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Vor 25 Jahren... - Berliner Liedertafel

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„Freude schöner<br />

Götterfunken…?“<br />

(JKr-) In diesem Jahr feiern Japan und<br />

Deutschland „150 Jahre Freundschaft“. Aus<br />

diesem Anlass gibt das Akademische Orchester<br />

Berlin (AOB) am 3. April in der <strong>Berliner</strong><br />

Philharmonie ein Konzert unter Beteiligung<br />

eines japanischen und eines <strong>Berliner</strong><br />

Chors. Das Konzert steht unter der Schirmherrschaft<br />

der Botschaft Japans und des<br />

Regierenden Bürgermeisters. Neben zwei<br />

Orchesterstücken von W. A. Mozart und<br />

Peter Aderholt kommt die 9. Symphonie<br />

von L. v. Beethoven mit Schillers Ode an<br />

die Freude zur Aufführung.<br />

Die derzeitigen Proben der Chöre werden<br />

von den jüngsten schrecklichen Ereignissen<br />

in Japan überschattet. Der Leiter des<br />

deutschen Chores bringt es auf den Punkt,<br />

wenn er beim Veranstalter freundlich anfragt:<br />

„Im Chor gehen seit Tagen die Diskussionen<br />

hin und her über das geplante<br />

Konzert. Und das Ergebnis ist immer und<br />

immer wieder: Keiner der Beteiligten hat eigentlich<br />

Lust beim gegenwärtigen Stand<br />

der Geschehnisse in Japan eine ´Ode an<br />

die Freude´ zu singen. Es ist absolut paradox,<br />

vom Fernsehsessel mit den Nachrichten<br />

von dort in die Probe zu gehen und<br />

Schillers Text zu singen.<br />

Und muss es nicht, wenn schon nicht wie<br />

Spott, dann doch wenigstens wie absolute<br />

Gedankenlosigkeit wirken, wenn wir uns,<br />

noch dazu gemeinsam mit Japanern, auf<br />

die Bühne stellen und ein Fest der Freude<br />

singen wollen?? Will, ja kann ein halbwegs<br />

mitfühlendes Publikum das Stück jetzt gerade<br />

überhaupt ertragen?? Uns im Chor<br />

fällt es mehr als schwer, in den Proben so<br />

zu tun, ´als wäre nichts´“<br />

Die Antwort des Veranstalters folgt postwendend:<br />

„…ich habe in den letzten Tagen<br />

viel mit Freunden und Musikern aus Japan<br />

gesprochen und mit der Botschaft Japans<br />

in Deutschland kommuniziert - keiner hat<br />

mir gegenüber den Wunsch geäußert, das<br />

Stück nicht zu singen bzw. aufzuführen -<br />

und das nicht nur aufgrund der sprichwörtlichen<br />

vornehmen Zurückhaltung der Japaner,<br />

sondern aus voller Überzeugung!<br />

Beethovens Ode an die Freude ist so etwas<br />

wie Japans inoffizielle Nationalhymne<br />

und für fast alle Japaner die musikalische<br />

Offenbarung überhaupt. Ich habe mit zwei<br />

Japanerinnen, die Japan am Donnerstag<br />

vor dem Beben Richtung Deutschland verlassen<br />

haben, gesprochen, und es ist für<br />

sie die größte Ehre und Freude, dieses<br />

Stück in Berlin in der Philharmonie singen<br />

zu können. Sie reisen dafür extra an und<br />

sind stolz, das Stück zum <strong>25</strong>. bzw. 27. Mal<br />

(!!!) zu singen. Für sie verbindet sich damit<br />

ein fast mystisches Glücksgefühl. Gerade<br />

in diesen schweren Stunden ist es für<br />

unsere Freunde in Japan wichtig, dass sie<br />

dieses Stück zusammen mit ihren Freunden<br />

in Deutschland singen können.<br />

Natürlich haben auch wir über diese Fragen<br />

nachgedacht und unseren Freunden in<br />

Japan mehr als einmal angeboten, das<br />

Stück abzusetzen oder sogar auf eine Anreise<br />

zu verzichten, aber diese wollen kommen<br />

und wollen in dem ´Hohen Tempel der<br />

Musik´, der <strong>Berliner</strong> Philharmonie, dieses<br />

Stück zum Klingen bringen. Die Japaner<br />

sind hier vielleicht etwas pragmatischer als<br />

wir, aber wir sollten ihnen das Erlebnis, ihre<br />

zweite Nationalhymne in der Philharmonie<br />

zu singen, nicht nehmen.“<br />

Die Haltung der Japaner wird eindrucksvoll<br />

dargelegt, wobei hinzugefügt werden kann,<br />

dass bei ihnen nicht die „Freude“ im Fokus<br />

der Schillerschen Ode, als vielmehr die<br />

weltumspannende Botschaft sowie das<br />

klassische Ideal einer Gesellschaft gleichberechtigter<br />

Menschen steht, die durch das<br />

Band der Freude und der Freundschaft verbunden<br />

sind: „Seid umschlungen, Millionen.<br />

Diesen Kuß der ganzen Welt…“.

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