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Materialien > Demografi scher Wandel<br />

Betriebe im<br />

demografi schen Wandel<br />

Beispiele guter Praxis im Land Bremen<br />

Arbeitnehmerkammer<br />

Bremen


Betriebe im<br />

demografischen Wandel<br />

Beispiele guter Praxis im Land Bremen<br />

Reihe „Arbeiten und Altern im Land Bremen“


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort ......................................................................................... 5<br />

Barbar Reuhl:<br />

Altern im Betrieb – den demografischen Wandel gestalten ................... 7<br />

Heiner Stück:<br />

Später in die Rente? Zum Wandel der Ausstiegspläne von älteren<br />

Beschäftigten ............................................................................... 13<br />

Axel Schröder:<br />

Vorbildliche betriebliche Regelungen einer alter(n)sgerechten<br />

Personalpolitik ............................................................................. 35<br />

Bremer Heimstiftung:<br />

Auf dem Weg zu einem strukturierteren Umgang<br />

mit der Altersthematik................................................................... 39<br />

Bremer Straßenbahn AG (BSAG):<br />

Alternde Belegschaft als Herausforderung für die<br />

Restrukturierung........................................................................... 45<br />

DaimlerChrysler:<br />

Aging Workforce – wettbewerbsfähig im demografischen Wandel ........ 51<br />

Flughafen Bremen GmbH:<br />

Gesundheitsförderungsprojekt - alternde Belegschaft im Fokus ........... 59<br />

Hellmann Worldwide Logistics GmbH & Co. KG:<br />

Arbeitskreis Gesundheit leistet Pionierarbeit..................................... 65<br />

Kraft Foods Deutschland GmbH:<br />

Alter(n)sgerechte Erwerbsbiografien als eine betriebliche<br />

Herausforderung der Zukunft.......................................................... 73


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Lebenshilfe Bremen e. V.:<br />

Ältere und jüngere MitarbeiterInnen gestalten aktiv mit im Projekt<br />

<strong>zum</strong> Wissenstransfer......................................................................79<br />

Das Instrument Job Rotation:<br />

Intelligente Lösungen für betrieblichen Qualifikationserhalt und<br />

Wissenstransfer.............................................................................87<br />

Anhang.............................................................................................. 93


Vorwort<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Bremen liegt im Trend: Die steigende Lebenserwartung, eine wachsende Zahl<br />

alter und hochbetagter Menschen sowie die anhaltend niedrige Geburtenrate<br />

begründen die Entwicklung des Landes hin zu einer alternden Gesellschaft:<br />

bereits jetzt ist mehr als ein Viertel der Einwohnerinnen und Einwohner im<br />

Land Bremen älter als 60 Jahre. Ein wesentlicher Bereich, an dem die<br />

Auswirkungen sich wandelnder Altersstrukturen bereits deutlich werden, ist<br />

die Arbeitswelt.<br />

Die Kernbelegschaften vieler Betriebe gehören heute zu den mittleren<br />

Altersgruppen. Altersteilzeit und Vorruhestandsregelungen haben nicht zur<br />

Verjüngung der Altersstrukturen in den Unternehmen geführt sondern dazu,<br />

dass Wissen und Fachkompetenz erfahrener älterer Beschäftigter mit ihnen<br />

zusammen aus den Unternehmen verschwunden sind. Beschäftigte jeden<br />

Alters können neuen Anforderungen nur dann gerecht werden, wenn sie<br />

fachliche und berufliche Weiterbildungsangebote wahrnehmen können. Die<br />

angespannte Arbeitsmarktlage mag noch manchen täuschen – der Mangel an<br />

Nachwuchs, an qualifizierten Fachkräften jedes Alters hat in den Unternehmen<br />

bereits eingesetzt, auch wenn sich viele Unternehmen, wie eine<br />

aktuelle Studie zeigt, noch nicht angesprochen fühlen. Der demografische<br />

Wandel stellt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auch im Land Bremen<br />

aktuell und in Zukunft vor große Herausforderungen. Vor allem Verantwortliche<br />

und Multiplikatoren in den Betrieben sind gefordert, Erwerbsarbeit alternsgerecht<br />

zu gestalten, um die Unternehmen in unserem Bundesland zukunftsfähig<br />

machen. Es wird einer der wesentlichen Faktoren der Standortsicherung<br />

sein, in diesem Feld Kreativität und Tatkraft zu entwickeln.<br />

Einige Betriebe in Bremen und Bremerhaven haben sich bereits auf den Weg<br />

gemacht. Mit der vorliegenden Broschüre stellt die Arbeitnehmerkammer<br />

Bremen acht Beispiele guter Praxis von Betrieben im Land Bremen vor. Wir<br />

erheben damit nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Wir wollen damit<br />

vielmehr dazu anregen und ermutigen, dass sich andere Betriebe ebenfalls auf<br />

den Weg begeben. Den demografischen Wandel in der Arbeitswelt <strong>zum</strong> Thema<br />

in unserem Bundesland zu machen, die Informationslage zu verbessern sowie<br />

Austausch und Diskussion zu fördern, ist Zielsetzung der vorliegenden<br />

Veröffentlichung.<br />

Dr. Hans-L. Endl<br />

Geschäftsführer Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

5


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

6


Altern im Betrieb – den demografischen Wandel gestalten<br />

Barbara Reuhl<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die steigende Lebenserwartung, eine wachsende Zahl alter und hochbetagter<br />

Menschen sowie die anhaltend niedrige Geburtenrate begründen die Entwicklung<br />

des Landes hin zu einer alternden Gesellschaft. Auch Bremen liegt<br />

im Trend: Ein Blick auf die Altersstruktur der Bevölkerung (Abb. 1) 1 zeigt, dass<br />

Abb. 1: Altersaufbau der Bevölkerung im Land Bremen,<br />

differenziert nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit;<br />

Stand: 31.12.2003<br />

schon jetzt mehr als ein<br />

Viertel der Menschen in<br />

Bremen und Bremerhaven<br />

älter als 60 Jahre,<br />

fast 50 % zwischen 30<br />

und 60 Jahren, nur etwa<br />

20% unter 20 Jahre alt<br />

sind. „Handlungsbedarf<br />

aufgrund des demografischen<br />

Wandels“ stellten<br />

denn auch die Fraktionen<br />

der SPD und der CDU in<br />

einer großen Anfrage in<br />

der bremischen Bürgerschaft<br />

Anfang September<br />

dieses Jahres fest.<br />

Eine alternde Gesellschaft<br />

– das trifft in besonderem<br />

Maß auch auf die Belegschaften<br />

der Betriebe in<br />

Bremen und Bremerhaven<br />

zu, und es stellt eine<br />

große Herausforderung für<br />

Verantwortliche und Multiplikatoren<br />

dar, sie anzunehmen<br />

und zu bewältigen.<br />

Der Altersdurchschnitt<br />

in vielen Unter-<br />

1 Statistisches Landsamt Bremen (Hrsg.): Statistische Monatsberichte 56. Jahrgang/2004/<br />

Heft 3 / 4, S. 3<br />

7


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

nehmen liegt gegenwärtig schon bei deutlich über 40 Jahren. Aber auch<br />

Betriebe, die jetzt noch „jung“ sind, werden eine Entwicklung nehmen, wie sie<br />

anderswo schon begonnen hat: Ganze Gruppen von Beschäftigten werden<br />

gemeinsam 30, 40 und älter. Innerhalb der nächsten 15 Jahre wird infolge<br />

der demografischen Entwicklung jede dritte Arbeitskraft im Land Bremen älter<br />

als 50 Jahre sein. Diejenigen, die innerhalb dieses Zeitraums nachrücken<br />

könnten, sind schon geboren und liegen zahlenmäßig weit unter den älteren<br />

Jahrgängen.<br />

Das zeigt, dass es bei der Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel<br />

nicht ausreicht, sich auf ältere ArbeitnehmerInnen oder allein auf die<br />

Nachwuchsfrage zu konzentrieren. Männer und Frauen aller Altersgruppen<br />

sind einzubeziehen. Betriebe, Beschäftigte und die Politik müssen neue<br />

Konzepte und Strategien entwickeln, denn die in den vergangenen Jahrzehnten<br />

praktizierten Ansätze haben nicht zu einem Altersmix in den Belegschaften<br />

beigetragen. Es hat letztendlich nicht zu einer Verjüngung der Belegschaften<br />

geführt, wenn mittels Altersteilzeit, Vorruhestandsregelungen und anderen<br />

Möglichkeiten das tatsächliche Renteneintrittsalter gesenkt wurde 2 . Wenn<br />

ältere Beschäftigte aus den Betrieben herausgehen und zugleich infolge von<br />

Arbeitsplatzabbau, Einstellungsstopp und teilweise bereits jetzt schon vorhandenem<br />

Fachkräftemangel der Nachwuchs ausbleibt, altern die Belegschaften<br />

trotzdem. In zahlreichen Betrieben konzentrieren sie sich inzwischen schon auf<br />

die mittleren Altersstufen von 40 plus. Diese Kerngruppe von Beschäftigten<br />

bildet die älteren ArbeitnehmerInnen von morgen.<br />

Eine unausgewogene Altersstruktur kann dazu beitragen, dass ein Betrieb<br />

nicht zukunftsfähig ist, beispielsweise wenn...<br />

• Möglichkeiten für Ältere versperrt sind, sich neuen fachlichen und beruflichen<br />

Herausforderungen zu stellen, weil die betriebliche Weiterbildungskultur<br />

jugendzentriert ist: Die Älteren verlernen das Lernen und die Motivation<br />

sich mit Neuem auseinanderzusetzen;<br />

• größere Gruppen von ArbeitnehmerInnen gleichzeitig in den Ruhestand<br />

eintreten: Fachkompetenzen und Erfahrungen gehen verloren, wenn nicht<br />

vorausschauend rechtzeitig der Wissenstransfer organisiert wurde;<br />

2 Heiner Stück: Altersaufbau der Belegschaften wird zunehmend <strong>zum</strong> Problem, in:<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen (Hrsg.), Bremer Arbeitnehmer Magazin 1/04, vom<br />

Januar 2004.<br />

8


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• es verpasst wurde, rechtzeitig die Unternehmensnachfolge vorzubereiten:<br />

Insbesondere in kleinen und mittleren Betrieben kann eine bedrohliche<br />

Situation entstehen 3 ;<br />

• geeignete Kinderbetreuungsmöglichkeiten fehlen: Jungen Vätern und<br />

insbesondere Müttern wird es erschwert oder unmöglich gemacht, Beruf<br />

und Familie zu vereinbaren, und qualifizierte Kräfte gehen den Betrieben<br />

verloren;<br />

• belastende Arbeitsbedingungen vorliegen: Mit zunehmendem Alter steigt<br />

das Risiko von ArbeitnehmerInnen, infolge von gesundheitlichem Verschleiß<br />

den Anforderungen im Beruf nicht mehr standhalten zu können,<br />

und es entstehen krankheitsbedingte Reibungsverluste im Betrieb;<br />

• die steigenden Belastungen infolge von Rationalisierungsdruck und Arbeitsplatzabbau<br />

mehr und mehr den jüngeren ArbeitnehmerInnen aufgebürdet<br />

werden: Deren Motivation sinkt, und auch ihre Gesundheit ist<br />

gefährdet;<br />

• es im Unternehmen keine Personal- und Organisationsentwicklungsstrategien<br />

gibt, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Belegschaften<br />

angesichts der Heraufsetzung des gesetzlichen Renteneintrittsalters zu<br />

schützen und alternsgerechte Arbeitskarrieren zu entwickeln.<br />

Kein Betrieb gleicht hinsichtlich des demografischen Wandels dem anderen.<br />

Doch nur wenige Unternehmen haben bisher ihre Altersstruktur analysiert und<br />

sie im Hinblick auf die verschiedenen Gruppen und Abteilungen des Betriebes<br />

genauer untersucht. Denn die Aufgabe geeignete Maßnahmen zu entwickeln<br />

und zu verwirklichen, stellt sich in jedem Unternehmen anders dar.<br />

Als Beispiel der typischen Altersstruktur eines großen Unternehmens in den<br />

Jahren 2000 und 2010 soll hier veranschaulicht werden (Abb. 2 und 3) 4 ,<br />

dass bei unveränderter Personalpolitik bereits innerhalb weniger Jahre aus<br />

einer „mittelalten“ eine „alte“ Belegschaft und ein massiver Arbeitskräftemangel<br />

entstehen kann.<br />

3 Lars Zerhusen, Empirische Untersuchung zur Unternehmensnachfolge innerhalb des KMU-<br />

Sektors im Lande Bremen; in: Statistisches Landesamt Bremen (Hrsg.), Statistische<br />

Monatsberichte Bremen Heft 5/6 / 2003, S. 98 ff.<br />

4 Quelle: Annegret Köchling: Projekt Zukunft, Leitfaden zur Selbstanalyse altersstruktureller<br />

Probleme in Unternehmen, Hrsg. Gesellschaft für Arbeitsschutz und Humanisierung mbH<br />

Volkholz und Partner (GfAH), Dortmund, April 2002.<br />

9


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Abb. 2: Mittelalterzentrierter Industriebetrieb im Jahr 2000<br />

Der Beispielsbetrieb rekrutiert Personal durch Ausbildung und mittels Traineeprogrammen,<br />

die für Beschäftigte bis Anfang 30 durchgeführt werden.<br />

Ältere wurden mit Altersteilzeit vorzeitig in den Ruhestand entlassen. Wenn<br />

die Personalstrategie innerhalb der zehn Jahre unverändert beibehalten wird,<br />

sinkt der Personalbestand und es ist fraglich, ob angesichts des in den kommenden<br />

Jahren nachlassenden Arbeitskräfteangebots dem Unternehmen ausreichend<br />

jüngere, qualifizierte Beschäftigte zur Verfügung stehen werden. Für<br />

ein an sich wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen wäre der Personalbestand<br />

dann aller Wahrscheinlichkeit nach zu gering, um die anstehende<br />

Arbeit oder gar Expansionsanforderungen zu bewältigen.<br />

Der demografische Wandel fordert uns alle zugleich auch heraus, unser Bild<br />

vom Altwerden, unsere Vorstellungen vom Leistungsvermögen älterer Beschäftigter<br />

zu reflektieren und Abschied zu nehmen von der Vorstellung, älter<br />

zu sein bedeute gleichzeitig automatisch eine nachlassende Leistungsfähigkeit<br />

und nicht mehr „mithalten“ zu können. In vielen Betrieben zeigt sich eine eher<br />

widersprüchliche Praxis der Wahrnehmung älterer Beschäftigter, wie der von<br />

der Hans-Böckler-Stiftung und dem Institut Arbeit und Technik herausgegebene<br />

Altersübergangs-Report 2004 belegt 5 . Wo Ältere beschäftigt werden,<br />

5 Martin Brussig: Die „Nachfrageseite des Arbeitsmarktes“: Betriebe und die Beschäftigung<br />

Älterer im Lichte des IAB-Betriebspanels 2002, Gelsenkirchen 2005.<br />

10


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Abb. 3: Mittelalterzentrierter Industriebetrieb in 2010 – Fortschreibung über Beibehaltung<br />

der Personalstrategie von 2000<br />

wird deren Leistungsvermögen von Personalverantwortlichen durchaus geschätzt.<br />

Die Bereitschaft, Ältere einzustellen, ist jedoch gering ausgeprägt.<br />

Altersspezifische Personalstrategien gibt es bisher erst in den wenigsten<br />

Unternehmen. Dabei ist es höchste Zeit für Verantwortliche und MultiplikatorInnen<br />

in den Betrieben, in dieser Hinsicht aktiv zu werden.<br />

Die Entwicklungschancen nicht zu verpassen und Betriebe zukunftsfähig zu<br />

machen, indem Arbeitsbedingungen alternsgerecht gestaltet werden, das ist<br />

die Herausforderung schon heute, aber auch für die kommenden Jahrzehnte.<br />

Welche Schwerpunkte der Gestaltung im einzelnen Betrieb gesetzt werden,<br />

hängt von der jeweiligen Situation und einer sorgfältigen Analyse ab. Viele<br />

Maßnahmen wurden bereits in Modellvorhaben entwickelt und erprobt, doch<br />

der Phantasie und Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Gestaltungsmaßnahmen<br />

können an ganz verschiedenen Stellen ansetzen und unterschiedlich<br />

ausgerichtet sein:<br />

• es können einzelne Aktivitäten sein, wie Gesundheitsförderung oder<br />

Wissensweitergabe zwischen ausscheidenden und nachfolgenden<br />

Beschäftigten;<br />

11


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• der demografische Wandel kann <strong>zum</strong> Thema und Gegenstand der<br />

Personalentwicklung gemacht werden;<br />

• alternsgerechte Arbeitsbedingungen können aber auch als wichtiges<br />

Kriterium der Unternehmensstrategie begriffen und in alle betrieblichen<br />

Entscheidungen einbezogen werden;<br />

• es können alternsbezogene Ansätze verknüpft werden mit anderen<br />

<strong>Management</strong>strategien wie z. B. Diversity <strong>Management</strong> oder Familienfreundlichkeit.<br />

Es ist zu kurz gedacht, wenn nur die Älteren in den Blick genommen werden!<br />

Der sich bereits abzeichnende Fachkräftemangel verweist darauf, dass auch<br />

die Situation und die Belange der Jüngeren und derjenigen, die im mittleren<br />

Alter sind, berücksichtigt werden müssen. Es ist dabei erforderlich,<br />

verschieden weit reichende Ansätze zu entwickeln: einerseits Maßnahmen, die<br />

jetzt greifen und beispielsweise Qualifikationslücken schließen oder für<br />

gesundheitlich eingeschränkte ArbeitnehmerInnen durch altersgerechte<br />

Arbeitsbedingungen die Weiterbeschäftigung ermöglichen. Andererseits geht es<br />

um Nachhaltigkeit. Es müssen prospektive Gestaltungsprozesse in Gang gesetzt<br />

werden, die mittelfristig wirken und zukünftige betriebliche Erfordernisse<br />

im Hinblick auf die Altersstrukturen und die damit verbundenen Gestaltungsoptionen<br />

im Blick haben. Gesundheitsgerechte, motivierende, lernförderliche<br />

und familienfreundliche, also alternsgerechte Arbeitsbedingungen in den<br />

verschiedenen Lebensphasen während des gesamten Erwerbslebens erhalten<br />

ArbeitnehmerInnen leistungsfähig und sind ein zentraler Standortfaktor.<br />

12


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Später in die Rente? Zum Wandel der Ausstiegspläne von älteren<br />

Beschäftigten<br />

Heiner Stück<br />

Seit Jahren hat der Gesetzgeber Maßnahmen entwickelt, um den frühzeitigen<br />

Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu erschweren und einen längeren<br />

Verbleib der Erwerbstätigen im Erwerbsleben herbeizuführen. Vor allem<br />

die Anhebung der Altersgrenzen sowie die Einführung von Abschlägen beim<br />

frühzeitigen Renteneintritt sollen die Erwerbstätigen veranlassen, länger<br />

berufstätig zu bleiben. Damit soll der seit drei Jahrzehnten anhaltende Trend<br />

zur Frühverrentung beendet und möglichst sogar umgekehrt werden. Findet<br />

der „Paradigmenwechsel“ – weg von der Frühverrentung und hin <strong>zum</strong> längeren<br />

Verbleib im Erwerbsleben – in den Erwartungen und Plänen der Erwerbstätigen<br />

bereits seinen Niederschlag? Das von älteren Arbeitnehmern geplante<br />

Renteneintrittsalter bietet einen guten Vorhersagewert für das tatsächlich realisierte<br />

Übergangsalter. Daher können Änderungen in den Plänen <strong>zum</strong> Renteneintrittsalter<br />

Hinweise für tatsächlich zu erwartende Änderungen beim Ausstieg<br />

aus dem Erwerbsleben geben.<br />

Ergebnisse des deutschen Alterssurveys<br />

Auf der Grundlage der beiden Wellen des deutschen Alterssurveys von 1996<br />

und 2002 hat H. Engstler (Deutsches Zentrum für Altersfragen, Berlin) die<br />

„Erwerbsbeendigungspläne“ der über 40-jährigen Erwerbstätigen vergleichend<br />

untersucht 1 . Die folgende Darstellung stützt sich auf seine Ausarbeitung.<br />

Die Praxis der sozialverträglichen „Frühausgliederung“ hat bei den Beschäftigten<br />

die Orientierung auf einen frühen Ruhestand verfestigt. Von Wünschen<br />

auf einen frühen Ruhestand kann methodisch jedoch nicht auf Erwerbsbeendigungspläne<br />

geschlossen werden, realistischer sind geäußerte Erwartungen<br />

und konkrete Pläne <strong>zum</strong> Übergang in den Ruhestand. Untersuchungen haben<br />

gezeigt, dass das subjektiv geplante oder erwartete Renteneintrittsalter einen<br />

hohen Indikator für das tatsächliche Renteneintrittsalter abgibt.<br />

1 Heribert Engstler: Geplantes und realisiertes Austrittsalter aus dem Erwerbsleben, DZA-<br />

Diskussionspapier, Nr. 41, März 2004.<br />

13


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Ausstiegspläne der Erwerbstätigen im Alter von 40 und mehr Jahren wurden<br />

für die beiden Wellen des Alterssurveys (1996/2002) verglichen, um<br />

festzustellen, ob die gesetzlichen Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit<br />

bereits ihren Niederschlag in den individuellen Erwartungen und Plänen<br />

der Erwerbstätigen <strong>zum</strong> Beginn des Ruhestandes gefunden haben.<br />

Im Jahre 1996 plante die Hälfte aller Erwerbstätigen ab 40 Jahren, spätestens<br />

mit 60 Jahren das Erwerbsleben zu beenden. Von den Erwerbstätigen<br />

im Alter von 40 bis unter 60 Jahren wollten 52 Prozent spätestens mit 60<br />

Jahren mit der Erwerbsarbeit aufhören (vgl. Abb. 1). 11 Prozent der 40- bis<br />

unter 60-jährigen Erwerbstätigen wollten mit 61 – 64 Jahren und 18 Prozent<br />

mit 65 oder mehr Jahren in den Ruhestand gehen. Rund 19 Prozent konnten<br />

kein geplantes Ausstiegsalter angeben.<br />

Abb. 1: Geplantes Ausstiegsalter aus der Erwerbstätigkeit der 40- bis 59-Jährigen,<br />

1996 und 2002 (Anteile gruppierter Antworten in Prozent)<br />

Quelle: Alterssurvey 1996 und 2002, gewichtet.<br />

Nach H. Engstler, a.a.O., S. 10<br />

14


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Im Jahre 2002 sehen demgegenüber die Renteneintrittspläne der Erwerbstätigen<br />

ab 40 Jahren schon ganz anders aus: Nur noch 35 Prozent aller<br />

Erwerbstätigen – bzw. 37 Prozent der 40- bis unter 60-jährigen Erwerbstätigen<br />

– planen, spätestens mit 60 Jahren das Erwerbsleben zu beenden.<br />

Gleichwohl hat sich der Anteil der Erwerbstätigen, der über das 60. Lebensjahr<br />

hinaus zu arbeiten beabsichtigt, im Abstand der beiden Wellen nur<br />

geringfügig erhöht (von 31,4 % auf 33,5 %). Gestiegen ist vielmehr der Anteil<br />

der Erwerbstätigen, die keine Angaben <strong>zum</strong> geplanten Ausstiegsalter machen<br />

konnten (von 18 % im Jahre 1996 auf 32 % im Jahre 2002).<br />

Die in diesem Zeitraum eingeführten Rentenreformen sowie die öffentliche<br />

Diskussion über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit haben offenbar bei den<br />

älteren Erwerbstätigen Wirkung gezeigt. Die bisher dominante Altersgrenze von<br />

60 Jahren für den Übergang in den Ruhestand verliert offenbar an Bedeutung<br />

für die Orientierung der älteren Beschäftigten. Die Abkehr von der Perspektive,<br />

nicht länger als bis <strong>zum</strong> 60. Lebensjahr zu arbeiten, konkretisiert sich jedoch<br />

nicht in Erwartungen, bis zu welchem Alter man selbst weiter erwerbstätig<br />

sein wird (die Anteilswerte für das Austrittsalter 61 – 64 Jahre sowie für 65<br />

oder mehr Jahre haben sich nur unwesentlich verändert). Vielmehr hat die<br />

Ungewissheit über den voraussichtlichen Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem<br />

Erwerbsleben stark zugenommen (von 18 % im Jahre 1996 auf 32 % im Jahr<br />

2002).<br />

Wie die folgende Abbildung zeigt, hat die Ungewissheit über das voraussichtliche<br />

Renteneintrittsalter nicht nur bei den Erwerbstätigen im mittleren Alter<br />

zugenommen, sondern auch bei den Erwerbstätigen im höheren Alter. Selbst<br />

bei den „rentennahen“ Altersgruppen (55 bis unter 60 Jahre) hat sich der<br />

Anteil der Erwerbstätigen, die kein geplantes Ausstiegsalter angeben konnten,<br />

im Laufe der sechs Jahre verdoppelt.<br />

15


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Abb. 2: Anteil der Erwerbstätigen, die noch kein geplantes Ausstiegsalter angeben können,<br />

1996 und 2002 (in Prozent)<br />

Quelle: Alterssurvey 1996 und 2002, gewichtet.<br />

Erwerbstätige im Alter von 40 bis 64 Jahren, Antwortkategorie „Weiß noch nicht“.<br />

Nach H. Engstler, a.a.O., S. 11<br />

Die Abkehr von einem frühen Ausstieg aus dem Erwerbsleben ist bei Frauen<br />

stärker als bei Männern ausgeprägt. So hat sich der Anteil der weiblichen<br />

Erwerbstätigen im Alter von 40 bis unter 60 Jahren, die spätestens mit 60<br />

Jahren in den Ruhestand gehen wollen, in Westdeutschland im Zeitraum<br />

1996 – 2002 um 21 Prozent auf 36 Prozent verringert. Anzunehmen ist, dass<br />

die Anhebung der Altersgrenze für die vorgezogene Frauenaltersrente (von 60<br />

auf 65 Jahre) diesen starken Rückgang des beabsichtigten vorzeitigen<br />

„Abschieds vom Arbeitsleben“ ausgelöst hat. Während die Anhebung der<br />

Altersgrenzen bei den Männern den Anteil der Verunsicherten vergrößert hat,<br />

hat demgegenüber die Anhebung der Altersgrenzen bei den Frauen zu einer<br />

realistischen Abkehr von frühzeitigen Ausstiegsplänen geführt.<br />

16


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Ergebnisse der Mitgliederbefragung der Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

In einer Mitgliederbefragung der Arbeitnehmerkammer Bremen sind bewusst<br />

Fragen aus dem deutschen Alterssurvey <strong>zum</strong> geplanten Renteneintrittsalter<br />

gestellt worden (August – September 2004: Telefonische Befragung von 325<br />

Personen in Bremen und Bremerhaven) .<br />

Die Arbeitnehmerkammer Bremen wollte ermitteln, wie die Arbeitnehmer und<br />

Arbeitnehmerinnen in Bremen und Bremerhaven Fragen des Alterns im Betrieb<br />

und in der Erwerbslosigkeit beurteilen, daher wurden nur Arbeiternehmer/innen<br />

im Alter von 40 und mehr Jahren befragt: 227 Erwerbstätige sowie 98 Erwerbslose.<br />

Die folgende Darstellung thematisiert vorwiegend das Problem des<br />

Renteneintritts aus der Sicht der älteren Beschäftigten.<br />

Bei der Frage „Mit welchem Alter werden Sie voraussichtlich in Rente<br />

gehen?“ ergibt sich für die 227 erwerbstätigen Befragten die folgende Verteilung<br />

(Auswahl der häufigsten Nennungen): 4,4 % mit 58 Jahren (Frauen =<br />

7,1 %, Männer = 2,3 %), 13,7 % mit 60 Jahren (Frauen = 15,2 %, Männer<br />

= 12,5 %), 4,4 % mit 62 Jahren (Frauen = 3,0 %, Männer = 5,5 %), 16,3<br />

% mit 63 Jahren (Frauen = 23,2 %, Männer = 10,9 %), 50,7 % mit 65<br />

Jahren (Frauen = 40,4 %, Männer = 58,6 %), 4,8 % der Befragten wissen<br />

es noch nicht (Frauen = 6,1 %, Männer = 3,9 %). Die Hälfte der erwerbstätigen<br />

Befragten rechnet also damit, bis zur Regelaltersgrenze von 65 Jahren<br />

„voraussichtlich“ erwerbstätig zu sein. Die Anhebung der Altersgrenzen bei den<br />

Altersrenten durch die Rentenreform hat offenbar dazu geführt, dass die<br />

Befragten – wenn möglich – eine Altersrente ohne Rentenabschläge anstreben.<br />

Bemerkenswert ist, dass mehr Frauen „voraussichtlich“ früher als Männer in<br />

Rente gehen werden.<br />

Um die Renteneintrittspläne der älteren Beschäftigten im Lande Bremen<br />

(2004) mit denen der älteren Erwerbstätigen in Deutschland (2002) vergleichen<br />

zu können, haben wir die jeweils geplanten einzelnen Lebensalter gemäß<br />

den Kategorien des deutschen Alterssurveys zusammengefasst.<br />

17


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Abb. 3: Geplantes Ausstiegsalter aus der Erwerbstätigkeit (Erwerbstätige ab 40 Jahren)<br />

(Anteile gruppierter Antworten in Prozent)<br />

18<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

4,9<br />

53,3<br />

22<br />

19,8<br />

31,5<br />

19,9<br />

13,6<br />

Land Bremen 2004 Deutschland 2002<br />

mit 60 J. oder früher mit 61 - 64 Jahren mit 65 J. oder später weiß noch n<br />

Obwohl die beiden Befragungen von Größe und Struktur her nicht vergleichbar<br />

sind, überrascht doch der Vergleich zwischen den Angaben der befragten Erwerbstätigen<br />

(ab 40 J.) <strong>zum</strong> geplanten Ausstiegsalter: Die hohe Verunsicherung<br />

der deutschen Erwerbstätigen (ab 40 J.) über den Zeitpunkt des eigenen<br />

Übergangs in den Ruhestand (31,5 % im Jahre 2002) hat sich bei den zwei<br />

Jahre später befragten bremischen Erwerbstätigen (ab 40 J.) nahezu aufgelöst<br />

(nur 5 % konnten kein geplantes Ausstiegsalter angeben). Offenbar ist den<br />

bremischen Erwerbstätigen zunehmend bewusst geworden, dass die Zeit der<br />

Frühverrentung ihrem Ende entgegen geht, offenbar haben diese älteren<br />

Erwerbstätigen inzwischen neue Orientierungen für ihren Übergang in den<br />

Ruhestand entwickelt. Nur noch 20 Prozent der bremischen Erwerbstätigen<br />

beabsichtigen, spätestens mit 60 Jahren das Erwerbsleben zu beenden,<br />

22 Prozent haben als Ausstiegsalter 61 bis 64 Jahre angegeben, 53 Prozent<br />

der bremischen Erwerbstätigen beabsichtigen, erst mit Erreichen der<br />

Regelaltersgrenze (65 J.) in den Ruhestand zu gehen (gegenüber 20 % der<br />

deutschen Erwerbstätigen im Jahre 2002).<br />

35


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die angehobenen Altersgrenzen für einen vorgezogenen Ruhestand mit möglichst<br />

minimalen Rentenabschlägen sowie die steigende Bedeutung der Regelaltersgrenze<br />

für den Rentenzugang sind offenbar von den bremischen<br />

Erwerbstätigen (ab 40 J.) bereits als neue Orientierungspunkte für ihren Übergang<br />

in den Ruhestand aufgenommen worden.<br />

Die Erwartung des DZA-Autors, „dass die derzeitige Verunsicherung einer<br />

Neuorientierung auf einen längeren Verbleib im Erwerbsleben mit konkreteren<br />

Vorstellungen <strong>zum</strong> Zeitpunkt des Übergangs in den Ruhestand weicht“ 2 , hat<br />

sich <strong>zum</strong>indest für die befragten Erwerbstätigen im Lande Bremen inzwischen<br />

erfüllt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass inzwischen weitere Renten- und<br />

Arbeitsmarktreformen beschlossen worden sind, die weitere Anreize für einen<br />

späteren Austritt aus dem Erwerbsleben enthalten. Der vom Gesetzgeber angestrebte<br />

„Paradigmenwechsel“ vom frühen <strong>zum</strong> späten Ausstieg aus dem<br />

Erwerbsleben scheint inzwischen einen subjektiven Niederschlag in den individuellen<br />

Planungen des Übergangs in den Ruhestand gefunden zu haben.<br />

Hierzu dürfte auch die im letzten Jahre verstärkt geführte öffentliche Diskussion<br />

über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit beigetragen haben.<br />

Abb. 4: Geplantes Ausstiegsalter der bremischen Erwerbstätigen (ab 40 J.)<br />

(Anteile gruppierter Antworten in Prozent)<br />

geplantes<br />

Ausstiegs-<br />

alter<br />

männliche weibliche<br />

Altersgruppen<br />

Erwerbstätige Erwerbstätige 40 – 45 J. 46 – 55 J. 56 u.m. J.<br />

(128) (99) (79) (78) (70)<br />

% % % % %<br />

weiß nicht 3,9 6,1 5,0 7,6 1,4<br />

65 J.od.später 61,7 42,4 50,7 53,9 55,7<br />

61 – 64 Jahre 17,2 28,2 15,2 20,5 31,4<br />

60 J.od.früher 17,2 23,3 29,1 18,0 11,5<br />

100,0 100,0 100,0 100,0 100,0<br />

Die Aufgliederung des geplanten Ausstiegsalters nach dem Geschlecht der<br />

bremischen Erwerbstätigen bestätigt den bekannten Befund, dass die Männer<br />

im Durchschnitt später in den Ruhestand gehen als die Frauen. So beabsichtigen<br />

62 Prozent der erwerbstätigen Männer – gegenüber 42 Prozent der<br />

erwerbstätigen Frauen – mit 65 Jahren oder später die Berufstätigkeit zu<br />

beenden, also sogar die Regelaltersgrenze ohne Rentenabschläge erreichen zu<br />

wollen. Bei den bremischen Befragten, die früher aus dem Erwerbsleben aus-<br />

2 H. Engstler, a.a.O., S. 20<br />

19


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

steigen wollen, dominiert innerhalb der Kategorie „61 bis 64 Jahre“ das Ausstiegsalter<br />

von 63 Jahren, innerhalb der Kategorie „60 Jahre oder früher“ das<br />

Ausstiegsalter von 60 Jahren. Diese Angaben reflektieren offenbar die für<br />

bestimmte Jahrgänge noch bestehenden Möglichkeiten, mit 60 oder mit 63<br />

Jahren eine Altersrente mit Abschlägen vorzeitig in Anspruch nehmen zu können<br />

(Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit, Altersrente für<br />

Frauen) 3 .<br />

Die Aufgliederung des geplanten Ausstiegsalters nach 3 Altersgruppen<br />

(40–45 J. / 46–55 J. / 56 u. m. J.) vermittelt folgendes Bild: je jünger die<br />

Befragten sind, umso früher erwarten sie, das Arbeitsleben zu beenden, je<br />

älter die Befragten sind, umso später beabsichtigen sie, in Rente zu gehen.<br />

Die noch erwerbstätigen älteren Beschäftigten, die die Altersgrenze von 55<br />

Jahren bereits überschritten haben, weder erwerbslos noch erwerbsunfähig<br />

sind, kalkulieren realistisch mit einem späten Renteneintritt (8,6 % mit 60<br />

Jahren, 5,7 % mit 62 Jahren, 22,9 % mit 63 Jahren, 54,3 % mit 65<br />

Jahren).<br />

Abb 5: Geplantes Ausstiegsalter der bremischen Erwerbstätigen (ab 40 J.)<br />

nach Bildungsabschluss<br />

geplantes<br />

Ausstiegsalter<br />

20<br />

Betriebliche Fachhochschul- Hochschul-<br />

Ausbildung<br />

abschluss<br />

abschluss<br />

(131) (34) (50)<br />

% % %<br />

weiß nicht 4,6 5,9 6,0<br />

65 J. oder später 48,0 50,0 70,0<br />

61 – 64 Jahre 26,0 14,7 14,0<br />

60 J. oder früher 21,4 29,4 10,0<br />

100,0 100,0 100,0<br />

3 Vergleiche im Anhang die von H. Engstler erstellte Übersicht 1: Anhebung der Altersgrenzen<br />

für die vorgezogenen Altersrenten in der gesetzlichen Rentenversicherung.


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die bremischen Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss beabsichtigen in viel<br />

höherem Maße als die Erwerbstätigen mit betrieblicher Ausbildung oder mit<br />

Fachhochschulabschluss, die Regelaltersgrenze von 65 Jahren im Erwerbsleben<br />

zu erreichen. Dieser Unterschied dürfte aus dem höheren Berufseintrittsalter<br />

der Hochschulabsolventen sowie der geringeren körperlichen Belastung<br />

(z. B. durch Schichtarbeit) im Vergleich zu den Beschäftigten mit betrieblicher<br />

Ausbildung, welche häufig im gewerblichen Bereich arbeiten, resultieren. Die<br />

Gesundheits- und Einkommenssituation gelten allgemein als Determinanten<br />

der Entscheidung über den Zeitpunkt des Übergangs in den Ruhestand.<br />

Auf die Frage, mit welchem Alter die Befragten „voraussichtlich in Rente<br />

gehen (werden)“, folgte unmittelbar die Frage: „Entspricht es Ihrem Wunsch,<br />

zu diesem Zeitpunkt aufzuhören oder würden Sie lieber schon früher aufhören<br />

oder noch länger arbeiten?“ Von den 227 erwerbstätigen Befragten haben<br />

mehr Personen den Wunsch geäußert, „lieber schon früher auf(zu)hören“<br />

(50 %), als „zu diesem Zeitpunkt aufzuhören“ (44 %). 6 % der Befragten<br />

möchten „noch länger“ als zu dem zuvor angegebenen Zeitpunkt des<br />

Renteneintritts arbeiten. Es zeigt sich also eine Diskrepanz zwischen dem<br />

erwarteten und dem gewünschten Zeitpunkt des Renteneintritts. Während<br />

auf der einen Seite die Hälfte der erwerbstätigen Befragten damit rechnet,<br />

voraussichtlich mit 65 Jahren in Rente zu gehen, äußert auf der anderen Seite<br />

die Hälfte der erwerbstätigen Befragten den Wunsch, zu einem früheren – als<br />

dem zuvor angegebenen – Zeitpunkt „aufzuhören“.<br />

Abb. 6: Verhältnis von Wunsch und Absicht bzgl. Zeitpunkt des Renteneintritts<br />

gewünschter<br />

Zeitpunkt<br />

Altersgruppen<br />

40 – 45 Jahre 46 – 55 Jahre 56 u. m. Jahre<br />

(79) (78) (70)<br />

% % %<br />

möchte zu diesem Zeitpunkt aufhören 49,4 35,9 47,1<br />

möchte früher aufhören 44,3 57,7 47,1<br />

möchte länger arbeiten 6,3 6,4 5,8<br />

100,0 100,0 100,0<br />

Bei den „rentennahen“ Jahrgängen (56 u. m. J.) halten sich die Wünsche,<br />

<strong>zum</strong> angegebenen Zeitpunkt mit der Arbeit „aufzuhören“ (47 %) oder aber<br />

„schon früher auf(zu)hören“ (47 %) die Waage (vgl. Abb. 6). Diese Altersgruppe<br />

kann bereits konkrete Vorstellungen über den Zeitpunkt des Übergangs<br />

in den Ruhestand entwickeln. Die nachfolgende Altersgruppe (46 – 55 J.) von<br />

21


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Erwerbstätigen möchte von den drei Altersgruppen am häufigsten – zu 58<br />

Prozent – „lieber schon früher aufhören“ (als zu dem zuvor angegebenen Zeitpunkt).<br />

Diese „älteren Arbeitnehmer“ (offizielle Definition: ab 45 J.) befinden<br />

sich angesichts der Arbeitsmarktsituation sowie der Auswirkungen der Rentenreformen<br />

– wie auch der absehbaren Geltungsdauer des Altersteilzeitgesetzes<br />

– in einer besonders kritischen Situation: Sie wissen bereits, dass das<br />

Ende der Frühverrentung naht, würden am liebsten aber noch – gemäß der<br />

bisherigen Praxis der Frühverrentung – früher in den vorzeitigen Ruhestand<br />

gehen, obwohl ihnen bewusst ist, dass sie diesen Wunsch nicht werden realisieren<br />

können.<br />

Während bei der Frage, ob der zuvor angegebene Zeitpunkt des Ruhestandes<br />

dem Wunsch entspricht, sich keine Unterschiede nach dem Geschlecht der<br />

Befragten ergeben, lassen sich Unterschiede nach der Funktion und dem Bildungsabschluss<br />

der Befragten feststellen: Die Befragten mit leitender Funktion<br />

möchten weniger häufig (44 %) früher aufhören als die Befragten ohne leitende<br />

Funktion (52 %), die Befragten mit Hochschulabschluss möchten entsprechend<br />

weniger häufig (44 %) früher aufhören als die Befragten mit<br />

betrieblicher Ausbildung (50 %) oder mit Fachhochschulabschluss (59 %).<br />

Lediglich bei den Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss halten sich die<br />

Wünsche, <strong>zum</strong> erwarteten Zeitpunkt (44 %) oder schon früher (44 %) aufzuhören,<br />

die Waage. Bei den Erwerbstätigen mit betrieblicher Ausbildung oder<br />

mit Fachhochschulabschluss überwiegen demgegenüber die Wünsche, früher<br />

als <strong>zum</strong> erwarteten Zeitpunkt aufzuhören (vgl. Abb. 7). Es ist anzunehmen,<br />

dass diese Beschäftigten wissen, dass sie diese Wünsche nicht mehr werden<br />

realisieren können.<br />

Abb. 7: Verhältnis von Wunsch und Absicht bzgl. Zeitpunkt des Renteneintritts<br />

22<br />

gewünschter<br />

Zeitpunkt<br />

möchte zu diesem Zeitpunkt<br />

aufhören<br />

Bildungsabschluss<br />

Betriebliche Fachhochschul- Hochschul-<br />

Ausbildung abschluss abschluss<br />

(131) (34) (50)<br />

% % %<br />

45,0 35,3 44,0<br />

Möchte früher aufhören 50,4 58,8 44,0<br />

Möchte länger arbeiten 4,6 5,9 12,0<br />

100,0 100,0 100,0


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die 113 Befragten, die früher in Rente gehen wollen, sind gefragt worden, in<br />

welchem Alter sie denn mit der Arbeit aufhören möchten. Die Ergebnisse zu<br />

dieser Frage bestätigen die aus anderen Untersuchungen bekannte „Wunschaltersgrenze“<br />

von 60 Jahren. Etwas mehr als die Hälfte dieser Befragten (52<br />

%) möchten mit 60 Jahren in Rente gehen (Frauen = 45 %, Männer = 58<br />

%). Bereits mit 55 Jahren möchten immerhin 15 % dieser Befragten mit der<br />

Arbeit aufhören (Frauen = 18,4 %, Männer = 12,5 %), mit 58 Jahren<br />

möchten 12 % dieser Befragten (Frauen = 14,3 %, Männer = 10,9 %) in<br />

Rente gehen. Es zeigt sich also auch bei dieser Frage, dass die weiblichen<br />

früher als die männlichen Beschäftigten die Erwerbsarbeit beenden möchten.<br />

Die eine Hälfte der bremischen Erwerbstätigen möchte also lieber früher als<br />

<strong>zum</strong> beabsichtigten Zeitpunkt aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Die gesellschaftlich<br />

etablierte Frühverrentung mit 60 Jahren bildet seit Jahrzehnten also<br />

nach wie vor die „Wunschaltersgrenze“ für die Hälfte der im Lande Bremen<br />

befragten Erwerbstätigen, obwohl diese Beschäftigten inzwischen die Gewissheit<br />

haben, dass die Perspektive des frühen Ausstiegs mit spätestens 60 Jahren<br />

realistischerweise (allenfalls mit schmerzlichen finanziellen Einbußen)<br />

nicht mehr besteht. Die andere Hälfte der bremischen Erwerbstätigen hat<br />

demgegenüber offenbar die Relevanz der Rechtsänderungen für ihre zukünftigen<br />

Möglichkeiten des Ausstiegs aus dem Erwerbsleben bereits erkannt: Die<br />

angehobenen Altersgrenzen für den Beginn der vorgezogenen Altersrenten<br />

sowie die zunehmende Bedeutung der Regelaltersgrenze für den Rentenzugang<br />

werden von diesen Befragten bereits als Orientierungspunkte für ihren Übergang<br />

in den Ruhestand aufgenommen (63/65 Jahre).<br />

Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten bis <strong>zum</strong> Renteneintritt<br />

Ein erheblicher Anteil der erwerbstätigen Befragten kann offenbar wegen der<br />

Belastungen am Arbeitsplatz sowie der daraus folgenden gesundheitlichen<br />

Probleme die aktuelle Tätigkeit voraussichtlich nicht bis zur Rente ausführen.<br />

Die Frage „Was meinen Sie, können Sie Ihre jetzige Tätigkeit gesundheitlich<br />

voraussichtlich bis zur Rente ausführen?“ haben zwar 176 der 227 erwerbstätigen<br />

Befragten bejaht (77,5 %), aber doch insgesamt 22,5 % verneint<br />

(nicht bis zur Rente, aber noch sehr viele Jahre = 12 %, nicht bis zur Rente<br />

und nur noch wenige Jahre = 5,7 %, im Grunde schon jetzt nicht mehr = 4,8<br />

%). Die männlichen Befragten, die ja auch später als die weiblichen Befragten<br />

in Rente gehen wollen, äußern entsprechend häufiger (81,3 %) die Ansicht,<br />

kein Problem damit zu haben, bis zur Rente zu arbeiten, als die weiblichen<br />

23


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Befragten (72,7 %). Von der „rentennahen“ Altersgruppe (56 u. m. J.) ist ein<br />

Viertel der Auffassung, aus gesundheitlichen Gründen die jetzige Tätigkeit<br />

nicht bis zur Rente ausführen zu können. Die Befragten mit leitender Funktion<br />

(88 %) sowie die Befragten mit Hochschulabschluss (86 %) haben überdurchschnittlich<br />

häufig „kein Problem, bis zur Rente zu arbeiten“, ein deutlicher<br />

Hinweis darauf, dass Beschäftigte in ausführender Stellung sowie mit<br />

betrieblicher Ausbildung besonderen Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt<br />

sind, die zu gesundheitlichen Problemen führen (vgl. Abb. 8).<br />

Abb. 8: Jetzige Tätigkeit gesundheitlich bis zur Rente ausführen können<br />

24<br />

gesundheitliches<br />

Problem<br />

kein Problem, bis zur<br />

Rente zu arbeiten<br />

Problem, bis zur<br />

Rente zu arbeiten<br />

leitende Funktion B i l d u n g s a b s c h l u s s<br />

ja nein<br />

Betriebliche<br />

Ausbildung<br />

FachhochschulabschlussHochschulabschluss<br />

(66) (159) (131) (34) (50)<br />

% % % % %<br />

87,9 73,6 76,3 70,6 86,0<br />

12,1 26,4 23,7 29,4 14,0<br />

100,0 100,0 100,0 100,0 100,0<br />

Anschließend wurden die 227 Erwerbstätigen gefragt: „Was meinen Sie, was<br />

könnte Ihr Betrieb tun, damit Sie Ihre Arbeitsfähigkeit bis zur Rente erhalten?“<br />

Nahezu 4 von 10 Befragten (38 %) meinen, der Betrieb bräuchte „gar<br />

nichts“ zu tun („brauche ich nicht“). Umgekehrt formuliert: Die Mehrheit der<br />

Befragten meint, der Betrieb müsse etwas zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit<br />

der Beschäftigten tun, an 1. Stelle steht dabei die Ansicht, der Betrieb sollte<br />

die „Belastungen am Arbeitsplatz verringern“ (32 %), an 2. Stelle der<br />

Nennungen steht die Aufforderung an den Betrieb, Gesundheitskurse anzubieten<br />

(15 %), an 3. Stelle „Arbeitszeit verkürzen“ (12 %), an 4. Stelle<br />

„Schichtarbeit abbauen“ (9 %), sonstige Maßnahmen werden insgesamt von<br />

14 % der Befragten genannt (Mehrfachnennungen = 120 %).


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Abb. 9: Erwartete Maßnahmen des Betriebes zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der<br />

Beschäftigten bis <strong>zum</strong> Renteneintritt<br />

männliche weibliche Altersgruppen<br />

Erwartete Erwerbstätige Erwerbstätige 40 – 46 – 56<br />

Maßnahmen<br />

45 J. 55 J. u.m.J.<br />

(128) (99) (79) (78) (70)<br />

% % % % %<br />

Arbeitszeit verkürzen 15,6 7,1 11,4 14,1 10,0<br />

Schichtarbeit abbauen 12,5 4,0 11,4 9,0 5,7<br />

Belastungen am<br />

Arbeitsplatz verringern<br />

31,3 32,3 36,7 33,3 24,3<br />

Wechsel auf einen<br />

anderen Arbeitsplatz<br />

Gesundheitskurse<br />

anbieten<br />

5,5 3,0 6,3 3,8 2,9<br />

13,3 18,2 20,3 10,3 15,7<br />

Sonstiges 9,4 10,1 15,2 9,0 4,3<br />

gar nichts,<br />

brauche ich nicht<br />

36,7 39,4 29,1 38,5 47,1<br />

Mehrfachnennungen 124,3 114,1 130,4 118,0 110,0<br />

Die männlichen Befragten äußern – gemäß ihrer Arbeitssituation – häufiger als<br />

die weiblichen Befragten die Auffassung, der Betrieb solle die Arbeitszeit verkürzen<br />

sowie die Schichtarbeit abbauen, die weiblichen Befragten erwarten –<br />

gemäß ihrem höheren Gesundheitsbewusstsein – häufiger als die männlichen<br />

Befragten, dass der Betrieb Gesundheitskurse anbieten solle, damit sie ihre<br />

Arbeitsfähigkeit bis zur Rente erhalten können. Mit Blick auf die Notwendigkeit,<br />

Gesundheit und Arbeitsfähigkeit bis <strong>zum</strong> Rentenalter erhalten zu müssen,<br />

sind demnach die befragten Erwerbstätigen „weiter“ (im Sinne des Problembewusstseins)<br />

als die Betriebe in ihren tatsächlichen Maßnahmen. Sowohl die<br />

männlichen als auch die weiblichen Befragten nennen als wichtigste Maßnahme<br />

zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit die Verringerung der Belastungen<br />

am Arbeitsplatz.<br />

Die Aufgliederung der vom Betrieb erwarteten Maßnahmen nach den drei<br />

Altersgruppen zeigt ein interessantes Ergebnis: je älter die befragten Erwerbstätigen<br />

sind, umso häufiger meinen sie, sie bräuchten seitens des Betriebes<br />

keine Maßnahmen, um ihre Arbeitsfähigkeit bis zur Rente zu erhalten (vgl.<br />

25


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Abb. 9). Diese „rentennahe“ Altersgruppe, die noch erwerbstätig ist, meint fast<br />

zur Hälfte (47 %), sie benötige keine betrieblichen Maßnahmen. Anzunehmen<br />

ist, dass es sich bei diesen älteren Beschäftigten um eine „positive Auswahl“<br />

handelt. Umgekehrt ergibt sich im Zusammenhang mit dem Lebensalter der<br />

Beschäftigten folgende Tendenz: Je jünger die Erwerbstätigen (ab 40 J.) sind,<br />

umso häufiger erwarten sie vom Betrieb, die Belastungen am Arbeitsplatz zu<br />

verringern, damit sie bis <strong>zum</strong> Renteneintritt ihre Arbeitsfähigkeit erhalten können<br />

(40 – 45 J. = 37 %, 46 – 55 J. = 33 %, 56 u. m. J. = 24 %). Die<br />

Erwerbstätigen, die die Mitte ihres Erwerbslebens (40 Jahre) bereits überschritten<br />

haben, haben vor ihren Augen das Szenario, dass sie gezwungen sein<br />

werden, erheblich länger erwerbstätig sein zu müssen als die Generationen,<br />

die in den letzten drei Jahrzehnten vorzeitig in den Ruhestand gegangen sind.<br />

Umso notwendiger werden betriebliche Maßnahmen zur Verringerung der<br />

Belastungen und zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit.<br />

Die Erwartung der befragten Erwerbstätigen, dass der Betrieb Maßnahmen zur<br />

Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit bis <strong>zum</strong> Renteneintritt ergreifen sollte, ist<br />

jedenfalls weitaus höher ausgeprägt als das tatsächliche Angebot des Betriebes<br />

für ältere Beschäftigte (aus Sicht der befragten Erwerbstätigen).<br />

So haben die Frage „Gibt es in Ihrem Betrieb spezielle Maßnahmen oder<br />

Angebote für ältere Beschäftigte?“ lediglich ein Fünftel (19,4 %) bejaht,<br />

nicht ganz drei Viertel (72,7 %) haben diese Frage verneint (weiß nicht =<br />

7,9 %). Auffällig ist, dass die Männer weit häufiger (25,8 %) als die Frauen<br />

(11,1 %) angegeben haben, dass es in ihrem Betrieb Maßnahmen oder Angebote<br />

für ältere Beschäftigte gäbe. Dabei ist jedoch hervorzuheben, dass die<br />

Hälfte der 44 Befragten, die spezielle Angebote für ältere Beschäftigte in ihrem<br />

Betrieb angegeben haben, Altersteilzeit als Angebot benannt haben, und weitere<br />

Befragte Vorruhestandsregelungen, also Formen des vorzeitigen Ausscheidens<br />

aus dem Erwerbsleben; demgegenüber haben lediglich 11 von 44<br />

Befragten (25 %) die Maßnahme „weniger belastende Tätigkeit“ genannt<br />

(sowie 14 % Gesundheitskurse). Die Mehrfachnennungen ergeben insgesamt<br />

125 % (55 Nennungen von 44 Befragten).<br />

Es ist offenkundig, dass eine Diskrepanz zwischen den Erwartungen der<br />

Beschäftigten – mit Blick auf notwendige Maßnahmen zur Erhaltung ihrer<br />

Arbeitsfähigkeit bis <strong>zum</strong> Rentenalter – und den Maßnahmen/Angeboten der<br />

Betriebe für ältere Beschäftigte besteht. Dabei ist ausdrücklich darauf<br />

hinzuweisen, dass die älteren Erwerbstätigen, die bezeichnenderweise ihre<br />

„beruflichen Perspektiven in den nächsten Jahren“ häufiger als die jüngeren<br />

26


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Erwerbstätigen als „gut“ einschätzen (40 – 45 J. = 29 %, 46 – 55 J. =42 %,<br />

56 u. m. J. = 50 %), bereits eine „positive Auswahl“ darstellen (vorzeitig aus<br />

dem Erwerbsleben Ausgeschiedene sind in der Stichprobe nicht enthalten). An<br />

die Arbeitslosen in der Stichprobe wurde die Frage nach den beruflichen<br />

Perspektiven erst gar nicht gestellt.<br />

Abb. 10: Einschätzung der eigenen beruflichen Perspektiven in den nächsten Jahren<br />

Altersgruppen Bildungsabschluss<br />

40 –<br />

45 J.<br />

46 –<br />

55 J.<br />

56<br />

u.m.J.<br />

Betriebliche<br />

Ausbildung<br />

Fachhochschulabschluss<br />

Hochschul-<br />

abschluss<br />

berufliche<br />

Perspektiven<br />

(79) (78) (70) (131) (34) (50)<br />

% % % % % %<br />

gut 29,1 42,3 50,0 34,4 50,0 48,0<br />

teils/teils 45,6 37,2 37,1 43,5 32,4 38,0<br />

schlecht 25,3 20,5 12,9 22,1 17,6 14,0<br />

100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0<br />

Rückgang der Frührenten – späteres Renteneintrittsalter der Versicherten<br />

Wie die Untersuchung von H. Engstler (Alterssurvey 1996 – 2002) gezeigt<br />

hat, besteht eine weitgehende Übereinstimmung zwischen dem geplanten und<br />

dem später realisierten Beendigungsalter. Demnach stellt sich die Frage, ob<br />

die Anhebung der Altersgrenzen und die Abschlagsregelungen bereits eine<br />

Verhaltensänderung der Versicherten bewirkt haben. Eine IAT-Untersuchung<br />

ist dieser Frage mit einer Auswertung der VDR-Rentenzugangsstatistik für den<br />

Zeitraum 1996 – 2003 nachgegangen 4 . Die wichtigsten Ergebnisse dieser<br />

Untersuchung werden im folgenden zusammengefasst. Gehen die Jahrgänge,<br />

die gegenwärtig in das (Vor-)Ruhestandsalter kommen, später als die vorausgegangen<br />

Jahrgänge in Rente? Welche Rentenarten werden dabei von den<br />

Versicherten in Anspruch genommen? Wie haben sich die Zugänge der 50- bis<br />

69-Jährigen in Versichertenrenten nach Rentenarten von 1996 bis 2003 entwickelt?<br />

Die Gesamtzahl der jährlichen Zugänge in Versichertenrenten ist seit<br />

dem Jahre 2000 rückläufig.<br />

4 Renate Büttner, Matthias Knuth: Spätere Zugänge in Frührenten – Regelaltersgrenze auf dem<br />

Vormarsch, Altersübergangs-Report, 2004-01. Institut Arbeit und Technik (IAT).<br />

27


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Zugänge in die Regelaltersrente haben in den letzten Jahren deutlich<br />

zugenommen. Mit Ausnahme der Altersrente nach Altersteilzeitarbeit sowie der<br />

Altersrente für Schwerbehinderte, die beide zugenommen haben, gehen die<br />

anderen Rentenarten in den letzten Jahren deutlich zurück. Bei einigen Frührenten<br />

sind die Rückgänge auffällig: Die Zugänge in die Altersrente für Frauen<br />

(ab 60 J.) sind zwischen 1999 und 2003 um 29 Prozent zurückgegangen, die<br />

Zugänge in die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (ab 60 J.) sind zwischen<br />

2000 und 2003 um 39 Prozent zurückgegangen, die Zugänge in die<br />

Erwerbsminderungsrente haben sich von 1996 bis 2003 sogar um 48 Prozent<br />

verringert.<br />

Die Feststellung, dass der Anteil der Frührenten an den Rentenzugängen<br />

zurückgegangen ist, sagt allerdings noch nichts darüber aus, in welchem<br />

Lebensalter eine vorzeitige Rente in Anspruch genommen worden ist. Die<br />

Zunahme der Regelaltersgrenzen bedeutet nicht unbedingt, dass mehr Personen<br />

bis <strong>zum</strong> Erreichen des 65. Lebensjahres erwerbstätig sind. Viele Frauen in<br />

Westdeutschland erfüllen wegen Erwerbsunterbrechungen nicht die Voraussetzung<br />

für die Altersrente für Frauen (ab 60 J.), so dass viele Frauen in der<br />

zweiten Hälfte des Erwerbslebens sich gezwungen sehen, die Regelaltersgrenze<br />

zu erreichen 5 . Aufgrund der höheren Erwerbsbeteiligung der Frauen in<br />

Ostdeutschland besitzt die Regelaltersrente in den neuen Bundesländern eine<br />

geringe Bedeutung, demgegenüber dominieren diejenigen Rentenarten, die<br />

einen Rentenzugang bereits mit 60 Jahren zulassen, insbesondere die Altersrente<br />

für Frauen (ab 60 J.) sowie die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (ab 60<br />

J.), wenngleich auch diese beiden Rentenarten seit 2000 in den neuen Bundesländern<br />

rückläufig sind. Diese Entwicklung ist <strong>zum</strong> großen Teil auf die<br />

Schließung des Altersübergangsgeldes zurückzuführen.<br />

Die IAT-Autoren gehen im weiteren der Frage nach, ob es sich bei der Zunahme<br />

der Regelaltersrente womöglich nur um einen „demografischen Nachhall“<br />

stark besetzter Jahrgänge handelt – und damit nicht um eine Abnahme<br />

der Frührenten bzw. um eine Zunahme der Regelaltersrente. Bekanntlich<br />

mischen sich in den Rentenzugängen eines Kalenderjahres verschiedene<br />

Lebensalter und damit unterschiedlich stark besetzte Geburtsjahrgänge. Um<br />

eine mögliche demografische Verzerrung zu neutralisieren, haben die IAT-Autoren<br />

einen altersspezifischen Rentenzugangsquotienten berechnet, der den<br />

Anteil der Rentenzugänge eines Altersjahrgangs an dem entsprechenden<br />

Bevölkerungsjahrgang annähernd wiedergibt. Gemäß der Analyse der IAT-<br />

5 Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Altersrente für Frauen (ab 60 J.) sind<br />

Beitragszeiten von mindestens 10 Jahren nach dem vollendeten 40. Lebensjahr.<br />

28


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Autoren sind die Veränderungen in der Aufteilung der Rentenzugänge nach<br />

Rentenarten nicht auf eine demografische Verzerrung zurückzuführen. Demnach<br />

gibt es tatsächlich eine Änderung des Rentenzugangsverhaltens, insbesondere<br />

einen erheblichen Rückgang der Rentenzugänge ab 60 Jahren.<br />

Bei den Rentenzugängen mit 60 Jahren sinkt der Rentenzugangsquotient von<br />

40 Prozent im Jahre 1996 kontinuierlich bis <strong>zum</strong> Jahre 2003 auf ca. 23 Prozent<br />

– die stärkste Veränderung im demografisch gewichteten Zugangsverhalten.<br />

Ab 1999 steigt der Rentenzugangsquotient für das Zugangsalter 61<br />

Jahre, ab 2000 für das Zugangsalter 62 Jahre, ab 2003 steigt der Quotient<br />

für das Zugangsalter 63 Jahre. Es ist offensichtlich, dass die Inanspruchnahme<br />

der ab 60 Lebensjahren verfügbaren vorzeitigen Renten zunehmend<br />

auf spätere Lebensjahre verlagert wird, um die Rentenabschläge bei früherer<br />

Inanspruchnahme entweder ganz zu vermeiden oder aber <strong>zum</strong>indest zu verringern.<br />

Obwohl eine eindeutige zeitliche Zuordnung von rentenrechtlicher Änderung<br />

und der Verhaltensreaktion der Versicherten nicht möglich ist, kann<br />

aus der Analyse der IAT-Autoren doch gefolgert werden, dass die Rentenreformen<br />

in den letzten Jahren in der vom Gesetzgeber beabsichtigten Richtung<br />

bereits gewirkt haben.<br />

Fazit und Ausblick der IAT-Analyse zur Verhaltensänderung der Versicherten<br />

„Die schrittweise Heraufsetzung des Zugangsalters, ab dem vorgezogene<br />

Altersrenten ohne Abschläge bezogen werden können, wirkt in der vom Gesetzgeber<br />

angestrebten Richtung: Versicherte verschieben den Eintritt in eine<br />

Rente, auf die sie wegen Arbeitslosigkeit oder wegen ihres Geschlechts in<br />

Verbindung mit der Anzahl der Mindestbeitragsjahre ab 60 Anspruch hätten,<br />

nach hinten, um die Abschläge ganz oder teilweise zu vermeiden. Eine ähnliche<br />

Veränderung des Renteneintrittsverhaltens zeichnet sich bei den langjährig<br />

Versicherten ab, die ihren Renteneintritt von 63 auf 64 verschieben. Diese<br />

Befunde werden durch das im Zeitverlauf zunehmende durchschnittliche<br />

Rentenzugangsalter bestätigt. Wenn dieser noch junge Trend anhalten würde,<br />

könnte das die Belastung der Gesetzlichen Rentenversicherung durch die stark<br />

besetzten „Babyboomer“-Jahrgänge der 50er und 60er Jahre entschärfen.“ 6<br />

Wenn sich also abzeichnet, dass die Beschäftigten bereit sind, länger erwerbstätig<br />

zu bleiben, stellt sich die Frage, ob auch die Betriebe bereit sind,<br />

die älteren Beschäftigten länger arbeiten zu lassen. Wenn die Praxis der Früh-<br />

6 R. Büttner, M. Knuth, a. a. O., S. 12<br />

29


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

verrentung umgekehrt werden soll, muss auch die Praxis der Frühausgliederung<br />

zurückgenommen werden. Der Paradigmenwechsel – weg von der Frühverrentung,<br />

hin <strong>zum</strong> längeren Verbleib im Erwerbsleben – erfordert einen<br />

Paradigmenwechsel in der Praxis der Frühausgliederung: längere Beschäftigung<br />

der älteren Arbeitnehmer/innen in den Betrieben.<br />

„Denn derzeit ist noch ungeklärt, ob es auch einen Paradigmenwechsel bezüglich<br />

der Altersbeschäftigung in den Betrieben gibt. Die Beschäftigten wissen<br />

nicht, ob sie die Möglichkeit haben werden, bis in ein höheres Alter erwerbstätig<br />

zu sein, und ob sie den Belastungen gewachsen sein werden. Wenn aber<br />

nicht auch die Erwerbstätigkeit bis in ein höheres Alter fortgesetzt werden<br />

kann, dann könnte die hier festgestellte Trendwende bei den Rentenzugängen<br />

nur von kurzer Dauer sein. Denn die bereits beschlossenen Reformen der<br />

Arbeitsmarktpolitik werden ein Warten auf eine abschlagsfreie Rente im Status<br />

der Arbeitslosigkeit bzw. des erleichterten Leistungsbezugs zunehmend unattraktiver<br />

machen. Insbesondere für mittlere und höhere Einkommensgruppen<br />

wird eine mit Abschlägen bis zu 18 % belegte, aber doch wenigstens am früheren<br />

Entgeltniveau orientierte Frauen- oder Arbeitslosenrente in vielen Fällen<br />

günstiger sein als das am Existenzminimum orientierte Arbeitslosengeld II. Das<br />

gilt erst recht, wenn dieses wegen der Anrechnung von Vermögen oder Partnereinkommen<br />

(insbesondere bei Frauen) überhaupt nicht gezahlt wird. Insofern<br />

ist nicht auszuschließen, dass sich die festgestellte positive Entwicklung<br />

beim Rentenzugangsalter in Folge von „Hartz IV“ noch einmal umkehrt, bevor<br />

mit Ablauf des Jahres 2011 die derzeit noch mit 60 beziehbaren Frührenten<br />

ganz auslaufen. Für diejenigen Versicherten, die die Wartezeit von 35 rentenrechtlichen<br />

Jahren erfüllt haben, und damit vornehmlich für Männer, könnte<br />

die Altersrente für langjährig Versicherte mit dann 62 Jahren trotz erheblicher<br />

Abschläge zur Orientierungsmarke werden.“ 7<br />

Kritischer Ausblick<br />

Auf der normativen Ebene hat ein Paradigmenwechsel – weg von der Frühverrentung,<br />

hin <strong>zum</strong> längeren Verbleib im Erwerbsleben – stattgefunden. Der<br />

jahrzehntelang bestehende Konsens zwischen Staat, Arbeitgeberverbänden<br />

und Gewerkschaften, die Arbeitsmarktprobleme durch die Frühausgliederung<br />

der älteren Beschäftigten aus dem Erwerbsleben zu mildern, hat sich zu einem<br />

neuen Konsens – Verlängerung der Lebensarbeitszeit vor allem aus Gründen<br />

der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung - gewandelt. Mit der<br />

7 R. Büttner, M. Knuth, a. a. O., S. 12 f.<br />

30


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Anhebung der Altersgrenzen, der Einführung von Rentenabschlägen bei vorzeitigem<br />

Rentenbeginn, der Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen und mit<br />

weiteren Maßnahmen soll der Trend zur Frühausgliederung aus dem Erwerbsleben<br />

gestoppt und möglichst sogar umgekehrt werden.<br />

Diese Maßnahmen haben in den letzten Jahren ihre Wirkung bereits gezeigt:<br />

Die Zugänge in Frührenten erfolgen später, das durchschnittliche Rentenzugangsalter<br />

für Zugänge zwischen 50 und 69 Jahren ist von 1996 bis 2003<br />

um 12 Monate angestiegen, die Frauenaltersrente ist zwar nach wie vor die<br />

häufigste, gleichwohl aber insgesamt rückläufige Rentenart für die Frauen.<br />

Auch auf der europäischen Ebene wird ein längerer Verbleib der älteren Beschäftigten<br />

im Erwerbsleben gefordert. So hat der Europäische Rat im Jahre<br />

2001 als Ziel gesetzt, dass möglichst in jedem EU-Mitgliedsstaat die Hälfte<br />

der 55- bis 64-Jährigen erwerbstätig sein soll. Um dieses Ziel zu erreichen,<br />

müsste die Erwerbstätigenquote dieser Altersgruppe sich in Deutschland um<br />

ein Drittel steigern. Wie die folgende Abbildung zeigt, liegt diese Quote bei den<br />

Männern wesentlich höher als bei den Frauen – insgesamt beträgt sie zur Zeit<br />

weniger als 40 Prozent.<br />

Abb. 11: Erwerbstätigenquote der Männer und Frauen im Alter von 55 bis unter 65 Jahren,<br />

1991 – 2002<br />

Quelle: Deutsches Zentrum für Altersfragen – Gerostat; Daten: Statistisches Bundesamt,<br />

Mikrozensus.<br />

Nach H. Engstler, a.a.O., S. 7<br />

31


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die älteren Beschäftigten befinden sich gegenwärtig im Spannungsfeld zwischen<br />

den Auswirkungen der Rentenreformen, die sie zu einem längeren<br />

Verbleiben im Betrieb auffordern, und der betrieblichen Beschäftigungspolitik,<br />

die im Zuge des Personalabbaus immer noch auf die sozialverträgliche Frühausgliederung<br />

der älteren Beschäftigten setzt.<br />

Auf der einen Seite werden die älteren Erwerbspersonen zur Verlängerung ihrer<br />

Lebensarbeitszeit verpflichtet – und inzwischen mit Rentenabschlägen<br />

„bestraft“, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen –, auf der anderen Seite<br />

sind sehr viele ältere Erwerbspersonen aus objektiven Gründen – Zunahme der<br />

Arbeitsbelastungen, Absenkung der betrieblichen Altersgrenzen – nicht mehr in<br />

der Lage, dieser gesetzlichen Pflicht nachzukommen.<br />

Bisher konnten die Unternehmen sich der alternden Belegschaften durch die<br />

Praxis der Frühverrentung „entledigen“. Der mit dem „Kostendruck“ allseits<br />

legitimierte Personalabbau wurde vor allem über die Ausgliederung älterer<br />

Beschäftigter im Rahmen von Vorruhestandsregelung und Altersteilzeitarbeit<br />

bewältigt. Diese betriebliche Praxis der Frühausgliederung wird in Zukunft<br />

jedoch aufgrund des „demografischen Umbruchs“, der zur Alterung der Belegschaften<br />

führt, nicht mehr möglich sein 8 .<br />

Der Ausweg aus dem Dilemma des vorzeitigen Übergangs in den Ruhestand –<br />

mit negativen finanziellen Sanktionen für die Beschäftigten – und der betrieblichen<br />

Praxis der Frühausgliederung der älteren Beschäftigten, die nunmehr im<br />

Widerspruch <strong>zum</strong> neuen Konsens von Gesetzgeber und Verbänden – Verlängerung<br />

der Lebensarbeitszeit – steht, kann nur darin bestehen, die Chancen<br />

für die Erwerbstätigkeit der älteren Beschäftigten in den Betrieben nachhaltig<br />

zu verbessern.<br />

8 Vgl. dazu ausführlich: H. Stück, Weitere Frühverrentung oder längeres Verbleiben im Betrieb?,<br />

in: Bremer Arbeitnehmer Magazin, Januar 2004.<br />

32


Anhang:<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Übersicht 1:<br />

Anhebung der Altergrenzen für die vorgezogenen Altersrenten in der GRV<br />

Rentenart<br />

Alterrente<br />

wegen Arbeitslosigkeit<br />

oder<br />

Altersteilzeit 1<br />

Altersgrenze<br />

für Frauen 1<br />

Altersgrenze<br />

für Schwerbehinderte<br />

Altersgrenze<br />

für langjährig<br />

Versicherte<br />

Schrittweise<br />

Anhebung<br />

der Altersgrenze<br />

von<br />

... auf ...<br />

Jahre<br />

Anhebungsphase<br />

Von<br />

schrittweiser<br />

Anhebung<br />

betroffene<br />

Jahrgänge<br />

Erster<br />

von<br />

voller<br />

Anhebungbetroffener<br />

Jahrgang<br />

60 auf 65 1997–2001 1937–1941 1942<br />

Jahrgänge, die die Rente<br />

mit Abschlägen vorzeitig<br />

in Anspruch nehmen<br />

können<br />

1937-1945 (ab 60)<br />

1946-1948 (60 auf 63) 2<br />

1949-1951 (ab 63) 2<br />

60 auf 63 2000–2005 1940-1944 1945 1940-1951 (ab 60)<br />

60 auf 63 2001-2003 1941-1943 1944 1944 und später (ab 60)<br />

63 auf 65 2000-2001 1937-1938 1939 1937 und später (ab 62)<br />

Quelle: Eigene Zusammenstellung: Stand: 1.1.2004<br />

1) Die 1952 und später Geborenen können die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit<br />

und Altersrente für Frauen nicht mehr in Anspruch nehmen.<br />

2) Lt. Kabinettentwurf des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 3.12.2003: nach bisher geltender<br />

Regelung können die 1937 bis 1951 Geborenen diese Altersrente mit Abschlägen bereits ab<br />

Vollendung des 60. Lebensjahrs erhalten.<br />

H. Engstler, DZA-Diskussionspapiere, Nr. 41, Geplantes und realisiertes<br />

Austrittsalter aus dem Erwerbsleben, Ergebnisse des Alterssurveys 1996 und<br />

2002, Berlin, März 2004<br />

33


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

34


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Vorbildliche betriebliche Regelungen einer alter(n)sgerechten<br />

Personalpolitik<br />

Axel Schröder<br />

Vorbemerkung<br />

Eine alternsgerechte betriebliche Personalpolitik hat viele Facetten. Einige<br />

Unternehmen im Land Bremen setzen bereits verschiedene Maßnahmen und<br />

Konzepte um, die das Thema Demografischer Wandel personalpolitisch<br />

berücksichtigen. Die vorliegende Untersuchung stellt betriebliche Beispiele<br />

guter Praxis vor. Sie hat das Ziel, einen Beitrag <strong>zum</strong> Bewusstseinswandel in<br />

der Öffentlichkeit bezüglich der Herausforderungen, die mit dem fortschreitenden<br />

Altern in den Betrieben und in der Gesellschaft einhergehen, zu leisten.<br />

Hierfür wurde im Raum Bremen und Bremerhaven eine Erhebung anhand von<br />

Interviews mit den Personalleitungen und Interessenvertretungen der in Frage<br />

kommenden Betriebe durchgeführt. Im Vorfeld wurde dafür ein Kriterienkatalog<br />

erstellt, in dem folgende altersspezifische Handlungsfelder aufgeführt werden:<br />

• Altersstrukturanalysen und Konsequenzen:<br />

Ist die Zusammensetzung der Altersgruppen bekannt – und fließen diese<br />

Erkenntnisse in die Personalpolitik ein?<br />

• Weiterbildung:<br />

Erhalten auch ältere MitarbeiterInnen die Chance, sich zu qualifizieren<br />

und ihre Kompetenz zu erweitern?<br />

• Gesundheit (Prävention und Förderung):<br />

Wird eine gesundheitliche Vorsorge bzw. Förderung in den Betrieben<br />

umgesetzt?<br />

• Arbeitsorganisation:<br />

Sind die Tätigkeitsbereiche so gestaltet, dass die Beschäftigten ihre Arbeit<br />

auch bis <strong>zum</strong> 65. Lebensjahr tatsächlich ausführen können?<br />

35


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• Wissenstransfer:<br />

Gibt es eine gezielte Förderung des Wissenstransfers zwischen Älteren und<br />

Nachwuchskräften?<br />

Die Interviews für die Untersuchung wurden mündlich durchgeführt und durch<br />

jeweils einen qualitativen Interviewbogen (siehe Anhang) ergänzt. Weitere<br />

Informationen zu den verschiedenen Maßnahmen und Konzepten bezüglich<br />

der diversen Handlungsfelder lieferten bereitgestellte Unterlagen, Studien und<br />

Broschüren.<br />

Wie im Folgenden anhand der dargestellten Betriebsbeispiele erkennbar wird,<br />

lagen die Voraussetzungen für ein Beispiel guter Praxis nicht ausschließlich in<br />

der Erfüllung aller hier aufgelisteten Merkmale. In mindestens einem der<br />

Handlungsfelder mussten die Betriebe schon konkrete Aktivitäten begonnen<br />

haben, um als best practice zu gelten.<br />

Viele der befragten Betriebe konnten über alternsspezifische Aktivitäten (oder<br />

welche, die <strong>zum</strong>indest einen altersthematischen Bezug hatten) in entweder<br />

allen oder mehreren Handlungsfeldern berichten. In einigen Fällen gab es<br />

praktische Umsetzungen in nur einem oder zwei Feldern, was daran liegt, dass<br />

aufgrund eines konkreten Handlungsbedarfes die quantitative Breite zugunsten<br />

einer Vertiefung der Maßnahmen in dem speziellen Bereich ersetzt wurde.<br />

(Beispiel Flughafen Bremen oder Lebenshilfe Bremen).<br />

Zudem ist auffällig, dass bei einem Betrieb (Kraft Foods) mit der Kategorie<br />

„Angebote flexibler Arbeitszeitmodelle“ ein weiteres Handlungsfeld hinzugenommen<br />

wurde, da dieses nach Angaben des Unternehmens bereits ein<br />

wichtiges Element zur (zukünftigen) Förderung alternsgerechter Erwerbsbiografien<br />

darstellt.<br />

Des Weiteren wurden Aktivitäten, die sich noch in der Konzeptphase befanden,<br />

unter dem Aspekt „Perspektiven“ zusammengefasst. Diese sind entweder<br />

als Unterpunkt im entsprechenden Handlungsfeld oder – im Falle von umfassenderen<br />

Aktivitäten, <strong>zum</strong> Beispiel wenn mehrere Kategorien in einem Projekt<br />

vereint werden – als separater Aspekt beschrieben.<br />

Die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der hier vorgestellten<br />

Betriebe variieren stark nach Branchenzugehörigkeit, Betriebsgröße, Wettbewerbs-<br />

und Arbeitsmarkssituation sowie weiteren spezifischen Faktoren.<br />

Diese Unterschiede sind bei der Bewertung der Beispiele zu berücksichtigen.<br />

36


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Ihren Anspruch auf best practice erhalten die hier präsentierten Beispiele also<br />

erst im Kontext und bei Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen.<br />

Die vorliegende Untersuchung ist das Ergebnis der vertrauensvollen Zusammenarbeit<br />

mit engagierten Personalleitungen, Interessenvertretungen und Geschäftsleitungen.<br />

Ihnen möchte ich an dieser Stelle für die gute Zusammenarbeit<br />

danken.<br />

37


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

38


Bremer Heimstiftung<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Auf dem Weg zu einem strukturierteren Umgang mit der Altersthematik<br />

Der Betrieb<br />

Die Bremer Heimstiftung, 1953 von der Stadtgemeinde Bremen als Stiftung<br />

des privaten Rechts gegründet, ist seitdem zu einem Begriff für gutes Leben im<br />

Ruhestand geworden. Mit der Stiftungsresidenz St. Ilsabeen blickt die Bremer<br />

Heimstiftung auf eine über 500-jährige Geschichte zurück.<br />

Anfänglich mit fünf bestehenden Bremer Altenheimen als "Startkapital" ausgestattet,<br />

entwickelte sich die Bremer Heimstiftung zu einem der größten Träger<br />

der Altenhilfe mit verschiedenen Lebens- und Wohnformen im Raum Bremen,<br />

deren Einrichtungen fast in jedem Stadtteil vertreten sind. Sie kooperiert<br />

dabei mit Institutionen wie Kindertagesstätten oder der Bremer Volkshochschule<br />

genauso wie mit Begegnungsstätten oder Wohnangeboten für behinderte<br />

Menschen. Sie alle sorgen dafür, dass die Häuser der Bremer Heimstiftung<br />

lebendige Treffpunkte in den jeweiligen Stadtteilen sind.<br />

Die Haupttätigkeitsfelder der Heimstiftung liegen in der stationären Vollzeitpflege,<br />

der Kurzzeitpflege und der ambulanten Pflege (bzw. häuslichen Krankenpflege)<br />

sowie im Wohnen mit Service (hauswirtschaftlicher Bereich).<br />

Derzeitig beschäftigt die Heimstiftung 1550 MitarbeiterInnen (90% davon sind<br />

Frauen). Davon sind ca. 1163 MitarbeiterInnen im Pflegebereich tätig.<br />

Folgende Altersstruktur zeigt sich im Personal der Bremer Heimstiftung:<br />

Unter 30 Jahre 2.9 %<br />

30 – 34 Jahre 4.6 %<br />

35 – 39 Jahre 13.7 %<br />

40 – 44 Jahre 19.4 %<br />

45 – 49 Jahre 19.7 %<br />

50 – 54 Jahre 18.6 %<br />

55 – 59 Jahre 13.8 %<br />

60 Jahre und älter 7.3 %<br />

39


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Ausgangslage<br />

Aufgrund langer Betriebszugehörigkeiten, einer geringen Personalfluktuation<br />

sowie eines hohen Durchschnittsalters bei BerufseinsteigerInnen im Pflegebereich<br />

(in der Regel über 30. Lebensjahr), ist der Anteil der älteren Beschäftigten<br />

sehr groß. Ca. 40% der MitarbeiterInnen bei der Bremer Heimstiftung sind<br />

älter als 50 Jahre.<br />

Die gesetzliche Heraufsetzung des Rentenalters wird bei der Heimstiftung<br />

voraussichtlich zwei Auswirkungen nach sich ziehen. Zum einen wird es weniger<br />

Neueinstellungen geben. Zum anderen wird sich eine neue Altersgruppe<br />

von Beschäftigen im Lebensalter von 60 – 65 Jahren bilden.<br />

Die physische und psychische Belastung im Berufsalltag der AltenpflegerInnen,<br />

u.a. durch Schicht- und Wochenendarbeit, ist sehr hoch. So leiden in<br />

diesem Bereich viele Beschäftigte an einem Burn-out-Syndrom. Außerdem<br />

lassen sich in der Altenpflege die Arbeitsaufgaben nur geringfügig entlastend<br />

gestalten, da es kaum möglich ist, sogenannte Schonarbeitsplätze zu schaffen.<br />

Deshalb sind gerade in diesem Bereich gesundheitliche Vorsorge- und Fördermaßnahmen<br />

notwendig.<br />

In der Altenpflege vollzieht sich derzeit ein starker struktureller Wandel. So<br />

sind im stationären Bereich ein steigender Anteil von PatientInnen mit Altersdemenz<br />

sowie höhere Sterberaten zu verzeichnen. Hinzu kommt, dass im<br />

ambulanten Bereich (häusliche Krankenpflege) die zu Pflegenden immer älter<br />

werden und somit auch die physische Belastung (Rückenprobleme treten vermehrt<br />

durch Hebeaktivitäten auf) für das ebenfalls älter werdende Pflegepersonal<br />

steigt.<br />

Maßnahmen im Bereich Gesundheit (Prävention und Förderung)<br />

Die Häuser der Bremer Heimstiftung bieten ihren Bewohnern sogenannte<br />

“Vitaltreffs“ an. Hier finden Yoga, Gymnastik (Pilates) und Schwimmen bis hin<br />

zu weiteren Entspannungsformen statt. Auch den Beschäftigten der Häuser<br />

werden diese Kurse nach Feierabend kostenlos angeboten. Laut Personalabteilung<br />

und Sozialberatung wird das Angebot von den MitarbeiterInnen bislang<br />

jedoch sehr wenig wahrgenommen. Es wird vermutet, dass hierbei eventuell<br />

die Nähe <strong>zum</strong> alltäglichen Arbeitsplatz eine Rolle spielen könnte.<br />

40


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Um bei den Beschäftigten ein größeres Bewusstsein bezüglich der Gesundheitsförderung<br />

und Vorsorge im Sinne der Eigenverantwortung zu schaffen,<br />

plant die Bremer Heimstiftung diesen wichtigen Aspekt mehr über die Führungskräfte<br />

zu kommunizieren. Die Führungskräfte sollen in den im Jahre<br />

2004 neu eingeführten MitarbeiterInnen-Jahresgesprächen gezielt auf mögliche<br />

krankheitsbedingte Arbeitsausfälle der Beschäftigten eingehen und zusammen<br />

mit ihnen die Ursachen für die Ausfälle ergründen und mögliche<br />

Lösungen erarbeiten.<br />

Da, wie die Erfahrungen zeigen, sehr häufig auch stressbedingte Gründe Ursachen<br />

für krankheitsbedingte Arbeitsausfälle sind, werden – als eine weitere<br />

präventiv wirksame Maßnahme – die Führungskräfte im Rahmen einer berufsbegleitenden<br />

Weiterbildung <strong>zum</strong> Antistresstrainer/ zur Antistresstrainerin ausgebildet.<br />

Das Training wird von der Volkshochschule Bremen durchgeführt und<br />

dauert 9 Monate. Ziel dieser Maßnahme ist es, dass Führungskräfte zukünftig<br />

stärker eine beratende Funktion bei der Stressreduktion für die MitarbeiterInnen<br />

einnehmen.<br />

Weitere Maßnahmen <strong>zum</strong> Thema Prävention wurden von dem Arbeitskreis<br />

Gesundheit 1 und separat von der Sozialberatung initiiert. Hier ist u.a. das von<br />

der Heimstiftung finanziell unterstützte Angebot für die Beschäftigten im<br />

Stiftungsdorf Hemelingen zu nennen, mit dem Titel “Nicht Rauchen in zehn<br />

Schritten“.<br />

Perspektiven im Bereich Gesundheit (Prävention und Förderung)<br />

Im November dieses Jahres wird die Bremer Heimstiftung ein Projekt <strong>zum</strong><br />

Thema struktureller Umgang mit älteren MitarbeiterInnen starten. Hierzu wird<br />

von dem vor vier Jahren gegründeten Arbeitskreis Gesundheit ein “Starterworkshop“<br />

veranstaltet, an dem Geschäftsleitung, Personalleitung und Entwicklung,<br />

die Abteilung Qualität sowie die LeiterInnen einzelner Arbeitsbereiche<br />

wie <strong>zum</strong> Beispiel Hausleitung und Pflegedienstleitung teilnehmen.<br />

Der Workshop soll die Führungskräfte der verschiedenen Arbeitsbereiche für<br />

das Thema Alter und Gesundheit sensibilisieren und die Möglichkeit bieten,<br />

1 Mitglieder des Arbeitskreises Gesundheit sind der Betriebsarzt, die betriebliche<br />

Suchtkrankenhelferin, VertreterInnen von Geschäftsleitung, Betriebsrat, Sozialberatung,<br />

Hausleitungen, Pflegedienstleitungen, Stabsstelle Qualität und Controlling sowie die<br />

Schwerbehindertenvertretung<br />

41


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

erste Schritte und Maßnahmen bezüglich dieser Thematik zu diskutieren und<br />

zu erarbeiten. Die Führungskräfte tragen dabei wiederum eine Multiplikatorenrolle,<br />

da sie die Ergebnisse in ihren Abteilungen weitergeben und umsetzen<br />

sollen.<br />

Darüber hinaus sollen bei diesem Workshop Maßnahmen wie z. B. der Aufbau<br />

eines Gesundheitszirkels erarbeitet werden. Es ist geplant, diesen anschließend<br />

in einem speziell dafür ausgewählten (Pilot-) Projekthaus einzurichten, in<br />

dem überproportional viele ältere Beschäftigte arbeiten.<br />

Nach Umsetzung der Maßnahmen im ausgewählten Projekthaus sollen diese<br />

auf ihre Wirksamkeit überprüft und gegebenenfalls auf andere Einrichtungen<br />

der Bremer Heimstiftung übertragen werden. Im Gespräch ist dabei die Erstellung<br />

von Modulen, die sich später je nach Bedarf der Häuser anwenden<br />

lassen. Die spezifischen Anforderungen der einzelnen Häuser werden im Vorfeld<br />

durch MitarbeiterInnen-Befragungen am jeweiligen Standort ermittelt.<br />

Stellungnahmen<br />

Geschäftsleitung:<br />

„Beim Thema Demografischer Wandel kann sich die Bremer Heimstiftung<br />

sozusagen „an die eigene Nase fassen“. In der Tradition unserer Stiftung<br />

kommt der langjährigen Beschäftigung von MitarbeiterInnen eine besondere<br />

Bedeutung zu – und das heißt, über 10, 20, teilweise 30 Jahre sind wir für<br />

viele hundert Menschen der dauerhafte Arbeitgeber.<br />

Deswegen entwickeln wir zurzeit mit unserer betrieblichen Sozial- und Gesundheitsberatung<br />

eine Vielzahl von Maßnahmen, um unsere MitarbeiterInnen<br />

auch im fortgeschrittenen Berufsalter fit und veränderungsbereit zu halten –<br />

gemäß dem Motto: Leben heißt sich ohne Ende wandeln.“<br />

Betriebsrat:<br />

„Da ca. 40 % der Beschäftigten der Bremer Heimstiftung über 50 Jahre alt ist,<br />

unterstützt der Betriebsrat die Geschäftsleitung bei den Maßnahmen „Älter<br />

42


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

werdende Mitarbeiter in der BHS (Bremer Heimstiftung)“, insbesondere bei:<br />

− gezielter Personalplanung,<br />

− langfristig Gesundheit und Leistungsfähigkeit sichern,<br />

− aktiv die Arbeit und den Arbeitsplatz mitgestalten,<br />

− Weiterbildung für ältere MitarbeiterInnen,<br />

− Chancengleichheit der beruflichen Perspektiven für Jung und Alt.<br />

Wir hoffen, dass die geplanten Maßnahmen den Beschäftigten auch zukünftig<br />

helfen, den hohen Arbeitsanforderungen gewachsen zu sein.“<br />

Weitere Informationen<br />

Bremer Heimstiftung<br />

Marcusallee39<br />

28359 Bremen<br />

Tel: 0421 - 2434 – 0<br />

www.bremer-heimstiftung.de<br />

Stabsstelle Qualität/ Controlling<br />

Gabriele Becker-Rieß<br />

Tel: 0421 – 2434 – 150<br />

gabriele.becker-riess@bremer-heimstiftung.de<br />

Betriebsrat<br />

Dietmar Brinker<br />

Tel: 0421 – 2434 – 301<br />

betriebsrat@bremer-heimstiftung.de<br />

43


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

44


Bremer Straßenbahn AG (BSAG)<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Alternde Belegschaft als Herausforderung für die Restrukturierung<br />

Der Betrieb<br />

Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) besteht seit nunmehr 125 Jahren.<br />

Damals wie heute bilden die Beschäftigten das Rückgrat des Betriebes.<br />

Werden die Beschäftigungsbereiche und Berufsfelder bei der BSAG genauer<br />

betrachtet, so wird erkennbar, dass diese breiter gefächert sind als womöglich<br />

angenommen. Die Mehrheit, der rund 2285 MitarbeiterInnen (Stand<br />

31.12.2004) sind im Fahrbetrieb (1392 MA) tätig, aber darüber hinaus sind<br />

455 MitarbeiterInnen in den Werkstätten und in der Infrastruktur beschäftigt,<br />

die wiederum nach verschiedenen Aufgabenbereichen wie Fahrleitungs- und<br />

Gleisbau, Fertigung, Wartung und Reparatur unterteilt sind. Die übrigen ca.<br />

304 MitarbeiterInnen sind im Verwaltungsbereich oder als Auszubildende und<br />

Praktikanten (135 MA) beschäftigt.<br />

Die Altersstruktur der BSAG-Beschäftigten zeigt sich wie folgt<br />

• 16 bis 25 Jahre 7%<br />

• 26 bis 35 Jahre 19%<br />

• 36 bis 45 Jahre 34%<br />

• 46 bis 55 Jahre 28%<br />

• 56 und älter 12%<br />

Ausgangslage<br />

• Aufgrund des Einstellungsstopps hat sich die Altersstruktur in der Werkstatt<br />

stark nach oben entwickelt (Durchschnittsalter 46 Jahre).<br />

• Insbesondere durch die Inanspruchnahme von Altersteilzeit gehen viele<br />

ältere Arbeitnehmer vorzeitig in Rente.<br />

• Das durch lange Betriebszughörigkeiten erworbene, spezifische Fachwissen<br />

hinsichtlich der besonderen Anforderungen der Fahrzeuge muss im<br />

45


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

46<br />

Betrieb erhalten bleiben. Ein effektiver Wissenstransfer ist deshalb unabdingbar.<br />

• Die Restrukturierungsmaßnahmen innerhalb der BSAG bringen weitreichende<br />

Veränderungen für jüngere und ältere MitarbeiterInnen bzgl. ihrer<br />

Arbeitssituation bzw. Arbeitsbedingungen mit sich.<br />

Maßnahmen im Bereich Wissenstransfer<br />

Das sogenannte „Pool-Modell“ in der Betriebswerkstatt, welches gemeinsam<br />

mit dem Betriebsrat erarbeitet wurde, behandelt die Frage, wie eine Wissensweitergabe<br />

beim derzeitigen Personalabbau und hohem Durchschnittsalter<br />

rechtzeitig vorgenommen werden kann. Das Pool-Modell sieht dabei vor, dass<br />

die HandwerkerInnen nach ihrer dreieinhalbjährigen Ausbildung die Möglichkeit<br />

erhalten, durch einen Teilzeitvertrag über monatlich 80 Stunden (zu Beginn<br />

gefördert von der Arbeitsagentur) weiter sowohl in der Werkstatt als auch<br />

im Fahrdienst beschäftigt zu werden.<br />

Das Pool-Modell beinhaltet eine gezielte Vermittlung der Fachkenntnisse von<br />

älteren zu jüngeren MitarbeiterInnen. Begonnen wurde im Jahr 2002 mit zehn<br />

gerade aus der Ausbildung gekommenen MitarbeiterInnen. Den älteren Beschäftigten<br />

aus der Werkstatt wurde dabei in einem Patenmodell die Chance<br />

gegeben, den jüngeren Kollegen und Kolleginnen ganz im Sinne der Idee des<br />

Wissensmanagements, ihr reiches Erfahrungswissen weiterzugeben. Gezielt<br />

wurden frühzeitig die jüngeren MitarbeiterInnen an den Arbeitsplätzen eingesetzt,<br />

wo sich altersbedingte Betriebsaustritte ankündigten. Somit konnte das<br />

Erfahrungswissen noch vor dem Ausscheiden weitergegeben werden.<br />

Seit dem Jahr 2005 werden die jüngeren MitarbeiterInnen nicht mehr speziell<br />

einem Werkstattbereich zugeordnet, sondern es werden in einem Instandhaltungsteam<br />

gezielt Projekte (z. B. zur Werterhaltung der Fahrzeuge) abgearbeitet.<br />

Der Wissenstransfer bleibt dabei aber weiterhin ein Teil der Aktivitäten. Da<br />

jedoch aufgrund des Personalabbaus gegenwärtig keine Auszubildenden mehr<br />

unbefristet übernommen werden, wird nun das Pool-Modell auch mit befristeten<br />

Verträgen weitergeführt.<br />

Insgesamt hat das Pool-Modell neben dem wichtigen Effekt des Wissenstransfers<br />

weitere positive Resultate gebracht. Zum einen wurde durch dieses<br />

Modell ein flexibler Pool <strong>zum</strong> Ausgleich von Personalengpässen geschaffen,<br />

<strong>zum</strong> anderen ist nach Meinung der Fachbereichsleitung den Werkstattberei-


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

chen durch die altersgemischten Teams wieder „mehr Elan und Schwung“<br />

verliehen worden, was auch die Produktivität positiv beeinflusst hat.<br />

Des Weiteren wird im Zuge der gegenwärtigen Restrukturierungsmaßnahmen<br />

Mitte 2005 ein Projekt zur internen Qualifikation anlaufen, in dem herausgefunden<br />

werden soll, wo die betrieblichen Schlüsselqualifikationen liegen und<br />

wie Wissen gesichert und übertragen werden kann. Genauere Erläuterungen<br />

dazu sind aber <strong>zum</strong> jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich.<br />

Maßnahmen im Bereich Arbeitsorganisation<br />

Durch die Restrukturierungsmaßnahmen haben sich die Rahmenbedingungen<br />

bezüglich der Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung für die MitarbeiterInnen<br />

verändert und werden sich weiter verändern. Dies wirkt gerade auf MitarbeiterInnen<br />

mit langen Betriebszugehörigkeiten als Herausforderung – einmal<br />

im Sinne von Chancen aber in verstärktem Maße auch im Sinne von Zumutungen<br />

durch eventuelle Belastungen und Einschränkungen.<br />

Um bei diesen MitarbeiterInnen das Vertrauen in das Positive von Veränderungsprozessen<br />

und die Bereitschaft zur aktiven Beteiligung und Wahrnehmung<br />

von Selbstverantwortung nachhaltig zu erhöhen, initiierte die BSAG in<br />

Zusammenarbeit mit dem Bremer Forschungszentrum „Arbeit – Umwelt –<br />

Technik (artec) das Projekt “Betriebliche Veränderungen im Dialog“ im Fachbereich<br />

2 (Werkstatt F 24, etwa 50 MitarbeiterInnen). Ziele des Projektes<br />

waren:<br />

• Die unterschiedlichen Perspektiven von Werkstattbeschäftigten auf ihre<br />

Arbeitssituation und die gemachten Erfahrungen kenntlich zu machen und<br />

• partizipativ entwickelte Veränderungsvorschläge zu erzeugen und daraus<br />

resultierende Veränderungsmaßnahmen im Dialog mit Führungskräften zu<br />

vereinbaren.<br />

Das Projekt begann mit einer Bestandsaufnahme durch Expertengespräche<br />

und teilnehmende Beobachtung (Ortserkundung durch Externe). In einer Entwicklungsphase<br />

wurden separate Workshops mit Handwerkern und Führungskräften<br />

durchgeführt. In einer dritten Phase fand eine Dialogkonferenz statt.<br />

VetreterInnen der HandwerkerInnen stellten ihren Führungskräften (Gruppenleiter,<br />

Werkstattleiter, Fachbereichsleiter bis hin <strong>zum</strong> Centerleiter und dem<br />

47


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Arbeitsdirektor) ihre in den Workshops entwickelten Anforderungen und Ideen<br />

vor und trafen mit den Führungskräften Vereinbarungen zur Umsetzung.<br />

Das Projekt kann nach Meinung des Forschungszentrums artec als Erfolg gewertet<br />

werden. Gerade die Dialogkonferenz habe viele Ideen gebracht, ein<br />

beachtlicher Teil der Vereinbarungen sei bereits umgesetzt worden<br />

Perspektiven im Bereich Arbeitsorganisation<br />

Hier kann auf ein Projekt zur Erstellung, Vereinbarung und Umsetzung eines<br />

Konzeptes für den Umgang mit leistungsgewandelten MitarbeiterInnen hingewiesen<br />

werden. Aufgrund der betriebsinternen Restrukturierung werden die<br />

Arbeitsmöglichkeiten für leistungsgewandelte MitarbeiterInnen immer geringer.<br />

Die BSAG sieht sich nun in der Pflicht neue Einsatzmöglichkeiten zu schaffen,<br />

wenn eine Person z. B. aus gesundheitlichen Gründen im Schichtbetrieb 1 nicht<br />

mehr antreten kann. Diesbezüglich befindet sich die BSAG gegenwärtig mitten<br />

in der Diskussion. Ende das Jahres sollen, nach Einschätzung der Leitung des<br />

Centers Personal, die Ergebnisse vorliegen.<br />

Stellungnahme<br />

Betriebsrat:<br />

„Für uns war die Frage, wie lange wir die altersbedingten Personalabgänge<br />

insbesondere in den Werkstätten ohne Wiederbesetzungen noch aushalten<br />

können. Es war absehbar, dass gerade in den Schichtbereichen der Werkstatt<br />

die Arbeitsverdichtung nicht mehr lange gut gehen würde.<br />

Die Idee der Übernahme von Ausgebildeten in flexiblere Strukturen ist<br />

sicherlich nicht neu. Unser Modell sieht aber nicht nur vor in der Arbeitszeit<br />

hochflexibel zu werden, sondern auch in den Arbeitsinhalten. Dazu mussten<br />

die „Neuen“ ein hohes Maß an Wissensvermittlung erhalten und die<br />

Zusatzqualifikation „Fahrdienst“ erwerben. Dazu ist dann in Verhandlungen<br />

mit dem Arbeitgeber die Teilzeitvariante im ersten Jahr entwickelt worden, um<br />

die Übernahme aller Auszubildenden unter dem verschärften Kostendruck zu<br />

ermöglichen. Jetzt werden die Kollegen Arbeitsverträge mit Mischtätigkeit auf<br />

Vollzeitbasis erhalten – das zeigt, das Modell war ein Erfolg.“<br />

1 Es arbeiten ca. 1500 Beschäftigte im Schichtbetrieb<br />

48


Weitere Informationen<br />

Bremer Straßenbahn AG<br />

Flughafendamm 12<br />

28199 Bremen<br />

Tel:0421 – 5596 - 0<br />

www.bsag.de<br />

Betriebsrat<br />

Michael Hünig<br />

MichaelHuenig@bsag.de<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

49


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

50


DaimlerChrysler AG<br />

Aging Workforce – wettbewerbsfähig im demografischen Wandel<br />

Das Unternehmen<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die DaimlerChrysler AG entstand 1998 aus der Fusion zwischen Daimler Benz<br />

und dem US-amerikanischen Unternehmen Chrysler und gilt als eines der<br />

weltweit führenden Unternehmen in der Automobilbranche. Der Konzern produziert<br />

sowohl PKWs - vom Kleinwagen über Sportwagen bis hin zur Luxuslimousine<br />

– als auch Nutzfahrzeuge für verschiedenste Einsatzgebiete. DaimlerChrysler<br />

beschäftigt zur Zeit weltweit ca. 385.000 MitarbeiterInnen, davon<br />

rund 185.000 in Deutschland.<br />

In Bremen produziert die DaimlerChrysler AG die Mercedes-Typen C-Klasse (C-<br />

Limousine und C-Kombi), CLK-Cabrio und CLK-Coupé, SL und SLK. Insgesamt<br />

beschäftigt der Konzern an diesem Produktionsstandort ca. 14.500 MitarbeiterInnen.<br />

Davon zählen ca. 10.000 zu den sogenannten "direkten“ MitarbeiterInnen,<br />

die in der Produktion eingesetzt sind. Weitere ca. 1.800 Beschäftigte<br />

zählen zu den „indirekten“ MitarbeiterInnen, die unter anderem mit der Instandhaltung,<br />

dem Betriebsmittelbau und der Qualitätssicherung befasst sind.<br />

Zudem gibt es ca. 2.700 Angestellte sowie rund 600 Auszubildende und<br />

PraktikantInnen.<br />

Ausgangslage Konzern<br />

• Die demografische Entwicklung hin zu einer stetig alternden Bevölkerung<br />

und somit auch zu einer älter werdenden Belegschaft ist von Daimler-<br />

Chrysler frühzeitig erkannt worden. Durch die Verankerung des Themas<br />

Aging Workforce in der Konzern-Personalstrategie und die Entwicklung<br />

von Maßnahmen – im Verbund mit den Standorten – stellt<br />

DaimlerChrysler schon heute die Weichen für morgen. Ein Beispiel hierfür<br />

ist die Sensibilisierung von Mitarbeitern und Führungskräften unter<br />

anderem durch einen Intranetauftritt zu diesem Thema oder das<br />

internationale Forum Aging Workforce, das 2004 durch die Zentrale<br />

veranstaltet wurde.<br />

51


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• Die Aktualität der Herausforderung wird verstärkt durch das am<br />

31.12.2009 auslaufende Gesetz zur Altersteilzeit. Der tatsächliche Renteneintritt<br />

wird sich erhöhen, die MitarbeiterInnen werden länger arbeiten.<br />

• Ende 2003 hat sich bei DaimlerChrysler das deutschlandweite Netzwerk<br />

Aging Workforce konstituiert, welches von der Zentrale in Stuttgart gesteuert<br />

wird. Das Netzwerk ist durch Koordinatoren vor Ort in jedem Werk<br />

vertreten. Ziele des Netzwerkes sind <strong>zum</strong> einen, Best Practice Beispiele<br />

durch einen Praxisabgleich an den jeweiligen Standorten zu erfassen, und<br />

<strong>zum</strong> anderen, die Initiierung von neuen Konzepten und Pilotprojekten<br />

voranzutreiben.<br />

Ausgangslage Werk Bremen<br />

• Der Altersdurchschnitt der MitarbeiterInnen in der Produktion am Standort<br />

Bremen beträgt gegenwärtig 41 Jahre und wird sich im Jahre 2010 aufgrund<br />

eines geringeren Personalbedarfs – verursacht durch Produktivitätsfortschritte<br />

im Produktionsprozess – auf 45 Jahre erhöhen.<br />

• Der Anteil der über 50-jährigen MitarbeiterInnen steigt – trotz Altersaustritten<br />

und Jungfacharbeitern – stark an, da das Werk Bremen, aufgrund<br />

hoher Einstellungsquoten zur Werksgründung in den 80er Jahren, einen<br />

ausgeprägten Altersberg mit einer Doppelspitze hat. Veranschaulicht wird<br />

dies anhand folgender Grafik:<br />

52<br />

Verteilung Stammbelegschaft nach Lebensalter 2004<br />

2010<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

15<br />

17<br />

19<br />

21<br />

23<br />

25<br />

27<br />

29<br />

31<br />

33<br />

35<br />

37<br />

39<br />

41<br />

43<br />

45<br />

47<br />

49<br />

51<br />

53<br />

55<br />

57<br />

59<br />

61<br />

63<br />

65


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• Durch das An- und Auslaufen von Modellreihen verändern sich in den<br />

einzelnen Fertigungsbereichen die Personalbedarfe, was wiederum größere<br />

Versetzungsmaßnahmen notwendig macht, bei denen z. B. MitarbeiterInnen<br />

aus dem Nordwerk ins Südwerk versetzt werden. Wird das Alter der<br />

Beschäftigten bei den Versetzungen nicht berücksichtigt, kann dies zu einer<br />

einseitigen Altersstruktur in bestimmten Werkshallen führen.<br />

• Empirische Untersuchungen legen dar, dass mit steigendem Altersdurchschnitt<br />

in der Fertigung die Ausfalltage pro Krankheitsfall als auch die<br />

Anzahl der MitarbeiterInnen mit ärztlich festgestellten Einsatzeinschränkungen<br />

steigen.<br />

Maßnahmen im Bereich Gesundheit (Förderung und Prävention)<br />

Das Gesundheitsmanagement des Bremer Standortes von DaimlerChrysler<br />

kann auf ein langjähriges Erfahrungswissen zurückgreifen. Dies trifft insbesondere<br />

auf den Einsatz von MitarbeiterInnen mit Einsatzeinschränkungen in<br />

den Montagehallen zu. So erfassen die Werksärzte direkt am Arbeitsplatz in<br />

Absprache mit den Vorgesetzten und den Betroffenen die jeweiligen<br />

Arbeitsplatzanforderungen und versuchen, bei einsatzeingeschränkten<br />

MitarbeiterInnen Lösungen zu finden, um die Anforderungen mit den vorhandenen<br />

Fähigkeiten der Beschäftigten zu vereinbaren. In diesem Zusammenhang<br />

werden jetzt Untersuchungsansätze diskutiert, um eventuellen<br />

körperlichen Defiziten, welche speziell muskoskelettaler Herkunft sind,<br />

entgegenzuwirken und auch diesbezüglich die Eigenverantwortung der<br />

Beschäftigten zu fördern.<br />

Hierzu wird gegenwärtig das sogenannte “Kraftwerk Mobil“ in den einzelnen<br />

Montagehallen getestet. Das „Kraftwerk Mobil“ ist eine transportable Trainingsstation,<br />

die direkt zu den einzelnen Bandabschnitten gefahren werden<br />

kann. Die Beschäftigten erhalten einen Trainingsplan über 16 Wochen, der auf<br />

einer Analyse ihrer Leistungsfähigkeit basiert. Unter der Anleitung von entsprechend<br />

geschulten BetreuerInnen werden dann verschiedene Muskelpartien<br />

trainiert, um vorhandene Beschwerden, vor allem bezüglich des Rückens,<br />

abzubauen und künftigen vorzubeugen. Jede Trainingseinheit wird von den<br />

BetreuerInnen dokumentiert, um den Fortschritt des Trainings verfolgen zu<br />

können. Die Trainingseinheiten von 10 Minuten pro Woche finden am Arbeitsplatz<br />

statt.<br />

53


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Erfahrungen mit dem “Kraftwerk Mobil“ sind ausgesprochen positiv. Fast<br />

alle Teilnehmer sprechen laut Betreuern von enormen Verbesserungen hinsichtlich<br />

ihrer Beschwerden und eine große Zahl von ihnen nimmt nun, ausgehend<br />

von diesen Erfahrungen, selbstständig auch externe Trainingsangebote<br />

wahr.<br />

Maßnahmen im Bereich Arbeitsorganisation<br />

Zur Vermeidung bzw. Reduzierung einer einseitigen Arbeitsbelastung und Förderung<br />

der Einsatzflexibilität sind in den Betriebsvereinbarungen und im Produktionssystem<br />

des Bremer Werkes entsprechende Instrumente, wie Job<br />

Rotation vorgeschrieben und geregelt. Aus den Regelanweisungen geht klar<br />

hervor, wie Job Rotation in den Arbeitsgruppen in den Montagehallen zu<br />

handhaben ist. Anhand des folgenden Beispiels kann die Vorgehensweise<br />

beim „Bremer Rotationsmodell“ verdeutlicht werden:<br />

In einer Meisterei der Montage befinden sich in der Regel 36 MitarbeiterInnen,<br />

die sich wiederum in drei 12er Gruppen mit je einer/einem GruppensprecherIn<br />

einteilen. 70% der MitarbeiterInnen wechseln täglich innerhalb ihrer Gruppe<br />

die Tätigkeitsbereiche. Die übrigen 30% jeder Gruppe rotieren aus ihrer<br />

Gruppe heraus in die Tätigkeitsbereiche der anderen zwei Arbeitsgruppen.<br />

Zudem stehen bei eventueller Unterbesetzung 10% einer weiteren Meisterei<br />

den drei Gruppen als sogenannte Eckkräfte zur Verfügung. Damit bei der Job<br />

Rotation die Möglichkeit der Kontrolle und Transparenz für die MitarbeiterInnen<br />

und Führungskräfte (Meister) gewährleistet ist, wird ein Rotationsplan<br />

ausgehängt, dem die einzelnen Beteiligten entnehmen können, in welchen<br />

Bereichen sie eingesetzt werden.<br />

Eine deutliche Relevanz erhält das Thema Alter beim Versetzungsverfahren. So<br />

wird z. B. für das Anlaufen einer neuen Modellreihe in einer bestimmten<br />

Werkshalle vermehrt Personal nachgefragt, welches aus anderen Hallen bezogen<br />

werden muss. Früher wurde bei DaimlerChrysler nach dem Last-In-First-<br />

Out Verfahren vorgegangen, d.h. dass diejenigen Beschäftigten, welche als<br />

letzte in die Arbeitsgruppen kamen, auch als erste wieder ausgewählt wurden.<br />

Dies hatte zur Folge, dass das Versetzungskontingent hauptsächlich aus jüngeren<br />

MitarbeiterInnen bestand, und die bestehenden Arbeitsgruppen, die die<br />

MitarbeiterInnen abgaben, immer „älter“ wurden.<br />

54


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Dieser Problematik hat sich DaimlerChrysler Bremen erstmalig beim Produkt-<br />

Neuanlauf der SLK-Reihe angenommen. So wurde hier konkret die Altersstruktur<br />

der versetzbaren Beschäftigten mit der Altersstruktur des Versetzungskontingents<br />

abgeglichen. Das heißt, dass die Altersstruktur der versetzten<br />

MitarbeiterInnen exakt der Altersstruktur der abgebenden Werkshalle (oder<br />

einzelnen Arbeitsgruppe) entsprechen musste. Dieses Vorgehen hatte einen<br />

ausgewogenen Altersmix innerhalb der jeweiligen Werkshalle zur Folge, was<br />

gerade in der Montage von großer Bedeutung ist. Dieses Konzept wird nun<br />

situativ auf andere Auswahl- und Versetzungsaktionen übertragen.<br />

Maßnahmen im Bereich Wissenstransfer<br />

Seit März 2005 gibt es im Werk Bremen ein Dissertationsprojekt <strong>zum</strong> Thema<br />

Wissensmanagement in der Produktion. In Bremen wird Wissensmanagement<br />

verstanden als optimale Organisation und Umgang mit der Ressource Wissen,<br />

um die Ziele des Werkes zu erreichen und den Werkserfolg langfristig zu<br />

sichern.<br />

Eine Kernfrage dieses Projektes lautet, wie spezifisches Know-how im Unternehmen<br />

bewahrt werden kann, wenn MitarbeiterInnen den Betrieb altersbedingt<br />

verlassen. Hierzu werden im Rahmen des Projektes Konzepte erarbeitet<br />

und umgesetzt. Es wurden bisher noch keine Ergebnisse veröffentlicht. Darüber<br />

hinaus ist ein Schwerpunkt des Projektes der bereichsübergreifende<br />

Wissensaustausch. Weitere Pilotprojekte wurden bisher in der Instandhaltung,<br />

in der Logistik und im Anlaufmanagement initiiert.<br />

Perspektiven<br />

Aufgrund der Ergebnisse betriebsinterner Untersuchungen im Jahre 2004, in<br />

denen MitarbeiterInnen über 45 Jahre befragt wurden, hat das deutschlandweite<br />

Netzwerk Aging Workforce z. B. folgende Themen für die weitere Bearbeitung<br />

identifiziert:<br />

• Demografieorientierter Personaleinsatz:<br />

Dabei geht es um die Gestaltung des Personaleinsatzes im gewerblichen<br />

Bereich unter Berücksichtigung einer älter werdenden Belegschaft.<br />

55


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• Verknüpfung der Neuprodukt-Projekte mit der Belegschaftsstruktur:<br />

Die Produktionsplanung soll zukünftig den Aspekt alternder Belegschaften<br />

stärker in die produktionstechnischen Konzeptionen einfließen lassen.<br />

• Integrale Wissenstransfermodelle:<br />

Hier wird der Frage nachgegangen, wie Wissen (Fachwissen, Netzwerkwissen,<br />

emotionale Kompetenz etc.) dem Unternehmen erhalten bleiben kann,<br />

wenn MitarbeiterInnen altersbedingt den Betrieb verlassen.<br />

Erste Ergebnisse aus den jeweiligen Arbeitsgruppen liegen bereits vor. Das<br />

DaimlerChrysler Werk in Bremen nimmt dabei – wie bereits aufgezeigt (siehe<br />

Versetzungsverfahren, Bremer Rotationsmodell) – eine Vorreiterrolle ein. Für<br />

das Werk Bremen wurden folgende Handlungsfelder bezüglich der Aging<br />

Workforce Thematik als signifikant definiert:<br />

• Arbeitsgestaltung<br />

• Personaleinsatz auf Ebene „shop floor“<br />

• Personalsteuerung/Personalentwicklung<br />

• Mitarbeiter mit Einsatzeinschränkungen<br />

• Personalanpassung<br />

• Personaleintritt/Nachwuchssicherung<br />

• Qualifizierung/Wissensmanagement<br />

• Personalführung/Personalpolitik<br />

• Betriebliches Gesundheitsmanagement<br />

• Eigenverantwortung der MitarbeiterInnen<br />

Bisher werden die einzelnen Handlungsfelder isoliert aus der jeweiligen Sicht<br />

bearbeitet. In einem nächsten Schritt soll die Verknüpfung von Maßnahmen<br />

mit den Fachfunktionen, der Produktion und dem Betriebsrat auf Werksebene<br />

erfolgen.<br />

Um aber schon auf kleiner überschaubarer Ebene weitergehende Maßnahmen<br />

umzusetzen und deren Verzahnung zu erproben, wurde auf der sogenannten<br />

Shop-Floor-Ebene ein Pilotprojekt gestartet. Dieses Pilotprojekt begleitet die<br />

Einführung einer neuen Arbeitsorganisation für die neue Baureihe der C-<br />

Klasse. Die neue Arbeitsorganisation hat <strong>zum</strong> Ziel, Montageprozesse zu vereinfachen<br />

und zu standardisieren, um weitere Qualitätssteigerungen zu ermöglichen,<br />

Anlernzeiten zu verkürzen und die MitarbeiterInnen flexibler einsetzen<br />

zu können.<br />

56


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Ziel des Projektes ist es, ein umfassendes und integriertes Maßnahmenkonzept<br />

(<strong>Toolbox</strong>) zu entwickeln, welches unter den besonderen Bedingungen der<br />

neuen Arbeitsorganisation die Werksziele kurz und mittelfristig erreichen hilft.<br />

Zudem sollen die vorhandenen Einzelmaßnahmen, die u.a. den Aspekt Alter<br />

berücksichtigen (siehe Darstellungen zu Maßnahmen im Bereich Gesundheit,<br />

Arbeitsorganisation und Wissenstransfer) zu einem Gesamtkonzept zusammengefasst<br />

und somit optimiert werden.<br />

Die Erfassung und Bewertung von vorhandenen Einzelmaßnahmen ist bereits<br />

abgeschlossen; gegenwärtig werden evtl. noch vorhandene Lücken bzw. Anregungen<br />

für noch fehlende Maßnahmen ermittelt. Der Abschluss des Projektes<br />

ist bis Ende 2005 vorgesehen.<br />

Stellungnahmen<br />

Konzernleitung:<br />

„DaimlerChrysler hat die Herausforderungen aus dem demografischen Wandel<br />

frühzeitig erkannt und das Thema unter dem Titel Aging Workforce in der<br />

Personalstrategie verankert. DaimlerChrysler setzt im Rahmen eines ganzheitlichen<br />

Ansatzes vom Personaleintritt bis <strong>zum</strong> Personalaustritt darauf, die Beschäftigungsfähigkeit<br />

und Arbeitskraft der Mitarbeiter zu fördern und zu erhalten.<br />

Die berufliche und persönliche Weiterentwicklung sowie insbesondere die<br />

Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter werden aktiv gefördert. Aging Workforce<br />

ist dabei ein Thema für die gesamte Belegschaft, d. h. für alle Altersgruppen.<br />

Mit der Initiative Aging Workforce zielt DaimlerChrysler auf die Stärkung<br />

der Eigenverantwortung und Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter, auf<br />

dauerhafte Produktivitätssteigerung und auf Ergebnisverbesserung im demografischen<br />

Wandel.“<br />

Gesamtbetriebsrat:<br />

„Unsere Gesellschaft wird immer älter. Dies wirkt sich auch auf die Belegschaften<br />

bei DaimlerChrysler aus, sei es in Europa, USA oder Japan. In den<br />

nächsten 10 Jahren wird das Durchschnittsalter der DC-Mitarbeiter in<br />

Deutschland um rund 5 Jahre steigen. Der Anteil der Mitarbeiter unter 30<br />

Jahre wird dann bei ca. 12 % liegen. Gleichzeitig wird künftig das Angebot an<br />

jüngeren und qualifizierten Mitarbeitern auf dem Arbeitsmarkt geringer werden.<br />

57


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Parallel hierzu fördert die neue Rentengesetzgebung längere Lebensarbeitszeiten.<br />

Dies wird und muss Auswirkungen haben auf viele Themenfelder der<br />

Personal- und Arbeitspolitik. Dabei ist „Aging Workforce“ kein isoliertes Thema<br />

für ältere Kolleginnen und Kollegen, sondern betrifft die gesamte Belegschaft.<br />

Der Gesamtbetriebsrat setzt sich dafür ein, dass ältere Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter in den Unternehmensleitlinien, in allen Arbeitsprozessen,<br />

Produktionssystemen und Produktionsabläufen berücksichtigt werden.“<br />

Weitere Informationen<br />

DaimlerChrysler AG<br />

Werk Bremen<br />

28190 Bremen<br />

Tel: 0421 – 419 - 0<br />

www.daimlerchrysler.de<br />

Betriebliche Bildung, Werk Bremen<br />

Key Account Aging Workforce<br />

Dr. Winfried Hilbig<br />

winfried.hilbig@daimlerchrysler.com<br />

Betriebsrat, Werk Bremen<br />

Uwe Werner<br />

uwe.werner@daimlerchrysler.com<br />

58


Flughafen Bremen GmbH<br />

Gesundheitsförderungsprojekt – alternde Belegschaft im Fokus<br />

Der Betrieb<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Die Flughafen GmbH ist eine hundertprozentige Gesellschaft der Stadtgemeinde<br />

Bremen. Die Kernaufgabe des Unternehmens besteht im Betreiben des<br />

Flughafen Bremen. Das Unternehmen ist auch Eigentümer des Flughafenareals.<br />

Das Unternehmen beschäftigt derzeit 241 Personen (davon 40 weibliche<br />

Beschäftigte) als Stammpersonal und ca. 30 Aushilfskräfte, vornehmlich<br />

Studenten. Mehr als ein Drittel dieser Beschäftigten sind im Bodenverkehrsdienst<br />

tätig. Der Rest der Beschäftigten wirkt in den Bereichen Frachtumschlag,<br />

Sicherheitsdienst, Werkstatt und Verwaltung.<br />

Die Altersstruktur gestaltet sich wie folgt:<br />

• bis 25 Jahre 6,0%<br />

• 26 bis 30 Jahre 5,5%<br />

• 31 bis 35 Jahre 7,1%<br />

• 36 bis 40 Jahre 19,4%<br />

• 41 bis 45 Jahre 17,0%<br />

• 46 bis 50 Jahre 16,2%<br />

• 51 bis 55 Jahre 18,5%<br />

• 56 bis üb. 60 Jahre 10,0%<br />

Ausgangslage<br />

• Aufgrund der durchschnittlich langen Betriebszugehörigkeiten, bedingt<br />

durch eine geringe Fluktuation und hohe Einstellungsquoten in den achtziger<br />

Jahren und zu Beginn der neunziger Jahre, liegt der Anteil der<br />

Beschäftigten im Alter über 45 Jahre bei ca. 45%, bzw. im Alter über 50<br />

Jahre bei ca. 29%.<br />

• Durch eine im Jahre 2000/2001 vorgenommene Beurteilung der Arbeitsbedingungen<br />

wurde ermittelt, dass in den Bereichen, in denen körperliche<br />

59


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

60<br />

Handhabungen und Transport von Lasten (speziell im Fracht, Boden- und<br />

Verkehrsbereich) im Vordergrund stehen, schwere dynamische Arbeit sowie<br />

einseitige und statische Haltearbeit geleistet werden muss. Dadurch<br />

entstehen physische Belastungen, welche langfristig zu muskuloskelettalen<br />

Erkrankungen führen können.<br />

• Des Weiteren wurde bei der Untersuchung festgestellt, dass einseitige<br />

Körperhaltungen mit unphysiologischen statischen Muskelanspannungen<br />

bei sitzenden Tätigkeiten an administrativen Arbeitsplätzen auftreten.<br />

• Außerdem wurden die psychosozialen Belastungen, welche aus ungünstigen<br />

arbeitsorganisatorischen Gegebenheiten entstehen können, wie z. B.<br />

durch die Verdichtung von Arbeitsaufgaben und Arbeitszeit, ebenfalls als<br />

besonders relevant betrachtet.<br />

Maßnahmen im Bereich Gesundheit (Prävention und Förderung)<br />

Dem aktuellen Projekt zur Gesundheitsförderung am Flughafen Bremen mit<br />

dem Thema “Gesundheitsförderung mit spezieller Berücksichtigung muskuloskelettaler<br />

Erkrankungen bei alternder Belegschaft“, das von März/April 05<br />

bis Ende Juli 05 läuft, waren bereits andere Maßnahmen der Gesundheitsförderung<br />

vorausgegangen.<br />

So wurde im Jahre 1991 ein Rückenschulprogramm des Arbeitsschutzausschusses<br />

für MitarbeiterInnen des Bodenverkehrsdienstes, der Werkstatt sowie<br />

der Frachthalle angeboten. Des Weiteren wurde 1995 ein Gesundheitsförderungsprojekt<br />

in Zusammenarbeit mit der AOK Bremen/Bremerhaven mit den<br />

Schwerpunkten im Bereich der konkreten Prävention wie z. B. das Heben und<br />

Tragen von schweren Lasten, Bewältigung psychosozialer Anforderungen usw.<br />

durchgeführt. Zudem kam es im Bereich der Verhältnisprävention in mehreren<br />

Abteilungen <strong>zum</strong> Einsatz von Gesundheitszirkeln und speziellen Führungskräfteschulungen<br />

<strong>zum</strong> Thema effektives Leiten von Gruppen, Fehlzeitenreduktion<br />

und Gesundheitsförderung.<br />

Das aktuelle Projekt der Flughafen Bremen GmbH beschäftigt sich mit einer<br />

gesundheitsadäquaten und alternsgerechten Arbeitsgestaltung wie auch den<br />

individuellen und institutionellen Präventions- und Bewältigungsmöglichkeiten<br />

innerhalb und außerhalb der Erwerbssphäre. Zwei Fragen sind dabei von<br />

zentraler Bedeutung:


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• Wie kann die Arbeit über ein gesamtes Arbeitsleben so gestaltet werden,<br />

dass Belastungen reduziert und persönliche Ressourcen zur Arbeitsfähigkeit<br />

erhalten und aufgebaut werden können?<br />

• Wie können Arbeitssysteme gesundheits- und alternsgerecht gestaltet<br />

werden, damit sie über das gesamte Arbeitsleben bis ins Rentenalter ausführbar<br />

sind und in ihrer Erlebnisqualität als sinnhaft erfahren werden?<br />

Das Projekt wird gemeinsam von der Flughafen Bremen GmbH, Unfallkasse<br />

Freie Hansestadt Bremen, AOK Bremen/Bremerhaven, Techniker Krankenkasse<br />

und Handelskrankenkasse Bremen getragen. Konzipiert wurde das Projekt<br />

vom Betriebsarzt, einem Arbeitsmediziner und einen Sportmediziner, welche<br />

auch gleichzeitig die wissenschaftliche Expertise durchführen. Die Projektstruktur<br />

besteht dabei aus folgenden vier Teilen:<br />

1. Organisationsaufbau, Festlegung der Ziele, Sicherung der Nachhaltigkeit:<br />

Es wurde ein Steuerkreis, bestehend aus Repräsentanten der Geschäftsleitung,<br />

des Betriebsrates, der Arbeitssicherheit, der Unfallkasse, der<br />

Krankenkassen und der wissenschaftlichen Berater gebildet. Innerhalb des<br />

Betriebes wird das Vorhaben durch den Arbeitskreis Gesundheit, bestehend<br />

aus Abteilungsleiter Personal, zwei Mitgliedern des Betriebsrates und<br />

Betriebsarzt gesteuert.<br />

2. Ist-Analyse, Arbeitsbewältigungsfähigkeit:<br />

Es wurde eine Ist-Analyse zur Belastungs- und Beanspruchungssituation<br />

der Belegschaft auf der Basis bereits durchgeführter Erhebungen und der<br />

Unterlagen über den Krankenstand vorgenommen. Dabei wurde <strong>zum</strong> einen<br />

auf Erfahrungen der Mitglieder des Arbeitsschutzausschusses zurückgegriffen<br />

und <strong>zum</strong> anderen eine schriftliche Befragung durch einen standardisierten<br />

Fragebogen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchgeführt.<br />

Von besonderer Bedeutung war die Ermittlung der Arbeitsbewältigungsfähigkeit<br />

in einem persönlichen Gespräch. Hierbei wurde auf ein<br />

Instrument zurückgegriffen, das der am Projekt beteiligte Arbeitsmediziner<br />

in Zusammenarbeit mit einem Kollegen erarbeitet hat und das mittlerweile<br />

in zahlreichen Betrieben erfolgreich eingesetzt wurde.<br />

3. MitarbeiterInnen-Coaching:<br />

Das Konzept des Coaching mit dem Schwerpunkt auf der Handhabung<br />

von Lasten und der Arbeit am PC ist ein kommunikativer, tätig-<br />

61


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

62<br />

keitsbegleitender Ansatz zur Verbesserung der individuellen Verhaltensmuster<br />

und Stärkung der Gesundheitspotenziale der Arbeit. Die<br />

Beschäftigten werden bei ihrer Arbeit vom Coach begleitet und sollen<br />

durch partnerschaftlich angelegte Gespräche <strong>zum</strong> gesundheitsgerechten<br />

Verhalten angeregt werden. Die Ziele dieser Maßnahme sind im einzelnen:<br />

• die Konkretion des Bewegungsverhaltens bei der Lastenhandhabung<br />

bzw. bei der Arbeit am PC;<br />

• die Entwicklung und Vermittlung eines achtsamen Umgangs mit dem<br />

eigenen Körper bei der Arbeitstätigkeit;<br />

• die Verminderung der Häufigkeit von Beschwerden des Stütz- und<br />

Bewegungsapparates, insbesondere des Rückens;<br />

• die Stärkung des Stellenwertes gesundheitsgerechter Arbeitsweisen im<br />

Sinne einer gesundheitsfördernden Betriebskultur;<br />

• die Förderung alters- und alternsgerechter Gestaltung von Arbeitsabläufen<br />

und frühzeitige Beratung und Förderung von MitarbeiterInnen,<br />

deren Arbeitsbewältigungsfähigkeit kurz- bis mittelfristig gefährdet<br />

ist.<br />

4. Sport- und Bewegungsangebot in einem Studio:<br />

In Zusammenarbeit mit einem Sportstudio-Anbieter und einem<br />

Sportmediziner wurde für alle Beschäftigten ein Kursprogramm angeboten.<br />

Es bestand aus zwei Teilen, der Teilnahme an einem Kurs mit den<br />

Themen: Bedeutung von Spaß und Bewegung für Gesundheit und<br />

Lebensqualität, Entspannungstechnik, Rücken- und Rumpfkräftigungsgymnastik,<br />

Ernährung, Kraft- und Ausdauertraining und einem Besuch<br />

eines Studios unter Anleitung von Trainingspersonal. Der Besuch der<br />

Kurse wurde als Arbeitszeit entgolten. Der Besuch des Trainingsstudios<br />

war für die Teilnehmer/innen kostenlos und wurde durch den Betrieb, die<br />

Unfallkasse und die Krankenkassen finanziert.<br />

Das Projekt befindet sich derzeit noch in der Durchführungsphase. Die<br />

Ergebnisse werden im Herbst vorliegen.<br />

Obwohl noch keine konkreten Resultate zur Bewertung des Projektes<br />

insgesamt vorliegen, hat sich bereits laut Personalleitung und Betriebsrat<br />

gezeigt, dass das Projekt von den Beschäftigten sehr positiv aufgenommen


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

wird. Ein Grund dafür wird darin gesehen, dass das Projekt im Betrieb gut<br />

kommuniziert wurde. Die relativ gute Resonanz auf Seiten der<br />

Beschäftigten zeigt sich darin, dass sich etwa die Hälfte von ihnen an der<br />

schriftlichen Befragung wie an dem persönlichen Gespräch zur Ermittlung<br />

der Arbeitsfähigkeit beteiligte. Auch die Coaching-Maßnahmen sind positiv<br />

aufgenommen worden.<br />

Obgleich die Teilnahme an dem Kursangebot wie auch der Besuch des Fitness-Studios<br />

zunächst nur von einer kleinen Gruppe in Anspruch genommen<br />

worden ist, hat sich die überaus positive Erfahrung seitens der Teilnehmer und<br />

Teilnehmerinnen im Betrieb rasch herumgesprochen und mittlerweile zu einer<br />

größeren Nachfrage geführt, so dass auch hier mit einem weiteren Erfolg gerechnet<br />

werden kann.<br />

Weitere Informationen<br />

Flughafen Bremen GmbH<br />

Flughafenallee 20<br />

28199 Bremen<br />

Tel: 0421 – 5595 – 0<br />

www.airport-bremen.de<br />

Leitung Abteilung Personal<br />

Manfred Zimmer<br />

Tel: 0421 – 5595 – 466<br />

Manfred.zimmer@airport-bremen.de<br />

Betriebsrat:<br />

Inge Briggs<br />

Tel: 0421 – 5595 – 227<br />

inge.briggs@airport-bremen.de<br />

63


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

64


Hellmann Worldwide Logistics GmbH & Co. KG<br />

Arbeitskreis Gesundheit leistet Pionierarbeit<br />

Der Betrieb<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Hellmann Worldwide Logistics wurde 1871 von Carl Heinrich Hellman in<br />

Osnabrück gegründet und hat sich seitdem zu einem internationalen Logistik-<br />

Anbieter entwickelt. Die Dienstleistungspalette des Unternehmens umfasst<br />

dabei die klassischen Speditionsleistungen per LKW, Luft- und Seefracht<br />

genauso wie ein umfangreiches Kurierdienstangebot, Warehousing und zahlreiche<br />

Spezialserviceleistungen. Das Unternehmen hat 6.000 MitarbeiterInnen<br />

weltweit, 2.850 davon in Deutschland. Hellmann versteht sich nicht als reines<br />

Speditionsunternehmen, sondern als Logistik-Dienstleister, dessen wichtigste<br />

Ressource die Beschäftigten sind. Im Firmenleitbild heißt es dazu: “Die Mitarbeiter<br />

sind das wichtigste von Hellmann – ihnen fühlen wir uns als Unternehmen<br />

in besonderem Maße verpflichtet, denn nur engagierte Mitarbeiter, die als<br />

Unternehmer im Unternehmen handeln, sichern den Erfolg und dadurch die<br />

gemeinsame Zukunft des Unternehmens.“<br />

In Bremen beschäftigt Hellmann 351 ( davon 117 gewerbliche Beschäftigte)<br />

MitarbeiterInnen (MA) mit folgender Altersstruktur:<br />

• bis 20 Jahre = 3 MA<br />

• 20 bis 29 Jahre = 82 MA<br />

• 30 bis 39 Jahre = 115 MA<br />

• 40 bis 49 Jahre = 79 MA<br />

• 50 bis 59 Jahre = 65 MA<br />

• über 60 Jahre = 7 MA<br />

Ausgangslage<br />

• In 15 Jahren werden rund 33 % der Arbeitskräfte älter als 50 Jahre sein.<br />

Daraus ergibt sich die Frage, wie die MitarbeiterInnen dem Unternehmen<br />

Hellmann möglichst lange bei voller Arbeitsleistung erhalten bleiben können.<br />

65


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• Der Mangel an jungen Nachwuchskräften im Speditionsbereich, speziell<br />

im Bereich Seefracht und Luftfracht, führt auf dem Arbeitsmarkt zu einem<br />

“War for Talents“. Dies führt zu der Problematik, dass Hellmann nur<br />

schwer junge Nachwuchskräfte auf dem Arbeitsmarkt erreichen kann.<br />

• Für das Unternehmen können sich durch das Ausscheiden wichtiger<br />

Wissensträger und durch den Mangel an Nachwuchskräften Risiken bzgl.<br />

des Wissenserhalts ergeben. Das Unternehmen steht deshalb vor der Aufgabe,<br />

geeignete Alternativen zu finden bzw. entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen<br />

zu initiieren, die zur Entwicklung des Unternehmens<br />

notwendig sind.<br />

Maßnahmen im Bereich Gesundheit (Prävention und Förderung)<br />

Mit der betrieblichen Gesundheitsförderung und -vorsorge verfolgt Hellmann<br />

das Ziel einer gesunden Organisation. Der Weg dorthin besteht für das Unternehmen<br />

im systematischen und nachhaltigen Bemühen um die gesundheitsfördernde<br />

Gestaltung von Strukturen und Prozessen im Unternehmen und in<br />

der gesundheitsrelevanten Befähigung der Beschäftigten. Um diesbezüglich<br />

mehr Bewusstsein bei den MitarbeiterInnen zu schaffen, wurde 2004 in der<br />

Niederlassung Bremen bei einem Treffen zwischen Personalabteilung,<br />

Betriebsrat und Betriebsarzt beschlossen, einen Arbeitskreis Gesundheit zu<br />

gründen. Hauptaufgabe des zukünftigen Arbeitskreises sollte es sein, sich der<br />

Frage im Sinne eines umfassenden Gesundheitsmanagements zu stellen. D.h.,<br />

was zur weiteren Mitarbeiterförderung getan werden kann bzw. wie die<br />

Arbeitskräfte dem Betrieb möglichst lange, auch im „höheren“ Alter, bei voller<br />

Gesundheit und bei gleichzeitigem Einsatz ihrer vollen Arbeitskraft, erhalten<br />

bleiben können. Einzelne Ziele sind dabei:<br />

• die Reduzierung von Fehlzeiten<br />

• die Reduzierung von verhaltensbedingten Arbeitsunfällen<br />

• die Verbesserung der Arbeitsqualität<br />

• die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit / Motivation<br />

• Personalmarketing<br />

Es kristallisierte sich bei den Diskussionen im neuen Arbeitskreis schnell heraus,<br />

dass keine starren Konzepte umgesetzt werden sollten, sondern „lose<br />

66


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Treffen“ bevorzugt werden, durch die auch mit kleinen Mitteln bei Beschäftigten<br />

Verständnis für das Thema Gesundheit geweckt werden kann.<br />

Die verschiedenen Maßnahmen, initiiert durch den AK Gesundheit, welcher<br />

heute besteht aus Mitarbeitern der Personalabteilung, des Betriebsrates sowie<br />

dem Betriebarzt, der Fachkraft für Arbeitssicherheit und Mitarbeitern aus den<br />

kaufmännischen und gewerblichen Bereichen, haben dabei eine Art Pioniercharakter:<br />

Innerhalb von drei Jahren werden verschiedene Maßnahmen umgesetzt<br />

und nach Ablauf dieser Zeit wird überprüft, welche dieser Instrumente<br />

sich bewährt haben. Außerdem ist geplant die erfolgreichen Gesundheitsförderungsmaßnahmen<br />

auch an anderen Hellmann Standorten, an denen gleichartige<br />

Aktivitäten bereits laufen, im Sinne von best practice umzusetzen.<br />

Bevor die Maßnahmen eingeleitet wurden, wurden zunächst in Zusammenarbeit<br />

mit den Krankenkassen AOK und HKK Bremen die Gründe für krankheitsbedingte<br />

Fehlzeiten ermittelt. Diese sind in der Niederlassung Bremen <strong>zum</strong><br />

einen Erkältungsbeschwerden und <strong>zum</strong> anderen Rückenbeschwerden. Diese<br />

Gründe stehen somit im Fokus des Arbeitkreises und wurden und werden auch<br />

zukünftig einen Schwerpunkt in den einzelnen Maßnahmen bilden.<br />

Als erste Maßnahme nahm der Arbeitskreis Gesundheit die Bitten von einigen<br />

Beschäftigten auf, die sich Handauflagen für den PC wünschten, weil sie über<br />

Handgelenksschmerzen klagten. Nach einer entsprechenden Befragung in<br />

allen Abteilungen wurden die Handauflagen angeschafft. Dabei wurde aber<br />

erkannt, dass bei solchen Initiativen, wenn sie einen positiven Effekt bei einer<br />

Mehrzahl der Beschäftigten erreichen sollen, die Beweggründe für eine solche<br />

Aktion innerbetrieblich besser kommuniziert und vermarktet werden müssen.<br />

Dieses wurde bei der zweiten Aktion des AK Gesundheit wesentlich erfolgreicher<br />

umgesetzt.<br />

Mit der auf sieben Wochen ausgelegten Aktion “Fit durch den Winter“ sollte<br />

der Schwerpunkt Erkältungskrankheiten angegangen werden. Dabei bestand<br />

diese aus zwei Bausteinen:<br />

A. Angebot einer Grippeschutzimpfung für alle Beschäftigten<br />

B. Obst für alle MitarbeiterInnen<br />

Mit der „Aktion Obst“ sollte das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung<br />

geweckt werden. Während die Grippeschutzimpfung nur mit einem Rundschreiben<br />

bekannt gegeben wurde, wurde die Aktion Obst vom AK Gesundheit<br />

intern vermarktet: Sowohl durch einen betrieblichen Aushang von Werbepla-<br />

67


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

katen mit Informationen zur vitaminreichen Ernährung mit der Überschrift:<br />

“Gesund Ernähren – Esst Obst“ als auch besonders durch das Verteilen von<br />

Obstkörben in allen Abteilungen – sechs Wochen lang täglich!<br />

Die Aktion Obst war aus Sicht der Personalleitung ein großer Erfolg und stieß<br />

bei allen MitarbeiterInnen, wie auch bei den Kunden, auf sehr positive Resonanz.<br />

Positiv war, dass die Beschäftigten <strong>zum</strong> einen für das Thema Gesundheitsförderung<br />

/ Prävention auch im Sinne der Eigenverantwortung sensibilisiert<br />

wurden. Zum anderen realisierten die Beschäftigten, dass dieses Thema<br />

dem Betrieb wirklich “am Herzen liegt“, was besonders durch das kostenlose<br />

Bereitstellen von Obst verdeutlicht wurde. Die Aktion wurde am 31.12.04<br />

abgeschlossen, soll aber in diesen Monaten bezüglich der Nachhaltigkeit<br />

überprüft werden, indem anhand von Mitarbeiterumfragen ermittelt wird, ob<br />

sich durch die Maßnahmen langfristig (manchmal negative) Ernährungsgewohnheiten<br />

verändert bzw. verbessert haben.<br />

Als dritte Aktion wurde vom Arbeitskreis Gesundheit das Thema Fitness und<br />

Rückenerkrankungen aufgenommen. Hierbei wurde schnell erkannt, dass mit<br />

der klassischen Rückenschule, über einen Zeitraum von zwei Monaten, die<br />

gesteckten Ziele nicht erreicht werden konnten. Deshalb entschied sich der AK<br />

Gesundheit für die Variante Firmenfitness. Dabei ist es gelungen mit einem<br />

großen Fitnessstudiobetreiber einen Firmenvertrag abzuschließen, der den<br />

Beschäftigten von Hellmann für ein Jahr den kostenlosen Besuch eines Sportstudios<br />

ermöglicht.<br />

Auch bei dieser Aktion zeigte sich auf Seiten der Beschäftigten eine positive<br />

Resonanz, was <strong>zum</strong> einen an der Gratis-Nutzung, <strong>zum</strong> anderen aber auch an<br />

dem vielfältigen Fitnessangebot lag, welches sich vom Yoga über Pilates bis<br />

<strong>zum</strong> Walking erstreckte. So hatten innerhalb von zwei Wochen 131 Beschäftigte<br />

das Angebot wahrgenommen, was bei einer Gesamtzahl von insgesamt<br />

351 MitarbeiterInnen eine beeindruckende Quote ist. Heute (Stand Juli 2005)<br />

nehmen über 25% der MitarbeiterInnen regelmäßig an den verschiedenen<br />

Kursen teil.<br />

Perspektiven im Bereich Gesundheit<br />

Für die nächsten Monate sind vom Arbeitskreis Gesundheit weitere Maßnahmen<br />

geplant wie z. B. Nichtraucherseminare “Hellmann rauchfrei“, “Richtig<br />

heben – tragen – sitzen“, Vorsorge für Augen und Rücken, Umgang mit Stress<br />

am Arbeitsplatz und richtige Ernährung. Die Aktion “Hellmann rauchfrei“ wird<br />

gerade durchgeführt. Sie wird in drei Phasen unterteilt.<br />

68


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

1. Bewusstseinsphase: durch gezielte Plakataktionen in allen Abteilungen<br />

der Bremer Niederlassung<br />

2. Angebotsphase: den Beschäftigten wird ein zehnwöchiger Besuch bei<br />

einem Nichtraucher-Seminar der AOK angeboten<br />

3. Kursphase: Besuch des Seminars<br />

Wenn nach dem zehnwöchigen Besuch des Nichtraucherseminars das Rauchen<br />

noch nicht eingestellt wurde, beteiligt sich Hellman darüber hinaus finanziell<br />

an alternativen Methoden zur Rauchentwöhnung (z. B. Akupunktur).<br />

Maßnahmen im Bereich Arbeitsorganisation<br />

In den letzten Jahren wurde bei Hellmann die Abteilung Arbeitsschutz/Arbeitssicherheit<br />

aufgebaut, die nicht nur allein die schnelle Beseitigung sicherheitstechnischer<br />

Defizite verantwortet, sondern verstärkt vorbeugende Konzepte<br />

zur Verbesserung der allgemeinen Arbeitssicherheit, z. B. durch regelmäßige<br />

Schulungen zur allgemeinen Sicherheit an den Arbeitsplätzen und<br />

Arbeitsabläufen, umsetzt oder zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beiträgt.<br />

Für Regelungen bei leistungsgeminderten Beschäftigten, z. B. durch sogenannte<br />

Schonarbeitsplätze, gibt es bei Hellmann keine formellen Gesamtkonzepte,<br />

sondern es werden von Fall zu Fall Regelungen gefunden. So werden<br />

auch Einsatzmöglichkeiten und Potentiale für Beschäftigte, die durch gesundheitliche<br />

Einschränkungen ihre bisherigen Tätigkeiten nicht mehr voll ausführen<br />

können, individuell ermittelt.<br />

Eine ältere Lagerarbeiterin hatte z. B. über einen längeren Zeitraum eine überdurchschnittlich<br />

hohe Fehlquote. In einem Gespräch mit dem Betriebsrat und<br />

der Lagerleitung stellte sich heraus, dass die Arbeit für sie körperlich zu belastend<br />

war. Ihre Aufgabenbereiche wurden daraufhin neu konzipiert, die Fehlzeiten<br />

haben sich bei ihr seitdem drastisch reduziert.<br />

Weitere wichtige arbeitsorganisatorische Maßnahmen wie die Job Rotation,<br />

welche nachgewiesenermaßen auch positive gesundheitserhaltende Effekte<br />

bewirkt, werden seit vier Jahren im gewerblichen Bereich durchgeführt.<br />

69


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Maßnahmen im Bereich Weiterbildung<br />

Hellmann achtet darauf, dass auch ältere Beschäftigte, die nicht mehr weit<br />

vom altersbedingten Betriebsaustritt entfernt sind, bei betrieblichen Weiterbildungen<br />

berücksichtigt werden bzw. diese auch wahrnehmen. Dies zeigt folgendes<br />

Beispiel:<br />

Bei einer innerbetrieblichen Bedarfsanalyse bzgl. des zukünftigen Angebotes<br />

weiterbildender Maßnahmen waren die Rücklaufquoten in einer Abteilung<br />

außergewöhnlich gering. Daraufhin wurden die Beschäftigten der Abteilung,<br />

u.a. auch eine 59-jährige Mitarbeiterin befragt, um die Gründe für die geringe<br />

Resonanz zu ermitteln. Die Mitarbeiterin bestätigte ihr Interesse an Weiterbildung,<br />

gab aber ihr rentennahes Alter als Hinderungsgrund an. Ihrer Meinung<br />

nach würde es dem Betrieb doch keinen Nutzen mehr bringen sie weiterzubilden.<br />

Im Gespräch erklärte ihr die Personalleitung, dass Hellman dies anders<br />

sehe, da sie noch sechs Jahre im Betrieb sei und befragte sie nochmals nach<br />

ihren Wünschen bzgl. des Weiterbildungsangebots. Daraufhin belegte sie einen<br />

Aufbaukurs in Englisch.<br />

Bei Hellmann wird sehr viel Wert auf eine praxisorientierte Weiterbildung<br />

gelegt. Diese wird in der unternehmenseigenen Hellmann Academy aber nicht<br />

ausschließlich durch Frontalunterricht gewährleistet, sondern vermehrt auch<br />

durch sogenannte „on the job trainings“. Der Nachteil von verschultem Unterricht<br />

ist, dass viele ältere ArbeitnehmerInnen sich daran nicht mehr aktiv<br />

beteiligen, weil sie Angst haben, nachzufragen, wenn sie irgendetwas nicht<br />

verstanden haben. Sie ziehen sich dann zurück und schalten ab. Die Erfahrung<br />

hat gezeigt, dass “on the job trainings“ den Vorteil haben, das individuelle<br />

Lerntempo besser zu berücksichtigen. Das ist gerade für viele ältere Beschäftigte<br />

sehr hilfreich: Dadurch steigt auch ihre Motivation, sich im höherem Alter<br />

noch weiterzubilden.<br />

Stellungnahmen<br />

Geschäftsführung<br />

„Die demografische Entwicklung – der wachsende Anteil Älterer auch in der<br />

Erwerbsbevölkerung und der abnehmende Anteil Jüngerer – hat auch in<br />

unserem Unternehmen eine große Bedeutung. In 15 Jahren werden rund 33%<br />

der Arbeitskräfte älter als 50 Jahre alt sein. Risiken für unser Unternehmen<br />

70


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

können sich durch das schlagartige Ausscheiden wichtiger Wissensträger und<br />

durch den Mangel an Nachwuchskräften ergeben. Daraus ergibt sich für uns<br />

die Aufgabe, nach geeigneten Alternativen zu suchen sowie entsprechende<br />

Weiterbildungsmaßnahmen zu initiieren, die zur Weiterentwicklung des Unternehmens<br />

notwendig sind. Ebenfalls wichtig sind Vorsorge- und Gesundheitsprogramme<br />

mit Blick auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance sowie die<br />

Integration und Mobilisierung des notwendigen Arbeitskräftepotentials. Lebenslanges<br />

Lernen wird zukünftig immer bedeutsamer für den beruflichen<br />

Erfolg werden.“<br />

Betriebsrat<br />

„Dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein Unternehmen in die Weiterbildung<br />

und insbesondere in die Gesundheit seiner Mitarbeiter investiert, ist selten<br />

geworden. Die Aktionen <strong>zum</strong> Thema Gesundheit werden von der Belegschaft<br />

sehr positiv angenommen und sprechen sich natürlich auch im Bekanntenkreis<br />

herum. Besonders stolz ist man hier in Bremen darauf, dass der<br />

AK Gesundheit als Bremer Pilotprojekt so erfolgreich umgesetzt wurde. Das<br />

zeigt uns, dass die Entscheidung in 2004 die richtige war und macht uns<br />

zudem zuversichtlich, dass das Unternehmen auch in Zukunft in sein wichtigstes<br />

Gut, die Mitarbeiter investieren wird. Weiterbildung und Gesundheitsmanagement<br />

sind langfristig angelegte Maßnahmen, die uns sicher am Standort<br />

auch in Zukunft helfen werden wettbewerbsfähig zu bleiben.“<br />

Weitere Informationen<br />

Hellmann Worldwide Logistics<br />

GmbH & Co. KG<br />

Ludwig-Erhard-Straße 7<br />

28197 Bremen<br />

Tel: 0421 – 522 - 00<br />

www.hellmann.net<br />

Personalleitung<br />

Rolf Glahn<br />

rglahn@de.hellmann.net<br />

Betriebsrat<br />

Klaus-Peter Thönen<br />

Tel: 0421 – 522 - 3273<br />

kthoenen@de.hellmann.net<br />

71


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

72


Kraft Foods Deutschland GmbH<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Alter(n)sgerechte Erwerbsbiografien als eine betriebliche Herausforderung der<br />

Zukunft<br />

Der Betrieb<br />

Kraft Foods ist einer der weltweit führenden Lebensmittelhersteller. Das Unternehmen<br />

ist mit rund 98.000 Beschäftigten in mehr als 150 Ländern vertreten.<br />

Getränke, Süßwaren und Nahrungsmittel bilden die heutigen Unternehmenszweige<br />

von Kraft Foods – sich gründend auf den Unternehmungen<br />

von Johann Jacobs, Philippe Suchard und James Lewis Kraft. Seit Juni 2000<br />

firmiert Kraft Jacobs Suchard unter dem Namen Kraft Foods.<br />

In Deutschland arbeiten insgesamt ca. 3600 Beschäftigte an den Standorten<br />

Berlin, Bremen, Elmshorn, Fallingbostel, Lörrach und München. Die Kraft<br />

Foods Deutschland GmbH hat ihren Hauptsitz in Bremen.<br />

Im ehemaligen Kaffee-Röstturm in der Bremer Langemarckstraße und in den<br />

angeschlossenen Gebäuden sind u.a. die Bereiche Marketing, Vertrieb, Logistik,<br />

Finanzen und Human Resources angesiedelt. Zwei der Produktionsstandorte<br />

des Unternehmens befinden sich in Bremen Hemelingen bzw. im Bremer<br />

Holzhafen, wo auch die Zentrale des Außer Haus Service ihren Sitz hat. An<br />

den Bremer Standorten sind insgesamt über 1800 MitarbeiterInnen beschäftigt.<br />

Kraft Foods gehört zu den „besten Arbeitgebern in Europa 2004“. 1 Das Unternehmen<br />

versteht sich als eine Leistungs- und Sozialgemeinschaft, in der die<br />

betrieblichen Anforderungen die oberste Priorität haben, gleichwohl wird die<br />

Zufriedenheit der ArbeitnehmerInnen als eine Voraussetzung für das Erreichen<br />

von unternehmerischen Zielen gesehen. Eine nachhaltige Personalpolitik sowie<br />

die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten werden als<br />

wichtige Faktoren angegeben, um die demografischen Herausforderungen<br />

erfolgreich zu bestehen. Dazu gehört auch, dass die Potenziale von älteren<br />

MitarbeiterInnen zukünftig stärker als bisher zu erkennen und zu fördern sind. 2<br />

1<br />

Das Wirtschaftsmagazin „Capital“ verleiht diese Auszeichnung auf der Grundlage von<br />

anonymen Mitarbeiterbefragungen.<br />

2<br />

Vgl. „Diversity – Mit Kraft Foods die Vielfalt entdecken.“ Kraft Foods, 2004, S. 4 und S. 13.<br />

73


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Ausgangslage<br />

• Bei der Kraft Foods Deutschland GmbH arbeiten MitarbeiterInnen aus<br />

verschiedenen Abteilungen seit sechs Jahren im Diversity Council. Diversity<br />

übersetzt aus dem Englischen bedeutet Vielfalt oder Verschiedenartigkeit.<br />

Im unternehmerischen Kontext bezieht sich Vielfalt auf die Heterogenität<br />

der Mitarbeiter, Kunden und Märkte eines Unternehmens. Diversity<br />

<strong>Management</strong> bei Kraft Foods Deutschland GmbH bedeutet, die Vielfalt der<br />

Bevölkerung in der eigenen Belegschaft zu entdecken, um das Potenzial<br />

der Marken auszuschöpfen und um Prozesse zu optimieren. Darüber<br />

hinaus unterstützt der Diversity Council MitarbeiterInnen bei der Verwirklichung<br />

individueller Vorstellungen und Lebensformen. Der Diversity Council<br />

gibt Impulse für eine Kultur der Vielfalt im Unternehmen und fördert Initiativen<br />

z. B. in den Bereichen Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben,<br />

Frauen im <strong>Management</strong>, interkulturelles Bewusstsein oder bei der Integration<br />

von Menschen mit Behinderung.<br />

• Das Thema alternder Belegschaften gewinnt auch bei Kraft Foods<br />

Deutschland GmbH zunehmend an Bedeutung. Eine erfolgreiche Bewältigung<br />

der demografischen Entwicklung setzt kurzfristig die Förderung von<br />

Beschäftigungsfähigkeit der älteren MitarbeiterInnen sowie langfristig<br />

alter(n)sgerechte Erwerbsbiografien voraus. Deshalb sind „ältere MitarbeiterInnen“<br />

seit dem letzten Jahr eines der Schwerpunktthemen im Rahmen<br />

von Diversity bei der Kraft Foods Deutschland GmbH. MitarbeiterInnen<br />

verschiedener Unternehmensbereiche und unterschiedlicher Generationen<br />

bilden eine Arbeitsgruppe, die die Zielsetzung verfolgt, das Unternehmen<br />

im Rahmen verschiedener Maßnahmen auf die demografische<br />

Entwicklung und die daraus resultierende Alterung der Belegschaft vorzubereiten<br />

– die individuellen Kompetenzen und Erfahrungen Älterer sollen<br />

in der Zukunft <strong>zum</strong> beiderseitigen Vorteil von Unternehmen und Beschäftigten<br />

genutzt werden.<br />

• Erste Ergebnisse <strong>zum</strong> Themenkreis „ältere MitarbeiterInnen“ gehen aus<br />

einer betriebsinternen Erhebung hervor. Danach fällt im Hinblick auf die<br />

Laufbahngestaltung bei der Kraft Foods Deutschland GmbH auf, dass sich<br />

die Entwicklung bzw. Karriereplanung bislang verstärkt auf die jüngeren<br />

Mitarbeiter konzentriert hat. Während die 30- bis 39-Jährigen relativ häufig<br />

befördert werden, findet Karriere in Form von Beförderungen bei den<br />

40- bis 49-Jährigen und den 50- bis 59-Jährigen deutlich seltener statt.<br />

Im Zuge der demografischen Entwicklung wird derzeit die Möglichkeit in<br />

74


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Betracht gezogen, auch in späteren Lebensphasen Karriere- und<br />

Entwicklungsmöglichkeiten zu fördern.<br />

• Infolge der demografischen Entwicklung und aufgrund von Einschränkungen<br />

durch den Gesetzgeber wird die Frühverrentung als Instrument von<br />

Restrukturierung und Rationalisierung zukünftig sehr viel weniger genutzt<br />

werden können. Deshalb stehen bei der Kraft Foods Deutschland GmbH<br />

neben der Arbeitsplatz- und Laufbahngestaltung weitere Themen zur<br />

Erhaltung und Förderung der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft<br />

von MitarbeiterInnen im Fokus der Diversity-Arbeit. Dazu gehören die<br />

betriebliche Gesundheitsförderung, Weiterbildung und Qualifizierung,<br />

Wissenstransfer und flexible Arbeitszeitmodelle.<br />

Maßnahmen im Bereich Gesundheit (Prävention und Förderung)<br />

Der Bremer Standort in Hemelingen bietet Gelegenheit zu Sport und Entspannung.<br />

Hier wird den Beschäftigten im betriebseigenen Fitnessraum mit Fachpersonal<br />

die Möglichkeit gegeben, sich aktiv gesund zu halten. Auch wird eine<br />

Druckpunkt-Massage angeboten, um fit zu bleiben. Zu den Angeboten in der<br />

Bremer Zentrale gehören Gymnastikstunden und Rückenschulkurse. Die Möglichkeiten<br />

zu Sport und Entspannung werden je nach Standort unterschiedlich<br />

wahrgenommen. An allen Bremer Standorten sind Beschäftigte in verschiedenen<br />

Betriebssportarten aktiv.<br />

Gesundheitsförderung im ganzheitlichen Sinne wird bei der Kraft Foods<br />

Deutschland GmbH im „Health <strong>Management</strong> Training“ betrieben. Ein Ziel<br />

dieser Maßnahme ist es, Führungskräfte dahingehend zu schulen, dass gesundheitliche<br />

Aspekte in ihre Führungskompetenzen integriert werden. Aus<br />

diesem Grunde wurde das Programm top-down initiiert, was bedeutete, dass<br />

zuerst die Senior Manager das Training absolvierten. Des Weiteren soll das<br />

Programm die körperliche und mentale Selbstwahrnehmung der Vorgesetzten<br />

und Beschäftigten schärfen und präventive Maßnahmen zu Stressbewältigung<br />

anbieten. Hierdurch soll u.a. die gesundheitliche Eigenverantwortung der<br />

Beschäftigten gefördert werden. Durchgeführt und begleitet wird diese Maßnahme<br />

von dem Betriebsarzt, einem Psychologen und einem Coach.<br />

75


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Maßnahmen im Bereich Arbeitsorganisation<br />

Um die Motivation der Beschäftigten zu fördern bzw. um der Gefahr der<br />

Monotonie durch einseitige Tätigkeiten und daraus resultierenden negativen<br />

gesundheitlichen Begleiterscheinungen entgegenzuwirken, wird in Verwaltungsbereichen<br />

der Kraft Foods Deutschland GmbH, Job Rotation als<br />

Personalentwicklungsinstrument eingesetzt. In Fällen, in denen Rotationen<br />

sinnvoll sind, bieten Job Enrichment und Job Enlargement zusätzliche Anreize.<br />

Alle drei Elemente werden dabei miteinander verknüpft. Das Unternehmen<br />

versucht <strong>zum</strong> einen durch Job Enlargement die horizontale Arbeitsteilung zu<br />

verringern, und dadurch die Arbeitsspektren der Beschäftigten zu<br />

vervielfältigen. Zum anderen werden den MitarbeiterInnen durch Job<br />

Enrichment anhand einer qualitativen Ausweitung und mittels einer freieren<br />

Gestaltung der Arbeitsbereiche und Kontrollspielräume mehr Kompetenz und<br />

Verantwortung gegeben. Eine Flexibilisierung der Arbeitsaufgaben wird zusätzlich<br />

durch Job-Rotation gewährleistet. Mit dem systematischen Arbeitsplatzwechsel<br />

innerhalb wie auch über die Abteilungsgrenzen hinaus kann dem<br />

„engen Bereichsdenken“ entgegengewirkt werden. Das verbessert sowohl die<br />

Kommunikation als auch die allgemeine Arbeitsatmosphäre innerhalb der<br />

sowie zwischen den Abteilungen.<br />

Angebote flexibler Arbeitszeitmodelle<br />

Die Kraft Foods Deutschland GmbH bietet ihren Beschäftigten unterschiedliche<br />

Arbeitszeitmodelle an. Während an den Produktionsstandorten arbeitswissenschaftlich<br />

empfohlene Schichtmodelle auch in Teilzeit praktiziert werden,<br />

gibt es im Unternehmen andere Bereiche, die auf eine Kernarbeitszeit<br />

ganz verzichten können. Die Arbeitszeitmodelle werden im Einzelnen mit den<br />

Vorgesetzten und der Personalleitung abgesprochen. Wenngleich diese<br />

Modelle nicht vor dem Hintergrund alternder Belegschaften eingeführt wurden,<br />

sondern vom Diversity Schwerpunkt Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgehen,<br />

bieten sie gute Voraussetzungen für eine lebensphasen- bzw. anforderungsorientierte<br />

Arbeitszeitgestaltung. Neben der flexiblen Arbeitszeit gibt es<br />

bei der Kraft Foods Deutschland GmbH Teilzeitarbeit, Sabbaticals und Teleheimarbeit<br />

als Arbeitszeitmodelle. Auch bietet das Unternehmen die Möglichkeit<br />

des Job-Sharing an. Insgesamt können die Arbeitszeitmodelle zu einer<br />

Neuverteilung der Arbeitszeit innerhalb der Erwerbsbiografien von Beschäftigten<br />

beitragen.<br />

76


Perspektiven<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Das Thema „ältere MitarbeiterInnen“ wird weiterhin im Fokus einer Arbeitsgruppe<br />

bei der Kraft Foods Deutschland GmbH stehen. Ergebnisse aus verschiedenen<br />

betriebsinternen Analysen liegen bereits vor. Darüber hinaus<br />

konnten MitarbeiterInnen, die 45 Jahre oder älter sind, im Rahmen einer<br />

Diplomarbeit zur Bedeutung und Aktualität des Themas „Ältere Mitarbeiter im<br />

Betrieb“, die alternsgerechte Personal- und Organisationsgestaltung bei der<br />

Kraft Foods Deutschland GmbH einschätzen und Vorschläge unterbreiten, wie<br />

das Potenzial bzw. die Stärken von älteren MitarbeiterInnen im Unternehmen<br />

zukünftig noch besser zu nutzen seien.<br />

Auf der Basis dieser Ergebnisse und daraus entwickelten Überlegungen unterstützt<br />

die Kraft Foods Deutschland GmbH ein Dissertationsprojekt, das sich<br />

mit den Problemen und Lösungsansätzen älterer ArbeitnehmerInnen im Unternehmen<br />

auseinandersetzt. Im Rahmen dieses Vorhabens wurde im Juli/August<br />

2005 an den Bremer Standorten und an den Standorten in Lörrach, Berlin<br />

und Elmshorn eine anonyme MitarbeiterInnenbefragung zur Beschäftigungssituation<br />

durchgeführt. Die Umfrage richtete sich an alle Altersgruppen, nach<br />

dem Motto: “Die Jungen von heute sind die Alten von morgen. Alter(n) geht<br />

uns alle an.“ Fokussiert werden dabei die Bereiche betriebliche Gesundheitsförderung,<br />

Weiterbildung und Zusammenarbeit zwischen den Generationen.<br />

Des weiteren werden die Laufbahngestaltung, die Arbeitszufriedenheit und die<br />

Sichtweise von und auf ältere(n) MitarbeiterInnen thematisiert.<br />

Ziel der Umfrage ist es <strong>zum</strong> einen, repräsentative Basisdaten für die zukünftige<br />

Förderung von Beschäftigungsfähigkeit und alter(n)sgerechten Erwerbsbiografien<br />

zu erhalten. Zum anderen soll die Umfrage auch die MitarbeiterInnen<br />

selbst für diese Thematik sensibilisieren. Um die Beschäftigten schon im Vorfeld<br />

über die Umfrage zu informieren, wurde in der Mitarbeiterzeitung “Panorama“<br />

explizit auf die Bedeutung und den Hintergrund der Erhebung hingewiesen.<br />

Unterstrichen wurde die Wichtigkeit der Umfrage auch dadurch, dass die<br />

Geschäftsführung und der Betriebsrat der Kraft Foods Deutschland GmbH die<br />

Umfrage unterstützen. Im Anschluss an die Auswertung der Umfrage (diese<br />

soll im Herbst 2005 erfolgen) werden die Ergebnisse den MitarbeiterInnen<br />

mitgeteilt und je nach Ergebnislage weitere Maßnahmen im Unternehmen<br />

diskutiert.<br />

77


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Stellungnahme<br />

Betriebsrat:<br />

„Der Gesamtbetriebsrat von Kraft Foods Deutschland hat die Voraussetzungen<br />

zu einem vielfältigen Unternehmen mit vielen Beispielen aus der Arbeitszeit,<br />

Ergonomie der Arbeitsplätze, Freizeitbeschäftigungen im Unternehmen und<br />

einer Reihe anderer Regelungen ermöglicht. Damit diese Voraussetzungen für<br />

alle MitarbeiterInnen zu einem besseren Gleichgewicht und Vereinbarkeit im<br />

Leben und Beruf führen, werden die Betriebsräte weiter an diesem Programm<br />

mitgestalten und bei der Umsetzung helfen.“<br />

Weitere Informationen<br />

Kraft Foods Deutschland GmbH<br />

Zentrale Bremen<br />

Langemarckstraße 4-20<br />

28199 Bremen<br />

Tel: 0421 – 599 - 01<br />

www.kraftfoods.de<br />

Abteilung Human Resources<br />

<strong>Management</strong> and Organizational<br />

Development<br />

Gabriele Rüter<br />

Gesamtbetriebsrat Deutschland<br />

Helmut Rehner<br />

Tel.: 0421 - 599 4410<br />

Sekretariat: 0421 – 599 - 4408<br />

Hrehner@krafteurope.com<br />

78


Lebenshilfe Bremen e. V.<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Ältere und jüngere MitarbeiterInnen gestalten aktiv mit im Projekt <strong>zum</strong><br />

Wissenstransfer<br />

Der Betrieb<br />

Die Lebenshilfe Bremen ist eine Nicht-Profitorganisation und wurde 1960 von<br />

einer Elterninitiative gegründet, deren Kinder eine geistige Behinderung hatten.<br />

Gemeinsam setzen sich seitdem in der Lebenshilfe Eltern, Angehörige und<br />

Fachleute dafür ein, dass jeder Mensch mit geistiger Behinderung so selbständig<br />

wie möglich leben kann und so viel Schutz und Hilfe erhält, wie er<br />

braucht. Das Wohl von Menschen mit geistiger Behinderung und deren Familien<br />

wird von der Lebenshilfe durch die Vorhaltung folgender Angebote gewährleistet:<br />

• Beratung<br />

• Familienunterstützende Angebote<br />

• Ambulante pädagogische Hilfen<br />

• Ambulante Pflege<br />

• Wohnangebote<br />

• Freizeit- und Reiseangebote<br />

• Übersetzungsbüro für leichte Sprache<br />

• Frühförderung<br />

• Krankengymnastik<br />

Diese Angebote werden von ca. 450 MitarbeiterInnen mit unterschiedlichen<br />

beruflichen Qualifikationen wie z. B. BehindertenpädagogInnen, SozialpädagogInnen,<br />

ErzieherInnen usw. erbracht. Die Belegschaft hat dabei folgende<br />

Altersstruktur:<br />

• ca. 130 MitarbeiterInnen bis 30 Jahre<br />

• ca. 260 MitarbeiterInnen zwischen 31 und 50 Jahren<br />

• ca. 60 MitarbeiterInnen über 50 Jahre<br />

79


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Ausgangslage<br />

• Durch lange Betriebszugehörigkeiten, bedingt durch eine geringe Personalfluktuation<br />

sowie durch die auslaufenden gesetzlichen Frühverrentungsmodelle<br />

wird sich die Altersstruktur der Belegschaft in Zukunft dahingehend<br />

verändern, dass sie zu einem größeren Anteil aus älteren MitarbeiterInnen<br />

bestehen wird.<br />

• Aufgrund des Kostendrucks werden jüngere MitarbeiterInnen seit den letzten<br />

Jahren nur noch befristet eingestellt. Ein guter Wissenstransfer ist deshalb<br />

notwendig.<br />

• Es wurde von der Lebenshilfe erkannt, dass das Wissensmanagement zwischen<br />

den Generationen, speziell zwischen dem ambulanten Pflegebereich<br />

(überwiegend besetzt mit jüngeren MitarbeiterInnen) und dem Bereich<br />

Wohneinrichtungen (überwiegend besetzt mit älteren MitarbeiterInnen)<br />

noch unzureichend ist.<br />

Maßnahmen im Bereich Wissenstransfer<br />

Vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass qualitativ hochwertige Arbeit auch<br />

in einem hohen Maße vom Wissenstransfer zwischen jüngeren und älteren<br />

Beschäftigten, die häufig unterschiedliche Erfahrungen und Kompetenzen<br />

besitzen, abhängt, hat sich die Bremer Lebenshilfe für ein bundesweit ausgeschriebenes<br />

Projekt der Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung<br />

e.V. beworben. Die Bremer Lebenshilfe hat dabei neben drei Wirtschaftsunternehmen<br />

den Zuschlag für das Projekt „Gemeinsames Lernen von<br />

älteren und jüngeren MitarbeiterInnen“ erhalten.<br />

Das Projekt ist für einen Zeitraum von 22 Monaten angelegt und wird von der<br />

Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung e.V. Berlin/Qualifikations-Entwicklungs-<strong>Management</strong><br />

(QUEM) finanziell gefördert. Dadurch wird<br />

auch die externe Beratung des Projektes bei der Lebenshilfe finanziert, die das<br />

AIB (Arbeitswissenschaftliches Institut Bremen) der Universität Bremen übernommen<br />

hat. Für die organisatorische Durchführung, Planung und Kontrolle<br />

sorgt zudem die Steuerungsgruppe bestehend aus Geschäftsführung, Betriebsrat,<br />

Bereichsleitung und AIB. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt<br />

von der RWTH Aachen (Rheinisch-Westfälisch Technische Hochschule<br />

Aachen).<br />

80


Die Bremer Lebenshilfe strebt mit dem Projekt folgende Ziele an:<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• Erfahrungen (von Jüngeren und Älteren) aufeinander beziehen und durch<br />

Erfahrungsaustausch voneinander profitieren<br />

• gemeinsames Lernen fördern<br />

• Potenzial aller Altersstufen nutzen<br />

• mögliche Ressentiments reduzieren<br />

• Blick auf die jeweils „Anderen“ stärken<br />

• geeignete Modelle <strong>zum</strong> gemeinsamen Lernen entwickeln und implementieren<br />

• verschiedene Arbeitsbereiche besser miteinander vernetzen, die entweder<br />

überwiegend von jüngeren (Beispiel ambulanter Pflegebereich) oder von<br />

älteren Beschäftigten (Beispiel Wohnbereich) besetzt werden<br />

Nach Ablauf der 22-monatigen Projektlaufzeit sollen dann diese Maßnahmen<br />

so weit in die Organisation der Lebenshilfe integriert sein, dass sie selbständig<br />

und kontinuierlich weitergeführt werden können. Seit Ende Mai 2005 ist die<br />

erste Phase des Projektes angelaufen. Erster Projektschritt dabei war herauszufinden,<br />

über welche konkreten Kompetenzen die unterschiedlich alten Beschäftigten<br />

der Bremer Lebenshilfe verfügen.<br />

Hierfür wurden zwei Projektgruppen gebildet, die jeweils aus jüngeren und<br />

älteren Beschäftigten zusammengesetzt wurden. Diese Projektgruppen wurden<br />

dabei aber nicht ausschließlich nach Anzahl der Lebensjahre in „alt“ (über 50<br />

Jahre) und „jung“ (20 – 30 Jahre) eingeteilt, sondern auch nach Jahren der<br />

Betriebszugehörigkeit. So wurden einerseits Personen mit einer Betriebszugehörigkeit<br />

von weniger als zwei Jahren der Gruppe der Jüngeren zugeteilt,<br />

während der Gruppe der Älteren Beschäftigte mit mehr als sieben Jahren<br />

Betriebszugehörigkeit zugeordnet wurden.<br />

Die erste Aufgabe für die Gruppen bestand darin, die Kompetenz der anderen<br />

Altersgruppe einzuschätzen. Daraus resultierende Ergebnisse liegen bereits<br />

vor. So schätzte die Arbeitsgruppe der Jüngeren die Kompetenzen der Älteren<br />

wie folgt ein:<br />

• Ältere MitarbeiterInnen haben ein gutes Biografiewissen sowohl bezüglich<br />

derer, die ambulante Pflegedienste in Anspruch nehmen als auch bezüglich<br />

der im Heim befindlichen BewohnerInnen,<br />

• kennen die Strukturen und Arbeitsabläufe der Lebenshilfe und die dazugehörigen<br />

AnsprechpartnerInnen,<br />

81


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• haben Erfahrungen im Umgang mit KollegInnen, Vorgesetzten sowie<br />

externen KooperationspartnerInnen wie z. B. Behörden,<br />

• haben Erfahrungen im Umgang mit den KlientInnen – speziell in Notfallsituationen,<br />

• können durch ihre Berufserfahrung neue Ideen zur Gestaltung und zur<br />

Umsetzung in den Arbeitsbereichen beitragen.<br />

Die Projektgruppe der Älteren schätzt wiederum die Kompetenzen der<br />

Jüngeren folgendermaßen ein:<br />

• Jüngere MitarbeiterInnen besitzen kreative und unkonventionelle Ideen und<br />

haben eine hohe Innovationskraft,<br />

• besitzen einen unvoreingenommenen Blick für strukturelle Verbesserungsnotwendigkeiten<br />

in der Organisation,<br />

• besitzen ein gutes Einfühlungsvermögen für jüngere NutzerInnen,<br />

• haben einen Vorteil im Umgang mit neuen Technologien.<br />

Parallel zur Erhebung altersspezifischer Kompetenzen wurden schon – und<br />

werden auch zukünftig – in mehreren Pilotbereichen verschiedene Lernformen<br />

für jüngere und ältere MitarbeiterInnen erprobt. Dazu haben sich innerhalb der<br />

Belegschaft intergenerative Arbeitsgruppen zu folgenden Themenbereichen<br />

gebildet:<br />

• Einrichtung eines „Kreativcenters“:<br />

In diesem sollen ältere und jüngere MitarbeiterInnen gemeinsame Strategien<br />

für die betriebliche Zukunft der Lebenshilfe entwickeln<br />

• Entwicklung strukturierter Patenschaften / Mentoring:<br />

Jüngere MitarbeiterInnen, junge Aushilfskräfte und Personen, die ein<br />

freiwilliges soziales Jahr bei der Lebenshilfe leisten, sollen hierbei gezielt<br />

vom Fachwissen und den Berufserfahrungen der älteren MitarbeiterInnen<br />

profitieren. Hierzu werden sich zukünftig sogenannte Tandems zwischen<br />

jüngeren (Mentees) und älteren Arbeitskräften (Mentoren und Mentorinnen)<br />

bilden.<br />

82


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

• Entwicklung von Modellen der internen kollegialen Weiterbildung:<br />

Hier soll herausgefunden werden, wie jüngere und ältere Beschäftigte im<br />

Sinne der Wissensweitergabe voneinander profitieren können. Dazu<br />

werden Konzepte erarbeitet, anhand derer <strong>zum</strong> einen jüngere MitarbeiterInnen<br />

ihr Wissen bezüglich z. B. neuer, aktueller pädagogischer Konzepte<br />

oder neuer Technologien an ältere MitarbeiterInnen weitergeben<br />

können. Zum anderen soll dabei erfahren werden, wie das Praxiswissen<br />

älterer Beschäftigten (z. B. Infos über Bewohnerbiografien) in möglichst<br />

effektiver Weise den jüngeren MitarbeiterInnen (weiter)vermittelt werden<br />

kann.<br />

• Entwicklung eines Modells zur Kompetenzsicherung:<br />

Es werden von einer Arbeitsgruppe Lösungsvorschläge <strong>zum</strong> Thema Qualifikationserhalt<br />

und Wissenstransfer beim Ausscheiden von älteren<br />

Beschäftigten erarbeitet.<br />

• Einsatz von „Forscherteams“:<br />

Bestehend aus je einem/r älteren und einem/r jüngeren MitarbeiterIn sollen<br />

die Teams Probleme im eigenen Arbeitsbereich ermitteln und dann<br />

„erforschen“ wie in anderen Bereichen der Lebenshilfe mit ähnlichen<br />

Problemen umgegangen wird. Dabei soll auch ein positiver Nebeneffekt<br />

in Form einer besseren Vernetzung der bisher voneinander getrennt agierenden<br />

Wohn- und Ambulanten Bereiche erzielt werden. 1<br />

Anhand der dargestellten Maßnahmen wird erkennbar, dass die Bremer<br />

Lebenshilfe mit diesem Projekt einen äußerst partizipativen Ansatz verfolgt.<br />

Dabei werden die Lösungsvorschläge nicht nur eigenständig von den Beschäftigten<br />

erarbeitet, sondern darüber hinaus auch von ihnen Themenvorschläge<br />

eingereicht, zu denen sich zukünftig neue Arbeitsgruppen bilden können. Dass<br />

dieser Ansatz wie auch das Projekt im allgemeinen von den Beschäftigten sehr<br />

positiv angenommen wird, zeigt sich nach Meinung des Betriebsrates sowohl<br />

anhand der reichhaltigen und aktiven Teilnahme an den verschiedenen<br />

Arbeitsgruppen als auch an der Menge an Ideen hinsichtlich der bisher eingereichten<br />

Themenvorschläge.<br />

1 Die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen zu den hier aufgezeigten Themen liegen noch<br />

nicht vor.<br />

83


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Stellungnahmen<br />

Geschäftsführung:<br />

„Immer wieder ist der Presse zu entnehmen, dass sich Unternehmen zwecks<br />

Kosteneinsparungen von älteren MitarbeiterInnen trennen und diese sodann in<br />

die Langzeitarbeitslosigkeit oder Auffanggesellschaften überführen. Betroffen<br />

sind hiervon in der Regel Personen ab dem 50. Lebensjahr.<br />

Nach Auffassung der Lebenshilfe Bremen e.V. sind solche Maßnahmen nicht<br />

nur unsozial, sondern auch im Hinblick auf eine längerfristige Unternehmensentwicklung<br />

zu kurz gedacht. Ältere ebenso wie jüngere MitarbeiterInnen verfügen<br />

jeweils über ein hohes Maß unterschiedlicher Kompetenzen, Wissen und<br />

Erfahrungen, die sowohl für Non-Profit als auch für Profit-Unternehmen von<br />

großer Relevanz und Wichtigkeit sind. Entscheidend für eine qualitativ hochwertige<br />

Arbeit ist jedoch, dass keine Polarisierungen zwischen jungen und<br />

älteren MitarbeiterInnen stattfinden, sondern dass in einem Prozess gegenseitiger<br />

Anerkennung und Wertschätzung ein gegenseitiger Wissenstransfer stattfinden<br />

kann.“<br />

Betriebsrat:<br />

„Die derzeitige Altersstruktur der MitarbeiterInnen der Lebenshilfe Bremen<br />

macht eine Auseinandersetzung mit der Thematik des demografischen Wandels<br />

und dessen Folgen unausweichlich.<br />

Die Personalpolitik in unserem Betrieb sollte sich in Zukunft darauf konzentrieren,<br />

den Bedarf an hochqualifiziertem Personal durch Weiterentwicklung<br />

der qualifikatorischen Potentiale aller Altersgruppen zu erreichen.<br />

Aus diesem Grund steht der Betriebsrat der Lebenshilfe Bremen dem Projekt<br />

sehr positiv gegenüber und wird die Umsetzung in allen Schritten begleiten<br />

und unterstützen.<br />

Wir erhoffen uns von diesem Projekt für die Mitarbeiterschaft positive Effekte<br />

um innerbetrieblich gerüstet zu sein für die Auswirkungen des demografischen<br />

Wandels in der Arbeitswelt.“<br />

84


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Ein solches Projekt ist ohne externe Unterstützung kaum durchführbar. Deshalb<br />

ist die Unterstützung durch das AIB (Arbeitswissenschaftliches Institut<br />

Bremen) unter der Leitung von Herrn Prof. Heeg und Frau Dr. Sperga von<br />

großer Wichtigkeit.“<br />

Weitere Informationen<br />

Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung<br />

Bremen e.V.<br />

Waller Heerstraße 55<br />

28217 Bremen<br />

Tel: 0421 – 38777 - 0<br />

www.lebenshilfe-bremen.de<br />

Betriebsrat<br />

Lena Rolfes-Timmreck und Gerd Mensen<br />

Tel: 0421 - 38777 - 88<br />

betriebsrat@lebenshilfe-bremen.de<br />

85


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

86


Das Instrument Job Rotation<br />

Intelligente Lösungen für betrieblichen Qualifikationserhalt und<br />

Wissenstransfer<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

„Das Umdenken hat eingesetzt“ sagt Dr. Hans-Peter Klös vom Institut der<br />

Deutschen Wirtschaft <strong>zum</strong> Thema ‚Ältere Arbeitnehmer’, Frühverrentung wird<br />

bereits allgemein als „wenig intelligente“ Lösung diskutiert, vom „Leitbildwechsel“<br />

ist in der Fachpresse die Rede. Die Notwendigkeit, ältere Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer zu einer besonderen Zielgruppe der Personalentwicklung<br />

zu machen, wird inzwischen weithin anerkannt.<br />

Praktikable Umsetzungsstrategien einer solchen Personalentwicklung sind<br />

allerdings schon weit weniger bekannt. Häufig verlassen ältere Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter noch eher unfreiwillig den Betrieb. Sie wünschen sich<br />

flexible Übergangslösungen – nicht nur wegen der Auswirkungen auf die<br />

Rente.<br />

Das JobAQTIV-Gesetz hat seit 2002 bereits Instrumente für die individuelle<br />

Förderung von betrieblichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über 50 Jahren<br />

bereitgestellt, zentral ist dabei die Job Rotation.<br />

Das „Büro JobRotation“ des Arbeitsförderungs-Zentrums kann in Bremerhaven<br />

auf unterschiedliche Beispiele verweisen: Auf regionaler Ebene hat die „intelligente<br />

Lösung“ längst begonnen.<br />

Zwei Themen sind es, die im Zusammenhang mit älteren Arbeitnehmern<br />

immer wieder in den Vordergrund gestellt werden: der Qualifikationserhalt für<br />

den Betrieb und der Wissenstransfer auf die jüngeren Mitarbeiter. Hier besonders<br />

auch für kleine und mittlere Unternehmen praktikable Lösungen aufzuzeigen,<br />

ist das Gebot der Stunde.<br />

Qualifikationserhalt<br />

Ein typischer Fall: Nach dem Weggang des älteren Mitarbeiters fehlen plötzlich<br />

wesentliche Informationen und stehen dem Betrieb nicht mehr zur Verfü-<br />

87


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

gung. Und nicht selten werden sie von eben diesem Mitarbeiter dann wieder<br />

eingekauft – nicht gerade ein Fall effektiven Wissensmanagements.<br />

Das Beispiel einer 53-jährigen Stammkraft in der Baubetreuung, deren Weiterbeschäftigung<br />

wegen starker gesundheitlicher Beeinträchtigung gefährdet war,<br />

zeigt, dass es auch anders geht. Da der langjährige Beschäftigte eine wichtige<br />

Rolle für die Durchführung der Aufträge hatte, sollte er auf keinen Fall entlassen<br />

werden.<br />

Man konnte und wollte auf seine Kenntnisse und Erfahrungen nicht verzichten,<br />

das Unternehmen einigte sich daher mit ihm auf eine Versetzung in den<br />

Innendienst. Jahrelang mit der Bauaufsicht vor Ort beschäftigt, fehlten bei<br />

dem Mitarbeiter allerdings grundlegende Qualifikationen im Bereich EDV, die<br />

inzwischen für die Projektabwicklung elementar sind. Daher wurde für diese<br />

Umsetzung eine entsprechende Weiterbildung angesetzt, bei der ein Trainer<br />

den Mitarbeiter möglichst arbeitsplatznah für die neue Tätigkeit qualifizierte.<br />

Es waren also umfangreichere Fortbildungsanstrengungen notwendig, ohne die<br />

eine solche Versetzung kaum sinnvoll gewesen wäre. Mit der Unterstützung<br />

durch das Büro JobRotation in Bremerhaven wurde eine Stellvertretung organisiert,<br />

durch die der Ausfall während der Weiterbildung der älteren Stammkraft<br />

zu einem erheblichen Teil kompensiert werden konnte. Als Stellvertreter<br />

wurde ein junger Ingenieur eingestellt, der die Arbeit auf den Baustellen fortführte<br />

und der nach kurzer Zeit eingestellt werden konnte.<br />

Es handelt sich hier um eine geradezu klassische Variante der Unterstützung<br />

einer Weiterbeschäftigung älterer Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen: Job<br />

Rotation begleitet den Wechsel des Mitarbeiters, der nur noch eingeschränkt<br />

auf seinem bisherigen Arbeitsplatz einsetzbar ist, auf einen anderen Arbeitsplatz<br />

im Unternehmen. Dies ist nach dessen Kalkulationen oft zu aufwendig,<br />

nicht geplante Investitionen für den Übergang sind notwendig, Einzelqualifizierung<br />

ist kostenintensiv.<br />

Hier bietet Job Rotation eine ideale Lösung: Eine passende Nachwuchskraft<br />

wird als Stellvertreter eingestellt, der Aufwand und die Kosten für eine entsprechende<br />

Anpassungsfortbildung können so merklich minimiert werden. Und<br />

die Frage der Neueinstellung in dem bisherigen Arbeitsbereich des älteren<br />

Arbeitnehmers wird mit dieser Form der Personalentwicklung unmittelbar<br />

gelöst: Einstellung als neuer Mitarbeiter, wenn Stellvertreter und Unternehmen<br />

zueinander passen.<br />

88


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Das Büro JobRotation entlastet die Beteiligten so weit wie möglich: Es sucht<br />

die genau passende Stellvertreterin oder den Stellvertreter heraus, organisiert<br />

die Förderung von mindestens 50% der Lohnkosten und begleitet den Vertretungsprozess,<br />

um die Umsetzung reibungslos zu gestalten.<br />

Am Beispiel eines älteren Arbeitnehmers, der als Stellvertreter eingestellt<br />

wurde, wird eine weitere Möglichkeit des Qualifikationserhalts für den Betrieb<br />

deutlich:<br />

In der STA GmbH, Schiffstechnik und Anlagenbau in Bremerhaven, wurde ein<br />

ehemaliger Elektromaschinenbauer zur Lagerverwaltung als Stellvertreter eingestellt.<br />

Er hatte sich während seiner Arbeitslosigkeit <strong>zum</strong> Lagerfacharbeiter<br />

umschulen lassen. Da die Firma immer auch Elektromotoren zu reparieren<br />

hat, die aber die Einstellung eines eigenen Monteurs nicht rechtfertigen, fügt<br />

sich eine solche Qualifikation eines Stellvertreters genau in das Bedarfsspektrum<br />

des Betriebs ein. Wenn überhaupt, ist ein solches breiteres Qualifikationsspektrum<br />

aber bei älteren Arbeitnehmern vorhanden, ein junger Mitarbeiter<br />

kann eine solche Doppelqualifikation in der Regel noch nicht aufweisen.<br />

Eine anschließende Festeinstellung im Anschluss an die Stellvertretung<br />

sicherte dem Betrieb dann beides: die Qualifikation eines modernen Lagerfacharbeiters<br />

und die Qualifikationen eines Elektromonteurs.<br />

Hier hat sich als Glücksfall eine passgenaue Qualifikationserweiterung eingestellt,<br />

die mit Job Rotation in Zukunft systematischer entwickelt werden kann.<br />

Denn die Regiestelle für Job Rotation kann für einen solchen Fall ein Angebot<br />

unterbreiten und dem Betrieb gleich mehrere Aufgabenstellungen der Personalentwicklung<br />

abnehmen:<br />

• die betriebliche Qualifikationsbedarfsanalyse,<br />

• die Sichtung von Weiterbildungsangeboten für betriebliche MitarbeiterInnen,<br />

• die Erschließung von Fördermöglichkeiten bis <strong>zum</strong> unterschriftsreifen<br />

Antrag,<br />

• die Suche nach dem „idealen“ Stellvertreter,<br />

• die Organisation einer Stellvertretung und<br />

• die Abwicklung einer eventuellen Festeinstellung nach Ablauf der Vertretung.<br />

89


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Wissenstransfer<br />

Schon bei den bisherigen Beispielen handelt es sich um Formen von Job<br />

Rotation, bei denen die Qualifikationen der älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

gewürdigt und weiterhin betrieblich nutzbar gemacht werden. Mit dem<br />

Thema Wissenstransfer auf jüngere Mitarbeiter steht dieser Aspekt noch in<br />

einem weitaus höheren Maße im Vordergrund.<br />

Ein gutes Beispiel: Wissenstransfer beim Kundenservice im SHK-Handwerk<br />

(Sanitär, Heizung, Klima). Gute Kundenservice-Monteure sind rar, denn ihre<br />

Qualifikation besteht nicht nur in einem Gesellenbrief des SHK-Handwerks,<br />

auch nicht einfach in einer längeren Erfahrung im Umgang mit den<br />

gebräuchlichen Geräten. Servicemonteure müssen die Firma und die<br />

Firmenphilosophie gegenüber dem Kunden vertreten können, die konkreten<br />

Geräte vor Ort warten und reparieren und dabei die Firma für einen ganzen<br />

Einzugsraum ihrer Kunden repräsentieren können.<br />

Ihr Kompetenzerwerb spielt sich daher auf einer Ebene ab, die mit zertifizierten<br />

Kursen alleine nicht zu erfassen ist, sondern im Idealfall <strong>zum</strong> Beispiel eine<br />

mehrmonatige Begleitung eines Servicemonteurs umfasst.<br />

Mit dem Instrument Job Rotation war eine solche Art der innerbetrieblichen<br />

Qualifizierung bis zu 12 Monaten möglich: Der jüngere Mitarbeiter begleitete<br />

den erfahrenen Servicemonteur, lernte den Kundenstamm und die Geräte<br />

kennen und während der Zeit dieser speziellen Qualifizierung konnte der<br />

Betrieb eine Vertretungskraft für den jüngeren Mitarbeiter beantragen.<br />

Deutlich wird dabei, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen auf sich<br />

gestellt eine praxisnahe Organisation von Wissenstransfer nur schwer leisten<br />

können. Denn ihre Kunden sind wohl kaum bereit, sich ab sofort zwei Arbeitskräfte<br />

für einen solchen Wissenstransfer in Rechnung stellen zu lassen, wo bis<br />

dato eine Arbeitskraft ausreichend war. Das heißt: Ohne den Einsatz eines<br />

geeigneten Instruments lässt sich diese für ein Unternehmen durchaus wichtige<br />

Funktion kaum betrieblich einrichten. Und auch hier ist Job Rotation das<br />

geeignete Instrument.<br />

Das Beispiel ist auch auf andere Branchen übertragbar: Betriebswissen an<br />

speziellen Arbeitsplätzen wie z. B. neu in Betrieb genommene oder reparierte<br />

Seeschiffe mit ihren ganz speziellen Schaltanlagen und Steuerständen darf<br />

nicht auf die bestehenden, häufig schon überalterten Mannschaften be-<br />

90


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

schränkt bleiben. Die Verjüngung ist also auch hier eine eigene Betriebsaufgabe,<br />

deren Kosten allerdings die Kostenstruktur der Unternehmen deutlich<br />

verschlechtern würde.<br />

Durch Job Rotation können – wie im Beispiel der Firma STA GmbH – jüngere<br />

Mitarbeiter von den erfahrenen älteren Kollegen eingewiesen werden und von<br />

deren Erfahrungswissen über mehrere Wochen profitieren. Wissenstransfer<br />

besteht hier in einer betriebsinternen Qualifizierung an dem neuen Arbeitsplatz,<br />

dafür können Vertretungsleistungen in Anspruch genommen werden. Die<br />

erhöhten Personalkosten werden durch den geförderten Stellvertretereinsatz<br />

kompensiert.<br />

Innerbetrieblicher Wissenstransfer ist gerade in der Anfangsphase mit seinen<br />

neuen Organisationsformen und -einrichtungen häufig zeit- und daher kostenintensiv.<br />

Daher kommt eine Firma auf sich gestellt erst einmal nicht unbedingt<br />

auf solche Beispiele von Personalentwicklungslösungen, weil sie zu hohe<br />

Kosten und Organisationsaufwand erforderlich machen.<br />

Dagegen wird das Personalentwicklungsinstrument Job Rotation von der<br />

öffentlichen Hand bereitgestellt und ist von vornherein mit einem viel geringeren<br />

Aufwand für den einzelnen Betrieb zu kalkulieren – <strong>zum</strong>al noch umfangreiche<br />

Beratungs- und Organisationsleistungen durch das Büro JobRotation hinzukommen.<br />

Hier liegt noch Potenzial brach, das die Firmen noch zu wenig zur<br />

Kenntnis genommen haben und breiter nutzen könnten.<br />

Die Flexibilität in den Förder- wie in den Einsatzbedingungen einer Stellvertretungslösung<br />

ist dabei der entscheidende Gesichtspunkt, der das Instrument<br />

gerade auch in Verbindung mit der Personalentwicklung durch Wissenstransfer<br />

von älteren Mitarbeitern so interessant macht. Wird Job Rotation erst einmal<br />

von einem Unternehmen als eine solche flexible Lösung in der Praxis eingesetzt,<br />

kann sich auch eine langfristige Kooperation entwickeln.<br />

Das Büro JobRotation in Bremerhaven hat seit 2001 etliche „Stammkunden“<br />

gewonnen, die das Instrument inzwischen <strong>zum</strong> zweiten oder dritten Mal für<br />

ihre Personalentwicklung nutzen. Für eine ganze Reihe von Bremerhavener<br />

Unternehmen ist das Büro JobRotation also schon ein eingespielter Partner für<br />

Fragen der Personalentwicklung.<br />

91


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Weitere Informationen<br />

AFZ Arbeitsförderungs-Zentrum im Lande<br />

Bremen GmbH<br />

Deichstraße 29<br />

27568 Bremerhaven<br />

Projektleitung Job Rotation<br />

Karl Wöstmann<br />

Tel: 0471 - 9 83 99 - 17<br />

karl.woestmann@afznet.de<br />

92


Anhang<br />

Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

“Vorbildliche betriebliche Regelungen einer alter(n)sgerechten Personalpolitik<br />

– Beispiele guter Praxis in Bremer und Bremerhavener Betrieben“<br />

Ziel der Erhebung:<br />

• Die Beispiele guter Praxis werden in einer Broschüre der Arbeitnehmerkammer<br />

dargestellt.<br />

• Die Beispiele sollen andere Unternehmen und Organisationen dazu<br />

motivieren und inspirieren, ebenfalls eine demografiegerechte Personalpolitik<br />

umzusetzen bzw. ihre entsprechenden Aktivitäten zu veröffentlichen.<br />

• Die Veröffentlichung soll Bremer BürgerInnen über die Aktivitäten der<br />

Bremer Unternehmen und Organisationen in bezug auf die Demografiethematik<br />

informieren.<br />

• Die Beispiele sollen verschiedene Thematiken und Aspekte aufzeigen (siehe<br />

unten).<br />

• Der Hintergrund der Firma wird dabei immer kurz erklärt (z. B. Branche,<br />

Belegschaftsstruktur, Produkte etc.).<br />

• Die Betriebsbeispiele werden nur in Absprache und mit der Zustimmung<br />

des jeweiligen Unternehmens veröffentlicht.<br />

Mindestens einer der folgenden Themenschwerpunkte soll im jeweiligen<br />

Betriebsbeispiel enthalten sein:<br />

• Altersstrukturanalysen und Konsequenzen: Ist die Zusammensetzung der<br />

Altersgruppen bekannt – und fließen diese Erkenntnisse in die Personalpolitik<br />

ein?<br />

• Weiterbildung: Erhalten auch ältere MitarbeiterInnen die Chance, sich zu<br />

qualifizieren und ihre Kompetenz zu erweitern?<br />

• Gesundheit (Prävention und Förderung): Wird gesundheitliche Vorsorge<br />

bzw. Förderung in den Betrieben umgesetzt?<br />

• Arbeitsorganisation: Sind die Tätigkeitsbereiche so gestaltet, dass die<br />

Beschäftigten sie auch bis <strong>zum</strong> 65. Lebensjahr tatsächlich ausführen<br />

können?<br />

• Wissenstransfer: Gibt es eine gezielte Förderung des Wissenstransfers<br />

zwischen Älteren und Nachwuchskräften?


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Quick Check für Interview:<br />

1) Ist die Zusammensetzung der Altersgruppen bekannt – und fließen diese<br />

Erkenntnisse in die Personalpolitik ein?<br />

2) Besteht die Belegschaft zu gleichen Teilen aus jungen, mittelalten und<br />

älteren ArbeitnehmerInnen?<br />

3) Ist die Unternehmenskultur an einem Miteinander der Generationen<br />

orientiert (Bsp.: soziale Geborgenheit)?<br />

4) Sind die Tätigkeitsbereiche so gestaltet, dass die Beschäftigten die<br />

Arbeit bis <strong>zum</strong> 65. Lebensjahr tatsächlich ausführen können?<br />

5) Werden die MitarbeiterInnen aktiv bei der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen<br />

beteiligt?<br />

6) Gelingt es problemlos, bedarfsdeckend junge Fachkräfte auszubilden<br />

oder zu rekrutieren?<br />

7) Erhalten alle – auch ältere MitarbeiterInnen – die Chance, sich zu qualifizieren<br />

und ihre Kompetenz zu erweitern?<br />

8) Gibt es eine gezielte Förderung des Wissenstransfers zwischen Älteren<br />

und Nachwuchskräften?<br />

9) Wird allen MitarbeiterInnen im Unternehmen eine berufliche Entwicklungsperspektive<br />

geboten – oder gilt die Berufsplanung nur für die<br />

Jüngeren?<br />

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Arbeitnehmerkammer Bremen


Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

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