FBW Jubilumsausgabe - Verein für Sozialarbeit

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Ein junger Mensch betrat im Traum einen Laden. Hinter der Theke stand eine Fee. Hastig fragte er die Fee: „Was verkaufen Sie, meine Liebe?“ Die Fee antwortete freundlich: „Alles, was Sie wollen.“ Der junge Mensch begann aufzuzählen: „Dann hätte ich gerne das Ende aller Kriege in der Welt, Brot für die Hungrigen, Heilung für die Kranken, Trost für die Kranken, Trost für die Trauernden, Arbeit für die Arbeitslosen, mehr Liebe in der Welt. Und...und...“ Da fiel ihm die Fee ins Wort: Entschuldigen Sie, junger Mensch. Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte, sondern Samenkörner!“ (Autor unbekannt)
Ein warnendes Wort zum Gruß „Es war einmal …“, so beginnen Märchen. Und wirklichkeitsfremd mutet es an, wenn das Betreute Wohnen sich anschickt, gerade in einer Zeit, in der die öffentliche Hand die Axt an seine Wurzeln setzt, auf seine Erfolge und Nach- haltigkeit hinzuweisen. Ist es der Mut der Verzweiflung, der die Einrichtung zu einer Feier samt Festschrift und Festakt treibt? Ist es blauäugige Zuver- sicht des Trägers, wenn er dennoch an seine vor 25 Jahren geborene Idee spezifischer Verselbstständigungshilfen für über 17-Jährige glaubt? Weder Trotz noch Anmaßung bilden den Grund, sich zu einem wesentlichen Bestandteil stationärer Jugendhilfe zu bekennen. Es ist die Überzeugung, dass junge Menschen in ihrer von Brüchen geprägten Lebensphase insbeson- dere das Betreute Wohnen als geeignete wie notwendige Hilfe brauchen. Diese Festschrift zeichnet die wirkungsvollen Erfolge des Betreuten Wohnens auf. Und damit appelliert sie an jene, die aus kurzsichtiger Sparattitüde das Betreute Wohnen gleichsam aus ihrem Jugendhilfeetat drängen wollen. Da sei an eine ambitionierte Politikern erinnert, die 1996 in den Münchner Stadtrat kam und in einem Interview sich zu folgender Aussage bekannte: „Bei den Sparhaushalten setze ich mich dafür ein, dass im Sozialhaushalt, zu dem auch die Jugendhilfe gehört, weniger eingespart wird.“ Inzwischen ist sie Sozialreferentin und verantwortet mit über einer Milliarde Euro den größten städtischen Kommunalhaushalt. Es sei an eine engagierte Professorin verwiesen, die 2005 in einer Studie über die Bedarfe sozialräumlicher Erzieh- ungshilfen konstatierte: „Es ist zu fragen, inwieweit die ambulanten Hilfen nicht wesentlich bei der dem Kostendruck geschuldeten Linie der Fachkräfte des Abwartens bzw. des Eskalierens von Diagnosen mitwirken und damit nicht präventiv, sondern letztlich als unspezifisches Auffangbecken für Problemla- gen, die eigentlich der stationären Hilfe bedürfen, verzögernd wirken können.“ Heute ist sie Leiterin des größten kommunalen Jugendamtes und hat mehr als 350 Millionen Euro als Jahresetat zu verwalten. Macht das reiche München tatsächlich die Drohung wahr, die Jugendhilfe un- ter die Kuratel der Kämmerei zu stellen, wenn die Hilfen für über 17-Jährige nicht drastisch zurückgefahren werden? Da fachliche und empirische Be- funde zunehmend schwer Gehör finden, um Betreutes Wohnen als gleichberechtigtes Angebot im Kanon der Hilfen zur Erziehung zu gewähren, werden sozial- und verwaltungsrichterliche Entscheidungen für eine Klar- stellung sorgen müssen. Weder Politik noch Verwaltung dürfen sich außer- halb von Recht und Gesetz stellen. Nach 25 Jahren erfolgreicher Arbeit steht das Betreute Wohnen vor seiner härtesten Bewährung. Wie im Märchen bleibt zu resümieren: „… und wenn es nicht gestorben ist, dann lebt es noch heute.“ – In diesem Sinne ad multos annos! Johannes Seiser Geschäftsführender Vorstand Johannes Seiser Geschäftsführender Vorstand des Verein für Sozialarbeit e.V. 3
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