Gesamtkonzeption Stand: 01.01.09 - Klinik Eschenburg
Gesamtkonzeption Stand: 01.01.09 - Klinik Eschenburg
Gesamtkonzeption Stand: 01.01.09 - Klinik Eschenburg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Konzeption<br />
<strong>Gesamtkonzeption</strong> <strong>Stand</strong>: <strong>01.01.09</strong>
Inhaltsverzeichnis<br />
Grundaussagen zum Gesamtkonzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> .................................................... 2<br />
Qualitätspolitik und Qualitätssicherung..................................................................................... 2<br />
Einführende Patienteninformation ............................................................................................. 5<br />
Kurzzeittherapie/Auffrischungsbehandlung............................................................................. 10<br />
Langzeittherapie ....................................................................................................................... 15<br />
Kombinationstherapie .............................................................................................................. 19<br />
Konzept Übergangsphase zwischen Entgiftung und Therapie................................................. 22<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen ..................................................................................... 26<br />
Behandlung von Patienten aus dem russischen Sprachraum ................................................... 32<br />
Psychogene Essstörung ............................................................................................................ 34<br />
Integration von polytoxikomanen Patienten in das Gesamtkonzept ........................................ 39<br />
Konzept zur Behandlung der Medikamentenabhängigkeit ...................................................... 41<br />
Konzept zur Behandlung traumatischer Störungen (PTBS) .................................................... 46<br />
Fachambulanz........................................................................................................................... 49<br />
Adaption................................................................................................................................... 63<br />
Stationäre Stabilisierungsphase in der Fachklinik während der Adaption............................... 69<br />
Konzept Intensiv Betreutes Wohnen........................................................................................ 70<br />
Literaturverzeichnis.................................................................................................................. 82<br />
Inhaltsverzeichnis 1
Grundaussagen zum Gesamtkonzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong><br />
Die Konzeption der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> orientiert sich an dem bio-psycho-sozialen<br />
Krankheitsbild der Abhängigkeitserkrankung gemäß den Leitlinien der AWMF welche<br />
beschreibt: „Postakute Behandlungen bestehen meist in Maßnahmen der Entwöhnung von<br />
Alkohol zum Erhalt, der Verbesserung oder der Wiederherstellung der Funktions- und<br />
Leistungsfähigkeit des chronischen Alkoholkranken (oder behinderten Menschen im Sinne<br />
der ICF Definition der WHO 2001) in Alltag und Beruf“.<br />
Die dort getroffenen Aussagen werden mit Hilfe der, in der Konsultationsfassung der<br />
Rentenversicherungsträger festgelegten ETM‘s (evidenzbasierte Therapiemodule) umgesetzt.<br />
Dabei wird in festgelegten Zeitabschnitten geprüft, ob die erbrachten KTL-Leistungen<br />
(Katalog therapeutischer Leistungen) den Erfordernissen des Patientenbedarfs entsprechen.<br />
Diese Überprüfung wird eingebettet in das interne Qualitätsmanagementverfahren, welches<br />
kontinuierlich die Anforderungen überprüft und den neuesten Bestimmungen und<br />
Erkenntnissen anpasst.<br />
Qualitätspolitik und Qualitätssicherung<br />
Qualitätspolitik der Einrichtung<br />
Unter Qualitätspolitik verstehen wir,<br />
• die Darstellung nach Außen, d.h. Kontaktpflege mit den vor- und nachsorgenden<br />
Stellen;<br />
• unsere Therapiekonzepte regelhaft zu überprüfen und entsprechend anzupassen;<br />
• Fort- und Weiterbildung für Mitarbeiter<br />
• von Transparent und Toleranz geprägte Mitarbeiterführung<br />
.<br />
Durch die ständige Zusammenarbeit zwischen Patienten, Mitarbeitern, <strong>Klinik</strong>leitung und<br />
Leistungsträgern überprüfen wir regelmäßig unser Tun auf Effektivität. Wie dies im<br />
Einzelnen aussieht erläutern wir in den nächsten Punkten.<br />
Strategische und operative Ziele<br />
Wie nachfolgend noch zu sehen ist, leisten wir gute und effektive Arbeit. Dies ist auch unser<br />
Ziel für die nächsten Jahre. Wir gewährleisten die Qualität dadurch, dass wir uns z.B. aktiv<br />
mit den Leitlinien der Rentenversicherungsträger auseinander setzen. Diese Leitlinien sollen<br />
weitere Verbesserungen in der Rehabilitation Alkoholabhängiger erreichen und zu einer<br />
bundesweit nachvollziehbaren Behandlung führen. Dabei wird die besondere Individualität<br />
unserer Arbeit mit Sicherheit erhalten bleiben.<br />
Wir nehmen an den Qualitätssicherungsmaßnahmen der RV-Träger teil, dazu gehört das Peer-<br />
Review Verfahren sowie die Überprüfung unserer therapeutischen Leistungen bezogen auf<br />
den einzelnen Patienten. Patientenorientierte Behandlungsqualität wird durch die subjektiven<br />
Aussagen (Patienten-Zufriedenheitsfragebogen) überprüft. Auf diesem Hintergrund haben wir<br />
in den letzten Jahren zahlreiche Veränderungen, z.B. unseren modernen Fitness-Raum,<br />
umgesetzt.<br />
Einführende Patienteninformation 2
Als Teil unserer Qualitätspolitik ist der Reha-Verbund des Lahn-Dill-Kreises zu sehen, in<br />
dem maßgebliche Organisationen Hand in Hand zusammenarbeiten, so dass eine nahtlose<br />
Versorgung unserer Patienten möglich ist.<br />
Qualitätspolitik intern bedeutet, dass wir abteilungsspezifische einjährige Qualitätsziele<br />
benennen. Die Überprüfung dieser Ziele erfolgt über die Leitungskonferenz und durch die<br />
jährlichen internen Audits<br />
Umsetzung von Leitlinien<br />
Leitlinien sind schriftliche Empfehlungen bzw. systematisch entwickelte Entscheidungshilfen,<br />
zum Beispiel der GRV, zur Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen.<br />
Experten aus insgesamt 17 Fachgesellschaften entwickelten Behandlungsrichtlinien für<br />
substanzbezogene Störungen. Ziel der Leitlinien ist es, den aktuellen <strong>Stand</strong> der<br />
wissenschaftlich begründeten und evidenzbasierten Medizin in der Suchttherapie unabhängig<br />
von regionalen und nationalen Behandlungseinrichtungen zu beschreiben.<br />
Die Leitlinien der GRV werden umgesetzt. Seit Juni 2007 ist die Anzahl der Einzelgespräche<br />
erhöht, das heißt, jeder Patient erhält pro Woche mindestens ein Einzelgespräch, unabhängig<br />
von akuten Kriseninterventionen und sonstigen Therapiegesprächen.<br />
Im Bereich der Angehörigenarbeit, der Förderung der sozialen Integration wie auch in der<br />
Sport- und Bewegungstherapie entspricht unsere Arbeit ebenfalls den Anforderungen der<br />
Leitlinien.<br />
Umsetzung spezifischer rechtlicher Anforderungen<br />
Die Anforderungen des Hygienemanagements sowie des Arbeitsschutzmanagements der<br />
BGW werden erfüllt und werden kontinuierlich durch das Zertifizierungsverfahren des<br />
internen Qualitätsmanagements überprüft. Neben den verantwortlichen Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern sind bei der Planung um Umsetzung der Richtlinien auch Fachkräfte aus<br />
externen Institutionen z.B. des TÜV beteiligt.<br />
Qualitätssicherung für die Einrichtung<br />
In der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> erfolgt eine interne und externe Qualitätskontrolle durch<br />
Erhebungen und Sicherungsverfahren der Rehabilitationsträger. Die <strong>Klinik</strong> erhält durch<br />
Berichte zur Qualitätssicherung differenzierte Rückmeldungen. Durch jährliche Audits wird<br />
die Einhaltung der anspruchsvollen Qualitätsgrundsätze der DEGEMED dokumentiert.<br />
Internes Qualitätsmanagement<br />
Unter Qualitätsmanagement verstehen wir nachvollziehbare Therapiekonzepte, Fort- und<br />
Weiterbildung unserer Mitarbeiter, eine von Toleranz und Transparenz geleitete<br />
Mitarbeiterführung sowie Kontaktpflege nach Außen, wie z.B. Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Unser Handbuch stellt zunächst das Regelwerk unserer Arbeit dar; die Inhalte bzw. die Arbeit<br />
wird allerdings jährlich durch interne Audits überprüft. In der täglichen Arbeit bilden<br />
wöchentliche Qualitätszirkel, mit allen Bereichen die Grundlage für eine aufeinander<br />
abgestimmte, zum Wohle der Patienten abgestimmte Arbeit. Herr Schüler, unserer<br />
Qualitätsmanagementbeauftragter (QMB), ist der Ansprechpartnerin für das QM-System. Er<br />
aktualisiert und pflegt unser QM-Handbuch. Herr Dr. Klein ist Beauftragter der obersten<br />
Leitung (BOL) und koordiniert und überwacht die Prozesse.<br />
Einführende Patienteninformation 3
In den wöchentlich stattfindenden Bereichsbesprechungen (Qualitätszirkel) werden<br />
zusammen mit den Patientensprechern Wünsche/Anfragen/Veränderungen aufgegriffen und,<br />
wenn möglich, die Lösung gleich im Protokoll festgehalten.<br />
In diesem Qualitätszirkel wird auch aufgegriffen, was an Veränderungsvorschlägen, Anfragen<br />
und Verbesserungen von den Mitarbeitern herangetragen wird.<br />
Eine wesentliche Grundlage für unser Qualitätsmanagement ist unsere Maßnahmenliste.<br />
Mängel /Schnittstellenprobleme, notwendige Verbesserungen, die zum Beispiel im jährlichen<br />
internen Audit auffallen, werden in die Maßnahmenliste übernommen und kontrolliert<br />
abgearbeitet. In der ebenfalls wöchentlichen Leitungskonferenz ist die Maßnahmenliste ein<br />
Instrument der kontinuierlichen Verbesserung und Weiterentwicklung.<br />
Durch unseren internen Schulungsplan, der jährlich erstellt wird, nehmen wir uns Zeit unsere<br />
Arbeit zu reflektieren und zu überprüfen.<br />
Qualifizierung der Mitarbeiter<br />
Entsprechend den Anforderungen der Leistungsträger erfüllen unsere Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter die geforderten Qualifikationen und bilden sich regelmäßig in internen und<br />
externen Weiterbildungsangeboten fort.<br />
Externe Qualitätssicherung<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> nimmt am externen Qualitätssicherungsverfahren der Deutschen<br />
Rentenversicherung Bund und der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen teil.<br />
Dies betrifft das Peer Review Verfahren und die externe Patientenbefragung. Die<br />
Strukturanforderungen ebenso wie die Personalstandspläne werden regelmäßig vorgelegt.<br />
Einführende Patienteninformation 4
Einführende Patienteninformation<br />
Sich helfen lassen ist eine Stärke<br />
Über Sucht wird heute viel gesprochen und geschrieben. Oft ist dieser Begriff negativ<br />
belastet. Charakter, Willensschwäche und Haltlosigkeit werden landläufig als Ursache für<br />
eine Suchterkrankung angenommen. Die Gründe für eine Abhängigkeit von Suchtmitteln sind<br />
aber vielfältig. Eine Abhängigkeit entsteht nicht von heute auf morgen, sie entwickelt sich<br />
vielmehr über einen längeren Zeitraum hinweg, indem Versuche, selbst mit der Abhängigkeit<br />
fertig zu werden, immer wieder scheiterten. Der Weg in Richtung Selbstständigkeit bedarf<br />
konstruktiver Hilfen. Das Suchtmittel, wie Alkohol oder Tabletten ist ein unverzichtbarer Teil<br />
des Lebens geworden, ohne den der Süchtige glaubt, nicht mehr leben zu können.<br />
Ursprünglich diente der Konsum des Alkohols, der Tabletten, dazu, sich für den Moment in<br />
irgendeiner Art und Weise besser zu fühlen. Im Verlauf der Entstehung der Abhängigkeit<br />
jedoch traten die körperlichen und geistigen Nachteile in den Vordergrund. Die Abhängigkeit<br />
zu akzeptieren ist nicht einfach – besonders, wenn man das Suchtmittel noch braucht. Oft<br />
kann erst mit dem Verzicht darauf, die eigene Abhängigkeit deutlich wahrgenommen und<br />
verstanden werden. Schwer ist auch die Entscheidung, sich in eine Behandlung zu begeben.<br />
Oft ist weniger die eigene Überzeugung zu einer Therapie, sondern eher die Angst, den<br />
Arbeitsplatz zu verlieren, die Partnerschaft und Familie zu zerstören oder Befürchtungen um<br />
die eigene Gesundheit, Antrieb für eine Entscheidung. Eine Behandlung bietet vielfältige<br />
Chancen. Sie kann einen Weg aus dem Teufelskreis der Abhängigkeit aufzeigen und<br />
Möglichkeiten zu einem gesünderen und sinnvolleren Leben öffnen. Den Mut haben, alte<br />
Wege zu verlassen, sich einzugestehen, dass man alleine nicht weiterkommt und sich auf<br />
Unbekanntes einzulassen, ist der Teil, den ein Abhängiger mitbringen muss. Unsere<br />
ehemaligen Patienten sagen oft, die Therapie war ein Einschnitt in unserem bisherigen Leben,<br />
ein Einschnitt, der Angst macht, der sich aber gelohnt hat .Mit der vorliegenden Broschüre<br />
wollen wir Ihnen einen Einblick in die Behandlung unserer <strong>Klinik</strong> geben, wir wollen Sie<br />
informieren und Ihnen Hilfen an die Hand geben, mögliche Ängste abzubauen. Sollten Ihnen<br />
die Informationen nicht ausreichen, so wenden Sie sich bitte telefonisch oder schriftlich an<br />
uns. (Anschrift und Telefon sowie E-Mail-Adressen finden Sie im Anhang.) Wir beantworten<br />
gern Ihre Fragen. Nach vorheriger Absprache ist auch eine Besichtigung der <strong>Klinik</strong> möglich.<br />
Für wen ist die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> geeignet?<br />
Unsere Therapie ist abgestimmt auf die Behandlung von Frauen und Männern ab dem 18.<br />
Lebensjahr, die frei von Alkohol und/oder Medikamenten leben möchten. Sollte Sie Ihre<br />
momentane Lebensweise, besonders Ihr problematischer Umgang mit Alkohol und<br />
Medikamenten unzufrieden machen, sollten eigene Versuche mit der sucht fertig zu werden<br />
schon gescheitert sein, sollten Ihnen Mitmenschen raten an einer Therapie teilzunehmen,<br />
dann können Sie unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Behandlung in unserer <strong>Klinik</strong><br />
aufgenommen werden. Nicht geeignet ist unsere Einrichtung für Patienten, die<br />
unveränderliche hirnorganische Schäden haben, für Menschen mit akuten<br />
Selbsttötungswünschen, für Süchtige, die von harten Drogen abhängig sind und Menschen<br />
mit psychotischen Störungen.<br />
Einführende Patienteninformation 5
Um eine sinnvolle Vor- und Nachbetreuung der Patienten sicherzustellen, stimmen wir deren<br />
Aufnahme mit der zuständigen Beratungsstelle und dem jeweiligen Leistungsträger ab. Die<br />
<strong>Klinik</strong> vereinbart mit dem Betroffenen und der Beratungsstelle ein festes Aufnahmedatum, an<br />
dem der Patient bis 11.00 Uhr in der <strong>Klinik</strong> eintreffen sollte.<br />
Die besonderen Möglichkeiten der Übergangsphase nach qualifizierter Entgiftung<br />
entnehmen Sie bitte dem entsprechenden Kapitel ab Seite 22.<br />
Wegen des einfacheren Sprachgebrauchs wird im Text die männliche Form verwendet.<br />
Selbstverständlich sind damit auch die Frauen angesprochen.<br />
Allgemeine Informationen zu unseren Therapiegruppen<br />
Unsere Patienten sind in feste Bezugsgruppen integriert. Jede Gruppe hat ca. 10-12<br />
Mitglieder. In dieser Therapiegruppe verbleiben Sie während der gesamten Therapiezeit.<br />
Jeder Gruppe ist ein fester Gruppentherapeut zugeordnet, der sowohl für die Gruppentherapie<br />
wie auch die Einzeltherapie zuständig ist und Sie in den gesamten therapeutischen Belangen<br />
begleitet.<br />
Jede Bezugsgruppe hat ihren eigenen Gruppenraum. Die Gruppenräume stehen den Patienten<br />
auch als Aufenthaltsraum zur Verfügung. Die Gruppenräume sind mit einem Fernseher<br />
ausgestattet. In den Gruppenräumen steht Ihnen eine kleine Teeküche zur Verfügung. Darüber<br />
hinaus gibt es mit einer Bibliothek, Spieleräume und einer Cafeteria als allgemeine<br />
Begegnungsstätten.<br />
Die Zuordnung einer Gruppe zu einem eigenen Aufenthalts- und Gruppentherapieraum soll<br />
die Möglichkeit bieten, sich besser kennenzulernen bzw. gemeinsame Freizeitaktivitäten zu<br />
planen .<br />
Die Räumlichkeiten können von den Gruppen gestaltet werden, so dass eine freundliche<br />
Gruppenatmosphäre entstehen kann, in der sich alle wohlfühlen .<br />
Den typisch Suchtkranken gibt es nicht!<br />
Jeder Mensch hat eine ganz persönliche Lebensgeschichte. So unterschiedlich die Menschen<br />
sind, so verschieden sind auch die Ursachen für eine Abhängigkeit. Alkohol und Tabletten<br />
werden unterschiedlich lange, unterschiedlich intensiv und aus unterschiedlichen Gründen<br />
eingenommen. Allen unseren Patienten ist eines gemeinsam; sie sind in die Abhängigkeit<br />
eines Suchtmittels geraten. Die Behandlung in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> geht auf die<br />
persönlichen Hintergründe und die jeweiligen Auswirkungen für den Einzelnen ein. Es gibt<br />
nicht die Behandlung in der <strong>Klinik</strong>, sondern für jeden Einzelnen wird ein individueller<br />
Behandlungsplan erstellt, der den persönlichen Belangen des Patienten Rechnung tragen soll.<br />
Alle Maßnahmen dienen dem Patienten zur Entfaltung eigener Möglichkeiten, seine<br />
Erkrankung und seine Probleme selbst besser bewältigen zu können. Mit der Behandlung<br />
wollen wir die Gesundheit des Patienten wiederherstellen und erhalten, zu mehr<br />
Selbstvertrauen verhelfen und einen bewussteren Umgang mit der eigenen Person bewirken.<br />
Der Patient soll lernen, auch nach seinem Aufenthalt abstinent und zufrieden zu leben.<br />
Behandlungsspektrum<br />
Die Behandlung in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> verläuft in Therapiegruppen, die unterschiedliche<br />
Schwerpunkte haben. Im folgenden Abschnitt stellen wir Ihnen die verschiedenen<br />
Behandlungsschwerpunkte in Kurzform vor.<br />
Einführende Patienteninformation 6
Insgesamt umfasst unsere Behandlungsspektrum einen Zeitrahmen von 6 – 16 Wochen,<br />
wobei eine Regelbehandlungszeit von 12 Wochen zu beachten ist.<br />
Kombinationstherapie (Kurzzeittherapie)<br />
Die Kombinationstherapie stellt eine Verknüpfung von ambulanter und stationärer<br />
Therapieform dar. Ziel der Kombinationstherapie ist, die beiden Therapieformen noch<br />
intensiver miteinander zu verknüpfen, die Therapieziele aufeinander abzustimmen und eine<br />
hohe Antrittsquote der nachstationären Phase zu erreichen. In der Regel dauert die stationäre<br />
Phase 10-12 Wochen mit anschließender intensiver (2 x wöchentlich Gruppe) ambulanter<br />
Weiterbehandlung .<br />
In der Kurzzeittherapie mit einer möglichen Behandlungszeit von 4-12 Wochen bei einer<br />
Regelbehandlungszeit von 8 Wochen, erhält der Patient die Möglichkeit, von Beginn an mit<br />
Arbeitsmaterialien sehr eigenverantwortlich seine Therapie mitzugestalten. Dabei gehen wir<br />
davon aus, dass die entsprechenden Patienten ein hohes Maß an Krankheitseinsicht und<br />
Veränderungsbereitschaft mitbringen.<br />
Mittel- bis langfristige Therapie<br />
In der mittel- bis langfristigen Therapie mit einer Behandlungszeit von 8 – 16 Wochen<br />
(Regelbehandlungszeit 12 Wochen) sind Patienten am besten aufgehoben, deren<br />
Suchtmittelabhängigkeit schon über mehrere Jahre hinweg besteht, die für sich erst einmal<br />
herausfinden müssen, worin der Vorteil einer dauerhaften Abstinenz besteht und die sowohl<br />
körperlich als auch sozial und psychisch längere Zeit benötigen ,um aus den gegebenen<br />
Kreisläufen auszusteigen.<br />
Spezielle Therapie für ältere Patienten<br />
Für ältere Patienten, die nicht mehr erwerbstätig sind und/oder dies auch aus gesundheitlichen<br />
Gründen nicht mehr anstreben, meistens Personen über 50 Jahre, haben wir besondere<br />
Gruppen eingerichtet, die den speziellen Fragen und Therapiezielen gerecht werden. Neue<br />
Lebensinhalte, neue Lebensperspektiven entwickeln, bedeutet, sich aktiv mit der<br />
gegenwärtigen Situation, den eigenen Wünschen und Bedürfnissen sowie der Erarbeitung<br />
praktischen Fragestellungen auseinander zu setzen. „Wie verbringe ich meine Freizeit, wie<br />
schaffe ich es, Kontakt zu anderen aufzunehmen, wie halte ich mich körperlich fit, wie gehe<br />
ich mit dem Alleinsein um“ usw., sind dabei thematische Schwerpunkte. Eine dem Alter<br />
angepasste „Sinnfrage“ wird ebenfalls aufgegriffen, wie auch die Wertschätzung des bisher<br />
Geleisteten.<br />
Die Behandlungszeit in diesen Gruppen hängt sehr von den persönlichen Gegebenheiten des<br />
Einzelnen ab.<br />
Paartherapie<br />
Paare, die zusammen leben und auch ihre Therapie in einer Einrichtung absolvieren möchten,<br />
sollten ein Vorstellungsgespräch in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> beantragen. In diesem Gespräch<br />
sollte geklärt werden, ob eine gemeinsame Therapie auch therapeutisch sinnvoll erscheint und<br />
unter welchen Rahmenbedingungen die Maßnahme durchgeführt werden sollte.<br />
Praxisorientierungsphase<br />
Patienten, die eine Erwerbstätigkeit, eventuell nach einem längeren Zeitraum, wieder<br />
anstreben, können, nach einer psychotherapeutischen Phase in der Bezugsgruppe , durch ein<br />
speziell auf die Fähigkeiten des Einzelnen abgestimmtes Praktikum in einem externen Betrieb<br />
ihre alten Fähigkeiten wiederentdecken bzw. neue dazu erwerben. Die Aufnahme in diese<br />
Einführende Patienteninformation 7
Praxisorientierungsphase ermöglicht ein Training von Arbeitsabläufen ebenso, wie die<br />
Fähigkeit, im Alltag alleine zurecht zu kommen.<br />
Therapie von Patienten aus dem russischen Sprachraum<br />
Patienten, die deutschstämmig, jedoch in Russland aufgewachsen sind oder direkt aus<br />
Russland kommen und nun in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben, jedoch über keine,<br />
für eine Therapie in deutscher Sprache ausreichenden Sprachkenntnisse verfügen, können<br />
durch die Integration von russischen Therapeuten in dem Gesamtteam der <strong>Klinik</strong> bestimmte<br />
Einheiten, wie Einzel- und zum Teil auch Gruppensequenzen in ihrer ursprünglichen Sprache<br />
wahrnehmen.<br />
Therapie von Essstörungen als Zweitdiagnose<br />
Für Patienten, die zusätzlich zu ihrer Alkohol- und/oder Medikamentenabhängigkeit an einer<br />
Essstörung leiden, steht ein (wurde ein) erweitertes Therapiekonzept (entwickelt). zur<br />
Verfügung<br />
Anorexien, Bulimien und Adipositas können je nach Ausprägungsgrad in diesem Rahmen<br />
mitbehandelt werden, um so u mso den wechselseitig stattfindenden Suchtverschiebungen<br />
(vorzubeugen.) entgegen zu wirken bzw. vorzubeugen.<br />
Die spezifischen Behandlungsangebote berücksichtigen die jeweilige Problematik und geben<br />
den Patienten eine Möglichkeit, einen Weg in Richtung gesundem Umgang mit Essen zu<br />
finden.<br />
Ambulante Therapie<br />
Die Fachambulanz der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> bietet die Möglichkeit, die in der <strong>Klinik</strong> selbst oder<br />
in einer anderen Fachklinik stattgefundene stationäre Phase auf ambulantem Wege weiter<br />
fortzuführen oder ausschließlich eine ambulante Rehabilitation zu absolvieren. In zwei,<br />
jeweils wöchentlich, zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfindenden Gruppen, unterstützt<br />
durch Einzelkontakte, können die stufenweise Wiedereingliederung in den Alltag unterstützt<br />
bzw. bestehende Strukturen stabilisiert werden.<br />
Sollten Sie zu einzelnen Punkten Fragen haben, wenden Sie sich bitte persönlich an uns.<br />
Ansprechpartner für die Ambulanz ist Herr Hasso Kann. Telefonnummer und E-Mail-Adresse<br />
finden Sie im Anhang.<br />
Adaption<br />
Die Adaptionseinrichtung der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> bietet Patienten die arbeitslos und/oder<br />
wohnungslos sind, ihr altes Umfeld verändern wollen und bei der Wiedereingliederung in das<br />
Erwerbsleben besondere Unterstützung benötigen eine Adaptionsbehandlung in einem<br />
separaten Haus an.<br />
Neben den formellen Voraussetzungen wie die reguläre Beendigung einer<br />
Entwöhnungsbehandlung und Kostenzusage durch den Leistungsträger, ist eine berufliche<br />
Orientierung und Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit Grundvoraussetzung. Im Rahmen eines<br />
Arbeitspraktikums in einem Betrieb außerhalb der <strong>Klinik</strong> , können alte Fähigkeiten<br />
wiederentdeckt werden und eine Angleichung an die aktuellen Arbeitsbedingungen<br />
geschaffen werden.<br />
Durch die therapeutischen Gespräche sowie durch die Unterstützung bei der<br />
Alltagsgestaltung, wie z.B. Einkaufen, Kochen etc. wird in der Gemeinschaft eine Basis für<br />
die zukünftige eigenständige, abstinente Lebensführung erarbeitet.<br />
Sollte im Anschluss an die Adaptionsbehandlung ein weiteres intensives betreutes Wohnen<br />
sinnvoll und notwendig sein, kann die Übernahme in unseren neu entstandenen Bereich<br />
„intensiv betreutes Wohnen“ ebenfalls eingeleitet werden.<br />
Einführende Patienteninformation 8
Der Aufenthalt in der Adaptionseinrichtung beträgt durchschnittlich 3 Monate.<br />
Ansprechpartner für Adaption sowie intensiv betreutes Wohnen ist Herr Achim Villain.<br />
(Telefonnummer und E-Mail-Adresse siehe Anhang.<br />
Voraussetzung für eine Therapie in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong><br />
Für die Aufnahme gelten folgende Voraussetzungen:<br />
• mündliche oder schriftliche Anmeldung in unserer <strong>Klinik</strong><br />
• gültige Kostenübernahme des zuständigen Leistungsträgers bzw. bei Selbstzahlern<br />
Unterzeichnung eines Behandlungsvertrages (Ausnahmen siehe Übergangsphase)<br />
• die körperliche Entgiftung sollte vorausgegangen sein oder ein ärztliches Attest<br />
vorliegen, dass eine Entgiftung als nicht notwendig ausweist.<br />
• Vorlage eines Sozialberichtes<br />
Wenn Sie die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, können Sie zu einer Behandlung in<br />
der <strong>Klinik</strong> aufgenommen werden. Individuelle Fragen stimmen Sie bitte im Vorfeld mit uns<br />
ab.<br />
Weitere organisatorische Hinweise entnehmen Sie bitte unserem zusätzlichen Infoblatt „Für<br />
Patienten“.<br />
Sollten Sie noch weitere Fragen haben, rufen Sie uns doch einfach unter der Telefonnummer<br />
02774/91340 einmal an! Weitere Informationen erhalten Sie auch über folgende E-Mail<br />
Adresse :www.klinik-eschenburg.de.<br />
Einführende Patienteninformation 9
Kurzzeittherapie/Auffrischungsbehandlung<br />
Grundlagen<br />
Das Konzept, die Behandlung Abhängiger zeitlich zu differenzieren, ist <strong>Stand</strong>ard einer<br />
zeitgemäßen Suchttherapie.<br />
Da die individuellen Behandlungsvoraussetzungen sehr unterschiedlich sein können,<br />
Wiederholer, Patienten mit ambulanten therapeutischen Vorerfahrungen etc., sollte ein<br />
Konzept darüber hinaus Möglichkeiten der Differenzierung bieten.<br />
Die übergeordneten Inhalte der indikationsbezogenen Kurzzeittherapie zielen darauf ab,<br />
Alkohol- und Medikamentenabhängige auf ihrem Weg hin zu einer zufriedenen Lebensweise<br />
im Sinne einer akzeptierenden Beziehung zu sich selbst, stabilen zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen und sinnerfüllter Erwerbstätigkeit, zu unterstützen.<br />
Spezifisch bedeutet dies eine Orientierung an den aktuellen und zukünftigen Ressourcen der<br />
persönlichen und sozialen Realität sowie der Individualität des Abhängigen.<br />
Die therapeutischen Interventionen richten sich nach den Angeboten der Patienten und den<br />
durch Diagnostik gewonnenen Erkenntnissen.<br />
Im Mittelpunkt der Behandlung steht ein gemeinsamer Austausch mit dem Bestreben,<br />
Menschen ihre Fähigkeiten bewusst zu machen und zu fördern, so dass kurz- und langfristig<br />
auf die Einnahme von Suchtmitteln verzichtet werden kann und eine Integration in den<br />
sozialen Rahmen bestehen bleibt bzw. wiederhergestellt wird.<br />
Da eine anschließende ambulante Behandlung oftmals von Vorteil ist, kann, im regionalen<br />
Einzugsgebiet, eine Fortführung der Therapie in der Fachambulanz der <strong>Klinik</strong> erfolgen, oder<br />
mit entsprechenden Stellen am Heimatort koordiniert werden.<br />
Indikation<br />
Kurzzeittherapie ist für alkohol- und/oder medikamentenabhängige Frauen und Männer ab<br />
dem 18. Lebensjahr geeignet, die<br />
- mindestens eine Langzeittherapie in den letzten Jahren absolviert haben, über<br />
Abstinenzerfahrung verfügen und ausreichend auf eine stationäre Behandlung<br />
vorbereitet worden sind.<br />
- eine ambulante Therapie begonnen haben, jedoch eine kurzfristige stationäre<br />
Stabilisierungsphase benötigen,<br />
- nach einer fundierten Beratungsphase zu einer kurzzeitigen stationären Phase<br />
motiviert sind, um die begonnenen Erfahrungen anschließend in einer ambulanten<br />
Therapie zu vertiefen,<br />
- Patienten, die sowohl psychisch, körperlich als auch sozial noch so stabil sind, das<br />
eine Kurzzeittherapie zur Erlangung der Ziele ausreichend erscheint.<br />
Die Patienten müssen in einer körperlichen Verfassung sein, die von Beginn an eine<br />
uneingeschränkte Teilnahme am gesamten Therapiegeschehen ermöglicht, das heißt im<br />
Einzelnen<br />
- entgiftet<br />
- frei von ansteckenden Krankheiten<br />
- keine Psychosen<br />
- keine Suizidgefahr<br />
Kurzzeittherapie 10
- kein hirnorganischer Abbau der eine Beeinträchtigung von Konzentration und<br />
Lernfähigkeit darstellen könnte<br />
- kein Zustand nach Operationen, der die Therapiefähigkeit einschränken könnte<br />
Gewünscht wird die Bereitschaft sich auf Veränderungsprozesse einzulassen und dabei die<br />
Personen seines persönlichen Umfeldes, wie Partner, Familie, Vorgesetzte oder<br />
Arbeitskollegen, in das Therapiegeschehen zu integrieren.<br />
Behandlungsdauer<br />
Die Behandlungsdauer beträgt zwischen 6 und 12 Wochen, wobei die Regelbehandlungszeit 8<br />
Wochen beträgt.<br />
Sie richtet sich nach Vorbereitungsphase, Therapiezielen und geplanter Weiterbehandlung.<br />
Die Behandlungsdauer wird in den ersten Wochen vorläufig, in der 4. bis 5. Woche endgültig<br />
in Absprache mit dem Leistungsträger festgelegt.<br />
Prinzipiell gilt die Behandlung auch vorzeitig dann als beendet, wenn die Therapieziele<br />
erreicht sind.<br />
Sollte dem entgegen eine Verlegung in den Langzeitbereich erforderlich sein, wird dies in<br />
Ausnahmefällen nach Rücksprache mit dem Leistungsträger abgeklärt.<br />
Therapeutische Orientierung<br />
Analog unserem bisherigen Selbstverständnis stehen auch in der Kurzzeittherapie die<br />
formalen, die, durch den Leistungsträger vorgegebenen und die individuellen, persönlichen<br />
Sichtweisen des Patienten und Therapieziele gleichrangig nebeneinander.<br />
Der Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit kann nur dann erreicht werden,<br />
wenn dies auch ein persönliches Ziel der Patienten ist und mit den Gesamtveränderungen<br />
seiner Lebensweise einhergeht.<br />
Von daher orientiert sich die therapeutische Arbeit weitgehend an den realen Bedingungen,<br />
den vorhandenen Ressourcen und den zu unterstützenden Handlungsmustern.<br />
Therapeutische Ausrichtungen sind:<br />
- verhaltenstherapeutischer Ansatz<br />
- Verfahren der humanistischen Psychologie, wie Gestalttherapie und Psychodrama,<br />
sowie<br />
- Körper- und Kreativtherapie<br />
Therapieziele<br />
In der Kurzzeittherapie gehen wir davon aus, dass der Patient bereits Therapieerfahrung hat<br />
oder intensiv auf die Therapie vorbereitet ist.<br />
Die Therapieziele orientieren sich an den vorhandenen Fähigkeiten, die ausgebaut bzw.<br />
ergänzt werden sollen.<br />
Ausnahmen haben immer wieder bewiesen, dass in einem bestimmten Kontext alternative<br />
Handlungsmöglichkeiten bestehen. Diese gilt es zu stabilisieren und auf konkrete<br />
Krisensituationen zu übertragen. Die Gesamttherapie ist in verschiedene Phasen untergliedert,<br />
deren Übergänge fließend sind.<br />
Kurzzeittherapie 11
Klärungsphase<br />
Davon ausgehend, dass die Fähigkeit abstinent zu leben in Wechselwirkung mit anderen<br />
Fähigkeiten steht, wird zu Beginn das Herausfinden der Funktionalität des<br />
Suchtmittelkonsums einen hohen Stellenwert erhalten.<br />
Weitere wichtige Ziele der ersten zwei Wochen können sein:<br />
- Abstand von Kreisläufen zu erlangen, in welche man involviert ist/war,<br />
- ein Vertrauensverhältnis zu Therapeuten und Mitpatienten aufbauen,<br />
- <strong>Stand</strong>ortbestimmung der persönlichen und realen Lebensbedingungen,<br />
- einen kognitiven und emotionalen Bezug zu der Vorteilerbringung der Therapie<br />
herzustellen,<br />
- Sondierung, welche Personen zur Klärung von aktuellen und zukünftigen Lösungen<br />
beitragen können,<br />
- Körperliches Wohlbefinden wieder kennenlernen,<br />
- eine Hierarchie von in der Behandlung zu erreichenden Therapiezielen entwickeln und<br />
erste Kontakte zu verborgenen Fähigkeiten wieder herstellen.<br />
Dazu sind sowohl Einzel- als auch Gruppengespräche geeignet. Körperorientierte Verfahren<br />
ermöglichen eine Focussierung der Aufmerksamkeit und stellen die Verbindung von<br />
Gedanken und Körpersignalen her.<br />
Gemeinsame Aktivitäten der Gruppe erleichtern das gegenseitige Kennenlernen; Patienten,<br />
die schon längere Zeit in Therapie sind, helfen bei der Orientierung und Strukturierung.<br />
Phase der Fragen und Antworten<br />
Die Erkenntnis der Funktionalität des Suchtmittels allein reicht nicht aus.<br />
Welche alternativen Möglichkeiten stehen mir zur Verfügung?<br />
Wie kann ich meine Fähigkeiten ausbauen?<br />
Wie kann ich weitere Rückfälle vermeiden?<br />
Dies sind nur einige Fragen, zu denen Antworten erst erarbeitet werden müssen.<br />
Ziele sind demnach:<br />
- Kennenlernen eigener Fähigkeiten, spezielle, früher durch Suchtmittelkonsum<br />
hervorgerufene positive Reaktionen, auch alternativ zu erlangen (Rückfallprophylaxe).<br />
- Lernen von zusätzlichen Fähigkeiten bedeutet z.B. andere Patienten zu beobachten<br />
und zu prüfen, ob man bestimmte Lösungsstrategien übernehmen und ausprobieren<br />
möchte. (Lernen am Modell).<br />
- In Kontakt mit inneren Empfindungen wie Freude und Zufriedenheit, aber auch Angst,<br />
Enttäuschung und Trauer kommen.<br />
- Mehr und mehr Verantwortung übernehmen, Sicherheit in Entscheidungen bekommen<br />
und sich selbst bewusst werden, wo die eigenen Möglichkeiten und Grenzen sind.<br />
- Beziehungsstrukturen analysieren und auf ihre Zukunftsmöglichkeiten hin bearbeiten;<br />
gemeinsame Gespräche, Planung von evtl. poststationären Behandlungsmöglichkeiten.<br />
- Lösungsmöglichkeiten auf ihre Verwendung im Alltag überprüfen.<br />
- Behandlungszeit festlegen<br />
- Therapieziele bis dahin formulieren.<br />
- Körperliche und psychische Verfassung weiter stabilisieren.<br />
Kurzzeittherapie 12
Phase der Lösung und Wiedereingliederung<br />
Trotz einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer gilt es, den Wechsel von stationärem Aufenthalt<br />
und Rückkehr in die Alltagsrealität gut vorzubereiten.<br />
Ziele sind demnach:<br />
- Rückfallprophylaktische Fähigkeiten erproben<br />
- Abschied vom beschützenden Rahmen nehmen und entwickelte Perspektiven auf ihre<br />
praktische Umsetzbarkeit überprüfen<br />
- ggf. Vorbereitung auf anschließende Maßnahmen, z.B. beim Übergang in ambulante<br />
Therapie.<br />
Gerade in der letzten Phase haben die Patienten die Möglichkeit, in Einzel- und<br />
Gruppengesprächen ihre Haltung einer kritischen Reflexion durch Behandler und<br />
Mitpatienten zu unterziehen, um ein möglichst adäquates Maß an Realitätsorientierung zu<br />
bekommen.<br />
Die 3 Phasen sind ineinander verflochten und werden, je nach Bedürfnis von Patient zu<br />
Patient unterschiedlich stark gewichtet.<br />
Je nach persönlichem Schwerpunkt der Therapieziele, werden auch die therapeutischen<br />
Interventionen entsprechend geplant.<br />
So z.B. die Wahl der Indikationsgruppe, die Häufigkeit von Paar-Gesprächen, der Einsatz von<br />
therapeutischen Vorgehensweisen zur Erweiterung von Handlungsstrategien (mehr<br />
verhaltenstherapeutische Techniken oder mehr an stützenden und aufarbeitenden Gesprächen<br />
etc.), Körpertherapie zur Vertiefung der Beziehung zum eigenen Körper, Kreativtherapie als<br />
aufdeckende und erfahrende Methode oder auch Arbeitstherapie zur Vermittlung von<br />
Regelmäßigkeit und Verdeutlichung eigener Fähigkeiten.<br />
Therapieplan<br />
Die Struktur des Therapieplanes unterstützt die therapeutischen Angebote auf verschiedenen<br />
Ebenen und ermöglicht Zugänge zu eigenen Erkenntnissen und Erfahrungen.<br />
Schwerpunkte können individuell gestaltet werden.<br />
Der Gruppenrahmen bietet die orientierende Stütze.<br />
Neben der regelmäßig stattfindenden Gruppentherapie werden therapeutische Einzelgespräche<br />
individuell geplant, wobei einmal wöchentlich ein Gespräch angeboten wird.<br />
Körper- und Kreativtherapie werden sowohl kontinuierlich für alle, als auch im zusätzlichen<br />
Indikationsangebot verstärkt, für Einzelne angeboten.<br />
Der Plan bietet Möglichkeiten, Angehörige und Bezugspersonen in die Arbeit zu integrieren.<br />
Der Therapieplan wird ergänzt durch „Arbeiten für die Gemeinschaft“ wie z.B.<br />
Telefondienste oder Dienst in der Cafeteria. zur Arbeit für die Gemeinschaft werden einmal<br />
wöchentlich für einen halben Tag, Dienste, z.B. Telefondienst am Abend, übernommen.<br />
Integration in das bestehende System<br />
Der medizinische Bereich, Sozialdienst, Küche sowie alle anderen Funktionen und Angebote:<br />
Cafeteria, Bibliothek, Tischtennisraum, Sauna etc. sind in das bestehende System der der<br />
Langzeittherapie integriert.<br />
Kurzzeittherapie 13
Besonderheiten<br />
Ein kurzzeittherapeutisches Konzept betont in konsequenter Weise, wie oben in den<br />
Therapiezielen schon angedeutet, die Rückfallthematik.<br />
Dies bedeutet auch, die neueren wissenschaftlichen Untersuchungen in der Therapieplanung<br />
zu berücksichtigen und in therapeutische Strategien zu integrieren.<br />
Marlatt, Körkel, Klein, Funke W. u. J. sind einige der Wissenschaftler, die ihre<br />
Untersuchungen in unmittelbarer Nähe zur Praxis dargelegt haben.<br />
Auf diesen Untersuchungen aufbauend können wir davon ausgehen, dass es in Bezug auf die<br />
Entstehung eines Rückfalles Hochrisikosituationen gibt, die einem Rückfall vorausgehen.<br />
Hat man sich ursprünglich an den vor der Therapie erlebten Hochrisikosituationen orientiert<br />
und dementsprechend versucht, die Handlungskompetenzen adäquat zu stärken, können wir<br />
heute davon ausgehen, dass die poststationär erwarteten Risiken inhaltlich unterschiedlich<br />
sind und viel eher den anschließend auch in praxi erlebten entsprechen. (vgl. Klein, Funke<br />
1995). Dies bedeutet, noch mehr zukunftsorientiert zu arbeiten und mit Hilfe entsprechender<br />
Messinstrumente den Patienten eine Chance zur intensiven prospektiven Systemanalyse<br />
anzubieten.<br />
Um die entsprechenden Erkenntnisse auch im Rahmen eines stationären Kontextes umsetzen<br />
zu können, bedarf es einer flexiblen Struktur, die im individuellen Therapieplan<br />
berücksichtigt ist.<br />
Kurzzeittherapie 14
Langzeittherapie<br />
Indikation<br />
Die mittel- bis langfristige Therapie ist für alkohol- und medikamentenabhängige Patienten<br />
sowie Polytoxikomane mit Schwerpunkt Alkohol - Medikamentenabhängigkeit konzipiert,<br />
die ihre ersten Therapiemaßnahmen absolvieren, über zum Teil nur eingeschränkte<br />
Krankheitseinsicht verfügen, jedoch seit Jahren abhängig sind. Die Patienten werden zu<br />
Beginn der Behandlung in eine Aufnahmephase aufgenommen. In der Aufnahmephase, die in<br />
der Regel eine Woche, in Ausnahmen bis zu zwei Wochen dauert, werden erste<br />
psychologische und medizinische Tests und Untersuchungen durchgeführt. In dieser Phase<br />
sammeln wir erste Daten für einen Behandlungsplan und vermitteln dem Patienten<br />
grundlegende Informationen über Entstehungsbedingungen von Abhängigkeiten. Da unser<br />
therapeutisches Konzept eine individuelle Therapie anstrebt, ist diese Phase bedeutsam, um<br />
eine den persönlichen Notwendigkeiten entsprechende Schwerpunktsetzung in der<br />
Therapieplanung zu gewährleisten. Auch die Zuweisung in eine der festen Therapiegruppen<br />
erfolgt nach Indikationskriterien wie Persönlichkeit des Patienten, spezielle Problemfelder,<br />
Ausbildungsart des verantwortlichen Bezugstherapeuten, Gruppenzusammensetzung,<br />
Alterstruktur etc.<br />
Kontraindikation<br />
Patienten mit akuten Psychosen, drohender Suizidalität und ausschließlicher Abhängigkeit<br />
von harten Drogen können nicht aufgenommen werden.<br />
Störungsmodell<br />
Das der Behandlung zugrunde liegende Störungsmodell basiert auf der Sichtweise, dass die<br />
Abhängigkeitserkrankungen mit einem bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell zu erklären<br />
sind. Die in der Ursprungssituation erzielten psychischen Gewinne, führen zu einer<br />
kontinuierlichen Steigerung der konsumierten Menge an Suchtstoffen und erzielen langfristig<br />
eine irreversible biologische Veränderung, die die Unfähigkeit des kontrollierten Umganges<br />
nach sich zieht. Nach den neuesten neurobiologischen Erkenntnissen, dokumentiert durch<br />
BÖNING et.al. muss man von der Entwicklung eines Suchtgedächtnisses ausgehen, dass<br />
durch seine manifeste Prägung irreversible neurologische Strukturen aufbaut. Durch das<br />
Eingebettet sein in soziale Bezüge wie Familie, Beziehung, Arbeitswelt etc. entstehen über<br />
die Zeit hinaus auch dort Veränderungen der Beziehungsfähigkeit, die erhebliche<br />
Auswirkungen auf den Grad der erlebten Zufriedenheit im Leben nach sich zieht.<br />
Dementsprechend berücksichtigt dieses Störungsmodell die Tatsache, dass auf der Grundlage<br />
einer abstinenten Lebensführung die Therapie die Aufgabe hat, über die Analyse des<br />
Verhaltensspektrums sowie der Persönlichkeitsstrukturen eine individuelle Klärung der durch<br />
die psychotropen Substanzen erzielten bzw. erlebten Vorteile herbeizuführen, diese zu<br />
kompensieren und konkrete Auswirkungen auf den Lebensalltag zu erarbeiten. Dabei wird<br />
berücksichtigt, dass dies nicht nur eine kognitive Arbeit ist, sondern die praktische Erprobung<br />
der erarbeiteten Alternativen im Vordergrund der Therapie stehen muss.<br />
Diese Grundsätze verinnerlichend gehen die Mitarbeiter von der Rehabilitation einer<br />
chronischen Erkrankung aus, bei der sie entsprechend ihrer Profession den Patienten durch<br />
ihre Interventionen Impulse zur Persönlichkeitsentwicklung und spezifische Lernprozesse<br />
zur Festigung einer abstinenten Lebensweise vermitteln.<br />
Ob und inwieweit bestimmte Medikament wie Antidepressiva zu bestimmten Phasen der<br />
Therapie eingesetzt werden müssen, entscheidet der Arzt in Abstimmung mit den<br />
niedergelassenen Psychiatern die gegebenenfalls eine Prämedikation schon vorgenommen<br />
Langzeittherapie 15
haben und auch nach der Therapie die entsprechenden Ansprechpersonen für die Patienten<br />
sind.<br />
Phasenhafter Verlauf der Behandlung<br />
Aktivierungs- und Aufarbeitungsphase<br />
In dieser Phase steht die Selbsterfahrung im Mittelpunkt der therapeutischen Arbeit. Der<br />
Zusammenhang von innerseelischem Konflikt und dem Gebrauch des Suchtmittels soll dem<br />
Patienten bewusst werden. In der therapeutischen Gemeinschaft hat er die Möglichkeit, die<br />
neu gewonnenen Einstellungen umzusetzen und zu überprüfen. Ziel dieser Phase ist das<br />
Erkennen eigener Möglichkeiten, um die ursprünglich durch das Suchtmittel erzielten<br />
Gewinne auf anderem Wege zukünftig sicherzustellen. Dem Patienten werden Angebote<br />
unterbreitet, mit sich selbst intensiv in Kontakt zu kommen, seine zum Teil bisher<br />
verborgenen Gefühle und Affekte wahrzunehmen und in einem vertrauten sicheren Rahmen<br />
auch zu erleben. Durch eine gezielte Stärkung des Selbstwertgefühles erfährt er zunehmende<br />
Sicherheit, auf deren Grundlage eine an den Notwendigkeiten des Alltags orientierte Stärkung<br />
von Fähigkeiten liegt.<br />
Ablösungs- und Neuorientierungsphase<br />
In der letzten Phase der Behandlung bereitet sich der Patient verstärkt auf die Situation nach<br />
der Entlassung aus der <strong>Klinik</strong> vor. Die Kontakte zur Familie, zum Arbeitsplatz, zur<br />
Beratungsstelle und zur Selbsthilfegruppe werden hergestellt bzw. intensiviert. In diesem<br />
Prozess geben die Mitarbeiter Hilfen und Anstöße. Damit stehen die schrittweise Lösung aus<br />
der therapeutischen Gemeinschaft und die Intensivierung der Außenkontakte im Vordergrund.<br />
Paar- und Familienseminare<br />
Im Rahmen der Paar- und Familienseminare werden Angehörige unserer Patienten zu einem<br />
2-tägigen Seminar eingeladen. Die Gespräche während dieses ersten Seminares bieten die<br />
Grundlage für eventuell weitere gemeinsame Gespräche im Verlaufe der Therapie.<br />
Behandlungsdauer<br />
Die grundsätzliche Behandlungsdauer beträgt 12 Wochen. Bei entsprechend medizinischer<br />
Indikation und Motivation des Patienten wird beim Leistungsträger ein Verlängerungsantrag<br />
gestellt, bzw. das vorhandene Budget in Anspruch genommen.<br />
Therapeutische Ansätze<br />
Je nach der oben aufgeführten schon in der Aufnahmephase festgelegten Schwerpunktsetzung<br />
kommen folgende einzel- und gruppentherapeutische Behandlungsansätze zum Tragen.<br />
Analytisch- orientierte Sozialtherapie<br />
Neben der diagnostischen Befragung berücksichtigen wir die Übertragungs- und<br />
Gegenübertragungsreaktionen im Erstinterview ebenso wie Vermutungen über die<br />
Persönlichkeitsstruktur und mögliche Abwehrmechanismen. So gewinnen wir im Gespräch<br />
indirekt Informationen, die sich aus der Qualität der Beziehung zwischen Patient und<br />
Therapeut ergeben. In der Gruppen- und Einzeltherapie soll der Patient seine unzureichend<br />
ausgebildeten Ich-Funktionen nachentwickeln, seine suchtbedingten Fehlhaltungen erkennen<br />
sowie Vertrauen in sich und seine Umwelt gewinnen. Ebenso soll er zu einer realistischen<br />
Selbst- und Fremdwahrnehmung kommen und zunehmend mehr Eigenverantwortung<br />
übernehmen.<br />
Langzeittherapie 16
Verhaltenstherapie<br />
Der verhaltenstherapeutische Ansatz basiert auf der Grundlage, dass menschliche Denk- und<br />
Verhaltensmuster gelernt sind, da sie zu einem frühen Zeitpunkt im Leben als angemessen<br />
und hilfreich, eventuell sogar überlebensnotwenig erlebt wurden.<br />
Ein wesentliches Ziel in der Therapie ist es, den Klienten für die Wahrnehmung seiner<br />
automatisch aufkommenden Gedanken und Bewertungen zu sensibilisieren, um<br />
selbstzerstörerische bzw. suchtspezifische Denkfehler und daraus resultierende Gefühle und<br />
Verhaltensweisen zu erkennen. Diese automatischen Gedanken werden in Verbindung mit<br />
den Hypothesen über die eigene Person und die Umwelt gebracht und im Hinblick auf ihren<br />
Wahrheitsgehalt und ihre Nützlichkeit für das Erreichen einer Lebenszufriedenheit hin<br />
überprüft. Auf diese Weise soll zunehmend differenzierter der eigene Anteil und der eigene<br />
Einfluss an der kognitiven und verhaltensbezogenen Gestaltung des eigenen Lebens und der<br />
Lebensumwelt erkannt werden. Alternative, situationsangemessenere Denkstrukturen und<br />
Verhaltensweisen werden gemeinsam mit dem Klienten entwickelt und in realen Situationen<br />
erprobt.<br />
Systemische Familientherapie<br />
Unsere Familientherapie orientiert sich am psychotherapeutischen Ansatz zur Behandlung<br />
sozialer Systeme. Die systemische Betrachtung der Alkoholabhängigkeit geht davon aus, dass<br />
in der Persönlichkeit des Abhängigen unterschiedliche Anteile der Herkunftsfamilie<br />
zusammenwirken, die von dem Betroffenen unter Alkoholeinfluss wertfrei realisiert werden<br />
können, im nüchternen Zustand aus unterschiedlichen Gründen jedoch oft nicht akzeptabel<br />
erscheinen und abgelehnt bzw. tabuisiert werden. Durch die intensive Beschäftigung mit dem<br />
eigenen Familiensystem kann es zu einer Erfassung der Identitätsanteile kommen, damit zu<br />
einer erhöhten Akzeptanz bzw. zur Möglichkeit neue Freiräume zu erschließen. Dies<br />
impliziert die Grundvoraussetzung, dass eine zufrieden gelebte Abstinenz notwendig ist, um<br />
das Gesamtsystem zu stabilisieren.<br />
Lösungsorientierter Ansatz<br />
Die Grundlage des lösungsorientierten Ansatzes basiert auf der Stärkung der individuellen<br />
Ressourcen von Menschen. Gerade bei den im Vergleich zu früher verkürzten<br />
Behandlungszeiten ist ein oftmals pragmatisches Herangehen an Problemfelder notwendig.<br />
Kreativtherapie<br />
Die Kreativtherapie mit Angeboten aus der Holz- und Tonbearbeitung eröffnet zum einen den<br />
Zugang zu kreativen Anteilen in der Person, als auch praxisnahe Möglichkeiten der<br />
zukünftigen Freizeitgestaltung. In der themen- und aufgabenorientierten Angebotspalette<br />
erfährt der Patient seine kunstvollen Fertigkeiten und hat die Möglichkeit, sich alternativ zu<br />
dem gesprochenen Wort auszudrücken.<br />
Körpertherapie<br />
Die körperorientierte Therapie dient dem Wiederentdecken und kontinuierlichen körperlichen<br />
Aufbau von Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit im Rahmen der noch zur Verfügung<br />
stehenden Möglichkeiten.<br />
Durch den gezielten, an der Freude der Bewegung orientierten Aufbau, werden körperliche<br />
Parameter kontinuierlich trainiert und kooperatives gemeinsames Handeln praktiziert.<br />
In der Körperpsychotherapie dienen Entspannungs- und Körperwahrnehmungsverfahren zum<br />
Erleben des eigenen Körpers und der Auseinandersetzung mit der inneren Gefühlswelt.<br />
Langzeittherapie 17
In speziellen Indikationsbereichen geht es z.B. darum, über den Erwerb von<br />
Entspannungstechniken Ein- und Durchschlafstörungen alternativ zu Medikamenteneinnahme<br />
positiv zu beeinflussen.<br />
Indikationsgruppen<br />
Die Indikationsgruppen, an denen der Patient in der mittel- bis langfristigen Therapie an<br />
mindestens zweien teilnimmt, dienen dazu, individuelle Schwerpunkte im<br />
Behandlungsverlauf zu setzen und bestimmte Fähigkeiten gezielt zu fördern.<br />
Sozialdienst<br />
Gerade im Bereich der Langzeittherapie treten überproportional häufig Patienten ihre<br />
Therapie mit großen sozialen Schwierigkeiten an. Fragen des Arbeitsplatzes, der Wohnung,<br />
der finanziellen Versorgung, eventuell Schuldenregulierung, der Klärung von bestimmten<br />
Gerichtsverfahren etc., sind oft die innerliche Situation des Patienten beherrschende Themen.<br />
Eine rasche Klärung bzw. eine Unterstützung bei der Suche nach möglichen Wegen aus<br />
diesen Krisen ist unabdingbar, um eine Konzentration auf dem psychotherapeutischen Prozess<br />
zu gewährleisten.<br />
Nachsorgeplanung<br />
Schon möglichst früh wird über die Grenzen der eigentlich stationären Therapie<br />
hinausgeschaut, um zukünftige Interventionen frühzeitig zu planen. Dies kann in einem Fall<br />
bedeuten, dass sich an die stationäre eine ambulante Behandlung anschließen muss, um die im<br />
stationären Setting gewonnenen Therapieziele auch im Alltag zu stabilisieren (siehe auch die<br />
Broschüre Fachambulanz), in einem anderen Fall aber auch die Integration in die weiter unten<br />
erläuterte Praxisorientierungsphase zu planen.<br />
Langzeittherapie 18
Kombinationstherapie<br />
Einleitung:<br />
Aktuelle Suchtkrankenrehabilitation berücksichtigt zunehmend die Verknüpfung von<br />
ambulanter und stationärer Therapieform. Dies ist sinnvoll, da die Erhaltung der Abstinenz<br />
nach einer stationären Phase in hohem Maße von einer weiteren ambulanten Begleitung<br />
abhängig ist. Das Ziel der Kombinationstherapie ist, die beiden Therapieformen noch<br />
intensiver miteinander zu verknüpfen, die Therapieziele aufeinander abzustimmen und eine<br />
hohe Antrittsquote der nachstationären Phase zu erreichen. Gerade dies ist über eine<br />
Beziehungskonstanz der kooperierenden Behandlungsinstitutionen zu erreichen (durch<br />
Untersuchungen der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> belegt). Die Verbindlichkeit wird zusätzlich durch<br />
entsprechende Terminierungen, eine gemeinsame Kostenzusage und entsprechende<br />
Übergabegespräche hergestellt. Durch die Fortführung der Therapie auf ambulanter Ebene<br />
kann in Einzelfällen die stationäre Therapiezeit verkürzt werden.<br />
Der Verbund besteht aus:<br />
• <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>,<br />
• Fachambulanz der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>,<br />
• Suchthilfezentrum Mittelhessen, Kooperation <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und Diakonisches<br />
Werk Gießen und Kooperation Suchthilfe e.V. Wetzlar und <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong><br />
• Suchtberatung Marburg<br />
Die geschäftsführende Institution dieses Verbundes ist die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>, die auch gem.<br />
beigefügter Anlage sowohl Adressat für die Leistungszusagen, als auch rechnungsstellende<br />
Stelle darstellt.<br />
Vorteile der Kombinationsbehandlung:<br />
Im Gegensatz zu der Verknüpfung von stationärer Therapie und nachstationärer ambulanter<br />
Rehabilitation wird durch eine konzeptionelle Zusammenarbeit zwischen <strong>Klinik</strong> und<br />
Ambulanz eine Fortführung der Therapie auf ambulanter Ebene ermöglicht. Dies bedeutet,<br />
dass bestimmte Therapieziele weiterentwickelt, andere aber auch im ambulanten Setting<br />
überhaupt erst erarbeitet werden. Durch die Beziehungskonstanz der Behandler, die<br />
beteiligten Institutionen pflegen ein hohes Ausmaß an Kooperation, entsteht für die Patienten<br />
eine hohe Vertrautheit der Therapeuten und damit eine zusätzliche Motivation für den<br />
gesamten therapeutischen Prozess. Insgesamt werden die Behandlungsstrukturen<br />
transparenter, Zugangsformen zu ambulanter Therapie besser ausgeschöpft,<br />
Wiederholungsbehandlungen reduziert und personelle Ressourcen effektiver ausgelastet.<br />
Durch die Steigerung der wohnortnahen Behandlung können auch die zusätzlichen<br />
Institutionen der Gesundheitspflege intensiver in Anspruch genommen werden.<br />
19
Ablauf:<br />
Antrag durch Beratungsstelle<br />
• Beantragung der Kombinationsbehandlung durch Beratungsstelle<br />
• Kostenzusage durch den Leistungsträger für stationäre und ambulante Phase<br />
• Übergabegespräch zwischen Beratungsstelle und <strong>Klinik</strong><br />
• Stationäre Behandlung mit zwischenzeitlichen Kontakten mit den Nachbehandlern<br />
• Erstellung eines vorläufigen Berichtes zum Ende der stationären Phase mit Angabe<br />
über die aktuelle sozialmedizinische Einschätzung sowie der erreichten und weiter<br />
geplanten Therapieziele<br />
• Übergabegespräche stationär zu ambulant zwischen Bezugstherapeut und ambulanten<br />
Nachbehandlern<br />
• Weiterführung der Therapie im ambulanten Setting<br />
• Zum Ende der Gesamtmaßnahme Erstellung eines kompletten Reha-Entlassberichtes,<br />
der den Verlauf der stationären und ambulanten Phase integriert<br />
Antrag aus der stationären Therapie heraus<br />
• Aufnahme im stationären Setting<br />
• Nach Diagnostik und erster Verlaufsbeobachtung, nach Rücksprache mit Patient,<br />
Integration in das Modul Kombinationsbehandlung<br />
• Absprache mit ambulanten Nachbehandlern<br />
• Antrag beim Leistungsträger auf „Anpassung der Kostenzusage“ und Erteilung der<br />
ambulanten Kostenzusage<br />
• Stationäre Behandlung mit zwischenzeitlichen Kontakten mit den Nachbehandlern<br />
weiter wie oben.<br />
Indikation und Kontraindikation:<br />
Indikation:<br />
1. Die Voraussetzungen für eine ambulante Rehabilitation sind weitgehend erfüllt. Der<br />
Patient ist aber im ambulanten Setting noch nicht in der Lage abstinent zu leben.<br />
Daher ist eine passagere Herausnahme aus dem familiären und beruflichen Umfeld<br />
angezeigt.<br />
2. Patienten, die eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme begonnen haben und bei<br />
denen deutlich wird, dass das ambulante Setting zur Zeit nicht ausreicht, um sich<br />
hinreichend zu stabilisieren, bei denen aber erwartet werden kann, dass über eine<br />
stationäre Stabilisierungsphase die Behandlung auf ambulanter Ebene weitergeführt<br />
werden kann.<br />
3. Patienten in einer stationären Therapiemaßnahme, bei denen im Verlauf der<br />
Behandlung deutlich wird, dass die stationäre Maßnahme zugunsten einer<br />
Weiterführung auf ambulanter Ebene verkürzt werden kann.<br />
4. Gute Krankheitseinsicht und Abstinenzmotivation.<br />
20
Kontraindikation:<br />
1. Eindeutige Indikationen für eine ambulante oder längerfristige stationäre Maßnahme,<br />
wie sie in der Vereinbarung „Abhängigkeitserkrankungen Anlage 3“ beschrieben<br />
sind.<br />
2. Schwere körperliche Folgeschäden.<br />
3. Die auch für ambulante und stationäre Maßnahme geltenden Kontraindikationen, wie<br />
erhebliche hirnorganische Beeinträchtigungen, akute Suizidgefährdung und flouride<br />
psychotische Zustände.<br />
Behandlungsdauer:<br />
1. Stationäre Phase durchschnittlich 10 Wochen (Korridor 8 – 12 Wochen)<br />
2. Ambulante Phase 40 + 4 TE/ 6 Monate (Verlängerungsoption 20 + 2 TE/ 6 Monate)<br />
Dokumentation und Evaluation:<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> verwendet seit 1993 das auch vom Fachverband Sucht empfohlene<br />
Dokumentationssystem BADO und führt standardmäßig Routinekatamnesen ein Jahr nach<br />
Entlassung aus der <strong>Klinik</strong> durch. Ebenso wird bei der Kombinationsbehandlung in<br />
Abstimmung mit den Ambulanzen eine Katamnese nach einem Jahr nach Beendigung der<br />
Maßnahme durchgeführt.<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> unterzieht sich seit 1995 dem Qualitätssicherungsprogramm des VDR<br />
in der Version des federführenden Leistungsträgers, hier der DRV Land Hessen, und steht<br />
unmittelbar vor der Zertifizierung eines internen Qualitätsmanagements.<br />
21
Konzept Übergangsphase zwischen Entgiftung und Therapie<br />
Vorbemerkung<br />
Die Grundüberlegung zur Etablierung einer Abteilung für eine abstinente Unterbringung von<br />
alkoholabhängigen Patientinnen und Patienten ist vom Grundsatz her sicherlich keine neue<br />
Idee.<br />
In anderen Bundesländern bereits praktiziert, besteht für das Land Hessen eine solche<br />
Möglichkeit bisher ausschließlich für drogenabhängige Patientinnen und Patienten.<br />
Auch gerade im Bereich der Alkholabhängigen haben sich jedoch in den letzten Jahren durch<br />
zwei wesentliche Strukturangleichungen Veränderungen ergeben, die bestimmte<br />
Konsequenzen nach sich gezogen haben. Zum einen zeigen die Veränderungen in der<br />
Finanzierung der Beratungsstellen , dass durch die Reduzierung der personellen Ressourcen<br />
eine längerfristige Begleitung von Betroffenen nicht mehr möglich ist, ausschließlich eine<br />
„Komm-Struktur“ besteht und zum Teil erhebliche Wartezeiten aufgebaut wurden, zum<br />
anderen führte die Reduzierung der Verweildauer in den Entgiftungen ebenfalls zu einer<br />
Reduzierung von weiterführenden Maßnahmen.<br />
Dies führt zu einer weiteren Chronifizierung der Abhängigkeitserkrankung, zu einer längeren<br />
Belastung der Angehörigen und letztendlich auch zu erheblichen finanziellen<br />
Mehraufwendung.<br />
Der eindeutige Anstieg der Mehraufnahmen in den Entgiftungen (Drehtürfälle) ist dafür ein<br />
wichtiges Indiz.<br />
Die abstinente Unterbringung kann hier ein probates Mittel sein, den Teufelskreis zu beenden,<br />
eine begonnene Stabilisierung sinnvoll weiterzuführen und letztendlich einen Weg heraus aus<br />
der Sucht zu finden.<br />
Indikation<br />
- nach erfolgter Alkoholentgiftung Abwendung eines erneuten Rückfalles<br />
- psychosozial-instabile Gesamtsituation<br />
- Herstellung einer Behandlungsmotivation<br />
- Abklärung einer Rehabilitationsfähigkeit<br />
Kontraindikation<br />
- noch durchzuführende Entgiftung<br />
- psychotische Zustände<br />
Ziele der abstinenten Unterbringung<br />
- Herauslösen aus einem destabilisierenden nassen Milieu<br />
- Entwicklung einer Zielperspektive<br />
- gemeinsames Erarbeiten eines möglichen Weges dorthin<br />
- gesundheitliche Stabilisierung<br />
- Entwicklung einer Krankheitseinsicht<br />
- Entwicklung einer Behandlungsbereitschaft<br />
- Schutz von Angehörigen (Kinder, Ehepartner)<br />
- lückenloser Übergang in eine Therapiemaßnahme<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 22
Erläuterung der einzelnen Ziele<br />
Herauslösen aus einem destabilisierenden nassen Milieu<br />
Gerade in den Fällen, in welchen in der Vergangenheit oftmals schon mehrere Entgiftungen<br />
stattgefunden haben, die jedoch nicht zu einer längerfristigen Abstinenz führten, ist das<br />
soziale Umfeld der Betreffenden oftmals direkt selbst ein Rückfall auslösender Faktor.<br />
Die Betroffenen sind oftmals nicht in der Lage, sich von den anderen, ebenfalls Trinkenden,<br />
zu distanzieren, um einen eigenen Weg zu gehen.<br />
Entwicklung einer Zielperspektive<br />
Geht es einigen Menschen primär um das nackte Überleben, so sind insgesamt<br />
weiterreichende Zielperspektiven in der Vergangenheit eher mit neuen Frustrationen<br />
verbunden gewesen. Der Aufbau einer realistischen Zielperspektive kann den durch<br />
Suchtmitteln oftmals eingetrübten Blick wieder entschleiern und ein Gespür für mögliche<br />
Veränderungen erlebbar werden lassen.<br />
Gemeinsames Erarbeiten eines möglichen Weges dorthin<br />
Sind realistische Zielperspektiven beschrieben, so mangelt es oft an den Möglichkeiten der<br />
praktischen Umsetzbarkeit. Was kann ich wie, wann, wo und evtl. mit wem kurz-, mittel- und<br />
langfristig erreichen, sind Fragen, deren Antworten helfen einen Schritt nach dem nächsten<br />
umzusetzen.<br />
Gesundheitliche Stabilisierung<br />
Auch nach einer kurzen Entgiftung befinden sich noch eine Reihe von Personen in körperlich<br />
sehr reduziertem Allgemeinzustand. Ziel der abstinenten Unterbringung ist es demnach auch,<br />
wieder eine auch körperliche Stabilisierung zu finden, um weitere Schritte absolvieren zu<br />
können.<br />
Entwicklung einer Krankheitseinsicht<br />
Auch zum Teil mehrfache Entgiftungen führen nicht zwangsläufig zu der Einsicht<br />
abhängigkeitserkrankt zu sein. Dementsprechend ist es Ziel, zu einer realistischen<br />
Selbsteinschätzung im Umgang mit Suchtmitteln zu gelangen und , falls vorhanden, die<br />
Erkrankung Abhängigkeit auch für sich annehmen zu können.<br />
Entwicklung einer Behandlungsbereitschaft<br />
Körperliches Unwohlsein ist oft damit verbunden, fremde Hilfe bei erwarteter Verbesserung<br />
durchaus zu akzeptieren. Nach einigermaßen erfolgter körperlicher Stabilisierung sinkt<br />
oftmals die Überzeugung der Notwendigkeit einer wie auch immer gearteten therapeutischen<br />
Unterstützung. Dementsprechend müssen neue Vorteile die mit einer eventuellen Behandlung<br />
verbunden sein könnten erarbeitet werden.<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 23
Schutz von Angehörigen<br />
Gerade Angehörige atmen oftmals auf, wenn ein seit Jahren bestehender Konflikt mit einer<br />
Entgiftung zu einer scheinbaren Wende der Entwicklung führt. Eine mehrtägige Entgiftung<br />
kann jedoch nicht die im Vorfeld bestandenen Konflikte lösen, geschweige denn die Ängste<br />
der Angehörigen minimieren.<br />
Lückenloser Übergang zu eventueller Therapie<br />
Sollte eine Indikation zu einer Behandlung bestehen und eine entsprechende Motivation zur<br />
Aufnahme dieser seitens der Betroffenen vorliegen, so ist das Ziel der abstinenten<br />
Unterbringung diesen Übergang lückenlos herzustellen. Bei Übernahme in der Fachklinik<br />
<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> kann damit die Aufnahmephase, da entsprechende Informationen ja bereits<br />
vorliegen, verkürzt und damit die Gesamtbehandlungsdauer reduziert werden.<br />
Dauer der Maßnahme<br />
Die abstinente Unterbringung kann nur über einen Zeitraum von 4-6 Wochen durchgeführt<br />
werden. Danach hat entweder eine lückenlose Verlegung in eine Fachklinik zu erfolgen oder<br />
es kommt bei mangelnder Motivation bzw. ,wahrscheinlich eher selten, bei nicht vorhandener<br />
Indikation , zur Entlassung in beratende Institutionen.<br />
Bausteine der abstinenten Unterbringung<br />
- Strukturierter Rahmenplan<br />
- Informationsvermittlung<br />
- Klärung der sozialen Situation<br />
- Eventuelle Beantragung einer Reha-Leistung<br />
- zu den Angaben der Entgiftung ergänzende medizinische Befunderhebung, vor<br />
allem zur Klärung der aktuellen und erzielbaren Leistungsfähigkeit<br />
- Aufbau einer Behandlungsmotivation<br />
Strukturierter Rahmenplan<br />
Angefangen von der verpflichtenden Teilnahme an den drei Mahlzeiten erhält jeder<br />
Teilnehmer der abstinenten Unterbringung einen persönlichen Tagesplan, der, entsprechend<br />
seiner Aufenthaltsdauer, in diesem Modul festgelegt wurde. Darin festgelegt sind sowohl die<br />
Termine bei den Sozialarbeitern, der Medizin, die Einzel- und Gruppengespräche sowie die<br />
Teilnahme an Arbeitsprojekten.<br />
Informationsvermittlung<br />
Das Ziel, eine Krankheitseinsicht zu entwickeln, kann nur dann umgesetzt werden, wenn<br />
entsprechende Informationen adressatenspezifisch vermittelt werden. Dabei geht es sowohl<br />
um biologisch-medizinische Aspekte des Missbrauchs und der Abhängigkeit, wie auch<br />
Suchtentwicklung im allgemeinen. Mit Hilfe der Information hat der Teilnehmer der<br />
abstinenten Unterbringung die Chance zu einer realistischen Selbsteinschätzung seines Status<br />
in punkto Abhängigkeit zu gelangen.<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 24
Klärung der sozialen Situation<br />
Durch den Kontakt mit den Sozialarbeitern kann eine realistische Bestandsaufnahme der<br />
aktuellen sozialen Situation durchgeführt werden. Insbesondere Fragen der Einkünfte, des<br />
Versicherungsstatus, Wohnungsfragen und rechtliche Angelegenheiten können zumindest in<br />
ihrer Grobstruktur eruiert werden.<br />
Medizinische Befunderhebung<br />
In Ergänzung zu den Angaben, die während der Entgiftung erhoben wurden, haben die<br />
medizinischen Untersuchungen und Konsultationen bei Fachärzten die Notwendigkeit und<br />
auch die Erfolgsaussicht einer Rehabilitationsbehandlung zu klären.<br />
Aufbau einer Behandlungsmotivation<br />
Mit der Strategie des „Motivational interviewings“ wird versucht, in Einzel- und<br />
Gruppengesprächen eine Behandlungsbereitschaft aufzubauen, bzw. die angemessene Form<br />
einer weiteren Betreuung zu finden. (Erläuterung des Moduls „motivational interview“ im<br />
Anhang)<br />
Notwendig beteiligte Berufsgruppen und ihre Aufgaben<br />
Mediziner: Medizinische Betreuung, Beurteilung von Notwendigkeit und Erfolg einer<br />
Rehabilitationsmaßnahme, Medizinische Information.<br />
Sozialarbeiter: Klärung der sozialen Situation und Unterstützung bei der Einleitung von<br />
bestimmten Maßnahmen.<br />
Psychologen: Einschätzung des Grades des Missbrauches/der Abhängigkeit, Durchführung<br />
von motivationsfördernden Einzel- und Gruppengesprächen.<br />
Arbeitsanleiter: Betreuung der Teilnehmer im Rahmen von Arbeitsprojekten.<br />
Hauswirtschafter: Unterstützung bei alltagsrelevanten Fragestellungen, Hygiene, Zimmer-<br />
und Kleiderordnung, usw..<br />
Vorteile der abstinenten Unterbringung<br />
Für den Betroffenen : Minimierung des Risikos bei wiederholter Alkoholintoxikation frühzeitig zu<br />
sterben und mit therapeutischer Hilfe seine Erkrankung in den Griff zu bekommen.<br />
Für den Sozialleistungsträger: Eine zunehmende Chronifizierung der Erkrankung wird gestoppt und<br />
die Wahrscheinlichkeit der langfristigen Inanspruchnahme von Sozialleistungen verringert.<br />
Für die Krankenkassen: Zusätzliche Kosten für immer wiederholende Entgiftungen werden gekappt.<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 25
Für den Rentenversicherungsträger: Mit der Herstellung der Abstinenz erhöht sich bei<br />
entsprechender Therapie die Wahrscheinlichkeit der Wiederaufnahme einer Erwerbsfähigkeit um ein<br />
Mehrfaches.<br />
Für die Politik: Durch Schließung dieser offensichtlichen Lücke beweist sie ein hohes Maß an<br />
sozialer Verantwortung und Handlungskompetenz.<br />
Regionale Zuständigkeit<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> kann eine Zuständigkeit für den gesamten mittelhessischen Raum<br />
übernehmen und ist über gewachsene Kontakte zu den unterschiedlichen psychiatrischen<br />
Krankenhäusern von Herborn über Gießen, Marburg, Friedberg, Kiedrich und Eltville sowie<br />
Frankfurt im ständigen Kontakt mit entsprechenden Entgiftungsabteilungen. Eine Kapazität<br />
von 10 bis 15 Plätzen wäre direkt umsetzbar.<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen<br />
Vorbemerkung<br />
Schon seit geraumer Zeit, die erste konzeptionelle Fassung stammt vom Januar 1996,<br />
beschäftigt sich die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> mit der Überlegung, der gesamtgesellschaftlichen<br />
Entwicklung der Verschiebung der Altersgrenze nach oben und den damit verbundenen<br />
wachsenden Schwierigkeiten älterer Menschen, wie fehlende Lebensperspektiven, Alleinsein,<br />
mangelnde Freizeitgestaltung u.a., mit einem spezifischen Angebot gerecht zu werden.<br />
Lag 1970 die durchschnittliche Lebenserwartung in den Industriestaaten noch bei 70,4 Jahren,<br />
befindet sie sich heute bei 73,4 und prognostisch im Jahre 2000 bereits bei 76,2 Jahren.<br />
Wie auch der Leiter der Forschungsstelle der Philippsuniversität Marburg, Herr Professor<br />
Bönner, in seinem Aufsatz: „Entwicklungen im Alter“ herausarbeitete „erhöht sich die<br />
Wahrscheinlichkeit für viele Menschen immer mehr 80, 85 oder gar 90 Jahre und älter zu<br />
werden. Alleine im Zweitraum von 1975 bis 1980 nahm die Gruppe der 75- bis 80-Jährigen in<br />
der Bundesrepublik um 17% zu, jene der 80- bis 85-Jährigen jedoch um 51% und die Gruppe<br />
90-Jähriger um 43%“ (1, Bönner).<br />
Dass diese Zunahme der Lebenserwartung nicht nur positive Seiten hat, können wir leider in<br />
anderen Entwicklungen überaus deutlich sehen. So werden gerade Psychopharmaka wie<br />
Schlafmittel oder Tranquilizer bzw. Benzodiazepine, die alle mit einem Risiko zur<br />
Entwicklung einer Abhängigkeit belastet sind, bis zu einem prozentualen Anteil von 88%<br />
(z.B. Adumbran) für Versicherte über 60 Jahre verordnet (vgl. 2, Glaeske).<br />
Laut der EBIS-Statistik 6/95 liegt die Dunkelziffer für die Erkrankungsrate älterer Menschen<br />
über 60 Jahre im Bereich Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit bei 400.000.<br />
Eine von Professor John in Lübeck durchgeführte Studie im Jahr 1996 (3, Vossmann,<br />
Wenado) ergab, dass in Allgemeinkrankenhäusern 3,5% der über 65-Jährigen und in<br />
Allgemeinpraxen sogar 10,7% aller über 65-Jährigen als alkoholabhängig eingestuft werden<br />
müssen.<br />
Betrachtet man die Einweisungskriterien alkohol- und medikamentenabhängiger Menschen in<br />
ambulante und stationäre Therapien, so sind bei einer ganz überwiegenden Zahl von Patienten<br />
äußere Druckfaktoren für den wirklichen Beginn der Maßnahme verantwortlich.<br />
Die Stabilisierung bzw. die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, das Aufrechterhalten des<br />
sozialen Status, die Angst vor Verlust der Partnerschaft und körperliche Risikofaktoren sind<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 26
oftmals ausschlaggebend dafür, dass sich suchtmittelabhängige Patienten zu einer Behandlung<br />
entschließen.<br />
Viele dieser Faktoren entfallen bei Personen, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen.<br />
Sie haben nicht das Ziel, wieder arbeiten zu können, leiden oftmals an dem Verlust des<br />
Partners, haben sich mit körperlichen Beeinträchtigungen weitestgehend arrangiert und<br />
besitzen relativ wenig Lebensperspektive.<br />
Stellt sich nun die Frage, wer ein grundlegendes Interesse an der Rehabilitation dieser<br />
Personen haben könnte und wie die Verantwortlichkeiten dafür aussehen.<br />
Neben dem sicherlich nicht mehr zu diskutierenden ethischen Ansatz, der notwendigen<br />
Versorgung aller Menschen, egal welscher Rasse und welchen Alters, muss gerade in unserer<br />
Zeit auch ökonomischen Faktoren eine besondere Bedeutung zugemessen werden.<br />
Dazu ist es notwendig, die offenkundigen Nebenwirkungen einer über die Norm<br />
hinausgehenden Medikamenteinnahme bzw. des übermäßigen Alkoholkonsums in seiner<br />
Konsequenz näher zu betrachten.<br />
Wie in der Studie von John dargestellt, tauchen die alkoholabhängigen Menschen<br />
überdurchschnittlich häufig in Arztpraxen und Allgemeinkrankenhäusern auf .Auch der<br />
Anteil, der auf einer internistischen Krankenhausstation aufgenommene Patienten, die<br />
verstärkt Alkohol konsumieren, ist weiter steigend, Dabei spielen nicht nur die auftretenden<br />
Leberfunktionsstörungen, sondern insgesamt Probleme des gastrointestinalen Bereiches nebst<br />
Herz-Kreislaufkrankheiten und stoffwechselrelevanten Komplikationen eine wesentliche<br />
Rolle.<br />
Die Aufnahmehäufigkeit von Patienten mit Suchtproblemen auf gerontopsychiatrischen<br />
Stationen hat sich ebenfalls erhöht, obwohl diese Stationen oftmals kein gesondertes Konzept<br />
zur Behandlung dieser Kranken haben (Verwahrung und Medikamente sind keine Lösung).<br />
Auch der prozentuale Anstieg der Patientinnen und Patienten auf orthopädischen Stationen<br />
resultiert nicht zuletzt aus den Medikamentösen Nebenwirkungen von Psychopharmaka, die<br />
nicht nur zu einer negativen Beeinflussung des Mineralstoffwechsels führen, sondern auch<br />
durch ihre oftmals sedierenden Wirkungen die Wahrscheinlichkeit von Stürzen bei Menschen<br />
im Alter erheblich erhöhen.<br />
Dies alles bedeutet, dass die Folgekosten dieser Entwicklung für die Solidargemeinschaft<br />
einen erheblichen Stellenwert haben, der eine spezifische Behandlung der Klientel nicht nur<br />
aus ethischen Gesichtspunkten als relevant erscheinen lässt.<br />
Die Zuständigkeit für die Behandlung von abhängigen Menschen besteht zu Zeiten einer<br />
Erwerbsfähigkeit bei der Rentenversicherung.<br />
Ist die Erwerbsfähigkeit jedoch nicht mehr gegeben bzw. ein Anspruch nicht ableitbar,<br />
entsteht ein Anspruch bei anderen Kostenträgern wie z.B. der Krankenkasse. Das Ihnen<br />
vorliegende Konzept basiert auf einer über 20-jährigen Erfahrung der Behandlung<br />
suchtkranker Menschen und stellt die spezifischen Besonderheiten einer Behandlung von<br />
Personen, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen, heraus.<br />
Nach einer detaillierten Beschreibung der zu behandelnden Klientel wird nach einer<br />
Therapiezielbeschreibung ein entsprechender Behandlungsplan vorgestellt, der, nach<br />
individueller Ausrichtung, zeitlich differenziert durchgeführt werden kann.<br />
Im Sinne der Verbindung von stationären und ambulanten Angeboten wird der notwendige<br />
Anteil stationärer Phasen kritisch geprüft und die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit<br />
anderen im Gesundheitswesen tätigen Institutionen erörtert.<br />
Mit dieser Konzeption werden originär die Hausärzte und Krankenkassen angesprochen, die<br />
am ehesten Zugang zu diesen Menschen haben und beurteilen können, inwieweit eine<br />
Behandlungsnotwendigkeit gegeben ist.<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 27
Indikation<br />
Dieses spezifische Konzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist geeignet für Frauen und Männer, deren<br />
Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nicht mehr möglich ist.<br />
Der Konsum von alkohol- und/oder die Einnahme von psychotropen Medikamenten<br />
entspricht keiner normalen Dosierung und bereitet den Betroffenen physische, psychische und<br />
soziale Störungen.<br />
Kontraindikation<br />
für eine Aufnahme sind akute Suizidalität, psychotisches Geschehen und ausgeprägte<br />
hirnorganische Störungen wie Korsakow-Syndrom sowie ansteckende körperliche<br />
Krankheiten, die eine Gefährdung für Mitpatienten darstellen.<br />
Bettlägerige Patienten können nicht aufgenommen werden.<br />
Beschreibung der Klientel<br />
Ein Teil dieser Klientel hat bereits eine lange „Suchtkarriere“ sowie eine<br />
Suchtrehabilitationsmaßnahme in früheren Jahren absolviert.<br />
Nach zum Teil langjährigen Abstinenzphasen tritt nun infolge einer signifikanten<br />
Verschiebung der Lebensinhalt eine Krise ein, die über den Konsum von Alkohol respektive<br />
ärztlich verordneter Medikamenteneinnahme „behandelt“ wird.<br />
Gerade die Gruppe der Vorruheständler erlebt zu einem Zeitpunkt relativer körperlicher<br />
Fitness und geistiger Wachheit eine Degradierung auf einen Status, den sie selbst vor einigen<br />
Jahren noch sehr weit von sich geschoben hat.<br />
Die Identifikation mit dem Rentendasein erlebt wenig positive Zuschreibung im Sinne des<br />
Genießens eines wohlverdienten Ruhestandes, sondern ist eher verbunden mit dem<br />
Insuffizienzgefühl des Abgeschoben- und nicht mehr Gebrauchtwerdens.<br />
Eine recht große Gruppe dieser Menschen hat sich mit der Arbeit so identifiziert, dass<br />
Beziehungen und Freizeitgestaltung eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben.<br />
Die oftmals plötzlich eingetretene Hierarchieverschiebung der Lebensinhalte provoziert eine<br />
psychische Krise, die gerade bei entsprechender Vorerfahrung der Bewältigung von Krisen<br />
oftmals nur auf dem medikamentösen bzw. alkoholkonsumierenden Weg angegangen wird.<br />
Ein plötzlicher Tod des Partners kann bei einigen Personen ebenfalls zu einer intensiven<br />
psychischen Instabilität führen und Auslöser für einen verstärkten Alkoholkonsum oder einen<br />
missbräuchlichen Umgang mit Psychopharmaka sein.<br />
Eine oftmals langjährige Beziehung, die gerade durch den Weggang der erwachsenen Kinder<br />
in den letzten Jahren wieder einen erhöhten Stellenwert bekommen hat, wird drastisch in ein<br />
Singledasein umgewandelt.<br />
Die Sinnhaftigkeit des Weiterlebens muss neu definiert werden.<br />
Eine dritte Gruppe, wahrscheinlich sogar versehen mit der höchsten Dunkelziffer, befindet<br />
sich in Altenwohnheimen mit relativ wenigen Kontakten zur Außenwelt. Gerade die<br />
Verschreibungshäufigkeit von Medikamenten sowie der Alkoholkonsum, wie in den<br />
Vorbemerkungen bereits angedeutet, nehmen hier eine erschreckende Größenordnung ein.<br />
Therapieerfahrungen anderer Einrichtungen geben jedoch Anlass zur Hoffnung,<br />
entsprechende Konstellationen mit angemessenen Therapiemaßnahmen in eine positive<br />
Richtung verändern zu können.<br />
Therapieziele<br />
Im Sinne einer individuellen Diagnostik lassen sich übergreifende Ziele definieren und wie<br />
folgt beschreiben:<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 28
- intensive Reflexion der aktuellen Lebenssituation mit dem Schwerpunkt des<br />
Hervorhebens positiver Anteile<br />
- heranführen an den Aufbau einer neuen Lebensperspektive unter Berücksichtigung<br />
erlebter und auch in der Zukunft anwendbarer Fähigkeiten<br />
- Stabilisierung bzw. Wiederherstellung der Kontaktfähigkeit zu anderen Menschen<br />
etwa gleichen Alters und gleicher Interessen<br />
- herstellen einer emotionalen Atmosphäre, die das Wahrnehmen, und im Rahmen der<br />
individuellen Möglichkeiten, auch das Ausleben angestauter Gefühle erlaubt.<br />
- Förderung von lebenspraktischen Fähigkeiten zur Bewältigung von Alltagssituationen<br />
- praktisches Erarbeiten von Freizeitgestaltungsmöglichkeiten<br />
- Verbesserung der Konzentration und Merkfähigkeit durch gezieltes tägliches<br />
Hirnleistungstraining, (individuelle Indikation)<br />
Therapieprogramm<br />
Die Behandlung der Patientinnen und Patienten mit entsprechender Indikation erfolgt in einer<br />
separaten Gruppe, deren Gruppen- und Co-Therapeutin über langjährige therapeutische<br />
Erfahrung verfügen.<br />
Grundelemente<br />
- Gruppengesprächstherapie<br />
- gestalterische Ergotherapie<br />
- altersangepasste körperorientierte Therapie<br />
- individuell indikationsbezogene Schwerpunktgruppen<br />
- Einzelarbeit<br />
- Integration in gemeinschaftliche Tätigkeiten<br />
Durch die Integration dieser Gruppe in das Gesamtbehandlungskonzept werden soziale<br />
Begegnungen auch mit jüngeren Patienten stattfinden und ein gegenseitiges Lernen und<br />
Unterstützen ermöglichen.<br />
In den einzelnen therapeutischen Bereichen wird nach folgenden Zielvorstellungen<br />
gearbeitet:<br />
Gruppentherapie<br />
Die Gruppentherapie orientiert sich an der verbalen Aufarbeitung der aktuellen Situation.<br />
Dabei steht das Erreichen einer realistischen Selbsteinschätzung und der Aufbau einer<br />
entsprechenden Motivation zur positiven Veränderung im Vordergrund.<br />
Mit den verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten werden gemeinsam<br />
Verhaltensmodifikationen geprüft und im Rollenspiel getestet.<br />
Die Möglichkeit, die Erfahrung aller Teilnehmer für positive Lösungsmöglichkeiten<br />
einzusetzen, gibt der Gruppentherapie einen besonderen Stellenwert. Dabei genießt die<br />
Wertschätzung der persönlichen Fähigkeiten, die durchaus positive Dinge im bisherigen<br />
Leben ermöglichten, besondere Bedeutung. Die Kontaktaufnahme untereinander reduziert<br />
eventuelle Hemmungen und ist Grundlage für gemeinsame Unternehmungen. Durch<br />
Reflexionen hervorgerufene spezifische Erfahrungen können in der Einzelarbeit aufgegriffen<br />
und psychotherapeutisch bearbeitet werden.<br />
Ziel ist das gemeinsame Erarbeiten von Lebenszielen sowie den pragmatischen<br />
Möglichkeiten, diese auch zu erreichen.<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 29
Kreativtherapie<br />
Die Kreativtherapie mit Angeboten aus der Holz- und Tonbearbeitung eröffnet zum einen den<br />
Zugang zu kreativen Anteilen in der Person, als auch praxisnahe Möglichkeiten der<br />
zukünftigen Freizeitgestaltung. In der themen- und aufgabenorientierten Angebotspalette<br />
erfährt der Patient seine kunstvollen Fertigkeiten und hat die Möglichkeit, sich alternativ zu<br />
dem gesprochenen Wort auszudrücken.<br />
Körpertherapie<br />
Die körperorientierte Therapie dient dem Wiederentdecken und kontinuierlichen körperlichen<br />
Aufbau von Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit im Rahmen der noch zur Verfügung<br />
stehenden Möglichkeiten.<br />
Durch den gezielten, an der Freude der Bewegung orientierten Aufbau, werden körperliche<br />
Parameter kontinuierlich trainiert und kooperatives gemeinsames Handeln praktiziert.<br />
In der Körperpsychotherapie dienen Entspannungs- und Körperwahrnehmungs-verfahren zum<br />
Erleben des eigenen Körpers und der Auseinandersetzung mit der inneren Gefühlswelt.<br />
In speziellen Indikationsbereichen geht es z.B. darum, über den Erwerb von<br />
Entspannungstechniken Ein- und Durchschlafstörungen alternativ zu Medikamenteneinnahme<br />
positiv zu beeinflussen.<br />
Indikationsgruppen<br />
In Indikationsgruppen kann je nach individueller Notwendigkeit die eine oder andere<br />
Fähigkeit spezifischer unterstützt werden.<br />
So kann der Erwerb von alltagsrelevanten Fähigkeiten zur Organisation eines eigenständigen<br />
Haushaltes, spezielle Freizeitmöglichkeiten, eventuell auch Partnerprobleme oder ganz<br />
speziell Alleinsein thematisiert und in möglichst praxisnahen Handlungsanweisungen erprobt<br />
werden.<br />
Behandlungsdauer<br />
Die Behandlungsdauer richtet sich nach den individuellen Bedingungen der Patienten und<br />
kann zwischen 6 Wochen und 4 Monaten betragen.<br />
Entscheidend sind die Schwere der Erkrankung aufgrund physischer, psychischer und sozialer<br />
Folgeerscheinungen und die Fähigkeit des Patienten, die angebotenen Therapieangebote<br />
anzunehmen.<br />
Eine Verlängerung der Maßnahme geschieht ausschließlich nur nach Zustimmung mit dem<br />
Leistungsträger .<br />
Ambulante Möglichkeiten sind immer zu prüfen.<br />
Wissenschaftliche Begleitforschung<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist seit Jahren bemüht, die der Qualitätssicherung dienenden<br />
Instrumente der Basisdokumentation und Katamnese durchzuführen und so transparent wie<br />
möglich darzustellen.<br />
Die Ergebnisse dienen der Reflexion therapeutischer Entscheidungen und prägen die<br />
Strukturdiskussionen des Konzeptes. Psychologische Begleitdiagnostik mit Hilfe von<br />
Persönlichkeitstest wie dem Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI) sowie dem<br />
suchtspezifischen Fragebogen des Trierer Alkoholismusinventars (TAI) dienen zu Beginn,<br />
während des Verlaufes, adaptive Indikationsstellung, sowie am Ende der Behandlung einer<br />
genauen Einschätzung der notwendigen Interventionen bzw. der abschließenden Einschätzung<br />
eventuell noch notwendiger Maßnahmen.<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 30
Die anonymisierten Daten werden sowohl mit den Ergebnissen und Erfahrungen der übrigen<br />
Patientinnen und Patienten der <strong>Klinik</strong> sowie übergreifend in entsprechenden Qualitätszirkeln<br />
mit den Erfahrungen anderer <strong>Klinik</strong>en verglichen. Die bisherigen katamnestischen<br />
Untersuchungen von <strong>Klinik</strong>en, die eine ähnliche Behandlung durchgeführt haben, zeigen<br />
deutlich die erhöhte Wirksamkeit Maßnahmen in diesem Alter durchzuführen.<br />
Im Sinne einer längerfristigen Abstinenz formulierte Erfolgskriterien erreichten einen<br />
Prozentsatz von 75% über drei Jahre stabil gebliebener Patienten (3, Vossmann, Wernado).<br />
Einordnung<br />
Das folgende Konzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist eine Erweiterung der seit Jahren bestehenden<br />
<strong>Gesamtkonzeption</strong>, die mit der DRV Land Hessen sowie im Fachambulanzbereich der<br />
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und den Krankenkassen sowie der<br />
Bundesknappschaft abgestimmt ist.<br />
Die Spezifizierung richtet sich auf einen bestimmten Teil der Klientel, die zahlenmäßig in den<br />
letzten Jahren stark zugenommen, im Behandlungsbereich jedoch nicht die adäquate<br />
Resonanz gefunden hat.<br />
Das übergeordnete Ziel besteht darin, Menschen behilflich zu sein, aus einer oftmals erlebten<br />
Opferrolle herauszukommen und für die eigene positive Entwicklung wieder<br />
Selbstverantwortung zu übernehmen.<br />
Das gesamte therapeutische Team kann dabei ein konstruktiver Wegbegleiter und<br />
richtungsweisender Ratgeber sein. Dabei geführt älteren Menschen mindestens genauso viel<br />
Aufmerksamkeit wie denjenigen, die noch im arbeitsfähigen Alter scheinbar im Vollbesitz<br />
ihrer Kräfte sind.<br />
Die Zusammenarbeit mit Altenwohnheimen, Hausärzten, Gesundheitsamt, Krankenkassen<br />
und Krankenhäusern stellt das stabile Fundament für zukunftsorientierte positive<br />
Veränderungsmöglichkeiten dar.<br />
Behandlung von älteren Erwachsenen 31
Behandlung von Patienten aus dem russischen Sprachraum<br />
Durch die räumliche Nähe der Fachklinik zu der Übergangseinrichtung von Aussiedlern<br />
vorwiegend aus dem osteuropäischen Bereich in Gießen, haben wir in den letzten Jahren<br />
zunehmend Patienten behandelt, die zwar über allgemeine deutschsprachliche Kenntnisse<br />
verfügten, jedoch für die therapeutische Arbeit zusätzliche Unterstützung in ihrer<br />
Muttersprache, in diesem Fall russisch, benötigten.<br />
Neben dem Sprachproblem stand immer auch ein kulturelles Verständnis der sozialen<br />
Bedingungen der Patienten, die aus dem russischen Sprachbereich kamen, im Vordergrund<br />
unserer Betrachtung. Daher war es für uns ungemein wichtig, vor einiger Zeit eine Diplom-<br />
Sozialpädagogin, die in Moskau geboren und aufgewachsen ist, und erst in den letzten 7<br />
Jahren hier in Deutschland verheiratet ist, einstellen zu können. Diese Kollegin, die nicht nur<br />
über die entsprechenden Sprachkenntnisse verfügt, kann die Situation der Patienten sehr gut<br />
einschätzen und entwickelte sehr gute Fähigkeiten, den vom Gruppentherapeuten<br />
aufgestellten Behandlungsplan für die russisch sprechenden Patienten sinnvoll zu ergänzen.<br />
Bei der individuellen psychosozialen Diagnostik können die psychotherapeutischen und<br />
sozialtherapeutischen Schwerpunkte dann entsprechend gesetzt werden.<br />
Dies wären:<br />
• Verbesserung der deutschsprachigen Kenntnisse in zweimal wöchentlich stattfindenden<br />
„Unterrichtseinheiten : Deutsch in Wort und Sprache“<br />
• Kontaktaufnahme zu Arbeitsvermittlungsdiensten, hier den speziellen Abteilungen für<br />
Migranten<br />
• Abklärung der Leistungsfähigkeit über das arbeitsmedizinische Zentrum Herborn, da oft<br />
wenig Informationen über die im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen bzw. die<br />
Fähigkeiten der Patienten vorliegen<br />
• Stärkung des emotionalen Bereiches über intensive Einzelgespräche in der Muttersprache<br />
• Klärung der familiären, oft durch Entwurzelung geprägten Situation in<br />
familientherapeutischen Sequenzen und Angehörigenseminaren<br />
• bei bestehenden Arbeitsplatzsituationen - Analyse der perspektivischen Möglichkeiten<br />
durch Zuhilfenahme der Sprachkenntnisse der Bezugstherapeutin<br />
• Unterstützung durch die Bezugstherapeutin und den Sozialdienst bei der Klärung sozialer<br />
Fragestellungen wie z. B. Schulden, Wohnungs- fragen etc.<br />
• soziokulturelles Training im Rahmen von Indikationsgruppen um unter anderem die<br />
Freizeitmöglichkeiten zu erweitern und überhaupt verfügbar zu gestalten<br />
• spezielle psychotherapeutische Sequenzen zur Bearbeitung spezifischer Fragestellungen in<br />
russischer Sprache<br />
Der individuelle Behandlungsplan bezieht sich auf die in speziellen Gruppen stattfindende<br />
Gruppentherapie, sowie alle anderen Therapiebereiche, die letztendlich zur Erreichung der<br />
therapeutisch als notwendig eingeschätzten und vom Patienten selbst als wichtig erachteten<br />
Therapieziele konzipiert wurden. So kann z. B. auch die Integration in die<br />
Praxisorientierungsphase sinnvoll sein, um den Patienten ein gewisses Training zu<br />
ermöglichen. Auch das Bewältigen von alltagsrelevanten Dingen wie, selbständiges<br />
Zubereiten von Mahlzeiten sowie aller Bereiche, die zu einer Haushaltsführung notwendig<br />
sind, kann trainiert werden. Sowohl die Integration in die Betriebe, vorwiegend solche, in<br />
denen bereits Emigranten aus dem russischen Sprachbereich arbeiten, als auch das Training<br />
Russischsprachige Patienten 32
der sozialen Fertigkeiten muss zumindest zeitweise durch die russische Bezugstherapeutin<br />
begleitet werden.<br />
Durch die Integration der Therapiegruppe in das Gesamtgefüge der <strong>Klinik</strong> entsteht eine Reihe<br />
von Kontakten zu allen anderen Patienten, was die Kommunikationsfähigkeit und<br />
Kontaktaufnahme deutlich unterstützt.<br />
Von Seiten der Therapeuten wird darauf geachtet, dass die sicherlich entstehende Sub-Gruppe<br />
sich nicht zu sehr von allen anderen isoliert. Durch die gezielte Aufgabenverteilung mit<br />
Patienten aus anderen Gruppen, entstehen gruppenübergreifende Verbindungen, die den<br />
Patienten mehr Selbstsicherheit vermitteln sollen.<br />
Aufgrund der bisher getätigten Erfahrungen können wir heute davon ausgehen, dass sich<br />
diese Patienten sehr gut in das Gesamtkonzept der <strong>Klinik</strong> integrieren lassen. In vielen Fällen<br />
ist eine spürbare Motivation zur Veränderung vorhanden und führt im Laufe der Therapie zu<br />
deutlichen Veränderungen.<br />
Katamnestische Untersuchungen begleiten diese Konzeption .<br />
Russischsprachige Patienten 33
Psychogene Essstörung<br />
Ergänzendes Konzept zur Behandlung von alkohol- und/oder medikamentenabhängigen<br />
Frauen und Männern in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>, die neben ihrer stoffgebundenen<br />
Abhängigkeit auch eine psychogene Essstörung entwickelt haben.<br />
Obwohl die Abhängigen von illegalen Drogen die kleinste Gruppe unter den Abhängigen<br />
bilden, erfahren sie aufgrund der Illegalität oft die meiste Aufmerksamkeit.<br />
Die Anzahl der Alkoholabhängigen bzw. der Personen mit missbräuchlichem Umgang mit<br />
Alkohol ist weit größer, wird jedoch oft bagatellisiert. Noch stärker in den Hintergrund gerät<br />
der abhängige und missbräuchliche Umgang mit psychotropen Medikamenten.<br />
Neben diesen Formen ist in den letzten Jahren verstärkt ein Bewusstsein darüber entstanden,<br />
dass Menschen auch einen für sie selbst schädlichen Umgang mit Essen entwickeln können.<br />
Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass es zur Zeit ca. 4 Millionen Menschen mit<br />
Essstörungen in Deutschland gibt, wobei die Behandlungsmöglichkeiten bisher nur in sehr<br />
eingeschränkter Form vorhanden sind.<br />
Die Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> hat eine über 20-jährige Erfahrung in der Behandlung mit<br />
alkohol- und medikamentenabhängigen Patientinnen und Patienten. Dabei wurde in den<br />
letzten Jahren deutlich, dass oftmals eine Reihe von Patienten neben ihrer Alkohol- und<br />
Medikamentenabhängigkeit auch einen problematischen Umgang mit Essen entwickelt haben.<br />
Um diesem Patientenkreis mit einer spezifischen Behandlung gerecht werden zu können,<br />
wurde die hier vorliegende Konzeption entwickelt. Sie basiert auf den therapeutischen<br />
Erfahrungen der in diesem Therapiekomplex tätigen Therapeutinnen, ihren entsprechenden<br />
Weiterbildungen sowie einer Sensibilisierung des gesamten therapeutischen Teams.<br />
Indikation<br />
Das hier vorgestellte Konzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist geeignet für alkohol- und<br />
medikamentenabhängige Frauen und Männer, die in der Vergangenheit oder aktuell zusätzlich<br />
Schwierigkeiten mit ihrem Essverhalten haben oder hatten.<br />
Kontraindikation<br />
• Akute Suizidalität<br />
• Akute endogene Psychosen<br />
• Ausgeprägte hirnorganische Psychosyndrome<br />
• Dauerhaft pflegebedürftige Patienten<br />
• Bedrohliches Unter- oder Übergewicht<br />
• Hohe Brechfrequenz verbunden mit einer schweren körperlichen Symptomatik<br />
Bei magersüchtigen Patienten wird in jedem Fall ein Vorgespräch durchgeführt.<br />
Einordnende Informationen<br />
Essstörungen sind psychosomatische Störungen mit Suchtcharakter, die dazu geführt haben,<br />
dass Essen zum Problem wird und der Umgang mit Nahrung außer Kontrolle geraten ist. Dies<br />
geschieht, wenn Essen nicht mehr vorrangig Befriedigung von Hunger ist, nicht aus Genuss<br />
gegessen wird, sondern um Trost zu haben, Ängste zu meiden und/oder<br />
Spannungen abzubauen bzw. ein unrealistisches Körperbild angestrebt wird.<br />
Psychogene Essstörung 34
Die Grenzen zwischen normalem und gestörtem Essverhalten sind fließend und werden auch<br />
von den Betroffenen erst spät erkannt. Die Essstörung stellt einen unangemessenen<br />
Lösungsversuch für Probleme dar, für die keine angemessenen Bewältigungsmöglichkeiten<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Dabei wird zwischen 3 verschiedenen Formen und Ausprägungen der Essstörungen<br />
unterschieden:<br />
• Anorexia nervosa (Magersucht)<br />
• Bulimie (Ess-, Brechsucht)<br />
• Adipositas (Esssucht)<br />
Anorexia nervosa (Magersucht):<br />
Magersucht ist eine psychische Störung, die durch starken Gewichtsverlust (oder eine<br />
fehlende Gewichtszunahme meist bei Jugendlichen) gekennzeichnet ist. Magersüchtige sind<br />
entschlossen dünn zu werden oder haben eine starke irrationale Furcht dick zu werden, wobei<br />
beides nach einer Gewichtsabnahme oft noch zunimmt. Allgemein ausgedrückt könnte man<br />
formulieren „das Fasten ist außer Kontrolle geraten“. Magersüchtige haben keinen Kontakt<br />
mehr zu ihrem Körper. Der Kopf kontrolliert und steuert; der Körper wird bekämpft.<br />
Kontrolle gibt das Gefühl von Autonomie und Unabhängigkeit. Das Gewicht wird durch<br />
verschiedene Methoden verringert, z. B. durch starke Kalorieneinschränkung (Fasten),<br />
intensives körperliches Training, Appetitzügler, harntreibende Mittel, Abführmittel oder auch<br />
durch selbst herbeigeführtes Erbrechen. Bezeichnend ist, dass sich viele dieser Menschen<br />
selbst als dick erleben, auch wenn sie schon abgemagert sind. Das äußere Erscheinungsbild<br />
dokumentiert unausgesprochen eine Form der inneren Isolation, der emotionalen<br />
Bedürftigkeit, der Identifikationsproblematik mit der Frauenrolle sowie des Status eines<br />
Kranken.<br />
Diagnosekriterien für Anorexiepatienten sind:<br />
• Auffälliger Gewichtsverlust innerhalb von 3-4-Monaten von 15 % oder mehr, ohne<br />
bekannte körperliche Ursache<br />
• Einschränkung der Nahrungsaufnahme vor allem von Kohlehydraten und Fetten<br />
• Verleugnung von Hunger und/oder Verleugnung Probleme zu haben<br />
• Starke Angst vor einer Gewichtszunahme und/oder eine Entschlossenheit immer dünner<br />
zu werden<br />
• Ausbleiben der Regelblutung (Amenorrhoe) bei Frauen, niedriger Sexualhormonspiegel<br />
(Testosteron) bei Männern<br />
• Fortgesetztes exzessives körperliches Training trotz Ermüdung und Schwäche,<br />
Hyperaktivität<br />
• Eigenartige Gewohnheiten im Umgang mit Nahrung<br />
• Verzerrte Wahrnehmung des Gewichtes, Körperumfangs und/oder Körperformen<br />
• Unfähigkeit den Gewichtsverlust und das Ausmaß an körperlicher Tätigkeit zu<br />
kontrollieren<br />
• Sozialer Rückzug<br />
• Ungewöhnliche Kälteempfindlichkeit<br />
• Perfektionismus, der von einem tiefen Gefühl eigener Wertlosigkeit begleitet ist<br />
• Gewichtsverlust durch Erbrechen, harntreibende Mittel (Diuretika) und/oder Abführmittel<br />
(Laxantien)<br />
• Lanugo-Behaarung (feines Haar - „Baby-Flaum“)<br />
• Symptome des Hungerzustandes<br />
Psychogene Essstörung 35
Bulimie (Ess-, Brechsucht):<br />
Das extreme Wechselspiel zwischen übermäßigem Essen und sich Entleeren ist oftmals ein<br />
Ventil für Enttäuschung, Ärger, Wut, Einsamkeit, Langeweile und Frustrationsgefühle. Durch<br />
die Komplexität der möglichen psychischen Auslöser kann die Bulimie mit anderen für die<br />
Personen schädlichen Verhaltensweisen wie Selbstverletzung, Alkohol-, Drogen-, oder<br />
Medikamentenmissbrauch einhergehen. Da die bulimischen Patienten nicht unbedingt durch<br />
ein verändertes Normalgewicht auffallen, ist die Dunkelziffer ungleich höher als im Bereich<br />
der anorektischen bzw. adipösen Personen.<br />
Diagnosekriterien für Bulimie:<br />
• Das Körpergewicht liegt gewöhnlich im Durchschnittsbereich<br />
• Angst vor einer Gewichtszunahme<br />
• Oft unkontrollierbare geheime Episoden von Fressanfällen, denen Versuche folgen, sich<br />
der Nahrung durch selbst herbeigeführtes Erbrechen, Diät oder Gebrauch von<br />
Abführmitteln, harntreibenden Mitteln oder Appetitzüglern wieder zu entledigen<br />
• Depressionen und immer wiederkehrende Stimmungsschwankungen<br />
• Verstärkte körperliche Aktivität zur Gewichtskontrolle<br />
• Unfähigkeit den Ess-Brechkreislauf zu durchbrechen<br />
• Schmerzen in Hals, Speiseröhre, Magen oder Darm<br />
• Ödeme der Haut und Schwellungen der Speicheldrüsen<br />
• Zahnschmerzen und Zahnzerstörungen<br />
• Gefühlsmäßige Labilität und Impulsivität<br />
• Unzufriedenheit mit den Körperformen und ständige Beschäftigung mit dem Wunsch<br />
dünner zu werden<br />
• Häufige Gewichtsschwankungen<br />
Adipositas (Esssucht):<br />
Adipositas ist gekennzeichnet durch Übergewicht, regelmäßiges Zuviel-Essen, häufiges<br />
Diäthalten und Fressanfälle.<br />
Auf diesem Hintergrund geht das Gefühl für Hunger und Sattsein verloren. Das Essen dient<br />
nicht dazu Hunger zu stillen, sondern wird Ersatz für fehlenden oder nie gelernten Umgang<br />
mit Gefühlen, dient zur Verarbeitung von Zurückweisung und innerer Leere.<br />
Essen dient dazu, verdrängte und unerwünschte Bedürfnisse oder Gefühle „wegzuessen“, um<br />
sie nicht zu spüren. Gefühle vor allem der Trauer, Angst und Wut sowie von Überforderung<br />
und Unsicherheit werden heruntergeschluckt. Ein innerer, ungeklärter Konflikt wird im und<br />
am Körper mit der Folge körperlicher und seelischer Erkrankung ausgetragen.<br />
Esssüchtige, dicke Menschen tragen ihr Problem für alle sichtbar mit sich herum und machen<br />
sich angreifbar. Sie gehen selbstschädigend mit sich um, sie richten negative Gefühle gegen<br />
sich selbst und orientieren sich in ihrem Handeln nach den Bedürfnissen anderer. Sie können<br />
sich selbst keinen Raum nehmen, haben ein geringes Selbstbewußtsein und ein basales Gefühl<br />
der Unzulänglichkeit.<br />
Esssüchtige Frauen haben meist negative Erfahrungen mit ihrem Frausein gemacht.<br />
Psychogene Essstörung 36
Diagnosekriterien für Adipositas:<br />
• Übergewicht (20% und mehr des Normalgewichtes)<br />
• Adipositas: BMI von 30 und mehr<br />
• extreme Adipositas: BMI von 40 und mehr<br />
• Heißhungerattacken, die sich über mehrere Monate hinweg wiederholen, die durch<br />
Zwanghaftigkeit und Unkontrolle charakterisiert sind und denen Unbehagen,<br />
Schuldgefühle, Depressionen und Selbstvorwürfe folgen<br />
• Essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl<br />
• Übermäßiges schnelles, schlingendes essen<br />
• Essen ohne körperliches Hungergefühl<br />
• Alleine essen aus Schamgefühl<br />
• Schuldgefühle und Ekel nach dem Essen<br />
• die Essanfälle werden nicht wie bei Bulimie ungeschehen gemacht<br />
Mögliche körperliche Folgeschäden:<br />
• Belastung des Herzens und des Kreislaufes<br />
• Bluthochdruck<br />
• Schädigung des Skelettes<br />
• Leberschäden<br />
• Gefährdung von Schlaganfall, Herzinfarkt<br />
• Diabetes<br />
• Gelenkleiden<br />
• Wirbelsäulenschäden<br />
Therapieansatz:<br />
Die Beobachtungen der letzten Jahre haben ergeben, dass in der Kombination Alkohol-<br />
und/oder Medikamentenabhängigkeit und Essstörung oftmals ein gegenseitiger<br />
Kompensationsmechanismus ausprobiert wird.<br />
Die in der Mehrzahl weiblichen Patienten versuchen über einen Drogenkonsum eigene<br />
Scham und Hilflosigkeit gegenüber ihrem praktizierten Essverhalten ertragbar zu machen.<br />
Kommt es dann in der Therapie zu einer Abstinenz von Alkohol und/oder Medikamenten,<br />
besteht die Gefahr, dass das zum Teil ursprüngliche Symptom, nämlich die Essstörung,<br />
verstärkt ausbricht. Der Therapieansatz für diese Patientengruppe stellt die Bearbeitung der<br />
dem Verhalten zu Grunde liegenden Psychodynamik in den Vordergrund. Dies bedarf einer<br />
Auseinandersetzung mit der eigenen Essgeschichte, der eigenen Erfahrung im Umgang mit<br />
Konflikten sowie der Herstellung von Transparenz bezüglich der Funktionalität des Essens.<br />
Die Behandlung erfolgt neben dem Eingebundensein in die therapeutische Bezugsgruppe in<br />
speziellen themenzentrierten Gruppen, einer an den Bedürfnissen der einzelnen orientierten<br />
Einzelarbeit, der Integration in die Körper- und Kreativtherapie sowie einer speziellen Sport-<br />
und Bewegungstherapie.<br />
Gerade die spezifische Körpertherapie in Einzel- oder / und Gruppenarbeit soll den<br />
Essgestörten helfen eine positive intensivere Beziehung zum eigenen Körper und zur eigenen<br />
Sexualität aufzubauen bzw. wieder zu gewinnen. Die oftmals erlebte Trennung zwischen<br />
Körper und Seele, die meist auf dem Hintergrund von massiv erlebten Grenzverletzungen<br />
entstanden ist, soll wieder zu einer Einheit geformt werden.<br />
Psychogene Essstörung 37
Dementsprechend ergeben sich die Ziele der Körpertherapie wie folgt:<br />
• Entwicklung eines körperlich verankerten Selbstgefühles<br />
• Herstellung einer gesunden Balance zwischen Körper und Seele<br />
• Entwicklung eines positiven realistischen Körperbildes<br />
• Verbesserung und Differenzierung der Eigenwahrnehmung<br />
• Erkennen der Signale des Körpers<br />
• Verbesserung der Verbalisierung von Gefühlen, Empfindungen, Ängsten und Wünschen<br />
sowie der Auflockerung körperbezogener Blockaden<br />
Mit der zusätzlichen Unterstützung durch meditative und entspannungsfördernde Elemente,<br />
können die Patienten, den eigenen Körper positiv annehmen und die eher als<br />
Vernichtungskampf gegen den eigenen Körper zu bezeichnende Strategie aufgeben.<br />
Insgesamt gesehen können folgende Therapieziele formuliert werden:<br />
• Erkennen des Zusammenhangs zwischen der Entwicklung der stoffungebundenen und der<br />
stoffgebundenen Abhängigkeit<br />
• Verstehen des Symptoms, d. h. unnormales Essen als Abwehr von Ängsten, Wünschen<br />
und verbotenen Gefühlen erkennen<br />
• Entwicklung von mehr Selbstwertgefühl und Ich-Stärkung im Sinne eines<br />
Reifungsprozesses<br />
• Entwicklung einer stabilen Identität mit innerem Gleichgewicht<br />
• Entwicklung eines positiven Körperbildes (Achtung des eigenen Körpers)<br />
• Erkennen eigener Ressourcen<br />
• Erlernen eines fürsorglicheren Umgehens mit sich selbst und dem gesamten Körper<br />
• Erwerb und Erhaltung eines der Person angepassten realistischen Gewichtes<br />
• Wiederherstellung eines angemessenen Essverhaltens<br />
• Eine gesunde Einstellung im Umgang mit Lebensmitteln<br />
Einordnung in familiäre Strukturen<br />
Da Essstörungen meist in der Familie entstehen, ist es wichtig sich auch mit der<br />
Ursprungsfamilie auseinanderzusetzen.<br />
Durch die Einbeziehung der Familienmitglieder im Rahmen von Familien- und<br />
Angehörigengesprächen kann ein Teil dieser Dynamik erfasst werden und damit die<br />
Funktionalität des Verhaltens transparenter und die Erarbeitung von alternativen<br />
Lösungswegen realistischer gestaltet werden. Dabei geht es um das Erkennen von<br />
Familienkonflikten, die immer wiederkehren und das Benennen von Tabuthemen.<br />
Zum Abschluss der Behandlung werden die Möglichkeiten der Fortführung auf ambulantem<br />
Wege, die Information über Selbsthilfegruppen sowie lebenspraktische Fragen wie z. B. der<br />
zukünftige Umgang mit Lebensmitteln in den Vordergrund gestellt.<br />
Psychogene Essstörung 38
Integration von polytoxikomanen Patienten in das Gesamtkonzept<br />
Resultierend aus der Diskussion über Indikationskriterien sind wir zu der Auffassung<br />
gekommen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> mit ihrem <strong>Stand</strong><br />
der personell gebündelten Kompetenzen und der Erfahrungen des gesamten Systems in der<br />
Lage sind, im weiteren Text näher bezeichnetes Klientel effektiv zu behandeln.<br />
Die Diskussion im Vorfeld der Entscheidung beinhaltete die Einbeziehung von Erfahrungen<br />
aus anderen <strong>Klinik</strong>en, z.B. der <strong>Klinik</strong> Wied, den Ergebnissen aus Expertengesprächen mit der<br />
Arbeitsgruppe Drogen des Fachverband Sucht, Vorstandsmitgliedern des Verbandes Drogen<br />
und Rauschmitteln sowie den Erfahrungen der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die<br />
vor einer Beschäftigung in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> bereits im Drogenbereich tätig waren.<br />
Auf diese Art und Weise entstand der übereinstimmende Eindruck, dass im Vordergrund der<br />
Abklärung, ob eine entsprechende Konzeption für die Behandlung eines Patienten geeignet<br />
ist, nicht an erster Stelle die Substanz des Konsums entscheidend ist, sondern die<br />
Persönlichkeit des Betroffenen, seine sozialen Verhältnisse und seine Behandlungsmotivation<br />
zu berücksichtigen sind.<br />
Auf dieser Grundlage entstand folgende Konzeptergänzung:<br />
Indikation<br />
• Patientinnen und Patienten mit einem polytoxikomanen Drogenkonsum bei denen der<br />
Konsum illegaler Drogen eingestellt wurde oder zugunsten von Alkoholmissbrauch in den<br />
Hintergrund getreten ist mit noch ausreichender sozialer Integration<br />
• Primär Alkohol- und Medikamentenabhängige mit ständigem oder passagerem<br />
Beigebrauch von : Cannabis, Kokain, Ecstasy, bei ausreichend vorhandener sozialer<br />
Integration<br />
Kontraindikation<br />
• ausschließliche Abhängigkeit von illegalen Drogen<br />
• Patientinnen und Patienten, mit ausgeprägten psychosozialen Defiziten die eines anderen,<br />
mehr pädagogischen Behandlungsansatzes mit einem strukturierteren Rahmen bedürfen<br />
Behandlungsansatz<br />
Die Patientinnen und Patienten mit polyvalentem Substanzgebrauch werden, wie auch die<br />
anderen Patienten der Langzeittherapie, in die Aufnahmegruppe integriert.<br />
In dieser, maximal 14-tägigen Phase wird durch gezielte medizinische, psychologische und<br />
soziale Diagnostik erfasst, wie die Therapie-Schwerpunkte strukturiert werden müssen.<br />
Anschließend erfolgt eine Übernahme in eine geeignete Bezugsgruppe. Der prozentuale<br />
Anteil der polytoxikomanen Patienten in einer Gruppe wird ein Drittel der Gesamtzahl nicht<br />
überschreiten.<br />
Der Integrationsgedanke beruht auf der Erkenntnis, dass im Vordergrund der Behandlung<br />
abhängiger Menschen nicht die Substanzorientierung, sondern das Ausmaß der individuellen<br />
psychosozialen Defizite stehen sollte.<br />
Beruhend auf dem therapeutischen Gesamtkonzept der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> wird auch hier<br />
davon ausgegangen, dass mit einer kombinierten Behandlung tiefenpsychologischer und<br />
systemischer Therapieansätze, die Selbst- und Fremdwahrnehmung, die Steigerung des<br />
Polytoxikomane Patienten 39
eigenverantwortlichen Handelns sowie das intensive Erleben von Affekten und Gefühlen<br />
effektiv verbessert werden kann.<br />
Durch die Mischung mit alkohol- und medikamentenabhängigen Patientinnen und Patienten<br />
verliert der Konsum illegaler Drogen an Exklusivität und wird letztendlich reduziert auf ein<br />
den Abhängigkeitserkrankungen gemeinsames Störungsmuster.<br />
Im Vergleich zu der Gruppe der alkoholabhängigen Patienten bedarf diese Patientengruppe<br />
neben dem psychotherapeutischen Therapieprogramm erfahrungsgemäß häufiger der<br />
Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt.<br />
Therapieziele<br />
• Stabilisierung der vor der Behandlung begonnenen Abstinenz,<br />
• Festigung der Einstellung, dass eine dauerhafte Abstinenz die Grundlage für die Lösung<br />
von anderen Problemen ist<br />
• Aufbau von stabilen sozialen Beziehungen<br />
• Festigung der bestehenden Arbeitsplatzsituation, oder gegebenenfalls nach der<br />
psychotherapeutischen Phase in der Fachklinik eine Adaptionsphase mit Integration in das<br />
Erwerbsleben<br />
• Neuorientierung des Freizeitverhaltens<br />
Evaluation<br />
Durch die separate Registrierung in der Basisdokumentation wird es möglich sein den Verlauf<br />
der Behandlung z.B. in puncto durchschnittliche Verweildauer, Abbruchquote,<br />
Altersdurchschnitt etc. sowie die katamnestischen Ergebnisse separat auszuwerten.<br />
Polytoxikomane Patienten 40
Konzept zur Behandlung der Medikamentenabhängigkeit<br />
Im Rahmen der Medikamentenabhängigkeit ist es aufgrund der längeren Dauer und der<br />
Intensität der Entzugssymptome wichtig, einen fließenden Übergang zwischen der Entzugs-<br />
und der Entwöhnungsphase zu schaffen (Barbiturate, Tranquilizer, Codein und Opiate<br />
müssen langsam über einen längeren Zeitraum ausgeschlichen werden). Die körperlichen<br />
Symptome entsprechen zudem häufig den Symptomen der Ursprungssymptomatik (z. B.<br />
Angst, Schlafstörungen oder Schmerzen). Ein Unterstützungsangebot für diese Symptomatik<br />
ist für den Erfolg der Abstinenzbemühungen des Patienten wichtig.<br />
„Substitutions-Aktivitäten“ bei Entzug:<br />
Die Aktivierung des „Belohungsschaltkreises“ durch andere Aktivitäten als die der<br />
Medikamenteneinnahme könnte die Symptome erleichtern. Hier einige Vorschläge:<br />
• Musik hören<br />
• Tanzen, malen, lesen, schreien im Wald. . .<br />
• Kuscheln (hier empfiehlt sich unser „Streichelzoo“).<br />
Es empfiehlt sich, sicherzustellen, dass diese Aktivitäten den Patienten tatsächlich Freude<br />
bereiten.<br />
Therapeutische Ansatzpunkte während der Therapie:<br />
1. Aufbau von Bewältigungsstrategien im Umgang mit akuten Entzugssymptomen.<br />
2. Aufbau bzw. Wiederbelebung alternativer Bewältigungsstrategien im Umgang mit<br />
psychischen Problemen.<br />
3. Stärkung des Vertrauens in die Effizienz eigener Bewältigungsmöglichkeiten im<br />
Umgang mit Problem- oder Stresssituationen, d.h. Aufbau internaler<br />
Kontrollüberzeugungen bzw. einer Selbstwirksamkeitsüberzeugung.<br />
Zu Beginn der Therapie steht das Training von Entspannung und Angstbewältigung zunächst<br />
im Vordergrund. Abhängig von den individuellen Entzugsbeschwerden des Patienten werden<br />
zusätzliche Symptommanagementtechniken vermittelt.<br />
Ggf. ist auch eine weitere Motivationsphase erforderlich, z.B. weil der Patient sich nicht<br />
süchtig fühlt, sein verordnetes Medikament weiterhin bekommt, für ihn sein psychisches<br />
Problem / seine Schmerzsymptomatik im Vordergrund und nicht die Abhängigkeit steht.<br />
Grundsätzlich bestehen häufig Schwierigkeiten, sich auf das therapeutische Setting<br />
einzulassen, aufgrund verringerter Wahrnehmung und Gestaltung eigener Bedürfnisse und<br />
Gefühle, herabgesetzter Beziehungsfähigkeit od. jahrelang ausgebliebener<br />
Funktionsfähigkeit im Alltag.<br />
41
Therapieablaufschema:<br />
1. Sitzung<br />
Informations-<br />
vermittlung<br />
Sinnvoll erscheint es, medikamentenabhängige Patienten in die Körpertherapie zur<br />
Verbesserung der Körperwahrnehmung zu integrieren. Zur speziellen Schmerzbewältigung<br />
eignen sich zusätzlich gezielte psychologische Interventionen.<br />
Informationsvermittlung (Psychoedukation):<br />
Zu Beginn der Behandlung erhält der Patient ausführliche Informationen über<br />
• Wirkung und Wirkdauer von Benzodiazepinen und anderen Medikamenten mit<br />
Suchtpotential<br />
• Verlauf des Entzuges / mögliche Wiederkehr von Entzugssymptomen auch wenn<br />
diese schon abgeklungen waren<br />
• Konsequenzen der weiteren Einnahme<br />
• Behandlungsziele.<br />
Atem- und Entspannungstraining:<br />
2. Sitzung 3. Sitzung 4. Sitzung<br />
Einführung des<br />
Tagebuchs<br />
Atem-/Ent-<br />
spannungs-<br />
training<br />
Hausaufga-<br />
benplanung<br />
Besprechung der vergangenen<br />
Woche und Hausaufgaben<br />
Besprechung<br />
der vergan-<br />
genen<br />
Woche und<br />
Hausauf-<br />
gaben<br />
Atem-/Entspannungstraining Atem-/Ent-<br />
spannungs-<br />
training<br />
Angstbewältigungstraining Angstbewälti-<br />
gungstraining<br />
1. Reduktion der Medika-<br />
menteneinnahme<br />
Weitere Re-<br />
duktion der<br />
Medikamen-<br />
teneinnahme<br />
Hausaufgabenplanung Hausaufga-<br />
benplanung<br />
Unmittelbar zu Beginn der Therapie erhalten die Patienten ein Atem- und<br />
Entspannungstraining, welches im weiteren Verlauf der Behandlung sowohl im Rahmen des<br />
Angstbewältigungstrainings als auch als eigenständige Strategie im Umgang mit<br />
Entzugssymptomen zum Einsatz kommt. Als Entspannungstraining bietet sich die<br />
progressive Muskelrelaxation an, da diese Methode rasch erlernbar und effektiv ist.<br />
Ausgehend von der Annahme, dass Emotionen wie Angst oder Ärger mit einem erhöhten<br />
Muskeltonus einhergehen, besteht das Ziel der progressiven Muskelrelaxation darin,<br />
willkürliche Kontrolle über die Spannung und Entspannung einzelner Muskelgruppen zu<br />
vermitteln.<br />
Während des Atemtrainings soll der Patient eine ruhige und gleichmäßige Bauchatmung<br />
erlernen. Über diese Form der Atmung kann zur schnellen und tiefen Entspannung<br />
wesentlich beigetragen werden. Das Atemtraining umfasst drei Phasen:<br />
42
1. Beobachtung der Atemzyklen ohne Versuche der Beeinflussung.<br />
2. Training der Bauchatmung, wodurch eine möglichst ruhige und gleichmäßige Atmung<br />
erzielt werden soll.<br />
3. Verlangsamung der Atmung durch kurze Pausen zwischen jeder Atemphase, d.h.<br />
nach dem Ein- und dem Ausatmen.<br />
Die Patienten sollten das Atem- und Entspannungstraining täglich zweimal über mindestens<br />
10 Minuten hinweg üben.<br />
Angstbewältigungstraining:<br />
In der weiteren Behandlung ist der Aufbau alternativer Bewältigungsstrategien wichtig. Das<br />
Angstbewältigungstraining vermittelt dem Patienten Fertigkeiten zur Bewältigung von Angst,<br />
bzw. zur Kontrolle von Erregung und bietet sich damit als generell anwendbare Strategie im<br />
Umgang mit Belastungssituationen besonders an. Das Prinzip besteht darin, dass der<br />
Patient lernt, aufkommende Angst oder Unruhe aktiv durch Entspannung zu kontrollieren und<br />
zu reduzieren. Praktisch erfordert dies, dass der Patient in seiner Wahrnehmung für<br />
aufkommende Unruhe oder Erregung sensibilisiert und zur aktiven Gegensteuerung durch<br />
Entspannung angeleitet wird. Beide Aspekte werden in der Regel zunächst im Rahmen von<br />
In-Sensu-Übungen trainiert, bevor der Patient die erlernten Techniken schließlich auch in<br />
alltäglichen Belastungssituationen anwenden soll.<br />
Wesentliche Inhalte des Angst-Bewältigungstrainings:<br />
- Psychoedukation<br />
- In-Sensu-Übungen: Wahrnehmungssensibilisierung und Training des Einsatzes von<br />
Entspannung bei aufkommender Erregung<br />
- Transfer der erlernten Technik auf den Alltag<br />
Psycho-Edukation:<br />
Ein integraler Bestandteil zur Vermittlung von Selbstkontrolltechniken ist die Aufklärung des<br />
Patienten über das Behandlungsvorgehen und Ziele der Methode. Das<br />
Angstbewältigungstraining wird dem Patienten als eine Methode zur aktiven Kontrolle von<br />
Angst, Erregung oder Unruhe vorgestellt, die einzelnen Trainingsschritte besprochen und die<br />
Entspannung als wirksames Mittel zur Erregungskontrolle hervorgehoben.<br />
Wahrnehmungssensibilisierung für aufkommende Erregung:<br />
Der Patient soll lernen, erste körperliche Anzeichen von Unruhe oder Angst zu erkennen und<br />
als Hinweis auf die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen zu verstehen. Dazu dienen<br />
Informationen über den allmählichen Aufbau von Unruhe und Erregung in<br />
Belastungssituationen, die Steuerung der Aufmerksamkeit des Patienten während der insensu-Übungen<br />
auf seine körperlichen Reaktionen und das Training von Entspannung<br />
mittels progressiver Muskelrelaxaktion, da sich der Patient hier bereits gezielt auf<br />
unterschiedliche körperliche Empfindungen bei An- und Entspannung konzentrieren muss.<br />
In-Sensu-Übungen:<br />
Hierzu kann eine belastende Situation des Patienten aus der letzten Woche herangezogen<br />
werden. Zur Vorbereitung empfiehlt es sich, einen Situationsablauf zu erstellen, in welchem<br />
43
insbesondere auch körperliche Reaktionen des Patienten angesprochen werden. Mit Hilfe<br />
dieses Drehbuches unterstützt der Therapeut den Patienten während der Imaginationsübung<br />
beim Aufbau der Vorstellung. Der Patient wird instruiert, sich in die beschriebene Situation<br />
hinein zu versetzen und auf erste körperliche Zeichen von Unruhe, wie z.B. ein zittriges<br />
Gefühl, Herzklopfen, feuchte Hände, unruhige Atmung, etc., zu achten. Sobald der Patient<br />
solche Zeichen wahrnimmt, gibt er dem Therapeuten ein vorher vereinbartes Zeichen (z.B.<br />
Heben der rechten Hand). Der Patient wird nun instruiert, sich die Situation weiter<br />
vorzustellen, zugleich jedoch mittels Entspannung und ruhiger Atmung den körperlichen<br />
Anzeichen der Erregung entgegen zu steuern. Sobald dies dem Patienten gelungen ist (der<br />
Patient gibt dem Therapeuten auch hier ein vorher vereinbartes Zeichen (z.B. Heben der<br />
linken Hand), wird die Vorstellung der belastenden Situation fortgesetzt und erneute<br />
körperliche Erregung wiederum mit Entspannung kontrolliert.<br />
Transfer der erlernten Technik auf den Alltag:<br />
Sobald dem Patienten die Erregungskontrolle durch Entspannung in der Sitzung zuverlässig<br />
gelingt, wird er aufgefordert, diese neu erlernte Technik auch im Alltag einzusetzen. Mit dem<br />
Patienten sollte in der Sitzung besprochen werden, welche belastenden Situationen im<br />
Verlauf der kommenden Woche voraussichtlich auftreten werden und wie in diesen<br />
Situationen das Angstbewältigungstraining eingesetzt werden kann.<br />
Training von entzugsspezifischen Symptommanagement-Techniken:<br />
Durch das Symptommanagement-Training sollen dem Patienten Techniken vermittelt<br />
werden, die eine Bewältigung der individuell auftretenden Entzugssymptome erlauben und<br />
die zu einer möglichst raschen Symptomlinderung führen.<br />
Tabelle II listet häufig beobachtete Entzugssymptome und assoziierte Kontrolltechniken auf.<br />
Kontrolltechniken im Rahmen des Symptommanagement-Trainings:<br />
Entzugssymptome Kontrolltechniken<br />
Angst/Spannung Entspannung, Angstbewältigungstraining<br />
Ruhelosigkeit Ablenkung, insbes. Bewegung<br />
Gedächtnis-/Konzentrationsprobleme Notizen und Pläne machen<br />
Depressive Stimmung Aktivitätsplanung<br />
Depersonalisation (z.B. veränderte<br />
Realitätstestung: z.B. auf den Boden<br />
Körperwahrnehmung<br />
stampfen, fester Griff<br />
Schlafstörungen/Müdigkeit Entspannung<br />
Appetitverlust Geregeltes Essen, Leckereien<br />
Kopfschmerz Entspannung, Massage<br />
Muskelschmerz warmes Bad<br />
Übelkeit Frische Luft, Riechsubstanzen<br />
Tremor/Zittern Entspannung<br />
Schwitzen Puls kühlen<br />
Atemnot Atemübungen<br />
Engegefühl in Brust und Hals Atemübungen, Entspannung<br />
Hitzewellen, Kälteschauer Variable Kleidung<br />
Verlangsamte Sprache Aufmerksamkeit auf einzelne Aspekte wie<br />
z.B. Korrektheit richten<br />
Metallischer Geschmack im Mund Bonbon lutschen<br />
Kribbeln unter der Haut Bewegung, Schütteln, Massage<br />
Schmerzende, tränende Augen Künstliche Tränenflüssigkeit<br />
Koordinationsstörungen Geschwindigkeit der Abläufe reduzieren,<br />
44
durch Selbstverbalisation unterstützen<br />
Schwindel Bewegung mit Stütze (Wand, Möbel)<br />
Visuelle Halluzinationen Realitätstestung: verschiedene Objekte in<br />
unterschiedlichem Abstand anvisieren<br />
Gleichgewichtsstörungen Bewegung mit Stütze, stärkere Orientierung<br />
auf akustische und visuelle Wahrnehmung<br />
Verschwommene Wahrnehmung Fokussieren von Objekten in<br />
unterschiedlichen Abständen<br />
Brennen auf der Haut Angenehme Kleidung, Kühlung<br />
Akustische Überempfindlichkeit Sozialpartner informieren<br />
Behandlung von Depersonalisation:<br />
Symptome, wie das Gefühl der Depersonalisation oder visuelle Halluzinationen, werden<br />
häufig von intensiven Angstgefühlen, genährt durch den Gedanken verrückt zu werden,<br />
begleitet. Techniken, die zumindest kurzfristig solche Symptome unterbrechen, bilden die<br />
Basis für eine Neubewertung dieser Symptome und führen darüber letztlich zur<br />
Angstreduktion. Hierzu werden sog. Realitätstestungen durchgeführt und die dabei erlebten<br />
Effekte anschließend zur Korrektur der Symptominterpretation herangezogen.<br />
Aktivitätsplanung zur Behandlung von Depressionen:<br />
Bei der Aktivitätsplanung werden mit dem Patienten gemeinsam in der Sitzung potentiell<br />
angenehme Aktivitäten exploriert und anhand dieser Listen ein Aktivitätsplan für die folgende<br />
Woche erstellt. Tagebucheintragungen zum Effekt dieser Aktivitäten auf die eigene<br />
Stimmung und zur Frage nach dem Gelingen der Aktivität (z.B. lustlos versus mit Vergnügen<br />
durchgeführt), können dem Patienten den Zusammenhang zwischen Aktivität und Stimmung<br />
verdeutlichen und zum weiteren Aktivitätsaufbau motivieren.<br />
Hausaufgaben:<br />
Hausaufgaben sind von der ersten Sitzung an wesentlicher Bestandteil des<br />
Behandlungsvorgehens und dienen der Erfassung der Ausgangsrate von<br />
Symptomhäufigkeit und –intensität, der Verlaufs- und Erfolgskontrolle, der Analyse<br />
spezifischer Schwierigkeiten im Therapieprozess, der Motivationsarbeit und der Förderung<br />
der Selbstverantwortlichkeit des Patienten. Zu den <strong>Stand</strong>ard-Hausaufgaben im unterstützten<br />
Medikamentenentzug gehören die Tagebuchführung und das Training der erlernten<br />
Bewältigungsstrategien.<br />
Tagebuch:<br />
Zur Unterstützung der Tagebuchführung ist der Einsatz standardisierter Tagebuchblätter<br />
besonders hilfreich.<br />
Auf den Protokollbogen sollte vermerkt sein, über welche Verhaltensweisen / Symptome<br />
Tagebuch zu führen ist und auf welche Weise dies geschehen soll.<br />
Ein weiterer unterstützender Effekt ist durch ein einfühlsames, ermutigendes<br />
Behandlungsteam gegeben.<br />
Gez.<br />
J. Klein<br />
Literatur: Fortschritte der Psychotherapie: Medikamentenabhängigkeit. K. Elsesser / G. Sartory.<br />
Hogrefe 2001<br />
45
Konzept zur Behandlung traumatischer Störungen (PTBS)<br />
Ein kognitiv-behaviorales Behandlungsmanual in 7 Stufen (SBK)<br />
Im Rahmen der Suchtbehandlung werden immer häufiger posttraumatische Erlebnisse als<br />
Hintergrund der Suchtentwicklung deutlich, die einer gesonderten, qualifizierten Behandlung<br />
bedürfen. Auf diesem Hintergrund wurde eine Mitarbeiterin in einem anerkannten Verfahren<br />
(SBK) zur Trauma-Therapeutin ausgebildet. Das Behandlungskonzept von Trauma-Störungen<br />
umfasst insgesamt ca. 5 – 15 Stunden (abhängig von der Schwere der Traumatisierung), die<br />
zum Teil in längeren Sitzungen mit dem Patienten durchgeführt werden. Das<br />
Behandlungsmanual sieht folgende Phasen vor:<br />
Phase 1: Exploration, Diagnostik und Stabilisierung<br />
Im Rahmen der Exploration erfährt der Therapeut, was dem Patienten wiederfahren ist, um<br />
mit ihm an der belastenden Erfahrung arbeiten zu können. Hierbei erfolgt lediglich eine<br />
Exploration der wichtigsten Aspekte des Traumas. Der Patient soll Überschriften formulieren,<br />
aus denen ersichtlich wird, was geschehen ist.<br />
Diagnostik: Zu Beginn der Behandlung ist eine Erhebung des Ausmaßes der<br />
Belastungsreaktion vorgesehen. Die diagnostischen Kriterien werden mit Hilfe eines<br />
strukturierten Interviews erfasst. Symptom-Häufigkeit und -Intensität, die Dauer der<br />
Symptombelastung sowie die aus Sicht des Patienten resultierenden psychischen Belastungen<br />
werden bestimmt.<br />
Stabilisierung: Abhängig vom Zustand des traumatisierten Patienten zu Behandlungsbeginn<br />
ist eine kürzere oder längere Stabilisierungsphase durchzuführen. Psychoedukative<br />
Interventionen im Sinne einer „Normalisierung des Unnormalen“ wie auch verständliche und<br />
dosierte Aufklärung bzw. Informationen über Traumafolgen, Verhaltensmaßregeln und<br />
Hilfsangeboten sollen in dieser Phase den Betroffenen Ruhe und Sicherheit vermitteln.<br />
Darüber hinaus werden den Patienten Techniken zur Entspannung und Stabilisierung an<br />
Hand gegeben (z.B. sicherer Ort, Tresorübungen, innere Bühne oder Bildschirmtechnik). Mit<br />
diesen Übungen können Traumatisierte lernen, starke Intrusionen besser zu kontrollieren und<br />
sich wieder auf den Lebensalltag zu konzentrieren. Um den starken Anspannungszustand der<br />
Patienten zu lindern, können Entspannungsmethoden (PMR) eingesetzt werden. Die<br />
Betroffenen sollen ein Gefühl der Kontrolle über ihren Körper entwickeln, was dem oft<br />
vorherrschenden Eindruck der Macht– und Hilflosigkeit gegenüber dem Trauma und dessen<br />
Symptomen positiv gegenübersteht.<br />
Phase 2: Vermittlung des Therapierationals<br />
Das Therapierational basiert auf dem Modell der kognitiven Verhaltenstherapie<br />
posttraumatischer Belastungsstörungen sowie dem kognitiven Modell der posttraumatischen<br />
Belastungsstörungen. Die nachfolgende Abbildung zeigt den Weg, der den Patienten nach<br />
einer Traumatisierung in eine PTBS führt, dar und zeigt eine Bewältigungsmöglichkeit auf.<br />
Das Therapierational wird mit dem Patienten im Sinne des geleiteten Entdeckens erarbeitet<br />
und soll spezifisch auf die Symptome und das Verhalten des Patienten zugeschnitten werden.<br />
46
Phase 3: Kontrollierte Traumaexposition<br />
Quelle: Pieper, Bengel Traumatherapie in 7 Stufen, Verlag Hans Huber 2008, S. 26<br />
In dieser Phase verschafft sich der Therapeut einen kompletten Überblick über das<br />
Traumaerlebnis des Patienten. In der explorativen Phase wird zunächst auf der Faktenebene<br />
der genaue Ablauf der Traumatisierung von Anfang an erhoben. Der Bericht des Patienten<br />
soll an einem Punkt beginnen, an dem noch nichts auf ein schreckliches Ereignis hindeutete.<br />
Zuerst soll der Punkt herausgearbeitet werden, an dem der Patient merkte, dass etwas<br />
außergewöhnlich Schlimmes passiert. An diesem Punkt werden die Kognitionen des Patienten<br />
festgehalten, um die Orientierung auf die kognitive Ebene zu fördern. Bei aufkommenden<br />
oder vermuteten Emotionen auf Seiten des Patienten lässt der Therapeut den Patienten seine<br />
Gefühle während der Traumatisierung und in der aktuellen Situation benennen. Der Therapeut<br />
betont deren Angemessenheit, kehrt aber sofort auf die kognitive Ebene zurück. Dieses<br />
Vorgehen wird als „emotionale Schleife“ bezeichnet. Alle besonders belastenden Stationen<br />
des Geschehens, die sog. „Hotspots“, sollen genau beleuchtet werden. Auf diese Weise wird<br />
der gesamte Vorgang bis zu dem definierten Ende, dem sog. Ruhepol exploriert.<br />
Im zweiten Schritt geht es um die Exploration der körperlichen und psychischen Reaktionen<br />
auf das Trauma. Hierbei geht es um den gesamten Bereich der komorbiden Störung.<br />
Bei der Verhaltensebene der kontrollierten Traumaexposition geht es anschließend darum, die<br />
nach dem Trauma neu aufgetretenen Verhaltensweisen zu eruieren. Ziel ist es,<br />
Vermeidungsverhalten und sozialen Rückzug zu erkennen und zu benennen. Auch neue<br />
pathologische Verhaltensweisen oder das Wiederentdecken einer Ressource, sind von Belang.<br />
In der nächsten Phase geht es um die Identifizierung von Schuld- und Schamgefühlen.<br />
Angedeutete oder berichtete Schuldgefühle werden vom Therapeuten lediglich registriert.<br />
Nach den 4 vorangegangenen Ebenen sind alle relevanten Informationen zum Trauma<br />
erhoben. Der Therapeut nimmt nun einen Rollenwechsel vor und fasst den Bericht des<br />
Patienten zusammen. Anhand der Aufzeichnungen, die der Therapeut während der<br />
explorativen Phase angefertigt hat, wiederholt er nun möglichst genau zunächst aus der<br />
Faktenebene und in den Formulierungen des Patienten, was diesem während der<br />
Traumatisierung wiederfahren ist. Dabei bittet er den Patienten, sich zurückzulehnen und ihn<br />
ggf. zu korrigieren. Der Therapeut übernimmt die Rolle des Traumatisierten. Dieser wird zum<br />
distanzierten Beobachter und kontrolliert die Schilderung des Therapeuten auf ihre<br />
Richtigkeit. In dieser Phase erlebt der Patient eine Distanzierung vom Trauma, er kann das<br />
Geschehen sozusagen von außen betrachten.<br />
47
Nachdem der Patient bestätigt hat, dass der Therapeut ihn wirklich in allen Einzelheiten<br />
richtig verstanden hat, fragt der Therapeut den Patienten, was für ihn das Schlimmste, das<br />
Verletzendste, das Erniedrigendste gewesen sei.<br />
Ziel der kontrollierten Traumaexposition mit der Fokussierung auf das individuelle Trauma<br />
ist es, herauszuarbeiten, dass es eine Perspektive der Traumabewältigung gibt und dass der<br />
Patient dazu gerade den ersten Schritt getan hat, indem er es gewagt hat, seine traumatischen<br />
Erlebnisse in Worte zu fassen und seine innere Verletztheit einem anderen Menschen<br />
mitzuteilen.<br />
Phase 4: Exposition in sensu<br />
In der vierten Phase sollen dem Patienten durch Übungen zur Aufhebung von<br />
Meidungsverhalten mit Abbau der kognitiv-emotionalen Reaktionen auf bestimmte<br />
Situationen, Objekte, Problemfelder oder Personen Hilfen an die Hand gegeben werden,<br />
weniger angstvoll auf traumarelevante Reize zu reagieren.<br />
Die Übungen bestehen darin, sich die traumatische Situation in Gedanken solange<br />
vorzustellen, bis starke gefühlsmäßige und körperliche Angstreaktionen darauf keine oder nur<br />
noch eine geringe Rolle spielen. Hierfür erstellen Therapeut und Patient gemeinsam ein<br />
„Traumadrehbuch“, das den Ablauf der Traumatisierung genau beschreibt. Dieses Drehbuch<br />
erfasst einen definierten Ausgangspunkt, den exakt benannten Punkt, an welchem dem<br />
Patienten klar wurde, dass etwas außergewöhnlich Schlimmes passiert und ein oder mehrere „<br />
Hotspots“ mit extremer Stressbelastung, Hilflosigkeit und Beschreibung der Angst- und<br />
Hilflosigkeitsgefühle. Weiterhin wird der definierte Endpunkt erhoben.<br />
Der Therapeut liest dem Patienten das Trauma in mehreren Durchgängen in der<br />
Gegenwartsform vor, so als geschehe das Trauma jetzt in diesem Moment, bis zu einem<br />
deutlichen Nachlassen der Belastung. Therapeut und Patient wechseln sich nach jedem<br />
Durchgang mit dem Vorlesen ab. Hierin besteht die beste Möglichkeit für die in diesem<br />
Schritt gewollte Aktivierung von negativen Gefühlen und eine darauffolgende Habituation.<br />
Dies führt zu einer besseren Strukturierung der Erinnerungsinhalte, die dann leichter in<br />
bestehende kognitive Schemata eingeordnet werden können.<br />
Phase 5: EMDR<br />
In der 5. Phase des SBK wird das EMDR eingesetzt, um die mit dem Trauma verbundenen<br />
Emotionen und dysfunktionalen Kognitionen zu verarbeiten. Der Patient konfrontiert sich<br />
jeweils imaginativ mit den Erinnerungen an das traumatische Ereignis, und folgt dabei mit<br />
den Augen dem Finger des Therapeuten, die dieser schnell und gleichmäßig bewegt. Die<br />
Augenbewegungen werden solange wiederholt, bis die psychische Belastung nachlässt.<br />
Schließlich wird das ursprüngliche belastende Bild des schlimmsten Teils der traumatischen<br />
Erfahrung an eine positive und hilfreiche Kognition gekoppelt.<br />
Hierbei werden übergeordnete Hirnzentren aktiviert, die für die Kontrolle der affektiven<br />
Reaktionen zuständig sind. Sie ermöglichen dem Patienten die kognitive Einordnung, dass die<br />
traumatische Situation zwar emotional schrecklich und in der Erinnerung bestehen bleibt, aber<br />
nicht mehr als aktuell bedrohlich erlebt wird.<br />
Phase 6: Exposition in vivo<br />
Falls bei Patienten zu diesem Zeitpunkt noch eine starke Angst und ein ausgeprägtes<br />
Vermeidungsverhalten bezüglich des Ortes der traumatischen Ereignisse besteht, kann eine<br />
Exposition in vivo angeschlossen werden.<br />
48
Die ausführliche Vorarbeit mit dem Patienten besteht darin, die Stellen am Ort des<br />
Geschehens auszumachen, die mit besonders schmerzlichen Erinnerungen verbunden werden.<br />
Diese Punkte sind nacheinander gemeinsam aufzusuchen. An den einzelnen Punkten verharrt<br />
der Patient so lange, bis er eine deutliche Beruhigung spürt und der Grad der Belastung<br />
deutlich nachlässt.<br />
Phase 7: Nachbesprechung, Traumaintegration und Follow Up<br />
In der Nachsprechungsphase klärt der Therapeut mit dem Patienten, wie weit sich deren<br />
Zustand inzwischen verbessert hat, ob sie ihr vor der Traumatisierung bestehendes<br />
Funktionslevel wieder erreicht haben, oder ob noch Probleme bestehen. Werden von dem<br />
Patienten Restprobleme benannt, ist gemeinsam zu entscheiden, welche der<br />
Therapiebausteine zu ihrer Lösung am besten geeignet sind. Zur Objektivierung der erreichten<br />
Therapieerfolge werden wiederum die unter Diagnostik genannten Verfahren eingesetzt und<br />
mit der Eingangsdiagnostik verglichen. Der Therapeut weist die Patienten daraufhin, dass sie<br />
bei eventuell später auftretenden Symptomen auf die erlernte Bewältigungsmechanismen<br />
(Selbstkonfrontation, Entspannung, Tagebuch, Gespräche mit Personen des Vertrauens)<br />
zurückgreifen sollen.<br />
6 bis 8 Wochen und 3 bis 4 Monate nach Behandlungsende finden Kontrolltermine statt.<br />
Dabei können die Patienten genaue Auskunft darüber geben, wie sie in ihrem Alltag, bei der<br />
Arbeit, in der Freizeit und in der Familie mit der traumatischen Erfahrung leben können. Die<br />
Gespräche drehen sich oft um das Thema der Traumaintegration und der Sinnfindung.<br />
gez.<br />
J. Klein<br />
Literatur : Georg Pieper/Jürgen Bengel (2008): Traumatherapie in sieben Stufen.<br />
Verlag: Hans Huber<br />
Fachambulanz<br />
Vorbemerkung<br />
Dem inhaltlichen Konzept geht eine Beschreibung der Entstehung des Gedankens einer<br />
Fachambulanz, den konkret erfolgten Schritten in dieser Richtung, den Kooperationen mit<br />
externen Einrichtungen und der Einordnung in das Gesamtsystem der<br />
Suchtkrankenbehandlung voraus.<br />
Entstehung des Gedankens einer Fachambulanz:<br />
Im Rahmen der Diskussionen, die mit der Einführung der ambulanten Suchtrehabilitation am<br />
01. April 1991 geführt wurden, hat sich die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> mit dieser Thematik intensiv<br />
auseinandergesetzt.<br />
In der Anfangszeit haben wir die Entwicklungen in den Beratungsstellen nach dem offiziellen<br />
Inkrafttreten der Möglichkeit zur Durchführung der ambulanten Rehabilitation abgewartet.<br />
Die Möglichkeit an sich, haben wir von Beginn an begrüßt, da sie das Spektrum der<br />
Behandlungsmöglichkeiten um einen sinnvollen Baustein erweitert. Dabei standen für uns<br />
49
von Beginn an mehrere Möglichkeiten der inhaltlichen Ausgestaltung einer Fachambulanz im<br />
Vordergrund.<br />
Zum einen soll eine Ambulanz die Möglichkeit der Verbindung von stationärer und<br />
ambulanter Therapie herstellen, als auch als eigenständige Behandlungsmöglichkeit in<br />
Betracht kommen.<br />
Sowohl mittelfristige Therapien als auch in verstärktem Maße Kurzzeittherapien konnten in<br />
der Vergangenheit eine unbedingt notwendige und sinnvolle Weiterführung in anerkannten<br />
Behandlungseinrichtungen auf ambulanter Ebene finden.<br />
Diese Möglichkeit hat in einigen Fällen dazu geführt, dass die stationäre Therapiedauer<br />
verkürzt werden konnte.<br />
Da diese Möglichkeit zur Zeit, und dies wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern, im<br />
regionalen Bereich, dies bedeutet in einem Einzugsgebiet von 70 bis 80 km, mit Ausnahme<br />
der Suchtberatungsstelle in Marburg nicht bestand, hat die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ein Konzept<br />
einer Fachambulanz konzipiert und durchgeführt.<br />
Die Fachambulanz befindet sich in einem regionalen Verbundsystem und genießt bereits die<br />
fachliche Akzeptanz der umliegenden Beratungsstellen, Gesundheitsämter und<br />
niedergelassenen Ärzte.<br />
Gerade die Patienten aus dem näheren Umkreis, bis hin zu dem mittelhessischen gelegenen<br />
Gießen (Anfahrtsweg max. 1 Stunde), nehmen bei entsprechender Indikation das Angebot der<br />
ambulanten Rehabilitation wahr.<br />
Die Konzeption sieht ein Stufenmodell vor, das die Möglichkeit eröffnet, die Fachambulanz<br />
in der personellen Ausstattung an den sich entwickelnden Fallzahlen wachsen zu lassen.<br />
So werden in der Eingangsphase die Leistungen durch Mitarbeiter der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> auf<br />
einer zusätzlichen Honorarbasis geleistet. Dadurch wird die im Kostensatz festgelegte<br />
stationäre Arbeit nicht nachteilig beeinflusst.<br />
Darüber hinaus wird angestrebt, dass die Fachambulanz sich weitestgehend nach max. drei<br />
Jahren als eigenständige Einheit etabliert hat und durch vollschichtige Mitarbeiter ausgefüllt<br />
wird.<br />
Die Vorteile der Fachambulanz liegen auf der Möglichkeit der Konstanz in der<br />
therapeutischen Arbeit zwischen stationärem und ambulantem Kontakt, der Möglichkeit zur<br />
effektiven fachlichen Zusammenarbeit mit niedergelassenen Hausärzten sowie in der hohen<br />
fachlichen Kompetenz der in diesem Bereich langjährig tätigen Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter.<br />
Eine Anerkennung seitens der DRV Land Hessen, dem VDAK und der AOK liegt seit dem<br />
15.September 1996 vor.<br />
Die Fachambulanz der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> stellt sowohl eine Ergänzung der fachklinischen<br />
Therapie als auch eine eigenständige Therapieform im Sinne einer Alternative zur stationären<br />
Behandlung dar und ist orientiert an den praktischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
der Suchtforschung und Suchttherapie.(nähere Erläuterungen zum Persönlichkeitsmodell<br />
siehe S.5)<br />
In die Fachambulanz sind multiprofessionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter integriert.<br />
Diese bieten ein an ganzheitlichen Gesichtspunkten orientiertes Rehabilitationskonzept zur<br />
Behandlung alkohol- und medikamentenabhängiger Frauen und Männer, das die<br />
psychotherapeutische Bearbeitung von Persönlichkeitsstörungen ebenso integriert wie die<br />
Sichtweisen und Methoden der Verhaltens- und Familientherapie sowie Adjuvantstherapien<br />
aus den Bereichen Ergo-, Musik- und Körpertherapie.<br />
50
Ausweitung der ambulanten Angebote durch Kooperationen mit externen Partnern<br />
Wie im weiteren Verlauf beschrieben wird konnte zuerst eine Kooperation mit dem<br />
Diakonischen Werk in Gießen und danach mit der Suchhilfe e.V. in Wetzlar getroffen<br />
geschlossen werden.<br />
Beschreibung der am Trägerverbund beteiligten Institutionen:<br />
<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> – Fachklinik für die Behandlung von Abhängigkeiten<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> besteht seit nunmehr 25 Jahren und verfügt über ein differenziertes<br />
Angebot für die Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen. Eine spezielle<br />
Kurzzeittherapie, Gruppen für ältere Erwachsene, spezielle Angebote für Patientinnen und<br />
Patienten, die zusätzlich eine Essstörung entwickelt haben, Angebote für Patienten aus dem<br />
russischen Sprachraum, eine Praxisorientierungsphase sowie eine Adaption , bilden ein<br />
Spektrum von therapeutischen Möglichkeiten, das den Bedingungen des Einzelnen<br />
entsprechend gerecht werden kann. Die <strong>Klinik</strong> umfasst insgesamt 99 Behandlungsplätze und<br />
wird zum Großteil von Beratungsstellen aus Hessen und den angrenzenden Bundesländern<br />
belegt. Die Behandlung ist tiefenpsychologisch orientiert und integriert weitere anerkannte<br />
psychotherapeutische Verfahren wie Psychodrama, Körpertherapie und<br />
verhaltenstherapeutische Interventionsstrategien. Die Behandlung wird in Bezugsgruppen<br />
durchgeführt, wobei Einzelgespräche sowohl der Diagnostik dienen, als auch im weiteren<br />
Therapieverlauf den Erfordernissen des Patienten angepaßt werden. Ergotherapie,<br />
Sporttherapie, Körpertherapie und Beschäftigungstherapie fördern die vorhandenen<br />
Ressourcen der Patienten und eröffnen den Erwerb von zusätzlichen Behandlungsstrategien.<br />
Federnführender Leistungsträger ist die DRV Land Hessen, weitere Beleger sind sämtliche<br />
Krankenkassen, die Bundesknappschaft , Seekasse, der Landeswohlfahrtsverband, die<br />
Beihilfestellen sowie weitere gesetzliche Rentenversicherungsträger.<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> ist seit über zehn Jahren Mitglied im Fachverband Sucht und nutzt die<br />
darüber gewonnenen Informationen zu einem Vergleich, der auf eigener Ebene erworbenen<br />
Daten der Basis-Dokumentation und der Katamnesen.<br />
Ambulante Rehabilitation Sucht im Trägerverbund DW Gießen - <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong><br />
Seitdem in der Empfehlungsvereinbarung ambulante Rehabilitation Sucht vom 20.01.1991,<br />
heute auf der Rechtsgrundlage der Vereinbarung Abhängigkeitserkrankter vom 04.05.2001,<br />
das Spektrum der Behandlung von Abhängigkeitserkrankten, welches vorher ausschließlich<br />
im stationären Setting etabliert war, um eine ambulante Variante erweitert worden ist, konnte<br />
der hohe <strong>Stand</strong>ard in der Versorgung von suchtkranken Menschen in der Bundesrepublik<br />
Deutschland noch weiter erhöht werden. Die Stadt Gießen und ihre ländliche Umgebung<br />
bedarf über die beispielhaft vorhandene Versorgung mit Selbsthilfegruppen hinaus eines<br />
qualifizierten ambulanten therapeutischen Angebotes in der Behandlung von Suchtkranken.<br />
Entstehung des Trägerverbundes<br />
Den Trägerverbund bilden das Diakonische Werk Gießen und die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>.. Die<br />
beiden Einrichtungen arbeiten seit über 20 Jahren sehr effektiv zusammen und sind ca. 50 km<br />
voneinander entfernt. Eine Fülle von gemeinsamen Projekten und die gemeinsame Betreuung<br />
von über 600 Patientinnen und Patienten im Laufe der Jahre hat eine sehr stabile Basis, der in<br />
den Institutionen tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschaffen. Während die<br />
Beratungsstelle das gesamte Spektrum der Leistungen bezüglich der Vorbereitung,<br />
Motivationsklärung und Antragsstellung, sowohl für ambulante als auch für stationäre<br />
51
Maßnahmen abdecken, führte die Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> die stationäre Behandlung der<br />
Patienten durch. Die Zusammenarbeit im Verbund ist durch die Kooperationsvereinbarung<br />
zwischen den beiden Trägern mit Inkrafttreten des 1. Oktober 2000 geregelt. Diese<br />
Konzeption ist inhaltliche Grundlage der Kooperationsvereinbarung. Sitz des<br />
Suchthilfezentrums Mittelhessen, so die Bezeichnung für die durch den Zusammenschluss<br />
von <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und DW Gießen entstandene Institution, sind die Räume der<br />
Abteilung Suchthilfe im Diakonischen Werk Gießen.<br />
Das Versorgungsgebiet<br />
Die Stadt Gießen selbst umfasst 72.000 Einwohner. Der gesamte Umkreis bezieht sich gut auf<br />
das Vierfache. Die Infrastruktur bzgl. der Erreichbarkeit der ambulanten Rehabilitationsstelle,<br />
die sich im Stadtzentrum von Gießen befindet, ist außerordentlich gut. Bus- und<br />
Bahnverbindungen ermöglichen eine ebenso gute Anreise wie per PKW, für die ausreichende<br />
Parkmöglichkeiten bestehen.<br />
Aufgabenbereich des Diakonischen Werk Gießen, Schnittstellenmanagement<br />
Die Dekanatsstelle Gießen verfügt über zwei Außenstellen in Grünberg und in Lich. In<br />
Gießen selbst unterhält die Dekanatsstelle eine Bahnhofsmission, eine Beratungsstelle und<br />
eine Tagesstätte für alleinstehende Wohnungslose, eine Ehe-, Familien- und Lebensberatung,<br />
eine Gemeinwesenarbeit mit Kindertagesstätte, zwei Jugendtreffs, ein Seniorentreff sowie ein<br />
Zentrum für soziale Trainingskurse. Die Suchtberatungsstelle der Diakonie Gießen befindet<br />
sich, wie oben beschrieben, im Zentrum von Gießen und verfügt über einen seit drei<br />
Jahrzehnten erfahrenen Leiter in der Suchtkranken-Therapie sowie zwei weitere erfahrene<br />
Sozialarbeiter, Verwaltungsangestellte. Besonders hervorzuheben ist, dass in die<br />
Beratungsstelle 28 ehrenamtliche Suchtkrankenhelfer integriert sind, die, sowohl in die von<br />
Montag bis Freitag täglich stattfindenden Motivationsgruppen integriert sind, als auch zu<br />
Erstgesprächen im Zentrum soziale Psychiatrie Gießen den Kontakt zu alkohol- und<br />
medikamentenabhängigen Patienten aufnehmen. Diese Suchtkrankenhelfer sind in die<br />
regionalen Selbsthilfegruppen integriert, so dass dadurch auch ein Übergang von der<br />
professionellen Therapie hin zur Selbsthilfe gewährleistet ist. Weiterhin wird in der<br />
Beratungsstelle ein regelmäßiger Termin für Angehörige angeboten, eine spezielle<br />
Frauengruppe, die Mitarbeiter der Beratungsstelle führen eine Ausbildung zum<br />
Suchtkrankenhelfer durch, organisieren eine Arbeitsgruppe „Sucht- und Arbeitswelt“ und sind<br />
aktive organisierende Mitarbeiter in dem Arbeitskreis Sucht des psychosozialen Arbeitskreis<br />
Gießen.<br />
Durch die gewachsene Zusammenarbeit bieder Einrichtungen und den häufigen inhaltlichen<br />
Austausch<br />
ist ein wöchentlicher Austausch über die Patienten gewährleistet.<br />
Ambulante Rehabilitation Sucht im Trägerverbund Suchthilfe Wetzlar e.V. - <strong>Klinik</strong><br />
<strong>Eschenburg</strong><br />
Nach den guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem DW Gießen erscheint zur<br />
flächendeckenden Sicherstellung eines ambulanten Angebotes eine Ausweitung auf den<br />
Bereich Wetzlar durchaus sinnvoll .<br />
Zusammenarbeit Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> - Suchthilfe Wetzlar e.V.<br />
Die Suchthilfe Wetzlar e.V. ist seit 30 Jahren Träger von professionellen und ehrenamtlichen<br />
Jugend- und Suchthilfeangeboten in der Stadt Wetzlar und im Lahn-Dill-Kreis. Sie ist Träger<br />
des Suchthilfezentrums Wetzlar. In der Anlage wird eine detaillierte Leistungsbeschreibung<br />
über Art, Umfang und Qualität der angebotenen Leistungen beigefügt.<br />
52
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und das Suchthilfezentrum Wetzlar arbeiten seit über 20 Jahren sehr<br />
konstruktiv zusammen. Das, mit entsprechendem Fachpersonal ausgestattete Suchthilfezentrum,<br />
hat eine Vielzahl von Patientinnen und Patienten qualifiziert auf eine stationäre Therapie<br />
in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> vorbereitet, die Maßnahmen beantragt und im Anschluss an<br />
die Behandlungsmaßnahme den Patientinnen und Patienten auch weitere Kontaktangebote<br />
unterbreitet (Ambulante Nachsorge, psychosoziale Betreuung, Selbsthilfe). Orientiert an den<br />
Grundüberlegungen, die zu einer Zusammenarbeit der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> mit dem Diakonischen<br />
Werk in Gießen und damit zur Gründung des Suchthilfezentrums Mittelhessen führten,<br />
wurde auf der Leitungsebene zwischen der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und dem Suchthilfezentrum<br />
Wetzlar die Zusammenarbeit vereinbart, mit dem Zweck der Durchführung nachstationärer,<br />
sowie ausschließlich ambulanter Suchtrehabilitation. Für die Entscheidung, bei<br />
den zuständigen Leistungsträgern die Anerkennung einer, hinsichtlich der Durchführung von<br />
Suchtrehabilitation in gemeinsamer Trägerschaft organisierten Stelle zu erwirken, sprechen<br />
folgende Argumente:<br />
Die räumliche Nähe beider Organisationen,<br />
eine seit Jahrzehnten eingespielte Zusammenarbeit,<br />
gegenseitige Ergänzung personeller Ressourcen,<br />
die gemeinsame Verantwortung für ein regionales Suchthilfekonzept mit dem Ziel des<br />
Aufbaus eines regionalen Behandlungsverbunds.<br />
Überlegungen zum <strong>Stand</strong>ort Wetzlar<br />
Die regionale Versorgungsstruktur des Lahn-Dill-Kreises, der Stadt Wetzlar, des Landkreises<br />
Gießen und der Stadt Gießen betrachtend, liegt Wetzlar genau zwischen den bereits versorgten<br />
Bereichen Gießen und Dillenburg. Das Einzugsgebiet des Suchthilfezentrums Wetzlar<br />
umfasst den Lahn-Dill-Kreis, wie auch angrenzende Kreisregionen. Die Tatsache, dass das<br />
Suchtberatungsangebot des Suchthilfezentrums Wetzlar von jährlich 500 Personen, die mehr<br />
als einmal eine Beratung in Anspruch genommen haben, kontaktiert wird, verdeutlicht den<br />
großen Einzugsbereich. Die Möglichkeit, den Patienten zukünftig an den <strong>Stand</strong>orten Gießen,<br />
Wetzlar und <strong>Eschenburg</strong>-Wissenbach, drei kompetente Zentren zur Verfügung zu stellen, bedeutet<br />
für viele Betroffene, ambulante Suchtrehabilitation in zumutbarer Entfernung erreichen<br />
zu können.<br />
Weiterhin werden durch den regionalen Versorgungsverbund, der eingebettet in das gesamte<br />
Suchthilfespektrum im Lahn-Dill-Kreis ist, alle benötigten Suchthilfeleistungen aus einer<br />
Hand angeboten.<br />
Dass die unmittelbare Verknüpfung einer Fachklinik mit einer ambulanten Behandlungsstätte<br />
eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt, hat nicht zuletzt eine Untersuchung der <strong>Klinik</strong><br />
<strong>Eschenburg</strong> gezeigt, die darlegt, dass im Suchthilfezentrum Mittelhessen und in der, direkt an<br />
die <strong>Klinik</strong> angegliederten Fachambulanz, die Antrittsquote zur nachstationären ambulanten<br />
Rehabilitation bei 90 Prozent liegt. Bei der Weitervermittlung zur nachstationären ambulanten<br />
Rehabilitation in Stellen, mit denen die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> in keiner personellen Verknüpfung<br />
steht, beträgt die Antrittsquote dagegen unter 50 Prozent. Damit erweist sich, dass mit einem<br />
entsprechenden Schnittstellenmanagement vom Übergang von stationär zu ambulant, wie<br />
auch umgekehrt, und der damit verbundenen personellen Konstanz, auch für die Patientinnen/Patienten<br />
eine deutlich erhöhte Verbindlichkeit gewährleistet wird, die den Behandlungserfolg<br />
nachhaltig verbessert.<br />
53
Schnittstellen-Management<br />
Die Ärztinnen der <strong>Klinik</strong>, Frau Schäfer und Frau Schmidt (Vertretungsfall), übernehmen die<br />
medizinische Versorgung und Verantwortung der gemeinsamen Stelle. Das Aufgabenspektrum<br />
der Ärztinnen richtet sich nach den Vorgaben der Vereinbarung zur Durchführung<br />
von ambulanter Rehabilitation und wird entsprechend ausgeführt. Die therapeutischen Leistungen<br />
werden von entsprechend qualifiziertem Fachpersonal der Suchhilfe Wetzlar e.V. und<br />
der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> auf einem Personaltableau erbracht.<br />
Durch die Integration einer in der <strong>Klinik</strong> arbeitenden Bezugstherapeutin in den therapeutischen<br />
Kontext der ambulanten Behandlungsstätte wird zusätzlich für Patientinnen und Patienten,<br />
die ihre stationäre Phase in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> absolvieren, die konsequente<br />
Weiterbehandlung der im stationären Setting erreichten Ziele sichergestellt, wenn die Patientinnen<br />
und Patienten im Einzugsgebiet des Suchthilfezentrums Wetzlar ihren Wohnsitz haben.<br />
Konkret bedeutet dies, dass die entsprechende Therapeutin (Dipl.-Psychologin, approbierte<br />
Psychotherapeutin) jede Patientin und jeden Patienten, der für eine Weiterbehandlung in<br />
Wetzlar vorgesehen ist, während der <strong>Klinik</strong>phase darauf vorbereitet, sie den Wetzlarer Kolleginnen<br />
und Kollegen vorstellt, wie auch diese bereits zum Ende der <strong>Klinik</strong>phase den persönlichen<br />
Kontakt zu diesen Patientinnen und Patienten in der <strong>Klinik</strong> aufnehmen, um so einen<br />
nahtlosen Übergang in die ambulante Behandlung zu gewährleisten.<br />
Durch diese personelle Verknüpfung in Form auch regelmäßiger Fallbesprechungen können<br />
Patientinnen und Patienten, die in der Beratungsphase auf eine stationäre Behandlung in der<br />
<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> vorbereitet werden, effektiver und schneller in den stationären therapeutischen<br />
Prozess integriert werden. Grundsätzlich wird durch den regionalen Suchthilfeverbund<br />
von Beratung, ambulanter und stationärer Behandlung ein schneller und unbürokratischer<br />
Wechsel zwischen den jeweils indizierten Behandlungsformen möglich und damit die Behandlung<br />
optimiert, was erwarten lässt, dass zumindest in Einzelfällen auch eine Reduktion<br />
stationärer Behandlungszeiten zu erreichen sein wird.<br />
Rehabilitationskonzept<br />
Die Arbeit der Fachambulanzen wird durch ein multiprofessionell zusammengesetztes Team<br />
geleistet. Ihr zugrunde liegt ein an ganzheitlichen Gesichtspunkten orientiertes Rehabilitationskonzept<br />
zur Behandlung alkohol- und medikamentenabhängiger Frauen und Männer, das<br />
die psychotherapeutische Bearbeitung von Persönlichkeitsstörungen ebenso integriert wie die<br />
Sichtweisen und Methoden der Verhaltens- und Familientherapie sowie Adjuvantstherapien<br />
aus den Bereichen Ergo-, Musik- und Körpertherapie.<br />
Behandlungsmotivation<br />
Eine Behandlung von suchtmittelabhängigen Patientinnen und Patienten in der Fachambulanz<br />
kann nur auf der Grundlage einer Motivation zur Behandlung der Patientin/des Patienten<br />
durchgeführt werden. Die Patientinnen und Patienten, die aus einer stationären Einrichtung<br />
kommen, haben ihre Behandlungsmotivation durch ihre Teilnahme an der stationären Behandlung<br />
hinreichend bewiesen, unterliegen während der Durchführung der ambulanten Rehabilitation<br />
jedoch ebenfalls einer kritischen Begutachtung ihrer aktiven Teilnahme am Therapieprozess.<br />
Für die Patientinnen und Patienten, die eine ambulante Behandlung ohne direkt<br />
vorausgegangene stationäre Phase beantragt haben, ist die Motivationsarbeit sichergestellt.<br />
54
Indikationen<br />
Patientinnen/Patienten, die im Rahmen ihrer stationären Phase einen <strong>Stand</strong> erreicht<br />
haben, der eine weitere Bearbeitung auf ambulanter Ebene unter intensiver Einbeziehung<br />
der sozialen Umstände und Bezugspersonen sinnvoll erscheinen lässt.<br />
Patientinnen/Patienten, die nach vorangegangener Diagnostik eine Alkohol- und/oder<br />
Medikamentenabhängigkeit selbst annehmen können, sozial noch ausreichend integriert<br />
sind und eine Motivation zur aktiven regelmäßigen Teilnahme und Mitarbeit in abstinentem<br />
Zustand anbieten können.<br />
Diagnostik und Indikationsstellung<br />
Handelt es sich um Patientinnen und Patienten, die eine stationäre Phase vor der ambulanten<br />
Behandlung absolviert haben, wird die Diagnostik der vorhergehenden<br />
Behandlungsinstitution auf ihren aktuellen <strong>Stand</strong> hin überprüft und durch zusätzliche<br />
medizinische, psychologische und soziale Fragestellungen ergänzt.<br />
Dabei wird ärztlicherseits überprüft, inwieweit der aktuelle Gesundheitszustand dem Abschlussbericht<br />
der Fachklinik noch entspricht. Die Untersuchung impliziert Laborwerte, internistische<br />
und neurologische Untersuchungen sowie eine Überprüfung der Erwerbsfähigkeit.<br />
Die psychologische Untersuchung umfasst die Analyse des momentanen psychischen Zustands.<br />
Zur Unterstützung der durch das Interview erworbenen Eindrücke des Psychologen<br />
wird das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI) sowie das Trierer Alkoholismusinventar<br />
(TAI) angewandt. Die aktuelle soziale Situation, d.h. die familiären Verhältnisse, die Arbeitssituation,<br />
die finanzielle Situation u.a.m. werden sozialarbeiterisch überprüft.<br />
Aufgrund der medizinischen und psychosozialen Diagnostik erfolgt eine differenzierte Indikationsstellung<br />
bezüglich der Behandlungsziele und der, während der Behandlung zu bearbeitenden<br />
Schwerpunkte. Im Sinne der adaptiven Indikationsstellung obliegt es dem therapeutischen<br />
Team, unter Federführung des Arztes, die Behandlungsziele kritisch zu<br />
reflektieren und ggf. zu modifizieren. In diesem Prozess wird auch die notwendige<br />
Behandlungszeit im Rahmen des durch den Leistungsträger vorgegebenen Zeitbudgets<br />
festgelegt. Erscheinen die Behandlungsziele erreicht, wird die Behandlung auch vor Ablauf<br />
des zur Verfügung gestellten Zeitrahmens regulär beendet.<br />
Sollte der ambulanten Behandlung nicht direkt eine stationäre Behandlung vorausgegangen<br />
sein, wird die medizinische, psychologische und soziale Diagnostik ungleich intensiver<br />
durchgeführt, um die entsprechenden Angaben und Eindrücke zur Erstellung einer differenzierten<br />
Anamnese sowie eines Behandlungsplans mit den zu vereinbarenden Behandlungszielen<br />
erstellen zu können. Dies geschieht in oben aufgeführter Aufgabenverteilung.<br />
Behandlungsziele<br />
Stabilisierung bzw. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit in zeitlich angemessenem<br />
Rahmen.<br />
Stärkung von, durch Persönlichkeitsstörungen geminderten Fähigkeiten, die eine abstinente<br />
Lebensweise bisher vermieden haben.<br />
Realistische Einschätzung der eigenen Situation sowie Planung und Training von<br />
situationsangepasstem eigenverantwortlichem Handeln.<br />
Punktuelle Stärkung des gesamten Systems des Betroffenen im Sinne der Einbeziehung<br />
der unmittelbaren Bezugspersonen.<br />
Erwerb von Rückfallbewältigungsstrategien.<br />
55
Behandlungsplan bei ambulanter Rehabilitation als Anschlussbehandlung<br />
Hierbei gelten folgende Prämissen<br />
Fortführung des im stationären Rahmens aufgestellten Behandlungsplans unter Einbeziehung<br />
der diagnostisch erarbeiteten Hinweise bezüglich der in der Alltagsrealität zu erwartenden<br />
Schwierigkeiten der Patientin/des Patienten.<br />
Kontinuierliche wöchentliche Einzel- und Gruppenkontakte mit konstruktiv kritischer<br />
Begleitung seiner Eingewöhnung in den Alltag.<br />
Möglichkeit zur Krisenintervention und, darauf aufbauend der Erwerb einer angepassten<br />
Verhaltensstruktur und persönlichen Einstellung in auch schwierigen Situationen.<br />
Im Rahmen der vom Leistungsträger zur Verfügung gestellten Möglichkeiten Einbeziehung<br />
der Bezugspersonen, sowie die Berücksichtigung der Arbeitssituation. Die Therapieeinheiten<br />
finden vorwiegend in den Abendstunden statt.<br />
Die Maßnahme ist im Regelfall auf max. 40 Einheiten konzipiert, es sei denn die<br />
Behandlungsziele sind früher erreicht. Bedarf es eines zusätzlichen Behandlungszeitraums<br />
wird ein Verlängerungsantrag gestellt.<br />
Die Behandlung muss nach max. 12 Monaten beendet sein und wird über einen Entlassungsbericht<br />
dokumentiert.<br />
Behandlungsplan bei ausschließlicher ambulanter Rehabilitation<br />
In diesem Fall muss eine ärztliche, psychologische und soziale Diagnostik in Anlehnung an<br />
die, von dem behandelnden Hausarzt und anderen vorgeschalteten Stellen ermittelten Hinweise<br />
erfolgen und in den Behandlungsplan integriert werden.<br />
Neben der physischen und psychischen Diagnostik gilt es, besonders auch die psychosoziale<br />
Situation des Patienten zu erfassen und in den Behandlungsplan einfließen zu lassen.<br />
Der erste Behandlungsplan baut auf den so gewonnenen diagnostischen Einschätzungen auf,<br />
muss jedoch im Sinne einer adaptiven Indikationsstellung im Laufe der Zeit um weitere Anteile<br />
ständig ergänzt werden. Gleiches gilt für die Behandlungsziele, die zu Beginn in einer<br />
Art Grobzielkatalog beschrieben und im weiteren Verlauf ausdifferenziert werden. Der Behandlungsplan<br />
schließt sowohl die Frequenz von Einzel- und Gruppengesprächen als auch die<br />
Einbeziehung von weiteren Therapieformen und zusätzlichen Interventionen mit ein.<br />
Die in der Regel einmal pro Woche stattfindenden Gruppengespräche sind tiefenpsychologisch-systemisch<br />
ausgerichtet und werden von zwei Gruppentherapeuten durchgeführt. Sollte<br />
einer von beiden krank oder im Urlaub sein, ist dadurch die kontinuierliche Fortführung der<br />
Gruppe gewährleistet. Die Dauer der Gruppengespräche beträgt 100 Minuten. Die zusätzlich<br />
unterstützenden Einzelgespräche werden bei therapeutischer Notwendigkeit oder auf Anfrage<br />
der Patientin/des Patienten von der/dem zuständigen Gruppentherapeutin/Gruppentherapeuten<br />
oder der/dem Psychologin/Psychologen durchgeführt.<br />
Die Einzelgespräche dauern 50 Minuten. Die Regelgruppengröße für die Gruppentherapie<br />
beträgt 10 bis 12 Patientinnen/Patienten. Es handelt sich um halboffene Gruppen, so dass Patientinnen<br />
und Patienten phasenweise in die Gruppe integriert werden können.<br />
Phasenorientierung im Behandlungsplan<br />
Die ersten vier Wochen der ambulanten Behandlung dienen sowohl der differenzierten Anamneseerhebung<br />
als auch der Vermittlung von wichtigen Informationen über die Suchterkran-<br />
56
kung. Dies impliziert Informationen sowohl über medizinische und biologische Vorgänge im<br />
Körper als auch die Darstellung der Entwicklung und des Verlaufs einer Suchterkrankung. Im<br />
weiteren Verlauf der Therapie gilt es die spezifische Situation des Einzelnen und seine mit<br />
Suchtmitteln herbeigeführten Veränderungen und mögliche Lösungsmöglichkeiten zu thematisieren.<br />
In der dritten Phase steht das praktische Ausprobieren von alternativen Lösungsmöglichkeiten<br />
im Vordergrund. Die dabei erlebten Erfolge und Misserfolge werden in den Therapieprozess<br />
eingebracht und können zu einer Korrektur des eingeschlagenen Veränderungswegs<br />
führen. In der vierten und letzten Phase gilt es, im Sinne einer Ablösung aus der therapeutischen<br />
Beziehung, die zukünftige Eigenständigkeit vorzubereiten.<br />
In Ergänzung zur therapeutischen Rehabilitation stehen bei Bedarf alle Leistungsangebote des<br />
Suchthilfezentrums Wetzlar zur Verfügung, inklusive des Übergangs in Selbsthilfegruppen.<br />
In den ersten vier Wochen sind wöchentlich zwei Termine zu planen, danach ist die Frequenz<br />
von dem Gesamtentwicklungsprozess des Patienten abhängig. In der Regel finden ein bis<br />
zwei Therapieeinheiten in der Woche statt.<br />
Verlauf<br />
Die Patientinnen/Patienten suchen die Fachambulanz entweder auf eigenen Wunsch durch<br />
Überweisung ihres Hausarztes, Vermittlung durch eine Beratungsstelle oder z. B. nach betrieblichen<br />
Interventionen auf.<br />
An erster Stelle steht eine genaue Diagnostik der physischen, psychischen und sozialen Situation<br />
des Betroffenen. Aus der Analyse der gelieferten Hinweise und dem, was der Patient<br />
mitteilt, wird ein Vorschlag zur Behandlung erarbeitet.<br />
Eine ambulante Rehabilitation wird dann vorgeschlagen, wenn die vom Verband der<br />
Deutschen Rentenversicherungsträger (VDR) und den Krankenkassen erstellten Indikationskriterien<br />
zutreffen.<br />
Störungen auf seelischem, körperlichem und sozialem Gebiet können im Rahmen einer ambulanten<br />
Rehabilitation erfolgreich behandelt werden, wenn<br />
das soziale Umfeld des/der Abhängigkeitskranken noch eine unterstützende Funktion hat,<br />
der/die Abhängigkeitskranke beruflich noch ausreichend integriert ist, wobei jedoch Arbeitslosigkeit<br />
allein eine ambulante Entwöhnung nicht ausschließt,<br />
eine stabile Wohnsituation vorhanden ist,<br />
erkennbar ist, dass die Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit, zur regelmäßigen Teilnahme und<br />
zur Einhaltung des Therapieplanes bei einer abstinenten Lebensweise vorhanden ist.<br />
Treffen diese Indikationskriterien zu und die Patientin/ der Patient selbst ist zu einer ambulanten<br />
Behandlung motiviert, wird ein entsprechender Antrag beim Kosten- oder Leistungsträger<br />
gestellt.<br />
Sollte eine ambulante Rehabilitation nicht in Betracht kommen, werden je nach<br />
diagnostischer Einschätzung kurzzeitstationäre bzw. mittel- bis langzeitstationäre<br />
Behandlungsformen mit dem Patienten erörtert und in die Wege geleitet.<br />
Sollte vor Beginn der jeweiligen Maßnahme eine Entgiftung notwendig sein, kann sie in einer<br />
der regional vorhandenen Entzugsstationen der ZsP’s Herborn, Gießen oder Marburg<br />
durchgeführt werden.<br />
57
Therapeutisches Grundkonzept in der ambulanten Rehabilitation<br />
Das therapeutische Grundkonzept der ambulanten Rehabilitation basiert auf einer tiefenpsychologischen<br />
Betrachtung der Gesamtpersönlichkeit und einer, die Funktion der Suchtmittel<br />
analysierenden, systemischen Betrachtungsweise.<br />
Obwohl wissenschaftlich untersucht, nie eine explizite spezifische Persönlichkeit des typisch<br />
Abhängigkeitskranken herauszufiltern war, gilt es, spezifische Klassifikationen in der Diagnostik<br />
zu berücksichtigen und in die Therapieplanung zu integrieren.<br />
Untersuchungen von KLEIN 1992, FUNKE et al. 1991 u.a. haben mit Hilfe geeigneter Instrumente<br />
persönlichkeitsrelevante Unterschiede aufgezeigt.<br />
Bei den Patientinnen/Patienten mit schwer gestörten Persönlichkeiten, bei gleichfalls stark<br />
ausgeprägter Alkoholproblematik, fallen vor allem die ich-schwachen und neurotischen Anteile<br />
neben den soziopathischen auf. Therapieförderlich ist bei diesen Personen ein oft hoher<br />
Leidensdruck (vgl. Klein 1992), der ein Einlassen auf therapeutisches Arbeiten im Sinne einer<br />
Vertrauensbildung und den Erwerb von mehr Selbstkontrolle bei gesteigerter Konfliktbewältigungsfähigkeit<br />
ermöglicht. Bei dieser Gruppe erscheint die Notwendigkeit einer stationären<br />
Therapie obligatorisch, die anschließend effektiv auf ambulanter Ebene fortgesetzt werden<br />
sollte, um die begonnenen Fortschritte weiter auszubauen und zu festigen.<br />
Eine weitere Gruppe konnte aufgrund ihres besonders hohen neurotischen Potenzials beschrieben<br />
werden. Am ehesten ist der Gesamttyp der Neurotiker in passiv-gehemmte Funktionstrinker,<br />
dysphorische Trinker ohne Problembewusstsein und neurotische Trinker mit<br />
Krankheitseinsicht differenzierbar. Die oftmals sehr langen Abhängigkeitszeiträume beruhen<br />
auf „Selbstheilungsversuchen“ und funktionalem Konsum, im Sinne einer Konfliktbewältigung.<br />
Die Krankheitseinsicht ist uneinheitlich, oftmals sogar polarisiert im Sinne von sehr gut<br />
oder sehr wenig vorhanden.<br />
Gerade die Gruppe der „Leugner“ mit ihren eher ungünstigen Katamneseresultaten (vgl.<br />
FUNKE 1990) benötigt wahrscheinlich als Erstmaßnahme ebenfalls eine kurzfristige stationäre<br />
Therapie, um anschließend, bei fundierter Krankheitseinsicht, auf ambulanter Ebene, die<br />
über lange Jahre hinweg gefestigten Muster weiter verändern zu können.<br />
Die im Hinblick auf Katamneseuntersuchungen erfolgreichste Gruppe ist die der Unauffälligen/Durchschnittspatienten,<br />
die in den diagnostischen Kriterien, außer in ihrem Suchtmittelkonsum,<br />
keine von der Norm abweichenden Ergebnisse in den psychologischen Tests TAI,<br />
FPI und MMPI aufweisen. Bei ausreichender psychosozialer Stabilität ist hier eine ausschließlich<br />
ambulante Therapie effektiv und sinnvoll.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass der jetzt Abhängigkeitskranke vor Eintritt der Abhängigkeit<br />
einen Gewinn durch den Konsum von Suchtmitteln erzielt hat. Die persönlichkeitsrelevante<br />
Betrachtung impliziert, die Funktionalität des Suchtmittels für den Betreffenden zu analysieren.<br />
Dabei steht der, durch den Konsum hervorgerufene Gewinn im Zentrum der Analyse.<br />
Die positive Beeinflussung seiner Befindlichkeit, die Stärkung von bestimmten Fähigkeiten<br />
oder die Überwindung von unguten Gefühlen haben wesentlich dazu beigetragen, dass der<br />
erlebte Gewinn in vergleichbaren Situationen wieder gesucht wurde.<br />
Je nach Persönlichkeit haben diese, zum Teil euphorisch erlebten Zustände eine solche Verstärkerwirkung<br />
hervorgerufen, dass es im Laufe der Zeit zu einer Gewöhnung und damit zu<br />
einer biopsychischen Abhängigkeitsentwicklung gekommen ist. Die somit entstandene Einschränkung<br />
der Verhaltensmöglichkeiten führte in einen Teufelskreis, aus dem der Betroffene<br />
allein nicht mehr herauskommen konnte.<br />
Die Behandlung hat sich somit auf eine Stärkung der Persönlichkeit und eine praxisorientierte<br />
fähigkeitsunterstützende Therapie zu konzentrieren. Dabei werden Verhaltensalternativen<br />
wiederentdeckt oder neu erworben und, wo immer möglich, im sozialen Kontext kritisch auf<br />
ihre Wirksamkeit hin überprüft.<br />
Mit den Patienten sind rückfallvorbeugende Strategien gemeinsam zu erarbeiten und in der<br />
Praxis zu testen. Im Verlauf der ambulanten Rehabilitation kann jedoch nur ein Rückfall nach<br />
58
ärztlich/therapeutischer Einschätzung bearbeitet werden. Ein zweiter Rückfall führt zur Entlassung<br />
aus der Behandlung.<br />
Wo immer möglich, sind die Bezugspersonen des sozialen Systems in diese Arbeit zu integrieren,<br />
um über eine Stabilisierung des Partners und des Berufssystems die<br />
Wahrscheinlichkeit einer möglichst langjährigen Abstinenzfähigkeit zu erhöhen.<br />
Behandlungsdauer<br />
Die Behandlungsdauer bezieht sich in der Regel auf einen Zeitraum von 9 bis 12 Monaten<br />
und ist orientiert an den persönlichen Fortschritten und den entsprechenden Bedingungen zur<br />
Behandlung der Patientin/des Patienten. Die vom Leistungsträger gewährten 80<br />
therapeutischen Einzel-/Gruppengespräche sowie die 12 therapeutischen Einzel-<br />
/Gruppengespräche für Angehörige stellen eine Maximalorientierung dar, im Regelfall jedoch<br />
nur bedingt notwendig erscheint.<br />
Die Behandlung beginnt als Einzelfallbearbeitung, um die ergänzenden diagnostischen Hinweise<br />
so sorgsam wie möglich herauszuarbeiten und einen vorläufigen Behandlungsplan unter<br />
Nennung der Behandlungsziele aufstellen zu können. Im Sinne einer adaptiven Indikationsstellung<br />
werden sich die Behandlungsziele und der Behandlungsplan im Laufe der Zeit den,<br />
sich ergebenden therapeutischen Interventionen anpassen.<br />
Neben der Integration in die Gruppengesprächstherapie der Ambulanz werden, gemäß Indikation,<br />
begleitende Therapien, wie Entspannungsübungen, Kreativtherapie, etc. im Verlauf der<br />
Maßnahme von, in diesem Bereich erfahrenen Therapeuten, als Blockveranstaltungen angeboten.<br />
Die ambulante Rehabilitation wird durch Verlaufsdiagnostik ständig begleitet und in Fallbesprechungen<br />
und in interner, wie externer Supervision der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
konstruktiv reflektiert.<br />
Die passagere Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe ist dringend erwünscht und wird von den<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt.<br />
Krisenintervention<br />
Zum Auffangen von Krisen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ambulanz/des<br />
Suchthilfezentrums Wetzlar/ DW Gießens zur Verfügung. Ergänzend hierzu ist der<br />
therapeutische Hintergrunddienst der <strong>Klinik</strong> als Ansprechpartner vorhanden.<br />
Kooperationsbeziehungen<br />
Die Fachambulanz kooperiert mit allen in Frage kommenden regionalen und überregionalen<br />
psychosozialen- und Suchthilfediensten, um die vorhandenen Ressourcen möglichst optimal<br />
anbieten und einsetzen zu können. Über die Suchthilfe Wetzlar e.V. ist sie Mitglied im Gemeindepsychiatrischen<br />
Verbund im Lahn-Dill-Kreis (GpV) und arbeitet auf dessen Fachebene,<br />
der Facharbeitsgemeinschaft Suchthilfe im Lahn-Dill-Kreis, intensiv mit.<br />
Diese Vernetzung spiegelt sich wider in intensiven Arbeitsbeziehungen mit den Jugend- und<br />
Sozialämtern des Lahn-Dill-Kreises und der Stadt Wetzlar, dem Staatlichen Schulamt, Schulen<br />
und Jugendhilfeeinrichtungen im Landkreis, dem Wohnungs- und Ordnungsamt der Stadt<br />
Wetzlar, der Abteilung Gesundheit des Lahn-Dill-Kreises, der Arbeitsverwaltung, den Justizbehörden,<br />
der Bewährungshilfe, der Jugendhilfe in Strafsachen, den Beratungsdiensten der<br />
Region und selbstverständlich mit den Krankenhäusern des Einzugsgebiets, einer Reihe von<br />
niedergelassenen Ärzten und allen Einrichtungen des Gemeindepsychiatrischen Verbunds.<br />
59
Angaben zu Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachambulanz sind Mitglieder der Facharbeitsgemeinschaft<br />
Suchthilfe im Lahn-Dill-Kreis, als Fachgremium des Gemeindepsychiatrischen Verbunds<br />
Lahn-Dill (GpV). In der Facharbeitsgemeinschaft werden Konzepte für Präventions-<br />
und Öffentlichkeitsarbeit entwickelt und unter Beteiligung der Fachambulanz umgesetzt. Mit<br />
den werksärztlichen Diensten in Herborn, Haiger und Wetzlar wird auf der betrieblichen<br />
Ebene aktiv zusammengearbeitet, wie auch die betriebliche Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe<br />
aktiv unterstützt werden.<br />
Dokumentation und Evaluation<br />
Die Fachambulanz wird eingegliedert in das Dokumentationssystem der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> .<br />
In Jahresberichten wird die Arbeit dokumentiert.<br />
Personal<br />
Angaben zum ärztlichen Aufgabenbereich<br />
Der Arzt hat die Aufgabe der körperlichen und psychodynamischen Diagnostik. Er überwacht<br />
den Behandlungsverlauf und wird in Fallbesprechungen über den jeweiligen <strong>Stand</strong> der Patienten<br />
durch die Psychologen und Sozialarbeiter informiert. Bei Kriseninterventionen wird er<br />
direkt in die Bearbeitung der Situation einbezogen. Im Sinne eines internen Supervisors begleitet<br />
er die therapeutische Arbeit seiner Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter. Vor der Entlassung<br />
erwirbt der Arzt über Einzelgespräche einen persönlichen Eindruck über den Verlauf und aktuellen<br />
<strong>Stand</strong> der Patientin/des Patienten am Ende der Maßnahme. Diese Einschätzung ist<br />
Grundlage für die Abschlussuntersuchung und den daraus resultierenden Entlassungsbericht.<br />
Mit den niedergelassenen Ärzten hält er Kontakt bei der Abklärung interkurrenter Erkrankungen.<br />
Berufsgruppen<br />
Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter aus folgenden Berufsgruppen werden in den Ambulanzen tätig<br />
sein:<br />
Ärztinnen/Arzt (PsychiaterIn/PsychotherapeutIn)<br />
Dipl.-Psychologinnen/-Psychologen / Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten<br />
(PTG/BDP) mit Zusatzqualifikation<br />
Dipl.-Sozialpädagoginnen/-pädagogen mit speziellen Zusatzqualifikationen<br />
Während der ambulanten Rehabilitation gelten die Richtlinien der zuständigen Leistungs- und<br />
Kostenträger.<br />
Aufgabenverteilungsplan<br />
Arzt<br />
• Anamneseerhebung, allgemeinärztliche Untersuchung<br />
• Erstellung eines individuellen Therapieplanes (in Zusammenarbeit mit Dipl.Psych.)<br />
• Verlaufsuntersuchung und Dokumentation<br />
• Zwischen- und Abschlußuntersuchung<br />
• Erstellung eines qualifizierten Abschlußberichtes<br />
60
Dipl.Psychologe<br />
• zu den vorliegenden Befunden ergänzende psychosoziale Diagnostik<br />
• Erstellung eines vorläufigen Therapieplanes<br />
• Einzel- und Gruppentherapie sowie Kriseninterventionen<br />
• adaptive Indikationsstellung der notwendigen Therapiemaßnahmen<br />
• qualifizierter therapeutischer Abschlußbericht<br />
• Dokumentation<br />
• interne Supervision<br />
Dipl.Sozialpädagogen<br />
• Einzel- und Gruppentherapie<br />
• Kriseninterventionen<br />
• ergänzende Therapieplanung<br />
• Dokumentation<br />
• qualifizierter therapeutischer Abschlußbericht<br />
Literaturhinweis<br />
• Funke, W., 1990: Differentielle Persönlichkeitsdiagnostik des chronischen Alkoholismus<br />
• Bad Tönissteiner Blätter: Beiträge zur Suchtforschung und -therapie 2, Heft 1<br />
• Klein, M. 1992: Klassifikation von Alkoholikern durch Persönlichkeits- und<br />
Suchtmerkmale, Schriftenreihe des Fachverbands<br />
• Petry, 1993: Alkoholismustherapie , Beltz, Psychologie: Verlags Union<br />
Therapievertrag<br />
<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und Frau/ Herr _________________ schließen folgenden<br />
Therapievertrag.<br />
• Die, durch den Leistungsträger gewährte, ambulante Rehabilitation beginnt am<br />
_________.<br />
• De mit den durchführenden Therapeuten vereinbarten wöchentlichen Termine müssen<br />
eingehalten werden. Sollten Sie aus körperlichen Gründen nicht teilnehmen können, muss<br />
dies durch ein ärztliches Attest belegt werden.<br />
• Eine abstinente Lebensweise ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie.<br />
Ein Rückfall kann nach ärztlicher Einschätzung eventuell bearbeitet werden. Ein<br />
wiederholter Rückfall führt zur Beendigung der Maßnahme.<br />
• Alle in der Therapie erworbenen Informationen, insbesondere über Mitpatienten,<br />
unterliegen der strengsten Schweigepflicht und dürfen nicht weitergegeben werden.<br />
61
• Hiermit erklärt sich, oben aufgeführte® PatientIn einverstanden/nicht einverstanden, dass<br />
der Entlassungsbericht an den entsprechenden Hausarzt und die vermittelnde<br />
Beratungsstelle gesandt wird (nicht zutreffendes bitte streichen).<br />
• Während der Behandlung muss der Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufgenommen werden.<br />
• Zu Verwaltungszwecken erfolgt die Speicherung von Angaben auf Datenträger.<br />
<strong>Eschenburg</strong> den,<br />
Patient <strong>Klinik</strong><br />
Erklärung<br />
Hiermit verpflichtet sich die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> dafür zu sorgen, dass bei einem personellen<br />
Ausfall der Mitarbeiter der Fachambulanz umgehend adäquater Ersatz seitens des<br />
<strong>Klinik</strong>personals gestellt wird.<br />
Dr.Klein<br />
<strong>Klinik</strong>leitung<br />
62
Adaption<br />
Vorbemerkung – Was ist Adaption?<br />
Wie im Rahmenkonzept des VDR für die Adaptionsphase beschrieben wird, „genügt bei<br />
Drogenabhängigen in aller Regel, bei alkoholabhängigen in Einzelfällen zur Erreichung der<br />
Rehabilitationsziele aufgrund der spezifischen Auswirkungen und Folgen der<br />
Abhängigkeitskrankheit eine rein suchtklinisch ausgestaltete medizinische Leistung zur<br />
Rehabilitation nicht“ (VDR-Rahmenkonzept Seite 1).<br />
Diese Patienten sind nach Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung weder den<br />
Anforderungen an das Erwerbsleben noch der eigenverantwortlichen Lebensführung<br />
gewachsen.<br />
Dementsprechend empfiehlt es sich im Anschluss an eine fachklinische Behandlung ein<br />
Training realer Alltagsbedingungen anzufügen.<br />
Adaption bedeutet demnach das Heranführen an die Herausforderungen des Erwerbslebens<br />
und weitere Stabilisierung alltagsbewältigender Fähigkeiten. Ersteres geschieht vornehmlich<br />
durch interne und externe Arbeitspraktika, letzteres durch weitere psychotherapeutische<br />
Behandlung in abnehmender Dichte sowie sozialtherapeutische Begleitung.<br />
Das vorliegende Konzept beschreibt die Rahmenbedingungen um arbeitslose, zur<br />
selbständigen Lebensführung unfähige, suchtmittelabhängige Patienten, die gegebenenfalls<br />
auch ihren Lebensmittelpunkt in diese Region verlegen wollen bei der Integration in Arbeit<br />
und Alltagsleben durch psychosoziale Hilfen zu unterstützen.<br />
Strukturelle Merkmale der Einrichtung<br />
Das Haus, das sich 10 Gehminuten entfernt von der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> im gleichen Ort<br />
befindet, verfügt über 12 Einzelzimmer, entsprechende Gruppenräume, Büros der<br />
Therapeuten sowie Werkstätten zur Durchführung von einrichtungsinternen Praktika. Die<br />
Zimmer wurden komplett neu erstellt und eingerichtet und verfügen alle über eine<br />
Küchenzeile und entsprechende Sanitäreinrichtungen wie Dusche und WC.<br />
Für die Begegnungen untereinander steht eine Aufenthaltsraum zur Verfügung.<br />
Im Kellerraum befinden sich Freizeiträume z. B. für sportliche Aktivitäten, eine<br />
haustechnische Werkstatt und eine Wäscherei.<br />
Ein Übungsbüro für Tätigkeiten an einem Computerarbeitsplatz steht ebenfalls zur<br />
Verfügung.<br />
Für die interne Phase des Arbeitspraktikums stehen die Wäscherei, die Werkstatt, das Areal<br />
von 10 000 Quadratmeter, welches sich um das Haus herum befindet, sowie die technische<br />
Ausstattung der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> zur Verfügung. Hier kann auf Möglichkeiten der Holz-<br />
und Metallverarbeitung zurückgegriffen werden.<br />
Die Gärtnerei der <strong>Klinik</strong> bietet ebenso erste Möglichkeiten sich an einen strukturierten<br />
Arbeitsablauf zu gewöhnen.<br />
Die Verbindungen zu den externen Betrieben sowie deren Struktur sind auf beigefügter<br />
Anlage näher erläutert. Die Haltestelle für Busse, die die Patienten in alle Orte wie z. B.<br />
Frohnhausen, Dillenburg und Eibelshausen bringen , ist ca. fünf Gehminuten von der<br />
Einrichtung entfernt.<br />
Zu den Betrieben innerhalb des Ortes sind nur kurze Distanzen zu überbrücken.<br />
Adaption 63
Zielgruppen und Indikation<br />
In der Adaptionseinrichtung können alkohol- und oder medikamentenabhängige Frauen und<br />
Männer aufgenommen werden, die in der Regel vorher eine stationäre<br />
Entwöhnungsmaßnahme absolviert haben.<br />
Da in den letzten Jahren polyvalente Gebrauchsmuster stark zugenommen haben, ist ein<br />
solches kein Ausschlusskriterium, jedoch darf die Drogenabhängigkeit nicht im Vordergrund<br />
stehen.<br />
Indikation<br />
• Langzeitarbeitslosigkeit (über 12 Monate)<br />
• unklare Wohnsituation<br />
• mangelnde Ressourcen in lebenspraktischen Fertigkeiten<br />
• entwicklungsbedürftige soziale Kompetenz<br />
• unklare Berufsvorstellungen bzw. nicht geklärte Umschulungswünsche<br />
Kontraindikation<br />
• akute Psychosen<br />
• schwere hirnorganische Störungen<br />
• vorrangige Abhängigkeit von Opiaten<br />
Voraussetzungen für die Aufnahme<br />
Sollte die stationäre Entwöhnungsmaßnahme in der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> absolviert worden<br />
sein, muss für den Übergang eine gültige Kostenzusage des Leistungsträgers vorliegen.<br />
Bei Übernahmen aus anderen Einrichtungen wird vom zukünftigen Patienten vorab ein<br />
Lebenslauf und eine Beschreibung seiner Zielvorstellungen erwartet. Von der<br />
vorbehandelnden Einrichtung sollte eine Kurzform des Behandlungsverlaufes sowie eine<br />
sozialmedizinische Einschätzung als Grundlage einer Belastungseinstufung vorliegen.<br />
Nach erteilter Kostenzusage durch den Leistungsträger kann dann möglichst lückenlos eine<br />
Aufnahme erfolgen.<br />
Therapiekonzept<br />
Therapeutisches Rahmenverständnis<br />
Das therapeutische Grundkonzept der Sucht-Rehabilitation basiert auf einer tiefen-<br />
psychologischen Betrachtung der Gesamt-Persönlichkeit und, speziell im Bereich der<br />
Adaption, einer genauen Verhaltensanalyse.<br />
Grundsätzlich strebt die Behandlung von Abhängigkeiten eine Stabilisierung im somatischen,<br />
psychischen und sozialen Bereich an.<br />
Die multikausalen Entstehungsbedingungen der Abhängigkeitserkrankung berücksichtigend<br />
gilt es, die vorhandenen Defizite auszugleichen und die Ressourcen zu fördern.<br />
Für den somatischen Bereich bedeutet dies:<br />
• eventuell entstandene Suchtfolgeerkrankungen zu behandeln,<br />
• Gesundheit zu fördern<br />
• körperliche Leistungsfähigkeit wiederherstellen bzw. stabilisieren<br />
Adaption 64
für den psychischen Bereich<br />
• eine bessere Selbst- und Fremdwahrnehmung vermitteln,<br />
• eigenverantwortliches Handeln fördern<br />
• intensives Erlebens von Affekten und Gefühlen ermöglichen<br />
• Rückfallprophylaxe integrieren<br />
für den sozialen Bereich<br />
• Hilfestellung bei der Bewältigung von alltagsrelevanten Fragestellungen geben.<br />
Als Grundlage für das Erreichen der entsprechenden Ziele wird die Akzeptanz des Verzichtes<br />
auf Suchtmitteln zu Grunde gelegt.<br />
Besonderheiten der Adaption<br />
Davon ausgehend, dass in der, der Adaption vorgeschalteten psychotherapeutischen<br />
Behandlungsphase eine intensive Diagnostik erfolgte, wird bei der Erstellung des<br />
Behandlungsplanes in der Adaption auf diesen Erkenntnissen aufgebaut.<br />
Besonderes Augenmerk und evtl. noch detailliert zu reflektieren ist dabei die Situation im<br />
sozialen Bereich.<br />
Neben den Fähigkeiten hinsichtlich der sozialen Kompetenz, die im wesentlichen die Art und<br />
Weise des Zusammenlebens in der Adaptionseinrichtung bestimmen und die<br />
Integrationsfähigkeit im Praktikum beeinflussen, gilt es, sämtliche Facetten des sozialen<br />
Status zu erfassen.<br />
Behandlungsziele<br />
Die Weiterbehandlung im Sinne einer Adaption geht davon aus, dass im Rahmen der<br />
psychotherapeutischen Phase bereits eine Stabilisierung der psychischen Situation<br />
stattgefunden hat und eine Motivation zur Aufrechterhaltung der gelebten Abstinenz sowie<br />
der deutliche Wunsch zur Erlangung einer zukünftig stabilen beruflichen Basis und<br />
selbstständigen Lebensführung vorhanden ist.<br />
Das vorrangige Ziel der Adaption, das heißt der Anpassung an die soziale Realität, ist die<br />
Befähigung des Patienten zur Aufnahme einer Berufsausbildung bzw. zur dauerhaften<br />
Ausübung eines Berufes und einer selbstständigen Lebensführung im Alltag.<br />
Um diese Fähigkeit herzustellen bedarf es:<br />
• einer weiteren Stabilisierung der Persönlichkeit<br />
• eines Ausbaus der Rückfallbewältigungsstrategien<br />
• eines Trainings von lebenspraktischen Fertigkeiten zur Bewältigung des Alltags und eines<br />
tätigkeitsspezifischen Trainings<br />
Der direkte Austausch zwischen den therapeutischen Mitarbeitern der Fachklinik und der<br />
Adaptionseinrichtung ermöglicht einen hohen Synergieeffekt, der das therapeutische<br />
Weiterarbeiten sehr positiv beeinflußt.<br />
Bei Übernahmen aus anderen Einrichtungen wird der Kontakt zu den vorbehandelnden<br />
Therapeuten aufgenommen.<br />
Die an den zukünftigen Berufsvorstellungen bzw. Berufsausbildungsvorstellungen orientierte<br />
Integration in die Arbeit bei externen Firmen, die schon während der psychotherapeutischen<br />
Adaption 65
Phase in der Fachklinik geplant und vororganisiert wird, ermöglicht die Erfahrung des realen<br />
Arbeitsbereiches und trainiert die notwendigen Fertigkeiten des Klienten.<br />
In der Adaptionsphase besteht die Möglichkeit, im Sinne eines Stufenplanes in der ersten<br />
Stufe einrichtungsintern ein Arbeitstraining durchzuführen, in welchem vor allem das<br />
kontinuierliche Arbeiten, die Gewöhnung an feste Zeiten, Ausdauer, Kontinuität und Training<br />
von Fertigkeiten im Vordergrund stehen. In einer zweiten Phase wird in einem externen<br />
Betrieb unter realen Bedingungen ein Arbeitspraktikum durchgeführt. Je nach persönlicher<br />
Stabilität und Grad der Kenntnisse kann unter Umgehung der internen Praktikumsphase auch<br />
direkt mit dem externen Praktikum begonnen werden.<br />
Therapiedauer<br />
Für die Patienten, die unmittelbar aus der psychotherapeutischen Phase in der <strong>Klinik</strong><br />
<strong>Eschenburg</strong> in die Adaptionseinrichtung aufgenommen werden, können nicht nur die während<br />
der Diagnostik erfassten Daten, die Anamnese und die Erfahrungen des<br />
psychotherapeutischen Therapieverlaufs lückenlos weitergegeben werden, sondern es erfolgt<br />
auch eine Objektkonstanz im Sinne der Weiterbehandlung durch bereits bekannte<br />
Therapeuten.<br />
Im Einzelfall kann dies dazu führen, die ursprünglich geplante Zeit der stationären<br />
psychotherapeutischen Suchtrehabilitationsmaßnahme zu verkürzen und die Adaptionsphase<br />
früher zu beginnen.<br />
Die Behandlungsdauer für die Adaptionsphase beträgt bis zu 3 Monate.<br />
Sollte zu einem früheren Zeitpunkt die persönliche Stabilisierung ausreichend erscheinen und<br />
die Integration in eine Berufsausbildung bzw. einen Arbeitsplatz umsetzbar sein, wird die<br />
Therapiedauer entsprechend verkürzt.<br />
Inhalt der Adaption<br />
Individuell auf die Fähigkeiten und die persönlichen Rahmenbedingungen des Einzelnen<br />
ausgerichtet, wird ein internes bzw. externes Arbeitstraining durchgeführt.<br />
In den ersten 4 Wochen der Adaptionsphase dienen zwei wöchentliche Einzelgespräche<br />
sowie mindestens eine Gruppensitzung dazu, zu ergründen, wie die Belastung des<br />
Überganges von der Psychotherapiephase in die Arbeitssituation der Adaptionsphase vom<br />
Patient bewältigt werden kann.<br />
Für Kriseninterventionen steht der Bezugstherapeut bzw. sein Vertreter ständig zur<br />
Verfügung.<br />
Nach 4 Wochen bleiben die Gruppengespräche obligat, wobei die Einzelgespräche je nach<br />
Notwendigkeit terminiert werden.<br />
Ergänzend wird der Klient in den ersten 4 Wochen und am Ende der Adaptionsphase von dem<br />
Arbeitstherapeuten im Betrieb aufgesucht, um auch vor Ort einen Eindruck von dessen<br />
Integrationsfähigkeit zu gewinnen.<br />
Internes Arbeitstraining<br />
Das interne Arbeitstraining dient primär der Gewöhnung an strukturierte Tagesabläufe und<br />
der Förderung der Ausdauer.<br />
Da bereits aus dem psychotherapeutischen Setting heraus geplant und entschieden werden<br />
kann, ob diese erste Trainingsphase überhaupt notwendig ist, trifft diese nicht auf alle<br />
Patientinnen und Patienten zu.<br />
Befinden sich die Patienten nach Abschluss der psychotherapeutischen Phase schon in einer<br />
ausreichend stabilen psychischen Verfassung und verfügen evtl. aufgrund schon bestehender<br />
Vorerfahrungen auch über hinreichende Fähigkeiten einem externen Arbeitspraktikum<br />
gerecht zu werden, wird sofort die Integration in einen externen Betrieb vorgenommen.<br />
Adaption 66
Als Übungsfelder im internen Praktikum dienen der Bereich der Hauswirtschaft (Wäscherei),<br />
der Haustechnik und des Landschaftsgartenbaus sowie die Vermittlung von Grundkenntnissen<br />
im EDV-Bereich.<br />
Kommen Patienten oder Patientinnen aus anderen Einrichtungen dient das interne Praktikum<br />
auch zur genaueren Diagnostik der Belastbarkeit, sowie der sozialen Integrationsfähigkeit.<br />
Externes Arbeitstraining<br />
Die Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> verfügt durch die seit vier Jahren bestehende<br />
Praxisorientierungsphase über einen gewachsenen Kontakt zu mittlerweile über 20 Firmen<br />
mit sehr unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern (vgl. Aufstellung im Anhang der strukturellen<br />
Merkmale).<br />
Die entsprechenden Betriebe verfügen bereits über eingehende Erfahrungen in der Integration<br />
von Suchtkranken und haben den gegenseitigen Nutzen in der Praxis erfahren.<br />
Die Patientinnen und Patienten haben die Chance mit der Auswahl des Betriebes entweder die<br />
Ausbildungsrichtung, die perspektivisch angestrebt wird, probeweise zu erfahren und die<br />
Eignung zu erproben, oder, bei bereits bestehenden Ausbildungen, wieder Fuß in ihrem<br />
angestammten Arbeitsfeld zu fassen.<br />
Durch den bereits oben beschriebenen Austausch zwischen Arbeitstherapeut und<br />
Vorgesetzten im Betrieb wird eine kontinuierliche Betreuung sichergestellt, die durch den<br />
gegenseitigen Austausch aller Beteiligten für Patient, <strong>Klinik</strong> und Betrieb mehr Sicherheit<br />
vermittelt.<br />
Am Ende des Praktikums erstellt der Arbeitgeber ein Zeugnis, das sowohl die Art und Weise<br />
der Tätigkeit als auch seine Ausführung dokumentiert.<br />
Soziotherapie<br />
Der Sozialdienst wird aus Kontinuitätsgründen von dem Sozialarbeiter der <strong>Klinik</strong><br />
<strong>Eschenburg</strong>, der auf Honorarbasis über seine fachklinische Tätigkeit hinaus weiterhin<br />
beratend für diese 12 Patienten zur Verfügung steht, in Zusammenarbeit mit dem<br />
Bezugstherapeuten sichergestellt.<br />
Die Tätigkeit umfasst gegebenenfalls die notwendige Klärung anhängiger Gerichtsverfahren,<br />
die Wohnungssuche bzw. die Integration in eine Wohngruppe, die Klärung von finanziellen<br />
Angelegenheiten etc..<br />
Bei Bedarf wird in Zusammenarbeit mit verschiedenen regionalen Anbietern von<br />
Wohngruppen die dortige Aufnahmemöglichkeit geklärt. Diese Maßnahme wird dann bei den<br />
zuständigen Leistungsträgern beantragt.<br />
In Zusammenarbeit mit den Betrieben, dem Arbeitsamt, sowie bei entsprechender<br />
Konstellation der Abteilung für berufliche Rehabilitation beim zuständigen<br />
Rentenversicherungsträger, wird so früh wie möglich versucht, einen Arbeitsplatz, eine<br />
eventuell notwendige Umschulungsmöglichkeit oder einen Ausbildungsplatz für den<br />
Betreffenden im Anschluss an die Adaptionsmaßnahme zu finden.<br />
Sollte eine regionale Eingliederung nicht gewünscht und/oder nicht sinnvoll erscheinen, wird<br />
mit alternativen überregionalen Institutionen Kontakt aufgenommen, um eine sinnvolle<br />
Fortführung der in der Phase der medizinischen Rehabilitation erzielten Ergebnisse zu<br />
gewährleisten.<br />
Im Sinne eines „sozialen Trainings“ werden unter Anleitung der Hauswirtschafterinnen<br />
alltagsrelevante Erledigungen wie waschen, putzen, einkaufen, Essenszubereitung gemeinsam<br />
geplant und durchgeführt.<br />
Medizinische und therapeutische Versorgung<br />
Adaption 67
Medizinische Versorgung<br />
Die medizinische Gesamtleitung übernimmt der leitende Arzt der <strong>Klinik</strong>. Für interkurrente<br />
Erkrankungen steht eine niedergelassene Allgemeinärztin im Ort, die bereits vertraglich mit<br />
der Fachklinik zusammenarbeitet, zur Verfügung. Notwendige Facharztbesuche können in der<br />
9 km entfernten Kreisstadt Dillenburg durchgeführt werden.<br />
Einzelgespräche<br />
Da die psychotherapeutische Kernphase im Wesentlichen als abgeschlossen anzusehen ist,<br />
dienen notwendige Einzelgespräche der Krisenintervention und Klärung der persönlichen<br />
Situation des Patienten.<br />
Gruppentherapie<br />
Im Mittelpunkt der gruppentherapeutischen Gespräche stehen die Erfahrungen im Praktikum,<br />
die Bewältigung der Arbeitsanforderungen, die Organisation des Alltags, das<br />
Freizeitverhalten sowie die detaillierte Zukunftsplanung.<br />
Dabei gilt es die bereits im psychotherapeutischen Kontext erarbeiteten Verhaltensänderungen<br />
auf ihre Praktikabilität hin zu überprüfen und den gegenseitigen Nutzen erlebter Erfahrungen<br />
im Gruppenprozess zu fördern.<br />
Die Gruppentherapie findet abends statt, so dass dadurch die Arbeitsphasen nicht<br />
unterbrochen werden müssen.<br />
Adaption 68
Stationäre Stabilisierungsphase in der Fachklinik während der Adaption<br />
Im Einzelfall kann es notwendig sein,, bereits in die Adaption verlegte Patienten für kurze<br />
Zeit wieder in die Fachklinik aufzunehmen, um durch einen strukturierteren Rahmen und ein<br />
verstärktes psychotherapeutisches Angebot Krisen und aufgetretene Destabilisierungen<br />
aufzufangen. Nach erfolgreicher Stabilisierung kann die Adaption dann fortgesetzt werden.<br />
Dies kann insbesondere bei Patienten mit Therapieerfahrung der Fall sein, die zu einem<br />
relativ frühen Zeitpunkt in die Adaption verlegt wurden.<br />
Indikationen und Voraussetzungen:<br />
Während der Adaption auftretende Krisen bei frühzeitig oder regulär dort<br />
aufgenommenen Patienten sofern eine nachvollziehbare Krankheitseinsicht und<br />
Motivation zur Behandlung vorliegt<br />
Kontraindikation<br />
• Fehlende Bereitschaft zur tiefergehenden Bearbeitung seiner Krise und nicht<br />
ausreichend entwickelte Krankheitseinsicht<br />
Verlauf und Verfahren<br />
Wenn sich aus dem psychotherapeutischen Behandlungsverlauf ein Entwicklungsstand zeigt,<br />
der einen Übergang in die Adaptionsphase als sinnvoll erscheinen lässt, wird in<br />
Übereinstimmung mit dem Patienten beim Leistungsträger ein Adaptionsantrag gestellt und<br />
die Verlegung nach der Bewilligung vorgenommen<br />
Sollte es während der Adaption zu einer Krise, beispielsweise durch Überforderung des<br />
Patienten kommen, kann eine passagere Rückverlegung in das strukturiertere Setting der<br />
Fachklinik mit intensiverem psychotherapeutischen Angebot angezeigt sein. Zur<br />
Stabilisierung werden voraussichtlich in der Regel 14 Tage ausreichen.<br />
Sofern der Pat. in seiner kerntherapeutischen Phase in der Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> behandelt<br />
wurde, wird er wieder in seine ursprüngliche Bezugsgruppe mit den ihm vertrauten<br />
Bezugstherapeuten integriert. Auch für die Gruppe kann die Bearbeitung einer in der Praxis<br />
aufgetretenen Krise eine sehr hilfreiche Erfahrung sein.<br />
Ob der Patient während dieser Stabilisierungsphase in die Fachklinik zurückzieht oder in den<br />
Räumlichkeiten der Adaption verbleibt, ist im Einzelfall zu entscheiden. In den meisten<br />
Fällen wird voraussichtlich der vorübergehende Schutzraum der Fachklinik nötig sein.<br />
Der in die Gruppe integrierte Patient nimmt an allen Angeboten der Bezugsgruppe teil und<br />
erhält zusätzlich Einzelgespräche im erforderlichen Umfang. Darüber hinaus wird der Kontakt<br />
zu seiner externen Praktikumstelle gehalten, so dass eine Wiedereingliederung in die<br />
Adaption nach 14 Tagen nahtlos möglich ist.<br />
Der Wechsel zwischen Adaption und Fachklinik wird dem Kostenträger jeweils durch einen<br />
Zwischenbericht angezeigt. Sollte eine Rückverlegung in die Adaption nicht möglich sein,<br />
wird der Kostenträger auch darüber informiert. Inhaltlich wird die Stabilisierungsphase auch<br />
im Entlassbericht der Adaption dargestellt. Um den Verwaltungsaufwand aufgrund der<br />
verschiedenen Pflegesätze in Fachklinik und Adaption in Grenzen zu halten, wird seitens der<br />
Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> vorgeschlagen, den Patienten offiziell weiter in der Adaption zu<br />
belassen und die Anzahl dieser fachklinischen Tage am Jahresende in ihrer Gesamtzahl bei<br />
den Pflegesatzverhandlungen zu berücksichtigen. Nach den vorliegenden Erfahrungen werden<br />
voraussichtlich ca. 10-15 Patienten pro Jahr davon betroffen sein.<br />
69
Konzept Intensiv Betreutes Wohnen<br />
Betreutes Wohnen in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen<br />
im Therapieverbund mit dem Diakonischen Werk Dillenburg <strong>Eschenburg</strong><strong>Stand</strong> März 2008<br />
Gliederung<br />
1. Leistungserbringer<br />
1.1 Darstellung des Anbieters<br />
1.2 Organisationsstruktur, weitere Leistungsangebote<br />
1.3 Leistungsschwerpunkte<br />
1.4 Bisherige Erfahrungen und Tätigkeiten<br />
2. Leitbild, Grundlagen und Ziele des Leistungsangebotes<br />
3. Leistungsbeschreibung<br />
3.1 Zielgruppe und Hilfebedarf<br />
3.2 Individuelle Hilfeplanung<br />
3.3 Betreuungsziele<br />
3.4 Aufnahme- und Ausschlusskriterien, Aufenthaltsdauer<br />
3.5 Form, Umfang und Inhalt der Betreuung<br />
3.5.1 Wohngruppen<br />
3.5.2 Hilfen im Alltag<br />
3.5.3 Berufliche Wiedereingliederung - Tagesstruktur<br />
3.5.4 Soziale Kontakte, Angehörigenarbeit<br />
3.5.5 Freizeitangebote<br />
4. Rahmenbedingungen und Vernetzung des Angebots<br />
4.1 Beschreibung der Lage und Räumlichkeiten, Einbindung in die Region/Infrastruktur<br />
4.2 Zugangs- und Entlassmanagement<br />
4.3 Einbindung in die Region<br />
4.4 Kooperation mit anderen Leistungserbringern<br />
4.5 Teilnahme an regionalen Gremien<br />
5. Organisation der Leistungserbringung<br />
5.1 Personal und Qualifikation<br />
5.2 Organisation der Betreuung, Interne Vernetzung und<br />
Kommunikationsstrukturen<br />
5.3 Krisenintervention, Rückfallmanagement und Rückfallprophylaxe<br />
5.4 Fortbildung, Weiterbildung und Supervision<br />
6. Qualitätssicherung<br />
6.1 Art und Inhalt des internen und externen Qualitätsmanagements<br />
6.2 Beschwerdemanagement<br />
7. Dokumentation<br />
8. Konzeptionelle Besonderheiten<br />
9. Finanzierung<br />
70
1. Leistungserbringer<br />
1.1 Darstellung des Anbieters<br />
In der Fachklinik <strong>Eschenburg</strong> werden durchschnittlich 99 alkohol- und<br />
medikamentenabhängige erwachsene Frauen und Männer im Rahmen eines<br />
suchtrehabilitationsklinischen Behandlungskonzeptes in Gruppen- und Einzeltherapie<br />
behandelt.<br />
Die Konzeption basiert auf einem integrativen Behandlungsansatz, der tiefenpsychologische,<br />
systemisch-lösungsorientierte und verhaltenstherapeutische Denk- und Vorgehensweisen<br />
beinhaltet.<br />
Neben der Suchterkrankung werden häufig Zweitdiagnosen aus dem affektiven Formenkreis,<br />
die sich meist als depressive Syndrome und/oder Angsterkrankungen darstellen und<br />
demenzielle Syndrome diagnostiziert. Essstörungen und spezifische Persönlichkeitsstörungen<br />
sowie teils rezidivierende psychotische Krankheitsbilder treten ebenso in Erscheinung.<br />
Nicht behandelt werden in der <strong>Klinik</strong> Patientinnen und Patienten mit irreversiblen<br />
hirnorganischen Schäden, akuten Psychosen, akuter Suizidalität sowie primärer Abhängigkeit<br />
von illegalen Drogen.<br />
Zum Unternehmen der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> gehört neben einer Fachambulanz zur<br />
ausschließlichen ambulanten bzw. nachstationären ambulanten Rehabilitation eine<br />
Adaptionsabteilung für langzeitarbeitslose Patientinnen und Patienten, die zuvor eine<br />
fachklinische Phase absolviert haben.<br />
1.2 Organisationsstruktur, weitere Leistungsangebote<br />
Verantwortungen im QM-System: Organisationsplan (Organigramm)<br />
Die Namen der verantwortlichen Mitarbeiter der einzelnen Bereiche sind Anhang des<br />
Management-Handbuchs bzw. in der aktuellen Version in der EDV-Dokumentendatenbank<br />
aufgeführten personifizierten Organigramms ersichtlich.<br />
71
Aufnahme-<br />
koordination<br />
Hausdienst<br />
HDL<br />
VW-Büro<br />
BüLei<br />
Küche<br />
KüLei<br />
Sozialdienst<br />
Haustechnik<br />
HTL<br />
Betriebsrat<br />
Betreutes<br />
Wohnen<br />
1.3 Leistungsschwerpunkte<br />
Geschäftsführung<br />
GF<br />
<strong>Klinik</strong>leitung<br />
GF ÄL TL<br />
Beauftragte lt.<br />
BA-Liste<br />
Adaption<br />
FAK<br />
Fachambulanz<br />
<strong>Klinik</strong><br />
<strong>Klinik</strong><br />
Ltg. Adaption ÄL<br />
Arbeitsanleiter<br />
Hauswirtschaft<br />
Schreibbüro VW<br />
*<br />
Ltg FAK<br />
FAG<br />
Fachambulanz<br />
Giessen<br />
Ltg FAG<br />
FAW<br />
Fachambulanz<br />
Wetzlar<br />
Ltg FAW<br />
Sekretariat GF<br />
**<br />
Therap. Bereich Med. Bereich<br />
TL<br />
Gruppentherapie<br />
Ergotherapie<br />
Kreativ<br />
Ergotherapie<br />
Arbeit<br />
Ergotherapie<br />
Beschäftigung<br />
Körpertherapie<br />
Physiotherapie<br />
ÄL<br />
Ärztlicher Dienst<br />
Pflegedienst<br />
Ambulante Therapie<br />
Kurzzeittherapie<br />
Langzeittherapie<br />
Adaption<br />
Therapieansätze (Verhaltenstherapie, analytisch orientiert, systemisch, lösungsorientiert,<br />
Psychodrama,)<br />
Besondere Angebote für Paare, für ältere nicht mehr Erwerbsfähige, etc..<br />
Therapien für Patienten aus dem russischen Sprachgebiet<br />
1.4 Bisherige Erfahrungen und Tätigkeiten<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> kann mittlerweile auf eine 32- jährige erfolgreiche Arbeit<br />
zurückschauen.<br />
Sie verfügt über 87 Betten und angegliederte Therapiegruppen für ambulante Rehabilitation<br />
an drei <strong>Stand</strong>orten (Dillenburg, Wetzlar und Gießen), sowie 12 Plätze in der Adaption (seit<br />
2002).<br />
PDL<br />
72
2. Leitbild, Grundlagen und Ziele des Leistungsangebotes<br />
<strong>Klinik</strong>leitbild<br />
Mit diesem Leitbild geben sich die Mitarbeiter eine Orientierung und eine kollektive Vision<br />
für ihre Arbeiten.<br />
Das Leitbild dient als Maxime dessen, was sie wollen und dient zugleich als Katalysator bei<br />
der Findung von Entscheidungen. Das Leitbild stellt daher nicht nur eine Herausforderung<br />
dar, sondern ist auch in seiner konkreten Ausgestaltung ein praktikabler Maßstab für<br />
qualitative und quantitative Zielfindung und Umsetzung.<br />
Das Leitbild untergliedert sich in die unterschiedlichen Verpflichtungen der <strong>Klinik</strong><br />
<strong>Eschenburg</strong> und wurde folgendermaßen formuliert:<br />
1. Verpflichtung – Unsere Patienten<br />
Wir unterstützen die uns anvertrauten Patienten in ihrem Therapieziel nach zufriedener<br />
Abstinenz. Wir bemühen uns alle wesentlichen Erwartungen unserer Patienten an ihre<br />
Therapie, soweit sie therapeutisch sinnvoll erscheinen, zu erfüllen. Durch die Qualität unserer<br />
Arbeit sollen unsere Patienten wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Wir<br />
arbeiten orientiert an dem einzelnen Menschen auf der Basis wissenschaftlich fundierter<br />
Erkenntnisse.<br />
2. Verpflichtung – Unsere Verantwortung gegenüber unseren Leistungsträgern<br />
Wir bemühen uns, die Erwerbstätigkeit der uns anvertrauten Patienten im Auftrag der<br />
Versicherungsgemeinschaft wieder herzustellen. Wir respektieren alle Vorgaben unserer Kosten- und<br />
Leistungsträger. Wir halten die Vorgaben ein, um evtl. notwendige Nacharbeiten für unsere Kosten-<br />
und Leistungsträger zu vermeiden. Wir arbeiten wirksam und orientieren uns an den gemessenen<br />
Ergebnissen, die wir selbst erheben und die uns durch die Leistungsträger übermittelt werden.<br />
3. Verpflichtung – Unsere Verantwortung gegenüber unseren Zuweisern<br />
Wir ermitteln systematisch die Bedürfnisse unserer Zuweiser und beziehen diese durchgängig<br />
in den Therapieprozess ihrer uns anvertrauten Patienten ein. Wir gewährleisten eine schnellst<br />
mögliche Aufnahme der angemeldeten Patienten.<br />
4. Verpflichtung – Unsere Mitarbeiter<br />
Wir nutzen systematisch die Fähigkeiten unserer Mitarbeiter. Durch klare Strukturen und das<br />
Übertragen von Verantwortungen fördern wir ein angenehmes und gutes Betriebsklima. Durch eine<br />
individuelle und bedarfsorientierte Personalentwicklung haben wir motivierte und mitdenkende<br />
Mitarbeiter.<br />
Unsere Mitarbeiter identifizieren sich mit der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>.<br />
5. Verpflichtung – Unsere Organisation sichert unsere Wirtschaftlichkeit und damit unsere<br />
Arbeitsplätze<br />
Wir arbeiten wirtschaftlich und in klaren Strukturen. Durch eindeutige Arbeitsvorgaben und<br />
überschaubare Prozesse mit klar definierten Verantwortungen sowie effektiven<br />
Überprüfungen sichern wir unsere Wirtschaftlichkeit und damit unsere langfristige Präsenz<br />
am Markt. Dies bildet die Basis für ein gesundes Wirtschaften und damit eine langfristige<br />
Sicherung unserer Arbeitsplätze.<br />
73
Grundlagen, Zielsetzungen und Leistungen des Betreuten Wohnens<br />
Grundlagen, Zielsetzungen und Leistungen erschließen sich aus Vereinbarung und<br />
Zusatzvereinbarung des Betreuten Wohnens für Menschen mit Behinderung zum<br />
Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII für ambulante Einrichtungen.<br />
„Ziel dieser Vereinbarung ist es Menschen mit Behinderung entsprechend ihrem individuellen<br />
Hilfebedarf zu unterstützen, um ein größtmögliches Maß an selbständiger Lebensführung zu<br />
erreichen. Hierfür leistet das Betreute Wohnen Hilfen zum selbst bestimmten Leben in<br />
Betreuten Wohnmöglichkeiten und wird weiterhin als wesentlicher Bestandteil in das<br />
differenzierte System der Hilfen für Menschen mit Behinderung einbezogen. Insbesondere<br />
soll der Wechsel aus einer stationären Wohneinrichtung in das Betreute Wohnen nach dieser<br />
Vereinbarung ermöglicht werden.“<br />
Die sich daraus ergebenden einzelnen Leistungen orientieren sich am individuellen<br />
Hilfebedarf, sind entsprechend weiterzuentwickeln und anzupassen.<br />
3. Leistungsbeschreibung<br />
3.1 Zielgruppe und Hilfebedarf<br />
Das Betreute Wohnen richtet sich an erwachsene Menschen, die nicht nur vorübergehend<br />
wesentlich behindert oder von Behinderung bedroht sind (§ 53 SGB XII). Bei der Zielgruppe<br />
für das Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> handelt es sich um einen<br />
Personenkreis mit einer zum Teil jahrelang vorausgehenden Abhängigkeitserkrankung,<br />
vorwiegend im Bereich Alkohol- und/oder Medikamentenabhängigkeit.<br />
Folgen können u. a. gesundheitliche Schädigungen, Vereinsamung, Verlust von Arbeitsplatz<br />
und sozialen Bezügen, abgebrochene Ausbildung, Schulden oder Vorstrafen sein.<br />
Auf Grund der gravierenden sozialen Probleme reicht bei dieser Personengruppe eine<br />
„klassische“ Entwöhnungsbehandlung oder eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme oftmals<br />
nicht aus.<br />
Das Behandlungsende käme zu abrupt, ohne dass die sozialen Probleme gelöst wären, die<br />
nach Entlassung wiederum Auslöser für Rückfälle würden. Insofern ist das Betreute Wohnen<br />
als Anschlussmaßnahme an medizinische oder stationäre soziale Rehabilitationsmaßnahmen<br />
gedacht. Nahe der Alltagsrealität wird den Klienten Hilfe zur (Wieder-)Eingliederung in die<br />
Gesellschaft geboten. Daneben wird Unterstützung beim zunehmend selbständigen Wohnen<br />
und der alltäglichen Lebensführung gewährt. Die Klienten bedürfen nicht mehr oder noch<br />
nicht den fest strukturierten Rahmen einer <strong>Klinik</strong> oder eines stationären Wohnangebotes.<br />
Bei den vorliegenden Beeinträchtigungen im Rahmen von Abhängigkeitserkrankungen<br />
handelt es sich in der Regel nach ICD 10 um<br />
Alkoholabhängigkeit (F10)<br />
Abhängigkeit von Medikamenten (F13)<br />
Polytoxikomanie (F19)<br />
Essstörungen (F 50ff)<br />
einhergehend mit<br />
Affektiven Störungen (F 30ff)<br />
Persönlichkeitsstörungen(F 60ff)<br />
Schwere neurotische Störungen(F 40ff)<br />
Schizotype Störungen (F 21ff)<br />
74
3.2 Individuelle Hilfeplanung<br />
Nach der Kontaktaufnahme steht zunächst die Ermittlung des Hilfebedarfs sowie die<br />
Erstellung eines vorläufigen Hilfeplans im Vordergrund. Dieser wird in Folge immer wieder<br />
an die sich verändernden Gegebenheiten angepasst und ist mit den leistungsberechtigten<br />
Personen partnerschaftlich abgestimmt. Die Erhebung des individuellen Hilfebedarfs<br />
personenbezogener Leistungen erfolgt standardisiert durch Verfahren zur integrierten<br />
Hilfeplanung, welche die qualitativen und quantitativen Aspekte des Hilfebedarfs umfassen<br />
(IBRP).<br />
Umfang und Dauer der Leistungen richten sich nach dem individuellen Hilfebedarf des<br />
Suchtkranken und behinderten Menschen. Das Betreute Wohnen wirkt zusammen mit ihm<br />
darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen kontinuierlich erbracht werden.<br />
Das Betreute Wohnen umfasst die im Einzelfall erforderlichen Hilfen zur Beratung,<br />
Begleitung, Betreuung und Förderung nach Maßgabe des § 54 Abs. 1 SGB XII i. V. mit § 55,<br />
Abs. 2, Ziff. 6 SGB IX.<br />
3.3 Betreuungsziele<br />
Das Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> verfolgt mit seinem Angebot das<br />
Betreuungsziel, mittels aufsuchender, begleitender und unterstützender Hilfen ein selbst<br />
bestimmtes Leben der suchtkranken Klienten im Alltag zu erhalten, zu fördern oder wieder<br />
herzustellen. Bei akuten Problemsituationen und sich anbahnenden Krisen kann zeitnah<br />
reagiert und interveniert werden.<br />
Weitere Betreuungsziele sind, die Fähigkeit zu erlangen,<br />
- auf Dauer wieder abstinent leben zu können,<br />
- im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten zu wirtschaften,<br />
- den Tag angemessen zu strukturieren,<br />
- Beziehung zu sich selbst und zu anderen Menschen aufzubauen,<br />
- auf dem Arbeitsmarkt eine für sich realistische Zukunftsperspektive zu finden,<br />
- sich Hilfe zu holen, wenn dies erforderlich ist,<br />
- die Suchtabhängigkeit mit ihren Folgeproblemen für sich anzunehmen,<br />
- wieder zu einem für den Körper gesunderen Lebensstil zu finden.<br />
3.4 Aufnahme- und Ausschlusskriterien, Aufenthaltsdauer<br />
Seitens des Betreuten Wohnens im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> sind folgende<br />
Voraussetzungen zur Aufnahme gegeben:<br />
- schriftliche Bewerbung mit Suchtverlauf, Lebenslauf und beruflichem Werdegang<br />
- Vorstellungsgespräch<br />
- abgeschlossene Entwöhnungsbehandlung oder Adaption oder abgeschlossene<br />
Entgiftungsmaßnahme (im Einzelfall)<br />
- Wille zur abstinenten Lebensführung<br />
- Motivation zum Leben in einer Wohngemeinschaft und einhergehender Akzeptanz der<br />
Regeln<br />
des Zusammenlebens und der Hausordnung<br />
- Wille zur Kooperation mit dem Betreuungsteam<br />
Über die Aufnahme des Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> entscheidet das<br />
Betreuungsteam.<br />
75
Von der Aufnahme ausgeschlossen seitens des Leistungserbringers werden Klienten mit<br />
akuter Suizidalität, akuter und chronischer Selbst- und/oder Fremdgefährdung, mit akuter<br />
Psychose bzw. Klienten, bei denen eine seelische Erkrankung od. Behinderung im<br />
Vordergrund steht. Ebenso das Vorliegen einer anhaltenden schweren Pflegebedürftigkeit.<br />
Über die grundsätzliche Aufnahme ins Betreute Wohnen entscheidet auf der Grundlage der<br />
Antragsannahme und -bearbeitung des örtlich zuständigen Trägers der Sozialhilfe der<br />
zuständige Fachbereich des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen im Benehmen mit der<br />
regionalen Hilfeplankonferenz.<br />
Die vorgehaltenen Kapazitäten stehen dabei Leistungsberechtigten sowohl aus der<br />
<strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> als auch von außerhalb zur Verfügung, regionale Bedarfe werden<br />
bevorzugt versorgt.<br />
Die Aufnahme erfolgt freiwillig bei entsprechender Indikation und gegebenenfalls mit der<br />
Einwilligung des gesetzlichen Betreuers.<br />
Die Dauer des Aufenthaltes und die Bereitstellung der Maßnahme richten sich nach der<br />
Besonderheit des Einzelfalles.<br />
Die Einrichtung bietet alle Maßnahmen zur mittel- und langfristigen Verselbständigung der<br />
betreuten Klienten. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, im Betreuten Wohnen eine<br />
unbefristete beschützte Wohn- und Lebensform zu finden.<br />
3.5 Form, Umfang und Inhalte der Betreuung<br />
3.5.1 Wohngruppen<br />
Die Möglichkeit und Fähigkeit zur eigenständigen Lebensführung ist von entscheidender<br />
Bedeutung für das Selbstbild eines Menschen. Unterstützung in der alltäglichen<br />
Selbstversorgung ist deshalb wichtig für die psychische Entwicklung jedes Menschen, ganz<br />
besonders für Menschen mit einer Abhängigkeitsproblematik. Das Betreute Wohnen bietet<br />
Hilfen zu einem selbst bestimmten Leben, es erhält oder eröffnet neu eine eigenständige<br />
Lebensführung und die soziale Eingliederung.<br />
Letztendliches Ziel ist, die betreuten Menschen zu befähigen, ein Leben außerhalb des<br />
Betreuten Wohnens zu führen.<br />
Das Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> bietet Betreute Wohngruppen für<br />
Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen an, die noch nicht in der Lage sind, selbständigere<br />
Formen der Nachsorge wahrzunehmen. In diesen Wohngruppen sollen Frauen und Männer<br />
mit meist langjähriger Suchtproblematik aufgenommen und darin unterstützt werden, ihre<br />
soziale und gesundheitliche Situation zu stabilisieren und zu verbessern.<br />
Die Wohngruppen ergänzen das regionale Betreuungsangebot.<br />
Das Betreute Wohnen ist auf kontinuierliche Betreuung ausgerichtet, nicht jedoch auf die<br />
ständige Anwesenheit des Betreuungspersonals.<br />
3.5.2 Hilfen im Alltag<br />
Die im Betreuten Wohnen angebotenen, suchtspezifischen Leistungen und Hilfen sind nach<br />
der individuellen Hilfeplanung gestaltet. Demnach ist Art und Umfang der Besonderheit der<br />
76
individuellen Lebenswelt angemessen und am Prinzip der größtmöglichen Selbstregulation<br />
bzw. des geringst möglichen Eingriffes in die Lebensverhältnisse orientiert.<br />
In dem Angebot „Hilfen bei alltäglicher Lebensführung“ sind insbesondere folgende<br />
Unterstützungsmöglichkeiten vorgesehen:<br />
- möglichst eigenständige hauswirtschaftliche Selbstversorgung<br />
- Erhalt und Training lebenspraktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten (Umgang mit Geld,<br />
Einkauf, gesunde<br />
Ernährung, Zubereiten von Mahlzeiten, angemessene Körper- und Wäschepflege,<br />
Wohnraumorganisation<br />
und -gestaltung und dessen Sauberhaltung, etc..)<br />
- Erhalt und Verbesserung von Mobilität und Orientierung<br />
- Eigenverantwortlichkeit im Umgang mit Medikamenten<br />
- Auseinandersetzung mit Angst, Depressionen und Befindlichkeitsstörungen<br />
- Sicherstellung der medizinischen Versorgung<br />
- Auseinandersetzung mit der Abhängigkeitsproblematik<br />
- Vermittlung anderer ambulanter Maßnahmen entsprechend dem individuellen Bedarf (z .B.<br />
Selbsthilfegruppen, ambulante Rehabilitation, ...)<br />
3.5.3 Berufliche Wiedereingliederung - Tagesstruktur<br />
- Erlernen einer geordneten Tages- und Wochenstruktur<br />
- Vermittlung in tagesstrukturierende Maßnahmen der Region (z.B. Tagesstruktur Sucht in<br />
Haiger)<br />
- Erhaltung, Verbesserung oder Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit: Beschäftigung /<br />
Teilzeitbeschäftigung auf dem freien oder geschützten Arbeitsmarkt<br />
- Erschließung von Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten<br />
- Umgang mit den eigenen noch vorhandenen Leistungsfähigkeiten und –defiziten<br />
3.5.4 Soziale Kontakte / Angehörigenarbeit<br />
- Erhalt und Training persönlicher Selbständigkeit<br />
- Aufbau des Selbstwertgefühles<br />
- Beziehungsgestaltung zur eigenen Person, zu Mitbewohnern, Betreuern<br />
- Aufbau und Erhalt von sozialen Beziehungen im Umfeld<br />
- Unterstützung der Kontakte zu Angehörigen<br />
- Training der Kommunikations- und Konfliktfähigkeit<br />
3.5.5 Freizeitangebote<br />
- Sport und Bewegung in den vorhandenen Freizeiteinrichtungen der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und<br />
der Adaption<br />
(Fitnessraum, Boulebahn, Tischtennis, Sportplatz, Fahrräder) sowie den vorgehaltenen<br />
Angeboten der<br />
Versorgungsregion (Hallenbad, Wanderungen in der Umgebung, Vereine)<br />
- Nutzung der vorhandenen Grillhütte der Adaption<br />
- Ausflüge in die Umgebung<br />
- Wahrnehmung vorhandener Kulturangebote bei Bedarf (Theater, Kino, Zirkus, Museen...)<br />
77
4. Rahmenbedingungen und Vernetzung des Angebots<br />
4.1 Beschreibung der Lage und der Räumlichkeiten, Einbindung in die Region<br />
Die Wohngruppen des Betreuten Wohnens im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> werden in der<br />
Gemeinde <strong>Eschenburg</strong> und ihren Ortsteilen vorgehalten.<br />
<strong>Eschenburg</strong> liegt zwischen Dillenburg, Biedenkopf und Marburg und bietet eine<br />
landschaftlich ansprechende, waldreiche Lage, kleine Ortschaften mit vollständiger<br />
Infrastruktur, so dass Einkaufsmöglichkeiten und ärztliche Versorgung gewährleistet sind.<br />
Das öffentliche Verkehrsnetz ist ausreichend ausgebaut und gut erreichbar. Der nächste<br />
Bahnhof liegt in 9 km Entfernung, womit die größeren Städte Gießen, Wetzlar, Herborn und<br />
Siegen gut erreicht werden können.<br />
Der <strong>Stand</strong>ort <strong>Eschenburg</strong> und Umgebung ist besonders geeignet, beruflich wieder Fuß zu<br />
fassen, da eine dichte mittelständische Industrie- und Handwerksstruktur langjährig<br />
angesiedelt ist.<br />
Es existiert seit langem eine eingespielte Kooperation zwischen Industrie/Handwerk und<br />
Adaption der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong>.<br />
Der Träger des Betreuten Wohnens im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> wird für die Betreuten<br />
den Wohnraum zur Verfügung stellen.<br />
Das Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> wird Wohngruppen von bis zu 4<br />
Klienten anbieten. Die Räumlichkeiten sollen für jeden Klienten ein Einzelzimmer, sowie<br />
eine gemeinsame Küche, einen gemeinsamen Aufenthaltsraum und angemessene sanitäre<br />
Anlagen für die Gruppe bieten.<br />
Die Einzelzimmer können von den Klienten selbst eingerichtet und gestaltet werden, die<br />
Einrichtung der Gemeinschaftsräume obliegt dem Leistungserbringer.<br />
Mit den Klienten werden getrennte Betreuungs- und Untermietverträge geschlossen. Im<br />
Rahmen der Planung eines Auszuges aus der Betreuten Wohngruppe erhält der Klient<br />
Unterstützung bei eigener Wohnraumsuche.<br />
4.2 Zugangs- und Entlassmanagement<br />
Das Zugangs- und Entlassmanagement im Betreuten Wohnen wird analog der in dem<br />
Management-Handbuch nach ISO 9001 und DEGEMED e.V. beschriebenen Verfahrensweise<br />
geregelt.<br />
Sowohl der Zugang als auch die Entlassung von Klienten wird gemeinsam von den<br />
Mitarbeitern und der Koordination des Betreuten Wohnens besprochen und entschieden.<br />
4.3 Kooperation mit anderen Leistungserbringern<br />
Die Betreute Wohnen im Therapieverbund <strong>Eschenburg</strong> sind ergänzende Bausteine im bereits<br />
bestehenden Versorgungssystem des Gemeindepsychiatrischen Verbundes (GPV) des Lahn-<br />
Dill-Kreises. Auf Leistungserbringer- und Mitarbeiterebene erfolgt eine enge Kooperation in<br />
den entsprechenden regionalen Fachgremien und der Hilfeplankonferenz sowie mit weiteren<br />
regionalen und überregionalen Fachdiensten und <strong>Klinik</strong>en.<br />
Bei Nachfrage an Betreutem Einzelwohnen wird in der Regel auf die Angebote der<br />
Leistungserbringer des Reha-Verbundes-Sucht im Lahn-Dill-Kreis verwiesen und wenn<br />
möglich dorthin vermittelt.<br />
78
4.4 Teilnahme an regionalen Gremien<br />
Die regelmäßige Teilnahme unserer Mitarbeiter des Betreuten Wohnens wird in den Gremien<br />
Hilfeplankonferenz, GPV Trägerbeirat, Facharbeitsgemeinschaft Sucht und Therapieverbund<br />
Sucht sichergestellt.<br />
5. Organisation der Leistungserbringung<br />
5.1 Personal und Qualifikation<br />
Den vielfältigen Zielen und Angeboten des Betreuten Wohnens entsprechend steht der<br />
Klientel suchtspezifisches Fachpersonal zur Verfügung. Hierzu gehören insbesondere Dipl.<br />
Sozialarbeiter/innen oder Dipl. Sozialpädagogen/innen oder andere Angehörige<br />
vergleichbarer Berufsgruppen, wie Erzieher/innen, Heilerziehungspfleger/innen und<br />
Fachkrankenpfleger/innen.<br />
Das bereits bestehende Team der Gesamteinrichtung <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> KG, Adaption und<br />
ambulante Rehabilitation verfügt über Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter und<br />
Fachkrankenpflegekräfte mit Zusatzausbildungen in Schuldnerberatung, Verhaltenstherapie,<br />
Psychoanalyse, Klientenzentrierte Gesprächsführung und Systemischer Ausbildung. Auf<br />
diese Ressourcen kann im Einzelfall ergänzend zurückgegriffen werden.<br />
Bei einem Betreuungsumfang von ca. 1200 Fachleistungsstunden pro Jahr wird 1<br />
Vollzeitkraft vorgehalten. Gemäß den Richtlinien zum Betreuten Wohnen ist diese zu 85%<br />
mit Fachkräften zu besetzen.<br />
5.2 Organisation der Betreuung, interne Vernetzung und Kommunikationsstrukturen<br />
Der Personaleinsatz im Betreuten Wohnen erfolgt unter Berücksichtigung des Umfanges der<br />
zu erbringenden Leistungen, die einzelfallbezogen sind und sich nach dem individuellen<br />
Hilfeplan der leistungsberechtigten Personen richten.<br />
Es existieren Wocheneinsatzpläne für das Personal.<br />
Hinsichtlich der Arbeitsorganisation und Zielerreichung finden wöchentlich<br />
Teambesprechungen statt, in denen alle klientenbezogenen Informationen und<br />
Einschätzungen kommuniziert werden und daraus neue Ansätze, Interventionen und<br />
Arbeitsverteilungen erfolgen.<br />
In Krisen und Notfallsituationen kann im Rahmen der Krisenintervention an Abenden<br />
und Wochenenden auf die vorgehaltenen Dienste der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> und der<br />
Adaption zurückgegriffen werden. Eine morgendliche Übergabe wäre in diesen<br />
Einzelfällen im Team der <strong>Klinik</strong> möglich.<br />
5.3 Krisenintervention / Rückfallmanagement und Rückfallprophylaxe<br />
Das Betreute Wohnen ist ein suchtmittelfreier Raum, d.h., dass bei akutem Rückfall der<br />
Klient einer Entgiftung zugeführt wird. Ansonsten wird im Einzelfall geprüft, welche<br />
Maßnahmen angezeigt sind. Nach Rückkehr in die Betreute Wohngruppe werden<br />
Rückfallgespräche durchgeführt, ein Rückfallvertrag abgeschlossen und die Bedingungen für<br />
einen weiteren Verbleib im Betreuten Wohnen geklärt.<br />
79
Weitere Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe: (Wieder-)Aufnahme zu Kontakten zu<br />
Selbsthilfegruppen, engmaschigere Betreuung, Beantragung weiterer Leistungen (z. B.<br />
ambulante Reha, Tagesklinik), zusätzliche psychologische Betreuung durch Mitarbeiter der<br />
Fachklinik <strong>Eschenburg</strong>, Teilnahme des Klienten an Rückfallprophylaxe-Gruppen der <strong>Klinik</strong><br />
<strong>Eschenburg</strong> oder Adaption (med. Aufklärung, verstärktes Sozialtraining, etc..).<br />
5.4 Fortbildung / Weiterbildung und Supervision<br />
Regelmäßige Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der Suchtkrankenhilfe und<br />
Hilfen im Betreuten Wohnen werden standardmäßig etabliert.<br />
Supervision für die Mitarbeiter in der Betreuung ist selbstverständlich und verpflichtend.<br />
6. Qualitätssicherung<br />
6.1 Art und Inhalt des internen und externen Qualitätsmanagements<br />
Die <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> KG und ihre Adaption ist zertifiziert nach ISO 9001:2000 unter<br />
Berücksichtigung der Qualitätsgrundsätze der DEGEMED e.V. (DEGEMED:2000). Im<br />
Rahmen dessen werden die Verfahren im Betreuten Wohnen integriert und im gleichen Zuge<br />
für das Betreute Wohnen angewandt.<br />
Zur internen Qualitätssicherung wird grundsätzlich auf das Vorhalten von erfahrenem<br />
Fachpersonal geachtet. Die Hilfepläne mittels IBRP werden nach fachlichen <strong>Stand</strong>ards<br />
(smart 1 ) formuliert und auf Zielerreichung mittels der entsprechenden Zielerreichungsbögen<br />
überprüft. Die Dokumentation der erbrachten Leistungen wird hinsichtlich der Erfordernissen<br />
des Leistungsträgers, aber auch intern gewährleistet.<br />
6.2 Beschwerdemanagement<br />
Mit Beginn des Angebotes „Betreutes Wohnen“ wird im Rahmen des<br />
Beschwerdemanagements den Bewohnern die Möglichkeit eröffnet, sich mündlich direkt<br />
beim zuständigen Betreuer oder der Leitung des Betreuten Wohnens zu beschweren.<br />
Alternativ steht ihnen der Weg zur Verfügung, sich schriftlich und ev. anonym über einen<br />
dafür vorgehaltenen Briefkasten zu beschweren.<br />
Es wird unsererseits nach gemeinsamer Besprechung umgehend auf die Beschwerde adäquat<br />
eingegangen.<br />
7. Dokumentation<br />
Unter Beachtung des sich verändernden Hilfebedarfs werden die geleisteten<br />
Fachleistungsstunden jeweils in den dafür vorgesehenen Vordrucken des LWV – Hessen<br />
dokumentiert.<br />
1 “smart“ : spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert<br />
80
Des weiteren wird im Rahmen der Qualitätssicherung das Dokumentationssystem PATFAK<br />
angewandt.<br />
8. Konzeptionelle Besonderheiten<br />
Es besteht eine unmittelbare Vernetzung zwischen Betreutem Wohnen, Adaption, Ambulanter<br />
Rehabilitation und der Fachklinik <strong>Eschenburg</strong>. Es besteht die Möglichkeit, entsprechend der<br />
vorhandenen Kapazitäten, die Angebote der Arbeits- und Beschäftigungstherapie der <strong>Klinik</strong><br />
<strong>Eschenburg</strong> und Adaption wahrzunehmen. Dies gilt auch für alle weiteren (Freizeit-<br />
)Angebote der <strong>Klinik</strong> <strong>Eschenburg</strong> KG.<br />
In Not- und Krisensituationen können <strong>Klinik</strong> oder Adaption Klienten des Betreuten<br />
Wohnens vorübergehend Schutzraum bieten.<br />
9. Finanzierung<br />
Die Grundlage für die Finanzierung des Betreuten Wohnens ist die Leistungs- Prüfungs- und<br />
Vergütungsvereinbarung nach §§ 75 SGB XII sowie die Kostenzusage des Leistungsträgers<br />
im Einzelfall.<br />
Verantwortlich für die Konzeption<br />
Dr. Thomas Klein<br />
<strong>Klinik</strong>leitung<br />
H.J. Villain<br />
Leitung Adaption<br />
81
Literaturverzeichnis<br />
• Klein, Funke in:<br />
• Körkel, Lauer, Scheller: Sucht und Rückfall,<br />
• Enke Verlag 1995<br />
• Körkel (Hrsg.): Der Rückfall des Suchtkranken – Flucht in die Sucht<br />
• Berlin Springer 1992<br />
• K.H. Bönner, Prof. Entwicklung im Alter, Sucht Aktuell, 3. Jahrgang, Heft 3/96,<br />
Fachverband Sucht<br />
• Gerd Glaeske, beruhigt bis zum Ende die Arzneimitteltherapie für ältere Menschen<br />
in Ortwein 1 /Hrsg.),<br />
Mensch und Medikament, München 1993<br />
• Vlossmann/Wernado, Alkoholabhängigkeit im Alter, Erscheinungsbild und<br />
Behandlung, Sucht Aktuell, 3. Jahrgang, Heft 3/96,<br />
Fachverband Sucht<br />
• Funke, W. 1990 Differentielle Persönlichkeitsdiagnostik des chronischen Alkoholismus.<br />
Bad Tönissteiner Blätter, Beiträge zur Suchtforschung und - therapie 2, Heft1<br />
• Heide, M. Adaptionskonzept der Adaptionseinrichtung in Landau<br />
• Klein,M. 1992 Klassifikation von Alkoholikern durch Persönlichkeits- und<br />
Suchtmerkmale, Schriftenreihe des Fachverbandes<br />
• Petry 1993 Alkoholismustherapie, Beltz Psychologie Verlags Union<br />
• Schmid, C. Adaptionsbehandlungen für Suchtmittelabhängige<br />
• Verstege, R. Adaptionskonzept des TPR-Duisburg<br />
• VDR Rahmenkonzept für die Adaptionsphase Verband der Rentenversicherungsträger<br />
1994<br />
82