Festschrift 175 Jahre staatlicher Wasserbau in Emden - Wasser- und ...

Im Dienste der Schifffahrt
175 Jahre
staatlicher
Wasserbau
in Emden
1814 - 1989

WSA Emden 1

2
Impressum
Herausgeber: © Wasser- und Schiffahrtsamt Emden
Am Eisenbahndock 3, 2970 Emden
Telefon 0 49 21 - 8 02 - 1
Telex 2 79 39 - Telefax 3 88
Redaktion: Werner Arendt, WSA Emden,
Gerd Janssen, WSA Emden
David Steen, WSA Emden
Herbert Weitzel, WSA Emden
Umschlaggestaltung,
Layout, Titelfotos: Werner Arendt, WSAEmden, Gerd Janssen, WSA Emden
Lithos: Kruse Reproduktionen, 4426 Vreden
Gesamtherstellung: Druckerei Gerhard Rautenberg, 2950 Leer 1. Auflage 1990
Alle Rechte vorbehalten
WSA Emden

WSA Emden 3
Im Dienste der Schiffahrt
über 175 Jahre
staatlicher Wasserbau
in Emden
Herausgeber:
Wasser- und Schiffahrtsamt Emden

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Zum Geleit
Inhaltsverzeichnis
WSA Emden
Lutz Seifert, WSA Emden ........................................................................................................................................9
Vorwort
Gerd Janssen, WSD Nordwest ............................................................................................................................... 10
I. Abriß der Entwicklung der Wasserbauverwaltung in Ostfriesland unter
besonderer Berücksichtigung des Seezeichenwesens
Friedrich Rischmüller, WSD Nordwest und David Steen, WSA Emden
1. Die Bedeutung des Wasserbaus in Ostfriesland .................................................................................... 13
2. Die Durchführung wasserbaulicher Maßnahmen zur Zeit der ostfriesischen Grafen
bzw. Fürsten (1464-1744) .................................................................................................................... 13
3. Die Organisation der Wasserbauarbeiten in der ersten preußischen Zeit (1744-1806) ........................ 13
4. Das Wasserbauwesen zur Zeit der Fremdherrschaft (1806-1813) ........................................................ 14
5. Preußischer Neubeginn nach der napoleonischen Zeit ......................................................................... 14
6. Die ostfriesische Wasserbauverwaltung im Königreich Hannover ....................................................... 15
7. Die Seebaukommission (Seezeichenwesen) ......................................................................................... 17
8. Die preußische Wasserbauverwaltung in Ostfriesland ab 1866 ............................................................ 19
9. Die weitere Entwicklung des Seezeichenwesens in Ostfriesland ......................................................... 19
10. Große Wasserbaumaßnahmen vor dem 1. Weltkrieg ............................................................................ 20
11. Die ostfriesische Wasserbauverwaltung nach dem 1. Weltkrieg bis zur Gegenwart ............................. 21
II. Das Seezeichenwesen
Gregor Ulsamer, WSA Emden
1. Die Seezeichen der Ems bis 1814......................................................................................................... 23
2. Der Alte Turm der Insel Borkum wird Leuchtturm .............................................................................. 27
2.1 Die “Seebeleuchtungsanstalt“ 1817-1857 ............................................................................................ 27
2.2 Umbau des Leuchtfeuers auf Fresnelsystem 1857 ................................................................................ 28
3. Großer Leuchtturm Borkum ................................................................................................................. 30
4. Leuchtturm Norderney .......................................................................................................................... 33
5. Feuerschiff Borkumriff ......................................................................................................................... 33
6. Die Leuchtfeuer der Außenems ............................................................................................................ 35
6.1 Leuchtfeuer Rottum .............................................................................................................................. 36
6.2 Kleiner Leuchtturm Borkum ................................................................................................................. 36
6.3 Die Leuchtfeuer der Randzelplate ........................................................................................................ 38
6.4 Leuchtturm Pilsum ................................................................................................................................ 41
6.5 Leuchtturm Campen ............................................................................................................................. 42
6.6 Laterne an der Knock ........................................................................................................................... 43
7. Leuchtfeuer am Hafen vor Norddeich .................................................................................................. 45
8. Hafenfeuer Emden ................................................................................................................................ 46
9. Zeitsignalanlage Emden ........................................................................................................................ 52
10. Schwimmende Seezeichen .................................................................................................................... 54
11. Funk- und Radarsysteme im Seezeichenwesen ..................................................................................... 59
12. Nachtfahrt zwischen Emden und Papenburg ........................................................................................ 61
13. Seezeichen in Ortswappen .................................................................................................................... 61
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WSA Emden 5
III. Strombau und Inselschutz
Herbert Weitzel, WSA Emden
1. Das Fahrwasser der Außenems ............................................................................................................. 63
1.1 Ausbau und Unterhaltung ..................................................................................................................... 63
1.2 Rysumer Nacken .................................................................................................................................. 71
1.2.1 Eindeichung .......................................................................................................................................... 71
1.2.2 Jannes-Ohling-Straße und “Vorgänger“ ................................................................................................ 71
1.2.3 Landemole Knock ................................................................................................................................. 72
1.2.4 Pumpstation Drewert ............................................................................................................................ 73
1.3 Der seeseitigen Inselschutz auf Borkum als Eckpfeiler des Emsfahrwassers ....................................... 75
1.3.1 Unterhaltung und Neubau von Buhnen und Uferschutzwerken ............................................................ 75
1.3.2 Zeitfolge der Bauwerkserstellungen ..................................................................................................... 83
1.4 Schutzhafen Borkum und Leitdamm Fischerbalje ................................................................................ 94
2. Das Fahrwasser der Unterems und der Leda ........................................................................................ 96
2.1 Das ehemalige Wasser- und Schiffahrtsamt Leer.................................................................................. 96
2.2 Ausbau und Unterhaltungsmaßnahmen ................................................................................................ 97
2.2.1 Der Ausbau der Unteren Ems ........................................................................................................... ....97
2.2.2 Das Ledasperrwerk bei Leer ................................................................................................................. 99
2.2.3 Sanierung der Seeschleuse Oldersum ................................................................................................. 100
3. Die Wattfahrwasser und Ostfriesische Inseln ..................................................................................... 103
3.1 Das ehemalige Wasser- und Schiffahrtsamt Norden ........................................................................... 103
3.2 Die Unterhaltung der Wattfahrwasser ................................................................................................. 104
3.3 Die Schutzmaßnahmen an den Ostfriesischen Inseln ......................................................................... 104
IV Kleine Hafengeschichte Emdens
Friedrich Rischmüller, WSD Nordwest
1. Preußischer Anfang ............................................................................................................................. 106
2. Übernahme der Hafenunterhaltung durch das Königreich Hannover ................................................. 106
3. Bau des “Neuen Fahrwasser“ mit der Sielschleuse............................................................................. 107
4. Das Eisenbahndock..............................................................................................................................110
5. Der Bau des Ems-Jade-Kanals und die Übernahme des Emder Hafens
durch den Preußischen Staat ................................................................................................................ 111
6. Der Dortmund-Ems-Kanal und der Ausbau des Emder Hafens...........................................................112
7. Bau der Großen Seeschleuse und der 1. Weltkrieg ..............................................................................115
8. Zwischen den Weltkriegen ...................................................................................................................119
9. Wiederanfang nach 1945 .................................................................................................................... 120
10. Der weitere Ausbau des Emder Hafens .............................................................................................. 121
11. Der Dollarthafen und die Abgabe der “Auftragsverwaltung“ ............................................................. 125
V Baggerei und Spülbetrieb
Rudolf Kirsch, ehem. NHA Emden
1. Die Ems (Emder Fahrwasser und Außenems) .................................................................................... 126
1.1 Der Zeitraum 1813-1872 .................................................................................................................... 126
1.2 Erste Baggerungen in der Ems (ab 1873) ........................................................................................... 126
1.3 Larrelt-Wybelsumer Polder, 1912-1967 ............................................................................................. 128
1.3.1 Grundlagen, Voraussetzungen ............................................................................................................. 128
1.3.2 Ausführung ......................................................................................................................................... 128
1.3.3 Nutzung des Larrelt-Wybelsumer Polders, chronologischer Überblick ............................................. 131
1.3.4 Zusammenfassung, unter Einbeziehung weiterer Polderflächen bei Emden ...................................... 132
1.4 Moderne Baggertechnik ..................................................................................................................... 135
2. Hafen Emden und Fahrwasser zur Ems .............................................................................................. 135
2.1 Siel-Spülung und Muddern (1813-1848 ............................................................................................. 135
2.2 Naßbaggerbetrieb mit Bagger, Klappschuten und Mudderpflug (1849-1906) ................................... 137
2.3 Baggern und Verspülen oder Verklappen (1907-1989) ...................................................................... 139
2.4 Die Überschlickung der Niederung Emden-Riepe ............................................................................. 140
2.4.1 Suchen eines neuen großen Gebietes zur langfristigen Aufnahme des Hafenschlicks........................ 140
2.4.2 Vorarbeiten und Zielsetzung ............................................................................................................... 140
2.4.3 Technische Ausführung ....................................................................................................................... 141
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Vl. Fahrzeuge, Maschinenwesen, Staatswerft und Bauhof
Otto Galli, NHA Emden
WSA Emden
1. Geschichtliche Entwicklung von 1888-1945 ...................................................................................... 150
2. Wiederaufbau der Staatswerft Emden................................................................................................. 152
3. Beschreibung der Staatswerft Emden 156
4. 4. Organisation .................................................................................................................................... 157
5. Stromerzeugungsanlagen .................................................................................................................... 164
VII. Strom- und schiffahrtspolizeiliche Aufgaben
Hermann Janßen, WSA Emden und Georg Wilms, WSA Emden
1. Allgemeines ........................................................................................................................................ 166
z. Begriffsbestimmungen, Strompolizei/Schiffahrtspolizei .................................................................... 166
3. Strom- u. schiffahrtspolizeiliche Genehmigungen .............................................................................. 167
3.1 Allgemeines ........................................................................................................................................ 167
3.2 Genehmigungen .................................................................................................................................. 167
3.3 Zusammenarbeit mit Landesbehörden ................................................................................................ 167
3.4 Überwachung der Genehmigungen ..................................................................................................... 168
3.5 Zahlen ................................................................................................................................................. 168
4. Schiffahrtspolizei ................................................................................................................................ 170
4.1 Grundlagen ......................................................................................................................................... 170
4.2 Vorsorgemaßnahmen........................................................................................................................... 170
4.3 Abweichungen von den Verkehrsvorschriften .................................................................................... 170
4.4 Beispiele für schiffahrtspolizeiliche Tätigkeiten ................................................................................ 171
VIII. Seevermessung mit Peilbetrieb
Eberhard Meyer, WSA Emden
1. Erste vermessungstechnische Grundlagen .......................................................................................... 176
2. Ortsbestimmung .................................................................................................................................. 176
2.1 Allgemeines ........................................................................................................................................ 176
2.2 Wirkungsweise des Syledis-Funkortungssystems ............................................................................... 178
2.3 Bordempfänger ................................................................................................................................... 181
2.4 Betrieb und Unterhaltung ................................................................................................................... 182
3. Tiefenmessung .................................................................................................................................... 182
5. Bezugshorizont ................................................................................................................................... 183
6. 5. Vermessungsschiffe............................................................................................................................. 184
6. Datenerfassung und Auswertung ........................................................................................................ 186
6.1 Doppelwinkelmessung und Handlotung ............................................................................................. 186
6.2 Hifix-Messung und Echolotung .......................................................................................................... 187
6.3 Beginn der automatischen Datenerfassung ......................................................................................... 187
7. Heutige Aufgabenstellung und -erledigung in der Seevermessung ..................................................... 189
IX. Pegelwesen und Hydrologie
David Steen, WSA Emden
1. Einführung ................................................................................................................................................. 190
2. Das Pegelwesen im WSA Emden ....................................................................................................... 190
2.1 Die Anfänge der Wasserstandsbeobachtung ....................................................................................... 190
2.2 Der Beginn des staatlichen Pegelwesens ............................................................................................ 192
2.3 Der Ausbau des Pegelnetzes ............................................................................................................... 194
2.4 Die Entwicklung nach 1945 ................................................................................................................ 195
2.5 Heutiger Pegelbestand und Ausblick .................................................................................................. 197
3. Gewässerkundliche Untersuchungen im WSA Emden ....................................................................... 198
Seite

WSA Emden 7
3.1 Einführung .......................................................................................................................................... 198
3.2 Erste hydrologische Untersuchungen ................................................................................................. 199
3.3 Hydrologische Arbeiten zwischen den beiden Weltkriegen ................................................................ 199
3.4 Die Entwicklung nach 1948 ................................................................................................................ 200
3.5 Heutige Schwerpunkte der gewässerkundlichen Untersuchungen im WSA Emden ........................... 201
X. Vermessungs-, Karten- und Liegenschaftswesen
Wilhelm Papenbaum, WSA Emden
1. Vermessungswesen ............................................................................................................................. 203
1.1 Technische Vermessungen .................................................................................................................. 203
1.2 Liegenschaftsvermessung ................................................................................................................... 204
1.3 Topographische Vermessung .............................................................................................................. 205
2. Kartenwesen ....................................................................................................................................... 205
2.1 Karten der Ems und Leda ................................................................................................................... 205
2.1.1 Die erste Generation ........................................................................................................................... 205
2.1.2 Die zweite Generation ........................................................................................................................ 206
2.1.3 Die dritte Generation .......................................................................................................................... 207
2.1.4 Die vierte Generation.......................................................................................................................... 208
2.1.5 Die fünfte Generation ......................................................................................................................... 208
2.2 Karten des Ems-Seiten-Kanals ........................................................................................................... 209
2.3 Karten des Ostfriesischen Küstenmeeres ............................................................................................ 209
2.4 Karten der Ostfriesischen Inseln ......................................................................................................... 210
2.5 Karten im Hafen Emden ......................................................................................................................211
2.6 Übersichtskarten ................................................................................................................................. 213
3. Liegenschaftswesen ............................................................................................................................ 213
XI. Marinebauaufgaben
Johann Strand, WSA Emden
1. Gesetzliche Grundlagen ...................................................................................................................... 216
1.1 Marinehafen Borkum .......................................................................................................................... 216
1.2 Marinehafen Emden-Königspolder..................................................................................................... 228
XII. Das Personal des WSA Emden
Ernst Wilts, ehem. WSA Emden und Detlef Schürer, WSA Emden
1. Persönliche Erinnerungen eines Wasserbauers ................................................................................... 231
2. Die Aufgaben des heutigen Sachbereiches 1 ...................................................................................... 241
XIII. Die deutsch-niederländische Zusammenarbeit in der Emsmündung
als besondere Aufgabe des WSA Emden
David Steen, WSA Emden
1. Vorgeschichte ...................................................................................................................................... 244
2. Der Staatsvertrag von 1896 ................................................................................................................ 244
3. Der Ems-Dollart-Vertrag .................................................................................................................... 245
4. Die ständige deutsch-niederländische Emskommission ..................................................................... 246
5. Ergänzende Verträge ........................................................................................................................... 247
6. Ems-Radarvertrag .................... .......................................................................................................... 247
7. Kooperationsvertrag Ems-Dollart ....................................................................................................... 247
8. Schlußfolgerungen .............................................................................................................................. 247
Quellenverzeichnis
Seite

8
WSA Emden

WSA Emden 9
Zum Geleit
Mit dieser Schrift, die Sie jetzt in den Händen halten,
soll Ihnen neben einem historischen Rückblick
auf die Entwicklung des Wasser- und Schiffahrtsamtes
(WSA) Emden in gemeinverständlicher Art
ein Einblick in die Ziele und die Aufgabenerledigung
dieses Amtes anhand von Kurzbeiträgen gegeben
werden. Die Ausführungen widmen sich auch
den Besonderheiten einer Verwaltung des gemeinsamen
deutsch-niederländischen Emsmündungsgebietes
nach dem Ems-Dollart-Vertrag.
Eine derartige zusammenfassende Darstellung über
die Tätigkeiten des WSA Emden lag bisher nicht vor.
Der inhaltliche Schwerpunkt liegt in den letzten Jahrzehnten,
berücksichtigt aber auch einen Ausblick auf
zukünftige Entwicklungen. Gedanken des Umweltschutzes
fanden zwar schon immer bei der Aufgabenerfüllung
Berücksichtigung, müssen jedoch in
Zukunft erheblich mehr im Vordergrund stehen.
Die vielen Illustrationen ergänzen in anschaulicher
Weise die Textbeiträge und stellen somit eine wertvolle
Informationsquelle dar. Gewisse Unvollkom-
Amtsvorstand des
Wasser- und Schiffahrtsamtes Emden
menheiten, die zwangsläufig mit der Darstellung eines
solch vielschichtigen Aufgabengebietes verbunden
sind, wobei die Angaben im Laufe der Zeit auch
noch Veränderungen unterliegen, ließen sich bei der
Bearbeitung durch die vielen “nebenamtlich schreibenden“
Mitarbeiter nicht ganz vermeiden. Angeregt
und motiviert durch ihren damaligen Amtsvorstand,
Herrn Baudirektor Dipl-Ing. Gerd Janssen,
haben insgesamt 16 jetzige Mitarbeiter des Amtes
und ehemalige Bedienstete zum Gelingen dieses
Werkes beigetragen. Ihnen sei auch an dieser Stelle
herzlich gedankt.
Das ehemals weitaus größte Amt der Wasser- und
Schiffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) hatte dementsprechend
einen großen Personalbestand und damit
auch einen entsprechenden gewichtigen Personalrat.
Nach der Abgabe der Landesaufgaben werden die
Anliegen der heutigen Mitarbeiter von einer in der
Anzahl zwar kleinen, aber um so mehr engagierten
Personalvertretung wahrgenommen.
Wir wünschen nicht nur “Insidern“, sondern auch
einer weiteren, an der WSV in Ostfriesland interessierten
Leserschaft viel Freude an diesem Werk.
Emden, im Januar 1991
Vorsitzender des
örtl.-und Gesamtpersonalrates

Vorwort
Das Ende der achtziger Jahre und der Beginn des
letzten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts bedeutet auch
für das Wasser- und Schiffahrtsamt (WSA) Emden
einen gewissen Einschnitt in seiner langen Geschichte
“Im Dienste der Schiffahrt“ auf der Ems.
So ist der um 1950 nach dem Kriege wiederaufgenommene
Ausbau und die Erneuerung der Strombau-
und Inselschutzwerke am Westkopf der Insel
Borkum, die den stabilisierenden seeseitigen Eckpfeiler
des Emsfahrwassers darstellen, bis zum Ende
des Südwestdeckwerks 1990 im wesentlichen abgeschlossen.
Den Schwerpunkt der Arbeiten der nächsten Jahre
werden hier Unterhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen
sowie ein eventueller weiterer Ausbau in dem
anschließenden Uferabschnitt im Südwesten bilden.
Damit ist nach 40 Jahren nicht nur ein bedeutsamer
Punkt in der über 120 jährigen Geschichte des Baus
von massiven Inselschutzwerken erreicht, sondern
es konnte durch neuere Untersuchungen des Amtes
auch die zukünftige Notwendigkeit dieses in Jahrzehnten
bewährten Strombau- und Inselschutzsystems
nachgewiesen und hierfür ein klares Konzept
als Kombination aus aktiven und passiven Uferausbau
und Küstenschutz entwickelt werden.
Zugleich wurde der 1984 begonnene Ausbau der Unterems
zwischen Emden und Papenburg sowie der
Leda für Seeschiffe bis zu 5,7 m Tiefgang bei mittleren
Tideverhältnissen mit der Einführung der
Nachtschiffahrt in diesem Streckenabschnitt 1990
beendet.
Aufgrund der dadurch bedingten positiven Entwicklung
der Schiffahrt und der schiffahrtsgebundenen
Industrie an der Unterems werden Planungen
für einen weiteren Ausbauabschnitt angestellt. Das
Planfeststellungsverfahren hierzu ist eingeleitet
worden.
Die Fertigstellung dieser langfristigen und umfangreichen
Wasserbaumaßnahmen fällt zusammen
mit der Entwicklung und Vorlage von Alternativplanungen
des Landes Niedersachsen zu dem seit
fast zwei Jahrzehnten vergeblich verfolgten “Dollarthafenprojekt“,
wodurch endlich wieder neue Perspektiven
für die zukünftige Fahrwassergestaltung
der Außenems und die Hafenentwicklung Emdens
eröffnet werden.
Für das Wasser- und Schiffahrtsamt Emden wird hierzu
die Verbesserung der Fahrwasser- und Unterhaltungssituation
im Emder Fahrwasser sowie eventuell
ein weiterer Ausbau der Außenems zum geplanten
neuen Emder Vorhafen an der Knock gehören.
Dies alles gibt Veranlassung, diese bedeutsamen Arbeiten
für die Tideems hier ausführlicher darzustellen
und sie zugleich in einen weiteren geschichtlichen
Rahmen einzuordnen:
Im Jahre 1539, also vor rd. 450 Jahren, wurde der
Stadt Emden vom Grafen von Ostfriesland die “Fürsorge
über den Emsstrom“ übertragen. Diese Aufgabe,
die zunächst im wesentlichen aus Lotungen,
Setzen von Schiffahrtszeichen sowie einer gewissen
polizeilichen Aufsicht bestand, ging 1815 auf
die staatliche “Seebaukommission“ über und wurde
später um den Ausbau und die Unterhaltung der Fahrrinnen
erweitert. Diese Fürsorge für den Emsstrom,
als der wirtschaftlichen Schlagader Ostfrieslands, ist
auch heute noch die vornehmste Aufgabe des Wasser-
und Schifffahrtsamtes Emden!
Als Beginn der staatlichen Wasserbauverwaltung in
Ostfriesland kann die Einsetzung des “Baudirektors
in Ostfriesland“ J. N. Franzius vor rd. 175 Jahren
sowie die gleichzeitige Einrichtung von vier Baukreisen
in Emden, Leer, Norden und Esens im Jahre
1814 angesehen werden.
Aus diesen Baukreisen mit ihrer umfassenden Zu
ständigkeit für die Verwaltung des Land-und Wasserbaus
sowie des Deich-und Sielwesens sind im
Laufe der Zeit neben der Wasser-und Schiffahrtsverwaltung
mit ihrer verkehrlichen Zuständigkeit für
die heutigen Bundeswasserstraßen Ems, Leda und
Nordsee eine Reihe von weiteren Behörden hervorgegangen,die
diese verschiedenen Aufgaben heute
wahrnehmen, wie z. B. die Häfen-, Wasserwirtschafts,
Straßenbau-, Küsten- und Inselschutzämter.
Dabei gehörte die Verwaltung des Hafens Emden und
der meisten ostfriesischen Küsten- und Inselhäfen
sowie der seeseitige Inselschutz der Ostfriesischen
Inseln - mit Ausnahme von Borkum und Wangerooge,
der beim Bund verblieben ist-, bis vor wenigen
Jahren als Auftragsverwaltung auch noch zu den
Aufgaben des WSA Emden bzw. früher auch WSA
Norden, bevor sie vom Land Niedersachsen (wieder)
mit eigenen Behörden übernommen wurden.
Eine Geschichte des WSA Emden wäre ohne Schilderung
dieser umfangreichen Aufgaben unvollständig.
Auch muß diese deshalb die früheren Aufgaben
der ehemaligen Wasser- und Schiffahrtsämter
Norden und Leer, die 1978 im WSA Emden aufgegangen
sind, zumindestens in groben Zügen miterfassen.
Den Vorständen und Mitarbeitern dieser heute niedersächsischen
Behörden sei an dieser Stelle besonders
für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Realisierung
dieser Schrift gedankt.
Das Wasser- und Schifffahrtsamt Emden, eine Ortsbehörde
des Bundesministers für Verkehr, hat sei-

WSA Emden 11
nen Sitz Am Eisenbahndock 3 in Emden und ist das
einzige Wasser- und Schiffahrtsamt in Ostfriesland,
nachdem die beiden kleineren Ämter Leer und Norden
aufgelöst worden sind.
Das WSA Emden ist für die Bundeswasserstraßen
Ems von der See bis Papenburg, die Leda, den Ems-
Seitenkanal und das ostfriesische Wattenmeer bis
Spiekeroog mit dem vorgelagerten Küstenmeer als
Verkehrswege zuständig.
Die wichtigsten Aufgaben des Amtes sind heute:
- Unterhaltung der Seeschiffahrtsstraßen Ems mit
Leda als Zufahrt zu den Seehäfen Eemshaven,
Delfzijl, Emden, Leer und Papenburg durch Baggerungen
und Unterhaltung von Ufern und Strombauwerken
zur Vorhaltung der bekannt gemachten
Fahrwassertiefen. Hierfür muß das WSA
Emden mit dem einzigen bundeseigenen Saugebagger
“Nordsee“ jährlich rd. 6 Mio. m 3 Boden
baggern und umlagern.
- Gewährleistung des seeseitigen Inselschutzes der
Insel Borkum als stabilisierendes Strombauwerk
für das Fahrwasser in der äußeren Emsmündung.
- Unterhaltung von Hafenanlagen der Marine in
Emden und Borkum sowie des Schutzhafens Borkum
einschließlich der Zufahrt Fischerbalje.
- Betrieb und Unterhaltung des Ledasperrwerkes
bei Leer, der Seeschleuse Oldersum und des Ems-
Seitenkanals zwischen Emden und Oldersum
- Setzen und Betreiben von Schiffahrtszeichen der
gekennzeichneten Schiffahrtswege, einschl. des
Wattfahrwassers zwischen Borkum und Spiekeroog.
- Abwehr von Gefahren für die Bundeswasserstraßen
und die Schiffahrt sowie von dieser ausgehenden
Gefahren für die Umwelt. (Strompolizei,
Schiffahrtspolizei)
- Untersuchung von Binnenschiffen (SUK/SEA)
Die Aufgaben vor Ort werden durch die Mitarbeiter
in den drei Außenbezirken in Leer,an der Knock und
auf Borkum,durch den Bauhof (früher Tonnenhof)
Emden mit einer Außenstelle auf Norderney, einer
Sonderwerkstatt für Hochfrequenztechnik sowie einer
Vielzahl von Spezial- und Aufsichtsfahrzeugen
wahrgenommen.
Der rd. 5300 m 3 fassende Laderau ämpfung eingesetzt
werden. Von Emden und Norderney aus sind
drei Seezeichenfahrzeuge, zwei Peilfahrzeuge sowie
ein gewässerkundliches Meßschiff im Einsatz, um
die sich ständig ändernden Fahrwasser auszuloten,
Meßdaten zu sammeln und mit über 500 Seetonnen
zu bezeichnen. Zur Bezeichnung des Fahrwassers
dienen auch die vier großen Leuchttürme in Campen,
auf Borkum und Norderney und eine Vielzahl
kleinerer Leuchtbaken. Im Außenbezirk Leer steht
ein Spezialschiff zum Einbau von Schüttsteinen für
die Uferunterhaltung zur Verfügung.
Für die Sicherung des Verkehrs bei jedem Wetter
betreibt das WSA Emden gemeinsam mit dem niederländischem
Rijkswaterstaat die Landradarkette an
der Außenems, deren Herzstück die “Revierzentrale
Emden“ an der Knock bildet. Mit Hilfe dieser Einrichtung
überwacht, regelt und lenkt das WSA Emden
den gesamten Schiffsverkehr auf der Außenems
und überwacht deren Anlagen, wie z. B. den Transport
gefährlicher Güter, die Fahrt übergroßer Fahrzeuge,
Verlegung von Pipelines oder gewerbliche
Sandentnahmen auf der Ems.
Da in der Emsmündung eine klare Grenzregelung
zwischen den Niederlanden und Deutschland fehlt,
hat das WSA Emden die einzigartige Aufgabe, praktische
Fragen des Wasserbaus und des Verkehrs mit
niederländischen Dienststellen gemäß EmsDollart-
Vertrag von 1960 abzustimmen.
Im Amt, auf dem Bauhof, dem Tonnenhof Norderney,
der Revierzentrale und der Sonderwerkstatt an
der Knock sowie in den Außenbezirken Borkum,
Knock und Leer und auf den Fahrzeugen des Amtes
sind insgesamt 472 Mitarbeiter beschäftigt, um die
vielfältigen Aufgaben wahrnehmen zu können. Daneben
bildet das WSA Emden seit etlichen Jahren
ständig rd. 45 Auszubildende in verschiedenen Berufsgruppen
aus.
Die Schilderung dieser Aufgaben wäre sicher nicht
vollständig, ohne die Geschichte der Bediensteten,
die im WSA Emden gearbeitet haben und heute hier
Dienst tun. Dem “Völkchen WSA“ ist daher ein besonderer
Abschnitt dieser Schrift gewidmet. Er zeugt
von der besonderen Verbundenheit der Mitarbeiter
untereinander und mit “ihrem Amt“.
Diese Verbundenheit ist es letztlich auch gewesen,
die diese Schrift hat entstehen lassen.
Es kommen darin ausschließlich aktive oder inzwischen
pensionierte Bedienstete des WSA Emden zu
Wort, die sich davon anstecken ließen, ihrem heutigen
Tun “auf den Grund zu gehen“, in dem sie -
ausgehend von ihren heutigen Aufgaben - diese in
die Vergangenheit zurückverfolgend erkannten, in
welch langer Tradition ihre Aufgaben und sie selbst
in ihrer Arbeit “Im Dienste der Schiffahrt“ stehen.
Ihnen vor allen, die -jeder auf seine eigene Art und
hauptsächlich in der Freizeit - hierzu beigetragen haben,
sei an dieser Stelle besonders gedankt!

12
Ohne sie und ihre Treue zur Sache wäre diese Schrift
nicht zustande gekommen.
Darüber hinaus wünsche ich diesem Buch, daß es
das Interesse möglichst vieler ehemaliger und aktiver
Mitarbeiter und Freunde innerhalb und außerhalb
des Wasser- und Schiffahrtsamtes Emden findet
und nach den Jahren der personellen Unsicherheiten
infolge der durchgeführten Reorganisation der
WSV und dem Einzug in das schöne neue Dienstgebäude
am Eisenbahndock und am Alten Binnenhafen
zu einer erneuerten Verbundenheit der Bediensteten
mit ihrem Amt und seinen vielfältigen Aufgaben
beiträgt.
Ihnen, dem “Völkchen WSA“, sei diese Schrift gewidmet.
Amtsvorstand des
Wasser- und Schiffahrtsamtes Emden
von 1986-1990
WSA Emden
Neubau des Wasser-und Schiffahrtsamtes Emden Aufnahme Arendt,WSA Emden, 1990

WSA Emden 13
I. Abriß der Entwicklung der Wasserbauverwaltung in
Ostfriesland unter besonderer Berücksichtigung des
Seezeichenwesens
1. Die Bedeutung des Wasserbaus in Ostfriesland
In Ostfriesland haben Wasserbauarbeiten aller Art
seit vielen Jahrhunderten eine besonders große Bedeutung,
ermöglichen sie doch überhaupt erst eine
dauerhafte Besiedlung und Bewirtschaftung der
Marschen, eine Erschließung der Moorgebiete, eine
Sicherung der Küsten mit den vorgelagerten Inseln
sowie einen sicheren Schiffsverkehr auf der Ems,
ihren Nebenflüssen, auf ausgebauten Tiefs und Kanälen.
Der Bau und die fortlaufende Unterhaltung der geschlossenen
Deichlinien seit dem späten Mittelalter
stellte eine wasserbauliche Großtat dar, zumal hiermit
die Anlage von vielen Sielen zur Entwässerung
des Binnenlandes verbunden war.
Nach den großen Meereseinbrüchen wurden am Dollart
und an der See Polder gewonnen und die heutige
Küstenlinie bildet sich allmählich heraus. Erste
Strombaumaßnahmen größerer Art sind erst am Ende
des 16. Jahrhunderts erfolgt.
Das Seezeichenwesen an der Ems kann jedoch auf
eine 450jährige Tradition zurückblicken, wie noch
erläutert wird.
Die Sparten Küsten- und Inselschutz sowie Kanalund
Hafenbauten haben in Ostfriesland erst seit jüngerer
Zeit an Bedeutung zugenommen.
Im folgenden soll die Entwicklung der Wasserbauverwaltung
zur heutigen Struktur in großen Linien
aufgezeigt werden.
2. Die Durchführung wasserbaulicher
Maßnahmen zur Zeit der ostfriesischen
Grafen bzw. Fürsten (1464-1744)
Die vorgenannten vielfältigen Wasserbauarbeiten
größeren Stils wurden zur Zeit der Herrschaft der
Cirksenas von verschiedenen Instanzen durchgeführt;
eine zentrale, koordinierende Wasserbauverwaltung
war nicht vorhanden.
Gestützt auf ein Privileg Graf Ennos 11 von 1539
errichtete die Stadt Emden an der Ems Seezeichen,
um den Seehandel zu fördern. Der Seezeichendistrikt
umfaßte ursprünglich auch das Groninger Watt; hieran
erinnerte jahrhundertelang die Bezeichnung “Emder
Kaap“ auf der niederländischen Insel Rottum.
Auf der Insel Borkum zeugt noch heute der etwa 40
m hohe quadratische Turm, der 1576 als Tagesmarke
erbaut wurde, von der Bedeutung Emdens für das
Seezeichenwesen an der Ems.
Von 1583 bis 1631 baute und unterhielt die Stadt
Emden das 4,5 km lange “Nesserlander Höft“ in der
Ems, um den Emslauf, der infolge der Cosmas- und
Damianflut von 1509 die Emsschleife bei Emden
verlassen hatte, wieder in das alte, unter Emden entlangführende
Emsbett zu leiten. Dieses erste große
Strombauwerk hatte jedoch keinen Bestand und in
der Folgezeit verlandete der alte Emslauf.
Weitere, von Emden und Emder Bürgern veranlaßte
Wasserbaumaßnahmen sind z. B. die Anlage des
Fehntjer Tiefs und des Große Fehns (1633).
Die meisten Deichbaumaßnahmen wurden hingegen
von den Deichachten durchgeführt, während viele
kleine Sielachten für den Bau und die Unterhaltung
der vielen Holzsiele zuständig waren. Größere Eindeichungen
an der Küste und an Meeresbuchten lagen
in Händen von Kapitalgesellschaften und bäuerlichen
Interessenverbänden.
Die fürstliche Verwaltung kümmerte sich speziell um
die Anfänge der Inselschutzmaßnahmen, da die ostfriesischen
Inseln zum Privatvermögen des Hauses
Cirksena gehörten.
3. Die Organisation der Wasserbauarbeiten
in der ersten preußischen Zeit
(1744-1806)
Nach dem Übergang Ostfrieslands an das Königreich
Preußen wurde auch rasch in Ostfriesland eine funktionierende
straffe Verwaltung eingerichtet, und so
gehörten zur ostfriesischen Kriegs- und Domänenkammer
in Aurich auch Bau-Offizianten. Hieraus resultierte
eine Förderung des Seehandels, der Fischerei
und der allgemeinen Landeskultur.
Als Beispiele für die Weiterentwicklung von Wasserbaumaßnahmen
seien aufgeführt:
- Einrichtung des “Seebaus“ bei der Stadt Emden,
z. B. zur Unterhaltung der ostfriesischen Inseln.
- Bau einer Feuerblüse auf Borkum (1780), Errichtung
von Kaaps auf Borkum und Rottum.
- Anlage einer neuen Zufahrt durch das Larrelter
Watt nach Emden (1768-1771).
- Erschließung von Mooren durch Kanäle, Bau des
Treckfahrtkanals von Emden nach Aurich
(1798-1800)

14
- Förderung größerer Eindeichungen, z. B. Landschafts-
oder preußischer Polder im Rheiderland
(1752).
- Ersatz von abgängigen Holzsielen durch größere
massive Siele.
4. Das Wasserbauwesen zur Zeit der
Fremdherrschaft (1806-1813)
Die holländische Zeit war zu kurz, um durchgreifende
Änderungen in der Organisation des Wasserbauwesens
hervorzurufen. Jedoch wurde Ostfriesland
als Teil der Directie Amsterdam des Rijkswaterstaats
betrachtet. In Aurich war als Repräsentant
dieser Verwaltung van Diggelen tätig und seine erste
Aufgabe bestand darin, alle Deiche und sonstige
Schutzwerke zu inspizieren und zu erfassen.
Aus der anschließenden kurzen französischen Zeit
ist die bedeutende hydrographisch-kartographische
Arbeit von C. F. Beautemps-Beaupres “Plan de 1’embouchure
de l’Ems“ erwähnenswert.
5. Preußischer Neubeginn nach der napoleonischen
Zeit
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Herbst 1813
besetzte Graf Carl von Wedel aus Loga Ostfriesland
und kündigte die Rückkehr der preußischen Herrschaft
an. Bereits unter dem 18. November 1813 befindet
sich im Staatsarchiv zu Aurich ein Handschreiben,
daß “der ehemalige königliche preußische
Kammer- Präsident Herr von Bernuth berufen wurde,
die Geschäfte des Präfekten für die Provinz Ostfriesland
zu übernehmen und er sich derselben von
heute an unterzogen hat“.
Das “hohe Civil-Gouvernement zwischen Weser und
Eins“ bildete im März 1814 eine “Landesdirektion
Ostfriesland“, die unter der Leitung des Landesdirektors
von Bernuth die gesamte Verwaltung
der Provinz in Polizei-, Steuer- und Domänenangelegenheiten
übernahm. In erster Linie wurde auf bewährte
Beamte der vorangegangenen französischen
und niederländischen Zeit zurückgegriffen, die teilweise
sogar vor 1807 (Friede von Tilsit) auch schon
in preußischen Diensten gestanden hatten. Um sicher
zu gehen, daß auch alle Beamten ihren Dienst
loyal versehen würden, beurteilte der Landesdirektor
von Ostfriesland unter dem 25. November 1814 alle
105 Beamte seines Direktionsbereiches. Hier taucht
auch der Name Johann Niclas Franzius auf, der damals
bereits 53 Jahre war und schon seit 1785 Dienst
in ostfriesischen Wasserbauverwaltungen getan hatte.
Seine Beförderung zum Baudirektor in der Provinz
Ostfriesland wurde unter dem 30. November
1814 im Politischen Journal für die Provinz Ostfriesland
bekanntgemacht.
WSA Emden
Da das Aufgabengebiet des “Baudirektors in Ostfriesland“
mit dem Schwergewicht beim Wasserbau
lag und der Landbau (entsprechend dem heutigen
Hochbau) sowie der Wegebau im Vergleich hierzu
nur gewisse Nebenaufgaben darstellten, kann die
Anstellung des Baudirektors in Ostfriesland Johann
Niclas Franzius als Einrichtung der Wasserbauverwaltung
in Ostfriesland angesehen werden.
Dieses Datum sollte zwar nicht zu einem Gründungsdatum
der Wasserbauverwaltung in Ostfriesland
hochstilisiert werden; es markiert aber doch ein
wichtiges Datum der staatlichen Wasserbauverwaltung
in Ostfriesland.
Um eine einheitliche Verwaltung des Land- und
Wasserbaus sowie des Deich- und Sielwesens zu
erreichen, wurde die Provinz in vier Baukreise eingeteilt.
Fast gleichzeitigwurden die Beförderungen
im Politischen Journal für die Provinz Ostfriesland
ausgesprochen, nämlich
- 26. September 1814 - Bauinspector Remmers,
Bezirk Norden
- 26. September 1814 - Bauinspector Börner,
Bezirk Esens
- 4. November 1814 - Bauinspector Kettler,
Bezirk Emden
- 4. November 1814 - Bauinspector Reinhold,
Bezirk Leer. (Abb. 1)
Dieses waren sogenannte “Einmannbehörden“ ohne
weiteren Unterbau. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben
bedienten sie sich der Siel- und Deichachten, Städte
und Ämter. Sie hatten in ihrem Dienstbereich die
selbständige Leitung der Land- und Wasserbauaufgaben
und waren der Landesdirektion direkt unterstellt.
In der Stadt Emden war selbst der Stadtbaumeister
Nanninga durch Verfügung der Aufsicht und
Leitung des Bauinspektors Kettler untergeordnet.
Die Bauinspektoren führten als Vorgesetzte die Aufsicht
über die Deich- und Sielachten. Sie hatten zusammen
mit den Deichinteressenten jährlich einen
Deichbauetat aufzustellen, sie überwachten die Ausschreibungen
und Verdingungen der Bauarbeiten als
zuständige Ortsbehörde und schauten mindestens
zweimal im Jahr die Deiche und Siele, um anschließend
der Landesdirektion darüber ausführlich zu
berichten.
Seit 1815 bestand eine “Commission zur generalen
Deich-, Siel- und Inselbereisung“, der der Baudirektor
Franzius angehörte und die jährlich eine Bereisung
durchführte, um die notwendigen Maßnahmen
zum Schutze der Inseln und der Küste festzulegen.
Es bestanden damals in Ostfriesland 36
Deichachten mit 60 Deichrichtern. Dazu kamen 85
Siele oder Schleusen und ebensoviele Sielachten mit
118 Sielrichtern.

WSA Emden 15
Abb. 1: Öffentliche Bekanntmachung der Beförderung von Domäneninspektor Franzius zum “Baudirektor in der Provinz Ostfriesland“. Diese
Beförderung kann als Gründungsakt der ostfriesischen Wasserbauverwaltung seit 1814 angesehen werden.
6. Die Ostfriesische Wasserbauverwaltung
im Königreich Hannover
Am 15. 12. 1815 erfolgte aufgrund der Konvention
von Reichenbach die Übergabe Ostfrieslands von
Preußen an das Königreich Hannover. In der Provinz
Ostfriesland blieb zunächst alles beim alten. Die
Landesdirektion wurde im Juni 1817 in “Provinzialregierung“
und im Mai 1823 in “Landdrostei
Aurich“ umbenannt. Der Baudirektor Franzius blieb
jedoch weiterhin im Amt, ebenfalls seine Bauinspektoren.
Vom 12. April 1818 datiert die erste strom- und schiffahrtspolizeiliche
Bekanntmachung der Königlichen
Großbrit.-Hannoverschen ProvinzialRegierung zu
Aurich, “Das Ruinieren, Stehlen und Absägen der
Stechbaken am Fahrwasser und hinter Nesserland
betreffend“. Vor “fernerer Ausübung eines solchen
Unfugs“ wurde gewarnt und man wollte die “Strenge
der Gesetze“ anwenden. “Demjenigen, welcher
einen solchen Fall erweislich denunziert...“, sollte
eine Belohnung von 5 Reichstalern zuerkannt werden.
Abb. 2
Abb. 2: Die erste schiffahrtspolizeilicheAnordnung nach derNeuordnung der Wasserbauverwaltung. “Stechbaaken“entsprechen unseren
heutigen Prikken.

16
Mit dem „Reglement für die neu zu errichtende „General-Direktion
des Wassserbaus“ wurde am 18.
April 1823 eine Art Landesoberbehörde geschaffen,
die direkt dem honnoverschen Staats- und Kabinettsministerium
unterstellt war. Bei dieser General-Direktion
des Waserbaus lag die technische Leitung
aller Wasserbausachen, während in das Aufgabengebiet
der Landdrostei weiterhin die Deich- und
Strompolizei, die Aufsicht über die Benutzung der
öffentlichen Gewässer für Schiffahrt, Fischerei,
Mühlenbetriebe und Meliorationen blieb. Auftauchende
technische Fragen waren gemeinsam mit der
General-Direktion zu überarbeiten.
Durch das “Regulativ, einiger näherer Bestimmungen
über das Verfahren in Wasserbausachen“ vom
17. Oktober 1826 war zwar die Position der Landdrostei
und der Baukreise in Wasserbausachen gestärkt,
die technische Leitung bei großen Wasserbauten
lag aberweiterhin bei der General-Direktion
des Wasserbaus, während die polizeilichen Funktionen
bei der Landdrostei verblieben.
Im Jahre 1830 wurden die königlichen Bauinspektionen
in “Kgl. Wasserbauinspektionen“ umbenannt
und die “zeitige königliche Wasserbaudirektion von
Ostfriesland“ (Amtsinhaber war bis zu seinem Tode
am 26. Mai 1826 der Baudirektor Franzius) nannte
sich künftig “Königliche Wasserbaudirektion“. Darüber
stand immer noch die „General-Direktion des
Wasserbaus in Hannover“.
Die Revolution von 1848 erzwang auch im Königreich
Hannover eine Trennung der Verwaltung von
der Rechtspflege und die Aufhebung der Patrimonial-Gerichtsbarkeit.
So ordnet die “Verordnung, das
Wasserbauwesen betreffend“ vom 1. September 1852
die Angelegenheiten des Wasserbaus neu. Man ging
dabei von den drei folgenden Wasserbauzweigen aus:
a) Staatswasserbau; dieses sind Wasserbauten, deren
Kosten aus allgemeinen Staatsmitteln bezahlt
wurden, wie z. B. Stromregulierungen, Hafenbauten,
b) Dominialwasserbau; Wasserbauten das Staatseigentum
betreffend, z. B. Königspolder in Emden,
c) Interessentenwasserbau; hierunter faßt man alle
Wasserbauwerke zusammen, deren Bau, Betrieb und
Unterhaltung Gemeinden, Verbänden oder Privatpersonen
oblagen und die unter der Aufsicht der Staatsbehörden
standen.
Die Königliche Wasserbaudirektion der Landdrostei
Aurich nahm in der Hauptsache die Aufgaben des
Interessentenwasserbaus wahr.
WSA Emden
Sie hatte aber auch die Entwürfe des Staatswasserbaus
zu prüfen und die Aufsicht über die Instandhaltung
und Verbesserung dieser Wasserbauten zu
überwachen. Jährlich mußte der Wasserbaudirektor
einmal an einer Hauptschau der Deiche, Siele und
Flußufer teilnehmen.
Die Aufgabe der Kgl. Wasserbauinspektionen war
die Leitung der Bauausführung aller dieser drei oben
genannten Wasserbauzweige. Diese Behörden müssen
zu diesem Zeitpunkt aus mehreren Beamten bestanden
haben.
Eine der größten Wasserbaumaßnahmen im damaligen
Ostfriesland war die Anlage des “neuen Fahrwassers“
mit der Sielschleuse in Emden. Das Fahrwasser
zwischen dem Emder Hafen und der Ems war
wegen der starken Verschlickung äußerst schlecht.
Nach der schweren Sturmflut von 1825 hatte die
Stadt Emden starke Schäden erlitten, das führte zu
Plänen, die Stadt Emden endgültig gegen Sturmfluten
zu schützen und gleichzeitig eine schon lange
angestrebte Verbesserung der Fahrwasser- und Hafenverhältnisse
zu verwirklichen. Die umliegenden
Sielachten widersetzten sich energisch den Plänen
der Stadt, weil sie eine Benachteiligung ihrer Entwässerung
fürchteten, denn die Stadt wollte auch
weiterhin die Binnenentwässerung zur Spülung der
städtischen Siele und des neu zu bauenden Fahrwassers
benutzen. Schließlich kam es im Februar 1845
unter Leitung der Landdrostei zu einer Einigung. Die
Sielachten wurden nicht zu den Ausbaukosten herangezogen,
auch wurde ihnen weitere Vorflut zugesichert.
So entstand in den Jahre 1847 bis 1849 ein
rund 3 km langes und bezogen auf Tidehochwasser
5 m tiefes Fahrwasser in gerader Richtung von der
Stadt Emden bis zur Ems. Es wurde durch eine Sielschleuse
gegen Sturmfluten abgeschlossen.
Zu einer Regulierung oder gar einem Ausbau der Ems
zwischen Greven und Emden, wie in der Wiener
Schlußakte zwischen Preußen und Hannover festgelegt,
ist es wegen der mangelnden Seeorientiertheit
des Königreichs Hannover, welches dazu auch noch
Rücksichten auf die maritimen Interessen des mit
ihm in Personalunion verbundenen Königreichs von
Großbritannien nehmen mußte, nicht gekommen.
Lediglich der Bau der Westbahn 1851 bis 1856 fällt
in diesen Zeitraum und schaffte für Ostfriesland eine
leistungsfähige Verkehrsverbindung ins aufstrebende
Ruhrgebiet. Die Beamten dieser Baumaßnahme
müssen aber nicht dem Wasserbau,sondern der
Staatsbahn zugerechnet werden, obwohl alle 70
Brücken auf der Strecke zwischen Lingen und Emden
von dem “Wasserbauinspektor“ Buchholz betreut
wurden.

WSA Emden 17
7. Die Seebaukommission (Seezeichenwesen)
Noch in preußischer Zeit wurde der Bauinspector
Kettler zu Emden im Jahre 1815 durch die Landesdirektion
Ostfriesland aufgefordert, eine Reise nach
Borkum und zur See zu machen, um die Betonnungsund
Uferverhältnisse auf der Ems und der Insel Borkum
zu begutachten. Aufgrund des Bereisungsprotokolls
wurde eine Kommission für das Seebauwesen
noch durch eine Anweisung des Civil Gouverneurs
zu Münster angeordnet und am 20. November
1815 wurde die Seebaukommission durch den Baudirektor
Franzius in Emden eröffnet. Sie bestand aus
folgenden Mitgliedern:
- Bauinspector Kettler
- Justizrat Rösing (Stadt Emden)
- Kaufmann Mettger (Stadt Emden)
- Hafenmeister Tanger.
Am 4./8. Dezember 1815 wurde die Kommission von
Münster aus bestätigt. 1823 übernahm die königliche
General-Direktion des Wasserbaus in Hannover die
oberste unmittelbare Leitung des “Ostfriesischen
Seebaus“ (Seezeichenwesen).
Die Stadt Emden hatte durch ein Privileg des Grafen
von Ostfriesland seit 1539 die “Fürsorge über
den Emsstrom“. Sie legte Tonnen aus, setzte Baken
und betrieb den 1574 bis 1576 auf Borkum gebauten
Leuchtturm. Dafür zog sie das Tonnen- und
Bakengeld, auch Emszoll genannt, ein. Dies Geld
diente zur Bestreitung der “Seebaukosten“. Während
der französischen Besatzungszeit ging der Stadt dieses
Geld verloren, doch auch die preußische und später
die hannoversche Staatskasse vereinnahmten dieses
Geld weiter. Der Stadt Emden ließ man lediglich
einen Ausgleich von 6600 Reichstalern jährlich zukommen.
Aber seit 1818 bestimmte die hannoversche
Staatsregierung ausdrücklich, den “Seebauetat“ aus
öffentlichen Mitteln zu bestreiten.
Die Seebaukommission hatte für die Sicherheit der
Schiffahrt auf der unteren Ems und an der gesamten
Ostfriesischen Küste von der Grenze des Groninger
Wattes bis zur Insel Wangerooge (ausschließlich) zu
sorgen. Da sich die Sande in der Ems stark änderten,
mußte die Kommission alljährlich die sogenannte
“Inselreise“ machen, um die richtige Lage der
Seezeichen zu begutachten. Der Küsten- und Inselschutz
selbst gehörte nicht zum ostfriesischen Seebau.
Für das Jahr 1819 wies der Seebauetat folgende
Hauptpositionen auf:
a) Tonnen und Baken 4681, 24 Reichstaler
b) Unterhalt der Seebeleuchtung und
der Baken auf Borkum 2566,15 Reichstaler
c) Unterhaltung der Seehafenanstalten
in Emden 2675,00 Reichstaler
gesamt rund 10 000,00 Reichstaler
(Abb. 3)
Im Jahre 1817 wurde ein neues Feuer auf dem
Leuchtturm in Borkum in Betrieb genommen; man
löschte die alte Kohlenblüse und stellte 27 Argandsche
Lampen mit Parabolspiegeln auf dem alten
Leuchtturm auf, deren Sichtweite rund 6 Seemeilen
betrug.
Jährlich wurden rund 40-70 hölzerne Seetonnen in
der Außenems verlegt und kontrolliert. Dazu kamen
2100 bis 2500 Stechbaken. Sie entsprachen in etwa
unseren heutigen Pricken, hatten aber häufig ein
aufwendig aus Weidengeflecht hergestelltes Toppzeichen
und mußten jährlich neu gesteckt werden.
Als 1830 der Kaufmann Mettger aus der Seebaukommission
ausschied, wurde diese Stelle nicht neu
besetzt, da “die Erneuerung der Seebaukommission
auf sich beruhen solle“. In den folgenden Jahren lag
die Leitung allein in Händen des Wasserbauinspektors
Kettler zu Emden.
Durch Erlaß der General-Direktion des Wasserbaus
in Hannover lebte die Seebaukommission im Februar
1861 wieder auf. Sie nannte sich jetzt “königliche
Seebaukommission“ und bestand neben dem Wasserbauinspektor
zu Emden, der für die technischen
Fragen zuständig war, auch aus einem Verwaltungsbeamten,
den von der General-Direktion berufenen
Amtsassessor Backhausen. Die Aufgaben der sich
am 1. März 1861 “konstituierenden“ königlichen
Seebaukommission waren im Handbuch für die Provinz
Ostfriesland folgendermaßen umrissen:
“Verwaltung der Schiffahrtssachen“
Diese umfaßt die Angelegenheit der Leuchtfeuer, wie
Betonnung und Bebakung der schiffbaren Flüsse,
Küsten und Watten.
Für Lagerung und Unterhaltung der Seetonnenwar
ein Teil des städtischen Bauhofes in Emden von der
Königlichen Wasserbauinspektion gemietet. Zur Sicherheit
der Schiffahrt wurden schon damals “Bekanntmachungen
für Seefahrer“ von der Königlichen
Wasserbauinspektion Emden herausgegeben.
Die Emslotsen waren aufgrund ihrer Statuten verpflichtet,
die königliche Seebaukommission in nautischen
Fragen zu beraten.

18
WSA Emden
Abb. 3: Ausschnitt aus der “Karte zum Ein- und Aussegeln in die Oster- und Westerems... „;entworfen in den Jahren 1824-1828 durch die
Schiffer P. 0. Visser und J F. Harnack. Dargestellt ist u. a. die schlechte Fahrwassersituation der Stadt Emden am ehemaligen Emsbogen sowie
der “Alte Leuchtturm“ auf Borkum mit dem ersten Lampenfeuer.

WSA Emden 19
Der Oberlotse hatte den Betonnungs- und Bebakungsdienst
zu überwachen, er führte unter der oberen
Leitung der Seebaukommission das Kommando
über den Tonnenbojer und die Bakenstecher. In nautischen
Fragen unterstützte der Oberlotse die Seebaukommission
durch Erteilung von Gutachten.
Eine wichtige Aufgabe in all den Jahren war die Pflege
der „Convention von Harlingen vom 03. 09./23.
09.1781“, einem deutsch-niederländischen Seezeichenvertrag,
der die Errichtung, den Betrieb und die
Unterhaltung von Seezeichen auf beiden Seiten der
Emsmündung regelte. Dieser Vertrag wurde neunmal
um 10 Jahre verlängert und 1857 konnte erreichtwerden,
daß die ursprünglich abgabenfreie Niederlande
sich an den Unterhaltungskosten mit 9500
Gulden pro Jahr beteiligten.
Nach der Übernahme Ostfrieslands durch Preußen
im Jahre 1866 wurde die königliche Seebaukommission
am 1. April 1871 aufgehoben. Das Aufgabengebiet
des ostfriesischen Seebaus ging auf die
Baukreise Emden, Norden und Esens über. Im letzten
Jahr ihres Bestehens betreute sie
- den Leuchtturm Borkum
- die Laterne zur Knock
- ein Kaap auf Rottum
- drei Kaaps auf Borkum
- sämtliche Tonnen, Bojen und Baken bis zur
Harle;
die ostfriesischen Seegaten waren inzwischen zu
sätzlich betonnt, so lagen in der
- Harle 5 Tonnen
- Otsumer Balje 2 Tonnen
- Accumer Ee 1 Tonne
- Wichter Ee keine Tonne
- Norderneyer Seegat 5 Tonnen.
8. Die preußische Wasserbauverwaltung
in Ostfriesland ab 1866
Nach der Annexion des Königreichs Hannover durch
Preußen im Jahre 1866 wurde das Fürstentum Ostfriesland
mit „Patent wegen Besitzname des vormaligen
Königreichs Hannover“ in die Staatsverwaltung
Preußens eingegliedert. Die königliche Landdrostei
in Aurich blieb zunächst bestehen.Doch wurde
die Preußische Bauverwaltung mit Erlaß vom 27.
September 1869 neu geordnet.Dabei bezog man sich
auf die Grundsätze des königlichen Erlasses vom 7.
Januar 1850. Es wurden Baukreise geschaffen, die
sich, wie in Preußen üblich,mit Land- Wasser und
Chausseebau beschäftigten.
Bei der Landdrostei wurden Regierungsbauräte eingesetzt.
Am l. April 1871 wurde die General-Direktion des
Wasserbaus in Hannover aufgelöst. Die Befugnisse
für den Staatswasserbau und den Interessentenwasserbau
gingen auf die Landdrostei in Aurich
überr; der Dominialwasserbau fiel an die Finanzdirektion
Hannover. Wasserwege- und Landbau (entspr.
Hochbau) sowie der Chausseebau hatten eine
einheitliche technische und administrative Spitze im
preußischen Ministerium für Handel, Gewerbe und
öffentliche Arbeiten in Berlin.
Als letzte große Tat hat die General-Direktion des
Wasserbaus in Hannover - noch in hannoverscher
Zeit begonnen und in preußischer Zeit beendet - eine
dreiteilige Seekarte der Emsmündung und des ostfriesischen
Wattenmeers herausgegeben; diese Karte
hält auch heute noch wissenschaftlichen Kriterien
stand und diente als Grundlage für viele Planungen
im Küstenbereich.
Das preußische Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung
vom 30. Juli 1883 bewirkte, daß ab 1.
April 1885 die Landdrostei Aurich in „Regierung in
Aurich“ umbenannt wurde. Gleichzeitig fand eine
Trennung des Ingenieurbauwesens vom Hochbau
statt (01. 05. 1884). Auf Ortsebene wurden die Wasserbauinspektionen
Leer, Emden, Norden und Wittmund
(Wittmund nahm insbesondere Bauaufgaben
des Kriegshafens Wilhelmshaven wahr und die Wasserbauinspektion
wurde 1888 auch dorthin verlegt)
eingerichtet. In der Mittelbehörde gab es keine durchgreifende
Änderung. In diese Zeit fiel 1881 bis 1888
der Bau des Ems-Jade-Kanals von 1892 bis 1899
mit dem Ausbau des Emder Hafens und der umfassenden
Neuordnung der Entwässerung im Bereich
der Stadt Emden. Es schloß sich der Bau des Dortmund-Ems-Kanals
an und in diesem Zusammenhang
wurde der Emder Hafen zur „deutschen Rheinmündung“
ausgebaut.
Aufgrund des Reichsgesetzes über die Untersuchung
von Seeunfällen vom 27. Juli 1877 wurde in Emden
für die ostfriesische Küste einschließlich Papenburg
ein Seeamt errichtet, das aber dem Oberpräsidenten
als Aufsichtsbehörde unterstellt war.
1910 wurden die Wasserbauinspektionen in „Wasserbauämter“
umbenannt.
9. Weitere Entwicklung
des Seezeichenwesen in Ostfriesland.
Eine etwas eigenständige Entwicklung nahm seit
Gründung des 2. Deutschen Reiches das Seezeichenwesen.
Mit der neuen deutschen Reichsverfassung
von 1871 und einem verfassungsändernden

WSA EMDEN 21
1903
1904
1907/13
1911/28
1907/23
Herbrum, Durchstiche bei Rhede und
Tunxdorf, Kurvenbegradigung bei Brual
sowie Buhnenbauten
Bau der Seeschleuse Leer
Fertigstellung der Seeschleuse in Papenburg
Bau der neuen Seeschleuse von Emden
einschließlich des neuen Binnenhafens
Nachregulierung der Unterems mit drei
Durchstichen bei Mark, Pottdeich und
Coldamm
Eindeichung des Larrelt-Wybelsumer­
Polders mit rund 1600ha für die Ablagerung
von Baggergut aus der Hafen- und
Emsbaggerung,
11. Die ostfriesische Wasserbauverwaltung
nach dem 1. Weltkrieg
bis zur Gegenwart
Der Regierungspräsident in Aurich sowie die Wasserbauämter
in Emden, Leer und Norden blieben
nach dem 1.Weltkrieg bestehen.Aufgrund der Forderung
der Weimarer Reichsverfassung wurden
Wasserstraßen, die mehr als 50 000 t Jahresfracht
aufwiesen, aufgrunddes"Staatsvertrages, beteffend
den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern
aufdasReich"am 1.April 1921 zu Reichswasserstraßen.
Die Leitung dieser Reichswasserstraßen wurdezwardem
Reichs- und preußischen Verkehrsministerium
übertragen, undvondort erhielt auch der
Regierungspräsident in Aurich seine fachlichen
Weisungen und die entsprechenden Haushaltsmittel,
die gesamte weitereVerwaltungsstruktur blieb
jedoch bestehen.
Erst in der ZeitdesNationalsozialismus wurde 1940
beim Regierungspräsidenten inAuricheine ,,AbteilungWasserstraßenverwaltung''
gebildet, diedirekt
dem Reichs- und preußischen Verkehrsministerium
unterstand. Am 01.10.1941übernahm dannder
"Generalinspekteur für Wasser und Energie" die
direkte Weisungsbefugnis gegenüberderAbteilung
Wasserstraßenverwaltung, im Zugedieser Umstellung
wurden aus den Landesbeamten in der Ortsund
Mittelbehörde Reichsbeamte, Funktion und
Aufgabe der Mittelinstanz in Aurich blieb jedoch
erhalten. Ebenfalls überdauerte die Verwaltungsstruktur
auf Ortsebene und in der Mittelinstand
nach 1945 die britische Besatzungszeit. Die Ortsämter
wechseltenallerdingsmehrfach den Namen:
- ab 1940 Wasserstraßenamt
- ab 1947 Seewasserstraßenamt
- Anfang 1949 Wasserstraßenamt
ab 1. Nov. 1949Wasser- und Schiffahrtsamt
Emden,Leerund Norden; diese
fungieren allerdings zunächst
noch als Landesbehörden.
Inzwischen hatte sich dasLand Niedersachsen und
die Bundesrepublik Deutschland konstituiert, für
den Regierungsbezirk Ostfriesland wurden jedoch
die Bundes- und Landesaufgaben noch einheitlich
vom Regierungspräsidenten in Aurich wahrgenommen.
Nach Überführung der Bundeswasserstraßen in die
Verwaltung des Bundes wurde am 1. November
1952 die Wasser- und Schiffahrtsdirektion Aurich
gegründet. Da sie sich größtenteils aus Beamten
desRegierungspräsidentenAurichbildete, die"ihre
Aufgaben mitnahmen" und das Land Niedersachsen
keine neue niedersächsische Hafenverwaltung
in der Ortsinstanz aufbauen wollte, wurden der
Wasser- und Schiffahrtsdirektion Aurichdurch die
sogenannte Küstenvereinbarung alle Aufgaben
übertragen, die "schon bisher ohne einen förmlichen
Auftrag des Landes" von ihr wahrgenommen
wurden. Hierzugehörten insbesondere dieVerwaltung
desHafens Emden,dieInselversorgungshäfen
sowie die Hafenpolizei in Ostfriesland und der
seeseitige Inselschutz auf den Ostfriesischen Inseln.
Am 1.Januar 1976wurdendieBereiche derWasserund
Schiffahrtsdirektionen Aurich und Bremen
zur Wasser- und Schiffahrtsdirektion Nordwest mit
Sitz in Aurich zusarnmengefaßt. In Fortführung
dieser Neuorganisation folgte mit Wirkungvom 1.
Februar 1978die Zusammenfassung der ostfriesischen
Wasser- und Schiffahrtsämter Emden, Leer
und Norden zu einem großen Wasser- und Schiffahrtsamt
Emden.
Nach und nachwurdenauch dieoriginärenLandesaufgaben
an niedersächsische Wasserbaudienststellen
zurückübertragen. so
- 01. 04. 1979 Übergabe des gesamten seeseitigen
Inselschutzesaufden Ostfriesischen
Inseln an dasjetzige
Staatliche Amt für Insel- und
Küstenschutz in Norden
- 01. 05. 1980/ Abgabe der Hafenverwaltung an
31. 12. 1984 dieNiedersächsichenHafenämter
Emden und Norden.
Wennsich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen
die Wasserbauverwaltung in Ostfriesland in
eine Landes- und Bundeskompetenz aufteilt, so
korfnte doch nachgewiesen werden, daß sie geschichtlich
gesehenaus einer Wurzel stammt, und
so hat sich dasWasser- und SchiffahrtsamtEmden
als einzigeim Wasserbau tätige Bundesbehörde für
Ostfriesland herausgebildet. In den nachfolgenden
Abbildungen werdendiedreiehemaligenDienstgebäude
vorgestellt. Abb. 5-7

22 WSA EMDE N
Abb.5: WSAEmden. In denbeidenaus dem vorigenJahrhundert stammenden Gebäuden am Alten Binnenhafen befindetsich heute das Niedersächsische
Hafenamt Emden
Abb. 6: WSA Norden. Das ehemalige Gebäude des WSA Norden an der Bahnhofstraße ist heute Sitz des Niedersächsischen Hafenamtes Norden
Aufnahme Nds. Hafenamt Norden

WSA EMDEN 23
Abb. 7: WSA Leer. Im ehema ligen Dienstgebäude des WSA Leer an der Ledastraße sind heute Firmen untergebracht
Aufnahme WSA Emden, Archiv
11. Das Seezeichenwesen
1. Die Seezeichen der Ems bis 1814
"Navigation" - die Bestimmung von Standort und
Kurs auf See - war in frühester Zeit nur in Küstenoder
Inselnähe möglich. Das Segeln unter der Küste
war wegen der Gezeiten, Sandbänke und Strömungen
sowieder völligen Abhängigkeitvon Wind
und Wetter sehr gefährlich. Man benötigte gute
Ortskenntnisse oder - nach Einführung des Kompasses
um 1300 - Segelanweisungen oder
zumindest Beschreibungen der Küste. Zur Orientierung
dienten auffällige Punkte an Land, Bäume,
Kirchen und Häuser und auf den Inseln
insbesondere auch die unterschiedlichen Dünenbildurigen.Ansichten
der Inseln von See her, sogenannte
.Vertoonungen ", ergänzten die Beschreibungen
in den Segelhandbüchern. Abb.1
Diesenatürlichen oder zufälligvorhandenen Merkmale
der Küste reichten zum Erkennen der Gegend
zunächst noch aus. Um jedoch die weiter landeinwärts
liegenden Häfensicher erreichen zu können,
mußte das Fahrwassermit zusätzlichen festen oder
schwimmenden Markierungen gekennzeichnet
werden.
In der Regel waren es die an Handel und Schiffahrt
interessierten Hafenstädte oder Landesherren, die
diese Schiffahrtszeichen errichteten. An der Ems
waren es aber auch diejenigen, die auf eine andere
Weise am Handel profitierten: die Seeräuber Claus
Störtebekers, die Harnburgs Seehandel empfindlich
störten. Sie erhöhten um 1400den Kirchturm
ihres Schlupfwinkels Marienhafe als Seezeichen
und Ausguck und ließen das Dach der Kirche mit
Blei und Kupfer decken. Ihre Beute verkauften sie
in Emden, bis sie durch die Hamburger besiegt
wurden.
Emden - zwischenzeitlich durch Harnburg beherrscht
- erhielt 1494 durch Kaiser Maximilian I.
dasStapelrecht. Dieses Rechtzwangalle Schiffe, die
an dieserStadt vorbeisegelten.ihre WarendreiTage
lang zum Verkaufanzubieten. Es förderte Emdens
Wohlstand, und 1536 begannen die Emder, selbst
große Schiffe zu bereedern, deren Ziel die Häfen
Spaniens, Frankreichs und der Ostseeländerwaren.
Zur Unterstützung dieses Handels beauftragte der
ostfriesische Landesherr Graf Enno Ir. 1539 die

24 WSA EMDEN
Abb.1: Vertoonungender ostfriesischen Inseln, um 1760.
Baken zu bezeichnen und dafür von den Schiffern
ein Tonnengeld zu erheben. Abb. 2
Der Kampf der benachbarten Niederlande gegen
Spanien, der 1566begann und über 80Jahre dauerte,
dieLage an der Emsalsdamalssicherstem Strom
an der Nordseeküste und der in den 30er Jahren
begonnene großzügige Ausbau des Hafens brachten
der neutralen Stadt Emden einen faszinierenden
Aufschwung des Seehandels. Emden wurde
größter Getreidehafenund 1.MarktdesKontinents
und hatte um 1570 mehr Schiffeals England unter
Königin Elisabeth 1.
Diesem gesteigerten Schiffsverkehr genügte der
kleine Kirchturm auf Borkum als wichtigster Ansteuerungspunkt
der Ems nicht mehr. Emder
Schiffer und solche benachbarter Städte forderten
daher den Bau eines .neiien Thoren op Borccum"
für jene, "die Handel und Schiffahrt mit Emden
treiben bzw. beiSturm und Unwetterin der Westeroder
Osterems Schutz suchen, zur besseren Ansteuerung
und Kennzeichnung der Insel, wenn sie
aus der wilden See auf die Insel zu segeln, damit
Unheil und Gefahr für Leib, Schiffund Gut, soweit
menschenmöglich, vermieden werde". Abb.4
Senat und Bürgerschaft der Stadt Emden bauten
daher 1576auf dem Standort des Kirchturms einen
41 m hohen Turm, den jetzigen Alten Leuchtturm,
dessen Dacheine 9 m hohe schiefergedeckteSpitze
bildete. Um die Kosten für den Bau des Turmes zu
decken, erhoben die Emder eine Schiffahrtsabgabe,
ein sog. .Lastengeld". Für jede 1000 kg (= 1/2 Last)
Nutzladung eines Schiffes mußten 20 Steine des
Turmes bezahlt werden. Das kostete 0,15 Gulden,
nach heutigem Wert etwa 8,30 DM. Ein großes
Schiffvon 50 Last = 100 t mußte dementsprechend
15 Gulden (= 830 DM heute) Lastgeld bezahlen.
Die wirtschaftliche Blüte Emdens im 16.
Jahrhundert dauerte nurwenige Jahrzehnte. Unerschlossene
und kaum besiedelte Gebiete im Süden
bildeten ein schlechtes Einzugsgebiet, und undurchdringliche
Moore verhinderten einen regen
und nachhaltigen Warenaustausch mit dem entfernteren
Hinterland.
Die Veränderung der politischen Verhältnisse in
den Niederlanden und in Deutschland während des
3Qjährigen Krieges führten zum wirtschaftlichen
Niedergang der Stadt. Die Zufahrt zum Hafen verschlechterte
sich katastrophal, als die Ems - durch
eine Sturmflut eingeleitet - ihr Bett verlegte, und
beschleunigte diese Entwicklung noch.
Emden war jedoch bestrebt, die Ansegelurig der
Ernsm ündung weiter zu erleichtern und errichtete
1628auf Borkum ein hölzernes Kaap, als Peilersatz
für die inzwischen verwehte Wolded ünen-Cruppe.
1634 setzte man nördlich des Turmes ein zusätzliches
zweites Kaap. In Deckpeilung mit dem Turm
gab dieses Kaap die Lage der Außentonne der Osterems
an. Bisher fand der Seemann diese Tonne,
indem er versuchte, bei klarer Sicht durch die beiden
sich gegenüberliegenden, damals offenen
Rundbögen an Nord- und Südseite des Turmes zu
sehen. Abb.5
Das hatte u. a. eine entscheidendeVerbesserungdes
Seezeichenwesens auf der Ems zur Folge.Während
hier die Schiffebisher nur tags segelten und nachts
ankerten, hatte man die Zufahrten anderer Häfen
schon einige Jahrzehnte "befeuert" und damit deren
Nachtschiffahrt ermöglicht.
Dies strebte die Stadt Emden auch für die Ems an
und errichtete deshalb 1780 auf Borkum beim
Nordkaap eine Feuerbakeoder "Blüse". Dieses 11 m
hohe und im Sommer 1792 auf 14,5 m erhöhte
Pfahlgerüst schloß mit einer quadratischen Plattform
ab, auf die eine Backsteinschicht aufgemauert
war. In ihre Mitte stellte man einen etwa 50 cm
großen, viereckigen Feuerkorb mit grobem Eisenrost.
Die Einrichtung diesesoffenenFeuers gab dieStadt
Emden in deutschen, englischen und niederländischen
Zeitungen bekannt. Es wurde am 15. 12.
1780 zum erstenmal angezündet, befand sich etwa

28 WSA EMDEN
AM. 9: Repsold'sche Laterne von 1817.
Abb. 10:Grundrißder Laternevon 1817.
DerBetriebdes Leuchtfeuers war zwei besonderen
"bei der See-Beleuchtung auf der Insel Borkum
angestellten Lampenwärtern" übertragen worden.
Das Einwohnerverzeichnis von 1818nennt Eildert
Janssen,Feuerwärter,undJan Engelking. Lampenwärter,
.
1816 gingen die Seezeichen der Stadt Emden an
den hannoverschen Staat über. Die Seebeleuchtungsanstalt
und dieLampenwärterwurdendemin
Emden wohnenden Wasserbau-Inspector unter-
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Abb.11: DerAlte Turm mit derLaterne von 1817.
stellt. Die Dienstaufsicht auf der Insel war dem
Amtsvoigt aufgetragen, und nach 1844 gehörte es
zu den Pflichten des Tonnenlegerkapitäns. des
.Tonnenboyers", bei seinen Aufenthalten auf der
Insel das Leuchtfeuer zu "visitieren".
Zu den Nebenaufgaben der Lampenwärter gehörten
unter anderem die bauliche Überwachung der
"herrschaftlichen Kaapen auf dem Ostlande und
dem Westlande", sowie die Aufsicht über Helmpflanzungenodersonstiger,von
Zeitzu Zeitauszuführender
Inselschutzarbeiten.Später kamenauch
dieÜberwachung des"Weide-Reglements" ("... daß
dasauf der Inselweidende Vieh den Dünen nicht zu
nahe komme und selbige beschädige.") und die
Beobachtungvon Strandungen hinzu.
2.2 Umbau des Leuchtfeuers auf
Fresnelsystem 1857
1857wurde der Argaridsehe Parabolenapparat auf
dem BorkumerTurm außer Dienstgestellt und die
Repsoldsche Laterne demontiert. An seiner Stelle
ließ die "Königlich Großbritannisch-Hannoversehe
Generaldirection des Wasserbaus" eine neue
eiserne Laterne mit kegeligem Dach auf der Platt­

-
WSA EMDEN 29
Abb.12: Aller Leuchtturm mit der Laterne von 1857.
form errichten, die den Turm etwa um 3-4 m erhöhte.
Abb. 12
Nach amtlichen Angaben war der Turm danach
45 m hoch und das Feuer 39,5 m über dem Erdboden
bzw. 40,8 m über dem Stand des Hochwassers.
Wegen der geringen Höhe des Turms wurde ein
.Katadioptrischer Fresnelscher Leuchtapparat 11.
Classe" durch die Fa. Veitmeyer, Berlin, eingebaut,
dessen Glasteile als Zollware von Paris nach Borkum
geliefert wurden. Erst ein Jahr vorher, 1856,
war die Bahnlinie der Hannoverschen Westbahn
von Rheine zur Stadt Emden gebaut worden. Vorher
war Emden nur über eine Postkutschverbindung
zu erreichen. Von hier ging es per Segelfährschiffzur
Insel, auf der es noch keinen Anleger gab.
Die Optik bestand aus einer katadioptrischen Gürtelleuchte
von 700 mm Brennweite,die den ganzen
Horizont mit einem festen, weißen Licht beleuchtete,
jedoch nach See (180 0 von W über N nach 0)
und emsaufwärts (etwa 60 0 von SOzS über S bis
SSW 112 W) heller leuchtete als in die übrigen Richtungen.
Siewaranscheinend nicht nach allen Richtungen
voll ausgebildet. Abb. 13
Als Lichtquelle diente eine dreidochtige Öllampe,
die stündlich etwa 350 g Rüböl verbrannte. Nach
Angaben der LandgendarrneriesectionBorkum,die
den Dienst der 3 Leuchtfeuerwärter überwachte,
mußten die Dochte nahezu täglich neu eingezogen Abb.i3:Leuchtapparatll. Classedes LT"Hohe Weg"von1856, derdem
werden. des Borkumer Turms sehr ähnlich war.

WSA EMD EN 31
Abb. 15: Großer Leuchtturm Borkum im Bau. Aufna hm e WSA Emden, 1879

32 WSA EMDEN
Die Niederlande beteiligten sich an den Baukosten
des Turmes (263203,63 Mark) mit gut einem Drittel.
Wie schon sein Vorgänger, der Alte Borkumer
Leuchtturm, diente und dient der Große Leuchtturm
auf Borkum als . Seefeuer" zur Orientierung
der an den Inseln vorbeifahrenden Schiffahrt.
Die Einrichtung und die Merkmale des Seefeuers
wurden im Laufe der Jahrzehnte mehrfach verändert.
Gegenwärtig zeigt esmit einer Glühlampevon
1500 Watt eine Blitzkennung (Blz. Gr. 2) und erreicht
eine Tragweite von etwa 24 Seemeilen bzw.
45 km. Abb. 15-17
Seit 1891 trug der Große Leuchtturm in einem Seitenfenster
auf etwa halber Höhe verschiedene
Quermarken- und Leitfeuer. Das zuletzt dort gezeigte
Leitfeuerfür die Westeremswurde 1982 wegen
Verlegen des Fahrwassers gelöscht.
Abb. 16: Der Große Leuchtturm aufBorkum.
Abb. 17: Ansicht der Leuchte nach einem ersten Umbau 1908-1936.
Seit Juni 1989zeigt der Turm im .Blumenfenster"
eine kleine Quermarke "Westerems", F. rot/weiß/
grün, ein Präzisionssektorenfeuer mit einer 70 W
Halogenlampeund 75 000 Candela im weißen Sektor
zur Kennzeichnung des Kurswechsels von der
Westerems in das Randzelgat. Abb. 18
Abb. 18: Quermarkenfeuer "Westerems " im Seitenfenster des Borleumer
Großen Leuchtturms. Aufnahme WSA Emden

36 WSA EMDEN
6.1 Leuchtfeuer Rottum
Kaapen auf Rottum - eine errichtet und unterhalten
von der Stadt Emden, eine von der Provinz Groningen
- gehören zu den ersten Seezeichen der Ems
seit dem frühen 16.Jahrhundert. Noch1881genehmigte
die Königliche Regierung zu Aurich das Versetzen
des damaligen Emder Kaaps auf Rottum auf
niederländische Rechnung.
Dieersten Planungen zur Befeuerung der Ems aus
der 80er Jahren des 19. Jahrhunderts sahen wegen
der schwierigen Tiefenverhältnisse im Hubertgatfahrwasser
ein Leitfeuerauf Rottum zur Passagean
dem sogenannten .Rottumer Bült", vor. Aufgrund
der Wanderung der Sände wurde dieses Feuer jedoch
nicht eingerichtet. Erst 1903 erhielt Rottum
auf Forderung der Lotsen ein Quermarkenfeuer mit
einer eindochtigen Petroleumlampe und einem optischen
Apparat 4. Ordnung. Der Inselvogt hatte
dieses Feuer zu unterhalten. Auch der weiter west­
1ich stehende Leuchtturm der Insel Schiermonnikoog
erhielt zu deutschen und niederländischen
Lasten ein Quermarkenfeuer in einem Seitenfenster
des Turmes, zur Kennzeichnung der Hubertgateinfahrt
(1911).
Anfang1944stellte man die Quermarke Rottum auf
Blauglühlicht mit hängendem Glühstrumpf um.
Abb. 27: HeutigerZustand dergußeisemen Bake aufRot/um; dassogenannte
"Groninger Kaap " wurde 1883 errichtet.
Aufnahme Ulsamer, WSA Emden
Offensichtlichwurde das Leuchtfeuer im oder nach
dem zweiten Weltkrieg gelöscht.
Seit 1929 ist nur noch ein Kaap auf der Insel. Das
sogenannte Kleine Kaap baute man ab, da es bedeutungslos
geworden war. Abb. 27
6.2 Kleiner Leuchtturm Borkum
Aufeiner Düne an der Südwestseite der Insel Borkum
errichtete die Isselburger Hütte 1887/89 im
Auftrage der Seezeichenverwaltung einen gußeisernen
Turm mit einem Leitfeuer für die Westerems
und das Hubertgat der Ernsansteuerung.
DasBauwerkwurde aus vorgefertigten Platten hergestellt,
die vor Ort verfugt und verschraubt wurden.
Der Turm ist sechzehneckig, verjüngt sich
nach oben und schloß ursprünglich mit einer weißen
zweistockigen Laterne und einem grünen kuppelförmigen
Dachab. Er erhielt einen rot/weiß waagerecht
gestreiften Anstrich, die Gesamthöhe war
27,9 Meter Abb. 30
Dieser Turm war der erste für elektrischen Betrieb
gebaute Leuchtturm in Deutschland.
Die Laterne wurde mit einem .Fresnelschen Festfeuerapparat",einer
Leuchte von 1,20 Metern Höhe
und 500 Millimetern Brennweite, ausgestattet. Die
Fa. Helios, Köln, lieferte als Lichtquelle eine Wechselstrombogenlarnpe
mit liegenden Kohlen. Sie
war auf einem Wagen montiert und konnte auf einem
Gleis verschoben und durch eine Reservelampe
ersetzt werden. Die Kennungen der Warnsektoren
wurden durch Otterblenden erzeugt. Deren
Antriebsgewichte hingen im zentralen Schacht des
Turmes.
Seit 1983 befindet sich im Turm ein Präzisionssektorenfeuer
für das Hubertgatfahrwasser mit einer
Betriebslichtstärke von 4 500 000 Candela und einem
Gesamtöffnungswinkel des Leit- und der beiden
Warnsektoren von nur 3° Grad und einer Tragweite
von 30 Seemeilen.
1900wurde im Kleinen Leuchtturm mit einer Marconi-Anlage
durch die Leuchtturmwärter die erste
Küstenfunkstelle der Weltbetrieben. Siewar durch
den Norddeutschen Lioyd eingerichtet worden und
stand in der Regie der Reichs- Post- und Telegraphenverwaltung,
1966 baute das Wasser- und Schiffahrtsamt Emden
den Turm zur Radarstation Borkum der deutschniederländischen
Landradarkette Ems aus und veränderte
dementsprechend den Turmkopf
Abb.28-30

-
WSA EMDE N 37
Abb. 28: Kleiner Leuchtturm Borkum. Die Radaranlage zur Sicherung der Emsschiffahrtgab dem Turm seit 1966 eine weitereAufgabe.
Aufnahme Ulsamer

38 WSA EMDEN
Abb. 29: Das Baumaterial des Turmes übersteht problemlos Jahrhunderte.
Albert Bekaan und Harm Byl von der Handwerkerkolonne des
Aufsichtsbezirkes Borkum geben dem Turm einen neuen Anstrich.
Aufnahme Ulsamer
6.3 Die Leuchtfeuer der Randzelplate
Gemeinsammit den Leitfeuern der Maßnahme"Beleuchtung
der Unterems"errichtete dieVerwaltung
1888 an der Randzelplate zwei Quermarkenfeuer,
.Binnenrandzel" und, etwas weiter seewärts,
,,Außenrandzel", zur Kennzeichnung der Kurswechselpunkte
des damals durch die Emshörnrinne
führenden Hauptfahrwassers. Beide Leuchtbaken
bestanden aus einer Stahlkonstruktion, deren
oberer Teil einen Gasbehälter und eine Seelaterne
trug. Die Bauwerke waren auf vier gußeisernen,
fünf Meter langen Rohrpfählen im Sandwatt gegründet.
DasAußenrandzelfeuerversah man 1929mit einem
aufgesetzten Laternenraum und zeigte mit einer
größeren Optik neben den Quermarkensektoren
ein Leitfeuer für das Hubertgat. 1960 ersetzte das
Wasser- und Schiffahrtsamt Emden den Außen-
Abb. 30: Der "Elektrische" Leuchtturm, der Kleine Leuchtturm Borkum,
in seinem ursprünglichen Aussehen am Südstrand der Insel.
Aufnahme, WSA Emden
randzelleuchtturm durch einen neuen Turm am
Leitdamm der Fischerbalje, rund einen Kilometer
westlich desalten Standortes. Der neue Turm wurde
als dreibeiniger "Schemel" aus Stahlrohren ausgebildet,der
auf20 MeterlangenStahlrohren gründete
und einen zylindrischen Turmkörper aus
Stahlbeton-Fertigteilen trug. Für den Laternenaufbau
wählte man eine vorgefertigte geschweißte
Aluminiumkonstruktion.
Die Optik wurde vom alten Außenrandzelturm
übernommen. Für den Betriebder Lichtquelle und
des Nebelschall-Membransenders legte man zwei
Seekabel zum Südstrand der Insel Borkum ins Maschinenhaus
der Leitfeueranstalt. Das Feuer hat
eine Höhevon knappsechzehn Meternüber Normal
Null.
Die Quermarke Binnenrandzel wurde im November
1986 auf elektrischen Betrieb mittels eines
Windgenerators umgestellt. Abb.31-34

42 WSA EMDEN
6.5 Der Leuchtturm Campen
Zur Bezeichnung des Emsfahrwassers innerhalb
Borkumserrichtete die Gutehoffnungshütte 1889/
1890im Auftrage der Seezeichenverwaltung in einer
Bauzeitvon 5 Monaten den Leuchtturm Campen,
der mit einer Höhevon 65,3Meterndashöchste
Leuchtfeuerbauwerk der deutschen Nordseeküste
ist. Das Bauwerk ist eine dreibeinige Stahlfachwerkkonstruktion,
in der ein ummantelter zylindrischerTreppenschachtmit
einemAufzugsrohr in
der Mitte angeordnet ist. Als Fundamente der drei
Schrägpfosten wurden Brunnengründungen gewählt.
Der dreigeschossige Turmkopf enthält den
Laternenraum, einen Wachraum und einen Vorraum.
Sein Grundriß ist ein gleichseitiges Dreieck
mit nach außen gebogenen Seiten.
DerTurm zeigte zunächst zwei Leitfeuermit Festsektoren
und je zwei seitlichen Warnsektoren mit
Blitzkennung für das Randzelgatt und die Emshörnrinne.
Das Leuchtfeuerbestandaus zwei übereinander
angeordneten Gürtelleuchten von 500
mm Brennweite und einer Gesamthöhe von zweieinhalbMetern,vordieseneinFeldvonsiebensenkrechten
Prismen zur Lichtverstärkung. Als Lichtquellewaren
Bogenlampen eingesetzt, dieauf zwei
Ebenen auf kleinen Schienenfahrzeugen montiert
waren und gegen Ersatzlampenausgetauscht werden
konnten. Die Lampen entsprachen denen des
kleinen Leuchtturms Borkum. Durch Gewichte
betriebene Uhrwerke im Turmkopf steuerten die
für die Blitzkennung eingebauten Otterblenden.
Der Strom für den Betrieb der Lampen wurde im
Maschinenhaus am Fuße des Turmes erzeugt.
Dampfmaschinen mit einem Verbrauch von 180 t
Steinkohle im Jahr trieben dieWechselspannungsgeneratoren
an.
1906wurden dieDampfmaschinen durch zwei Einzylinder
Dieselmotoren von 20 PS Leistung und
Gleichspannungsgeneratoren ersetzt. Der Gleichstrombetrieb
ermöglichte dieVerwendung vonAkkumulatoren
zur Speisung der Lampen. Die Akkumulatoren
wurden am Tage aufgeladen. Der Maschinendienst
konnte somit auf den Tagesdienst
beschränkt werden. Die wartungsaufwendigen
Wechselstrom-Bogenlampen ersetzte man durch
sogenannten "Preußische Bogenlampen", die ruhig
brannten und deren Kohlenautomatisch nachgeführt
wurden. Noch heute steht einer der Dieselmotoren
- einzig in seiner Art - betriebsbereit an
seinem ursprünglichen Platz. Um 1930wurden die
Bogenlampen durch Glühlampen (2000 W/30 V)
ersetzt. 1937ersetzte eine Gürtelleuchte von2,160
Metern Höhe die alte Doppelleuchte. Abb. 37+38
1976 ist die gesamte leuchtfeuertechnische Einrichtung
- Leuchte,Otterblendenund Schalttafelin
der Laterne ausgebaut und im Maschinenhaus
neben dem alten Stromaggregat von 1906 in betriebsbereitem
Zustand als historisches Anschauungsobjekt
aufgestelltworden. Abb. 37: Ursprüngliches Leuchtfeuerim Leuchtturm Campen.

WSA EMDEN 43
Abb. 38: Leuchtfeuer Campen.
Aufnahme Arendt, WSA Emden, 1988
Abb. 39: Diesenkrechten Vorprismenvorder 1937 eingebauten Gürtelleuchte
des Leitfeuers Campen. Aufnahme WSA Emden
In der Laterne wird nun ein Präzisionssektorenfeuer
für das Randzelgat betrieben. In ihm ist eine
Xenon-Hochdrucklampe (XBO 2000 W) eingesetzt,
mit der im Leitsektoreine Lichtstärkevon4 500000
Candelaerzeugt wird,dieeine TragweitedesFeuers
von 30 Seemeilen erreicht. Die Leuchtfeuer "Campen"
und "Kleiner Leuchtturm Borkum" sind hiermit
auch die stärksten deutschen Leuchtfeuer.
Abb.39+40
Abb. 40: Dieseit 1976 verwendete Xenonlampe im Präzisionssektorenfeuer
Campen. Aufnahme Ulsamer, WSA Emden
6.6 Laterne an der Knack
Als zweites Leuchtfeuer an der Ems - außer dem
Leuchtturm Borkum - ist in einer Aufstellung der
WasserbauinspektionEmdenvomJanuar 1870eine
"Laterne zur Knock" aufgeführt. Abb.41
1888wurdeeinkleinereisernerTurmander "Sturmecke''
Knock errichtet. Er erhielt ein Petroleumlicht,
ab 1924 ein Gaslicht. 1952 wurde er an das
Stromnetz angeschlossen. Im Rahmen des Spülfeldbaus
am Rysumer Nacken versetzte man den
Turm 1961 einige hundert Meter weiter nach Westen.
An diesem Ort steht seit 1970 der Radar- und

50 WSA ErvlDEN
Abb. 54: Das alte Emder Ostmo/enfeuer wurde 1954 durch einen Ramm stoß zerstört. Autnahme WSAEmden
Abb. 55: Durch Rammstoß zerstörte Leucht e des Ostmo/enfeuers.

WSA EMD8N
AM. 56 und 57: Ein provisorisches Feuer mit einer See/ateme kennzeichnete die Emder Ostmole, bis 1956 ein neues Mo/enfeuer erbaut wurde.
Aufnahme WSA Emden
Abb. 58: Neues Westmo/enfeuer. /m Hintergrund ein Neubau der Meyer-Werft Popenbure. Aufnahme Wil/ner, Emden
51

52 WSA EMDEN
Abb. 59: Das 1982 erbaute Ostmolenfeuer Emden.
9. Zeitsignalanlage Emden
Der gertaue Gang der Schiffsuhren, der sogenannten
Bordchronometer, war bis zur breiten Einführung
des Funks und moderner Navigationsmittel
nach dem Ersten Weltkrieg eine wesentliche Voraussetzung
zur (astronomischen) Navigation.
Zur Berichtigung bzw. Überprüfungder Schiffsuhren
richtete die Emder Wasserbauverwaltung in
den Jahren 1911/1912 eine Zeitsignalanlage ein.
Die Signaleinrichtungen - ein Ball und Lichtsignale
- waren auf einem eisernen Turmgerüst beim
Emder Außenhafen an der Nesselander Schleuse
untergebracht. Die Signale wurden täglich um 12
Uhr, 13 Uhr und 24 Uhr nach mitteleuropäischer
Zeit abgegeben, und zwar stets zugleich als Ballund
als Lichtsignale.
Zehn Minuten vor den genannten Zeiten schaltete
der Schleusenwärter der Wasserbauverwaltung ein
Vorbereitungssignal. ein Ball von zwei Metern
Durchmesser aus einem Gerippe von Winkel- und
Flacheisen mit einem Überzug aus Maschengeflecht
aus dünnen geteerten Hanftauen, wurde auf
dem Kopf desTurmes halb aufgeheißt. Fünf Minuten
später erschien ein .Achtung't-Signal: der Ball
wurdeganzaufgeheißt und 20Signallampeneingeschaltet.
Zur genauen Zeit löste ein Präzisionsuhr-
Aufnahme willner, Emden
werk, das vom Kaiserlichen Observatorium in
Wilhelmshaven gesteuert und korrigiert wurde,
den Fall des Balles automatisch aus und schaltete
zugleich die Lampen aus.
Der Betrieb der Gesamtanjage lag in den Händen
der Reichspostverwaltung. Diese übertrug über Telegraphenleitungen
die Normalzeit von Wilhelmshaven
nach Emden sowie ein gleichartiges Signal
zur Küstenfunkstelle Norddeich Radio zum Betrieb
einer "drahtlosen Zeitsignalstation". Bereits seit
1906hatte das Kaiserliche Telegraphenamt Emden
dasZeitzeichender Sternwarte HarnburgvonHand
über das Amerikakabel zur Kabelstation Horta auf
den Azoren übertragen.
In Emden waren die Uhren und Schaltanlagen in
den Diensträumen des Schleusenmeisters Nesserlandaufgestellt.Letzterer
hatte dieSignalanlagezu
betreuen. Die gesamte Anlage war technisch aufwendigausgeführt,
um Genauigkeit und Zuverlässigkeitder
Signalezu gewährleisten.Ein Korrigierwerk
glich Gangunterschiede der Präzisionsuhren
in Wilhelmshaven und Emden automatisch aus.
Störungen und Betriebszustände wurden den
Schleusenmeistern signalisiert; ein am unteren
Endedes Balls befestigterBürstenkolbentauchte in
einen Glyzerinzylinder, um den Fall des Balles zu
dämpfen. DerLampenraum unter dem Ball war mit
Wellblech verkleidet und verglast. Abb. 60

54 WSA EMDEN
10. Schwimmende Seezeichen
Zur Erfüllung ihrer Verkehrssicherungspflicht auf
Binnen- und Seewasserstraßen bedient sich die
Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes
unter anderemderschwi mmendenSeezeichen. Die
schwimmendenSeezeichen - Tonnenverschiedenster
Art, Form, Größe und Farbe- sollender Schiffahrt
als nautisches Hilfsmittel dienen, um den jeweils
günstigsten und sichersten Weg von einem
Bestimmungsort zum anderen zu finden, Reeden
abzugrenzen und Untiefen aufzuzeigen.
Erste Tonnen lagen vor Ostfriesland schon in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts aus. Bereits zu
dieser Zeit unterschied man zwischen Sommerund
Wintertonnen. Sommertonnen waren zunächst
eisenbeschlagene. hölzerne Hohlgefäße.
seit dem 19.Jahrhundert werdensie aus Eisenhergestellt.Wintertonnen
warenanfangsTreibbaken ­
Holzklötze mit Stangenzeichen - , die dem Eis widerstanden
und kostengünstig herzustellen waren.
ImLaufe des17.Jahrhunderts erhielten dieTonnen
erste unterschiedlicheAnstriche, schwarz, rot oder
weiß.Auf der Emsgabes um 1855 als Besonderheit
eine bunte "Warnungstonne". Neben Form und
Farbe unterschieden sich die Tonnen auch durch
verschiedene aufgesetzte Toppzeichen. Erste gasbetriebene
Leuchttonnen gab es auf der Ems erst
Ende des 19. Jahrhunderts . Das erforderliche Gas
wurde auf dem Tonnenhof der Wasserbauinspektion
Emden in einer Fettgasanstalt hergestellt.
Die so sehr verschiedenen Gegebenheiten auf den
Wasserstraßen, insbesondere auf den Seewasserstraßen
im Bereichder Ernsrnündung, im Wattengebiet
und auf der hohen See, haben im Laufe der
Zeitzu demjetzt gültigen internationalen lALA Betonnungssystemgeführt,dasimJahre
1978in Kraft
getreten ist.
NachdiesemSystemwerden fünfverschiedene Arten
von Tonnen ausgelegt:
- Laterale Zeichen zur BezeichnungvonFahrwassern,
kardinaleZeichen zur BezeichnungvonHindernissen
und Untiefen,
- Mitte-Fahrwasser-Zeichen,
- Einzelgefahr-Zeichen,
- Sonderzeichen zur Bezeichnung von besonderen
Punkten und Gebieten.
Um die Tonnen möglichst bei jedem Wetter klar
bestimmen zu können,sindsiealsTagesseezeichen
in Form, Farbe und durch Toppzeichen unterschiedlich
gekennzeichnet, als Nachtseezeichen
zum Teil mit grüner, weißer und roter Befeuerung
der verschiedensten Kennungen.Siesind zum Teil
mit Glocken oder Heulern bzw. mit Radarreflektoren
ausgerüstet und damit bei unsichtigem Wetter
akustisch bzw. visuell erkennbar. Im Ansteuerungsbereich
und gelegentlich an Gefahrenstellen
werden wichtige Tonnen mit aktiven Radarantwortbaken
(Racon) ausgerüstet, die auf den Radargeräten
der Schiffe eine auffällige Kennung erzeugen.
Die Aufgaben des Wasser- und Schiffahrtsamtes
Emdenhinsichtlich der Betreuungund Verwaltung
vonSchiffahrtszeichen umfassendasSee-und Wattengebiet
von Spiekeroog bis zur Ostererns, sowie
die Seeschiffahrtsstraße Ems von Papenburg bis
zur Mündung der Ems in die Nordsee.
Das zu betreuende Gebietumfaßt in seiner Bedeutung
und WassertiefeunterschiedlicheFahrwasser.
Auf einer Gesamtlänge von ca. 190 Seemeilen liegen
insgesamt 518 schwimmende Schiffahrtszeichen
in Form von unbefeuerten und befeuerten
Tonnen aus. Einschließlich der Unterems von Papenburg
bisnach Emdensowie indenWattfahrwassern
betreibt dasWSA Emdeninsgesamt 1964feste
visuelle Schiffahrtszeichen in Form von Baken,
Pricken und Stangen.
UmdieAufgaben für den Betriebund die Unterhaltung
dieser Schiffahrtszeichen erledigen zu können,
hat das WSA Emden zwei Tonnenhöfe, den
Tonnenhofauf Norderney und den BauhofEmden.
Für den Transport der Tonnen vom Tonnenhof bis
zur PositionaufSeesind fürdasWasser- und Schiffahrtsamt
drei Seezeichenfahrzeuge im Einsatz.
Für den Bereich im See- und Wattengebiet von
Nordemevaus ist dasSeezeichenfahrzeug SF"Norden"
und das Seezeichenfahrzeug .L ütjeoog" für
das Gebietvon Spiekeroog bis zur Osterems tätig.
Für den Bereichvon Papenburg bis zur hohen See
übernimmt der seegängige Tonnenleger .Oustav
Meyer",der in Emdenbeheimatet ist,sowie kleinere
Fahrzeuge desAußenbezirkes in Leer dieseAufgaben.
Die Aufgabe der Tonnenhöfe besteht in erster Linie
inder BereitstellungderauszulegendenTonnenfür
den Tonnenleger sowie in der Überwachung und
Unterhaltung der seezeichentechnischen Anlagen
und der festen Seezeichen. Dieweitaus größte Arbeit
liegt jedoch auf dem Gebiet des Betriebes und
der Unterhaltung der Betonnung. Abb. 61
Alle Tonnen werden routinemäßig alle 2 Jahre zur
Instandsetzung, Konservierung und bei Leucht­

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Abb. 63: Tonnenleger Gustav Meyer beim Aussetzen einer Fahrwassertonne. Auinahme Arendt, WSA Emden, 1990
tonnen zur Überholungder Laternen und zum Austausch
der Propanfässer ausgewechselt. In diesen
Plan ist dieAuswechselung der Sommer- gegen die
Winterbetonnung einbezogen. Im übrigen müssen
die Tonnen bei Schäden, die nicht mit Bordmitteln
zu beseitigen sind, eingeholt werden.
Bei Schiffsunfällen mit gesunkenen Schiffen und
Wracks sind Seezeichenfahrzeugeund Tonnenhöfe
besonders gefordert, da die UnfallsteIle umgehend
mit besonderen Wracktonnen für die übrige Schiffahrt
bei Tag und Nacht abgesichert werden muß.
Abb.63+64
Abb. 64: Solartonne aufder Unterems.
Aufnahme Arendt, WSA Emden, 1990