Vor dem Fest - Berliner Zeitung
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S<br />
Stille Nacht, Heilige Nacht? Vonwegen. In vielen Familien<br />
steht neben <strong>Fest</strong>essen und Bescherung auch jede<br />
Menge Streit auf <strong>dem</strong> Programm. Laut einer Umfrage<br />
des Online-Auktionshauses Ebay hat fast jeder zweite<br />
Deutsche Angst vorFamilienstreit an den Weihnachtsfeiertagen.<br />
Ein falsch gekauftes Weihnachtsgeschenk,<br />
das richtige Wort zur falschen Zeit, ein ungeschickter<br />
Kommentar –und schon fliegen mal wieder gewaltig<br />
die Fetzen. Gerade an den so besinnlich-fröhlichen<br />
<strong>Fest</strong>tagen zoffen sich Familien und Paare besonders<br />
gern. Aber warum eigentlich? „Perfekt-idyllische Weihnachten<br />
gibt es einfach nicht“, sagt der Psychologe Fritz<br />
Propach, <strong>Vor</strong>sitzender von Pro Psychotherapie e.V. Die<br />
Werbung mache uns mit glücklichen Kindern, Puderzuckerschnee<br />
und Kerzenschein etwas vor.<br />
Die Realität sieht dabei häufig anders aus: Statt Einigkeit<br />
und Harmonie gibt es Weihnachten vor allem<br />
eines: Stress.Bei vielen Familien habe sich mittlerweile<br />
ein regelrechter Weihnachtsfrust entwickelt, erklärtder<br />
Psychologe. Denn zwischen Weihnachtsfeiern imKindergarten,<br />
im Büro und im Verein, neben der Geschenksuche,<br />
<strong>dem</strong> Esseneinkaufen und der Arbeit sei<br />
oft keine Zeit mehr,umKonflikte zu lösen oder um einfach<br />
mal auszuspannen. ZumWeihnachtsfest seien daher<br />
viele Menschen ausgelaugt und empfindlich. Streitereien<br />
sind quasi programmiert –besonders weil die<br />
Erwartungen an das <strong>Fest</strong> hoch sind. Denn Weihnachten,<br />
so die <strong>Vor</strong>stellung, soll die ganze Familie fröhlich<br />
sein und harmonisch miteinander umgehen –und das<br />
mehrereTage lang.<br />
Die Familienpsychologin Brigitte Schweizer hat<br />
Tipps,wie sich der Familienstreit vermeiden lässt.<br />
Keine falschen Hoffnungen: „Unerfüllbare Erwartungen<br />
sind eine der Hauptursachen für Konflikte.Das<br />
fängt oft schon mit <strong>dem</strong> Wunsch nach weißen Weihnachten<br />
an“, erklärt die Psychologin. Gerade Weihnachten<br />
träfen diverse Erwartungshaltungen aufeinander.Der<br />
eine möchte an Traditionen festhalten, der an-<br />
·<br />
80<br />
Prozent der in Deutschland<br />
verkauften<br />
Weihnachtsbäume sind Nordmanntannen.<br />
Verlagsbeilage · F reitag, 30. November 2012 11 ·<br />
<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong> <strong>Fest</strong><br />
·······················································································································································································································································································<br />
dere würde sie am liebsten durchbrechen. Weil gerade<br />
KinderndasWeihnachtsfest sehr wichtig sei, rät Brigitte<br />
Schweizer, den Ablauf mit den Kindern vorher zu besprechen.<br />
„Dann wissen alle Bescheid, was in den<br />
Weihnachtstagen geplant ist.“<br />
Prioritäten setzen: Das Jahresende ruhig und besinnlich<br />
ausklingen lassen –das ist zu schön, um wahr<br />
zu sein. Gerade im Dezember kommt oft alles zusammen:<br />
Stress in der Arbeit, Weihnachtsfeier mit der Abteilung,<br />
Krippenspiel der Kinder. Für Eltern ein Drahtseilakt<br />
–und eine Herausforderung an deren Zeitmanagement.<br />
Schweizer rät deshalb: „Es kommt darauf<br />
an, Prioritäten zu setzen.“ Nicht jede Weihnachtsfeier<br />
ist Pflicht. Manmuss auch Nein sagen können. DiePsychologin<br />
rät Arbeitnehmern, nur die wichtigsten Veranstaltungen<br />
zu besuchen. Außer<strong>dem</strong> solle man die<br />
Weihnachtsfeiertage als wertvolles Geschenk betrach-<br />
Tipp<br />
DERKüchENchEfEmpfIEhlt<br />
Kohl zumfest<br />
Das Restaurant ALvis ist bekannt<br />
dafür, dass dort vor allem<br />
mit regionalen Zutaten<br />
gekochtwird.KüchenchefWolfgang<br />
Kanow empfiehlt zur gebratenen<br />
Gans Grünkohl.<br />
Zutatenfür vier personen: 1Kilogramm<br />
handgestrippter(nichtdurch<br />
den Wolf gedrehter) tiefgefrorener<br />
Grünkohl, 1/4 lGemüsebrühe, 1/4 l<br />
Gänsefett, 200 gBauchspeck, 1Gemüsezwiebel,<br />
ein zu Semmelmehl<br />
geriebenes Brötchen,Salz, Peffer.<br />
Die Zubereitung: Speck und<br />
Zwiebel imGänsefett anschwitzen,<br />
den gefrorenen Grünkohl dazuge-<br />
Rezept<br />
ten. „Zeit ist besonders in unserer heutigen Arbeitswelt<br />
ein kostbares Geschenk. DieWeihnachtsfeiertage bieten<br />
Elternund KindernZeit für Dinge,die sie gerne machen<br />
wollen.“<br />
Arbeitsteilung: Lastet die Organisation des Weihnachtsfests<br />
nur auf einer einzigen Schulter,dann seien<br />
Stress und Streit unausweichlich, sagt die Psychologin.<br />
Daher ihr Tipp: DieAufgaben sollten innerhalb der Familie<br />
verteilt werden. DieKinder können zum Beispiel<br />
den Baum schmücken, die Schwiegereltern sorgen für<br />
den Nachtisch, die Einkäufe erledigt die Frau, der Mann<br />
kümmert sich um passende Getränke und Kochen ist<br />
Familiensache.<br />
Es muss nicht alles perfekt sein: „Würstchen und<br />
Kartoffelsalat“ –das wünschen sich laut einer Umfrage<br />
rund 30 Prozent aller Deutschen als Essen am Heiligen<br />
Abend. „<strong>Vor</strong> allem Frauen sollten sich selbst gegenüber<br />
toleranter sein. Weder muss die Wohnung für Weihnachten<br />
perfekt geputzt sein, noch muss es an drei Tagen<br />
hintereinander ein <strong>Fest</strong>menü geben“, sagt Brigitte<br />
Schweizer. Ähnliches gelte auch für die Sonderwünsche<br />
der Gäste: Opa ist Diabetiker, der Bruder verträgt<br />
keine Milch, die Schwägerin isst kein Fleisch –und so<br />
geht es weiter.Ein Gastgeber sollte nicht versuchen, es<br />
all seinen Gästen recht machen zu wollen.<br />
Man kann nicht überall sein: „Auch beim Thema<br />
Verwandtschaftsbesuche ist es wichtig, Prioritäten zu<br />
setzen“, erklärt die Psychologin. Gerade bei Familien,<br />
bei denen die Großeltern weit voneinander entfernt<br />
wohnen, führtWeihnachten jedes Jahr zu einer Zerreißprobe.<br />
Deshalb gelte: Die Zahl der Termine und Ortswechsel<br />
muss erträglich und umsetzbar bleiben.<br />
Man braucht auch mal Abstand: Die Kinder toben<br />
kreischend durchs Haus, der Vater diskutiert lautstark<br />
mit <strong>dem</strong> Schwiegervater,der Onkel plündertden Alkoholvorrat,<br />
und in der Küche brennt die Soße ein –drei<br />
Tage mit der ganzenVerwandtschaft können für alle Beteiligten<br />
sehr anstrengend sein. Daher der Tipp: Man<br />
muss nicht 24 Stunden aufeinander hocken. Rückzugsorte,<br />
lange Spaziergänge oder auch interessante Zeitschriften<br />
und Bücher beschäftigen dieVerwandten und<br />
lassen keine Zeit für Streitereien. Heikel wird es, wenn<br />
die Beziehung zu den Schwiegereltern oder Geschwisternvon<br />
Haus aus unterkühlt ist. Familien können versuchen,<br />
„erwachsen“ mit der Situation umzugehen;<br />
kritische Themen sollten Weihnachten gar nicht erst<br />
angesprochen werden. Der Rat der Psychologin: Die<br />
Zusammensetzung der Weihnachtsfeier ändern. „Wer<br />
Freunde einlädt, lockertdie Familienbindung.Typische<br />
Familienthemen bleiben so außen vor“, erklärtSchweizer.<br />
Planung ist alles: Panische Einkäufe bis kurzvor Ladenschluss<br />
am 24. Dezember –das muss nicht sein. Mit<br />
einem strukturierten Plan lassen sich Stress und Hektik<br />
vermeiden.<br />
Klasse statt Masse: keine Geschenke unter <strong>dem</strong><br />
Weihnachtsbaum? Für Kinder wahrscheinlich der Albtraum<br />
schlechthin. Dabei muss nicht komplett auf Geschenke<br />
verzichtet werden. „Aber man kann die Geschenke<br />
auf ein realistisches Maßherunterschrauben“,<br />
sagt die Psychologin. 230 Euro wollen die Deutschen<br />
laut einer aktuellen Umfrage in diesem Jahr für Weihnachtsgeschenke<br />
ausgeben. Eltern sollten, so die Psychologin,<br />
die Aufrüstungsspirale durchbrechen. Aber<br />
dabei nicht aus <strong>dem</strong> Rahmen fallen. „Wenn einer ein<br />
iPhone schenkt, aber andererseits nur Socken bekommt,<br />
ist schlechte Laune vorprogrammiert“, erklärt<br />
Schweizer. (spa.)<br />
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ben, weiter anschwitzen. Danach<br />
mit der Brühe ablöschen und weiter<br />
köcheln lassen. Mit Salz und Pfeffer<br />
abschmecken. Nungibtman das geriebeneBrötchen<br />
hinzu undlässtes<br />
so lange köcheln, bis das Gänsefett<br />
gebundenist.<br />
Ein tipp zum Rotkohl: Der in<br />
Streifen geschnittene Rotkohl und<br />
die Gemüsezwiebel 24Stunden in<br />
Glühweinmarinieren,abgießen und<br />
den Rotkohl in Schmalz anschwitzen.<br />
Dann mit Glühwein auffüllen,<br />
Lorbeerblatt und Nelken, die Äpfel<br />
(geschält undinWürfel geschnitten)<br />
<strong>dem</strong>Rotkohl beigeben undweichkochen,<br />
mit Salz, Pfeffer, Essig, Zucker<br />
undMarmelade abschmecken. Wird<br />
derRotkohl mitetwas Kartoffelstärke<br />
gebunden, glänzt er appetitlich.<br />
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DIRIGENT SIR SIMON RATTLE<br />
VIOLINE CHRISTIAN TETZLAFF<br />
FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY<br />
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Abschied von<br />
der Perfektion<br />
Die Erwartungen sind groß. Manchmal zu groß. Es soll das <strong>Fest</strong> des<br />
Friedens und der Freude sein. Es soll allen gefallen. Doch bei vielen<br />
Familien endet Weihnachten im Streit. Dabei ist es gar nicht so<br />
schwer,die Nerven zu behalten. Eine Psychologin gibt Tipps.<br />
Weihnachten ist ein Familienfest. Aber nicht immer geht es so schadenfroh-lustig zu wie in der von Loriot erfundenen Familiengeschichte.<br />
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