymptomen.<br />

2. Aufbau bzw. Wiederbelebung alternativer Bewältigungsstrategien im Umgang mit<br />

psychischen Problemen.<br />

3. Stärkung des Vertrauens in die Effizienz eigener Bewältigungsmöglichkeiten im<br />

Umgang mit Problem- oder Stresssituationen, d.h. Aufbau internaler<br />

Kontrollüberzeugungen bzw. einer Selbstwirksamkeitsüberzeugung.<br />

Zu Beginn der Therapie steht das Training von Entspannung und Angstbewältigung zunächst<br />

im Vordergrund. Abhängig von den individuellen Entzugsbeschwerden des Patienten werden<br />

zusätzliche Symptommanagementtechniken vermittelt.<br />

Ggf. ist auch eine weitere Motivationsphase erforderlich, z.B. weil der Patient sich nicht<br />

süchtig fühlt, sein verordnetes Medikament weiterhin bekommt, für ihn sein psychisches<br />

Problem / seine Schmerzsymptomatik im Vordergrund und nicht die Abhängigkeit steht.<br />

Grundsätzlich bestehen häufig Schwierigkeiten, sich auf das therapeutische Setting<br />

einzulassen, aufgrund verringerter Wahrnehmung und Gestaltung eigener Bedürfnisse und<br />

Gefühle, herabgesetzter Beziehungsfähigkeit od. jahrelang ausgebliebener<br />

Funktionsfähigkeit im Alltag.<br />

41


Therapieablaufschema:<br />

1. Sitzung<br />

Informations-<br />

vermittlung<br />

Sinnvoll erscheint es, medikamentenabhängige Patienten in die Körpertherapie zur<br />

Verbesserung der Körperwahrnehmung zu integrieren. Zur speziellen Schmerzbewältigung<br />

eignen sich zusätzlich gezielte psychologische Interventionen.<br />

Informationsvermittlung (Psychoedukation):<br />

Zu Beginn der Behandlung erhält der Patient ausführliche Informationen über<br />

• Wirkung und Wirkdauer von Benzodiazepinen und anderen Medikamenten mit<br />

Suchtpotential<br />

• Verlauf des Entzuges / mögliche Wiederkehr von Entzugssymptomen auch wenn<br />

diese schon abgeklungen waren<br />

• Konsequenzen der weiteren Einnahme<br />

• Behandlungsziele.<br />

Atem- und Entspannungstraining:<br />

2. Sitzung 3. Sitzung 4. Sitzung<br />

Einführung des<br />

Tagebuchs<br />

Atem-/Ent-<br />

spannungs-<br />

training<br />

Hausaufga-<br />

benplanung<br />

Besprechung der vergangenen<br />

Woche und Hausaufgaben<br />

Besprechung<br />

der vergan-<br />

genen<br />

Woche und<br />

Hausauf-<br />

gaben<br />

Atem-/Entspannungstraining Atem-/Ent-<br />

spannungs-<br />

training<br />

Angstbewältigungstraining Angstbewälti-<br />

gungstraining<br />

1. Reduktion der Medika-<br />

menteneinnahme<br />

Weitere Re-<br />

duktion der<br />

Medikamen-<br />

teneinnahme<br />

Hausaufgabenplanung Hausaufga-<br />

benplanung<br />

Unmittelbar zu Beginn der Therapie erhalten die Patienten ein Atem- und<br />

Entspannungstraining, welches im weiteren Verlauf der Behandlung sowohl im Rahmen des<br />

Angstbewältigungstrainings als auch als eigenständige Strategie im Umgang mit<br />

Entzugssymptomen zum Einsatz kommt. Als Entspannungstraining bietet sich die<br />

progressive Muskelrelaxation an, da diese Methode rasch erlernbar und effektiv ist.<br />

Ausgehend von der Annahme, dass Emotionen wie Angst oder Ärger mit einem erhöhten<br />

Muskeltonus einhergehen, besteht das Ziel der progressiven Muskelrelaxation darin,<br />

willkürliche Kontrolle über die Spannung und Entspannung einzelner Muskelgruppen zu<br />

vermitteln.<br />

Während des Atemtrainings soll der Patient eine ruhige und gleichmäßige Bauchatmung<br />

erlernen. Über diese Form der Atmung kann zur schnellen und tiefen Entspannung<br />

wesentlich beigetragen werden. Das Atemtraining umfasst drei Phasen:<br />

42


1. Beobachtung der Atemzyklen ohne Versuche der Beeinflussung.<br />

2. Training der Bauchatmung, wodurch eine möglichst ruhige und gleichmäßige Atmung<br />

erzielt werden soll.<br />

3. Verlangsamung der Atmung durch kurze Pausen zwischen jeder Atemphase, d.h.<br />

nach dem Ein- und dem Ausatmen.<br />

Die Patienten sollten das Atem- und Entspannungstraining täglich zweimal über mindestens<br />

10 Minuten hinweg üben.<br />

Angstbewältigungstraining:<br />

In der weiteren Behandlung ist der Aufbau alternativer Bewältigungsstrategien wichtig. Das<br />

Angstbewältigungstraining vermittelt dem Patienten Fertigkeiten zur Bewältigung von Angst,<br />

bzw. zur Kontrolle von Erregung und bietet sich damit als generell anwendbare Strategie im<br />

Umgang mit Belastungssituationen besonders an. Das Prinzip besteht darin, dass der<br />

Patient lernt, aufkommende Angst oder Unruhe aktiv durch Entspannung zu kontrollieren und<br />

zu reduzieren. Praktisch erfordert dies, dass der Patient in seiner Wahrnehmung für<br />

aufkommende Unruhe oder Erregung sensibilisiert und zur aktiven Gegensteuerung durch<br />

Entspannung angeleitet wird. Beide Aspekte werden in der Regel zunächst im Rahmen von<br />

In-Sensu-Übungen trainiert, bevor der Patient die erlernten Techniken schließlich auch in<br />

alltäglichen Belastungssituationen anwenden soll.<br />

Wesentliche Inhalte des Angst-Bewältigungstrainings:<br />

- Psychoedukation<br />

- In-Sensu-Übungen: Wahrnehmungssensibilisierung und Training des Einsatzes von<br />

Entspannung bei aufkommender Erregung<br />

- Transfer der erlernten Technik auf den Alltag<br />

Psycho-Edukation:<br />

Ein integraler Bestandteil zur Vermittlung von Selbstkontrolltechniken ist die Aufklärung des<br />

Patienten über das Behandlungsvorgehen und Ziele der Methode. Das<br />

Angstbewältigungstraining wird dem Patienten als eine Methode zur aktiven Kontrolle von<br />

Angst, Erregung oder Unruhe vorgestellt, die einzelnen Trainingsschritte besprochen und die<br />

Entspannung als wirksames Mittel zur Erregungskontrolle hervorgehoben.<br />

Wahrnehmungssensibilisierung für aufkommende Erregung:<br />

Der Patient soll lernen, erste körperliche Anzeichen von Unruhe oder Angst zu erkennen und<br />

als Hinweis auf die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen zu verstehen. Dazu dienen<br />

Informationen über den allmählichen Aufbau von Unruhe und Erregung in<br />

Belastungssituationen, die Steuerung der Aufmerksamkeit des Patienten während der insensu-Übungen<br />

auf seine körperlichen Reaktionen und das Training von Entspannung<br />

mittels progressiver Muskelrelaxaktion, da sich der Patient hier bereits gezielt auf<br />

unterschiedliche körperliche Empfindungen bei An- und Entspannung konzentrieren muss.<br />

In-Sensu-Übungen:<br />

Hierzu kann eine belastende Situation des Patienten aus der letzten Woche herangezogen<br />

werden. Zur Vorbereitung empfiehlt es sich, einen Situationsablauf zu erstellen, in welchem<br />

43


insbesondere auch körperliche Reaktionen des Patienten angesprochen werden. Mit Hilfe<br />

dieses Drehbuches unterstützt der Therapeut den Patienten während der Imaginationsübung<br />

beim Aufbau der Vorstellung. Der Patient wird instruiert, sich in die beschriebene Situation<br />

hinein zu versetzen und auf erste körperliche Zeichen von Unruhe, wie z.B. ein zittriges<br />

Gefühl, Herzklopfen, feuchte Hände, unruhige Atmung, etc., zu achten. Sobald der Patient<br />

solche Zeichen wahrnimmt, gibt er dem Therapeuten ein vorher vereinbartes Zeichen (z.B.<br />

Heben der rechten Hand). Der Patient wird nun instruiert, sich die Situation weiter<br />

vorzustellen, zugleich jedoch mittels Entspannung und ruhiger Atmung den körperlichen<br />

Anzeichen der Erregung entgegen zu steuern. Sobald dies dem Patienten gelungen ist (der<br />

Patient gibt dem Therapeuten auch hier ein vorher vereinbartes Zeichen (z.B. Heben der<br />

linken Hand), wird die Vorstellung der belastenden Situation fortgesetzt und erneute<br />

körperliche Erregung wiederum mit Entspannung kontrolliert.<br />

Transfer der erlernten Technik auf den Alltag:<br />

Sobald dem Patienten die Erregungskontrolle durch Entspannung in der Sitzung zuverlässig<br />

gelingt, wird er aufgefordert, diese neu erlernte Technik auch im Alltag einzusetzen. Mit dem<br />

Patienten sollte in der Sitzung besprochen werden, welche belastenden Situationen im<br />

Verlauf der kommenden Woche voraussichtlich auftreten werden und wie in diesen<br />

Situationen das Angstbewältigungstraining eingesetzt werden kann.<br />

Training von entzugsspezifischen Symptommanagement-Techniken:<br />

Durch das Symptommanagement-Training sollen dem Patienten Techniken vermittelt<br />

werden, die eine Bewältigung der individuell auftretenden Entzugssymptome erlauben und<br />

die zu einer möglichst raschen Symptomlinderung führen.<br />

Tabelle II listet häufig beobachtete Entzugssymptome und assoziierte Kontrolltechniken auf.<br />

Kontrolltechniken im Rahmen des Symptommanagement-Trainings:<br />

Entzugssymptome Kontrolltechniken<br />

Angst/Spannung Entspannung, Angstbewältigungstraining<br />

Ruhelosigkeit Ablenkung, insbes. Bewegung<br />

Gedächtnis-/Konzentrationsprobleme Notizen und Pläne machen<br />

Depressive Stimmung Aktivitätsplanung<br />

Depersonalisation (z.B. veränderte<br />

Realitätstestung: z.B. auf den Boden<br />

Körperwahrnehmung<br />

stampfen, fester Griff<br />

Schlafstörungen/Müdigkeit Entspannung<br />

Appetitverlust Geregeltes Essen, Leckereien<br />

Kopfschmerz Entspannung, Massage<br />

Muskelschmerz warmes Bad<br />

Übelkeit Frische Luft, Riechsubstanzen<br />

Tremor/Zittern Entspannung<br />

Schwitzen Puls kühlen<br />

Atemnot Atemübungen<br />

Engegefühl in Brust und Hals Atemübungen, Entspannung<br />

Hitzewellen, Kälteschauer Variable Kleidung<br />

Verlangsamte Sprache Aufmerksamkeit auf einzelne Aspekte wie<br />

z.B. Korrektheit richten<br />

Metallischer Geschmack im Mund Bonbon lutschen<br />

Kribbeln unter der Haut Bewegung, Schütteln, Massage<br />

Schmerzende, tränende Augen Künstliche Tränenflüssigkeit<br />

Koordinationsstörungen Geschwindigkeit der Abläufe reduzieren,<br />

44


durch Selbstverbalisation unterstützen<br />

Schwindel Bewegung mit Stütze (Wand, Möbel)<br />

Visuelle Halluzinationen Realitätstestung: verschiedene Objekte in<br />

unterschiedlichem Abstand anvisieren<br />

Gleichgewichtsstörungen Bewegung mit Stütze, stärkere Orientierung<br />

auf akustische und visuelle Wahrnehmung<br />

Verschwommene Wahrnehmung Fokussieren von Objekten in<br />

unterschiedlichen Abständen<br />

Brennen auf der Haut Angenehme Kleidung, Kühlung<br />

Akustische Überempfindlichkeit Sozialpartner informieren<br />

Behandlung von Depersonalisation:<br />

Symptome, wie das Gefühl der Depersonalisation oder visuelle Halluzinationen, werden<br />

häufig von intensiven Angstgefühlen, genährt durch den Gedanken verrückt zu werden,<br />

begleitet. Techniken, die zumindest kurzfristig solche Symptome unterbrechen, bilden die<br />

Basis für eine Neubewertung dieser Symptome und führen darüber letztlich zur<br />

Angstreduktion. Hierzu werden sog. Realitätstestungen durchgeführt und die dabei erlebten<br />

Effekte anschließend zur Korrektur der Symptominterpretation herangezogen.<br />

Aktivitätsplanung zur Behandlung von Depressionen:<br />

Bei der Aktivitätsplanung werden mit dem Patienten gemeinsam in der Sitzung potentiell<br />

angenehme Aktivitäten exploriert und anhand dieser Listen ein Aktivitätsplan für die folgende<br />

Woche erstellt. Tagebucheintragungen zum Effekt dieser Aktivitäten auf die eigene<br />

Stimmung und zur Frage nach dem Gelingen der Aktivität (z.B. lustlos versus mit Vergnügen<br />

durchgeführt), können dem Patienten den Zusammenhang zwischen Aktivität und Stimmung<br />

verdeutlichen und zum weiteren Aktivitätsaufbau motivieren.<br />

Hausaufgaben:<br />

Hausaufgaben sind von der ersten Sitzung an wesentlicher Bestandteil des<br />

Behandlungsvorgehens und dienen der Erfassung der Ausgangsrate von<br />

Symptomhäufigkeit und –intensität, der Verlaufs- und Erfolgskontrolle, der Analyse<br />

spezifischer Schwierigkeiten im Therapieprozess, der Motivationsarbeit und der Förderung<br />

der Selbstverantwortlichkeit des Patienten. Zu den <strong>Stand</strong>ard-Hausaufgaben im unterstützten<br />

Medikamentenentzug gehören die Tagebuchführung und das Training der erlernten<br />

Bewältigungsstrategien.<br />

Tagebuch:<br />

Zur Unterstützung der Tagebuchführung ist der Einsatz standardisierter Tagebuchblätter<br />

besonders hilfreich.<br />

Auf den Protokollbogen sollte vermerkt sein, über welche Verhaltensweisen / Symptome<br />

Tagebuch zu führen ist und auf welche Weise dies geschehen soll.<br />

Ein weiterer unterstützender Effekt ist durch ein einfühlsames, ermutigendes<br />

Behandlungsteam gegeben.<br />

Gez.<br />

J. Klein<br />

Literatur: Fortschritte der Psychotherapie: Medikamentenabhängigkeit. K. Elsesser / G. Sartory.<br />

Hogrefe 2001<br />

45


Konzept zur Behandlung traumatischer Störungen (PTBS)<br />

Ein kognitiv-behaviorales Behandlungsmanual in 7 Stufen (SBK)<br />

Im Rahmen der Suchtbehandlung werden immer häufiger posttraumatische Erlebnisse als<br />

Hintergrund der Suchtentwicklung deutlich, die einer gesonderten, qualifizierten Behandlung<br />

bedürfen. Auf diesem Hintergrund wurde eine Mitarbeiterin in einem anerkannten Verfahren<br />

(SBK) zur Trauma-Therapeutin ausgebildet. Das Behandlungskonzept von Trauma-Störungen<br />

umfasst insgesamt ca. 5 – 15 Stunden (abhängig von der Schwere der Traumatisierung), die<br />

zum Teil in längeren Sitzungen mit dem Patienten durchgeführt werden. Das<br />

Behandlungsmanual sieht folgende Phasen vor:<br />

Phase 1: Exploration, Diagnostik und Stabilisierung<br />

Im Rahmen der Exploration erfährt der Therapeut, was dem Patienten wiederfahren ist, um<br />

mit ihm an der belastenden Erfahrung arbeiten zu können. Hierbei erfolgt lediglich eine<br />

Exploration der wichtigsten Aspekte des Traumas. Der Patient soll Überschriften formulieren,<br />

aus denen ersichtlich wird, was geschehen ist.<br />

Diagnostik: Zu Beginn der Behandlung ist eine Erhebung des Ausmaßes der<br />

Belastungsreaktion vorgesehen. Die diagnostischen Kriterien werden mit Hilfe eines<br />

strukturierten Interviews erfasst. Symptom-Häufigkeit und -Intensität, die Dauer der<br />

Symptombelastung sowie die aus Sicht des Patienten resultierenden psychischen Belastungen<br />

werden bestimmt.<br />

Stabilisierung: Abhängig vom Zustand des traumatisierten Patienten zu Behandlungsbeginn<br />

ist eine kürzere oder längere Stabilisierungsphase durchzuführen. Psychoedukative<br />

Interventionen im Sinne einer „Normalisierung des Unnormalen“ wie auch verständliche und<br />

dosierte Aufklärung bzw. Informationen über Traumafolgen, Verhaltensmaßregeln und<br />

Hilfsangeboten sollen in dieser Phase den Betroffenen Ruhe und Sicherheit vermitteln.<br />

Darüber hinaus werden den Patienten Techniken zur Entspannung und Stabilisierung an<br />

Hand gegeben (z.B. sicherer Ort, Tresorübungen, innere Bühne oder Bildschirmtechnik). Mit<br />

diesen Übungen können Traumatisierte lernen, starke Intrusionen besser zu kontrollieren und<br />

sich wieder auf den Lebensalltag zu konzentrieren. Um den starken Anspannungszustand der<br />

Patienten zu lindern, können Entspannungsmethoden (PMR) eingesetzt werden. Die<br />

Betroffenen sollen ein Gefühl der Kontrolle über ihren Körper entwickeln, was dem oft<br />

vorherrschenden Eindruck der Macht– und Hilflosigkeit gegenüber dem Trauma und dessen<br />

Symptomen positiv gegenübersteht.<br />

Phase 2: Vermittlung des Therapierationals<br />

Das Therapierational basiert auf dem Modell der kognitiven Verhaltenstherapie<br />

posttraumatischer Belastungsstörungen sowie dem kognitiven Modell der posttraumatischen<br />

Belastungsstörungen. Die nachfolgende Abbildung zeigt den Weg, der den Patienten nach<br />

einer Traumatisierung in eine PTBS führt, dar und zeigt eine Bewältigungsmöglichkeit auf.<br />

Das Therapierational wird mit dem Patienten im Sinne des geleiteten Entdeckens erarbeitet<br />

und soll spezifisch auf die Symptome und das Verhalten des Patienten zugeschnitten werden.<br />

46


Phase 3: Kontrollierte Traumaexposition<br />

Quelle: Pieper, Bengel Traumatherapie in 7 Stufen, Verlag Hans Huber 2008, S. 26<br />

In dieser Phase verschafft sich der Therapeut einen kompletten Überblick über das<br />

Traumaerlebnis des Patienten. In der explorativen Phase wird zunächst auf der Faktenebene<br />

der genaue Ablauf der Traumatisierung von Anfang an erhoben. Der Bericht des Patienten<br />

soll an einem Punkt beginnen, an dem noch nichts auf ein schreckliches Ereignis hindeutete.<br />

Zuerst soll der Punkt herausgearbeitet werden, an dem der Patient merkte, dass etwas<br />

außergewöhnlich Schlimmes passiert. An diesem Punkt werden die Kognitionen des Patienten<br />

festgehalten, um die Orientierung auf die kognitive Ebene zu fördern. Bei aufkommenden<br />

oder vermuteten Emotionen auf Seiten des Patienten lässt der Therapeut den Patienten seine<br />

Gefühle während der Traumatisierung und in der aktuellen Situation benennen. Der Therapeut<br />

betont deren Angemessenheit, kehrt aber sofort auf die kognitive Ebene zurück. Dieses<br />

Vorgehen wird als „emotionale Schleife“ bezeichnet. Alle besonders belastenden Stationen<br />

des Geschehens, die sog. „Hotspots“, sollen genau beleuchtet werden. Auf diese Weise wird<br />

der gesamte Vorgang bis zu dem definierten Ende, dem sog. Ruhepol exploriert.<br />

Im zweiten Schritt geht es um die Exploration der körperlichen und psychischen Reaktionen<br />

auf das Trauma. Hierbei geht es um den gesamten Bereich der komorbiden Störung.<br />

Bei der Verhaltensebene der kontrollierten Traumaexposition geht es anschließend darum, die<br />

nach dem Trauma neu aufgetretenen Verhaltensweisen zu eruieren. Ziel ist es,<br />

Vermeidungsverhalten und sozialen Rückzug zu erkennen und zu benennen. Auch neue<br />

pathologische Verhaltensweisen oder das Wiederentdecken einer Ressource, sind von Belang.<br />

In der nächsten Phase geht es um die Identifizierung von Schuld- und Schamgefühlen.<br />

Angedeutete oder berichtete Schuldgefühle werden vom Therapeuten lediglich registriert.<br />

Nach den 4 vorangegangenen Ebenen sind alle relevanten Informationen zum Trauma<br />

erhoben. Der Therapeut nimmt nun einen Rollenwechsel vor und fasst den Bericht des<br />

Patienten zusammen. Anhand der Aufzeichnungen, die der Therapeut während der<br />

explorativen Phase angefertigt hat, wiederholt er nun möglichst genau zunächst aus der<br />

Faktenebene und in den Formulierungen des Patienten, was diesem während der<br />

Traumatisierung wiederfahren ist. Dabei bittet er den Patienten, sich zurückzulehnen und ihn<br />

ggf. zu korrigieren. Der Therapeut übernimmt die Rolle des Traumatisierten. Dieser wird zum<br />

distanzierten Beobachter und kontrolliert die Schilderung des Therapeuten auf ihre<br />

Richtigkeit. In dieser Phase erlebt der Patient eine Distanzierung vom Trauma, er kann das<br />

Geschehen sozusagen von außen betrachten.<br />

47


Nachdem der Patient bestätigt hat, dass der Therapeut ihn wirklich in allen Einzelheiten<br />

richtig verstanden hat, fragt der Therapeut den Patienten, was für ihn das Schlimmste, das<br />

Verletzendste, das Erniedrigendste gewesen sei.<br />

Ziel der kontrollierten Traumaexposition mit der Fokussierung auf das individuelle Trauma<br />

ist es, herauszuarbeiten, dass es eine Perspektive der Traumabewältigung gibt und dass der<br />

Patient dazu gerade den ersten Schritt getan hat, indem er es gewagt hat, seine traumatischen<br />

Erlebnisse in Worte zu fassen und seine innere Verletztheit einem anderen Menschen<br />

mitzuteilen.<br />

Phase 4: Exposition in sensu<br />

In der vierten Phase sollen dem Patienten durch Übungen zur Aufhebung von<br />

Meidungsverhalten mit Abbau der kognitiv-emotionalen Reaktionen auf bestimmte<br />

Situationen, Objekte, Problemfelder oder Personen Hilfen an die Hand gegeben werden,<br />

weniger angstvoll auf traumarelevante Reize zu reagieren.<br />

Die Übungen bestehen darin, sich die traumatische Situation in Gedanken solange<br />

vorzustellen, bis starke gefühlsmäßige und körperliche Angstreaktionen darauf keine oder nur<br />

noch eine geringe Rolle spielen. Hierfür erstellen Therapeut und Patient gemeinsam ein<br />

„Traumadrehbuch“, das den Ablauf der Traumatisierung genau beschreibt. Dieses Drehbuch<br />

erfasst einen definierten Ausgangspunkt, den exakt benannten Punkt, an welchem dem<br />

Patienten klar wurde, dass etwas außergewöhnlich Schlimmes passiert und ein oder mehrere „<br />

Hotspots“ mit extremer Stressbelastung, Hilflosigkeit und Beschreibung der Angst- und<br />

Hilflosigkeitsgefühle. Weiterhin wird der definierte Endpunkt erhoben.<br />

Der Therapeut liest dem Patienten das Trauma in mehreren Durchgängen in der<br />

Gegenwartsform vor, so als geschehe das Trauma jetzt in diesem Moment, bis zu einem<br />

deutlichen Nachlassen der Belastung. Therapeut und Patient wechseln sich nach jedem<br />

Durchgang mit dem Vorlesen ab. Hierin besteht die beste Möglichkeit für die in diesem<br />

Schritt gewollte Aktivierung von negativen Gefühlen und eine darauffolgende Habituation.<br />

Dies führt zu einer besseren Strukturierung der Erinnerungsinhalte, die dann leichter in<br />

bestehende kognitive Schemata eingeordnet werden können.<br />

Phase 5: EMDR<br />

In der 5. Phase des SBK wird das EMDR eingesetzt, um die mit dem Trauma verbundenen<br />

Emotionen und dysfunktionalen Kognitionen zu verarbeiten. Der Patient konfrontiert sich<br />

jeweils imaginativ mit den Erinnerungen an das traumatische Ereignis, und folgt dabei mit<br />

den Augen dem Finger des Therapeuten, die dieser schnell und gleichmäßig bewegt. Die<br />

Augenbewegungen werden solange wiederholt, bis die psychische Belastung nachlässt.<br />

Schließlich wird das ursprüngliche belastende Bild des schlimmsten Teils der traumatischen<br />

Erfahrung an eine positive und hilfreiche Kognition gekoppelt.<br />

Hierbei werden übergeordnete Hirnzentren aktiviert, die für die Kontrolle der affektiven<br />

Reaktionen zuständig sind. Sie ermöglichen dem Patienten die kognitive Einordnung, dass die<br />

traumatische Situation zwar emotional schrecklich und in der Erinnerung bestehen bleibt, aber<br />

nicht mehr als aktuell bedrohlich erlebt wird.<br />

Phase 6: Exposition in vivo<br />

Falls bei Patienten zu diesem Zeitpunkt noch eine starke Angst und ein ausgeprägtes<br />

Vermeidungsverhalten bezüglich des Ortes der traumatischen Ereignisse besteht, kann eine<br />

Exposition in vivo angeschlossen werden.<br />

48


Die ausführliche Vorarbeit mit dem Patienten besteht darin, die Stellen am Ort des<br />

Geschehens auszumachen, die mit besonders schmerzlichen Erinnerungen verbunden werden.<br />

Diese Punkte sind nacheinander gemeinsam aufzusuchen. An den einzelnen Punkten verharrt<br />

der Patient so lange, bis er eine deutliche Beruhigung spürt und der Grad der Belastung<br />

deutlich nachlässt.<br />

Phase 7: Nachbesprechung, Traumaintegration und Follow Up<br />

In der Nachsprechungsphase klärt der Therapeut mit dem Patienten, wie weit sich deren<br />

Zustand inzwischen verbessert hat, ob sie ihr vor der Traumatisierung bestehendes<br />

Funktionslevel wieder erreicht haben, oder ob noch Probleme bestehen. Werden von dem<br />

Patienten Restprobleme benannt, ist gemeinsam zu entscheiden, welche der<br />

Therapiebausteine zu ihrer Lösung am besten geeignet sind. Zur Objektivierung der erreichten<br />

Therapieerfolge werden wiederum die unter Diagnostik genannten Verfahren eingesetzt und<br />

mit der Eingangsdiagnostik verglichen. Der Therapeut weist die Patienten daraufhin, dass sie<br />

bei eventuell später auftretenden Symptomen auf die erlernte Bewältigungsmechanismen<br />

(Selbstkonfrontation, Entspannung, Tagebuch, Gespräche mit Personen des Vertrauens)<br />

zurückgreifen sollen.<br />

6 bis 8 Wochen und 3 bis 4 Monate nach Behandlungsende finden Kontrolltermine statt.<br />

Dabei können die Patienten genaue Auskunft darüber geben, wie sie in ihrem Alltag, bei der<br />

Arbeit, in der Freizeit und in der Familie mit der traumatischen Erfahrung leben können. Die<br />

Gespräche drehen sich oft um das Thema der Traumaintegration und der Sinnfindung.<br />

gez.<br />

J. Klein<br />

Literatur : Georg Pieper/Jürgen Bengel (2008): Traumatherapie in sieben Stufen.<br />

Verlag: Hans Huber<br />

Fachambulanz<br />

Vorbemerkung<br />

Dem inhaltlichen Konzept geht eine Beschreibung der Entstehung des Gedankens einer<br />

Fachambulanz, den konkret erfolgten Schritten in dieser Richtung, den Kooperationen mit<br />

externen Einrichtungen und der Einordnung in das Gesamtsystem der<br />

Suchtkrankenbehandlung voraus.<br />

Entstehung des Gedankens einer Fachambulanz:<br />

Im Rahmen der Diskussionen, die mit der Einführung der ambulanten Suchtrehabilitation am<br />

01. April 1991 geführt wurden, hat sich die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> mit dieser Thematik intensiv<br />

auseinandergesetzt.<br />

In der Anfangszeit haben wir die Entwicklungen in den Beratungsstellen nach dem offiziellen<br />

Inkrafttreten der Möglichkeit zur Durchführung der ambulanten Rehabilitation abgewartet.<br />

Die Möglichkeit an sich, haben wir von Beginn an begrüßt, da sie das Spektrum der<br />

Behandlungsmöglichkeiten um einen sinnvollen Baustein erweitert. Dabei standen für uns<br />

49


von Beginn an mehrere Möglichkeiten der inhaltlichen Ausgestaltung einer Fachambulanz im<br />

Vordergrund.<br />

Zum einen soll eine Ambulanz die Möglichkeit der Verbindung von stationärer und<br />

ambulanter Therapie herstellen, als auch als eigenständige Behandlungsmöglichkeit in<br />

Betracht kommen.<br />

Sowohl mittelfristige Therapien als auch in verstärktem Maße Kurzzeittherapien konnten in<br />

der Vergangenheit eine unbedingt notwendige und sinnvolle Weiterführung in anerkannten<br />

Behandlungseinrichtungen auf ambulanter Ebene finden.<br />

Diese Möglichkeit hat in einigen Fällen dazu geführt, dass die stationäre Therapiedauer<br />

verkürzt werden konnte.<br />

Da diese Möglichkeit zur Zeit, und dies wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern, im<br />

regionalen Bereich, dies bedeutet in einem Einzugsgebiet von 70 bis 80 km, mit Ausnahme<br />

der Suchtberatungsstelle in Marburg nicht bestand, hat die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ein Konzept<br />

einer Fachambulanz konzipiert und durchgeführt.<br />

Die Fachambulanz befindet sich in einem regionalen Verbundsystem und genießt bereits die<br />

fachliche Akzeptanz der umliegenden Beratungsstellen, Gesundheitsämter und<br />

niedergelassenen Ärzte.<br />

Gerade die Patienten aus dem näheren Umkreis, bis hin zu dem mittelhessischen gelegenen<br />

Gießen (Anfahrtsweg max. 1 Stunde), nehmen bei entsprechender Indikation das Angebot der<br />

ambulanten Rehabilitation wahr.<br />

Die Konzeption sieht ein Stufenmodell vor, das die Möglichkeit eröffnet, die Fachambulanz<br />

in der personellen Ausstattung an den sich entwickelnden Fallzahlen wachsen zu lassen.<br />

So werden in der Eingangsphase die Leistungen durch Mitarbeiter der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> auf<br />

einer zusätzlichen Honorarbasis geleistet. Dadurch wird die im Kostensatz festgelegte<br />

stationäre Arbeit nicht nachteilig beeinflusst.<br />

Darüber hinaus wird angestrebt, dass die Fachambulanz sich weitestgehend nach max. drei<br />

Jahren als eigenständige Einheit etabliert hat und durch vollschichtige Mitarbeiter ausgefüllt<br />

wird.<br />

Die Vorteile der Fachambulanz liegen auf der Möglichkeit der Konstanz in der<br />

therapeutischen Arbeit zwischen stationärem und ambulantem Kontakt, der Möglichkeit zur<br />

effektiven fachlichen Zusammenarbeit mit niedergelassenen Hausärzten sowie in der hohen<br />

fachlichen Kompetenz der in diesem Bereich langjährig tätigen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter.<br />

Eine Anerkennung seitens der DRV Land Hessen, dem VDAK und der AOK liegt seit dem<br />

15.September 1996 vor.<br />

Die Fachambulanz der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> stellt sowohl eine Ergänzung der fachklinischen<br />

Therapie als auch eine eigenständige Therapieform im Sinne einer Alternative zur stationären<br />

Behandlung dar und ist orientiert an den praktischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

der Suchtforschung und Suchttherapie.(nähere Erläuterungen zum Persönlichkeitsmodell<br />

siehe S.5)<br />

In die Fachambulanz sind multiprofessionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter integriert.<br />

Diese bieten ein an ganzheitlichen Gesichtspunkten orientiertes Rehabilitationskonzept zur<br />

Behandlung alkohol- und medikamentenabhängiger Frauen und Männer, das die<br />

psychotherapeutische Bearbeitung von Persönlichkeitsstörungen ebenso integriert wie die<br />

Sichtweisen und Methoden der Verhaltens- und Familientherapie sowie Adjuvantstherapien<br />

aus den Bereichen Ergo-, Musik- und Körpertherapie.<br />

50


Ausweitung der ambulanten Angebote durch Kooperationen mit externen Partnern<br />

Wie im weiteren Verlauf beschrieben wird konnte zuerst eine Kooperation mit dem<br />

Diakonischen Werk in Gießen und danach mit der Suchhilfe e.V. in Wetzlar getroffen<br />

geschlossen werden.<br />

Beschreibung der am Trägerverbund beteiligten Institutionen:<br />

<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> – Fachklinik für die Behandlung von Abhängigkeiten<br />

Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> besteht seit nunmehr 25 Jahren und verfügt über ein differenziertes<br />

Angebot für die Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen. Eine spezielle<br />

Kurzzeittherapie, Gruppen für ältere Erwachsene, spezielle Angebote für Patientinnen und<br />

Patienten, die zusätzlich eine Essstörung entwickelt haben, Angebote für Patienten aus dem<br />

russischen Sprachraum, eine Praxisorientierungsphase sowie eine Adaption , bilden ein<br />

Spektrum von therapeutischen Möglichkeiten, das den Bedingungen des Einzelnen<br />

entsprechend gerecht werden kann. Die <strong>Klinik</strong> umfasst insgesamt 99 Behandlungsplätze und<br />

wird zum Großteil von Beratungsstellen aus Hessen und den angrenzenden Bundesländern<br />

belegt. Die Behandlung ist tiefenpsychologisch orientiert und integriert weitere anerkannte<br />

psychotherapeutische Verfahren wie Psychodrama, Körpertherapie und<br />

verhaltenstherapeutische Interventionsstrategien. Die Behandlung wird in Bezugsgruppen<br />

durchgeführt, wobei Einzelgespräche sowohl der Diagnostik dienen, als auch im weiteren<br />

Therapieverlauf den Erfordernissen des Patienten angepaßt werden. Ergotherapie,<br />

Sporttherapie, Körpertherapie und Beschäftigungstherapie fördern die vorhandenen<br />

Ressourcen der Patienten und eröffnen den Erwerb von zusätzlichen Behandlungsstrategien.<br />

Federnführender Leistungsträger ist die DRV Land Hessen, weitere Beleger sind sämtliche<br />

Krankenkassen, die Bundesknappschaft , Seekasse, der Landeswohlfahrtsverband, die<br />

Beihilfestellen sowie weitere gesetzliche Rentenversicherungsträger.<br />

Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist seit über zehn Jahren Mitglied im Fachverband Sucht und nutzt die<br />

darüber gewonnenen Informationen zu einem Vergleich, der auf eigener Ebene erworbenen<br />

Daten der Basis-Dokumentation und der Katamnesen.<br />

Ambulante Rehabilitation Sucht im Trägerverbund DW Gießen - <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong><br />

Seitdem in der Empfehlungsvereinbarung ambulante Rehabilitation Sucht vom 20.01.1991,<br />

heute auf der Rechtsgrundlage der Vereinbarung Abhängigkeitserkrankter vom 04.05.2001,<br />

das Spektrum der Behandlung von Abhängigkeitserkrankten, welches vorher ausschließlich<br />

im stationären Setting etabliert war, um eine ambulante Variante erweitert worden ist, konnte<br />

der hohe <strong>Stand</strong>ard in der Versorgung von suchtkranken Menschen in der Bundesrepublik<br />

Deutschland noch weiter erhöht werden. Die Stadt Gießen und ihre ländliche Umgebung<br />

bedarf über die beispielhaft vorhandene Versorgung mit Selbsthilfegruppen hinaus eines<br />

qualifizierten ambulanten therapeutischen Angebotes in der Behandlung von Suchtkranken.<br />

Entstehung des Trägerverbundes<br />

Den Trägerverbund bilden das Diakonische Werk Gießen und die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>.. Die<br />

beiden Einrichtungen arbeiten seit über 20 Jahren sehr effektiv zusammen und sind ca. 50 km<br />

voneinander entfernt. Eine Fülle von gemeinsamen Projekten und die gemeinsame Betreuung<br />

von über 600 Patientinnen und Patienten im Laufe der Jahre hat eine sehr stabile Basis, der in<br />

den Institutionen tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschaffen. Während die<br />

Beratungsstelle das gesamte Spektrum der Leistungen bezüglich der Vorbereitung,<br />

Motivationsklärung und Antragsstellung, sowohl für ambulante als auch für stationäre<br />

51


Maßnahmen abdecken, führte die Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> die stationäre Behandlung der<br />

Patienten durch. Die Zusammenarbeit im Verbund ist durch die Kooperationsvereinbarung<br />

zwischen den beiden Trägern mit Inkrafttreten des 1. Oktober 2000 geregelt. Diese<br />

Konzeption ist inhaltliche Grundlage der Kooperationsvereinbarung. Sitz des<br />

Suchthilfezentrums Mittelhessen, so die Bezeichnung für die durch den Zusammenschluss<br />

von <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und DW Gießen entstandene Institution, sind die Räume der<br />

Abteilung Suchthilfe im Diakonischen Werk Gießen.<br />

Das Versorgungsgebiet<br />

Die Stadt Gießen selbst umfasst 72.000 Einwohner. Der gesamte Umkreis bezieht sich gut auf<br />

das Vierfache. Die Infrastruktur bzgl. der Erreichbarkeit der ambulanten Rehabilitationsstelle,<br />

die sich im Stadtzentrum von Gießen befindet, ist außerordentlich gut. Bus- und<br />

Bahnverbindungen ermöglichen eine ebenso gute Anreise wie per PKW, für die ausreichende<br />

Parkmöglichkeiten bestehen.<br />

Aufgabenbereich des Diakonischen Werk Gießen, Schnittstellenmanagement<br />

Die Dekanatsstelle Gießen verfügt über zwei Außenstellen in Grünberg und in Lich. In<br />

Gießen selbst unterhält die Dekanatsstelle eine Bahnhofsmission, eine Beratungsstelle und<br />

eine Tagesstätte für alleinstehende Wohnungslose, eine Ehe-, Familien- und Lebensberatung,<br />

eine Gemeinwesenarbeit mit Kindertagesstätte, zwei Jugendtreffs, ein Seniorentreff sowie ein<br />

Zentrum für soziale Trainingskurse. Die Suchtberatungsstelle der Diakonie Gießen befindet<br />

sich, wie oben beschrieben, im Zentrum von Gießen und verfügt über einen seit drei<br />

Jahrzehnten erfahrenen Leiter in der Suchtkranken-Therapie sowie zwei weitere erfahrene<br />

Sozialarbeiter, Verwaltungsangestellte. Besonders hervorzuheben ist, dass in die<br />

Beratungsstelle 28 ehrenamtliche Suchtkrankenhelfer integriert sind, die, sowohl in die von<br />

Montag bis Freitag täglich stattfindenden Motivationsgruppen integriert sind, als auch zu<br />

Erstgesprächen im Zentrum soziale Psychiatrie Gießen den Kontakt zu alkohol- und<br />

medikamentenabhängigen Patienten aufnehmen. Diese Suchtkrankenhelfer sind in die<br />

regionalen Selbsthilfegruppen integriert, so dass dadurch auch ein Übergang von der<br />

professionellen Therapie hin zur Selbsthilfe gewährleistet ist. Weiterhin wird in der<br />

Beratungsstelle ein regelmäßiger Termin für Angehörige angeboten, eine spezielle<br />

Frauengruppe, die Mitarbeiter der Beratungsstelle führen eine Ausbildung zum<br />

Suchtkrankenhelfer durch, organisieren eine Arbeitsgruppe „Sucht- und Arbeitswelt“ und sind<br />

aktive organisierende Mitarbeiter in dem Arbeitskreis Sucht des psychosozialen Arbeitskreis<br />

Gießen.<br />

Durch die gewachsene Zusammenarbeit bieder Einrichtungen und den häufigen inhaltlichen<br />

Austausch<br />

ist ein wöchentlicher Austausch über die Patienten gewährleistet.<br />

Ambulante Rehabilitation Sucht im Trägerverbund Suchthilfe Wetzlar e.V. - <strong>Klinik</strong><br />

<strong>Eschenburg</strong><br />

Nach den guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem DW Gießen erscheint zur<br />

flächendeckenden Sicherstellung eines ambulanten Angebotes eine Ausweitung auf den<br />

Bereich Wetzlar durchaus sinnvoll .<br />

Zusammenarbeit Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> - Suchthilfe Wetzlar e.V.<br />

Die Suchthilfe Wetzlar e.V. ist seit 30 Jahren Träger von professionellen und ehrenamtlichen<br />

Jugend- und Suchthilfeangeboten in der Stadt Wetzlar und im Lahn-Dill-Kreis. Sie ist Träger<br />

des Suchthilfezentrums Wetzlar. In der Anlage wird eine detaillierte Leistungsbeschreibung<br />

über Art, Umfang und Qualität der angebotenen Leistungen beigefügt.<br />

52


Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und das Suchthilfezentrum Wetzlar arbeiten seit über 20 Jahren sehr<br />

konstruktiv zusammen. Das, mit entsprechendem Fachpersonal ausgestattete Suchthilfezentrum,<br />

hat eine Vielzahl von Patientinnen und Patienten qualifiziert auf eine stationäre Therapie<br />

in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> vorbereitet, die Maßnahmen beantragt und im Anschluss an<br />

die Behandlungsmaßnahme den Patientinnen und Patienten auch weitere Kontaktangebote<br />

unterbreitet (Ambulante Nachsorge, psychosoziale Betreuung, Selbsthilfe). Orientiert an den<br />

Grundüberlegungen, die zu einer Zusammenarbeit der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> mit dem Diakonischen<br />

Werk in Gießen und damit zur Gründung des Suchthilfezentrums Mittelhessen führten,<br />

wurde auf der Leitungsebene zwischen der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und dem Suchthilfezentrum<br />

Wetzlar die Zusammenarbeit vereinbart, mit dem Zweck der Durchführung nachstationärer,<br />

sowie ausschließlich ambulanter Suchtrehabilitation. Für die Entscheidung, bei<br />

den zuständigen Leistungsträgern die Anerkennung einer, hinsichtlich der Durchführung von<br />

Suchtrehabilitation in gemeinsamer Trägerschaft organisierten Stelle zu erwirken, sprechen<br />

folgende Argumente:<br />

Die räumliche Nähe beider Organisationen,<br />

eine seit Jahrzehnten eingespielte Zusammenarbeit,<br />

gegenseitige Ergänzung personeller Ressourcen,<br />

die gemeinsame Verantwortung für ein regionales Suchthilfekonzept mit dem Ziel des<br />

Aufbaus eines regionalen Behandlungsverbunds.<br />

Überlegungen zum <strong>Stand</strong>ort Wetzlar<br />

Die regionale Versorgungsstruktur des Lahn-Dill-Kreises, der Stadt Wetzlar, des Landkreises<br />

Gießen und der Stadt Gießen betrachtend, liegt Wetzlar genau zwischen den bereits versorgten<br />

Bereichen Gießen und Dillenburg. Das Einzugsgebiet des Suchthilfezentrums Wetzlar<br />

umfasst den Lahn-Dill-Kreis, wie auch angrenzende Kreisregionen. Die Tatsache, dass das<br />

Suchtberatungsangebot des Suchthilfezentrums Wetzlar von jährlich 500 Personen, die mehr<br />

als einmal eine Beratung in Anspruch genommen haben, kontaktiert wird, verdeutlicht den<br />

großen Einzugsbereich. Die Möglichkeit, den Patienten zukünftig an den <strong>Stand</strong>orten Gießen,<br />

Wetzlar und <strong>Eschenburg</strong>-Wissenbach, drei kompetente Zentren zur Verfügung zu stellen, bedeutet<br />

für viele Betroffene, ambulante Suchtrehabilitation in zumutbarer Entfernung erreichen<br />

zu können.<br />

Weiterhin werden durch den regionalen Versorgungsverbund, der eingebettet in das gesamte<br />

Suchthilfespektrum im Lahn-Dill-Kreis ist, alle benötigten Suchthilfeleistungen aus einer<br />

Hand angeboten.<br />

Dass die unmittelbare Verknüpfung einer Fachklinik mit einer ambulanten Behandlungsstätte<br />

eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt, hat nicht zuletzt eine Untersuchung der <strong>Klinik</strong><br />

<strong>Eschenburg</strong> gezeigt, die darlegt, dass im Suchthilfezentrum Mittelhessen und in der, direkt an<br />

die <strong>Klinik</strong> angegliederten Fachambulanz, die Antrittsquote zur nachstationären ambulanten<br />

Rehabilitation bei 90 Prozent liegt. Bei der Weitervermittlung zur nachstationären ambulanten<br />

Rehabilitation in Stellen, mit denen die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> in keiner personellen Verknüpfung<br />

steht, beträgt die Antrittsquote dagegen unter 50 Prozent. Damit erweist sich, dass mit einem<br />

entsprechenden Schnittstellenmanagement vom Übergang von stationär zu ambulant, wie<br />

auch umgekehrt, und der damit verbundenen personellen Konstanz, auch für die Patientinnen/Patienten<br />

eine deutlich erhöhte Verbindlichkeit gewährleistet wird, die den Behandlungserfolg<br />

nachhaltig verbessert.<br />

53


Schnittstellen-Management<br />

Die Ärztinnen der <strong>Klinik</strong>, Frau Schäfer und Frau Schmidt (Vertretungsfall), übernehmen die<br />

medizinische Versorgung und Verantwortung der gemeinsamen Stelle. Das Aufgabenspektrum<br />

der Ärztinnen richtet sich nach den Vorgaben der Vereinbarung zur Durchführung<br />

von ambulanter Rehabilitation und wird entsprechend ausgeführt. Die therapeutischen Leistungen<br />

werden von entsprechend qualifiziertem Fachpersonal der Suchhilfe Wetzlar e.V. und<br />

der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> auf einem Personaltableau erbracht.<br />

Durch die Integration einer in der <strong>Klinik</strong> arbeitenden Bezugstherapeutin in den therapeutischen<br />

Kontext der ambulanten Behandlungsstätte wird zusätzlich für Patientinnen und Patienten,<br />

die ihre stationäre Phase in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> absolvieren, die konsequente<br />

Weiterbehandlung der im stationären Setting erreichten Ziele sichergestellt, wenn die Patientinnen<br />

und Patienten im Einzugsgebiet des Suchthilfezentrums Wetzlar ihren Wohnsitz haben.<br />

Konkret bedeutet dies, dass die entsprechende Therapeutin (Dipl.-Psychologin, approbierte<br />

Psychotherapeutin) jede Patientin und jeden Patienten, der für eine Weiterbehandlung in<br />

Wetzlar vorgesehen ist, während der <strong>Klinik</strong>phase darauf vorbereitet, sie den Wetzlarer Kolleginnen<br />

und Kollegen vorstellt, wie auch diese bereits zum Ende der <strong>Klinik</strong>phase den persönlichen<br />

Kontakt zu diesen Patientinnen und Patienten in der <strong>Klinik</strong> aufnehmen, um so einen<br />

nahtlosen Übergang in die ambulante Behandlung zu gewährleisten.<br />

Durch diese personelle Verknüpfung in Form auch regelmäßiger Fallbesprechungen können<br />

Patientinnen und Patienten, die in der Beratungsphase auf eine stationäre Behandlung in der<br />

<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> vorbereitet werden, effektiver und schneller in den stationären therapeutischen<br />

Prozess integriert werden. Grundsätzlich wird durch den regionalen Suchthilfeverbund<br />

von Beratung, ambulanter und stationärer Behandlung ein schneller und unbürokratischer<br />

Wechsel zwischen den jeweils indizierten Behandlungsformen möglich und damit die Behandlung<br />

optimiert, was erwarten lässt, dass zumindest in Einzelfällen auch eine Reduktion<br />

stationärer Behandlungszeiten zu erreichen sein wird.<br />

Rehabilitationskonzept<br />

Die Arbeit der Fachambulanzen wird durch ein multiprofessionell zusammengesetztes Team<br />

geleistet. Ihr zugrunde liegt ein an ganzheitlichen Gesichtspunkten orientiertes Rehabilitationskonzept<br />

zur Behandlung alkohol- und medikamentenabhängiger Frauen und Männer, das<br />

die psychotherapeutische Bearbeitung von Persönlichkeitsstörungen ebenso integriert wie die<br />

Sichtweisen und Methoden der Verhaltens- und Familientherapie sowie Adjuvantstherapien<br />

aus den Bereichen Ergo-, Musik- und Körpertherapie.<br />

Behandlungsmotivation<br />

Eine Behandlung von suchtmittelabhängigen Patientinnen und Patienten in der Fachambulanz<br />

kann nur auf der Grundlage einer Motivation zur Behandlung der Patientin/des Patienten<br />

durchgeführt werden. Die Patientinnen und Patienten, die aus einer stationären Einrichtung<br />

kommen, haben ihre Behandlungsmotivation durch ihre Teilnahme an der stationären Behandlung<br />

hinreichend bewiesen, unterliegen während der Durchführung der ambulanten Rehabilitation<br />

jedoch ebenfalls einer kritischen Begutachtung ihrer aktiven Teilnahme am Therapieprozess.<br />

Für die Patientinnen und Patienten, die eine ambulante Behandlung ohne direkt<br />

vorausgegangene stationäre Phase beantragt haben, ist die Motivationsarbeit sichergestellt.<br />

54


Indikationen<br />

Patientinnen/Patienten, die im Rahmen ihrer stationären Phase einen <strong>Stand</strong> erreicht<br />

haben, der eine weitere Bearbeitung auf ambulanter Ebene unter intensiver Einbeziehung<br />

der sozialen Umstände und Bezugspersonen sinnvoll erscheinen lässt.<br />

Patientinnen/Patienten, die nach vorangegangener Diagnostik eine Alkohol- und/oder<br />

Medikamentenabhängigkeit selbst annehmen können, sozial noch ausreichend integriert<br />

sind und eine Motivation zur aktiven regelmäßigen Teilnahme und Mitarbeit in abstinentem<br />

Zustand anbieten können.<br />

Diagnostik und Indikationsstellung<br />

Handelt es sich um Patientinnen und Patienten, die eine stationäre Phase vor der ambulanten<br />

Behandlung absolviert haben, wird die Diagnostik der vorhergehenden<br />

Behandlungsinstitution auf ihren aktuellen <strong>Stand</strong> hin überprüft und durch zusätzliche<br />

medizinische, psychologische und soziale Fragestellungen ergänzt.<br />

Dabei wird ärztlicherseits überprüft, inwieweit der aktuelle Gesundheitszustand dem Abschlussbericht<br />

der Fachklinik noch entspricht. Die Untersuchung impliziert Laborwerte, internistische<br />

und neurologische Untersuchungen sowie eine Überprüfung der Erwerbsfähigkeit.<br />

Die psychologische Untersuchung umfasst die Analyse des momentanen psychischen Zustands.<br />

Zur Unterstützung der durch das Interview erworbenen Eindrücke des Psychologen<br />

wird das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI) sowie das Trierer Alkoholismusinventar<br />

(TAI) angewandt. Die aktuelle soziale Situation, d.h. die familiären Verhältnisse, die Arbeitssituation,<br />

die finanzielle Situation u.a.m. werden sozialarbeiterisch überprüft.<br />

Aufgrund der medizinischen und psychosozialen Diagnostik erfolgt eine differenzierte Indikationsstellung<br />

bezüglich der Behandlungsziele und der, während der Behandlung zu bearbeitenden<br />

Schwerpunkte. Im Sinne der adaptiven Indikationsstellung obliegt es dem therapeutischen<br />

Team, unter Federführung des Arztes, die Behandlungsziele kritisch zu<br />

reflektieren und ggf. zu modifizieren. In diesem Prozess wird auch die notwendige<br />

Behandlungszeit im Rahmen des durch den Leistungsträger vorgegebenen Zeitbudgets<br />

festgelegt. Erscheinen die Behandlungsziele erreicht, wird die Behandlung auch vor Ablauf<br />

des zur Verfügung gestellten Zeitrahmens regulär beendet.<br />

Sollte der ambulanten Behandlung nicht direkt eine stationäre Behandlung vorausgegangen<br />

sein, wird die medizinische, psychologische und soziale Diagnostik ungleich intensiver<br />

durchgeführt, um die entsprechenden Angaben und Eindrücke zur Erstellung einer differenzierten<br />

Anamnese sowie eines Behandlungsplans mit den zu vereinbarenden Behandlungszielen<br />

erstellen zu können. Dies geschieht in oben aufgeführter Aufgabenverteilung.<br />

Behandlungsziele<br />

Stabilisierung bzw. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit in zeitlich angemessenem<br />

Rahmen.<br />

Stärkung von, durch Persönlichkeitsstörungen geminderten Fähigkeiten, die eine abstinente<br />

Lebensweise bisher vermieden haben.<br />

Realistische Einschätzung der eigenen Situation sowie Planung und Training von<br />

situationsangepasstem eigenverantwortlichem Handeln.<br />

Punktuelle Stärkung des gesamten Systems des Betroffenen im Sinne der Einbeziehung<br />

der unmittelbaren Bezugspersonen.<br />

Erwerb von Rückfallbewältigungsstrategien.<br />

55


Behandlungsplan bei ambulanter Rehabilitation als Anschlussbehandlung<br />

Hierbei gelten folgende Prämissen<br />

Fortführung des im stationären Rahmens aufgestellten Behandlungsplans unter Einbeziehung<br />

der diagnostisch erarbeiteten Hinweise bezüglich der in der Alltagsrealität zu erwartenden<br />

Schwierigkeiten der Patientin/des Patienten.<br />

Kontinuierliche wöchentliche Einzel- und Gruppenkontakte mit konstruktiv kritischer<br />

Begleitung seiner Eingewöhnung in den Alltag.<br />

Möglichkeit zur Krisenintervention und, darauf aufbauend der Erwerb einer angepassten<br />

Verhaltensstruktur und persönlichen Einstellung in auch schwierigen Situationen.<br />

Im Rahmen der vom Leistungsträger zur Verfügung gestellten Möglichkeiten Einbeziehung<br />

der Bezugspersonen, sowie die Berücksichtigung der Arbeitssituation. Die Therapieeinheiten<br />

finden vorwiegend in den Abendstunden statt.<br />

Die Maßnahme ist im Regelfall auf max. 40 Einheiten konzipiert, es sei denn die<br />

Behandlungsziele sind früher erreicht. Bedarf es eines zusätzlichen Behandlungszeitraums<br />

wird ein Verlängerungsantrag gestellt.<br />

Die Behandlung muss nach max. 12 Monaten beendet sein und wird über einen Entlassungsbericht<br />

dokumentiert.<br />

Behandlungsplan bei ausschließlicher ambulanter Rehabilitation<br />

In diesem Fall muss eine ärztliche, psychologische und soziale Diagnostik in Anlehnung an<br />

die, von dem behandelnden Hausarzt und anderen vorgeschalteten Stellen ermittelten Hinweise<br />

erfolgen und in den Behandlungsplan integriert werden.<br />

Neben der physischen und psychischen Diagnostik gilt es, besonders auch die psychosoziale<br />

Situation des Patienten zu erfassen und in den Behandlungsplan einfließen zu lassen.<br />

Der erste Behandlungsplan baut auf den so gewonnenen diagnostischen Einschätzungen auf,<br />

muss jedoch im Sinne einer adaptiven Indikationsstellung im Laufe der Zeit um weitere Anteile<br />

ständig ergänzt werden. Gleiches gilt für die Behandlungsziele, die zu Beginn in einer<br />

Art Grobzielkatalog beschrieben und im weiteren Verlauf ausdifferenziert werden. Der Behandlungsplan<br />

schließt sowohl die Frequenz von Einzel- und Gruppengesprächen als auch die<br />

Einbeziehung von weiteren Therapieformen und zusätzlichen Interventionen mit ein.<br />

Die in der Regel einmal pro Woche stattfindenden Gruppengespräche sind tiefenpsychologisch-systemisch<br />

ausgerichtet und werden von zwei Gruppentherapeuten durchgeführt. Sollte<br />

einer von beiden krank oder im Urlaub sein, ist dadurch die kontinuierliche Fortführung der<br />

Gruppe gewährleistet. Die Dauer der Gruppengespräche beträgt 100 Minuten. Die zusätzlich<br />

unterstützenden Einzelgespräche werden bei therapeutischer Notwendigkeit oder auf Anfrage<br />

der Patientin/des Patienten von der/dem zuständigen Gruppentherapeutin/Gruppentherapeuten<br />

oder der/dem Psychologin/Psychologen durchgeführt.<br />

Die Einzelgespräche dauern 50 Minuten. Die Regelgruppengröße für die Gruppentherapie<br />

beträgt 10 bis 12 Patientinnen/Patienten. Es handelt sich um halboffene Gruppen, so dass Patientinnen<br />

und Patienten phasenweise in die Gruppe integriert werden können.<br />

Phasenorientierung im Behandlungsplan<br />

Die ersten vier Wochen der ambulanten Behandlung dienen sowohl der differenzierten Anamneseerhebung<br />

als auch der Vermittlung von wichtigen Informationen über die Suchterkran-<br />

56


kung. Dies impliziert Informationen sowohl über medizinische und biologische Vorgänge im<br />

Körper als auch die Darstellung der Entwicklung und des Verlaufs einer Suchterkrankung. Im<br />

weiteren Verlauf der Therapie gilt es die spezifische Situation des Einzelnen und seine mit<br />

Suchtmitteln herbeigeführten Veränderungen und mögliche Lösungsmöglichkeiten zu thematisieren.<br />

In der dritten Phase steht das praktische Ausprobieren von alternativen Lösungsmöglichkeiten<br />

im Vordergrund. Die dabei erlebten Erfolge und Misserfolge werden in den Therapieprozess<br />

eingebracht und können zu einer Korrektur des eingeschlagenen Veränderungswegs<br />

führen. In der vierten und letzten Phase gilt es, im Sinne einer Ablösung aus der therapeutischen<br />

Beziehung, die zukünftige Eigenständigkeit vorzubereiten.<br />

In Ergänzung zur therapeutischen Rehabilitation stehen bei Bedarf alle Leistungsangebote des<br />

Suchthilfezentrums Wetzlar zur Verfügung, inklusive des Übergangs in Selbsthilfegruppen.<br />

In den ersten vier Wochen sind wöchentlich zwei Termine zu planen, danach ist die Frequenz<br />

von dem Gesamtentwicklungsprozess des Patienten abhängig. In der Regel finden ein bis<br />

zwei Therapieeinheiten in der Woche statt.<br />

Verlauf<br />

Die Patientinnen/Patienten suchen die Fachambulanz entweder auf eigenen Wunsch durch<br />

Überweisung ihres Hausarztes, Vermittlung durch eine Beratungsstelle oder z. B. nach betrieblichen<br />

Interventionen auf.<br />

An erster Stelle steht eine genaue Diagnostik der physischen, psychischen und sozialen Situation<br />

des Betroffenen. Aus der Analyse der gelieferten Hinweise und dem, was der Patient<br />

mitteilt, wird ein Vorschlag zur Behandlung erarbeitet.<br />

Eine ambulante Rehabilitation wird dann vorgeschlagen, wenn die vom Verband der<br />

Deutschen Rentenversicherungsträger (VDR) und den Krankenkassen erstellten Indikationskriterien<br />

zutreffen.<br />

Störungen auf seelischem, körperlichem und sozialem Gebiet können im Rahmen einer ambulanten<br />

Rehabilitation erfolgreich behandelt werden, wenn<br />

das soziale Umfeld des/der Abhängigkeitskranken noch eine unterstützende Funktion hat,<br />

der/die Abhängigkeitskranke beruflich noch ausreichend integriert ist, wobei jedoch Arbeitslosigkeit<br />

allein eine ambulante Entwöhnung nicht ausschließt,<br />

eine stabile Wohnsituation vorhanden ist,<br />

erkennbar ist, dass die Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit, zur regelmäßigen Teilnahme und<br />

zur Einhaltung des Therapieplanes bei einer abstinenten Lebensweise vorhanden ist.<br />

Treffen diese Indikationskriterien zu und die Patientin/ der Patient selbst ist zu einer ambulanten<br />

Behandlung motiviert, wird ein entsprechender Antrag beim Kosten- oder Leistungsträger<br />

gestellt.<br />

Sollte eine ambulante Rehabilitation nicht in Betracht kommen, werden je nach<br />

diagnostischer Einschätzung kurzzeitstationäre bzw. mittel- bis langzeitstationäre<br />

Behandlungsformen mit dem Patienten erörtert und in die Wege geleitet.<br />

Sollte vor Beginn der jeweiligen Maßnahme eine Entgiftung notwendig sein, kann sie in einer<br />

der regional vorhandenen Entzugsstationen der ZsP’s Herborn, Gießen oder Marburg<br />

durchgeführt werden.<br />

57


Therapeutisches Grundkonzept in der ambulanten Rehabilitation<br />

Das therapeutische Grundkonzept der ambulanten Rehabilitation basiert auf einer tiefenpsychologischen<br />

Betrachtung der Gesamtpersönlichkeit und einer, die Funktion der Suchtmittel<br />

analysierenden, systemischen Betrachtungsweise.<br />

Obwohl wissenschaftlich untersucht, nie eine explizite spezifische Persönlichkeit des typisch<br />

Abhängigkeitskranken herauszufiltern war, gilt es, spezifische Klassifikationen in der Diagnostik<br />

zu berücksichtigen und in die Therapieplanung zu integrieren.<br />

Untersuchungen von KLEIN 1992, FUNKE et al. 1991 u.a. haben mit Hilfe geeigneter Instrumente<br />

persönlichkeitsrelevante Unterschiede aufgezeigt.<br />

Bei den Patientinnen/Patienten mit schwer gestörten Persönlichkeiten, bei gleichfalls stark<br />

ausgeprägter Alkoholproblematik, fallen vor allem die ich-schwachen und neurotischen Anteile<br />

neben den soziopathischen auf. Therapieförderlich ist bei diesen Personen ein oft hoher<br />

Leidensdruck (vgl. Klein 1992), der ein Einlassen auf therapeutisches Arbeiten im Sinne einer<br />

Vertrauensbildung und den Erwerb von mehr Selbstkontrolle bei gesteigerter Konfliktbewältigungsfähigkeit<br />

ermöglicht. Bei dieser Gruppe erscheint die Notwendigkeit einer stationären<br />

Therapie obligatorisch, die anschließend effektiv auf ambulanter Ebene fortgesetzt werden<br />

sollte, um die begonnenen Fortschritte weiter auszubauen und zu festigen.<br />

Eine weitere Gruppe konnte aufgrund ihres besonders hohen neurotischen Potenzials beschrieben<br />

werden. Am ehesten ist der Gesamttyp der Neurotiker in passiv-gehemmte Funktionstrinker,<br />

dysphorische Trinker ohne Problembewusstsein und neurotische Trinker mit<br />

Krankheitseinsicht differenzierbar. Die oftmals sehr langen Abhängigkeitszeiträume beruhen<br />

auf „Selbstheilungsversuchen“ und funktionalem Konsum, im Sinne einer Konfliktbewältigung.<br />

Die Krankheitseinsicht ist uneinheitlich, oftmals sogar polarisiert im Sinne von sehr gut<br />

oder sehr wenig vorhanden.<br />

Gerade die Gruppe der „Leugner“ mit ihren eher ungünstigen Katamneseresultaten (vgl.<br />

FUNKE 1990) benötigt wahrscheinlich als Erstmaßnahme ebenfalls eine kurzfristige stationäre<br />

Therapie, um anschließend, bei fundierter Krankheitseinsicht, auf ambulanter Ebene, die<br />

über lange Jahre hinweg gefestigten Muster weiter verändern zu können.<br />

Die im Hinblick auf Katamneseuntersuchungen erfolgreichste Gruppe ist die der Unauffälligen/Durchschnittspatienten,<br />

die in den diagnostischen Kriterien, außer in ihrem Suchtmittelkonsum,<br />

keine von der Norm abweichenden Ergebnisse in den psychologischen Tests TAI,<br />

FPI und MMPI aufweisen. Bei ausreichender psychosozialer Stabilität ist hier eine ausschließlich<br />

ambulante Therapie effektiv und sinnvoll.<br />

Es wird davon ausgegangen, dass der jetzt Abhängigkeitskranke vor Eintritt der Abhängigkeit<br />

einen Gewinn durch den Konsum von Suchtmitteln erzielt hat. Die persönlichkeitsrelevante<br />

Betrachtung impliziert, die Funktionalität des Suchtmittels für den Betreffenden zu analysieren.<br />

Dabei steht der, durch den Konsum hervorgerufene Gewinn im Zentrum der Analyse.<br />

Die positive Beeinflussung seiner Befindlichkeit, die Stärkung von bestimmten Fähigkeiten<br />

oder die Überwindung von unguten Gefühlen haben wesentlich dazu beigetragen, dass der<br />

erlebte Gewinn in vergleichbaren Situationen wieder gesucht wurde.<br />

Je nach Persönlichkeit haben diese, zum Teil euphorisch erlebten Zustände eine solche Verstärkerwirkung<br />

hervorgerufen, dass es im Laufe der Zeit zu einer Gewöhnung und damit zu<br />

einer biopsychischen Abhängigkeitsentwicklung gekommen ist. Die somit entstandene Einschränkung<br />

der Verhaltensmöglichkeiten führte in einen Teufelskreis, aus dem der Betroffene<br />

allein nicht mehr herauskommen konnte.<br />

Die Behandlung hat sich somit auf eine Stärkung der Persönlichkeit und eine praxisorientierte<br />

fähigkeitsunterstützende Therapie zu konzentrieren. Dabei werden Verhaltensalternativen<br />

wiederentdeckt oder neu erworben und, wo immer möglich, im sozialen Kontext kritisch auf<br />

ihre Wirksamkeit hin überprüft.<br />

Mit den Patienten sind rückfallvorbeugende Strategien gemeinsam zu erarbeiten und in der<br />

Praxis zu testen. Im Verlauf der ambulanten Rehabilitation kann jedoch nur ein Rückfall nach<br />

58


ärztlich/therapeutischer Einschätzung bearbeitet werden. Ein zweiter Rückfall führt zur Entlassung<br />

aus der Behandlung.<br />

Wo immer möglich, sind die Bezugspersonen des sozialen Systems in diese Arbeit zu integrieren,<br />

um über eine Stabilisierung des Partners und des Berufssystems die<br />

Wahrscheinlichkeit einer möglichst langjährigen Abstinenzfähigkeit zu erhöhen.<br />

Behandlungsdauer<br />

Die Behandlungsdauer bezieht sich in der Regel auf einen Zeitraum von 9 bis 12 Monaten<br />

und ist orientiert an den persönlichen Fortschritten und den entsprechenden Bedingungen zur<br />

Behandlung der Patientin/des Patienten. Die vom Leistungsträger gewährten 80<br />

therapeutischen Einzel-/Gruppengespräche sowie die 12 therapeutischen Einzel-<br />

/Gruppengespräche für Angehörige stellen eine Maximalorientierung dar, im Regelfall jedoch<br />

nur bedingt notwendig erscheint.<br />

Die Behandlung beginnt als Einzelfallbearbeitung, um die ergänzenden diagnostischen Hinweise<br />

so sorgsam wie möglich herauszuarbeiten und einen vorläufigen Behandlungsplan unter<br />

Nennung der Behandlungsziele aufstellen zu können. Im Sinne einer adaptiven Indikationsstellung<br />

werden sich die Behandlungsziele und der Behandlungsplan im Laufe der Zeit den,<br />

sich ergebenden therapeutischen Interventionen anpassen.<br />

Neben der Integration in die Gruppengesprächstherapie der Ambulanz werden, gemäß Indikation,<br />

begleitende Therapien, wie Entspannungsübungen, Kreativtherapie, etc. im Verlauf der<br />

Maßnahme von, in diesem Bereich erfahrenen Therapeuten, als Blockveranstaltungen angeboten.<br />

Die ambulante Rehabilitation wird durch Verlaufsdiagnostik ständig begleitet und in Fallbesprechungen<br />

und in interner, wie externer Supervision der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

konstruktiv reflektiert.<br />

Die passagere Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe ist dringend erwünscht und wird von den<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt.<br />

Krisenintervention<br />

Zum Auffangen von Krisen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ambulanz/des<br />

Suchthilfezentrums Wetzlar/ DW Gießens zur Verfügung. Ergänzend hierzu ist der<br />

therapeutische Hintergrunddienst der <strong>Klinik</strong> als Ansprechpartner vorhanden.<br />

Kooperationsbeziehungen<br />

Die Fachambulanz kooperiert mit allen in Frage kommenden regionalen und überregionalen<br />

psychosozialen- und Suchthilfediensten, um die vorhandenen Ressourcen möglichst optimal<br />

anbieten und einsetzen zu können. Über die Suchthilfe Wetzlar e.V. ist sie Mitglied im Gemeindepsychiatrischen<br />

Verbund im Lahn-Dill-Kreis (GpV) und arbeitet auf dessen Fachebene,<br />

der Facharbeitsgemeinschaft Suchthilfe im Lahn-Dill-Kreis, intensiv mit.<br />

Diese Vernetzung spiegelt sich wider in intensiven Arbeitsbeziehungen mit den Jugend- und<br />

Sozialämtern des Lahn-Dill-Kreises und der Stadt Wetzlar, dem Staatlichen Schulamt, Schulen<br />

und Jugendhilfeeinrichtungen im Landkreis, dem Wohnungs- und Ordnungsamt der Stadt<br />

Wetzlar, der Abteilung Gesundheit des Lahn-Dill-Kreises, der Arbeitsverwaltung, den Justizbehörden,<br />

der Bewährungshilfe, der Jugendhilfe in Strafsachen, den Beratungsdiensten der<br />

Region und selbstverständlich mit den Krankenhäusern des Einzugsgebiets, einer Reihe von<br />

niedergelassenen Ärzten und allen Einrichtungen des Gemeindepsychiatrischen Verbunds.<br />

59


Angaben zu Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachambulanz sind Mitglieder der Facharbeitsgemeinschaft<br />

Suchthilfe im Lahn-Dill-Kreis, als Fachgremium des Gemeindepsychiatrischen Verbunds<br />

Lahn-Dill (GpV). In der Facharbeitsgemeinschaft werden Konzepte für Präventions-<br />

und Öffentlichkeitsarbeit entwickelt und unter Beteiligung der Fachambulanz umgesetzt. Mit<br />

den werksärztlichen Diensten in Herborn, Haiger und Wetzlar wird auf der betrieblichen<br />

Ebene aktiv zusammengearbeitet, wie auch die betriebliche Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe<br />

aktiv unterstützt werden.<br />

Dokumentation und Evaluation<br />

Die Fachambulanz wird eingegliedert in das Dokumentationssystem der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> .<br />

In Jahresberichten wird die Arbeit dokumentiert.<br />

Personal<br />

Angaben zum ärztlichen Aufgabenbereich<br />

Der Arzt hat die Aufgabe der körperlichen und psychodynamischen Diagnostik. Er überwacht<br />

den Behandlungsverlauf und wird in Fallbesprechungen über den jeweiligen <strong>Stand</strong> der Patienten<br />

durch die Psychologen und Sozialarbeiter informiert. Bei Kriseninterventionen wird er<br />

direkt in die Bearbeitung der Situation einbezogen. Im Sinne eines internen Supervisors begleitet<br />

er die therapeutische Arbeit seiner Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter. Vor der Entlassung<br />

erwirbt der Arzt über Einzelgespräche einen persönlichen Eindruck über den Verlauf und aktuellen<br />

<strong>Stand</strong> der Patientin/des Patienten am Ende der Maßnahme. Diese Einschätzung ist<br />

Grundlage für die Abschlussuntersuchung und den daraus resultierenden Entlassungsbericht.<br />

Mit den niedergelassenen Ärzten hält er Kontakt bei der Abklärung interkurrenter Erkrankungen.<br />

Berufsgruppen<br />

Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter aus folgenden Berufsgruppen werden in den Ambulanzen tätig<br />

sein:<br />

Ärztinnen/Arzt (PsychiaterIn/PsychotherapeutIn)<br />

Dipl.-Psychologinnen/-Psychologen / Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten<br />

(PTG/BDP) mit Zusatzqualifikation<br />

Dipl.-Sozialpädagoginnen/-pädagogen mit speziellen Zusatzqualifikationen<br />

Während der ambulanten Rehabilitation gelten die Richtlinien der zuständigen Leistungs- und<br />

Kostenträger.<br />

Aufgabenverteilungsplan<br />

Arzt<br />

• Anamneseerhebung, allgemeinärztliche Untersuchung<br />

• Erstellung eines individuellen Therapieplanes (in Zusammenarbeit mit Dipl.Psych.)<br />

• Verlaufsuntersuchung und Dokumentation<br />

• Zwischen- und Abschlußuntersuchung<br />

• Erstellung eines qualifizierten Abschlußberichtes<br />

60


Dipl.Psychologe<br />

• zu den vorliegenden Befunden ergänzende psychosoziale Diagnostik<br />

• Erstellung eines vorläufigen Therapieplanes<br />

• Einzel- und Gruppentherapie sowie Kriseninterventionen<br />

• adaptive Indikationsstellung der notwendigen Therapiemaßnahmen<br />

• qualifizierter therapeutischer Abschlußbericht<br />

• Dokumentation<br />

• interne Supervision<br />

Dipl.Sozialpädagogen<br />

• Einzel- und Gruppentherapie<br />

• Kriseninterventionen<br />

• ergänzende Therapieplanung<br />

• Dokumentation<br />

• qualifizierter therapeutischer Abschlußbericht<br />

Literaturhinweis<br />

• Funke, W., 1990: Differentielle Persönlichkeitsdiagnostik des chronischen Alkoholismus<br />

• Bad Tönissteiner Blätter: Beiträge zur Suchtforschung und -therapie 2, Heft 1<br />

• Klein, M. 1992: Klassifikation von Alkoholikern durch Persönlichkeits- und<br />

Suchtmerkmale, Schriftenreihe des Fachverbands<br />

• Petry, 1993: Alkoholismustherapie , Beltz, Psychologie: Verlags Union<br />

Therapievertrag<br />

<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und Frau/ Herr _________________ schließen folgenden<br />

Therapievertrag.<br />

• Die, durch den Leistungsträger gewährte, ambulante Rehabilitation beginnt am<br />

_________.<br />

• De mit den durchführenden Therapeuten vereinbarten wöchentlichen Termine müssen<br />

eingehalten werden. Sollten Sie aus körperlichen Gründen nicht teilnehmen können, muss<br />

dies durch ein ärztliches Attest belegt werden.<br />

• Eine abstinente Lebensweise ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie.<br />

Ein Rückfall kann nach ärztlicher Einschätzung eventuell bearbeitet werden. Ein<br />

wiederholter Rückfall führt zur Beendigung der Maßnahme.<br />

• Alle in der Therapie erworbenen Informationen, insbesondere über Mitpatienten,<br />

unterliegen der strengsten Schweigepflicht und dürfen nicht weitergegeben werden.<br />

61


• Hiermit erklärt sich, oben aufgeführte® PatientIn einverstanden/nicht einverstanden, dass<br />

der Entlassungsbericht an den entsprechenden Hausarzt und die vermittelnde<br />

Beratungsstelle gesandt wird (nicht zutreffendes bitte streichen).<br />

• Während der Behandlung muss der Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufgenommen werden.<br />

• Zu Verwaltungszwecken erfolgt die Speicherung von Angaben auf Datenträger.<br />

<strong>Eschenburg</strong> den,<br />

Patient <strong>Klinik</strong><br />

Erklärung<br />

Hiermit verpflichtet sich die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> dafür zu sorgen, dass bei einem personellen<br />

Ausfall der Mitarbeiter der Fachambulanz umgehend adäquater Ersatz seitens des<br />

<strong>Klinik</strong>personals gestellt wird.<br />

Dr.Klein<br />

<strong>Klinik</strong>leitung<br />

62


Adaption<br />

Vorbemerkung – Was ist Adaption?<br />

Wie im Rahmenkonzept des VDR für die Adaptionsphase beschrieben wird, „genügt bei<br />

Drogenabhängigen in aller Regel, bei alkoholabhängigen in Einzelfällen zur Erreichung der<br />

Rehabilitationsziele aufgrund der spezifischen Auswirkungen und Folgen der<br />

Abhängigkeitskrankheit eine rein suchtklinisch ausgestaltete medizinische Leistung zur<br />

Rehabilitation nicht“ (VDR-Rahmenkonzept Seite 1).<br />

Diese Patienten sind nach Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung weder den<br />

Anforderungen an das Erwerbsleben noch der eigenverantwortlichen Lebensführung<br />

gewachsen.<br />

Dementsprechend empfiehlt es sich im Anschluss an eine fachklinische Behandlung ein<br />

Training realer Alltagsbedingungen anzufügen.<br />

Adaption bedeutet demnach das Heranführen an die Herausforderungen des Erwerbslebens<br />

und weitere Stabilisierung alltagsbewältigender Fähigkeiten. Ersteres geschieht vornehmlich<br />

durch interne und externe Arbeitspraktika, letzteres durch weitere psychotherapeutische<br />

Behandlung in abnehmender Dichte sowie sozialtherapeutische Begleitung.<br />

Das vorliegende Konzept beschreibt die Rahmenbedingungen um arbeitslose, zur<br />

selbständigen Lebensführung unfähige, suchtmittelabhängige Patienten, die gegebenenfalls<br />

auch ihren Lebensmittelpunkt in diese Region verlegen wollen bei der Integration in Arbeit<br />

und Alltagsleben durch psychosoziale Hilfen zu unterstützen.<br />

Strukturelle Merkmale der Einrichtung<br />

Das Haus, das sich 10 Gehminuten entfernt von der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> im gleichen Ort<br />

befindet, verfügt über 12 Einzelzimmer, entsprechende Gruppenräume, Büros der<br />

Therapeuten sowie Werkstätten zur Durchführung von einrichtungsinternen Praktika. Die<br />

Zimmer wurden komplett neu erstellt und eingerichtet und verfügen alle über eine<br />

Küchenzeile und entsprechende Sanitäreinrichtungen wie Dusche und WC.<br />

Für die Begegnungen untereinander steht eine Aufenthaltsraum zur Verfügung.<br />

Im Kellerraum befinden sich Freizeiträume z. B. für sportliche Aktivitäten, eine<br />

haustechnische Werkstatt und eine Wäscherei.<br />

Ein Übungsbüro für Tätigkeiten an einem Computerarbeitsplatz steht ebenfalls zur<br />

Verfügung.<br />

Für die interne Phase des Arbeitspraktikums stehen die Wäscherei, die Werkstatt, das Areal<br />

von 10 000 Quadratmeter, welches sich um das Haus herum befindet, sowie die technische<br />

Ausstattung der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> zur Verfügung. Hier kann auf Möglichkeiten der Holz-<br />

und Metallverarbeitung zurückgegriffen werden.<br />

Die Gärtnerei der <strong>Klinik</strong> bietet ebenso erste Möglichkeiten sich an einen strukturierten<br />

Arbeitsablauf zu gewöhnen.<br />

Die Verbindungen zu den externen Betrieben sowie deren Struktur sind auf beigefügter<br />

Anlage näher erläutert. Die Haltestelle für Busse, die die Patienten in alle Orte wie z. B.<br />

Frohnhausen, Dillenburg und Eibelshausen bringen , ist ca. fünf Gehminuten von der<br />

Einrichtung entfernt.<br />

Zu den Betrieben innerhalb des Ortes sind nur kurze Distanzen zu überbrücken.<br />

Adaption 63


Zielgruppen und Indikation<br />

In der Adaptionseinrichtung können alkohol- und oder medikamentenabhängige Frauen und<br />

Männer aufgenommen werden, die in der Regel vorher eine stationäre<br />

Entwöhnungsmaßnahme absolviert haben.<br />

Da in den letzten Jahren polyvalente Gebrauchsmuster stark zugenommen haben, ist ein<br />

solches kein Ausschlusskriterium, jedoch darf die Drogenabhängigkeit nicht im Vordergrund<br />

stehen.<br />

Indikation<br />

• Langzeitarbeitslosigkeit (über 12 Monate)<br />

• unklare Wohnsituation<br />

• mangelnde Ressourcen in lebenspraktischen Fertigkeiten<br />

• entwicklungsbedürftige soziale Kompetenz<br />

• unklare Berufsvorstellungen bzw. nicht geklärte Umschulungswünsche<br />

Kontraindikation<br />

• akute Psychosen<br />

• schwere hirnorganische Störungen<br />

• vorrangige Abhängigkeit von Opiaten<br />

Voraussetzungen für die Aufnahme<br />

Sollte die stationäre Entwöhnungsmaßnahme in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> absolviert worden<br />

sein, muss für den Übergang eine gültige Kostenzusage des Leistungsträgers vorliegen.<br />

Bei Übernahmen aus anderen Einrichtungen wird vom zukünftigen Patienten vorab ein<br />

Lebenslauf und eine Beschreibung seiner Zielvorstellungen erwartet. Von der<br />

vorbehandelnden Einrichtung sollte eine Kurzform des Behandlungsverlaufes sowie eine<br />

sozialmedizinische Einschätzung als Grundlage einer Belastungseinstufung vorliegen.<br />

Nach erteilter Kostenzusage durch den Leistungsträger kann dann möglichst lückenlos eine<br />

Aufnahme erfolgen.<br />

Therapiekonzept<br />

Therapeutisches Rahmenverständnis<br />

Das therapeutische Grundkonzept der Sucht-Rehabilitation basiert auf einer tiefen-<br />

psychologischen Betrachtung der Gesamt-Persönlichkeit und, speziell im Bereich der<br />

Adaption, einer genauen Verhaltensanalyse.<br />

Grundsätzlich strebt die Behandlung von Abhängigkeiten eine Stabilisierung im somatischen,<br />

psychischen und sozialen Bereich an.<br />

Die multikausalen Entstehungsbedingungen der Abhängigkeitserkrankung berücksichtigend<br />

gilt es, die vorhandenen Defizite auszugleichen und die Ressourcen zu fördern.<br />

Für den somatischen Bereich bedeutet dies:<br />

• eventuell entstandene Suchtfolgeerkrankungen zu behandeln,<br />

• Gesundheit zu fördern<br />

• körperliche Leistungsfähigkeit wiederherstellen bzw. stabilisieren<br />

Adaption 64


für den psychischen Bereich<br />

• eine bessere Selbst- und Fremdwahrnehmung vermitteln,<br />

• eigenverantwortliches Handeln fördern<br />

• intensives Erlebens von Affekten und Gefühlen ermöglichen<br />

• Rückfallprophylaxe integrieren<br />

für den sozialen Bereich<br />

• Hilfestellung bei der Bewältigung von alltagsrelevanten Fragestellungen geben.<br />

Als Grundlage für das Erreichen der entsprechenden Ziele wird die Akzeptanz des Verzichtes<br />

auf Suchtmitteln zu Grunde gelegt.<br />

Besonderheiten der Adaption<br />

Davon ausgehend, dass in der, der Adaption vorgeschalteten psychotherapeutischen<br />

Behandlungsphase eine intensive Diagnostik erfolgte, wird bei der Erstellung des<br />

Behandlungsplanes in der Adaption auf diesen Erkenntnissen aufgebaut.<br />

Besonderes Augenmerk und evtl. noch detailliert zu reflektieren ist dabei die Situation im<br />

sozialen Bereich.<br />

Neben den Fähigkeiten hinsichtlich der sozialen Kompetenz, die im wesentlichen die Art und<br />

Weise des Zusammenlebens in der Adaptionseinrichtung bestimmen und die<br />

Integrationsfähigkeit im Praktikum beeinflussen, gilt es, sämtliche Facetten des sozialen<br />

Status zu erfassen.<br />

Behandlungsziele<br />

Die Weiterbehandlung im Sinne einer Adaption geht davon aus, dass im Rahmen der<br />

psychotherapeutischen Phase bereits eine Stabilisierung der psychischen Situation<br />

stattgefunden hat und eine Motivation zur Aufrechterhaltung der gelebten Abstinenz sowie<br />

der deutliche Wunsch zur Erlangung einer zukünftig stabilen beruflichen Basis und<br />

selbstständigen Lebensführung vorhanden ist.<br />

Das vorrangige Ziel der Adaption, das heißt der Anpassung an die soziale Realität, ist die<br />

Befähigung des Patienten zur Aufnahme einer Berufsausbildung bzw. zur dauerhaften<br />

Ausübung eines Berufes und einer selbstständigen Lebensführung im Alltag.<br />

Um diese Fähigkeit herzustellen bedarf es:<br />

• einer weiteren Stabilisierung der Persönlichkeit<br />

• eines Ausbaus der Rückfallbewältigungsstrategien<br />

• eines Trainings von lebenspraktischen Fertigkeiten zur Bewältigung des Alltags und eines<br />

tätigkeitsspezifischen Trainings<br />

Der direkte Austausch zwischen den therapeutischen Mitarbeitern der Fachklinik und der<br />

Adaptionseinrichtung ermöglicht einen hohen Synergieeffekt, der das therapeutische<br />

Weiterarbeiten sehr positiv beeinflußt.<br />

Bei Übernahmen aus anderen Einrichtungen wird der Kontakt zu den vorbehandelnden<br />

Therapeuten aufgenommen.<br />

Die an den zukünftigen Berufsvorstellungen bzw. Berufsausbildungsvorstellungen orientierte<br />

Integration in die Arbeit bei externen Firmen, die schon während der psychotherapeutischen<br />

Adaption 65


Phase in der Fachklinik geplant und vororganisiert wird, ermöglicht die Erfahrung des realen<br />

Arbeitsbereiches und trainiert die notwendigen Fertigkeiten des Klienten.<br />

In der Adaptionsphase besteht die Möglichkeit, im Sinne eines Stufenplanes in der ersten<br />

Stufe einrichtungsintern ein Arbeitstraining durchzuführen, in welchem vor allem das<br />

kontinuierliche Arbeiten, die Gewöhnung an feste Zeiten, Ausdauer, Kontinuität und Training<br />

von Fertigkeiten im Vordergrund stehen. In einer zweiten Phase wird in einem externen<br />

Betrieb unter realen Bedingungen ein Arbeitspraktikum durchgeführt. Je nach persönlicher<br />

Stabilität und Grad der Kenntnisse kann unter Umgehung der internen Praktikumsphase auch<br />

direkt mit dem externen Praktikum begonnen werden.<br />

Therapiedauer<br />

Für die Patienten, die unmittelbar aus der psychotherapeutischen Phase in der <strong>Klinik</strong><br />

<strong>Eschenburg</strong> in die Adaptionseinrichtung aufgenommen werden, können nicht nur die während<br />

der Diagnostik erfassten Daten, die Anamnese und die Erfahrungen des<br />

psychotherapeutischen Therapieverlaufs lückenlos weitergegeben werden, sondern es erfolgt<br />

auch eine Objektkonstanz im Sinne der Weiterbehandlung durch bereits bekannte<br />

Therapeuten.<br />

Im Einzelfall kann dies dazu führen, die ursprünglich geplante Zeit der stationären<br />

psychotherapeutischen Suchtrehabilitationsmaßnahme zu verkürzen und die Adaptionsphase<br />

früher zu beginnen.<br />

Die Behandlungsdauer für die Adaptionsphase beträgt bis zu 3 Monate.<br />

Sollte zu einem früheren Zeitpunkt die persönliche Stabilisierung ausreichend erscheinen und<br />

die Integration in eine Berufsausbildung bzw. einen Arbeitsplatz umsetzbar sein, wird die<br />

Therapiedauer entsprechend verkürzt.<br />

Inhalt der Adaption<br />

Individuell auf die Fähigkeiten und die persönlichen Rahmenbedingungen des Einzelnen<br />

ausgerichtet, wird ein internes bzw. externes Arbeitstraining durchgeführt.<br />

In den ersten 4 Wochen der Adaptionsphase dienen zwei wöchentliche Einzelgespräche<br />

sowie mindestens eine Gruppensitzung dazu, zu ergründen, wie die Belastung des<br />

Überganges von der Psychotherapiephase in die Arbeitssituation der Adaptionsphase vom<br />

Patient bewältigt werden kann.<br />

Für Kriseninterventionen steht der Bezugstherapeut bzw. sein Vertreter ständig zur<br />

Verfügung.<br />

Nach 4 Wochen bleiben die Gruppengespräche obligat, wobei die Einzelgespräche je nach<br />

Notwendigkeit terminiert werden.<br />

Ergänzend wird der Klient in den ersten 4 Wochen und am Ende der Adaptionsphase von dem<br />

Arbeitstherapeuten im Betrieb aufgesucht, um auch vor Ort einen Eindruck von dessen<br />

Integrationsfähigkeit zu gewinnen.<br />

Internes Arbeitstraining<br />

Das interne Arbeitstraining dient primär der Gewöhnung an strukturierte Tagesabläufe und<br />

der Förderung der Ausdauer.<br />

Da bereits aus dem psychotherapeutischen Setting heraus geplant und entschieden werden<br />

kann, ob diese erste Trainingsphase überhaupt notwendig ist, trifft diese nicht auf alle<br />

Patientinnen und Patienten zu.<br />

Befinden sich die Patienten nach Abschluss der psychotherapeutischen Phase schon in einer<br />

ausreichend stabilen psychischen Verfassung und verfügen evtl. aufgrund schon bestehender<br />

Vorerfahrungen auch über hinreichende Fähigkeiten einem externen Arbeitspraktikum<br />

gerecht zu werden, wird sofort die Integration in einen externen Betrieb vorgenommen.<br />

Adaption 66


Als Übungsfelder im internen Praktikum dienen der Bereich der Hauswirtschaft (Wäscherei),<br />

der Haustechnik und des Landschaftsgartenbaus sowie die Vermittlung von Grundkenntnissen<br />

im EDV-Bereich.<br />

Kommen Patienten oder Patientinnen aus anderen Einrichtungen dient das interne Praktikum<br />

auch zur genaueren Diagnostik der Belastbarkeit, sowie der sozialen Integrationsfähigkeit.<br />

Externes Arbeitstraining<br />

Die Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> verfügt durch die seit vier Jahren bestehende<br />

Praxisorientierungsphase über einen gewachsenen Kontakt zu mittlerweile über 20 Firmen<br />

mit sehr unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern (vgl. Aufstellung im Anhang der strukturellen<br />

Merkmale).<br />

Die entsprechenden Betriebe verfügen bereits über eingehende Erfahrungen in der Integration<br />

von Suchtkranken und haben den gegenseitigen Nutzen in der Praxis erfahren.<br />

Die Patientinnen und Patienten haben die Chance mit der Auswahl des Betriebes entweder die<br />

Ausbildungsrichtung, die perspektivisch angestrebt wird, probeweise zu erfahren und die<br />

Eignung zu erproben, oder, bei bereits bestehenden Ausbildungen, wieder Fuß in ihrem<br />

angestammten Arbeitsfeld zu fassen.<br />

Durch den bereits oben beschriebenen Austausch zwischen Arbeitstherapeut und<br />

Vorgesetzten im Betrieb wird eine kontinuierliche Betreuung sichergestellt, die durch den<br />

gegenseitigen Austausch aller Beteiligten für Patient, <strong>Klinik</strong> und Betrieb mehr Sicherheit<br />

vermittelt.<br />

Am Ende des Praktikums erstellt der Arbeitgeber ein Zeugnis, das sowohl die Art und Weise<br />

der Tätigkeit als auch seine Ausführung dokumentiert.<br />

Soziotherapie<br />

Der Sozialdienst wird aus Kontinuitätsgründen von dem Sozialarbeiter der <strong>Klinik</strong><br />

<strong>Eschenburg</strong>, der auf Honorarbasis über seine fachklinische Tätigkeit hinaus weiterhin<br />

beratend für diese 12 Patienten zur Verfügung steht, in Zusammenarbeit mit dem<br />

Bezugstherapeuten sichergestellt.<br />

Die Tätigkeit umfasst gegebenenfalls die notwendige Klärung anhängiger Gerichtsverfahren,<br />

die Wohnungssuche bzw. die Integration in eine Wohngruppe, die Klärung von finanziellen<br />

Angelegenheiten etc..<br />

Bei Bedarf wird in Zusammenarbeit mit verschiedenen regionalen Anbietern von<br />

Wohngruppen die dortige Aufnahmemöglichkeit geklärt. Diese Maßnahme wird dann bei den<br />

zuständigen Leistungsträgern beantragt.<br />

In Zusammenarbeit mit den Betrieben, dem Arbeitsamt, sowie bei entsprechender<br />

Konstellation der Abteilung für berufliche Rehabilitation beim zuständigen<br />

Rentenversicherungsträger, wird so früh wie möglich versucht, einen Arbeitsplatz, eine<br />

eventuell notwendige Umschulungsmöglichkeit oder einen Ausbildungsplatz für den<br />

Betreffenden im Anschluss an die Adaptionsmaßnahme zu finden.<br />

Sollte eine regionale Eingliederung nicht gewünscht und/oder nicht sinnvoll erscheinen, wird<br />

mit alternativen überregionalen Institutionen Kontakt aufgenommen, um eine sinnvolle<br />

Fortführung der in der Phase der medizinischen Rehabilitation erzielten Ergebnisse zu<br />

gewährleisten.<br />

Im Sinne eines „sozialen Trainings“ werden unter Anleitung der Hauswirtschafterinnen<br />

alltagsrelevante Erledigungen wie waschen, putzen, einkaufen, Essenszubereitung gemeinsam<br />

geplant und durchgeführt.<br />

Medizinische und therapeutische Versorgung<br />

Adaption 67


Medizinische Versorgung<br />

Die medizinische Gesamtleitung übernimmt der leitende Arzt der <strong>Klinik</strong>. Für interkurrente<br />

Erkrankungen steht eine niedergelassene Allgemeinärztin im Ort, die bereits vertraglich mit<br />

der Fachklinik zusammenarbeitet, zur Verfügung. Notwendige Facharztbesuche können in der<br />

9 km entfernten Kreisstadt Dillenburg durchgeführt werden.<br />

Einzelgespräche<br />

Da die psychotherapeutische Kernphase im Wesentlichen als abgeschlossen anzusehen ist,<br />

dienen notwendige Einzelgespräche der Krisenintervention und Klärung der persönlichen<br />

Situation des Patienten.<br />

Gruppentherapie<br />

Im Mittelpunkt der gruppentherapeutischen Gespräche stehen die Erfahrungen im Praktikum,<br />

die Bewältigung der Arbeitsanforderungen, die Organisation des Alltags, das<br />

Freizeitverhalten sowie die detaillierte Zukunftsplanung.<br />

Dabei gilt es die bereits im psychotherapeutischen Kontext erarbeiteten Verhaltensänderungen<br />

auf ihre Praktikabilität hin zu überprüfen und den gegenseitigen Nutzen erlebter Erfahrungen<br />

im Gruppenprozess zu fördern.<br />

Die Gruppentherapie findet abends statt, so dass dadurch die Arbeitsphasen nicht<br />

unterbrochen werden müssen.<br />

Adaption 68


Stationäre Stabilisierungsphase in der Fachklinik während der Adaption<br />

Im Einzelfall kann es notwendig sein,, bereits in die Adaption verlegte Patienten für kurze<br />

Zeit wieder in die Fachklinik aufzunehmen, um durch einen strukturierteren Rahmen und ein<br />

verstärktes psychotherapeutisches Angebot Krisen und aufgetretene Destabilisierungen<br />

aufzufangen. Nach erfolgreicher Stabilisierung kann die Adaption dann fortgesetzt werden.<br />

Dies kann insbesondere bei Patienten mit Therapieerfahrung der Fall sein, die zu einem<br />

relativ frühen Zeitpunkt in die Adaption verlegt wurden.<br />

Indikationen und Voraussetzungen:<br />

Während der Adaption auftretende Krisen bei frühzeitig oder regulär dort<br />

aufgenommenen Patienten sofern eine nachvollziehbare Krankheitseinsicht und<br />

Motivation zur Behandlung vorliegt<br />

Kontraindikation<br />

• Fehlende Bereitschaft zur tiefergehenden Bearbeitung seiner Krise und nicht<br />

ausreichend entwickelte Krankheitseinsicht<br />

Verlauf und Verfahren<br />

Wenn sich aus dem psychotherapeutischen Behandlungsverlauf ein Entwicklungsstand zeigt,<br />

der einen Übergang in die Adaptionsphase als sinnvoll erscheinen lässt, wird in<br />

Übereinstimmung mit dem Patienten beim Leistungsträger ein Adaptionsantrag gestellt und<br />

die Verlegung nach der Bewilligung vorgenommen<br />

Sollte es während der Adaption zu einer Krise, beispielsweise durch Überforderung des<br />

Patienten kommen, kann eine passagere Rückverlegung in das strukturiertere Setting der<br />

Fachklinik mit intensiverem psychotherapeutischen Angebot angezeigt sein. Zur<br />

Stabilisierung werden voraussichtlich in der Regel 14 Tage ausreichen.<br />

Sofern der Pat. in seiner kerntherapeutischen Phase in der Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> behandelt<br />

wurde, wird er wieder in seine ursprüngliche Bezugsgruppe mit den ihm vertrauten<br />

Bezugstherapeuten integriert. Auch für die Gruppe kann die Bearbeitung einer in der Praxis<br />

aufgetretenen Krise eine sehr hilfreiche Erfahrung sein.<br />

Ob der Patient während dieser Stabilisierungsphase in die Fachklinik zurückzieht oder in den<br />

Räumlichkeiten der Adaption verbleibt, ist im Einzelfall zu entscheiden. In den meisten<br />

Fällen wird voraussichtlich der vorübergehende Schutzraum der Fachklinik nötig sein.<br />

Der in die Gruppe integrierte Patient nimmt an allen Angeboten der Bezugsgruppe teil und<br />

erhält zusätzlich Einzelgespräche im erforderlichen Umfang. Darüber hinaus wird der Kontakt<br />

zu seiner externen Praktikumstelle gehalten, so dass eine Wiedereingliederung in die<br />

Adaption nach 14 Tagen nahtlos möglich ist.<br />

Der Wechsel zwischen Adaption und Fachklinik wird dem Kostenträger jeweils durch einen<br />

Zwischenbericht angezeigt. Sollte eine Rückverlegung in die Adaption nicht möglich sein,<br />

wird der Kostenträger auch darüber informiert. Inhaltlich wird die Stabilisierungsphase auch<br />

im Entlassbericht der Adaption dargestellt. Um den Verwaltungsaufwand aufgrund der<br />

verschiedenen Pflegesätze in Fachklinik und Adaption in Grenzen zu halten, wird seitens der<br />

Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> vorgeschlagen, den Patienten offiziell weiter in der Adaption zu<br />

belassen und die Anzahl dieser fachklinischen Tage am Jahresende in ihrer Gesamtzahl bei<br />

den Pflegesatzverhandlungen zu berücksichtigen. Nach den vorliegenden Erfahrungen werden<br />

voraussichtlich ca. 10-15 Patienten pro Jahr davon betroffen sein.<br />

69


Konzept Intensiv Betreutes Wohnen<br />

Betreutes Wohnen in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen<br />

im Therapieverbund mit dem Diakonischen Werk Dillenburg <strong>Eschenburg</strong><strong>Stand</strong> März 2008<br />

Gliederung<br />

1. Leistungserbringer<br />

1.1 Darstellung des Anbieters<br />

1.2 Organisationsstruktur, weitere Leistungsangebote<br />

1.3 Leistungsschwerpunkte<br />

1.4 Bisherige Erfahrungen und Tätigkeiten<br />

2. Leitbild, Grundlagen und Ziele des Leistungsangebotes<br />

3. Leistungsbeschreibung<br />

3.1 Zielgruppe und Hilfebedarf<br />

3.2 Individuelle Hilfeplanung<br />

3.3 Betreuungsziele<br />

3.4 Aufnahme- und Ausschlusskriterien, Aufenthaltsdauer<br />

3.5 Form, Umfang und Inhalt der Betreuung<br />

3.5.1 Wohngruppen<br />

3.5.2 Hilfen im Alltag<br />

3.5.3 Berufliche Wiedereingliederung - Tagesstruktur<br />

3.5.4 Soziale Kontakte, Angehörigenarbeit<br />

3.5.5 Freizeitangebote<br />

4. Rahmenbedingungen und Vernetzung des Angebots<br />

4.1 Beschreibung der Lage und Räumlichkeiten, Einbindung in die Region/Infrastruktur<br />

4.2 Zugangs- und Entlassmanagement<br />

4.3 Einbindung in die Region<br />

4.4 Kooperation mit anderen Leistungserbringern<br />

4.5 Teilnahme an regionalen Gremien<br />

5. Organisation der Leistungserbringung<br />

5.1 Personal und Qualifikation<br />

5.2 Organisation der Betreuung, Interne Vernetzung und<br />

Kommunikationsstrukturen<br />

5.3 Krisenintervention, Rückfallmanagement und Rückfallprophylaxe<br />

5.4 Fortbildung, Weiterbildung und Supervision<br />

6. Qualitätssicherung<br />

6.1 Art und Inhalt des internen und externen Qualitätsmanagements<br />

6.2 Beschwerdemanagement<br />

7. Dokumentation<br />

8. Konzeptionelle Besonderheiten<br />

9. Finanzierung<br />

70


1. Leistungserbringer<br />

1.1 Darstellung des Anbieters<br />

In der Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> werden durchschnittlich 99 alkohol- und<br />

medikamentenabhängige erwachsene Frauen und Männer im Rahmen eines<br />

suchtrehabilitationsklinischen Behandlungskonzeptes in Gruppen- und Einzeltherapie<br />

behandelt.<br />

Die Konzeption basiert auf einem integrativen Behandlungsansatz, der tiefenpsychologische,<br />

systemisch-lösungsorientierte und verhaltenstherapeutische Denk- und Vorgehensweisen<br />

beinhaltet.<br />

Neben der Suchterkrankung werden häufig Zweitdiagnosen aus dem affektiven Formenkreis,<br />

die sich meist als depressive Syndrome und/oder Angsterkrankungen darstellen und<br />

demenzielle Syndrome diagnostiziert. Essstörungen und spezifische Persönlichkeitsstörungen<br />

sowie teils rezidivierende psychotische Krankheitsbilder treten ebenso in Erscheinung.<br />

Nicht behandelt werden in der <strong>Klinik</strong> Patientinnen und Patienten mit irreversiblen<br />

hirnorganischen Schäden, akuten Psychosen, akuter Suizidalität sowie primärer Abhängigkeit<br />

von illegalen Drogen.<br />

Zum Unternehmen der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> gehört neben einer Fachambulanz zur<br />

ausschließlichen ambulanten bzw. nachstationären ambulanten Rehabilitation eine<br />

Adaptionsabteilung für langzeitarbeitslose Patientinnen und Patienten, die zuvor eine<br />

fachklinische Phase absolviert haben.<br />

1.2 Organisationsstruktur, weitere Leistungsangebote<br />

Verantwortungen im QM-System: Organisationsplan (Organigramm)<br />

Die Namen der verantwortlichen Mitarbeiter der einzelnen Bereiche sind Anhang des<br />

Management-Handbuchs bzw. in der aktuellen Version in der EDV-Dokumentendatenbank<br />

aufgeführten personifizierten Organigramms ersichtlich.<br />

71


Aufnahme-<br />

koordination<br />

Hausdienst<br />

HDL<br />

VW-Büro<br />

BüLei<br />

Küche<br />

KüLei<br />

Sozialdienst<br />

Haustechnik<br />

HTL<br />

Betriebsrat<br />

Betreutes<br />

Wohnen<br />

1.3 Leistungsschwerpunkte<br />

Geschäftsführung<br />

GF<br />

<strong>Klinik</strong>leitung<br />

GF ÄL TL<br />

Beauftragte lt.<br />

BA-Liste<br />

Adaption<br />

FAK<br />

Fachambulanz<br />

<strong>Klinik</strong><br />

<strong>Klinik</strong><br />

Ltg. Adaption ÄL<br />

Arbeitsanleiter<br />

Hauswirtschaft<br />

Schreibbüro VW<br />

*<br />

Ltg FAK<br />

FAG<br />

Fachambulanz<br />

Giessen<br />

Ltg FAG<br />

FAW<br />

Fachambulanz<br />

Wetzlar<br />

Ltg FAW<br />

Sekretariat GF<br />

**<br />

Therap. Bereich Med. Bereich<br />

TL<br />

Gruppentherapie<br />

Ergotherapie<br />

Kreativ<br />

Ergotherapie<br />

Arbeit<br />

Ergotherapie<br />

Beschäftigung<br />

Körpertherapie<br />

Physiotherapie<br />

ÄL<br />

Ärztlicher Dienst<br />

Pflegedienst<br />

Ambulante Therapie<br />

Kurzzeittherapie<br />

Langzeittherapie<br />

Adaption<br />

Therapieansätze (Verhaltenstherapie, analytisch orientiert, systemisch, lösungsorientiert,<br />

Psychodrama,)<br />

Besondere Angebote für Paare, für ältere nicht mehr Erwerbsfähige, etc..<br />

Therapien für Patienten aus dem russischen Sprachgebiet<br />

1.4 Bisherige Erfahrungen und Tätigkeiten<br />

Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> kann mittlerweile auf eine 32- jährige erfolgreiche Arbeit<br />

zurückschauen.<br />

Sie verfügt über 87 Betten und angegliederte Therapiegruppen für ambulante Rehabilitation<br />

an drei <strong>Stand</strong>orten (Dillenburg, Wetzlar und Gießen), sowie 12 Plätze in der Adaption (seit<br />

2002).<br />

PDL<br />

72


2. Leitbild, Grundlagen und Ziele des Leistungsangebotes<br />

<strong>Klinik</strong>leitbild<br />

Mit diesem Leitbild geben sich die Mitarbeiter eine Orientierung und eine kollektive Vision<br />

für ihre Arbeiten.<br />

Das Leitbild dient als Maxime dessen, was sie wollen und dient zugleich als Katalysator bei<br />

der Findung von Entscheidungen. Das Leitbild stellt daher nicht nur eine Herausforderung<br />

dar, sondern ist auch in seiner konkreten Ausgestaltung ein praktikabler Maßstab für<br />

qualitative und quantitative Zielfindung und Umsetzung.<br />

Das Leitbild untergliedert sich in die unterschiedlichen Verpflichtungen der <strong>Klinik</strong><br />

<strong>Eschenburg</strong> und wurde folgendermaßen formuliert:<br />

1. Verpflichtung – Unsere Patienten<br />

Wir unterstützen die uns anvertrauten Patienten in ihrem Therapieziel nach zufriedener<br />

Abstinenz. Wir bemühen uns alle wesentlichen Erwartungen unserer Patienten an ihre<br />

Therapie, soweit sie therapeutisch sinnvoll erscheinen, zu erfüllen. Durch die Qualität unserer<br />

Arbeit sollen unsere Patienten wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Wir<br />

arbeiten orientiert an dem einzelnen Menschen auf der Basis wissenschaftlich fundierter<br />

Erkenntnisse.<br />

2. Verpflichtung – Unsere Verantwortung gegenüber unseren Leistungsträgern<br />

Wir bemühen uns, die Erwerbstätigkeit der uns anvertrauten Patienten im Auftrag der<br />

Versicherungsgemeinschaft wieder herzustellen. Wir respektieren alle Vorgaben unserer Kosten- und<br />

Leistungsträger. Wir halten die Vorgaben ein, um evtl. notwendige Nacharbeiten für unsere Kosten-<br />

und Leistungsträger zu vermeiden. Wir arbeiten wirksam und orientieren uns an den gemessenen<br />

Ergebnissen, die wir selbst erheben und die uns durch die Leistungsträger übermittelt werden.<br />

3. Verpflichtung – Unsere Verantwortung gegenüber unseren Zuweisern<br />

Wir ermitteln systematisch die Bedürfnisse unserer Zuweiser und beziehen diese durchgängig<br />

in den Therapieprozess ihrer uns anvertrauten Patienten ein. Wir gewährleisten eine schnellst<br />

mögliche Aufnahme der angemeldeten Patienten.<br />

4. Verpflichtung – Unsere Mitarbeiter<br />

Wir nutzen systematisch die Fähigkeiten unserer Mitarbeiter. Durch klare Strukturen und das<br />

Übertragen von Verantwortungen fördern wir ein angenehmes und gutes Betriebsklima. Durch eine<br />

individuelle und bedarfsorientierte Personalentwicklung haben wir motivierte und mitdenkende<br />

Mitarbeiter.<br />

Unsere Mitarbeiter identifizieren sich mit der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>.<br />

5. Verpflichtung – Unsere Organisation sichert unsere Wirtschaftlichkeit und damit unsere<br />

Arbeitsplätze<br />

Wir arbeiten wirtschaftlich und in klaren Strukturen. Durch eindeutige Arbeitsvorgaben und<br />

überschaubare Prozesse mit klar definierten Verantwortungen sowie effektiven<br />

Überprüfungen sichern wir unsere Wirtschaftlichkeit und damit unsere langfristige Präsenz<br />

am Markt. Dies bildet die Basis für ein gesundes Wirtschaften und damit eine langfristige<br />

Sicherung unserer Arbeitsplätze.<br />

73


Grundlagen, Zielsetzungen und Leistungen des Betreuten Wohnens<br />

Grundlagen, Zielsetzungen und Leistungen erschließen sich aus Vereinbarung und<br />

Zusatzvereinbarung des Betreuten Wohnens für Menschen mit Behinderung zum<br />

Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII für ambulante Einrichtungen.<br />

„Ziel dieser Vereinbarung ist es Menschen mit Behinderung entsprechend ihrem individuellen<br />

Hilfebedarf zu unterstützen, um ein größtmögliches Maß an selbständiger Lebensführung zu<br />

erreichen. Hierfür leistet das Betreute Wohnen Hilfen zum selbst bestimmten Leben in<br />

Betreuten Wohnmöglichkeiten und wird weiterhin als wesentlicher Bestandteil in das<br />

differenzierte System der Hilfen für Menschen mit Behinderung einbezogen. Insbesondere<br />

soll der Wechsel aus einer stationären Wohneinrichtung in das Betreute Wohnen nach dieser<br />

Vereinbarung ermöglicht werden.“<br />

Die sich daraus ergebenden einzelnen Leistungen orientieren sich am individuellen<br />

Hilfebedarf, sind entsprechend weiterzuentwickeln und anzupassen.<br />

3. Leistungsbeschreibung<br />

3.1 Zielgruppe und Hilfebedarf<br />

Das Betreute Wohnen richtet sich an erwachsene Menschen, die nicht nur vorübergehend<br />

wesentlich behindert oder von Behinderung bedroht sind (§ 53 SGB XII). Bei der Zielgruppe<br />

für das Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> handelt es sich um einen<br />

Personenkreis mit einer zum Teil jahrelang vorausgehenden Abhängigkeitserkrankung,<br />

vorwiegend im Bereich Alkohol- und/oder Medikamentenabhängigkeit.<br />

Folgen können u. a. gesundheitliche Schädigungen, Vereinsamung, Verlust von Arbeitsplatz<br />

und sozialen Bezügen, abgebrochene Ausbildung, Schulden oder Vorstrafen sein.<br />

Auf Grund der gravierenden sozialen Probleme reicht bei dieser Personengruppe eine<br />

„klassische“ Entwöhnungsbehandlung oder eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme oftmals<br />

nicht aus.<br />

Das Behandlungsende käme zu abrupt, ohne dass die sozialen Probleme gelöst wären, die<br />

nach Entlassung wiederum Auslöser für Rückfälle würden. Insofern ist das Betreute Wohnen<br />

als Anschlussmaßnahme an medizinische oder stationäre soziale Rehabilitationsmaßnahmen<br />

gedacht. Nahe der Alltagsrealität wird den Klienten Hilfe zur (Wieder-)Eingliederung in die<br />

Gesellschaft geboten. Daneben wird Unterstützung beim zunehmend selbständigen Wohnen<br />

und der alltäglichen Lebensführung gewährt. Die Klienten bedürfen nicht mehr oder noch<br />

nicht den fest strukturierten Rahmen einer <strong>Klinik</strong> oder eines stationären Wohnangebotes.<br />

Bei den vorliegenden Beeinträchtigungen im Rahmen von Abhängigkeitserkrankungen<br />

handelt es sich in der Regel nach ICD 10 um<br />

Alkoholabhängigkeit (F10)<br />

Abhängigkeit von Medikamenten (F13)<br />

Polytoxikomanie (F19)<br />

Essstörungen (F 50ff)<br />

einhergehend mit<br />

Affektiven Störungen (F 30ff)<br />

Persönlichkeitsstörungen(F 60ff)<br />

Schwere neurotische Störungen(F 40ff)<br />

Schizotype Störungen (F 21ff)<br />

74


3.2 Individuelle Hilfeplanung<br />

Nach der Kontaktaufnahme steht zunächst die Ermittlung des Hilfebedarfs sowie die<br />

Erstellung eines vorläufigen Hilfeplans im Vordergrund. Dieser wird in Folge immer wieder<br />

an die sich verändernden Gegebenheiten angepasst und ist mit den leistungsberechtigten<br />

Personen partnerschaftlich abgestimmt. Die Erhebung des individuellen Hilfebedarfs<br />

personenbezogener Leistungen erfolgt standardisiert durch Verfahren zur integrierten<br />

Hilfeplanung, welche die qualitativen und quantitativen Aspekte des Hilfebedarfs umfassen<br />

(IBRP).<br />

Umfang und Dauer der Leistungen richten sich nach dem individuellen Hilfebedarf des<br />

Suchtkranken und behinderten Menschen. Das Betreute Wohnen wirkt zusammen mit ihm<br />

darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen kontinuierlich erbracht werden.<br />

Das Betreute Wohnen umfasst die im Einzelfall erforderlichen Hilfen zur Beratung,<br />

Begleitung, Betreuung und Förderung nach Maßgabe des § 54 Abs. 1 SGB XII i. V. mit § 55,<br />

Abs. 2, Ziff. 6 SGB IX.<br />

3.3 Betreuungsziele<br />

Das Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> verfolgt mit seinem Angebot das<br />

Betreuungsziel, mittels aufsuchender, begleitender und unterstützender Hilfen ein selbst<br />

bestimmtes Leben der suchtkranken Klienten im Alltag zu erhalten, zu fördern oder wieder<br />

herzustellen. Bei akuten Problemsituationen und sich anbahnenden Krisen kann zeitnah<br />

reagiert und interveniert werden.<br />

Weitere Betreuungsziele sind, die Fähigkeit zu erlangen,<br />

- auf Dauer wieder abstinent leben zu können,<br />

- im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten zu wirtschaften,<br />

- den Tag angemessen zu strukturieren,<br />

- Beziehung zu sich selbst und zu anderen Menschen aufzubauen,<br />

- auf dem Arbeitsmarkt eine für sich realistische Zukunftsperspektive zu finden,<br />

- sich Hilfe zu holen, wenn dies erforderlich ist,<br />

- die Suchtabhängigkeit mit ihren Folgeproblemen für sich anzunehmen,<br />

- wieder zu einem für den Körper gesunderen Lebensstil zu finden.<br />

3.4 Aufnahme- und Ausschlusskriterien, Aufenthaltsdauer<br />

Seitens des Betreuten Wohnens im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> sind folgende<br />

Voraussetzungen zur Aufnahme gegeben:<br />

- schriftliche Bewerbung mit Suchtverlauf, Lebenslauf und beruflichem Werdegang<br />

- Vorstellungsgespräch<br />

- abgeschlossene Entwöhnungsbehandlung oder Adaption oder abgeschlossene<br />

Entgiftungsmaßnahme (im Einzelfall)<br />

- Wille zur abstinenten Lebensführung<br />

- Motivation zum Leben in einer Wohngemeinschaft und einhergehender Akzeptanz der<br />

Regeln<br />

des Zusammenlebens und der Hausordnung<br />

- Wille zur Kooperation mit dem Betreuungsteam<br />

Über die Aufnahme des Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> entscheidet das<br />

Betreuungsteam.<br />

75


Von der Aufnahme ausgeschlossen seitens des Leistungserbringers werden Klienten mit<br />

akuter Suizidalität, akuter und chronischer Selbst- und/oder Fremdgefährdung, mit akuter<br />

Psychose bzw. Klienten, bei denen eine seelische Erkrankung od. Behinderung im<br />

Vordergrund steht. Ebenso das Vorliegen einer anhaltenden schweren Pflegebedürftigkeit.<br />

Über die grundsätzliche Aufnahme ins Betreute Wohnen entscheidet auf der Grundlage der<br />

Antragsannahme und -bearbeitung des örtlich zuständigen Trägers der Sozialhilfe der<br />

zuständige Fachbereich des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen im Benehmen mit der<br />

regionalen Hilfeplankonferenz.<br />

Die vorgehaltenen Kapazitäten stehen dabei Leistungsberechtigten sowohl aus der<br />

<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> als auch von außerhalb zur Verfügung, regionale Bedarfe werden<br />

bevorzugt versorgt.<br />

Die Aufnahme erfolgt freiwillig bei entsprechender Indikation und gegebenenfalls mit der<br />

Einwilligung des gesetzlichen Betreuers.<br />

Die Dauer des Aufenthaltes und die Bereitstellung der Maßnahme richten sich nach der<br />

Besonderheit des Einzelfalles.<br />

Die Einrichtung bietet alle Maßnahmen zur mittel- und langfristigen Verselbständigung der<br />

betreuten Klienten. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, im Betreuten Wohnen eine<br />

unbefristete beschützte Wohn- und Lebensform zu finden.<br />

3.5 Form, Umfang und Inhalte der Betreuung<br />

3.5.1 Wohngruppen<br />

Die Möglichkeit und Fähigkeit zur eigenständigen Lebensführung ist von entscheidender<br />

Bedeutung für das Selbstbild eines Menschen. Unterstützung in der alltäglichen<br />

Selbstversorgung ist deshalb wichtig für die psychische Entwicklung jedes Menschen, ganz<br />

besonders für Menschen mit einer Abhängigkeitsproblematik. Das Betreute Wohnen bietet<br />

Hilfen zu einem selbst bestimmten Leben, es erhält oder eröffnet neu eine eigenständige<br />

Lebensführung und die soziale Eingliederung.<br />

Letztendliches Ziel ist, die betreuten Menschen zu befähigen, ein Leben außerhalb des<br />

Betreuten Wohnens zu führen.<br />

Das Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> bietet Betreute Wohngruppen für<br />

Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen an, die noch nicht in der Lage sind, selbständigere<br />

Formen der Nachsorge wahrzunehmen. In diesen Wohngruppen sollen Frauen und Männer<br />

mit meist langjähriger Suchtproblematik aufgenommen und darin unterstützt werden, ihre<br />

soziale und gesundheitliche Situation zu stabilisieren und zu verbessern.<br />

Die Wohngruppen ergänzen das regionale Betreuungsangebot.<br />

Das Betreute Wohnen ist auf kontinuierliche Betreuung ausgerichtet, nicht jedoch auf die<br />

ständige Anwesenheit des Betreuungspersonals.<br />

3.5.2 Hilfen im Alltag<br />

Die im Betreuten Wohnen angebotenen, suchtspezifischen Leistungen und Hilfen sind nach<br />

der individuellen Hilfeplanung gestaltet. Demnach ist Art und Umfang der Besonderheit der<br />

76


individuellen Lebenswelt angemessen und am Prinzip der größtmöglichen Selbstregulation<br />

bzw. des geringst möglichen Eingriffes in die Lebensverhältnisse orientiert.<br />

In dem Angebot „Hilfen bei alltäglicher Lebensführung“ sind insbesondere folgende<br />

Unterstützungsmöglichkeiten vorgesehen:<br />

- möglichst eigenständige hauswirtschaftliche Selbstversorgung<br />

- Erhalt und Training lebenspraktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten (Umgang mit Geld,<br />

Einkauf, gesunde<br />

Ernährung, Zubereiten von Mahlzeiten, angemessene Körper- und Wäschepflege,<br />

Wohnraumorganisation<br />

und -gestaltung und dessen Sauberhaltung, etc..)<br />

- Erhalt und Verbesserung von Mobilität und Orientierung<br />

- Eigenverantwortlichkeit im Umgang mit Medikamenten<br />

- Auseinandersetzung mit Angst, Depressionen und Befindlichkeitsstörungen<br />

- Sicherstellung der medizinischen Versorgung<br />

- Auseinandersetzung mit der Abhängigkeitsproblematik<br />

- Vermittlung anderer ambulanter Maßnahmen entsprechend dem individuellen Bedarf (z .B.<br />

Selbsthilfegruppen, ambulante Rehabilitation, ...)<br />

3.5.3 Berufliche Wiedereingliederung - Tagesstruktur<br />

- Erlernen einer geordneten Tages- und Wochenstruktur<br />

- Vermittlung in tagesstrukturierende Maßnahmen der Region (z.B. Tagesstruktur Sucht in<br />

Haiger)<br />

- Erhaltung, Verbesserung oder Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit: Beschäftigung /<br />

Teilzeitbeschäftigung auf dem freien oder geschützten Arbeitsmarkt<br />

- Erschließung von Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten<br />

- Umgang mit den eigenen noch vorhandenen Leistungsfähigkeiten und –defiziten<br />

3.5.4 Soziale Kontakte / Angehörigenarbeit<br />

- Erhalt und Training persönlicher Selbständigkeit<br />

- Aufbau des Selbstwertgefühles<br />

- Beziehungsgestaltung zur eigenen Person, zu Mitbewohnern, Betreuern<br />

- Aufbau und Erhalt von sozialen Beziehungen im Umfeld<br />

- Unterstützung der Kontakte zu Angehörigen<br />

- Training der Kommunikations- und Konfliktfähigkeit<br />

3.5.5 Freizeitangebote<br />

- Sport und Bewegung in den vorhandenen Freizeiteinrichtungen der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und<br />

der Adaption<br />

(Fitnessraum, Boulebahn, Tischtennis, Sportplatz, Fahrräder) sowie den vorgehaltenen<br />

Angeboten der<br />

Versorgungsregion (Hallenbad, Wanderungen in der Umgebung, Vereine)<br />

- Nutzung der vorhandenen Grillhütte der Adaption<br />

- Ausflüge in die Umgebung<br />

- Wahrnehmung vorhandener Kulturangebote bei Bedarf (Theater, Kino, Zirkus, Museen...)<br />

77


4. Rahmenbedingungen und Vernetzung des Angebots<br />

4.1 Beschreibung der Lage und der Räumlichkeiten, Einbindung in die Region<br />

Die Wohngruppen des Betreuten Wohnens im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> werden in der<br />

Gemeinde <strong>Eschenburg</strong> und ihren Ortsteilen vorgehalten.<br />

<strong>Eschenburg</strong> liegt zwischen Dillenburg, Biedenkopf und Marburg und bietet eine<br />

landschaftlich ansprechende, waldreiche Lage, kleine Ortschaften mit vollständiger<br />

Infrastruktur, so dass Einkaufsmöglichkeiten und ärztliche Versorgung gewährleistet sind.<br />

Das öffentliche Verkehrsnetz ist ausreichend ausgebaut und gut erreichbar. Der nächste<br />

Bahnhof liegt in 9 km Entfernung, womit die größeren Städte Gießen, Wetzlar, Herborn und<br />

Siegen gut erreicht werden können.<br />

Der <strong>Stand</strong>ort <strong>Eschenburg</strong> und Umgebung ist besonders geeignet, beruflich wieder Fuß zu<br />

fassen, da eine dichte mittelständische Industrie- und Handwerksstruktur langjährig<br />

angesiedelt ist.<br />

Es existiert seit langem eine eingespielte Kooperation zwischen Industrie/Handwerk und<br />

Adaption der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>.<br />

Der Träger des Betreuten Wohnens im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> wird für die Betreuten<br />

den Wohnraum zur Verfügung stellen.<br />

Das Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> wird Wohngruppen von bis zu 4<br />

Klienten anbieten. Die Räumlichkeiten sollen für jeden Klienten ein Einzelzimmer, sowie<br />

eine gemeinsame Küche, einen gemeinsamen Aufenthaltsraum und angemessene sanitäre<br />

Anlagen für die Gruppe bieten.<br />

Die Einzelzimmer können von den Klienten selbst eingerichtet und gestaltet werden, die<br />

Einrichtung der Gemeinschaftsräume obliegt dem Leistungserbringer.<br />

Mit den Klienten werden getrennte Betreuungs- und Untermietverträge geschlossen. Im<br />

Rahmen der Planung eines Auszuges aus der Betreuten Wohngruppe erhält der Klient<br />

Unterstützung bei eigener Wohnraumsuche.<br />

4.2 Zugangs- und Entlassmanagement<br />

Das Zugangs- und Entlassmanagement im Betreuten Wohnen wird analog der in dem<br />

Management-Handbuch nach ISO 9001 und DEGEMED e.V. beschriebenen Verfahrensweise<br />

geregelt.<br />

Sowohl der Zugang als auch die Entlassung von Klienten wird gemeinsam von den<br />

Mitarbeitern und der Koordination des Betreuten Wohnens besprochen und entschieden.<br />

4.3 Kooperation mit anderen Leistungserbringern<br />

Die Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> sind ergänzende Bausteine im bereits<br />

bestehenden Versorgungssystem des Gemeindepsychiatrischen Verbundes (GPV) des Lahn-<br />

Dill-Kreises. Auf Leistungserbringer- und Mitarbeiterebene erfolgt eine enge Kooperation in<br />

den entsprechenden regionalen Fachgremien und der Hilfeplankonferenz sowie mit weiteren<br />

regionalen und überregionalen Fachdiensten und <strong>Klinik</strong>en.<br />

Bei Nachfrage an Betreutem Einzelwohnen wird in der Regel auf die Angebote der<br />

Leistungserbringer des Reha-Verbundes-Sucht im Lahn-Dill-Kreis verwiesen und wenn<br />

möglich dorthin vermittelt.<br />

78


4.4 Teilnahme an regionalen Gremien<br />

Die regelmäßige Teilnahme unserer Mitarbeiter des Betreuten Wohnens wird in den Gremien<br />

Hilfeplankonferenz, GPV Trägerbeirat, Facharbeitsgemeinschaft Sucht und Therapieverbund<br />

Sucht sichergestellt.<br />

5. Organisation der Leistungserbringung<br />

5.1 Personal und Qualifikation<br />

Den vielfältigen Zielen und Angeboten des Betreuten Wohnens entsprechend steht der<br />

Klientel suchtspezifisches Fachpersonal zur Verfügung. Hierzu gehören insbesondere Dipl.<br />

Sozialarbeiter/innen oder Dipl. Sozialpädagogen/innen oder andere Angehörige<br />

vergleichbarer Berufsgruppen, wie Erzieher/innen, Heilerziehungspfleger/innen und<br />

Fachkrankenpfleger/innen.<br />

Das bereits bestehende Team der Gesamteinrichtung <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> KG, Adaption und<br />

ambulante Rehabilitation verfügt über Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter und<br />

Fachkrankenpflegekräfte mit Zusatzausbildungen in Schuldnerberatung, Verhaltenstherapie,<br />

Psychoanalyse, Klientenzentrierte Gesprächsführung und Systemischer Ausbildung. Auf<br />

diese Ressourcen kann im Einzelfall ergänzend zurückgegriffen werden.<br />

Bei einem Betreuungsumfang von ca. 1200 Fachleistungsstunden pro Jahr wird 1<br />

Vollzeitkraft vorgehalten. Gemäß den Richtlinien zum Betreuten Wohnen ist diese zu 85%<br />

mit Fachkräften zu besetzen.<br />

5.2 Organisation der Betreuung, interne Vernetzung und Kommunikationsstrukturen<br />

Der Personaleinsatz im Betreuten Wohnen erfolgt unter Berücksichtigung des Umfanges der<br />

zu erbringenden Leistungen, die einzelfallbezogen sind und sich nach dem individuellen<br />

Hilfeplan der leistungsberechtigten Personen richten.<br />

Es existieren Wocheneinsatzpläne für das Personal.<br />

Hinsichtlich der Arbeitsorganisation und Zielerreichung finden wöchentlich<br />

Teambesprechungen statt, in denen alle klientenbezogenen Informationen und<br />

Einschätzungen kommuniziert werden und daraus neue Ansätze, Interventionen und<br />

Arbeitsverteilungen erfolgen.<br />

In Krisen und Notfallsituationen kann im Rahmen der Krisenintervention an Abenden<br />

und Wochenenden auf die vorgehaltenen Dienste der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und der<br />

Adaption zurückgegriffen werden. Eine morgendliche Übergabe wäre in diesen<br />

Einzelfällen im Team der <strong>Klinik</strong> möglich.<br />

5.3 Krisenintervention / Rückfallmanagement und Rückfallprophylaxe<br />

Das Betreute Wohnen ist ein suchtmittelfreier Raum, d.h., dass bei akutem Rückfall der<br />

Klient einer Entgiftung zugeführt wird. Ansonsten wird im Einzelfall geprüft, welche<br />

Maßnahmen angezeigt sind. Nach Rückkehr in die Betreute Wohngruppe werden<br />

Rückfallgespräche durchgeführt, ein Rückfallvertrag abgeschlossen und die Bedingungen für<br />

einen weiteren Verbleib im Betreuten Wohnen geklärt.<br />

79


Weitere Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe: (Wieder-)Aufnahme zu Kontakten zu<br />

Selbsthilfegruppen, engmaschigere Betreuung, Beantragung weiterer Leistungen (z. B.<br />

ambulante Reha, Tagesklinik), zusätzliche psychologische Betreuung durch Mitarbeiter der<br />

Fachklinik <strong>Eschenburg</strong>, Teilnahme des Klienten an Rückfallprophylaxe-Gruppen der <strong>Klinik</strong><br />

<strong>Eschenburg</strong> oder Adaption (med. Aufklärung, verstärktes Sozialtraining, etc..).<br />

5.4 Fortbildung / Weiterbildung und Supervision<br />

Regelmäßige Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der Suchtkrankenhilfe und<br />

Hilfen im Betreuten Wohnen werden standardmäßig etabliert.<br />

Supervision für die Mitarbeiter in der Betreuung ist selbstverständlich und verpflichtend.<br />

6. Qualitätssicherung<br />

6.1 Art und Inhalt des internen und externen Qualitätsmanagements<br />

Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> KG und ihre Adaption ist zertifiziert nach ISO 9001:2000 unter<br />

Berücksichtigung der Qualitätsgrundsätze der DEGEMED e.V. (DEGEMED:2000). Im<br />

Rahmen dessen werden die Verfahren im Betreuten Wohnen integriert und im gleichen Zuge<br />

für das Betreute Wohnen angewandt.<br />

Zur internen Qualitätssicherung wird grundsätzlich auf das Vorhalten von erfahrenem<br />

Fachpersonal geachtet. Die Hilfepläne mittels IBRP werden nach fachlichen <strong>Stand</strong>ards<br />

(smart 1 ) formuliert und auf Zielerreichung mittels der entsprechenden Zielerreichungsbögen<br />

überprüft. Die Dokumentation der erbrachten Leistungen wird hinsichtlich der Erfordernissen<br />

des Leistungsträgers, aber auch intern gewährleistet.<br />

6.2 Beschwerdemanagement<br />

Mit Beginn des Angebotes „Betreutes Wohnen“ wird im Rahmen des<br />

Beschwerdemanagements den Bewohnern die Möglichkeit eröffnet, sich mündlich direkt<br />

beim zuständigen Betreuer oder der Leitung des Betreuten Wohnens zu beschweren.<br />

Alternativ steht ihnen der Weg zur Verfügung, sich schriftlich und ev. anonym über einen<br />

dafür vorgehaltenen Briefkasten zu beschweren.<br />

Es wird unsererseits nach gemeinsamer Besprechung umgehend auf die Beschwerde adäquat<br />

eingegangen.<br />

7. Dokumentation<br />

Unter Beachtung des sich verändernden Hilfebedarfs werden die geleisteten<br />

Fachleistungsstunden jeweils in den dafür vorgesehenen Vordrucken des LWV – Hessen<br />

dokumentiert.<br />

1 “smart“ : spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert<br />

80


Des weiteren wird im Rahmen der Qualitätssicherung das Dokumentationssystem PATFAK<br />

angewandt.<br />

8. Konzeptionelle Besonderheiten<br />

Es besteht eine unmittelbare Vernetzung zwischen Betreutem Wohnen, Adaption, Ambulanter<br />

Rehabilitation und der Fachklinik <strong>Eschenburg</strong>. Es besteht die Möglichkeit, entsprechend der<br />

vorhandenen Kapazitäten, die Angebote der Arbeits- und Beschäftigungstherapie der <strong>Klinik</strong><br />

<strong>Eschenburg</strong> und Adaption wahrzunehmen. Dies gilt auch für alle weiteren (Freizeit-<br />

)Angebote der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> KG.<br />

In Not- und Krisensituationen können <strong>Klinik</strong> oder Adaption Klienten des Betreuten<br />

Wohnens vorübergehend Schutzraum bieten.<br />

9. Finanzierung<br />

Die Grundlage für die Finanzierung des Betreuten Wohnens ist die Leistungs- Prüfungs- und<br />

Vergütungsvereinbarung nach §§ 75 SGB XII sowie die Kostenzusage des Leistungsträgers<br />

im Einzelfall.<br />

Verantwortlich für die Konzeption<br />

Dr. Thomas Klein<br />

<strong>Klinik</strong>leitung<br />

H.J. Villain<br />

Leitung Adaption<br />

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Literaturverzeichnis<br />

• Klein, Funke in:<br />

• Körkel, Lauer, Scheller: Sucht und Rückfall,<br />

• Enke Verlag 1995<br />

• Körkel (Hrsg.): Der Rückfall des Suchtkranken – Flucht in die Sucht<br />

• Berlin Springer 1992<br />

• K.H. Bönner, Prof. Entwicklung im Alter, Sucht Aktuell, 3. Jahrgang, Heft 3/96,<br />

Fachverband Sucht<br />

• Gerd Glaeske, beruhigt bis zum Ende die Arzneimitteltherapie für ältere Menschen<br />

in Ortwein 1 /Hrsg.),<br />

Mensch und Medikament, München 1993<br />

• Vlossmann/Wernado, Alkoholabhängigkeit im Alter, Erscheinungsbild und<br />

Behandlung, Sucht Aktuell, 3. Jahrgang, Heft 3/96,<br />

Fachverband Sucht<br />

• Funke, W. 1990 Differentielle Persönlichkeitsdiagnostik des chronischen Alkoholismus.<br />

Bad Tönissteiner Blätter, Beiträge zur Suchtforschung und - therapie 2, Heft1<br />

• Heide, M. Adaptionskonzept der Adaptionseinrichtung in Landau<br />

• Klein,M. 1992 Klassifikation von Alkoholikern durch Persönlichkeits- und<br />

Suchtmerkmale, Schriftenreihe des Fachverbandes<br />

• Petry 1993 Alkoholismustherapie, Beltz Psychologie Verlags Union<br />

• Schmid, C. Adaptionsbehandlungen für Suchtmittelabhängige<br />

• Verstege, R. Adaptionskonzept des TPR-Duisburg<br />

• VDR Rahmenkonzept für die Adaptionsphase Verband der Rentenversicherungsträger<br />

1994<br />

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