März 2010 (PDF) - an.schläge
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forum wissenschaft<br />
Drei rote Pfiffe<br />
Der vergessene Widerst<strong>an</strong>d: Eine Neuerscheinung erinnert <strong>an</strong> das Leben der kärntnerslowenischen Partis<strong>an</strong>in<br />
Helena Kuhar alias „Jelka“. Von Judith Götz<br />
Helena Kuchar: Jelka. Aus dem<br />
Leben einer Kärntner Partis<strong>an</strong>in.<br />
Drava 2009, 19,80 Euro<br />
22 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Über sechzig Jahre Befreiung<br />
v<br />
meint in Kärnten/Koroska vor<br />
allem„Niederlage“ und hinsichtlich<br />
der Erinnerungstradition<br />
in erster Linie eine Kultivierung<br />
faschistoider und <strong>an</strong>tislowenischer<br />
Brauchtumspflege. Dies verdeutlicht<br />
sich in der Fortsetzung eines<br />
Gedenkens, das <strong>an</strong> die vermeintlichen<br />
„Opfer“ der Partis<strong>an</strong>Innen erinnert,<br />
nicht jedoch <strong>an</strong> ihren <strong>an</strong>tifaschistischen<br />
Beitrag zur Befreiung. Auch die von<br />
kärntnerslowenischen Partis<strong>an</strong>Innen<br />
niedergeschriebenen (Lebens-)Geschichten<br />
werden bis heute weitgehend<br />
marginalisiert.<br />
Bücher gegen das Vergessen. Der Drava Verlag<br />
hat in den letzten Jahren unter dem<br />
Titel „Bücher gegen das Vergessen“<br />
mehrere autobiografische Werke herausgegeben,<br />
geschrieben von ehemaligen<br />
Partis<strong>an</strong>Innen und/oder <strong>an</strong>deren<br />
(Kärntner) SlowenInnen, die sich auf<br />
unterschiedliche Art und Weise gegen<br />
das nationalsozialistische Vernichtungsregime<br />
zur Wehr setzten. Zu diesen<br />
Werken zählt auch die Neuauflage<br />
der Lebensgeschichte von Helena Kuhar,<br />
einer Kärntner Slowenin, die als Partis<strong>an</strong>in<br />
unter dem Namen „Jelka“ gekämpft<br />
hat. Die Entstehungsgeschichte des<br />
Buchs ist dabei beinahe so sp<strong>an</strong>nend<br />
wie die Erzählung selbst. Das Werk war<br />
nämlich bereits 1984 auf Basis von Interviews,<br />
die Thomas Busch und Brigitte<br />
Windhab mit Jelka geführt hatten, in einer<br />
Eigenveröffentlichung der Kooperative<br />
„Longo Mai“ erschienen. Begleitet<br />
von einer Klage des als rechtsextrem<br />
bek<strong>an</strong>nten Sohn des NS-Gauleiters Friedrich<br />
Rainer, Schmähungen und Dro-<br />
v<br />
hungen in Kärnten/Koroska und großer<br />
(positiver) Reson<strong>an</strong>z im restlichen<br />
Österreich, verkaufte sich das Buch im<br />
Eigenverlag bereits 6.000 Mal. Und die<br />
Musikgruppe „Schmetterlinge“ widmete<br />
Jelka auf der LP „Herbstreise“ (1979)<br />
den Song „Drei rote Pfiffe“.<br />
In slowenischer Übersetzung wurde<br />
Jelkas Lebensgeschichte ebenfalls<br />
bereits 1984 im Drava Verlag veröffentlicht,<br />
nicht jedoch in deutscher Sprache.<br />
Während sich in den 1980ern noch kein<br />
Verlag finden ließ, der bereit war, ihre<br />
Erinnerungen zu publizieren, sieht das<br />
Foto: Drava Verlag<br />
heute <strong>an</strong>ders aus. Wenngleich sich <strong>an</strong><br />
der Diskriminierung von Angehörigen<br />
der slowenischen Minderheit und dem<br />
Umg<strong>an</strong>g mit der größten und effektivsten<br />
österreichischen Widerst<strong>an</strong>dsgrup-<br />
v<br />
pe in Kärnten/Koroska wenig geändert<br />
hat, scheint es heute zumindest ein zunehmendes<br />
Problembewusstsein für<br />
das Ableben von ZeitzeugInnen zu geben,<br />
und das Interesse <strong>an</strong> der widerständigen<br />
Geschichte der Kärntner SlowenInnen<br />
wächst.<br />
Einzige Biografie einer Frau. Es gibt unterschiedliche<br />
Gründe dafür, dass die Lebensgeschichte<br />
von Jelka bisl<strong>an</strong>g die<br />
einzige Biografie einer Frau ist, die in<br />
der Drava-Reihe veröffentlicht wurde.<br />
Einerseits neigen viele Frauen dazu, ihre<br />
eigenen Geschichten als „weniger wichtig“<br />
zu bewerten. Andererseits bedingt<br />
die oftmals sehr enge Definition des Begriffs<br />
„Widerst<strong>an</strong>d“, der sich lediglich<br />
auf den bewaffneten Kampf bezieht,<br />
dass insbesondere jene Widerst<strong>an</strong>dsformen,<br />
die sich vor allem Frauen zu eigen<br />
gemacht hatten, weitgehend ausgeklammert<br />
bleiben. Widerständige