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ANGEDACHT<br />
02<br />
Ein Kind liegt im Schnee, es hat sich<br />
fallen lassen in <strong>de</strong>n weiß gewor<strong>de</strong>nen<br />
Regen, in <strong>de</strong>n Pu<strong>de</strong>rzucker <strong>de</strong>s<br />
Winters, <strong>de</strong>n Weihnachtstraum aller<br />
Generationen. Und auch wenn die<br />
Auflage noch nicht so hoch ist, dass<br />
es sich darin vergraben könnte, was<br />
macht es aus? Die Beine hat es ausgestreckt<br />
und die Arme ausgebreitet,<br />
es spürt die Kälte, es weiß,<br />
dass es nicht lange so liegen kann,<br />
aber diesen Moment <strong>de</strong>r Glückseligkeit<br />
kann ihm niemand nehmen.<br />
Wenn wir diese Szene betrachten,<br />
entstehen ganz von selbst eigene Bil<strong>de</strong>r<br />
in unseren Gedanken, Erinnerungen<br />
an persönliche Erlebnisse im<br />
Schnee, Schlittenpartien o<strong>de</strong>r Skiabfahrten,<br />
Schneeballschlachten o<strong>de</strong>r<br />
Winterspaziergänge, die einen beson<strong>de</strong>ren<br />
Zauber in uns zurückgelassen<br />
haben.<br />
Vielleicht fällt uns aber auch auf,<br />
dass hier ganz unbeabsichtigt ein Engelsbild<br />
entstan<strong>de</strong>n ist: Durch die<br />
Bewegung <strong>de</strong>r Arme hat das Kind Flügel<br />
bekommen, die es auf seinem<br />
Rücken trägt. Nun wer<strong>de</strong>n viele Eltern<br />
in solchen Momenten, wenn<br />
sich ihr Kind <strong>de</strong>r Länge nach in <strong>de</strong>n<br />
Schnee wirft, weniger an Engel <strong>de</strong>nn<br />
an Bengel <strong>de</strong>nken, aber – und diese<br />
Frage führt nun auch von unserem<br />
Bild weg - wer weiß <strong>de</strong>nn eigentlich,<br />
wie Engel genau aussehen und auf<br />
welche Art und Weise sie uns begegnen?<br />
Kann es sein, dass gar nicht von<br />
vornherein feststeht, was und wer<br />
ein Engel ist?<br />
Das Kind im Schnee<br />
VON IRDISCHEN ENGELN<br />
Rudolf Otto Wiemer (1905-1998) hat<br />
einmal ein Gedicht darüber geschrieben,<br />
es lautet:<br />
Es müssen nicht Männer mit Flügeln<br />
sein, die Engel.<br />
Sie gehen leise, sie müssen nicht<br />
schrein, oft sind sie alt und hässlich<br />
und klein, die Engel.<br />
Sie haben kein Schwert, kein weißes<br />
Gewand, die Engel.<br />
Vielleicht ist einer, <strong>de</strong>r gibt dir die<br />
Hand, o<strong>de</strong>r er wohnt neben dir,<br />
Wand an Wand, <strong>de</strong>r Engel.<br />
Dem Hungern<strong>de</strong>n hat er das Brot gebracht,<br />
<strong>de</strong>r Engel. Dem Kranken hat<br />
er das Bett gemacht und er hört,<br />
wenn du ihn rufst in <strong>de</strong>r Nacht, <strong>de</strong>r<br />
Engel.<br />
Er steht im Weg und sagt: Nein, <strong>de</strong>r<br />
Engel. Groß wie ein Pfahl und hart<br />
wie ein Stein, es müssen nicht Männer<br />
mit Flügeln sein, die Engel.<br />
Für <strong>de</strong>n Dichter sind Engel jene<br />
Menschen, die für die unscheinbaren<br />
Zeichen <strong>de</strong>r Liebe stehen, für<br />
die Hand, die gereicht wird in <strong>de</strong>r<br />
Not, für das mitgebrachte Essen,<br />
auf das jemand wartet, für das gemachte<br />
Bett, mit <strong>de</strong>m man nicht<br />
gerechnet hat. Unterstützer und<br />
För<strong>de</strong>rer <strong>de</strong>s Lebens sind sie, die<br />
dort auftreten, wo sie wirklich nötig<br />
sind, nicht dort am Werk, wo wir<br />
sie gerne ausstellen, am Christbaum,<br />
an <strong>de</strong>n Weihnachtsfenstern,<br />
son<strong>de</strong>rn ganz entschie<strong>de</strong>n dort, wo<br />
es weit weniger heimelich und beschaulich<br />
zugeht.