Mitteilungen 12-03 A+B.qxd - Freie Waldorfschule Frankfurt am Main

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38 Unterrichtserfahrung vorweisen konnte, hat man mich gebeten, eine siebte Klasse in Französisch zu unterrichten – das habe ich zusätzlich zur Hausaufgabenbetreuung gemacht. Zwei Jahre lang habe ich unterrichtet, doch die Belastung wurde für mich zu groß. Es wurde festgestellt, dass ich MS habe. So betreue ich jetzt seit 1989 ausschließlich den Hausaufgabenraum. Ich fühlte mich wohl an dieser Stelle, weil ich merkte, dass es für die Kinder sehr wichtig ist, dass eine bestimmte Person regelmäßig anwesend ist. Auch für die Eltern ist es beruhigend zu wissen, dass die Kinder betreut werden. Mitteilungen: Ist die Hausaufgabenbetreuung eine Art „abgespeckter“ Hort? Frau Dewitz: Nein, das würde ich nicht so sehen. Im Hort gibt es feste Gruppen. Im Hausaufgabenraum aber habe ich jeden Tag andere Kinder ... darunter natürlich auch einige „Stammgäste“... Die Erstklässler sind in ihrem Verhalten noch recht schüchtern. Sie müssen sich das Schulhaus und ihren Raum erst erobern. In der zweiten Klasse sind sie schon standfester und lauter, die Drittklässler sind oft schon ganz schön frech... in der fünften Klasse sind einige dann schon wieder recht vernünftig, erledigen ihre Hausaufgaben rasch, um anschließend nach draußen gehen zu können. In der sechsten Klasse lässt man sich nicht mehr so gerne helfen, Siebtklässler haben meist keine Lust mehr, in den Hausaufgabenraum zu kommen. Aber natürlich sehe ich die Kinder weiterhin im Schulgebäude. Und es ist für mich immer wieder faszinierend, deren Entwicklung sehen zu können. Das Wichtigste im Hausaufgabenraum war für mich immer das soziale Miteinander. Mitteilungen: Neben der Arbeit im Hausaufgabenraum geben Sie zur Zeit noch Deutschkurse für Ausländer, für unsere Putzfeen. Wie kam es dazu? Frau Dewitz: Ich wurde gefragt. Irgend jemand hatte sich wieder einmal an mein Romanistik-Studium erinnert... Ich wollte ja eigentlich immer an ein Goethe-Institut im Ausland... Um herauszufinden, ob mir das überhaupt zusagt, hatte ich mich beim DAAD als Lehrassistentin beworben. So habe ich in Modena am Gymnasium unterrichtet. Später bewarb ich mich als Lek-torin und ging für fünf Jahre nach Bari. Die Arbeit an der dortigen Universität um-fasste: Deutschkurse, Landeskunde und Literatur. Während dieser Zeit lernte ich meinen Mann kennen; gemeinsam kamen wir nach Deutschland zurück. So schließt sich nun für mich ein großer Bogen, den ich so auffasse, dass die Schule mir als Abschiedsgeschenk diesen Deutschkurs für Ausländer anbot. Mitteilungen: Seit so vielen Jahren sind Sie an unserer Schule. Was hat sich hier aus Ihrer Sicht verändert... zum Beispiel auch im Hinblick auf das Kollegium? Frau Dewitz: Was ich in den letzten Jahren etwas vermisst habe, war die intensive Grundlagenarbeit an den Steiner- Texten. Das scheint mir in den letzten Jahren durch aktuelle Themen etwas verdrängt worden zu sein. Es ist verständlich, aber es ist schade. Ich hoffe aber, wenn Themen wie das Zentralabitur oder die PISA-Studie abgearbeitet sind (da glaube ich übrigens, dass die Waldorfschule etwas selbstbewusster auftreten könnte!), werden die grundlegenden Themen wieder in den Vordergrund rücken. Dies ist eminent wichtig. Aber diese Erfahrung muss jede Lehrergeneration selbst machen. Grundsätzlich muss ich sagen, dass Persönlichkeiten wie Herr Schrader fehlen - oder ich be-
daure auch, dass Herr Hübner nicht mehr so oft präsent ist... Mitteilungen: Und nun noch die Frage nach Frau Dewitz ganz privat... Wie verbringen Sie Ihre Freizeit? Sie sind verheiratet, Mutter zweier Söhne... Frau Dewitz: Da meine Familie nicht viel für Theater o.ä. übrig hat, gehe ich zum Teil auch alleine oder mit Freundinnen aus, was sich auf unser Familienleben durchaus positiv auswirkt. Außerdem bin ich gerne in der Natur, ich liebe Vögel, Schmetterlinge... Und ich lese gerne... ...auch Kriminalromane... Mitteilungen: Von Herzen sind wir Ihnen dankbar für die viele Lebensenergie, die Sie uns gaben. „Heilig‘s Blechle“, sagen wir, das ist ein arbeitsreiches Leben! Frau Dewitz: Spannend ist es für mich nach wie vor; am liebsten würde ich hier weitermachen. Aber ich denke doch, es ist jetzt der richtige Augenblick, um aufzuhören. Mitteilungen: Wir hoffen auch, Sie oft noch hier bei uns zu sehen. Alles Gute für den weiteren Lebensweg. Herzlichen Dank! Das Lebensmotto von Frau Dewitz: „Sbagliando s’impera!“ oder: „Man lernt nie aus!“ 39
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