2012/3 - Rudolf-Steiner-Schule Schwabing
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typisch waldorf: Eurythmie<br />
Die Waldorfschulen kennen als ein reguläres Unterrichtsfach die Bewegungskunst Eurythmie,<br />
bei der Elemente der Sprache und der Musik in entsprechenden künstlerischen Bewegungsformen<br />
sichtbar gemacht werden. In den ersten Klassen betreiben die Kinder Eurythmie noch<br />
als Bewegungsspiel, sie verwandeln sich in Märchenfiguren, doch bald laufen sie auf dem<br />
Boden geometrische Formen oder bilden die Laute der Sprache als Gesten mit den Armen,<br />
auf den Lauf der Füße überträgt sich der Rhythmus eines Verses, sie lernen sich geschickt im<br />
Raum zu orientieren.<br />
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Zu den besonderen pädagogischen Elementen der Eurythmie gehören Übungen mit Kupfer-<br />
stäben, die Stabübungen. Hier geht es bei den einfachsten und elementarsten Übungen um<br />
das Raumerfassen, bei den Gruppenübungen, bei denen die Stäbe von einem zum anderen<br />
Schüler geworfen werden, um Geschicklichkeitsübungen.<br />
Bei der gemeinsamen Gestaltung eines Musikstücks oder der Darstellung von Literatur<br />
tritt das soziale Element der Eurythmie in den Vordergrund, indem bei der gemeinsamen<br />
Darstellung die Bewegung der einzelnen Formen zur lebendigen Gruppenbewegung wird.<br />
Durch das eigene Sichtbarmachen der Töne, durch die eigene sinnliche Erfahrung können die<br />
Schüler ganz subjektiv das Werk erfassen, und über die seelische Beteiligung lernen sie mit<br />
dem ganzen Körper zu sprechen und ihr Empfinden auszudrücken. Neben den eurythmischen<br />
Bewegungen und den gestalteten Formen verstärkt die Farbigkeit der Gewänder das gedankliche<br />
und gefühlsmäßige Erleben.<br />
Gegenüber dem Turnen, das andere Funktionen bei dem Ergreifen und dem Ertüchtigen des<br />
Körpers zu erfüllen hat, kommt es bei der Eurythmie einerseits auf die seelische Anteilnahme<br />
an, mit der die Bewegung ausgeführt wird, andererseits auf die Tatsache, dass den Bewegungen<br />
objektive Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen.<br />
Ursprünglich waren Sprache, Gesang und menschliche Bewegung eine umfasende Einheit.<br />
Hört der Mensch dem gesprochenen Worte zu, gerät er in seiner Seele in Bewegung, spricht<br />
er selbst, ist er in seinem Inneren mitbewegend tätig. Diese inneren Bewegungsintentionen,<br />
die im sprechenden und hörenden Menschen entstehen, wurden durch <strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong><br />
wahrgenommen und daraus schöpfte er eine Gebärdensprache des ganzen Menschen als<br />
„sichtbare Sprache“ – Eurythmie entstand als neue Kunst. Sie entspringt keimhaft aus dem<br />
Menschenwesen selbst und bildet den Körper als Ausdrucksmittel, als Instrument heran.<br />
In den Gruppenformen ist die Konzentration auf das eigene Tun stets verbunden mit sozialem<br />
Einfühlungsvermögen für die Bewegung der anderen. Erst wenn beides gelingt, erlebt das<br />
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Kind die Freude an dem gemeinsamen Bewegungsstrom.<br />
„Gewiss, man muss einiges lernen - Buchstaben muss man<br />
lernen und so weiter, aber schließlich, wenn Sie einen Brief<br />
anfangen zu schreiben, so denken Sie ja auch nicht daran, wie<br />
ein I oder ein B ist, sondern Sie schreiben, weil Sie das schon<br />
können.<br />
Und so ist auch dasjenige nicht zu genießen, was der einzelne<br />
Eurythmist als ABC lernen muss, sondern dasjenige, was zuletzt<br />
daraus wird. Und das ist, so unvollkommen es heute noch ist,<br />
eine neugeschaffene bewegte Plastik. Nur natürlich muss man<br />
zur bewegten Plastik den Menschen selbst verwenden.“<br />
<strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> „ Eurythmie – die Offenbarung der sprechenden Seele “