März 2010 (PDF) - an.schläge
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<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 03/<strong>2010</strong><br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong><br />
DAS FEMINISTISCHE MAGAZIN märz<br />
thema<br />
DeutschDiktat<br />
Der Integrationskurs fördert<br />
Sprachhierarchien<br />
e 3,8 (Ö) e 4,8 (D) sfr 9,-<br />
lingvo?<br />
politik<br />
BolognaBurns<br />
Die BildungsministerInnen treffen<br />
auf Protest
3 Wochen<br />
gratis<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
jungeWelt
auf.takt<br />
Am 12. Februar beginnen die 21. Olympischen<br />
Winterspiele in V<strong>an</strong>couver. Gender-Politiken im<br />
Sport gelten zu Recht als besonders konservativ –<br />
hartnäckig wird hier <strong>an</strong> traditionellen Körperund<br />
Geschlechterbildern festgehalten, wie das<br />
vorläufige Startverbot für Caster Semenya oder<br />
der Ausschluss von Skispringerinnen bei den<br />
olympischen Wettbewerben aktuell einmal mehr<br />
beweisen. Ironischerweise sind es jedoch gerade<br />
die Geschlechtstests bei Sportwettkämpfen, die<br />
sichtbar machen, dass Geschlechtsidentität keineswegs<br />
eine eindeutige Sache ist.<br />
Bettina Enzenhofer zeichnet im Rahmen des<br />
Olympia-Schwerpunktes dieser Ausgabe die Geschichte<br />
der Geschlechtstest im Sport nach. Der<br />
l<strong>an</strong>gen historischen Tradition des Frauenausschlusses<br />
bei den Olympischen Spielen widmet<br />
sich Silke Pixner in ihrem Artikel. Und Kerstin<br />
Kellerm<strong>an</strong>n hat recherchiert, warum die Skispringerinnen<br />
in V<strong>an</strong>couver nicht fliegen dürfen.<br />
Aber zumindest bei uns gibt es einen Platz<br />
am Stockerl: And the winner is … Missy Magazine!<br />
Den ersten Preis unseres X-mas-Contest hat<br />
Missy-Redakteurin Chris Köver gewonnen, die unsere<br />
Lametta-Lilith auf einer Release-Party in<br />
Hamburg g<strong>an</strong>z besonders dekorativ drapiert hat.<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong><br />
politik<br />
thema<br />
Eure <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> gesellschaft<br />
kultur<br />
<strong>an</strong>.spruch<br />
Schwestern im Geiste?<br />
Wer gleiche Rechte für Migr<strong>an</strong>tinnen will, muss Rassismus bekämpfen<br />
eingetragene.partnerschaft<br />
Das Stadthaus nur für Ehepaare<br />
Lesben und Schwule dürfen sich nun verpartnern. Was haben sie davon?<br />
klima.konferenz<br />
Kopenhagener Desaster<br />
Gender-Aspekte im Klimaschutz bringen nichts ohne konkrete Strategien<br />
gesine.schw<strong>an</strong><br />
Großes Enttäuschungspotenzial<br />
Die Ex-Präsidentschaftsk<strong>an</strong>didatin über Kinder, Karriere und SPD-Krise<br />
outside.olympia<br />
Rekordverdächtig<br />
Startverbot: Sind Skispringerinnen zu gut für V<strong>an</strong>couver?<br />
olympia.outside<br />
46,XX/46,XY<br />
Grob unsportlich: Geschlechtstests bei den Olympischen Spielen<br />
forum.wissenschaft<br />
Drei rote Pfiffe<br />
Der Widerst<strong>an</strong>d der kärntnerslowenischen Partis<strong>an</strong>in „Jelka“<br />
berufs.orientierung<br />
Vollzeit glücklich?<br />
Vom Suchen und Finden „richtiger“ Arbeit in Krisenzeiten<br />
jo<strong>an</strong>a.adesuwa.reiterer<br />
„Es gibt eine Nachfrage“<br />
Die Menschenrechtspreisträgerin über ihren Kampf gegen Frauenh<strong>an</strong>del<br />
bild.wechsel<br />
„Bis heute sehr bewegend”<br />
Das Künstlerinnenarchiv „Bildwechsel“ ist ein Exportschlager<br />
tricky.women<br />
Animierende Visionen<br />
Der Animationsfilm wagt sich <strong>an</strong> die Dokumentation<br />
<strong>an</strong>.kl<strong>an</strong>g<br />
Pop Evolutions<br />
Von der Oper zum D<strong>an</strong>ce-Pop<br />
<strong>an</strong>.lesen<br />
Autobiografische Odyssee in Bildern<br />
Comic-Epos über eine italienische Reise<br />
ge.sehen<br />
„Reiche sind Betrüger“<br />
Queere Kapitalismuskritik:„Louise hires a contract killer” im Kino<br />
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<strong>an</strong>. uns<br />
04 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong><br />
Herausgeberinnen und Verlegerinnen:<br />
CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik<br />
A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76<br />
e-mail: redaktion@<strong>an</strong>schlaege.at, office@<strong>an</strong>schlaege.at,<br />
www.<strong>an</strong>schlaege.at<br />
Koordinierende Redakteurinnen:<br />
Lea Susemichel, office@<strong>an</strong>schlaege.at,T.01/920 16 78<br />
Vina Yun, redaktion@<strong>an</strong>schlaege.at,T. 01/920 16 76<br />
Buchhaltung, Abos:<br />
Svenja Häfner, buchhaltung@<strong>an</strong>schlaege.at,<br />
abo@<strong>an</strong>schlaege.at<br />
Termine, Tipps: Andrea Heinz, termine@<strong>an</strong>schlaege.at<br />
Inserate: Michèle Thoma, mi.thoma@chello.at<br />
Redaktion: Bettina Enzenhofer/be, Svenja Häfner/svh,<br />
Andrea Heinz/h<strong>an</strong>, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis,<br />
Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/viyu<br />
Praktikum: Caroline Mieling/cami<br />
Mitarbeit bei dieser Nummer:<br />
Eva Bachinger, Kendra Eckhorst, Denice Fredriksson,<br />
Judith Götz, Silke Graf, Beate Hammond, Gabi Horak,<br />
Kathrin Iv<strong>an</strong>csits/kaiv, Leonie Kapfer/leka, Nadine Kegele/nad,<br />
Kerstin Kellerm<strong>an</strong>n, Sylvia Köchl/sylk, Birge Krondorfer,<br />
Eva Morocutti, Helga P<strong>an</strong>kratz, Lisi Schleicher/liS<br />
Cover: Gia D. Parsons<br />
Cartoon: Paula Bolyos<br />
plus.minus: Lea Susemichel<br />
Fotos: <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>-Archiv, Greg Archer, Mirjam Baker, Bildwechsel,<br />
Drava-Verlag, flickr/Null Prozent, Niko Form<strong>an</strong>ek,<br />
Gender CC, Knut Klaßen, koolfilm.de, Michael Kren,<br />
Luc Massin, JP Meurisse, Klaus Pichler, David J. Roberts,<br />
Stadtkino Verleih, Eva Trimmel<br />
Layout: Lea Susemichel<br />
Homepage: Mirjam Bromundt, www.<strong>an</strong>schlaege.at<br />
Druck: Tiskarna Druck<br />
© <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Titel, Vorsp<strong>an</strong>n und Zwischentitel von der<br />
Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />
müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen.<br />
Kürzungen vorbehalten.<br />
ISSN 1993-3002<br />
Offenlegung nach §<br />
25 Mediengesetz:<br />
Die <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>, das feministische Magazin, werden von<br />
„CheckArt. Verein für feministische Medien und Politik“<br />
herausgegeben. Sie verstehen sich als feministische<br />
Gegenöffentlichkeit gegen den Malestream und als Teil<br />
queer-feministischer Bewegungen.<br />
Die <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> sind Mitglied der VAZ – Vereinigung<br />
alternativer Zeitschriften und des feministischen<br />
Medienverb<strong>an</strong>ds.<br />
In 80 Pickerln um die Welt: <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> in Oventic, Mexiko<br />
Foto: Lea Susemichel<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> werden gefördert von:
Sylvia Köchl<br />
Allgemein begreiflich, oder?<br />
Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens übergab eine<br />
Ehefrau ihrem Gatten im Oktober 2009 eines Tages<br />
die Scheidungspapiere, worauf er zu einem Messer<br />
griff und mehrfach auf sie einstach. Anschließend<br />
verprügelte er sie noch mit einem Stahlrohr.<br />
Sie überlebte nur knapp.<br />
Im Strafprozess gegen den Täter, der im Jänner <strong>2010</strong><br />
stattf<strong>an</strong>d, argumentierte der Staats<strong>an</strong>walt in seiner Anklage,<br />
die Tat sei aus einer „allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung“<br />
heraus passiert, weshalb er, der Staats<strong>an</strong>walt, statt<br />
auf Mordversuch nur auf versuchten Totschlag plädiere – immerhin<br />
ein Unterschied von mehreren Gefängnisjahren.„Gerade<br />
Ausländer oder Personen mit Migrationshintergrund“, so<br />
die Anklagebegründung,„befinden sich häufig in besonders<br />
schwierigen Lebenssituationen, die sich, auch begünstigt<br />
durch die Art ihrer Herkunft, in einem Affekt entladen können.“<br />
Das Gericht folgte der Anklage, verurteilte den M<strong>an</strong>n zu sechs<br />
Jahren Haft wegen versuchten Totschlags und schöpfte damit<br />
nicht einmal den Strafrahmen von zehn Jahren aus.<br />
Die Folge: Eine heftige politische und juristische Debatte,<br />
auf die .Justizministerin Claudia B<strong>an</strong>dion-Ortner mit einem<br />
Erlass reagierte. Dieser betont, dass „der Grad der Heftigkeit<br />
der Gemütsbewegung“ – also der Affekt – nach denselben<br />
Kriterien bemessen werden soll wie bei einem in<br />
Österreich geborenen M<strong>an</strong>n.<br />
Allerdings legte B<strong>an</strong>dion-Ortner d<strong>an</strong>ach noch eins drauf<br />
und sprach sich dafür aus in Zukunft „religiös motivierte Gewalt“<br />
als Erschwernisgrund bei der Strafbemessung hinzuzufügen.<br />
Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek forderte<br />
stattdessen „Gewalt in der Familie gegen Schwächere“ als Erschwernisgrund,<br />
denn die Motive für männliche Gewalt in<br />
der Familie seien ihr „prinzipiell wurscht.“<br />
Kern der rechtspolitischen Diskussionen war und ist aber<br />
die Formel „allgemein begreiflich“. Wäre die „heftige Gemütsbewegung“,<br />
die (<strong>an</strong>geblich) zur Attacke auf die Frau geführt<br />
hatte, nämlich nicht „allgemein begreiflich“ gewesen, hätte<br />
die Anklage auf versuchten Mord lauten müssen. Juristisch<br />
gesehen ist die Formel „allgemein begreiflich“ das entscheidende<br />
Tool, das Staats<strong>an</strong>wältInnen dabei helfen soll, diese<br />
zentrale Entscheidung zwischen einer Mord- und einer Totschlag<strong>an</strong>klage<br />
zu treffen. Damit soll erörtert werden, ob der<br />
individuelle Rechtfertigungsdiskurs des Täters/der Täterin<br />
auch gesellschaftlich akzeptiert wird. Das ist allerdings des<br />
Pudels Kern:Wer ist diese Allgemeinheit, die ein Verhalten<br />
wie in diesem Fall als begreiflich <strong>an</strong>sieht?<br />
Die Schweizer Historikerin und Staatsrechtlerin Regula<br />
Ludi stellt fest, dass „eine der Hauptfunktionen des Strafrechts<br />
darin besteht, den gesellschaftlich unerwünschten Exzess<br />
der <strong>an</strong> und für sich als normal geltenden männlichen<br />
Aggressivität zu absorbieren“. Wenn männliche Aggressivität<br />
also die Norm ist, <strong>an</strong> der sich das Strafrecht orientiert, d<strong>an</strong>n<br />
k<strong>an</strong>n es sich bei jener „Allgemeinheit“, die den Grad dieser<br />
Aggressivität „begreiflich“ findet, wohl auch nur um eine<br />
männliche h<strong>an</strong>deln. Dass das nicht nur theoretisch so funktioniert,<br />
belegt z.B. die Presseaussendung der Väterrechtler-<br />
Gruppe „Forum Kinderbeist<strong>an</strong>d“ zum Mord <strong>an</strong> einer Rechtspflegerin<br />
am Bezirksgericht Hollabrunn im Dezember 2009<br />
durch einen M<strong>an</strong>n, der nach seinem Scheidungsurteil die zuständige<br />
Richterin erschießen wollte. Das „systematische Unrecht<br />
gegen Männer, insbesondere Väter, durch Familienrichterinnen“<br />
rufe, so heißt es in der Aussendung, den „Zorn der<br />
Männer“ hervor, und genau hier ende das „rechtsstaatliche<br />
Selbsthilfeverbot“ (sprich: das Verbot der Selbstjustiz).<br />
Hätte der Täter von Hollabrunn statt der Gerichts<strong>an</strong>gestellten<br />
seine geschiedene Gattin umgebracht, käme ein so<br />
inniges Verständnis sicherlich nicht nur von g<strong>an</strong>z rechts<br />
außen, d<strong>an</strong>n würde womöglich ein <strong>an</strong>derer Staats<strong>an</strong>walt<br />
wieder eine „allgemein begreifliche Gemütsbewegung“ feststellen<br />
und aus einem Mord einen Totschlag machen.<br />
Der Rest der Argumente im obigen Fall („Art der Herkunft“,„fremde<br />
Sittenvorstellungen“ oder „religiös motivierte<br />
Gewalt“) ist einfach nur rassistisch – oder aber ein schwer<br />
missglückter Versuch, auf Lebensverhältnisse zu rekurrieren,<br />
unter denen Migr<strong>an</strong>tInnen ja tatsächlich vielfach leiden,<br />
nämlich ökonomisch und sozial prekär leben zu müssen. Missglückt<br />
deswegen, weil einerseits häusliche Gewalt nicht<br />
klassenspezifisch ist und weil <strong>an</strong>dererseits der Verweis auf<br />
die „Herkunft“ mit dem Ged<strong>an</strong>ken <strong>an</strong> besonders „affektgesteuerte<br />
Südländer“ spielt.<br />
Was bleibt ist die Einsicht, dass zumindest in der Rechtsprechung<br />
„normal“ immer noch „männlich“ bedeutet. Um<br />
das zu verändern, braucht es massive hegemoniale Verschiebungen<br />
im gesamtgesellschaftlichen Diskurs, denen die<br />
Rechtsprechung d<strong>an</strong>n auf Dauer folgen würde. ❚<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 05
österreich <strong>an</strong>.riss<br />
denk.mal<br />
Utopia für Graz<br />
Das 8. <strong>März</strong>-Komitee in Graz hat sich für die Ver<strong>an</strong>staltungen zum diesjährigen<br />
Frauentag das Motto „UTOPIA“ auf die Fahnen geschrieben –<br />
unter <strong>an</strong>derem soll die Frage erkundet werden, wie die Welt wohl aussähe,<br />
wenn bek<strong>an</strong>nte Anliegen der Frauenbewegung bereits umgesetzt<br />
wären. Von 4. bis 5. <strong>März</strong> findet das internationale Symposium „Frauen<br />
Bewegen“ statt, das g<strong>an</strong>z unter dem Thema „Interkulturalität und Migration“<br />
steht. Das Eröffnungsreferat hält die Wiener Kultur- und Sozialwissenschaftlerin<br />
H<strong>an</strong>na Hacker, <strong>an</strong>schließend wird die Österreich-Premiere<br />
des Films „Pink Taxi“ gefeiert, der von der ersten Betreiberin eines<br />
Taxiunternehmens in Moskau h<strong>an</strong>delt. Am Folgetag gibt es am Vormittag<br />
Referate zu Themen wie „Jung, muslimisch, weiblich“ oder „Affirmative<br />
Action“ am Beispiel Brasiliens, nachmittags wird in Workshops zu den<br />
Themen weiter diskutiert. Eine verbindliche Anmeldung ist notwendig.<br />
Das UTOPIA-Fest zum Frauentag findet am Samstag, den 6. <strong>März</strong>,<br />
statt. Am 8. <strong>März</strong> gibt es dafür am Grazer Hauptplatz die Aktion „Why<br />
Wait? Science Fiction & Reality Check“. trude<br />
Details und weitere Infos unter: www.grazerfrauenrat.at<br />
„DAS IST KEIN SCHLANKHEITS-<br />
WAHN, DAS DIENT DER<br />
GESUNDHEIT“<br />
heißt es im Editorial der mit Sp<strong>an</strong>nung erwarteten<br />
neuen „Brigitte“-Ausgabe, in der<br />
erstmals auf professionelle Models verzichtet<br />
wurde. Denn neben der Absage <strong>an</strong> Magermodels<br />
findet sich darin auch die obligatorische<br />
Brigitte-Diät mit Kalorientabelle<br />
und fettreduzierter Kost. Auch die neuen Fotomodels<br />
sehen weiterhin so aus, als hätten<br />
sie sich eisern <strong>an</strong> diese Diät gehalten. Allesamt<br />
sind sie außerdem ungeheuer attraktiv<br />
und großteils deutlich unter dreißig.<br />
06 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
adipositively I<br />
Donut<br />
pille.d<strong>an</strong>ach<br />
„Chubby“ heißt mollig, die Selbstbezeichnung<br />
„The Chubsters“ steht für stolz getragenes<br />
Übergewicht und ist der Name einer queeren<br />
G<strong>an</strong>g, die auf fetten Maschinen Fat Politics<br />
macht. „Boss bitch“ ist die Autorin von „Fat<br />
<strong>an</strong>d Proud: The Politics of Size“ Charlotte<br />
Cooper aka „The Beefer“.Und weil jede<br />
richtige G<strong>an</strong>g auch einen coolen Gruppengruß<br />
braucht, gibt es das Donut-H<strong>an</strong>dzeichen (die<br />
Finger werden dabei zu einem Donut-Ring<br />
geschlossen). „Weil Donuts lecker sind.“<br />
www.chubsterg<strong>an</strong>g.com<br />
Ministerielle Hilfe für Online-Beratung<br />
D<strong>an</strong>k der Wiener Frauenberatung finden seit vier Jahren Hilfesuchende<br />
in g<strong>an</strong>z Österreich Beratungs<strong>an</strong>gebote auch im Internet. Unter<br />
www.frauenberatenfrauen.at sind Psychologinnen, Sozialarbeiterinnen<br />
und Juristinnen erreichbar, auf Wunsch auch <strong>an</strong>onym. Die Themen sind<br />
vielfältig,„egal, ob sich eine Frau scheiden lassen möchte, von Gewalt<br />
betroffen ist oder <strong>an</strong> ihrem Arbeitsplatz gemobbt wird“, meint Frauenministerin<br />
Gabriele Heinisch-Hosek dazu. Sie begrüßt die Initiative, da<br />
sie gerade für Gewaltopfer die Hemmschwelle senkt, sich Hilfe zu holen.<br />
Das chronisch unterfin<strong>an</strong>zierte Angebot wird daher ab heuer durch das<br />
Frauenministerium beim Ausbau unterstützt, eine zusätzliche Mitarbeiterin<br />
konnte eingestellt werden. Frauen brauchen keine Mailadresse <strong>an</strong>zugeben,<br />
die Datenübermittlung wird verschlüsselt. „Für junge Frauen,<br />
die selbstverständlich im Internet unterwegs sind, und Frauen am L<strong>an</strong>d,<br />
die keine Beratungsstelle in der Nähe haben, ist das Angebot interess<strong>an</strong>t“,<br />
so Heinisch-Hosek. Zusätzlich bietet der Online-Service Informationen<br />
in Gebärdensprache. fis<br />
www.frauenberatenfrauen.at<br />
homo.ehe<br />
Neuer KostNixLaden in Bau<br />
Es wurde wieder in die Hände gespuckt: Anf<strong>an</strong>g Februar ist in Wien in<br />
der Pfeilgasse 33 wieder fleißig gewerkt worden. Die Baustelle: ein 330<br />
Quadratmeter großer Freiraum, die neue „Schenke“ mit <strong>an</strong>geschlossenem<br />
KostNixLaden. Damit entsteht in Wien ein zweiter KostNixLaden<br />
(neben jenem in der Zentagasse). Die Idee:„einkaufen“ ohne Geld. Konkret<br />
bedeutet das, dass Menschen Dinge vorbeibringen können, für die<br />
sie keine Verwendung mehr haben und/oder Dinge mitnehmen, die sie<br />
benötigen. Wichtig dabei: Die Sachen müssen funktionieren bzw. wirk-<br />
adipositively II<br />
Cupcake<br />
Bevin Br<strong>an</strong>l<strong>an</strong>dingham mag Cupcakes offenbar<br />
lieber als Donuts. Nach diesen muffinähnlichen<br />
Kuchen hat sie jedenfalls ihr<br />
„Cupcake Cabaret“ ben<strong>an</strong>nt, in dem sie performt<br />
, wie m<strong>an</strong> eine „Queer Fat Femme“ wird.<br />
Die „Fationista“ betreibt außerdem den Blog<br />
„The queer fat femme guide to life“ und das<br />
Audio-Magazin „FemmeCast“. Ihre Motivation:<br />
„I believe in the power of community to<br />
bring strength to marginalized identity.“<br />
Yeah, Fat Feminism: The fat is in the fire!<br />
http://queerfatfemme.com
lich brauchbar sein. Damit der Laden weder zu einer Müllhalde mutiert<br />
noch komplett leer geräumt wird, dürfen pro Person und Tag maximal<br />
drei Gegenstände mitgenommen werden. Das breite Angebot<br />
in der Zentagasse umfasst unter <strong>an</strong>derem CDs, Kleider, Bücher und<br />
Haushaltsartikel.<br />
Die KostNixLäden, die sich selbst als „wissenschaftliche Mikroexperimente,<br />
aber auch als direkter Beitrag zu einem selbstbestimmten<br />
Leben ohne kapitalistische Zwänge verstehen“, wollen auch menschliche<br />
Vereinzelung überbrücken. Dass das klappt, haben die helfenden<br />
Hände in der Pfeilgasse schon gemeinschaftlich bewiesen. pix<br />
Infos unter: www.kostnixladen.at, www.autoorg<strong>an</strong>isation.org/mediawiki/index.php/Schenke<br />
verhütung<br />
Prozess-Auftakt gegen Tierschützer_innen<br />
Am 2. <strong>März</strong> beginnt der Prozess nach „§278a – Kriminelle Org<strong>an</strong>isation“<br />
gegen zehn Personen aus der Tierschützer_innen-Szene, die im<br />
Mai 2008 teilweise verhaftet bzw. <strong>an</strong>geklagt wurden. Ihnen wird die<br />
Bildung einer kriminellen Org<strong>an</strong>isation vorgeworfen, unter <strong>an</strong>derem<br />
deshalb, weil sie Demos org<strong>an</strong>isiert oder Aktivist_innen aus dem Ausl<strong>an</strong>d<br />
bei sich beherbergt haben – „Aktivitäten“ wie sie bei jeder sozialkritischen<br />
Bewegung vorkommen.<br />
Werden die Tierschützer_innen tatsächlich verurteilt, schafft das<br />
einen Präzedenzfall, nach dem weiter gegen <strong>an</strong>dere aktivistische<br />
Gruppen vorgeg<strong>an</strong>gen werden könnte. Daher regt sich rund um den<br />
Prozessbeginn reichlich Widerst<strong>an</strong>d: Die Großdemo am 27. Februar ist<br />
der Auftakt für weitere Proteste und Aktionen während der vierwöchigen<br />
Prozesszeit, um Solidarität bzw. Unmut gegen Repression zum<br />
Ausdruck zu bringen. trude<br />
www.<strong>an</strong>tirep2008.tk<br />
aktion<br />
Sexistische Werbung gesetzlich verbieten<br />
Dass Werbung – frau denke nur <strong>an</strong> den letzten Bundesheer-Werbespot<br />
– gerne platt und vor allem sexistisch daherkommt, ist nichts<br />
Neues. Bisher konnte frau in Österreich allerdings bis auf eine Beschwerde<br />
beim Werberat, der ein freiwilliges Selbstregulierungsinstrument<br />
der Werbebr<strong>an</strong>che ist, wenig unternehmen.<br />
Geht es nach Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, soll das<br />
nun <strong>an</strong>ders werden: Sie möchte Sexismus in der Werbung gesetzlich<br />
verbieten. Vorstellbar wäre das etwa durch eine Änderung im Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsgesetz.<br />
Heinisch-Hosek will hier aber auch tatsächliche<br />
S<strong>an</strong>ktionen – also in Form von Strafen – festhalten und nicht nur eine<br />
zahnlose Lösung erreichen. Dafür, so die Einschätzung der Frauenministerin,<br />
gebe es derzeit in der ÖVP allerdings keine Mehrheit. trude<br />
http://diest<strong>an</strong>dard.at<br />
www.furche.at<br />
10 Jahre dieSt<strong>an</strong>dard.at<br />
Am Weltfrauentag feiert die feministische Online-Zeitung<br />
dieSt<strong>an</strong>dard.at ihren zehnten Geburtstag. Die Schwesternseite des<br />
österreichischen Nachrichtenportals derSt<strong>an</strong>dard.at zählt heute bis<br />
zu 160.000 Besucher_innen pro Monat. FIONA S ARA S CHMIDT sprach<br />
mit dieSt<strong>an</strong>dard-Redakteurin BEATE H AUSBICHLER.<br />
Wie kam es zur Gründung von dieSt<strong>an</strong>dard.at?<br />
Ende der 90er gab es sowohl bei dem bestehenden Frauennetzwerk<br />
der Print-Ausgabe als auch bei derSt<strong>an</strong>dard.at die Idee, eine tagesaktuelle<br />
Seite mit feministischen und frauenpolitischen Inhalten zu<br />
machen. Am 8. <strong>März</strong> 2000 wurde dieSt<strong>an</strong>dard.at gestartet.<br />
Die Seite ist in die Themenbereiche Politik, Meinung, Arbeitswelten,<br />
Kultur, Wissenschaft und Alltag (z.B. Verhütung, Medien, Werbung) gegliedert.<br />
Von Montag bis Freitag wird sie jeweils von einer Redakteurin<br />
mit tagesaktuellen Meldungen gefüllt, dazu kommen unsere eigenen<br />
Artikel, Kommentare, Pros & Kontras, Rezensionen usw. Heute sind wir<br />
fünf Frauen, die zwischen zehn und dreißig Stunden in der Redaktion<br />
arbeiten, bis auf eine sind wir alle freie Dienstnehmerinnen.<br />
Welche thematischen Veränderungen gab es seit der Gründung?<br />
Das Sp<strong>an</strong>nungsfeld „Multikulturalismus und Feminismus“ ist in den<br />
letzten Jahren verstärkt Thema geworden – im Sinne von Frauenrechten<br />
als Rechte mit „westlichen Moralvorstellungen“. Außerdem<br />
haben queere Perspektiven <strong>an</strong> Relev<strong>an</strong>z gewonnen. Ein relativ neues<br />
Phänomen ist auch, dass Gleichberechtigung in der Öffentlichkeit zunehmend<br />
als „Männerdiskriminierung“ durchgeht. Die Kluft zwischen<br />
Realität (z.B. schlechtere Löhne für Frauen) und öffentlicher<br />
Wahrnehmung („Es gibt schon genug Frauenförderungsmaßnahmen“)<br />
ist meines Erachtens größer geworden.<br />
Wie beeinflusst das Internet die Relev<strong>an</strong>z von feministischem Journalismus?<br />
Tagesjournalismus mit einem feministischen Anspruch muss besonders<br />
berücksichtigen, dass nicht alle LeserInnen zu den jeweiligen<br />
Themen den gleichen Wissensst<strong>an</strong>d haben, und soll auch für weniger<br />
Informierte zugänglich sein. Als Internetmedium ist es möglich, über<br />
Links auf ähnliche Seiten, Initiativen, Projekte u.ä. zu verweisen und<br />
auch ohne Redaktion im Rücken in Blogs zu schreiben. Im Fall von<br />
dieSt<strong>an</strong>dard.at ist es sicher auch so, dass Leute auf feministische Themen<br />
stoßen, die sonst damit nicht in Berührung kämen.<br />
Welche Auswirkungen hat die „Zitrone“, die ihr regelmäßig für sexistische<br />
Statements und Medieninhalte vergebt?<br />
Wir bekommen sehr viele Vor<strong>schläge</strong> für Zitronen von LeserInnen, zur<br />
öffentlichen Sensibilisierung tragen die Zitronen also sicher bei. M<strong>an</strong>che<br />
meinen, mit der Kritik von Werbesujets würde nochmals für die jeweilige<br />
Firma geworben werden – herabwürdigende Darstellungen deshalb<br />
zu ignorieren, ist aber dennoch keine Möglichkeit. Hin und wieder<br />
rütteln unsere Zitronen aber auf, und die Politik wird aufmerksam.<br />
http://diest<strong>an</strong>dard.at<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 07
eingetragene partnerschaft<br />
Das Stadthaus nur für Ehepaare<br />
Seit 1. J<strong>an</strong>uar hat Österreich endlich die Eingetragene Partnerschaft. Mit allen Mitteln soll dabei jedoch die heilige<br />
Institution der Ehe geschützt werden. Dass diese ohnehin niem<strong>an</strong>d mehr will, f<strong>an</strong>d Andrea Heinz heraus.<br />
1 Lambda Nachrichten, 6/2009,<br />
Nr. 132, Jg. 31.<br />
08 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
„Es gibt nur wenige Themen,<br />
die so diskutiert wurden wie<br />
die einfache Frage, ob m<strong>an</strong> zwei<br />
Menschen, die l<strong>an</strong>gfristig und<br />
dauerhaft fürein<strong>an</strong>der da sein<br />
und gegenseitig Ver<strong>an</strong>twortung übernehmen<br />
wollen, auch eine rechtliche<br />
Absicherung geben soll. Genau dies be<strong>an</strong>tworten<br />
wir mit dem heutigen Gesetzesbeschluss<br />
mit einem klaren Ja.“<br />
Stolz präsentierte ÖVP-Justizsprecher<br />
Heribert Donnerbauer mit diesen Worten<br />
das im Dezember des Vorjahres beschlossene<br />
Gesetz zur Eingetragenen<br />
Partnerschaft (EP).<br />
Kaum vorstellbar, staunt Christi<strong>an</strong><br />
Högl, Obm<strong>an</strong>n der Homosexuellen-Initiative<br />
(HOSI) Wien, in den „Lambda-<br />
Nachrichten“ – immerhin habe m<strong>an</strong> eine<br />
rechte Mehrheit im Parlament. 1 Bereits<br />
seit knapp 22 Jahren ist die EP ein<br />
erklärtes Ziel der HOSI. Vorbild war, wie<br />
so oft, Sk<strong>an</strong>dinavien: Als erstes L<strong>an</strong>d der<br />
Welt stellte Schweden 1988 gleichgeschlechtliche<br />
Lebensgemeinschaften<br />
den heterosexuellen rechtlich gleich,<br />
Dänemark zog ein Jahr später mit der<br />
EP nach.<br />
„Aufenthaltspartnerschaft“. 2003 r<strong>an</strong>g<br />
Österreich sich durch, auch gleichgeschlechtlichen<br />
Lebensgemeinschaften<br />
die gleichen Rechte wie heterosexuellen<br />
zuzugestehen – allerdings musste<br />
hier der Europäische Gerichtshof für<br />
Menschenrechte ein wenig nachhelfen.<br />
Mit dem am 1. J<strong>an</strong>uar <strong>2010</strong> in Kraft getretenen<br />
Gesetz zur Eingetragenen<br />
Partnerschaft haben Lesben und<br />
Schwule nun zu einem großen Teil dieselben<br />
Rechte und Pflichten wie Ehepartner.<br />
Sie sind ein<strong>an</strong>der zu „gemeinsamem<br />
Wohnen“, einer „Vertrauensbeziehung“<br />
sowie zu „<strong>an</strong>ständiger Begeg-<br />
Foto: Eva Trimmel<br />
nung und Beist<strong>an</strong>d“ verpflichtet. Als<br />
„nächste Angehörige“ können sie zum<br />
Beispiel im Kr<strong>an</strong>kenhaus direkt über<br />
den Zust<strong>an</strong>d ihres/r PartnerIn informiert<br />
werden. Bei der Pflegefreistellung,<br />
steuer-, wohn- und erbrechtlichen<br />
Vorteilen sowie Ansprüchen auf Hinterbliebenenpension<br />
sind sie der Ehe<br />
gleichgestellt, ebenso vor Gericht.<br />
Schließlich – in diesen unseren Zeiten<br />
gar nicht unwichtig – gibt es nun neben<br />
der „Aufenthaltsehe“ auch die<br />
„Aufenthaltspartnerschaft“. „Auch<br />
wenn das Fremdenrecht insgesamt als<br />
rassistisch, nationalistisch und menschenfeindlich<br />
einzustufen ist, haben<br />
einige Menschen durch die EP zumindest<br />
eine Ch<strong>an</strong>ce, l<strong>an</strong>gfristig bei ihren<br />
österreichischen PartnerInnen zu leben<br />
– sollten sie die Antragstellung bei<br />
Rückkehr in ihr Heimatl<strong>an</strong>d überleben“,<br />
„loben“ Christine Klapeer und Karin
Schönpflug von der Lesbenberatung Lila<br />
Tipp diesen Aspekt des Gesetzes.<br />
Christi<strong>an</strong> Högl von der HOSI findet<br />
<strong>an</strong> der EP besonders positiv, dass „durch<br />
ihre Einführung stärker im Bewusstsein<br />
der Allgemeinheit ver<strong>an</strong>kert wird, dass<br />
auch unverheiratete gleichgeschlechtliche<br />
Lebensgemeinschaften den verschiedengeschlechtlichen<br />
gleichgestellt<br />
sind. Das ist zwar schon seit einigen<br />
Jahren der Fall, wurde bisher aber nicht<br />
wahrgenommen, und Lesben und<br />
Schwule haben etwa ihr Recht auf Pflegeurlaub<br />
für den erkr<strong>an</strong>kten Partner<br />
oder die erkr<strong>an</strong>kte Partnerin nicht in<br />
Anspruch genommen.“ Und immerhin,<br />
so Peter Traschkowitsch von der SozialdemokratischenHomosexuellenorg<strong>an</strong>isation<br />
SoHo, hat Österreich nun diesbezüglich<br />
einen Platz im Mittelfeld Europas<br />
eingenommen. Bisher bildete es<br />
nämlich, gemeinsam mit Polen und<br />
Griechenl<strong>an</strong>d, das Schlusslicht.<br />
Ein erster Schritt. Trotz begründeter Freude<br />
ist keine der Initiativen völlig zufrieden<br />
mit dem Erreichten. „Positiv ist auf<br />
jeden Fall, dass mit der EP nun ein erster<br />
Schritt in Richtung Gleichstellung<br />
get<strong>an</strong> wurde. Für uns k<strong>an</strong>n das aber nur<br />
ein Anf<strong>an</strong>g sein“, sagt Christina Blaschun<br />
im Namen des Kollektivs „femme<br />
goes queer“. Gemeinsam mit „The Real<br />
Golden Girls“ und den Grünen Andersrum<br />
hatten die Frauen am 5. J<strong>an</strong>uar<br />
vor dem zuständigen Amt für Bevölkerungswesen<br />
am Magistrat Klagenfurt<br />
eine „Protesthochzeit“ abgehalten.<br />
Denn das Gesetz verwehrt Lesben und<br />
Schwulen die Verpartnerung am St<strong>an</strong>desamt<br />
– <strong>an</strong>geblich aus verwaltungstechnischen<br />
Gründen:„Sonst hätte beispielsweise<br />
jeder St<strong>an</strong>desbeamte alle<br />
auch international geltenden Regeln<br />
ständig parat haben müssen“, sorgt<br />
sich die ÖVP um ihre Beamten. Vielen<br />
Verpartnerungswilligen ist das ein Dorn<br />
im Auge, sie fühlen sich damit als „Sonderfall“<br />
von der Regel ausgeschlossen.<br />
In der Kärntner Hauptstadt fiel die Wahl<br />
etwa auf ein „schmuckloses Büro im<br />
dritten Stock eines tristen Amtsgebäudes“,<br />
so „femmes goes queer“. Gegenüber<br />
geht’s gleich zur Alkoholberatung.<br />
Bürgermeister Christi<strong>an</strong> Schneider zeigte<br />
sich leidlich einsichtig und „lässt“ die<br />
Verpartnerungswilligen nun in den<br />
Festsaal des Europahauses einziehen.<br />
„Das Stadthaus bleibt für Ehepaare“,<br />
ließ er seiner Bek<strong>an</strong>ntmachung pflichtschuldig<br />
folgen.<br />
„Familien“- und „Nach“-Namen. Überhaupt<br />
scheint das die größte Angst der PolitikerInnen<br />
in Sachen EP zu sein: Ja nicht<br />
die heilige Institution der Familie <strong>an</strong>tasten!<br />
Das gebiert teils recht absonderliche<br />
Einfälle. So bekommen Verpartnerte<br />
keinen „Familien“-, sondern lediglich einen<br />
„Nach“-Namen. Als Familie gilt weiterhin<br />
nur die Dreieinigkeit Vater-Mutter-Kind.<br />
Diese Heteronormativität erfordert<br />
wiederum ein zweites Kästchen<br />
auf diversen Formularen. „M<strong>an</strong> darf getrost<br />
Wetten darauf abschließen, dass<br />
die meisten Formulare im ersten Anlauf<br />
falsch ausgefüllt werden. Da wird die<br />
Unwissenheit vieler Leute wohl massiven<br />
unfreiwilligen zivilen Ungehorsam<br />
hervorrufen“, vermutet Christi<strong>an</strong> Högl.<br />
Während das Gesetz in diesem Punkt<br />
fast wie eine Farce <strong>an</strong>mutet, schränkt es<br />
die PartnerInnen <strong>an</strong> <strong>an</strong>derer Stelle elementar<br />
ein: Im gemeinsamen Haushalt<br />
lebende Kinder können vom Partner/<br />
von der Partnerin nicht als Stiefkind <strong>an</strong>genommen,<br />
Adoptionen nicht von beiden<br />
PartnerInnen durchgeführt werden.<br />
Auch „medizinisch unterstützte<br />
Fortpfl<strong>an</strong>zung [ist] nur in einer Lebensgemeinschaft<br />
von Personen verschiedenen<br />
Geschlechts zulässig.“ 2 „Wir raten<br />
daher Paaren, die ein Kind mit in die<br />
neue Beziehung nehmen, von einer Eintragung<br />
ihrer PartnerInnenschaft ab, da<br />
es hier im Gesetz zu Verschlechterungen<br />
kommt“, erklärt Marco Schreuder<br />
von den Grünen Andersrum.<br />
Ehereform, bitte kommen! Ein weiteres Anliegen<br />
der Grünen Andersrum: Das geltende<br />
Eherecht soll nicht nur auf l<strong>an</strong>ge<br />
Sicht auch für lesbische und schwule<br />
Paare geöffnet werden – es sei vor allem<br />
„dringend reformbedürftig“. „Viele<br />
Menschen, egal ob lesbisch, schwul, bisexuell,<br />
tr<strong>an</strong>ssexuell oder heterosexuell,<br />
halten das Eherecht für <strong>an</strong>tiquiert und<br />
patriarchal konzipiert.“ So auch Högl<br />
von der HOSI:„Die rechtlichen Grundlagen<br />
für die österreichische Ehe sind<br />
längst reformbedürftig. Teilweise sind<br />
sie im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch<br />
in Bestimmungen festgeschrieben,<br />
die aus 1812 stammen, teilweise<br />
im Ehe-Gesetz, das ein nach wie<br />
vor bestehendes Relikt aus der Nazi-Zeit<br />
darstellt. In Deutschl<strong>an</strong>d hat m<strong>an</strong> das<br />
übrigens längst modernisiert“, sagt<br />
Högl.„Wir bewerten es daher als<br />
äußerst positiv, dass die EP vieles <strong>an</strong> diesem<br />
historischen, teilweise recht patriarchalisch<br />
<strong>an</strong>mutenden Ballast nicht<br />
mitschleppt.“ So sind Eingetragene PartnerInnen<br />
nicht zur Treue verpflichtet,<br />
und auch eine Scheidung lässt sich wesentlich<br />
leichter und schneller durchführen,<br />
als das bei einer Ehe der Fall ist.<br />
Doch auch die EP normiert und<br />
schließt aus, denn sie etabliert auf<br />
„Viele Menschen – egal ob lesbisch, schwul, bisexuell, tr<strong>an</strong>ssexuell oder heterosexuell<br />
– halten das Eherecht für <strong>an</strong>tiquiert und patriarchal konzipiert.“<br />
rechtlicher Ebene eine neue, duale Beziehungsnorm:<br />
Hetero- und Homosexualität.<br />
Die heterosexuelle Ehe wird<br />
durch die „<strong>an</strong>dere“ Partnerschaft weiter<br />
als normgebende Inst<strong>an</strong>z bestätigt. Andere<br />
Lebensformen werden dagegen<br />
gänzlich ausgeblendet. „Das wirklich<br />
gravierende Problem beim derzeitigen<br />
EP-Gesetz ist die Verleumdung, Ausblendung,<br />
Nicht-Anerkennung und Diskriminierung<br />
von LGBT-Familien“, sagen<br />
Christine und Karin von LilaTipp.<br />
Heiraten in Traum-Location. Ungeachtet aller<br />
Diskussionen haben sich bereits am<br />
erstmöglichen Termin, dem 4. J<strong>an</strong>uar,<br />
vier Paare getraut. Eines von ihnen besiegelte<br />
damit eine mehr als 50-jährige<br />
Beziehung. Für das Jahr <strong>2010</strong> rechnet<br />
die Stadt Wien mit bis zu 450 Trauungen.<br />
Und zumindest ein paar ÖsterreicherInnen<br />
freuen sich g<strong>an</strong>z ehrlich<br />
und uneingeschränkt über die neue<br />
EP: „Wedding Pl<strong>an</strong>er“ und <strong>an</strong>dere<br />
Geschäftstüchtige haben sich so einiges<br />
einfallen lassen und werben damit,<br />
dass diverse Traum-Locations<br />
„auch“ gleichgeschlechtlichen Hochzeitspaaren<br />
einen warmherzigen Empf<strong>an</strong>g<br />
bereiten. ❚<br />
partnerschaft eingetragene<br />
2 Österreichisches Parlament:<br />
Materialien zum EPG. 485 der Beilagen<br />
XXIV. GP - Regierungsvorlage –<br />
Erläuterungen.<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 09
frauen armut<br />
Wenn der Sozialstaat<br />
versagt<br />
<strong>2010</strong> ist das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer<br />
Ausgrenzung. Da gibt die Politik etwas Geld her für wichtige Projekte und<br />
verspricht Besserung. Aber was braucht es tatsächlich im Kampf gegen<br />
Frauenarmut? Von Gabi Horak<br />
Die Armutskonferenz ist das Österreichische<br />
Netzwerk gegen Armut<br />
und soziale Ausgrenzung. Von 23. bis<br />
24. Februar f<strong>an</strong>d die 8. Armutskonferenz<br />
unter dem Motto<br />
„Geld.Macht.Glücklich“ in St. Virgil,<br />
Salzburg, statt.<br />
Infos: www.armutskonferenz.at<br />
Links:<br />
Österreichische Frauenhäuser:<br />
www.aoef.ats<br />
WAVE: www.wave-network.org<br />
Buchtipp:<br />
Schenk, Martin/ Moser, Michaela: Es<br />
reicht. Für alle. Wege aus der Armut.<br />
Wien, Deuticke <strong>2010</strong>. (siehe Rezension<br />
S. XY)<br />
10 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Die im Herbst 2009 beschlossene<br />
Mindestsicherung in<br />
Österreich ist zu wenig. „Sie<br />
wird die Armut nicht wirklich<br />
bekämpfen. Zumindest in Wien<br />
ist sie nicht viel höher als zuletzt<br />
die Sozialhilfe, das macht keinen Unterschied“,<br />
sagt Andrea Abedi von der<br />
Caritas Sozialberatung „Genea“. Und<br />
wird das Europäische Jahr gegen Armut<br />
etwas bringen? „Es wird wohl<br />
viel sichtbar gemacht werden, aber<br />
sonst habe ich keine großen Erwartungen.“<br />
Sichtbar werden – das wäre<br />
schon mal ein Anf<strong>an</strong>g. Gerade was<br />
Frauenarmut betrifft, lässt schon die<br />
Datenlage zu wünschen übrig. Armutsbetroffene<br />
Frauen verschwinden<br />
im „Haushaltseinkommen“,<br />
schlagen sich zu einem großen Teil<br />
als Alleinerzieherinnen oder Mindestpensionistinnen<br />
durch, sind Migr<strong>an</strong>tinnen,<br />
die bei der Trennung vom<br />
Ehem<strong>an</strong>n noch dazu die Aufenthaltsbewilligung<br />
verlieren. Armut hat viele<br />
Gesichter.<br />
Niem<strong>an</strong>d ist nur arm. „Das öffentliche<br />
Bewusstsein für Armutsrisiken und<br />
ihre Folgen zu stärken – Hauptziel<br />
des EU-Jahres – ist ein gutes Anliegen“,<br />
meint Margit Appel von der<br />
Katholischen Sozialakademie und<br />
Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe<br />
„Frauen und Armut“ innerhalb der<br />
Armutskonferenz. Aber:„In welche<br />
Sichtweise von Armut ist das eingebettet?<br />
In der EU werden Armut und<br />
Ausgrenzung als ein Zust<strong>an</strong>d gesehen,<br />
der verhindert, das volle Potenzial<br />
jedes Einzelnen auszuschöpfen.<br />
Durch diese geminderte Fähigkeit<br />
nehmen die Teilnahme am gesellschaftlichen<br />
Leben und die wirtschaftliche<br />
Entwicklung Schaden.<br />
Von sozialer Gerechtigkeit ist das<br />
sehr weit entfernt!“<br />
ARMUT<br />
Armutsgefährdungsschwelle<br />
(= 60 Prozent des Medi<strong>an</strong>einkommens)<br />
1 Erwachsene/r: 951 Euro im Monat<br />
1 Erwachsene /1 Kind: 1.236 Euro<br />
rund 1 Million Menschen in Österreich<br />
(12,4 Prozent) sind demnach<br />
von Einkommensarmut betroffen.<br />
Höchstes Armutsrisiko<br />
Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft:<br />
30 Prozent<br />
Ein-Eltern-Haushalte: 29 Prozent<br />
Alleinlebende Frauen mit Pension:<br />
24 Prozent<br />
Alleinlebende Frauen ohne Pension:<br />
20 Prozent<br />
Alleinlebende Männer: 16 Prozent<br />
Working Poor stellen mit 46 Prozent<br />
die größte Gruppe der Armutsgefährdeten<br />
im Erwerbsalter dar.<br />
Fin<strong>an</strong>zielle Deprivation<br />
Ein Fünftel der Bevölkerung k<strong>an</strong>n<br />
sich zwei oder mehr dieser Merkmale<br />
des Mindestlebensst<strong>an</strong>dards nicht<br />
leisten:<br />
• Wohnung <strong>an</strong>gemessen warm halten<br />
• Regelmäßige Zahlungen (Wohnung,<br />
Kredit) rechtzeitig begleichen<br />
können<br />
• Notwendige Arzt/Zahnarztbesuche<br />
in Anspruch nehmen<br />
• Unerwartete Ausgaben bis zu 900<br />
Euro (z.B. Reparaturen) fin<strong>an</strong>zieren<br />
können<br />
• Bei Bedarf neue Kleidung kaufen<br />
können<br />
• Jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch<br />
oder vergleichbare vegetarische<br />
Speisen<br />
• FreundInnen oder Verw<strong>an</strong>dte einmal<br />
im Monat zum Essen einladen<br />
können<br />
M<strong>an</strong>ifeste Armut<br />
(= Einkommensarmut + fin<strong>an</strong>zielle<br />
Deprivation)<br />
492.000 Menschen (6 Prozent) in<br />
Österreich<br />
26 Prozent aller m<strong>an</strong>ifest Armen haben<br />
keine österreichische Staatsbürgerschaft<br />
(Quelle: Statistik Austria im Auftrag des BMASK: Armutsgefährdung<br />
in Österreich. EU-SILC)
Die Arbeitsgruppe „Frauen und Armut“<br />
wird im Oktober eine Broschüre<br />
veröffentlichen, die sich auf Deutsch,<br />
Englisch, Serbokroatisch und Türkisch<br />
direkt <strong>an</strong> armutsbetroffene Frauen<br />
wendet. Sie soll die Frauen ermutigen,<br />
sich nicht für ihre Armut zu schämen,<br />
sich über ihre Rechte zu informieren<br />
und diese auch einzufordern.<br />
Sichtbar werden, sich nicht schämen<br />
müssen, nicht nur Betroffene sein,<br />
sondern AkteurIn mit Rechten und legitimen<br />
Bedürfnissen – diese grundlegende<br />
Bewusstseinsarbeit steht im<br />
Zentrum em<strong>an</strong>zipatorischer Projekte im<br />
Kampf gegen Armut.<br />
Michaela Moser, Sozialexpertin der<br />
Armutskonferenz, betont, wie wichtig<br />
dieser Perspektivenwechsel ist. Frauen,<br />
die in materieller Armut leben, dürfen<br />
nicht auf diesen Aspekt ihrer Identität,<br />
auf ihre Rolle als Bittstellerinnen, reduziert<br />
werden:„Vielmehr geht es darum,<br />
sie in der – wenn auch eingeschränkten<br />
– Vielfalt ihres Lebensvollzugs z u<br />
sehen, mit all ihrem Potenzial, ihren<br />
Gefühlen, Ängsten, Vor<strong>schläge</strong>n und<br />
Perspektiven. Sie leben in einem Netz<br />
<strong>an</strong> Beziehungen und sind nicht nur ,Armutsbetroffene’.“<br />
Armutsrisiko Gewalt. Einem Teil dieses Beziehungsnetzes<br />
widmen sich die Österreichischen<br />
Frauenhäuser in ihrem Projekt<br />
zum EU-Jahr gegen Armut. Sie bieten<br />
Fortbildungen für betriebliche<br />
Führungskräfte, BetriebsrätInnen und<br />
Vertrauenspersonen, damit diese von<br />
häuslicher Gewalt betroffene Mitarbeiterinnen<br />
erkennen und besser unterstützen<br />
können.<br />
Das WAVE-Netzwerk (Women<br />
Against Violence Europe) arbeitete zuletzt<br />
<strong>an</strong> dem zweijährigen EU-Projekt<br />
„GenderWorks“. Ziel war es, den Zusammenh<strong>an</strong>g<br />
von Gewalt gegen Frauen<br />
und Armut herauszuarbeiten. Die umf<strong>an</strong>greichen<br />
Ergebnisse werden in Kürze<br />
in einem detaillierten Bericht veröffentlicht,<br />
der u.a. die besonders prekäre Situation<br />
von gewaltbetroffenen Frauen<br />
mit Kindern aufzeigt: Oft ist das Ende<br />
einer Gewaltbeziehung der Beginn eines<br />
Lebens als Alleinerzieherin, was das<br />
höchste Armutsrisiko darstellt.<br />
Eckpfeiler der Armutsbekämpfung. Ende Februar<br />
f<strong>an</strong>d die 8. Armutskonferenz des<br />
gleichnamigen Netzwerks statt. Umver-<br />
teilung und Lebensqualität st<strong>an</strong>den im<br />
Mittelpunkt der Diskussionsforen, bei<br />
denen ExpertInnen der Theorie und ExpertInnen<br />
der Praxis (sogen<strong>an</strong>nte „Armutsbetroffene“)<br />
gemeinsam <strong>an</strong> Entwürfen<br />
für die Zukunft arbeiteten. Im<br />
EU-Jahr sind besonders viele Projekte<br />
und Aktionen gepl<strong>an</strong>t, insbesondere Interventionen<br />
im öffentlichen Raum.<br />
Denn noch immer ist das Sichtbarmachen<br />
ein Haupt<strong>an</strong>liegen der Armutskonferenz.<br />
Michaela Moser plädiert für einen<br />
Strategiewechsel, um Armut nachhaltig<br />
zu bekämpfen: „Eine erneuerte Politik<br />
des Sozialen, die Bedürftigkeit als<br />
menschlichen Normalzust<strong>an</strong>d erkennt<br />
und die den Blick vom M<strong>an</strong>gel abwendet.“<br />
„Es ist genug für alle da!“ lautet<br />
ein Slog<strong>an</strong> der österreichischen Armutskonferenz,<br />
der deutlich machen<br />
will, dass Armutsbekämpfung vor allem<br />
eine Verteilungsfrage ist. Drei Eckpfeiler<br />
seien notwendig für eine wirksame<br />
Armutsbekämpfung: 1. Einkommen<br />
umverteilen durch das Recht auf<br />
monetäre Mindestsicherung über der<br />
Armutsgrenze sowie eine faire Belastung<br />
von Vermögen und Vermögenszuwächsen;<br />
2. soziale Infrastruktur sicherstellen<br />
und damit für alle den Zug<strong>an</strong>g<br />
zu Bildung, Gesundheitsversorgung,<br />
öffentlichem Verkehr,<br />
Versorgung mit Grundgütern wie Wasser<br />
und Energie, aber auch zu Beratungs-<br />
und Betreuungsleistungen sichern;<br />
3. Arbeitsplätze und Arbeitszeit<br />
neu gestalten.<br />
Denn Arbeit sei nicht nur Geldverdienen,<br />
meint Moser: „Es hat auch mit<br />
Sinn- und Identitätsstiftung zu tun,<br />
mit Freude <strong>an</strong> sozialer Interaktion und<br />
dem Einsatz eigener Talente.“ Derzeit<br />
gelte jedoch die Devise: „Hauptsache<br />
Arbeit!“ Auch wenn das heißt: schlecht<br />
bezahlt, ohne Perspektive, sinntötend<br />
und gesundheitsschädigend. Nicht zuletzt<br />
wird in den Diskussionen um Reformen<br />
des Sozialstaates allzu oft „vergessen“,<br />
dass die Verliererinnen des<br />
kränkelnden Systems vor allem Frauen<br />
sind – und zwar weil sie neben dser<br />
(Erwerbs-)Arbeit auch den Großteil der<br />
Fürsorge in der Familie übernehmen.<br />
Und sol<strong>an</strong>ge diese Fürsorgearbeit<br />
nicht in das Konzept von Arbeit mit<br />
einbezogen wird, sind wir wohl von gerechter<br />
Verteilung noch Lichtjahre entfernt.<br />
❚<br />
Beate Hammond<br />
Marie Nejar wird achtzig<br />
Heutzutage sind singende Kinderstars ziemlich aus der Mode<br />
(Schnappi-singende Mädchen einmal ausgenommen). Früher,<br />
besonders nach dem Zweiten Weltkrieg, f<strong>an</strong>d die Gesellschaft<br />
allerdings nichts dabei, sich <strong>an</strong> den Darbietungen Minderjähriger<br />
zu erfreuen. So l<strong>an</strong>ge die Kinder klein, zart und schnuckelig<br />
waren, wurden sie vom Publikum geliebt. Mit dem tatsächlichen<br />
Alter wurde d<strong>an</strong>n auch mal geschummelt, damit das mit<br />
dem Kindchenschema stimmte.<br />
So kam es dazu, dass aus einer talentierten jungen Frau namens<br />
Marie Nejar ein Kinderstar wurde, der auf der Bühne fast<br />
nie ohne Teddybär auftrat. Im Sommer 1949 wird die schwarze<br />
Deutsche Marie Nejar durch einen Zufall am Timmendorfer<br />
Str<strong>an</strong>d entdeckt. Sogar Charlie Chaplin lobt ihre Stimme. Als<br />
Leila Negra feiert sie in den 1950er Jahren große Erfolge in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d und Österreich.<br />
Zu dieser Zeit tritt sie regelmäßig in Wien auf. Bei einem<br />
„Hausfrauen-Nachmittag“ ( ja, so etwas gab es) im Wiener<br />
Konzerthaus wird sie als „schwarzer Singvogel“ <strong>an</strong>gekündigt.<br />
Ein paar Monate später hat sie einen weiteren Auftritt, diesmal<br />
als neuer „Liebling der Wiener“: Im Fr<strong>an</strong>z-Antel-Film „Die<br />
süßesten Früchte“ singt sie 1953 im Duett mit Peter Alex<strong>an</strong>der<br />
die Titelmelodie.<br />
Abseits der Bühne kam es trotz aller Berühmtheit zu un<strong>an</strong>genehmen<br />
Erlebnissen. In einem Wiener Str<strong>an</strong>dbad stört sich eine<br />
Frau mit den Worten „Ich muss mich gleich übergeben“ <strong>an</strong><br />
ihrem Anblick. Die Frau entschuldigt sich erst, als ihre Freundin<br />
sie darauf hinweist, wen sie vor sich hat. Mit Ende Zw<strong>an</strong>zig<br />
steht Nejar immer noch mit Teddybär im Arm auf der Bühne<br />
und singt Lieder von traurigen schwarzen Menschen. Sie wechselt<br />
den M<strong>an</strong>ager, doch als dieser tödlich verunglückt, gibt sie<br />
ihre Ges<strong>an</strong>gskarriere auf und lernt „etwas Anständiges“. Sie<br />
wird Kr<strong>an</strong>kenschwester und arbeitet bis zur Pensionierung in<br />
diesem Beruf.<br />
Mit 77 Jahren wird ihre Autobiografie zum Bestseller. Am 20.<br />
<strong>März</strong> wird Marie Nejar achtzig Jahre alt.<br />
Marie Nejar: Mach nicht so traurige Augen …<br />
Rowohlt Verlag, 2007<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 11
international <strong>an</strong>.riss<br />
fußball.wm<br />
„Save the Early Morning Market“<br />
In Durb<strong>an</strong>, Südafrika, haben 6.000 StraßenhändlerInnen den Kampf gegen<br />
die Zerstörung ihres Arbeitsplatzes aufgenommen. Ihre Bemühungen<br />
richten sich gegen die Pläne der Gemeinde, auf dem Warwick Markt<br />
bis zur Fußballweltmeisterschaft <strong>2010</strong> ein Einkaufszentrum zu errichten.<br />
Derzeit bietet der Markt im Stadtzentrum <strong>an</strong> geschäftigen Tagen<br />
bis zu 8.000 StraßenhändlerInnen ein sicheres Einkommen. Mit der Errichtung<br />
eines Einkaufszentrums würde die Gemeinde nicht nur die<br />
Existenzgrundlage tausender Menschen zerstören, sondern auch einen<br />
sozialen Knotenpunkt.<br />
Aufgrund der drohenden Schließung des Marktes kam es im letzten<br />
Jahr zu Ausein<strong>an</strong>dersetzungen zwischen HändlerInnen und der Polizei,<br />
wobei sieben Frauen schwer verletzt wurden. Ihre Erfahrungen mit der<br />
Gewalt seitens der Polizei verarbeiteten einige Frauen mit Aktionen <strong>an</strong>lässlich<br />
des Tages „Gegen Gewalt <strong>an</strong> Frauen“. leka<br />
www.frauensolidaritaet.org<br />
Online-Petition zur Erhaltung des Marktes: www.ipetitions.com/petition/warwickjunction<br />
nach.ruf<br />
Mary Daly (1928–<strong>2010</strong>)<br />
Die US-amerik<strong>an</strong>ische Theologin und Philosophin Mary Daly ist am 3.<br />
Jänner im Alter von 81 Jahren gestorben. Daly wurde durch ihre, durchwegs<br />
umstrittene, radikalfeministische Kritik <strong>an</strong> der christlichen Kirche<br />
12 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Foto: David J. Roberts<br />
und ihrer Patriarchats<strong>an</strong>alyse bek<strong>an</strong>nt. Bereits 1968 erschien ihr Buch<br />
„The Church <strong>an</strong>d the Second Sex“ (deutsch:„Kirche, Frau und Sexus“).<br />
Zu ihren einflussreichsten Werken gehören „Beyond God the Father“<br />
(„Jenseits von Gottvater Sohn & Co.“), in dem sie zum Kirchenaustritt<br />
aufrief, und „Gyn/ecology“, das die systematischen patriarchalen Angriffe<br />
gegen Frauen sowie u.a. die Gynäkologie in den USA als faschistoid<br />
<strong>an</strong>pr<strong>an</strong>gert.<br />
Daly studierte in den USA und der Schweiz, als streitbare „radical<br />
lesbi<strong>an</strong> feminist“ lehrte sie dreißig Jahre l<strong>an</strong>g – trotz massiver Widerstände<br />
– bis Ende der 1990er Theologie am katholischen Boston<br />
College. viyu<br />
www.frauenrat.de<br />
west.sahara<br />
Aminatou Haidar kämpft weiter<br />
Die Menschenrechtsaktivistin Aminatou Haidar geriet Ende 2009 in die<br />
Schlagzeilen, als sie nach einem einmonatigen Hungerstreik am Flughafen<br />
von L<strong>an</strong>zarote die Erlaubnis erhielt, in ihre Heimat Westsahara<br />
zurückzureisen. Die Westsahara ist eine ehemalige sp<strong>an</strong>ische Kolonie,<br />
die nach mehreren Jahren <strong>an</strong>tikolonialistischem Kampf der Frente Polisario<br />
1975 eigentlich befreit gewesen wäre – hätte nicht Sp<strong>an</strong>ien mit<br />
Marokko einen Vertrag abgeschlossen, auf dessen Grundlage Marokko<br />
bis heute zwei Drittel des L<strong>an</strong>des besetzt hält und Sp<strong>an</strong>ien die Vorrechte<br />
auf ein Drittel des westsaharauischen Phosphats besitzt. Seit Jahrzehnten<br />
wird auf diplomatischem Weg versucht, diese völkerrechtswidrige<br />
Situation zu klären, seit fast zw<strong>an</strong>zig Jahren hält sich die Frente Polisario<br />
<strong>an</strong> einen Waffenstillst<strong>an</strong>d, um eine friedliche Lösung zu ermöglichen. In<br />
der Zwischenzeit leben seit mehr als dreißig Jahren 160.000 Saharauis<br />
in Flüchtlingslagern in der algerischen Wüste.<br />
Aminatou Haidar, die sich stets am zivilen Ungehorsam beteiligte,<br />
mehrfach deswegen im Gefängnis saß und auch gefoltert wurde, war<br />
im November 2009 in die USA gereist, wo sie einen Menschenrechtspreis<br />
erhielt. Bei der Wiedereinreise in die Westsahara gab sie als Nationalität<br />
statt marokk<strong>an</strong>isch saharauisch <strong>an</strong>, worauf sie von Marokko ohne<br />
Papiere nach L<strong>an</strong>zarote abgeschoben wurde, wo sie nun festsaß und<br />
den Hungerstreik beg<strong>an</strong>n. Ende Dezember durfte sie wieder in die Westsahara<br />
einreisen, nachdem zahlreiche Org<strong>an</strong>isationen und PolitikerInnen<br />
für sie eingetreten waren.<br />
Es sind aber nicht nur Marokko und Sp<strong>an</strong>ien, die vom ungeklärten<br />
(post-)kolonialen Status der Westsahara profitieren, indem sie die vielen<br />
Bodenschätze abbauen. Die EU bezahlt jährlich Millionen <strong>an</strong> Marokko<br />
für die Erlaubnis, die besonders reichen Fischbestände <strong>an</strong> der westsaharauischen<br />
Küste auszubeuten.<br />
Aminatou Haidar wurde von Sp<strong>an</strong>ien schon mehrfach politisches<br />
Asyl <strong>an</strong>geboten – sie hat immer abgelehnt. sylk<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Aminatou_Haidar, http://lesahraoui.vox.com/<br />
gleich.berechtigt<br />
Vorreiter Mexiko<br />
Mexiko City ist die erste Stadt und der erste Bundesstaat Lateinamerikas,<br />
der die Homo-Ehe eingeführt hat. Fast zeitgleich wurde Ende 2009<br />
von der linken Mehrheit im Parlament von Mexiko-Stadt auch das Adoptionsrecht<br />
für gleichgeschlechtliche Ehepaare durchgesetzt. In <strong>an</strong>deren
lateinamerik<strong>an</strong>ischen Ländern wie Argentinien sieht es dahingegend<br />
leider weniger rosig aus. Anf<strong>an</strong>g Dezember wurde in Buenos Aires nämlich<br />
die erste gleichgeschlechtliche Ehe per Gerichtsbeschluss verhindert.<br />
Zwar gab es vereinzelt Städte, u.a. auch Buenos Aires, in denen<br />
gleichgeschlechtliche Partnerschaften eingetragen werden konnten, jedoch<br />
blieb Schwulen und Lesben das Recht auf gleichberechtigte Eheschließung<br />
bisl<strong>an</strong>g überall verwehrt. Anders in der Hauptstadt Mexikos,<br />
wo gleichgeschlechtliche Paare nun ab Februar, bereits 45 Tage nach der<br />
gesetzlichen Verabschiedung, heiraten dürfen. cami<br />
www.pagina12.com, http://diest<strong>an</strong>dard.at, www.gaywien.at<br />
indien<br />
Wahlbehörde <strong>an</strong>erkennt drittes Geschlecht<br />
Indischen Tr<strong>an</strong>s*personen wird das Ausfüllen von Wahlformularen demnächst<br />
deutlich erleichtert. Die indische Wahlbehörde gab kürzlich bek<strong>an</strong>nt,<br />
dass sie ab <strong>2010</strong> auf ihren Wahlscheinen nicht nur die Geschlechtsbezeichnungen<br />
„männlich“ und „weiblich“ führen wird, sondern<br />
auch eine dritte Vari<strong>an</strong>te:„other“. Damit will sie der knapp 50.000<br />
Personen umfassenden Gemeinde der Tr<strong>an</strong>ssexuellen, Hijras und Eunuchen<br />
entgegenkommen.<br />
Der Status der Hijras in Indien ist ambivalent. Zwar galten sie<br />
früher als Menschen mit „übersinnlichen Kräften“ und wurden auch<br />
dementsprechend verehrt, heute leiden sie jedoch zunehmend unter<br />
gesellschaftlicher Stigmatisierung und Ausgrenzung. Vor allem auf dem<br />
Arbeitsmarkt haben Hijras schlechte Ch<strong>an</strong>cen. Vielen bleibt als letzter<br />
Ausweg nur die Prostitution. Nach der Anerkennung durch die Wahlbehörde<br />
hofft die Hijra-Gemeinde nun auf weitere gesellschaftliche und<br />
rechtliche Verbesserungen. leka<br />
www.queer-news.at<br />
www.gi<strong>an</strong>as-return.de<br />
burka.streit<br />
Drei gegen Dänemark<br />
<strong>an</strong>.riss international<br />
In Dänemark ist die seit dem letzten Jahr schwelende Debatte um ein<br />
öffentliches Verbot der Burka erneut entbr<strong>an</strong>nt. Die Hintergründe: Letzten<br />
Herbst hatte die Regierung ein „Burka-Komitee“ einberufen – den<br />
Anstoß dazu gab der Abgeordnete Naser Khader, Integrationssprecher<br />
der dänischen Konservativen Volkspartei. Khader – selbst syrischer Herkunft<br />
– forderte ein Verbot der Burka, des G<strong>an</strong>zkörperschleiers mit dem<br />
vergitterten Sichtfenster, in der Öffentlichkeit, da diese den „dänischen<br />
Werten“ widerspreche.<br />
Nach allgemeinen Umfragen würde auch die Mehrheit der DänInnen<br />
ein solches Gesetz befürworten. Ministerpräsident Lars Løkke<br />
Rasmussen richtete daraufhin das „Burka-Komitee“ ein, um die aktuelle<br />
Lage zu prüfen.<br />
Im Jänner wurden die Ergebnisse der 69-seitigen Studie des „Burka-<br />
Komitees“ bek<strong>an</strong>nt: Demnach gibt es in g<strong>an</strong>z Dänemark nur drei (!)<br />
Frauen, die regelmäßig die Burka <strong>an</strong>legen. Den Niquab, den Gesichtsschleier<br />
mit Augenschlitz, tragen laut Untersuchung etwa ein- bis zweihundert<br />
Frauen. Auch das häufige Argument, Verschleierungen würden<br />
prinzipiell unter Zw<strong>an</strong>g stattfinden, wurde in der Studie relativiert: Mehr<br />
als ein Drittel der dänischen Schleierträgerinnen sind zum Islam konvertierte<br />
Däninnen, die sich freiwillig verhüllen.<br />
Das Tragen der Burka bzw. des Niquab bleibt vorerst weiterhin erlaubt.<br />
Jedoch zweifeln die Rechten die Untersuchungsergebnisse <strong>an</strong>,<br />
und die Liberalen stellen sich zwar gegen ein Verbot, fordern aber Einschränkungen<br />
für Burka-Trägerinnen – u.a. sollen sie nicht zu Prüfungen<br />
zugelassen werden und bei Nutzung öffentlicher Busse dem/der FahrerIn<br />
zur Kontrolle der Monatskarte ihr Gesicht zeigen müssen. viyu<br />
www.fr-online.de, www.sueddeutsche.de<br />
Ich war dreizehn Jahre alt, als ich meiner ersten großen Game-Liebe<br />
begegnete: „The Great Gi<strong>an</strong>a Sisters“. Was die Super Mario Brothers<br />
für die Nintendo-Videogame-Konsole waren, waren die Gi<strong>an</strong>a Sisters<br />
für den Commodore 64 bzw. Amiga. 1987 von Rainbow Arts entwickelt,<br />
wurden die kleinen Pixel-Schwestern schnell zu einem populären<br />
Jump’n’Run-Hit. Bis Nintendo seine Rechte <strong>an</strong> den Italo-<br />
Klemptnern verletzt sah und die Konkurrenz klagte – mit Erfolg.<br />
Trotzdem hat sich bis heute eine ergebene F<strong>an</strong>gemeinde um das<br />
kultige Schwesternpaar gehalten. Und das wohl nicht nur wegen des<br />
kecken Spruchs auf dem Gi<strong>an</strong>a-Cover: „The Brothers are history“. Ironischerweise<br />
brachte gerade Nintendo 2009 das offizielle Sequel für<br />
seine DS-H<strong>an</strong>dheld-Konsole heraus (siehe www.gi<strong>an</strong>a-sisters.com).<br />
„Gi<strong>an</strong>a’s Return“ hingegen wurde von F<strong>an</strong>s entwickelt und ist als<br />
freier Download verfügbar (u.a. für Windows, Mac, Linux und sogar<br />
Dreamcast). Nach gut vierjähriger Programmierarbeit wurde das F<strong>an</strong>-<br />
Projekt pünktlich zu Jahresbeginn veröffentlicht. 56 Levels, versteckte<br />
Bonus-Höhlen, tricky Shortcuts und böse Endgegner lassen das Gamerinnen-Herz<br />
höher schlagen. Jump, Gi<strong>an</strong>a, jump! viyu<br />
februar <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 13
gesine schw<strong>an</strong><br />
Das innere Patriarchat<br />
Norma Cacho ist Mitglied der<br />
mexik<strong>an</strong>ischen Nichtregierungsorg<strong>an</strong>isation<br />
CIEPAC (Centro de<br />
Investigaciones Económicas y<br />
Políticas de Acción Comunitaria) in<br />
S<strong>an</strong> Cristóbal, Chiapas.<br />
Übersetzung aus dem Sp<strong>an</strong>ischen:<br />
Eberhard Albrecht<br />
14 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>:Wie beg<strong>an</strong>n die Andere<br />
Kampagne?<br />
Norma Cacho: Die Andere Kampagne<br />
startete offiziell am 1. J<strong>an</strong>uar<br />
2006. Davor f<strong>an</strong>d eine Reihe<br />
von Treffen mit sozialen und Bauernorg<strong>an</strong>isationen,<br />
indigenen Gemeinden,<br />
Kollektiven, NGOs und Einzelpersonen<br />
statt. Mit einer Rundreise durch die<br />
Bundesstaaten Mexikos beg<strong>an</strong>n die EZ-<br />
LN, Bewusstseinsarbeit für einen gesellschaftlichen<br />
W<strong>an</strong>del in der Bevölkerung<br />
zu leisten und sich darüber auszutauschen.<br />
Ziel war, die Erfahrungen, die<br />
Kämpfe, die Probleme des „Mexiko von<br />
Unten“ kennenzulernen – gleichsam eine<br />
Art Röntgenaufnahme davon zu machen.<br />
Es war von Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong> klar, dass<br />
die Andere Kampagne ein l<strong>an</strong>gfristig<br />
<strong>an</strong>gelegter Prozess sein würde.<br />
Nach den Repressionen in Atenco 2<br />
im Mai 2006 entwickelte die Andere<br />
Kampagne Gegenstrategien, um Widerst<strong>an</strong>d<br />
zu leisten. Allerdings waren diese<br />
nicht sehr konkret, die Tour ebbte daraufhin<br />
ziemlich ab. Ein Aufschwung im<br />
Oktober 2007 führte schließlich zum<br />
Treffen der Indigenen Völker von Amerika<br />
in Vicam, Sonora. Im Augenblick befindet<br />
sich die Kampagne in einer neuen<br />
Phase – m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n es auch als eine Art<br />
Umgruppierung beschreiben, im Augen-<br />
blick entwickeln sich einige sehr interess<strong>an</strong>te<br />
Prozesse.<br />
Als wir das M<strong>an</strong>ifest 3 lasen, schien es<br />
uns, als ob der Feminismus großen Einfluss<br />
in der „Anderen Kampagne“ gehabt<br />
hätte.<br />
Für uns Frauen war es sehr komplex<br />
und voller Brüche. Es wurde versucht<br />
zu spalten, die „Problematik der<br />
Frauen“ wieder einmal auf später zu<br />
verschieben. Als die verschiedenen Arbeitssektoren<br />
der Anderen Kampagne<br />
ben<strong>an</strong>nt wurden, wie z.B. Arbeiter, Bauern<br />
usw. versuchte m<strong>an</strong> uns Frauen in<br />
einen Bereich zusammen mit LGBTQs<br />
(Lesbi<strong>an</strong>, Gay, Bisexual, Tr<strong>an</strong>sgender,<br />
Queer) und den Minderheiten zu<br />
stecken. Obwohl sich die Andere Kampagne<br />
als <strong>an</strong>ti-patriarchal definiert, ist<br />
sie in der Praxis sehr patriarchal und<br />
ziemlich sexistisch. Wir, die feministischen<br />
Kollektive hatten hier große<br />
Schwierigkeiten. Doch wir wollten auch<br />
nicht einen bereits eroberten Raum<br />
wieder aufgeben.<br />
Im Programm zum ersten Forum<br />
der Anderen Kampagne kam z.B. Gender<br />
kaum vor. Von den dreißig Diskussionspunkten,<br />
die auf der Tagesordnung<br />
st<strong>an</strong>den, hieß der letzte: die Rechte von<br />
Frauen respektieren. Es verschleißt<br />
schon sehr, Teil einer Sozialen Bewe-<br />
Foto: Jens Kastner<br />
Mit „La Otra Campaña“ initiierte die EZLN 1 2006 eine breite außerparlamentarische Alli<strong>an</strong>z zur politischen<br />
Mobilisierung „von unten“. Eva Bahl und Zara Pfeiffer sprachen mit Norma Cacho über die Genderverhältnisse<br />
in der „Anderen Kampagne“.<br />
gung zu sein und immer wieder sagen<br />
zu müssen:„Liebe Mitstreiter, wir müssen<br />
aber auch die Forderungen der<br />
Frauen berücksichtigen. Die Fragen von<br />
Gender und Patriarchat müssen diskutiert<br />
werden, meint ihr nicht?“ Wir Frauen<br />
stehen in einer doppelten Ausein<strong>an</strong>dersetzung:<br />
Sowohl mit dem patriarchalen<br />
System <strong>an</strong> sich als auch innerhalb<br />
der Sozialen Bewegung selbst, wo<br />
wir versuchen, die spezifischen Bedingungen<br />
für uns mexik<strong>an</strong>ischen Frauen<br />
zu definieren und zu konkretisieren.<br />
Welche Methoden habt ihr gegen<br />
den Sexismus innerhalb der Anderen<br />
Kampagne entwickelt?<br />
Der Kapitalismus ist patriarchal,<br />
aber nicht nur der, sondern viele politische<br />
Systeme und Bewegungen. Es<br />
reicht also nicht zu fordern, der Kapitalismus<br />
müsse zerstört werden, und zu<br />
glauben, damit würden alle aufhören,<br />
patriarchal zu sein. Und dass dies d<strong>an</strong>n<br />
automatisch für die politische Praxis<br />
und für deine persönlichen Beziehungen<br />
gelten würde.<br />
Wir brauchen einen Raum innerhalb<br />
der Anderen Kampagne, um dort<br />
diskutieren und konkrete Vor<strong>schläge</strong> zu<br />
den Themen machen zu können. Da<br />
geht es noch nicht einmal um Sexismus.<br />
Männer müssen sich die Frage
stellen:W<strong>an</strong>n schaffen wir es, euch einzuschließen?<br />
Denn in der Praxis wird<br />
dieses „auf gleicher Ebene agieren“ sehr<br />
in Frage gestellt. Aber wir wissen auch,<br />
dass es sich um einen Prozess h<strong>an</strong>delt.<br />
Das geht nicht von heute auf morgen.<br />
Wir sind weiter im Kampf und werden<br />
sehen, wie weit wir kommen können.<br />
Beim Lesen der zehn Punkte des M<strong>an</strong>ifestes<br />
ist uns auch aufgefallen, dass<br />
Tr<strong>an</strong>ssexuelle und Intersexuelle ausdrücklich<br />
aufgeführt werden.<br />
Zur Anderen Kampagne wurde sehr<br />
intensiv und breit aufgerufen. Das richtete<br />
sich <strong>an</strong> jeden und jede, der/die interessiert<br />
war und Lust dazu hatte, diese<br />
<strong>an</strong>dere Sache zu schaffen. Damit wurden<br />
auch Gruppen erreicht, die in der Sozialen<br />
Bewegung traditionell am R<strong>an</strong>de stehen<br />
und sich unterordnen müssen. Es<br />
schloss sich also ein breites Spektrum<br />
von Org<strong>an</strong>isationen <strong>an</strong>: Das ging von<br />
Gruppen mit l<strong>an</strong>ger Geschichte bis hin<br />
zu kleinen Kollektiven, die sich erst gerade<br />
bildeten und dabei waren, sich politisch<br />
zu positionieren. So kamen auch Initiativen<br />
dazu, die die Anerkennung der<br />
Vielfalt geschlechtlicher Identitäten fordern,<br />
Inter- und Tr<strong>an</strong>ssexuelle, und legten<br />
ihre Forderungen auf den Tisch, dass sie<br />
gleich zu achten seien wie jede <strong>an</strong>dere<br />
Person in der Kampagne auch.<br />
Es ging also darum, dass sich alle<br />
<strong>an</strong>schließen konnten, aber auch das war<br />
schwer, denn wir haben weiterhin viele<br />
Vorurteile. Auch hier wird der Kampf<br />
weitergehen. Das M<strong>an</strong>ifest ändert die<br />
Einstellung nicht. Wie schon gesagt, befindet<br />
sich die Andere Kampagne im Augenblick<br />
in einer neuen Etappe. L<strong>an</strong>ge<br />
Zeit gab es keine Aktionen, die Koordination<br />
war schwierig. Das G<strong>an</strong>ze hatte<br />
nicht den Zusammenhalt und die Wirkung,<br />
die m<strong>an</strong> sich <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs erhofft hatte.Aktuell<br />
versucht m<strong>an</strong> mittels der Foren,<br />
die es jetzt wieder gibt, sich zu artikulieren<br />
und die Kampagne erneut zum<br />
Brodeln zu bringen.<br />
Es ist wirklich sehr komplex, wenn<br />
m<strong>an</strong> in einer so breiten Initiative alles<br />
zusammenführen will. Diese große Vielfalt<br />
bedeutet auf der einen Seite einen<br />
großen Reichtum, ist aber auch eine<br />
große Herausforderung. Es müssen Formen<br />
gefunden werden, diese Diversität<br />
zu diskutieren. Bei den Versammlungen<br />
kommen ja nur die Leute, die die Möglichkeit<br />
dazu haben. Da k<strong>an</strong>n es schon<br />
mühsam sein, sich einzubringen.<br />
Welche Rolle nehmen denn Feministinnen<br />
innerhalb der Anderen Kampagne<br />
ein?<br />
Es gibt viele Frauenkollektive und -<br />
gruppen, die mitmachen. Aber sie sind<br />
sehr zurückhaltend, wenn es darum<br />
geht, sich öffentlich dem Feminismus<br />
<strong>an</strong>zuschließen. Wirklich schwierig ist,<br />
immer wieder zu erklären, dass der<br />
Feminismus ein interess<strong>an</strong>ter Vorschlag<br />
ist. Es geht nicht darum, dass die Andere<br />
Kampagne feministisch wird, sondern-darum<br />
<strong>an</strong>zuerkennen, dass eine<br />
patriarchale Alternative keine echte Al-<br />
ternative sein. Darum streiten wir auf<br />
allen Ebenen. Wir sind zwar wenige,<br />
aber wir sind da. Wir haben auch am<br />
Marsch der zapatistischen Frauen teilgenommen,<br />
und auch das war schwierig.<br />
Die Genoss_innen sind in einem interess<strong>an</strong>ten<br />
Empowerment-Prozess.<br />
und das ist nicht immer so, wie wir es<br />
gern sehen würden. Am Eing<strong>an</strong>g einer<br />
Gemeinde hing zum Beispiel ein Tr<strong>an</strong>sparent,<br />
auf dem st<strong>an</strong>d zu lesen: In diesen<br />
Tagen können Männer nur d<strong>an</strong>n <strong>an</strong><br />
den Treffen teilnehmen, wenn sie dabei<br />
die Kinder versorgen und das Essen machen.<br />
Das Tr<strong>an</strong>sparent endete allerdings<br />
mit dem Satz: Nach Ende des Treffens<br />
wird alles wieder so sein wie früher.<br />
Das war doch bestimmt Ironie?<br />
Die EZLN hat öffentlich bek<strong>an</strong>nt,<br />
dass eine Frage, in der sie sich stärker<br />
engagieren muss, die Situation der Frauen<br />
ist. Wir erkennen das <strong>an</strong>. Außerdem<br />
sind wir davon überzeugt, dass die autonomen<br />
zapatistischen Gemeinden ihre<br />
Probleme selbst lösen müssen. Wir mischen<br />
uns auch aus einem <strong>an</strong>deren<br />
Grund nicht ein:Wir wissen, dass dort<br />
Gewalt für die Frauen immer noch eine<br />
Realität ist. Dort steht noch viel Arbeit<br />
im Inneren <strong>an</strong>, Selbstkritik ist notwendig.<br />
Wie wird der Feminismus in der mexik<strong>an</strong>ischen<br />
Gesellschaft im Allgemeinen<br />
wahrgenommen?<br />
Am besten beginne ich mit den<br />
grotesken Bezeichnungen, mit denen<br />
wir belegt werden: Lesben, Verbitterte<br />
und Männerfeindinnen. Dass wir unsere<br />
Rolle nicht akzeptieren, oder dass wir<br />
schlechte Frauen sind. Wir haben gelernt,<br />
damit umzugehen.<br />
Für die große Mehrheit, vor allem<br />
in den konservativen Städten, ist eine<br />
Feministin eine Frau, die nicht einverst<strong>an</strong>den<br />
ist. Nur einige wenige teilen<br />
die Überzeugung, dass die Frauen das<br />
Recht haben, eine Schw<strong>an</strong>gerschaft<br />
abzubrechen, und <strong>an</strong>erkennen, dass<br />
Feministinnen dreißig Jahre dafür<br />
gekämpft haben. Oder dass es jetzt<br />
Gesetze gegen Gewalt <strong>an</strong> Frauen gibt<br />
und der vierzig Jahre <strong>an</strong>dauernde<br />
Kampf der Feministinnen zu Fortschritten<br />
bei der politischen Beteili-<br />
Es reicht also nicht zu fordern, der Kapitalismus müsse zerstört werden, und zu<br />
glauben, damit würden alle aufhören, patriarchal zu sein.<br />
gung der Frauen geführt hat. Dieser<br />
<strong>an</strong>dere Teil der Gesellschaft, der unsere<br />
Errungenschaften achtet, ist sehr<br />
klein, aber er existiert.<br />
Komplizierter ist, dass Ablehnung<br />
auch von Linken kommt. Die die Genossen<br />
wollen ihren Machtstatus nicht verlieren.<br />
Wenn also eine Frau hergeht und<br />
das, was sie sagen, in Frage stellt, heißt<br />
es:„Moment mal!“ Ich bin unter Linken<br />
einigen Machos begegnet, die waren<br />
schlimmer als die bei den Rechten. Wir<br />
müssen das konkret <strong>an</strong>sprechen. Es<br />
sind interess<strong>an</strong>te Dinge erreicht worden,<br />
aber bei den zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen habe ich bei Linken<br />
Dinge gesehen … uff! Wenn zum Beispiel<br />
ein Militär eine Frau vergewaltigt,<br />
d<strong>an</strong>n sind alle empört. Aber wenn das<br />
„intern“ passiert, wird das wenig thematisiert.<br />
Die Linke ist eben auch Teil der Gesellschaft<br />
…<br />
… die aus Machos und Patriarchen<br />
besteht, davon müssen wir ausgehen.<br />
Jeder beginnt bei sich, bei seiner Alltagsrealität<br />
und bei der Arbeit <strong>an</strong> sich<br />
selbst:Wie du deinen inneren Patriarchen<br />
dekonstruierst, denn du bist erzogen<br />
und unterrichtet worden. Wir sind<br />
zur Unterordnung erzogen worden, und<br />
dies zu dekonstruieren, ist auch sehr<br />
mühsam. ❚<br />
schw<strong>an</strong> gesine<br />
1 Die EZLN (Ejército Zapatista de Liberación<br />
Nacional) in Chiapas, einem<br />
der ärmsten Bundesstaaten Mexikos,<br />
trat am 1. J<strong>an</strong>uar 1994 mit einem bewaffneten<br />
Aufst<strong>an</strong>d erstmals öffentlich<br />
in Erscheinung und setzt sich<br />
seitdem mit politischen Mitteln für<br />
die Rechte der indigenen Bevölkerung<br />
Mexikos, aber auch generell gegen<br />
neoliberale Politik und für autonome<br />
Selbstverwaltung ein.<br />
2 Bek<strong>an</strong>nt wurde Atenco durch den<br />
Widerst<strong>an</strong>d seiner EinwohnerInnen<br />
gegen einen gepl<strong>an</strong>ten Neubau des<br />
internationalen Flughafens von Mexiko-Stadt<br />
2001/2003, der eine Enteignung<br />
der meisten ihrer Ländereien<br />
bedeutet hätte. Die EinwohnerInnen,<br />
org<strong>an</strong>isiert in der „Frente de Pueblos<br />
en Defensa de la Tierra“, wehrten sich<br />
mit Protesten und der Besetzung öffentlicher<br />
Ämter. Anf<strong>an</strong>g Mai 2006<br />
geriet Atenco erneut in die Schlagzeilen,<br />
als die Polizei gegen Blumenhändler<br />
aus dem Ort vorging. Die sich<br />
entwickelnden Zusammenstöße arteten<br />
in Straßenschlachten aus. Von<br />
S<strong>an</strong> Salvador Atenco aus eilten Bäuerinnen<br />
und Bauern zu Hilfe und<br />
blockierten die nahe gelegene<br />
Schnellstraße. Bei dem folgenden Einsatz<br />
von mehr als 2.000 Polizisten<br />
gab es zwei Tote, mehrere Schwerverletzte<br />
und fast 300 Verhaftete. Infolgedessen<br />
werden schwerwiegende<br />
Anklagen über sexuellen Missbrauch,<br />
Vergewaltigungen, Missh<strong>an</strong>dlungen<br />
und Folter erhoben, die eine Verletzung<br />
der fundamentalen Menschenrechte<br />
darstellen.<br />
3 Deutsche Gruppe B.A.S.T.A., Übersetzung<br />
von D<strong>an</strong>a:<br />
http://projekte.free.de/b<strong>an</strong>krott/<br />
basta/c20060702.html, Quelle:<br />
http://enlacezapatista.ezln.org.mx/<br />
la-otra-camp<strong>an</strong>a/370<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 15
outside olympia<br />
Rekordverdächtig<br />
Skispringerinnen wurde das Recht verweigert, <strong>an</strong> den Olympischen Winterspielen in V<strong>an</strong>couver teilzunehmen.<br />
Das liegt eventuell auch dar<strong>an</strong>, dass sie weiter springen könnten als die Männer. Von Kerstin Kellerm<strong>an</strong>n<br />
16 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> februar <strong>2010</strong><br />
Es wäre wohl ein Riesensk<strong>an</strong>dal:Wenn<br />
nämlich eine Richterin<br />
des Obersten Gerichtshofes<br />
in K<strong>an</strong>ada entscheiden würde,<br />
das Skispringen für Männer<br />
ebenfalls zu verbieten, um der Diskriminierung<br />
der Skispringerinnen Einhalt zu<br />
gebieten. Die österreichischen Skispringer,<br />
ihre Trainer und der ÖSV würden<br />
zweifellos einen Schock erleiden.<br />
120 Springerinnen aus 25 Nationen<br />
dürfen auch bei dieser Olympiade in<br />
V<strong>an</strong>couver wieder nicht teilnehmen. Zuvor<br />
hatten weltweit 11.000 Unterstützer-<br />
Innen eine Petition unterzeichnet. Die<br />
im Mai 2008 eingereichte Klage der<br />
Springerinnen wurde Ende Dezember<br />
jedoch in letzter Inst<strong>an</strong>z vom Obersten<br />
Gerichtshof in K<strong>an</strong>ada abgelehnt. Offizielle<br />
Begründung: Für die Zulassung eines<br />
olympischen Wettbewerbes müssen<br />
mindestens zwei Weltmeisterschaften<br />
stattgefunden haben. Im Februar<br />
2009 gab es in Liberec die bisl<strong>an</strong>g einzige<br />
Weltmeisterschaft im Damenskispringen.<br />
Nun versuchen die Springerinnen<br />
in Berufung zu gehen. Denn das Internationale<br />
Olympische Komitee (IOC)<br />
führt mit der Entscheidung, die Ski-<br />
springerinnen nicht teilnehmen zu lassen,<br />
seine selbst immer betonten<br />
Bemühungen, den Frauensport zu fördern,<br />
ad absurdum.<br />
„In diesem Fall geht es nicht nur<br />
um die Skispringerinnen. Das wahre<br />
Thema ist Gender-Diskriminierung und<br />
von nationaler Bedeutung. Es geht darum,<br />
ob das Olympische Org<strong>an</strong>isationskomitee<br />
für V<strong>an</strong>couver von einer ausländischen<br />
Org<strong>an</strong>isation gezwungen<br />
werden k<strong>an</strong>n, eine diskriminierende<br />
Entscheidung in K<strong>an</strong>ada umzusetzen“,<br />
erklärte der mit der Berufung befasste<br />
Rechts<strong>an</strong>walt Ross Clark in V<strong>an</strong>couver.
„Eigentlich tolerieren wir keinerlei Diskriminierung<br />
aufgrund des Geschlechts<br />
in K<strong>an</strong>ada.“<br />
„Du fliegst nicht mehr.“ Möglicherweise<br />
liegt der Grund für die <strong>an</strong>dauernde Diskriminierung<br />
aber ohnehin wo<strong>an</strong>ders.<br />
Die US-amerik<strong>an</strong>ische Skispringerin<br />
Lindsay V<strong>an</strong> stellte bei den Vorflügen einen<br />
neuen Rekord auf. Und darf nun<br />
nicht <strong>an</strong>treten. Seit der WM in Liberec<br />
ist sie die erste Weltmeisterin in der Geschichte<br />
des Damenskispringens. Eine<br />
Vorspringerin, D<strong>an</strong>iela Iraschko, erreichte<br />
in Österreich am Kulm 2003 eine<br />
Weite von zweihundert Metern, obwohl<br />
die Bedingungen in der Spur für Vorspringerinnen<br />
schlechter sind. Nur vier<br />
Männer gel<strong>an</strong>gten damals in die Nähe<br />
ihrer Vorgabe. „Die ver<strong>an</strong>twortlichen<br />
Entscheidungsträger sagten aber nicht,<br />
‚Wow super‘, sondern,‚Du fliegst nicht<br />
mehr …‘“, erzählt William Rush bei einem<br />
Kaffee in einem Einkaufszentrum<br />
in Wien Heiligenstadt. Er ist der Onkel<br />
der aufstrebenden Skifliegerin Jessica<br />
Jerome, die die US-Nationals in Lake Placid<br />
im Staate New York gew<strong>an</strong>n und<br />
schon vor acht Jahren Vorspringern für<br />
die Olympiade in Salt Lake City war:„Ich<br />
glaube, es gibt eine große Ch<strong>an</strong>ce, dass<br />
Frauen besser springen als Männer!<br />
Frauen sind aerodynamischer und haben<br />
leichtere Knochen. Männer müssen<br />
abmagern, sie müssen l<strong>an</strong>g und leicht<br />
sein, um weit zu fliegen. Kein Wunder,<br />
dass die Männer dagegen sind, dass<br />
Frauen springen.“<br />
„Skispringen ist eine der extremsten<br />
Sportarten“, sagte Jessica Jerome<br />
selbst in einem Interview. „Es besitzt<br />
dieses wagemutige, gefährliche Element,<br />
aber auch schöne, eleg<strong>an</strong>te Seiten.<br />
Springen ist ein sehr traditioneller,<br />
europäischer, alter Männer-Sport. M<strong>an</strong>che<br />
Männer befürchten, dass Frauen<br />
ihm das Extreme nehmen könnten.“ Die<br />
Tochter von William Rushs Schwester,<br />
die in Park City in Utah aufwuchs, leidet<br />
sehr darunter, dass sie nicht <strong>an</strong>treten<br />
darf und währenddessen immer älter<br />
wird. Die jungen Frauen müssen sich<br />
die Ausrüstung, die Flüge und den Un-<br />
terhalt selber erarbeiten, denn sie erhalten<br />
keinerlei Gelder vom Olympischen<br />
Komitee oder von Sponsoren. Und so<br />
fehlen ihnen auch die fin<strong>an</strong>ziellen Mittel<br />
für professionelles Training. „Alle<br />
Gelder, die sie hereinbringen, werden<br />
verteilt, sie selbst bekommen nichts.<br />
Wenn Jessica einen Privatsponsor ergattern<br />
würde, verliert sie ihren Amateurstatus<br />
und darf erst recht nicht <strong>an</strong>treten“,<br />
schildert Rush die Schwierigkeiten.<br />
Die Jap<strong>an</strong>erinnen konnten sogar einige<br />
Male nicht nach Europa kommen,<br />
weil es kein Geld für Flugtickets gab.<br />
Marketing & Medien. „Ich sagte meiner<br />
Schwester, das ist Marketing, das Olympiakomitee<br />
ist eine riesige Firma und für<br />
die einzelnen Länder ist es ebenfalls<br />
„Springen ist ein sehr traditioneller, europäischer,<br />
alter Männer-Sport.“<br />
ökonomisch wichtig. Es ist auch eine Frage<br />
der Übertragung durch das Fernsehen,<br />
dem größten Sponsor des Skispringens“,<br />
sagt Rush.„Meine Nichte hätte<br />
schon bei drei Olympiaden springen können,<br />
aber sie wird niemals in einer springen<br />
– wegen Geld. Einmal war eine Amerik<strong>an</strong>erin<br />
als einzige ohne ihren Werbeträger,<br />
nämlich ihre Ski, auf dem Podest“,<br />
lacht er. Vor kurzem verlor eine Fluggesellschaft<br />
Jessica Jeromes gesamte Ausrüstung<br />
– ein Tiefschlag für Jerome und<br />
ihre Familie, der für eine Springerin das<br />
Ende ihrer Karriere bedeuten k<strong>an</strong>n.<br />
Bei einer Diskussion zum Thema<br />
„Sportjournalismus“ <strong>an</strong> der Universität<br />
Wien hält es Joh<strong>an</strong>n Skocek vom „St<strong>an</strong>dard“<br />
nicht einmal der Mühe wert, zu<br />
begründen, warum er nichts über die<br />
Skispringerinnen bringt. Er zieht es vor,<br />
darüber zu diskutieren, dass „m<strong>an</strong> in der<br />
Sportberichterstattung überall bei Raiffeisen<br />
<strong>an</strong>stößt“. Sein Kollege Wolfg<strong>an</strong>g<br />
Wiederstein von „Die Presse“ verweist<br />
darauf, dass sie die Vorgabe haben, in<br />
Richtung Mainstream zu berichten:<br />
„Denn niem<strong>an</strong>d kauft ‚Die Presse’ wegen<br />
der Sportberichterstattung.“ Doch<br />
die konsequente Verhaberung zwischen<br />
Politik, Sportlern und Journalisten sehen<br />
beide durchaus als Problem.<br />
Biologistische Argumente. Das IOC entschied<br />
2006, dass es beim Skispringen<br />
nicht genug Frauen auf internationalem<br />
Level gäbe. „Es ist ein Fall von Diskriminierung<br />
wie aus dem Bilderbuch“,<br />
sagte Anita De Fr<strong>an</strong>tz, Vorsitzende der<br />
Kommission für „Frauen und Sport“ des<br />
Olympischen Komitees. „Einer Gruppe<br />
von Athletinnen wird gesagt, sie wären<br />
nicht gut genug. Dabei war das noch<br />
nie ein Kriterium.“<br />
FIS-Präsident Gi<strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>co Kasper<br />
ließ 2005 im Radio verlauten, dass Skifliegen<br />
für Frauen zu gefährlich wäre, da<br />
„es für Frauen aus medizinischer Sicht<br />
nicht zu vertreten ist“. Die Rede war von<br />
möglichen Quetschungen des Geburtsbeckens<br />
und einer Verdrehung der Eierstöcke.<br />
Ein neueres Argument besagt,<br />
dass das Feld zu weit ausein<strong>an</strong>der liege,<br />
tatsächlich liegen die Ergebnisse der<br />
Springerinnen jedoch relativ eng beiein<strong>an</strong>der.„Anf<strong>an</strong>gs<br />
gab es nur dreißig bis<br />
vierzig Rodlerinnen weltweit, L<strong>an</strong>glauf<br />
galt auch l<strong>an</strong>ge als obskur und im<br />
Snowboard gibt es inzwischen starke<br />
Frauen – für Österreich z.B. Marion Kreiner<br />
oder Dorosia Krings. Sie nehmen <strong>an</strong><br />
Olympia teil. Es gibt f<strong>an</strong>tastische Motorrad-<br />
und Autofahrerinnen, wenn sie aber<br />
eine Gefahr für den Erfolg der Männer<br />
sind, boxen sie sie raus“, meint Rush, der<br />
selbst Trainer einer Damen-Softball-<br />
M<strong>an</strong>nschaft war – inzwischen auch keine<br />
olympische Disziplin mehr.<br />
Wenn es Männern durch eine Gerichtsentscheidung<br />
nun ebenfalls verboten<br />
werden würde, am Skifliegen bei<br />
der Olympiade teilzunehmen, käme vieles<br />
in Bewegung. „Es wäre viel billiger,<br />
Frauen hineinzulassen. Aber die werden<br />
die Frauen d<strong>an</strong>n nur von geringerer Dist<strong>an</strong>z<br />
aus springen lassen … so werden<br />
sie es machen“, schätzt William Rush,<br />
der <strong>an</strong> den Europäischen Gerichtshof für<br />
Menschenrechte schrieb und die Antwort<br />
erhielt, dass er kein Betroffener sei.<br />
In „Sport am Sonntag“ gab es einmal<br />
eine Reportage über eine 12-Jährige<br />
muslimische Springerin in Innsbruck.<br />
Gefragt, warum sie kein Kopftuch trage,<br />
<strong>an</strong>twortete sie:„Ich habe ja eh meine<br />
Mütze!“. Vielleicht wird sie eines schönen<br />
Tages erfolgreich den Gerichtshof<br />
<strong>an</strong>rufen. ❚<br />
olympia outside<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 17
outside olympia<br />
Ziiiieeeeh!<br />
Der l<strong>an</strong>ge Kampf der Skispringerinnen für die Zulassung zu den Olympischen Spielen <strong>2010</strong> ist erfolglos geblieben.<br />
Doch die Ch<strong>an</strong>cen, dass 2014 auch Frauen fliegen werden, stehen gut. Silke Pixner über den l<strong>an</strong>gen Kampf um<br />
sportliche Anerkennung und Gleichbeh<strong>an</strong>dlung bei den Olympischen Spielen.<br />
Offizielle Homepage der Olympischen<br />
Spiele: www.olympic.org/en<br />
Statistiken: www.olympia-statistik.de<br />
18 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Ägyptische W<strong>an</strong>dmalereien aus<br />
der Zeit um 2600 v. Chr. zeigen<br />
Ballspielerinnen und Akrobatinnen;<br />
auf römischen Fußbodenmosaiken<br />
aus der Zeit zwischen<br />
500 und 1 v. Chr. sind junge Frauen beim<br />
Weitsprung zu sehen, eine fr<strong>an</strong>zösische<br />
Chronik aus dem 15. Jahrhundert berichtet<br />
von einer Tennis spielenden Pariserin,<br />
gegen die nur die besten Spieler<br />
eine Ch<strong>an</strong>ce hatten. Belege für die<br />
sportliche Aktivität von Frauen und deren<br />
Lust <strong>an</strong> der körperlichen Betätigung<br />
gibt es also nicht nur zahlreiche, sondern<br />
auch schon aus frühester Zeit.<br />
Gleichzeitig wurden sportliche Frauen<br />
(von Männern) immer schon als Zeichen<br />
eines drohenden Sittenverfalls gesehen.<br />
So wurden etwa die Spart<strong>an</strong>erin-<br />
nen von den <strong>an</strong>tiken Griechen wegen<br />
ihrer sportlichen Betätigung, ihrer unziemlichen<br />
Sportbekleidung und der<br />
Teilnahme <strong>an</strong> Wettbewerben – auch gemeinsam<br />
mit Männern – scharf verurteilt.<br />
Bei den <strong>an</strong>tiken Olympischen Spielen,<br />
die ab ca. 776 v. Chr. bis etwa 393 n.<br />
Chr. in Griechenl<strong>an</strong>d stattf<strong>an</strong>den, wurden<br />
Frauen von der Teilnahme <strong>an</strong> den<br />
Wettkämpfen kategorisch ausgeschlossen.<br />
Verheirateten Frauen wurde nicht<br />
einmal das Zusehen gestattet.<br />
Obwohl es Frauen verboten war,<br />
sich <strong>an</strong> den Spielen des Zeus zu beteiligen,<br />
wurde ihnen außerhalb Olympias<br />
jedoch eine etwas bedeutendere Rolle<br />
im Sport zugebilligt. So gab es etwa für<br />
griechische Mädchen eigene Laufwettbewerbe,<br />
und auf der Insel Chios trugen<br />
Mädchen laut Überlieferungen Ringkämpfe<br />
aus. Die Teilnahme von Frauen<br />
<strong>an</strong> den leichtathletischen Disziplinen<br />
scheint zur Zeit der Römer weiter zugenommen<br />
zu haben. Die meisten städtischen<br />
Sportfeste boten auch Frauenwettkämpfe<br />
<strong>an</strong>, und selbst die heiligen<br />
Spiele von Korinth, Delphi und Nemea<br />
wurden zunehmend von Frauen erobert.<br />
Nur Olympia blieb konservativ<br />
und hielt bis zuletzt am Ausschluss von<br />
Athletinnen und verheirateten Zuschauerinnen<br />
fest.<br />
Harte Kämpfe. Doch nicht nur die <strong>an</strong>tiken<br />
Griechen schlossen Frauen von den<br />
Olympischen Spielen aus. Auch bei der<br />
Wiederbelebung des sportlichen Großereignisses<br />
im Jahr 1896 durften keine
Athletinnen teilnehmen. Der Begründer<br />
der neuzeitlichen Spiele, Baron Pierre de<br />
Coubertin, sah die Aufgabe der Frauen<br />
darin, die Sieger zu bekränzen und sie<br />
von den Rängen aus zu bejubeln. De<br />
Coubertin war mit dieser Einstellung<br />
ein Kind seiner Zeit. „Ungezügeltes Rennen,<br />
Klettern oder Hüpfen können bei<br />
allzu großer Erschütterung die weiblichen<br />
Fortpfl<strong>an</strong>zungsorg<strong>an</strong>e funktionsunfähig<br />
machen“, warnten etwa medizinische<br />
H<strong>an</strong>dbücher. Auch der spätere<br />
Präsident des olympischen Komitees,<br />
Karl Ritter von Halt, verteidigte das<br />
männliche Monopol auf den sportlichen<br />
Wettkampf:„Der Kampf verzerrt<br />
das Mädchen<strong>an</strong>tlitz, er gibt der <strong>an</strong>mutigen<br />
weiblichen Bewegung einen harten,<br />
männlichen Ton. Er lässt die Grazie<br />
verschwinden, mit einem Wort: Er wirkt<br />
beim Weibe unschön. Der Kampf gebührt<br />
dem M<strong>an</strong>ne, der Natur des Weibes<br />
ist er wesensfremd.“<br />
Gegen den Willen von de Coubertin<br />
und einigen seiner Zeitgenossen traten<br />
jedoch bereits im Jahr 1900, bei den<br />
zweiten Olympischen Spielen der Neuzeit,<br />
22 Athletinnen <strong>an</strong>, überwiegend in<br />
den Disziplinen Tennis und Golf. Der<br />
Frauen<strong>an</strong>teil belief sich damals auf<br />
zwei Prozent.<br />
Die erste Frau, die bei den Spielen<br />
teilnahm, gehörte auch zum ersten<br />
OlympiasiegerInnen-Team der Geschichte:<br />
Hélène de Pourtalès zählte am<br />
22. Mai 1900 bei den Segelwettbewerben<br />
in der Bootsklasse 1-2 Tonnen zur<br />
Besatzung. Bereits sieben Wochen später<br />
gab es auch eine erste Olympiasiegerin<br />
als Einzelathletin. Die Britin Charlotte<br />
Cooper konnte die Damenkonkurrenz<br />
im Tennis für sich entscheiden.<br />
Die erstmalige Teilnahme von Frauen<br />
<strong>an</strong> den Olympischen Spielen war ein<br />
Meilenstein in der Geschichte des Frauensports.<br />
Da Frauen jedoch nicht bei allen<br />
Disziplinen teilnehmen durften, ver<strong>an</strong>staltete<br />
die Frauen-Sport-Föderation<br />
die Frauenweltspiele. Diese Konkurrenzver<strong>an</strong>staltung<br />
zu den Spielen f<strong>an</strong>d erst-<br />
mals 1921 in Monte Carlo statt. Bei den<br />
Bewerben konnten sich die Teilnehmerinnen<br />
in den verschiedensten Disziplinen<br />
– wie etwa im Speerwerfen oder<br />
Hürdenlauf – mitein<strong>an</strong>der messen.<br />
Olympia für Frauen. Doch auch die klassischen<br />
Spiele konnten die Athletinnen<br />
immer mehr für sich gewinnen. Die Anzahl<br />
der <strong>an</strong> den Spielen teilnehmenden<br />
Sportlerinnen ist im Laufe der Jahre stetig,<br />
wenn auch l<strong>an</strong>gsam gestiegen. Betrug<br />
der Frauen<strong>an</strong>teil bei den Olympischen<br />
Sommerspielen im Jahr 1956<br />
noch rund 16 Prozent (610 Frauen), wurde<br />
im Jahr 2000 ein Frauen<strong>an</strong>teil von<br />
etwa 38 Prozent (4.096 Frauen) erreicht.<br />
In Peking wurde 2008 mit rund 4.400<br />
Athletinnen ein neuer Rekord erreicht.<br />
Im Sommer 2012 könnte bei den Olym-<br />
„Ungezügeltes Rennen, Klettern oder Hüpfen können<br />
bei allzu grosser Erschütterung die weiblichen Fortpfl<strong>an</strong>zungsorg<strong>an</strong>e<br />
funktionsunfähig machen“,<br />
warnten etwa medizinische H<strong>an</strong>dbücher.<br />
pischen Spielen in London erstmals die<br />
„fifty-fifty“-Marke erreicht werden.<br />
Auch bei den Winterspielen zeigt sich<br />
ein ähnliches Bild. 1956 betrug der Frauen<strong>an</strong>teil<br />
etwa 17 (132 Frauen), 1998 bereits<br />
rund 36 Prozent. Bei den 21. Olympischen<br />
Winterspielen in V<strong>an</strong>couver<br />
werden rund 2.600 AthletInnen <strong>an</strong>treten,<br />
davon etwa 1.000 Frauen.<br />
Auch die einzelnen olympischen<br />
Disziplinen wurden und werden nach<br />
und nach von den Sportlerinnen erobert.<br />
Erst seit 1928 sind Frauen zu verschiedenen<br />
Leichtathletikdisziplinen zugelassen,<br />
L<strong>an</strong>gstreckenläufe für Athletinnen<br />
sind erst 1960 in Rom zum festen<br />
Best<strong>an</strong>dteil der Spiele geworden. Im<br />
Jahr 1964 wurde Volleyball als erste<br />
Frauen-Teamsportart bei den Olympischen<br />
Spielen erlaubt. Erst zw<strong>an</strong>zig Jahre<br />
später feierte der olympische Frauenmarathon<br />
Premiere. Um Medaillen<br />
kicken und Floretts und Degen schwingen<br />
dürfen Athletinnen seit 1996. Bei<br />
den Olympischen Sommerspielen in<br />
London werden sie auch in der letzten<br />
bisher den Männern vorbehaltenen Disziplin<br />
– das Skispringen bei den Winterspielen<br />
ausgenommen – dabei sein:<br />
dem Boxen. ❚<br />
Sylvia Köchl<br />
Springende Soldaten<br />
olympia outside<br />
Das Bundesheer ist der größte Förderer von Leistungssport in<br />
Österreich. Bei Olympischen Spielen stellt es meist etwa die<br />
Hälfte der SportlerInnen. Besonders gefördert werden Sportarten,„die<br />
von militärischem Interesse sind“ (vor allem militärischer<br />
Fünfkampf, Schießen, aber auch L<strong>an</strong>glauf und Biathlon).<br />
Alle Mitglieder des Bundesheeres, d.h. seit 1998 auch Frauen,<br />
die freiwillig zum Heer gehen, können sich für Förderprogramme<br />
als SpitzensportlerInnen bewerben und finden d<strong>an</strong>n ideale<br />
Rahmenbedingungen vor. Sie sind fin<strong>an</strong>ziell und sozial voll abgesichert<br />
und werden professionell betreut.<br />
Das Anliegen eines Heeres, den Körper des Soldaten/des Kriegers<br />
fit zu machen und zu halten, ist natürlich nichts Neues.<br />
Die Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten „Deutschen Turnvereine“<br />
etwa hatten von Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong> Kampf- und Wehrbereitschaft<br />
im Sinn. Und nicht nur die berüchtigten rechtsextremen<br />
„Wehrsportübungen“, die bis heute abgehalten werden, knüpfen<br />
nahtlos <strong>an</strong> ein faschistisches Körper- und Männlichkeitsideal<br />
<strong>an</strong>, auch das Bundesheer formuliert auf seiner Homepage<br />
g<strong>an</strong>z offen: „Nach dem Abzug der Besatzungstruppen waren<br />
die Bel<strong>an</strong>ge des Sports fast gänzlich den einzelnen Komm<strong>an</strong>d<strong>an</strong>ten<br />
überlassen, die meist nach alten Vorschriften der<br />
Deutschen Wehrmacht die Körperausbildung in das Ausbildungsprogramm<br />
aufnahmen.“<br />
Eine besondere Rolle für den Einstieg und die Jugendförderung<br />
spielt der Österreichische Heeressportverb<strong>an</strong>d, der unzählige<br />
Zweigvereine in allen Bundesländern unterhält. In seinen Statuten<br />
von 2005 heißt es u.a.: „Der Zweck des Verb<strong>an</strong>des liegt<br />
in der Hebung der körperlichen Leistungskraft der Soldaten (…)<br />
sowie der Vertiefung der Zusammengehörigkeit und der Kameradschaft<br />
aus der Ausübung und Förderung des Körpersports;<br />
der Anleitung zur gesunden Freizeitgestaltung, der Erziehung<br />
zur Ritterlichkeit, Selbstbeherrschung und Willensformung.“<br />
Von den bek<strong>an</strong>nten Skispringern Österreichs stammt der<br />
Großteil aus dem Bundesheer (z.B. Anton Innauer und Andreas<br />
Goldberger oder aktuell Martin Koch, Andreas Kofler und<br />
Wolfg<strong>an</strong>g Loitzl). Ihnen ermöglicht das Heer, auf höchstem Niveau<br />
eine Sportart zu betreiben, die in vielleicht sechs oder<br />
sieben Ländern der Welt eine größere Bedeutung hat. Wenn<br />
auch Skispringen nicht gerade von größtem militärischen Interesse<br />
ist, so erklärt doch das Engagement des Bundesheeres<br />
teilweise die männliche Genealogie dieser Sportart. Bliebe nur<br />
noch die Frage, was tendenziell magersüchtige und entsprechend<br />
schlecht ernährte Skispringer zur „Hebung der körperlichen<br />
Leistungskraft der Soldaten“ beitragen …<br />
Alle Zitate von: www.bundesheer.at und www.heeressport.at<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 19
outside olympia<br />
46,XX/46,XY<br />
Was eine Frau zur Frau macht, ist auch in sportlichen Wettbewerben nicht leicht zu be<strong>an</strong>tworten. Versucht wird es<br />
trotzdem. Von Bettina Enzenhofer<br />
1 Caster Semenya gew<strong>an</strong>n bei der<br />
Leichtathletik-Weltmeisterschaft<br />
2009 in Berlin die Goldmedaille im<br />
800-Meter-Lauf. Zweifel <strong>an</strong> ihrer<br />
Weiblichkeit aufgrund des guten<br />
Ergebnisses und ihrer maskulinen<br />
äußeren Erscheinung führten zur<br />
Anordnung eines „gender verification<br />
test“.<br />
2 S<strong>an</strong>thi Soundaraj<strong>an</strong> gew<strong>an</strong>n bei<br />
den Asienspielen 2006 in Doha die<br />
Silbermedaille für den 800-Meter-<br />
Lauf. Nach einem Geschlechtstest<br />
musste sie die Medaille wieder abgeben,<br />
weil sie „männliche“ Chromosomen<br />
hat. Soundaraj<strong>an</strong> versuchte daraufhin,<br />
sich das Leben zu nehmen.<br />
3 María José Martínez-Patiño durfte<br />
bei den Olympischen Spielen 1988<br />
nicht starten, als bek<strong>an</strong>nt wurde, dass<br />
sie XY-Chromosomen hat. Sie wurde<br />
außerdem vom sp<strong>an</strong>ischen Team ausgeschlossen,<br />
bereits errungene Titel<br />
wurden ihr entzogen. Martínez-<br />
Patiño wehrte sich gegen den IOC-<br />
Beschluss, zweieinhalb Jahre später<br />
wurde sie von der IAAF wieder eingesetzt.<br />
20 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> februar <strong>2010</strong><br />
Caster Semenya 2009 1 . S<strong>an</strong>thi<br />
Soundaraj<strong>an</strong> 2006 2 . María José<br />
Martínez-Patiño 1988 3 : Sie alle<br />
fielen beim Geschlechtstest<br />
durch. Semenya, Soundaraj<strong>an</strong>,<br />
Martínez-Patiño und etliche <strong>an</strong>dere<br />
konnten nicht beweisen, dass sie Frauen<br />
sind. Mediziner_innen sprachen ihnen<br />
ihre weibliche Identität ab und<br />
schlossen sie von sportlichen Wettbewerben<br />
aus. Bis heute ist die Praxis der<br />
Geschlechtstests aktuell.<br />
Die verbreitete Meinung lautet:<br />
Das biologische Geschlecht ist klar erkennbar.<br />
Bei sportlichen Wettbewerben<br />
müssen Frauen und Männer getrennt<br />
werden, weil sie unterschiedliche Leistungen<br />
erbringen und Männer den<br />
Frauen gegenüber einen Vorteil haben.<br />
Es muss deshalb darauf geachtet werden,<br />
dass sich in die Gruppe der Frauen<br />
keine Männer schummeln.<br />
Die weniger verbreitete Meinung<br />
besagt: Das biologische Geschlecht ist<br />
nicht klar erkennbar. Frauen und Männer<br />
können gleiche Leistungen bringen.<br />
Und über „weiblich“ und „männlich“<br />
hinaus gibt es noch viele <strong>an</strong>dere Variationen<br />
von Geschlecht.<br />
Komplexität von Geschlecht. Biolog_innen<br />
und Mediziner_innen wissen heute,<br />
dass die Sache mit „Frau = XX = weibliche<br />
(innere und äußere) Genitalien =<br />
Östrogene“ (bzw. „M<strong>an</strong>n = XY = männliche<br />
Genitalien = Androgene“) so einfach<br />
nicht ist. Stattdessen gilt: Komplexität<br />
allerorten. Geschlecht ist heute<br />
keine simple biologische Tatsache mehr,<br />
die schnell bestimmt werden k<strong>an</strong>n. Die<br />
Biologie ist inzwischen auf derart viele<br />
für die Geschlechtsentwicklung relev<strong>an</strong>te<br />
Faktoren gestoßen, dass sie mit<br />
dieser Komplexität selbst kaum mehr<br />
zurechtkommt. Die Biolog_in Heinz-Jürgen<br />
Voß präzisiert:„Die Biologie weiß<br />
nicht, was Geschlecht ist und wie es<br />
ausgebildet wird.“ 4 Geschlecht in ein<br />
binäres M<strong>an</strong>n/Frau-Schema einordnen<br />
zu wollen, widerspricht mittlerweile<br />
den eigenen biologischen Erkenntnissen:<br />
Für die Entstehung von Geschlecht<br />
spielen viele Einflüsse zusammen, der<br />
derzeitige Wissensst<strong>an</strong>d kennt genetische,<br />
<strong>an</strong>atomische, hormonelle, psychische<br />
und soziale Faktoren. Falls nicht alle<br />
Faktoren in die gleiche Richtung weisen,<br />
k<strong>an</strong>n niem<strong>an</strong>d klare und sichere<br />
objektive Kriterien für eine geschlechtli-<br />
che Zuordnung geben. In einem solchen<br />
Fall k<strong>an</strong>n höchstens nach l<strong>an</strong>gen Untersuchungen<br />
– die nicht selten unter pathologisierenden<br />
Vorzeichen stattfinden<br />
– d<strong>an</strong>ach geforscht werden, welches<br />
Geschlecht überwiegt.<br />
M<strong>an</strong>che Menschen werden mit einem<br />
Körper geboren, der eine Zuordnung<br />
zu weiblich oder männlich unmöglich<br />
macht. 5 Ihnen wird eine<br />
„Störung der Geschlechtsentwicklung“<br />
(DSD, engl. disorder of sex development)<br />
diagnostiziert. 6 Diese k<strong>an</strong>n sich<br />
auf verschiedenste Arten bemerkbar<br />
machen: Menschen mit XY-Chromosomen<br />
können bspw. äußerlich weiblich<br />
sein, als Mädchen aufwachsen und erst<br />
bei Ausbleiben der Menstruation mit<br />
ihrem „untypischen“ Karyotyp 7 konfrontiert<br />
werden. DSD, so die Lehrmedizin,<br />
k<strong>an</strong>n sich aber auch durch XX-Chromosomen<br />
mit männlichen Genitalien<br />
äußern. Die jeweilige Geschlechtszuweisung<br />
hängt immer von der genauen<br />
Diagnose ab. Die Geschlechtschromosomen<br />
können zudem in „untypischer“<br />
Zahl vorliegen: 45,X (Turner-Syndrom),<br />
47,XXY (Klinefelter-Syndrom), 45,X/46,XY<br />
oder 46,XX/46,XY.
Deutlich wird: Die Geschlechtschromosomen<br />
und die Genitalien sagen<br />
nicht viel über das individuelle Geschlecht<br />
aus. Genau das war aber zu Beginn<br />
der Geschlechtstests bei sportlichen<br />
Wettbewerben noch unbek<strong>an</strong>nt.<br />
Doch obwohl m<strong>an</strong>/frau heute davon<br />
weiß, werden derartige Tests immer<br />
noch durchgeführt.<br />
Geschichte der Geschlechtstests. Die Angst,<br />
dass sich Männer ins Team der Frauen<br />
schummeln und durch einen biologischen<br />
Vorteil unerk<strong>an</strong>nt gewinnen<br />
könnten, geht auf die Zeit des Kalten<br />
Krieges zurück. Einen bewiesenen Vorfall,<br />
der solche Ängste und Behauptungen<br />
rechtfertigen würde, gab es zwar<br />
nicht. Trotzdem wurden 1966 erstmals<br />
offiziell Geschlechtstests für Frauen eingeführt:<br />
Bei der Leichtathletik-Europameisterschaft<br />
in Budapest mussten<br />
sich Frauen nackt einem Gremium aus<br />
Ärztinnen präsentieren. Körper und Genitalien<br />
wurden inspiziert. Das Vorh<strong>an</strong>densein<br />
von Brüsten und Vagina bedeutete:<br />
Es ist eine Frau. Nach vielfachen<br />
Beschwerden über diese entwürdigende<br />
Methode ordnete das Internationale<br />
Olympische Komitee (IOC) eine neue<br />
Technik <strong>an</strong>, den Barr-Test. Für diesen<br />
wurde ein Abstrich von der W<strong>an</strong>geninnenseite<br />
genommen, gesucht wurde<br />
nach dem inaktiven X-Chromatin. 8 Wurde<br />
es von den Mediziner_innen gefunden,<br />
gaben sie das O.K. für die Teilnahme<br />
in der weiblichen Gruppe.<br />
Der Barr-Test wurde erstmals bei<br />
den Olympischen Winterspielen 1968 in<br />
Grenoble und bei den Olympischen<br />
Sommerspielen 1968 in Mexiko-Stadt<br />
durchgeführt. Auch <strong>an</strong>dere Verbände<br />
(z.B. die International Association of<br />
Athletics Federations, IAAF) übernahmen<br />
den Test. Die Krux dar<strong>an</strong>: Er besagt<br />
einerseits, dass Frauen mit XY-<br />
Karyotyp – auch wenn sie eine Androgeninsensitivität<br />
haben (bei dieser<br />
DSD-Form können die als leistungssteigernd<br />
erachteten Androgene nicht<br />
oder nur vermindert wirken) –, Männer<br />
sind, <strong>an</strong>dererseits hätte der Test Männer<br />
mit bspw. XXY-Karyotyp oder dem<br />
Klinefelter-Syndrom in der Frauengruppe<br />
starten lassen.<br />
Mitte der 1970er machten Mediziner_innen<br />
zwar darauf aufmerksam,<br />
dass der Test technisch unzuverlässig<br />
ist, Konsequenzen hatte das aber vorerst<br />
nicht. Erst 1992 bei den Olympischen<br />
Winterspielen in Albertville wurde<br />
ein neuer Geschlechtstest eingesetzt:<br />
Mittels einer DNA-Analyse sollte<br />
Y-chromosomales Material (speziell das<br />
SRY-Gen) entdeckt werden. Dies bedeutete<br />
einen Wechsel der Perspektive:<br />
Ging es bis 1992 darum, weibliche körperliche<br />
Faktoren nachzuweisen, so war<br />
der Fokus von 1992 <strong>an</strong>, männliche körperliche<br />
Faktoren ausschließen zu können.<br />
Doch auch die DNA-Analyse ist für<br />
eine Geschlechtsbestimmung letztlich<br />
ungenügend.<br />
Im Zweifel dagegen. In der IAAF wird seit<br />
1992 eine allgemeine Geschlechtsüberprüfung<br />
nicht mehr verwendet. Ein genereller<br />
Gesundheits-Check wird bei allen<br />
Teilnehmer_innen empfohlen, aber<br />
nicht vorgeschrieben. M<strong>an</strong>/frau geht<br />
davon aus, dass ein sich unter die Teilnehmerinnen<br />
schummelnder M<strong>an</strong>n bei<br />
der Urinprobe entlarvt werden würde.<br />
Die IAAF behält sich allerdings vor, in<br />
„Zweifelsfällen“ doch geschlechtsprüfende<br />
Tests durchzuführen.<br />
Beim IOC wurden zum letzten Mal<br />
alle 3.387 Teilnehmerinnen der Olympischen<br />
Sommerspiele 1996 in Atl<strong>an</strong>ta<br />
überprüft. Acht Teilnehmerinnen wurden<br />
zwar positiv getestet, durften aber<br />
trotzdem <strong>an</strong>treten (sieben der acht hatten<br />
eine partielle oder komplette Androgeninsensivität).<br />
Seit 1999 verzichtet<br />
das IOC auf Geschlechtstests, d.h. die<br />
Olympischen Sommerspiele 2000 in<br />
Sydney und die Olympischen Winterspiele<br />
2002 in Salt Lake City f<strong>an</strong>den<br />
erstmals ohne Geschlechtsüberprüfung<br />
statt. Wie bei der IAAF wird nun „nur“<br />
mehr in „Zweifelsfällen“ getestet. Was<br />
als „zweifelhaft“ zu bewerten ist, ist da-<br />
bei nicht g<strong>an</strong>z klar – ein „Verdacht“<br />
reicht, um Teilnehmerinnen öffentlich<br />
bloßzustellen (siehe etwa den Fall<br />
Caster Semenya).<br />
Für die Medizinethikerin Claudia<br />
Wiesem<strong>an</strong>n ist die IAAF-Richtlinie „wolkig,<br />
enthält lauter schwammige Wörter“.<br />
9 Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org<br />
spricht von neuen<br />
Ungerechtigkeiten (Tests hinter verschlossenen<br />
Türen, keine Kontrolle),<br />
auch die Denunziation durch <strong>an</strong>dere<br />
Teilnehmerinnen werde so gefördert.<br />
Tr<strong>an</strong>sgender-Teilnahme. Immerhin zeigt<br />
sich <strong>an</strong> den heutigen Methoden der Geschlechtsfeststellung<br />
ein Umdenken:<br />
Mittlerweile braucht es ein breites Gremium<br />
aus Gynäkolog_innen, Endokrinolog_innen,<br />
Psycholog_innen, Inneren<br />
Mediziner_innen und Gender/Tr<strong>an</strong>sgender-Expert_innen<br />
für eine Geschlechtsüberprüfung.<br />
Eine weitere<br />
Neuigkeit ist die Erlaubnis für tr<strong>an</strong>ssexuelle<br />
Menschen, <strong>an</strong> den Olympischen<br />
Spielen teilzunehmen – wenn<br />
auch nur unter bestimmten diskriminierenden<br />
Auflagen: So muss etwa eine<br />
Gonadektomie 10 zwei Jahre vor der Teil-<br />
1966 wurden erstmals offiziell Geschlechtstests für Frauen eingeführt: Bei der<br />
Leichtathletik-Europameisterschaft mussten sich Frauen nackt einem Gremium<br />
aus Ärztinnen präsentieren. Körper und Genitalien wurden inspiziert.<br />
nahme stattgefunden haben. Das IOC<br />
hat im Oktober 2003 eine diesbezügliche<br />
Richtlinie herausgegeben, der sich<br />
auch die IAAF <strong>an</strong>schloss.<br />
Kurz nach Redaktionsschluss f<strong>an</strong>d<br />
Mitte J<strong>an</strong>uar in Miami das IOC-Symposium<br />
„ 2nd World Conference on Hormonal<br />
<strong>an</strong>d Genetic Basis of Sexual Differentiation<br />
Disorders“ statt. Die bisher<br />
veröffentlichten Ergebnisse sind<br />
empörend: Es sollenGesundheitszentren<br />
eingerichtet werden, in denen DSD<br />
diagnostiziert und Athlet_innen beh<strong>an</strong>delt<br />
werden sollen. Denn, so der Chefmediziner<br />
Arne Ljungqvist, Menschen<br />
mit DSD brauchen in den meisten Fällen<br />
eine Beh<strong>an</strong>dlung (Operationen, Hormontherapie)<br />
– eine glatte Lüge. Außerdem<br />
wirdAthletinnen ein Gesundheitscheck<br />
vor den Olympischen Spielen nahegelegt:<br />
DSD könne so im Vorhinein<br />
identifiziert werden. ❚<br />
olympia outside<br />
4 Heinz-Jürgen Voß:„Caster Semenya:<br />
wie aus einem Menschen ein „Fall“<br />
wird“, http://schwule-seite.de/poitics_geschlecht_sport_mensch.html<br />
5 In der Literatur gibt es unterschiedliche<br />
Angaben zur Häufigkeit von<br />
DSD, die höchste Zahl findet sich bei<br />
Blackless et al. mit 1,728% der Lebendgeburten;<br />
<strong>an</strong>dere Autor_innen sprechen<br />
von einer DSD-betroffenen Person<br />
pro 3.000 (Melton) oder 4.500<br />
(Hughes et al.) Geburten.<br />
6 Im April 2006 wurde das „Consensus<br />
statement on m<strong>an</strong>agement of intersex<br />
disorders“ veröffentlicht, das<br />
eine neue Definition und Klassifikation<br />
für intersexuelle Menschen vorsieht.<br />
Seitdem spricht m<strong>an</strong>/frau von<br />
„Störungen der Geschlechtsentwicklung“<br />
(bzw. engl. DSD, Diseases of Sexual<br />
Development).<br />
7 Aus dem Karyotyp wird u.a. ersichtlich,<br />
wie viele Chromosomen ein<br />
Mensch in einer Körperzelle besitzt<br />
(meistens 46) und welcher Art die Geschlechtschromosomen<br />
sind: 46,XX<br />
bedeutet, dass 46 Chromosomen vorh<strong>an</strong>den<br />
sind, die Geschlechtschromosomen<br />
sind XX. 45,X bedeutet 45<br />
Chromosomen, ein X-Chromosom,<br />
ein zweites Geschlechtschromosom<br />
fehlt. 47,XXY = 47 Chromosomen, ein<br />
Geschlechtschromosom ist zu viel<br />
vorh<strong>an</strong>den. 46,XX/46,XY ist ein Chromosomenmosaik,<br />
bei dem m<strong>an</strong>che<br />
Zellen XX, m<strong>an</strong>che XY als Geschlechtschromosomen<br />
aufweisen.<br />
8 Bei Vorliegen von zwei X-Chromosomen<br />
ist eines weitgehend inaktiv<br />
und als sogen<strong>an</strong>nter Barr-Körper<br />
nachweisbar. Bei Vorliegen von einem<br />
X- und einem Y-Chromosom gibt es<br />
kein inaktives X-Chromosom und<br />
demzufolge keinen Barr-Körper.<br />
9 Claudia Wiesem<strong>an</strong>n, Presseinformation:„„Sportethik<br />
tut Not!“ Medizinethikerin<br />
der Universitätsmedizin<br />
Göttingen nimmt Stellung“,<br />
www.med.uni- goettingen.de/presseinformationen/presseinformationen_11336.asp?year=2009<br />
10 Gonadektomie = Entfernung der<br />
Gonaden (Keimdrüsen), also Hoden<br />
bzw. Eierstöcke.<br />
februar <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 21
forum wissenschaft<br />
Drei rote Pfiffe<br />
Der vergessene Widerst<strong>an</strong>d: Eine Neuerscheinung erinnert <strong>an</strong> das Leben der kärntnerslowenischen Partis<strong>an</strong>in<br />
Helena Kuhar alias „Jelka“. Von Judith Götz<br />
Helena Kuchar: Jelka. Aus dem<br />
Leben einer Kärntner Partis<strong>an</strong>in.<br />
Drava 2009, 19,80 Euro<br />
22 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Über sechzig Jahre Befreiung<br />
v<br />
meint in Kärnten/Koroska vor<br />
allem„Niederlage“ und hinsichtlich<br />
der Erinnerungstradition<br />
in erster Linie eine Kultivierung<br />
faschistoider und <strong>an</strong>tislowenischer<br />
Brauchtumspflege. Dies verdeutlicht<br />
sich in der Fortsetzung eines<br />
Gedenkens, das <strong>an</strong> die vermeintlichen<br />
„Opfer“ der Partis<strong>an</strong>Innen erinnert,<br />
nicht jedoch <strong>an</strong> ihren <strong>an</strong>tifaschistischen<br />
Beitrag zur Befreiung. Auch die von<br />
kärntnerslowenischen Partis<strong>an</strong>Innen<br />
niedergeschriebenen (Lebens-)Geschichten<br />
werden bis heute weitgehend<br />
marginalisiert.<br />
Bücher gegen das Vergessen. Der Drava Verlag<br />
hat in den letzten Jahren unter dem<br />
Titel „Bücher gegen das Vergessen“<br />
mehrere autobiografische Werke herausgegeben,<br />
geschrieben von ehemaligen<br />
Partis<strong>an</strong>Innen und/oder <strong>an</strong>deren<br />
(Kärntner) SlowenInnen, die sich auf<br />
unterschiedliche Art und Weise gegen<br />
das nationalsozialistische Vernichtungsregime<br />
zur Wehr setzten. Zu diesen<br />
Werken zählt auch die Neuauflage<br />
der Lebensgeschichte von Helena Kuhar,<br />
einer Kärntner Slowenin, die als Partis<strong>an</strong>in<br />
unter dem Namen „Jelka“ gekämpft<br />
hat. Die Entstehungsgeschichte des<br />
Buchs ist dabei beinahe so sp<strong>an</strong>nend<br />
wie die Erzählung selbst. Das Werk war<br />
nämlich bereits 1984 auf Basis von Interviews,<br />
die Thomas Busch und Brigitte<br />
Windhab mit Jelka geführt hatten, in einer<br />
Eigenveröffentlichung der Kooperative<br />
„Longo Mai“ erschienen. Begleitet<br />
von einer Klage des als rechtsextrem<br />
bek<strong>an</strong>nten Sohn des NS-Gauleiters Friedrich<br />
Rainer, Schmähungen und Dro-<br />
v<br />
hungen in Kärnten/Koroska und großer<br />
(positiver) Reson<strong>an</strong>z im restlichen<br />
Österreich, verkaufte sich das Buch im<br />
Eigenverlag bereits 6.000 Mal. Und die<br />
Musikgruppe „Schmetterlinge“ widmete<br />
Jelka auf der LP „Herbstreise“ (1979)<br />
den Song „Drei rote Pfiffe“.<br />
In slowenischer Übersetzung wurde<br />
Jelkas Lebensgeschichte ebenfalls<br />
bereits 1984 im Drava Verlag veröffentlicht,<br />
nicht jedoch in deutscher Sprache.<br />
Während sich in den 1980ern noch kein<br />
Verlag finden ließ, der bereit war, ihre<br />
Erinnerungen zu publizieren, sieht das<br />
Foto: Drava Verlag<br />
heute <strong>an</strong>ders aus. Wenngleich sich <strong>an</strong><br />
der Diskriminierung von Angehörigen<br />
der slowenischen Minderheit und dem<br />
Umg<strong>an</strong>g mit der größten und effektivsten<br />
österreichischen Widerst<strong>an</strong>dsgrup-<br />
v<br />
pe in Kärnten/Koroska wenig geändert<br />
hat, scheint es heute zumindest ein zunehmendes<br />
Problembewusstsein für<br />
das Ableben von ZeitzeugInnen zu geben,<br />
und das Interesse <strong>an</strong> der widerständigen<br />
Geschichte der Kärntner SlowenInnen<br />
wächst.<br />
Einzige Biografie einer Frau. Es gibt unterschiedliche<br />
Gründe dafür, dass die Lebensgeschichte<br />
von Jelka bisl<strong>an</strong>g die<br />
einzige Biografie einer Frau ist, die in<br />
der Drava-Reihe veröffentlicht wurde.<br />
Einerseits neigen viele Frauen dazu, ihre<br />
eigenen Geschichten als „weniger wichtig“<br />
zu bewerten. Andererseits bedingt<br />
die oftmals sehr enge Definition des Begriffs<br />
„Widerst<strong>an</strong>d“, der sich lediglich<br />
auf den bewaffneten Kampf bezieht,<br />
dass insbesondere jene Widerst<strong>an</strong>dsformen,<br />
die sich vor allem Frauen zu eigen<br />
gemacht hatten, weitgehend ausgeklammert<br />
bleiben. Widerständige
H<strong>an</strong>dlungen können jedoch vom Gebrauch<br />
der slowenischen Sprache in<br />
der Öffentlichkeit während der NS-Zeit<br />
über Hilfsdienste bis hin zum aktiven<br />
Kampf reichen. Dass Frauen zwar zahlenmäßig<br />
deutlich unterrepräsentiert,<br />
aber auf allen Ebenen vertreten und <strong>an</strong><br />
allen Widerst<strong>an</strong>dsformen beteiligt waren,<br />
scheint heute bek<strong>an</strong>nt. Weniger<br />
bek<strong>an</strong>nt ist hingegen, dass es auch bei<br />
den Partis<strong>an</strong>Innen häufig sehr wohl<br />
geschlechtsspezifische Arbeitsteilun-<br />
gen gab. Weshalb auch die Historikerin<br />
Brigitte Entner in ihrem Einführungsvortrag<br />
bei der Jelka-Buchpräsentation<br />
im Oktober 2009 im Slowenischen<br />
Wissenschaftsinstitut in Wien die Frage<br />
stellte:„Gibt es spezifisch weibliche<br />
Formen des Widerst<strong>an</strong>ds?“ Während<br />
nämlich die meisten Männer „in den<br />
Wald“ gingen, sollten Frauen meist so<br />
l<strong>an</strong>ge wie möglich auf den Höfen bleiben,<br />
um die Bewegung aus der Legalität<br />
heraus zu unterstützen, was nicht<br />
zuletzt zu einer klassischen Doppelbelastung<br />
und enormem Druck führte.<br />
Auch Jelka erzählt in ihren Erinnerungen,<br />
dass sie l<strong>an</strong>ge Zeit versucht<br />
hatte, bei ihrer Familie zu bleiben, die<br />
Bedrohung durch die Nazis aufgrund<br />
ihres Engagements jedoch immer stärker<br />
wurde, so dass auch sie schließlich<br />
untertauchen musste. Bei den Partis<strong>an</strong>Innen<br />
<strong>an</strong>gekommen, übernahm sie<br />
unterschiedliche Aufgaben, die vom<br />
bewaffneten Kampf über politische Arbeit<br />
bis hin zu typischen Frauenarbeiten<br />
(kochen, Kr<strong>an</strong>ke/Verwundete pflegen)<br />
reichten. Doch die Karrierech<strong>an</strong>cen<br />
für Frauen bei den Partis<strong>an</strong>Innen<br />
scheinen gering gewesen zu sein, was<br />
auch der Umst<strong>an</strong>d verdeutlicht, dass in<br />
den Führungsstrukturen des kärnterslowenischen<br />
Widerst<strong>an</strong>ds kaum Frauen<br />
<strong>an</strong>zutreffen waren.<br />
Partis<strong>an</strong>In, amtsbescheinigt. Entner kritisiert<br />
<strong>an</strong> <strong>an</strong>derer Stelle auch die ausbleibenden<br />
Entschädigungszahlungen für<br />
ehemalige Partis<strong>an</strong>innen bzw. das Opferfürsorgegesetz<br />
(OFG), das gerade<br />
Frauen ausgrenzte, weil es die oftmals<br />
eben von Frauen ausgeübten widerständigen<br />
H<strong>an</strong>dlungen nicht <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nte.<br />
„Nicht für alle, die den Partis<strong>an</strong>Innenkampf<br />
unterstützten, war der<br />
Weg zur Amtsbescheinigung problemlos.<br />
Zunächst musste bewiesen werden,<br />
dass die Unterstützung der FreiheitskämpferInnen<br />
tatsächlich erfolgt<br />
war. Eine Verhaftung wegen bloßen<br />
Verdachts darauf reichte dafür nicht<br />
aus. Die Gestapo hingegen hatte nicht<br />
gezögert, Verdächtige auch ohne Be-<br />
weise zu verhaften. Geübte Praxis war<br />
es, die Verdächtigen in ‚Schutzhaft’ zu<br />
nehmen und in ein KZ zu deportieren.<br />
Ein ehemaliger KZ-Häftling, der ‚nur’<br />
aufgrund des Verdachtes der Partis<strong>an</strong>Innenunterstützung<br />
deportiert worden<br />
war, war folglich vor dem OFG <strong>an</strong>spruchslos<br />
– als ob die erlebten Traumata<br />
und materiellen Schäden durch<br />
die erlebte Haft in diesem Fall geringere<br />
gewesen wären. Weiters musste<br />
die Freiwilligkeit der Hilfeleistung<br />
nachgewiesen werden.“ 1<br />
Von der Magd zur Partis<strong>an</strong>in. „Aus dem Leben<br />
einer Kärntner Partis<strong>an</strong>in“ erzählt<br />
die Geschichte von Helena Kuhar, beginnend<br />
mit ihrer Geburt 1906. Sie<br />
schildert ihre Arbeit als Magd, ihre Zeit<br />
bei den Partis<strong>an</strong>Innen sowie den <strong>an</strong>dauernden<br />
Kampf um Anerkennung<br />
und Rechte in den Nachrkriegsjahren.<br />
Auf fesselnde Art und Weise und in<br />
einfach gehaltener Sprache wird in den<br />
Aufzeichnungen ein umfassendes Bild<br />
des kärntnerslowenischen Lebens vor,<br />
nach und vor allem während des Nationalsozialismus<br />
gezeichnet. Aus Jelkas<br />
Erzählungen geht nicht nur die Armut<br />
der Zwischenkriegsjahre der<br />
kärntnerslowenischen Bevölkerung<br />
hervor, sondern vor allem auch der kultivierte<br />
Antislowenismus und Deutschnationalismus,<br />
der den Aufstieg des<br />
Nationalsozialismus stark beförderte.<br />
Kuhars Erinnerungen streifen die Arisierungen<br />
jüdischer Geschäfte, die Deportation<br />
jüdischer und kärtnerslowenischer<br />
Familien und die Leidensgeschichten<br />
vieler Menschen aus ihrem<br />
unmittelbaren Umfeld. Als sich Jelka<br />
als vierfache Mutter den Partis<strong>an</strong>Innen<br />
<strong>an</strong>schloss, war ihr M<strong>an</strong>n schon l<strong>an</strong>ge<br />
zum Kriegsdienst eingezogen worden<br />
und ihr Bruder bereits zu den Partis<strong>an</strong>en<br />
geg<strong>an</strong>gen. Ihre Schwägerin war<br />
„abgeholt“ und in ein Lager gebracht<br />
worden, so dass sich Jelka auch noch<br />
zweier weiterer Kinder <strong>an</strong>nehmen musste.<br />
Bevor sie 1942 in die Wälder ging,<br />
hatte sie die Partis<strong>an</strong>Innen bereits l<strong>an</strong>ge<br />
Zeit durch Besorgungen, Hilfs- und<br />
Die oftmals sehr enge Definition des Begriffs „Widerst<strong>an</strong>d“, der sich lediglich auf<br />
den bewaffneten Kampf bezieht, führt dazu, dass jene Widerst<strong>an</strong>dsformen, die sich<br />
vor allem Frauen zu eigen gemacht hatten, weitgehend ausgeklammert bleiben.<br />
Kurierdienste und dergleichen unterstützt.<br />
Jelka wurde mehrfach von der<br />
Gestapo verhört und beschuldigt, das<br />
„B<strong>an</strong>ditenwesen“ zu unterstützen. Sie<br />
schildert die Brutalität der Nazis auf<br />
eindringliche Weise, aber auch den Mut<br />
und das Geschick, das sie aufbrachte,<br />
um ihnen zu entkommen.<br />
Doch auch Jelkas Geschichte endet<br />
nicht mit der Befreiung. Es folgt der Leidensweg,<br />
der den Kärntner SlowenInnen,<br />
und insbesondere den ehemaligen<br />
Partis<strong>an</strong>Innen, nach 1945 noch bevorst<strong>an</strong>d.„Wir<br />
ahnten, dass die Zukunft<br />
dem bisherigen Schicksal der Kärntner<br />
Slowenen gleichen würde“, schreibt Lipej<br />
Kolenik über die Nachkriegszeit, die<br />
für ihn in m<strong>an</strong>cher Hinsicht noch<br />
schlimmer gewesen war als die Kriegsjahre<br />
selbst. Als ehemaliger Partis<strong>an</strong>e<br />
den Diffamierungen als „eigentlicher<br />
Täter und Verräter“ ausgesetzt, wurde<br />
er von einer wiederinstallierten slowenInnenfeindlichen<br />
Kärntner Obrigkeit<br />
bis Ende 1949 13 Mal eingesperrt. Auch<br />
Jelka blieb nach dem Krieg aktiv in<br />
kärntnerslowenischen Org<strong>an</strong>isationen<br />
und wurde etwa 1947 zur Vorsitzenden<br />
der „Antifaschistischen Frauenfront“<br />
gewählt. Denn die Hoffnung gab sie nie<br />
auf:„Die Hoffnung ist wie ein Feuer, <strong>an</strong><br />
dem m<strong>an</strong> sich aufwärmt, wenn es<br />
rundherum kalt ist. Sol<strong>an</strong>ge wir gegen<br />
den Hitler gekämpft hatten, dachten<br />
wir: Morgen wird Gerechtigkeit sein in<br />
Kärnten! Daraus ist nichts geworden.<br />
Jetzt darf m<strong>an</strong> die Glut nicht ausgehen<br />
lassen. Aus der Glut k<strong>an</strong>n einmal ein<br />
neues Feuer werden. Aber wenn sie<br />
ausgeht, bleibt nur kalte Asche.“ ❚<br />
wissenschaft forum<br />
1 Heidi Wilscher, Brigitte Entner:<br />
„Sämtlich Slovenen!“ Kärntner<br />
SlowenInnen zwischen Entrechtung<br />
und Diskriminierung. In: Verena<br />
Pawlowsky u. Harald Wendelin (Hg.),<br />
Ausgeschlossen und entrechtet. Wien<br />
2006 (= Raub und Rückgabe – Österreich<br />
von 1938 bis heute, Bd. 4), S.74<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 23
24 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> november 2009
8. <strong>März</strong>: Feier- oder Kampftag?<br />
Was in Vietnam und Kuba geht, muss auch in Europa her, meint Kersten Artus. Im Gegensatz zu den<br />
Autonomen Feministinnen, die auf staatliche Feierlichkeiten pfeifen.<br />
Mindestlöhne, Arbeitzeitverkürzung, Gleichstellung – es<br />
gibt viele Forderungen, die zur vollständigen Em<strong>an</strong>zipation<br />
gestellt werden, und die noch l<strong>an</strong>ge nicht durchgesetzt<br />
sind. Der Feiertag ist überfällig, weil Frauen vor allem seit<br />
Beginn der Industrialisierung schon viel erreicht haben. Unzählige<br />
Feministinnen, Gewerkschafterinnen, Antifaschistinnen, Politikerinnen<br />
haben für Frauenrechte gekämpft – m<strong>an</strong>che sind dafür<br />
sogar gestorben. Ihnen gilt unser Respekt. Im Mittelalter wurden<br />
Frauen verbr<strong>an</strong>nt, erschlagen, weil sie für Frauen Gutes get<strong>an</strong> haben,<br />
weil sie selbstbewusst waren, weil sie sich nicht unterdrücken<br />
ließen. Sie sollen durch den Feiertag gewürdigt werden.<br />
Frauen und Mädchen erfahren auch heute noch ständig Gewalt.<br />
Es gibt aber Helferinnen, die sich um diese Frauen kümmern: in<br />
Frauenhäusern, in Gewaltberatungsstellen, in Obdachlosentreffs. Sie<br />
verdienen es, gefeiert zu werden. Es gibt Betriebsrätinnen, die sich<br />
für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen. Sie begleiten<br />
Kolleginnen zum Arbeitsgericht, wenn diese nach der Elternzeit<br />
gekündigt werden. Ihnen gilt D<strong>an</strong>k für ihren Einsatz.<br />
Frauen, die aus ihrem Heimatl<strong>an</strong>d flüchten müssen, werden in<br />
Deutschl<strong>an</strong>dunfreundlich aufgenommen. Die Asylgesetze sind<br />
menschenfeindlich geändert worden. Viele Frauen haben Angst vor<br />
Abschiebung. Den Status der Duldung und nicht selten auch der Illegalität<br />
und Papierlosigkeit zu ertragen, erschüttert diese Frauen<br />
und traumatisiert sie. Sie erfahren dennoch Hilfe und Solidarität:<br />
Andere Frauen verbringen nach ihrer Erwerbsarbeit unzählige Stunden<br />
damit, sich um diese Frauen zu kümmern. Ärztinnen leisten kostenlose<br />
medizinische Hilfe. Sie verdienen einen Tag im Jahr, <strong>an</strong> dem<br />
m<strong>an</strong> ihnen d<strong>an</strong>kt. Viele Mädchen sind perspektivlos. Eine g<strong>an</strong>ze Generation<br />
wächst in Hartz IV-Haushalten auf. Für diese Mädchen<br />
stellt sich nicht die Frage, wie sie Karriere machen. Für sie stellt sich<br />
die Frage nach einem guten Schulabschluss, Schutz vor zu frühen<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaften, Schutz vor Niedriglöhnen, Drogen, Prostitution.<br />
Wer sich um diese Mädchengeneration kümmert, ihr Orientierung<br />
gibt, verdient endlich Anerkennung.<br />
In vielen Ländern ist der 8. <strong>März</strong> ein gesetzlicher Feiertag, in Armenien,<br />
Aserbaidsch<strong>an</strong>, Bulgarien, Burkina Faso, Georgien, Kasachst<strong>an</strong>,<br />
Kirgisist<strong>an</strong>, Kuba, Mazedonien, Moldawien, in der Mongolei, in<br />
Russl<strong>an</strong>d, Serbien, Tadschikist<strong>an</strong>, in der Ukraine, in Usbekist<strong>an</strong>, Vietnam<br />
und Weißrussl<strong>an</strong>d. In China ist der Nachmittag für Frauen arbeitsfrei.<br />
Es wird also höchste Zeit, dass auch die „westlichen“ Länder<br />
ihre Frauen mit einem Feiertag würdigen. ❚<br />
Kersten Artus („Die Linke“ Hamburg) treibt die Kampagne „Der Internationale Frauentag muss ein Feiertag werden“<br />
seit 2009 vor<strong>an</strong>: http://8-maerz.de<br />
1908 wurde in Deutschl<strong>an</strong>d das Verbot politischer Betätigung<br />
von Frauen aufgehoben. Viele Genossen der damaligen<br />
SPD meinten, dass nun mit der legalen Möglichkeit die<br />
wichtigste Forderung der Frauenbewegung erreicht und<br />
keine eigene Frauenarbeit mehr notwendig sei. Die Frauen<br />
kämpften jedoch weiterhin für Frauenrechte, 1910 brachte Clara<br />
Zetkin den Antrag für einen internationalen Frauentag auf der Amsterdamer<br />
Konferenz der Sozialistischen Internationale ein. In der<br />
Geschichte war der 8. <strong>März</strong> immer ein öffentliches Auftreten von<br />
Frauen gegen patriarchale Verhältnisse, für Frauenrechte, gegen<br />
Kapitalismus, für soziale Gerechtigkeit und gegen Krieg.<br />
In den 1970er Jahren entwickelte sich ein starkes, feministisches<br />
Bewusstsein, das sich in der eigenständigen Org<strong>an</strong>isierung<br />
als Frauen für die Entwicklung einer Subjektivität von Frauen, für<br />
ein solidarisches Verhältnis unter Frauen und in einem revolutionären<br />
Frauenbefreiungskampf ausdrückt. Wir müssen uns unabhängig<br />
von Männern, Staat und Kapital org<strong>an</strong>isieren, wir wollen<br />
nicht gleich-berechtigt ausbeuten und Kriege führen, sondern Sexismus<br />
beenden und das Patriarchat zerschlagen.<br />
Der bürgerliche Staat ist nicht unabhängig von der Gesellschaft.<br />
Er regelt und gar<strong>an</strong>tiert das Gelingen des Kapital-Patriarchats.<br />
Er schützt das Privateigentum und regelt die „Ware Arbeitskraft“,<br />
die geschlechtsspezifischen Lohnverhältnisse und Arbeitsteilungen,<br />
die unbezahlte Versorgungsarbeit. Er stützt die „Normalität“<br />
des Sexismus durch geringere Bewertung von Gewalt <strong>an</strong><br />
Frauen z.B. gegenüber Eigentumsdelikten und indem er die Ehe als<br />
„Grundwert“ des Staates verteidigt. Er erschafft mittels „Ausländergesetzen“<br />
sogen<strong>an</strong>nnte „Fremde“, für die soziale und politische<br />
Rechte der Verfassung nicht gelten. Seine Funktion ist die Integration<br />
von Widerst<strong>an</strong>d oder die Niederschlagung von Aufständen.<br />
Doch wir lassen uns weder von „Feierlichkeiten“ vereinnahmen<br />
noch von einem §278 mundtot und h<strong>an</strong>dlungsunfähig machen.<br />
Für uns ist der 8. <strong>März</strong> ein FrauenKampfTag – gegen Sexismus<br />
und Patriarchat, gegen Rassismus, gegen Kapitalismus und imperialistische<br />
Kriege, für Frauenbefreiung international. Unsere Kämpfe finden<br />
alltäglich und org<strong>an</strong>isiert statt, im Alltag, in Beziehungen, bei der<br />
Arbeit, in der Ausbildung, in Institutionen, im Denken, beim Träumen,<br />
im Fühlen und Erkennen, beim Sich-Org<strong>an</strong>isieren, auf der Straße und<br />
gegen den Staat. Demonstrationen sind eine Form, unsere Kämpfe zu<br />
verbinden und öffentlich zu machen, unsere Stärke gemeinsam zu leben,<br />
in Verbundenheit mit den kämpfenden Frauen in der Welt. ❚<br />
Autonome Feministinnen im Vorbereitungsplenum zum 8. <strong>März</strong><br />
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märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 25
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Beate Hammond<br />
Ein Kinderstar wird achtzig<br />
Heutzutage sind singende Kinderstars ziemlich aus der Mode<br />
(Schnappi-singende Mädchen einmal ausgenommen). Früher,<br />
besonders nach dem Zweiten Weltkrieg, f<strong>an</strong>d die Gesellschaft<br />
allerdings nichts dabei, sich <strong>an</strong> den Darbietungen Minderjähriger<br />
zu erfreuen. So l<strong>an</strong>ge die Kinder klein, zart und schnuckelig<br />
waren, wurden sie vom Publikum geliebt. Mit dem tatsächlichen<br />
Alter wurde d<strong>an</strong>n auch mal geschummelt, damit das mit<br />
dem Kindchenschema stimmte.<br />
So kam es dazu, dass aus einer talentierten jungen Frau namens<br />
Marie Nejar ein Kinderstar wurde, der auf der Bühne fast<br />
nie ohne Teddybär auftrat. Im Sommer 1949 wird die schwarze<br />
Deutsche Marie Nejar durch einen Zufall am Timmendorfer<br />
Str<strong>an</strong>d entdeckt. Sogar Charlie Chaplin lobt ihre Stimme. Als<br />
Leila Negra feiert sie in den 1950er Jahren große Erfolge in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d und Österreich.<br />
Zu dieser Zeit tritt sie regelmäßig in Wien auf. Bei einem<br />
„Hausfrauen-Nachmittag“ ( ja, so etwas gab es) im Wiener<br />
Konzerthaus wird sie als „schwarzer Singvogel“ <strong>an</strong>gekündigt.<br />
Ein paar Monate später hat sie einen weiteren Auftritt, diesmal<br />
als neuer „Liebling der Wiener“: Im Fr<strong>an</strong>z-Antel-Film „Die<br />
süßesten Früchte“ singt sie 1953 im Duett mit Peter Alex<strong>an</strong>der<br />
die Titelmelodie.<br />
Abseits der Bühne kam es trotz aller Berühmtheit zu un<strong>an</strong>genehmen<br />
Erlebnissen. In einem Wiener Str<strong>an</strong>dbad stört sich eine<br />
Frau mit den Worten „Ich muss mich gleich übergeben“ <strong>an</strong><br />
ihrem Anblick. Die Frau entschuldigt sich erst, als ihre Freundin<br />
sie darauf hinweist, wen sie vor sich hat. Mit Ende Zw<strong>an</strong>zig<br />
steht Nejar immer noch mit Teddybär im Arm auf der Bühne<br />
und singt Lieder von traurigen schwarzen Menschen. Sie wechselt<br />
den M<strong>an</strong>ager, doch als dieser tödlich verunglückt, gibt sie<br />
ihre Ges<strong>an</strong>gskarriere auf und lernt „etwas Anständiges“. Sie<br />
wird Kr<strong>an</strong>kenschwester und arbeitet bis zur Pensionierung in<br />
diesem Beruf.<br />
Mit 77 Jahren wird ihre Autobiografie zum Bestseller. Am 20.<br />
<strong>März</strong> wird Marie Nejar achtzig Jahre alt.<br />
Marie Nejar: Mach nicht so traurige Augen …<br />
Rowohlt Verlag, 2007
uch.projekt<br />
Aufklärer_innen gesucht<br />
Foto: „In Geschichte eingeschrieben“, Mädchentagebuch 1956<br />
Aufklärungsbücher für Jugendliche gehen meist von einem heterosexuellen<br />
Normalzust<strong>an</strong>d aus, Homosexualität wird gesondert beh<strong>an</strong>delt,<br />
und sowohl Queerness als auch Jugendliche mit körperlicher oder geistiger<br />
Beeinträchtigung sind kein Thema. Das möchte ein Buchprojekt<br />
ändern und sucht dafür Autor_innen. Die Herausgeberinnen Nadine<br />
Glade und Anna Hollendung studierten Gender Studies <strong>an</strong> der Uni Oldenburg,<br />
ihr Konzept beschreiben sie so:„Wir wünschen uns Ihre Perspektive<br />
in unserer Aufsatzsammlung für Jugendliche mit und ohne Behinderung,<br />
queer, tr<strong>an</strong>s*-, inter-, homo-, hetero-, bi- oder asexuell. Sie<br />
können hier darstellen, was Sie selbst früher gern gesagt bekommen<br />
hätten.“ Gepl<strong>an</strong>te Themen sind bisher zum Beispiel Medien, Sexualpraktiken,<br />
Liebe, Schönheitsideale und Verhütung. Ideen und Beiträge können<br />
bis zum 20. <strong>März</strong> einges<strong>an</strong>dt werden, nähere Informationen finden<br />
sich unter http://genderblog.de/index.php/<strong>2010</strong>/01/11/cfp-jugendaufklarungsbuch-fur-alle<br />
fis<br />
gründung<br />
FachGesellschaft GeschlechterStudien<br />
„Diese Satzung wurde von der Mitgliederversammlung am 29. J<strong>an</strong>uar<br />
<strong>2010</strong> in Berlin verabschiedet und tritt mit der Eintragung in das Vereinsregister<br />
in Kraft“, heißt es in den Statuten der „FachGesellschaft GeschlechterStudien“.<br />
Gegründet wurde der Verein von 204 Wissenschaftlerinnen,<br />
Wissenschaftlern und Studierenden der Technischen Universität<br />
Berlin sowie den Zentren für Geschlechterforschung der TU und<br />
HU Berlin, der Universitäten Siegen und Luxemburg. Vorst<strong>an</strong>dsmitglied<br />
Sabine Hark:„Das Ziel der Fachgesellschaft ist es, die Etablierung und<br />
Weiterentwicklung der Geschlechterstudien im deutschsprachigen<br />
Raum sowie insbesondere den inter- und tr<strong>an</strong>sdisziplinären Austausch<br />
zu fördern.“ kaiv<br />
http://fg-gender.de<br />
r ing.vorlesung<br />
Migration und Geschlechterverhältnisse<br />
Foto: flickr/neingeist<br />
C<strong>an</strong> the Subaltern speak? Dieser Frage widmen sich die Vorträge der<br />
Ringvorlesung „K<strong>an</strong>n die Migr<strong>an</strong>tin sprechen? Migration und Geschlechterverhältnisse“<br />
<strong>an</strong> der Salzburger Universität. Die Beiträge der 12. Ringvorlesung<br />
aus dem Bereich Gender Studies untersuchen das Phänomen<br />
<strong>an</strong>.riss arbeit.wissenschaft<br />
Migration in seinen geschlechtsspezifischen Zusammenhängen aus interdisziplinärer<br />
Perspektive.<br />
Eröffnet wird das Semester am 9.3.<strong>2010</strong> von Helma Lutz mit ihrer<br />
Vorlesung „Sprechen aus dem Off? Migration und Geschlechterverhältnisse<br />
aus internationaler Perspektive“. Weiteren Themenfeldern wie etwa<br />
Mobilität und Gender oder Migrationskonstruktionen in der Literatur<br />
widmen sich Birgit Enzenberger mit ihrem Vortrag „Frauen auf der<br />
Flucht“ oder María Do Mar Castro Varela, die am 22.6. über „Postkoloniale<br />
Konfusionen: Zur Frage von Sexualität und Post-Kolonialismus“<br />
spricht. Die Unsichtbarkeit von Frauen beh<strong>an</strong>delt Sylvia Hahn in ihrer<br />
Vorlesung „Wo sind die Frauen? Oder:Wie die Frauen in der Migrationsgeschichte<br />
verlorengingen“. pix<br />
Dienstags, 18.30–20, 5020 Salzburg, Rudolfskai 42, HS 380 Kultur- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät, www.unisalzburg.at/gendup<br />
lohn.gleichstellung<br />
(Kein) Geld für Kindergärtnerinnen<br />
Acht Jahre dauerte der Rechtsstreit, jetzt wurde die Lohnbeschwerde<br />
von hundert schweizerischen Kindergärtnerinnen abgewiesen. 2001<br />
stufte der K<strong>an</strong>ton Basell<strong>an</strong>d Kindergärtnerinnen zwar in eine höhere<br />
Lohnklasse ein, reduzierte gleichzeitig aber ihr Pensum. Dieses von<br />
den Kindergärtnerinnen beklagte „Zw<strong>an</strong>gs-Teilzeitpensum“ hatte einen<br />
insgesamt niedrigeren Verdienst zur Folge. Die Gewerkschaft<br />
„vpod“ kritisiert nun das veraltete Kindergartenbild, auf dessen Basis<br />
das Gericht geurteilt hat: Kindergärtnerinnen sind heute identisch<br />
ausgebildet wie Primarlehrkräfte, ihnen steht somit auch die gleiche<br />
Lohnklasse zu.<br />
Bessere Nachrichten gibt es für KindergärtnerInnen in Österreich:<br />
Mit Anf<strong>an</strong>g <strong>2010</strong> stieg der Mindestlohntarif für KindergärtnerInnen, die<br />
in privaten Kindergärten arbeiten. Auf einen Kollektivvertrag warten sie<br />
allerdings immer noch. be<br />
www.frauensicht.ch, www.ots.at, www.kindergartenaufst<strong>an</strong>d.at<br />
event<br />
Oh Economy, Up Yours!<br />
Schnell Entschlossene auf nach Berlin! Anf<strong>an</strong>g <strong>März</strong> wird dort Ökonomie<br />
aus queerfeministischer Perspektive kritisiert: In Workshops und<br />
Vorträgen, bei Filmen und Partys soll klar werden, dass linke Ökonomiekritik<br />
und queere und feministische Anliegen mitein<strong>an</strong>der verwoben<br />
sind. Denn Ökonomie und Heteronormativität haben eines gemeinsam:<br />
Sie sind Regulierungssysteme, die uns den Status quo als normal<br />
oder sinnvoll erscheinen lassen. Für gesellschaftliche Veränderungen<br />
müssen diese Normierungen aber aufgebrochen – oder zumindest diskutiert<br />
werden.<br />
Inhaltliche Schwerpunkte des Events sind „Reproduktionsverhältnisse<br />
im 21. Jahrhundert“ und „Gewaltökonomien“, die Themen decken<br />
dabei von Care-Work bis zum Einkommenssteuerrecht und personalisierter<br />
Gewalt einiges ab. Von einem fixen Ökonomiebegriff wollen die<br />
Ver<strong>an</strong>stalter_innen dabei nicht ausgehen, denn die Frage ist vielmehr:<br />
Welchen Ökonomiebegriff braucht eine queerfeministische ökonomiekritische<br />
Theoriepraxis? be<br />
4.–6.3., Who cares? Queerfeminismus & Ökonomiekritik, Berlin, verschiedene Ver<strong>an</strong>staltungsorte,<br />
www.feministische-oekonomiekritik.org<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 29
<strong>an</strong>wältinnen kollektiv<br />
Sie hören von meiner Anwältin …<br />
Die Juristerei kämpft immer noch mit eigenen Geschlechtsbarrieren. Doch Anwältinnen <strong>an</strong>tworten mit cleveren<br />
Formen der Vergesellschaftung. Drei aktuelle Fälle von Selbstständigkeit. Von Katharina Ludwig<br />
30 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Als Margarete Berent am 7.<br />
<strong>März</strong> vor 85 Jahren als erste<br />
Anwältin in Preußen zugelassen<br />
wurde, bezog sie ihre „Anwaltspraxis“<br />
in Berlin-Schöneberg.<br />
Sie verdiente sich ein Anwaltseinkommen,<br />
reiste wiederholt ins Ausl<strong>an</strong>d,<br />
engagierte sich in der Frauenbewegung<br />
und in der jüdischen Gemeinde,<br />
hielt Vorträge und sprach im Radio.<br />
Nach l<strong>an</strong>gem Warten auf die praktische<br />
Berufsberechtigung, machte sie<br />
sich, mit 37 Jahren, selbstständig. Berent<br />
war als Anwältin aktiv, bis sie im<br />
Sommer 1933 als „Nicht-Arierin“ aus<br />
der Rechts<strong>an</strong>waltskammer ausgeschlossen<br />
wurde.<br />
Mittlerweile sind mehr als fünfzig<br />
Prozent der AbsolventInnen der juristischen<br />
Staatsexamen Frauen. Der Frauen<strong>an</strong>teil<br />
der über 150.000 in Deutschl<strong>an</strong>d<br />
tätigen AnwältInnen liegt bei<br />
dreißig Prozent, noch 1970 kamen nicht<br />
einmal fünf Anwältinnen auf 95 männliche<br />
Kollegen. Die Wege der Freiberuflerinnen<br />
sind heute divers, führen in internationale<br />
Großk<strong>an</strong>zleien, feministi-<br />
sche Juristinnenkollektive oder in frauenbewegte<br />
Bürogemeinschaften.<br />
Dünne Höhenluft. In herkömmlichen K<strong>an</strong>zleien<br />
sind laut der aktuellen Statistik<br />
des Deutschen Anwalt Vereins (DAV) 38<br />
Prozent der MitarbeiterInnen weiblich.<br />
Knapp über 18 Prozent sind gleichberechtigte<br />
Partnerinnen. In vielen Fällen<br />
arbeiten Anwältinnen nicht nur für ihre<br />
M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>tInnen, sondern auch für <strong>an</strong>dere<br />
Anwälte, für ihre Chefs.<br />
„Der Frauen<strong>an</strong>teil ist eine Sache der<br />
Generationen,“ sagt Barbara Mayer,<br />
Freiburger Partnerin der international<br />
tätigen Sozietät Graf von Westphalen<br />
und spezialisiert auf Gesellschaftsrecht,<br />
Fusionen und Übernahmen, auf Englisch<br />
kurz M&A. „Bei Neueinstellungen<br />
liegt der Frauen<strong>an</strong>teil inzwischen bei allen<br />
größeren K<strong>an</strong>zleien zwischen<br />
dreißig und vierzig Prozent, aber im Laufe<br />
der Jahre wird es immer dünner.“<br />
Dafür gebe es zwei Gründe: Einerseits<br />
gab es unter den heute Fünfzig- bis<br />
Sechzigjährigen noch weniger Jura-Studentinnen,<br />
<strong>an</strong>dererseits hören m<strong>an</strong>che<br />
Frauen wieder auf, wechseln in eine<br />
kleinere K<strong>an</strong>zlei oder in den öffentlichen<br />
Dienst, weil die Arbeit dort besser<br />
mit der Familienarbeit kombinierbar ist.<br />
Mayer selbst hat sich nach dem<br />
Studium mit Freunden selbstständig<br />
gemacht und wurde d<strong>an</strong>n durch Fusion<br />
Teil einer Großk<strong>an</strong>zlei mit 150 Fachkräften.<br />
Ihre Wochenarbeitszeit liegt bei etwa<br />
sechzig Stunden. Die Arbeit in<br />
Großk<strong>an</strong>zleien, sagt sie, setzt natürlich<br />
relativ viel Flexibilität und Bereitschaft<br />
voraus: M<strong>an</strong> muss ab und zu kurzfristig<br />
reisen oder eben auch mal Abends da<br />
sein. „Letzten Endes sind die Kinder das<br />
Entscheidende für die Stellung von<br />
Frauen in Anwaltsk<strong>an</strong>zleien“, so Mayer.<br />
Für Anwältinnen wie sie, die keine Kinder<br />
haben, oder deren Kinder schon erwachsen<br />
sind, gäbe es keine Nachteile.<br />
„Die Frage ist, ob es möglich ist, sich in<br />
einer Phase mit kleinen Kindern so zu<br />
engagieren wie es <strong>an</strong>dere tun und<br />
d<strong>an</strong>n auch beruflich vor<strong>an</strong>zukommen.“<br />
Die trennende Marke liegt bei etwa 32,<br />
33 Jahren. „Jedenfalls in Deutschl<strong>an</strong>d“,<br />
fügt Mayer hinzu. Denn im Vergleich
mit K<strong>an</strong>zleien und Unternehmen aus<br />
<strong>an</strong>deren Ländern, mit denen sie im internationalen<br />
Wirtschaftsrecht immer<br />
wieder zu tun hat, wird deutlich, dass<br />
der Frauen<strong>an</strong>teil auch viel größer sein<br />
k<strong>an</strong>n.<br />
In der Arbeitsgemeinschaft „Anwältinnen<br />
des DAV“ engagiert sich Mayer<br />
gemeinsam mit 249 Kolleginnen dafür,<br />
nach wie vor existierende berufliche Behinderungen<br />
für die Arbeitsrealität von<br />
Frauen abzubauen. Etwa wenn für Notarsprüfungen<br />
eine Anzahl von bearbeiteten<br />
Fällen in einem Zeitraum gefordert<br />
wird, der mit der Teilzeitarbeit<br />
nicht mehr vereinbar ist. Das klingt<br />
nach Kleinigkeiten, führt aber faktisch<br />
dazu, dass Anwältinnen – von denen<br />
eben viele in einer bestimmten Phase<br />
Teilzeit arbeiten – faktisch von bestimmten<br />
Tätigkeitsbereichen ausgeschlossen<br />
sind.<br />
In einem Beratungsberuf sei das<br />
St<strong>an</strong>ding aber zu einem erheblichen Teil<br />
auch eine Frage des Alters, räumt Mayer<br />
ein. Ein junger Berater habe weniger<br />
Autorität als ein älterer; und das gelte<br />
für Frauen genauso wie für Männer. „Ich<br />
bin 45 und merke, dass ich jetzt eher<br />
ernst genommen werde als mit dreißig.<br />
Wenn m<strong>an</strong> jem<strong>an</strong>den berät, sagt m<strong>an</strong><br />
letztlich, was er oder sie tun soll – -dazu<br />
bedarf es einer gewissen Erfahrung und<br />
,grauer Schläfen'.“<br />
Überlastete Kollektive. Barbara Wessel,<br />
Jahrg<strong>an</strong>g 1965, hatte es schon bis zum<br />
ersten Staatsexamen geschafft, als sie<br />
ihr Jura-Studium zwischenzeitlich abbrach.<br />
Sie hielt ihr Fach für eine konservative<br />
und werterhaltende Wissenschaft,<br />
in der m<strong>an</strong> keine neuen Impulse<br />
setzen k<strong>an</strong>n und nur eine bestehende<br />
Rechtsordnung verteidigt. Schließlich<br />
machte sie aber doch ihren Abschluss<br />
und trat im Jahr 2000 als Fach<strong>an</strong>wältin<br />
für „Ausländer-, Asyl- und Familienrecht“<br />
in ein Frauenkollektiv von sieben<br />
Anwältinnen ein, das sich auf die Vertretung<br />
von Frauen spezialisiert hatte.<br />
„Die Entscheidung für das Kollektiv-<br />
büro war klar politisch begründet –<br />
nicht weil ich nicht mit Männern zusammenarbeiten<br />
könnte, sondern um<br />
eine klarere, gesellschaftlich sichtbare<br />
Parteinahme für Frauen herauszuarbeiten.“<br />
Die Anwältinnen im Kollektiv in<br />
Berlin-Kreuzberg verst<strong>an</strong>den ihre Arbeit<br />
politisch, was wegen zusätzlichem Engagement<br />
und neben dem ökonomischen<br />
Druck zu einem enormen Arbeitspensum<br />
führte, erzählt Wessel.<br />
Trotz unterstützendem Ansatz st<strong>an</strong>d<br />
die Gruppe letztlich vor einem ähnlichen<br />
Phänomen wie Frauen in m<strong>an</strong>cher<br />
Großk<strong>an</strong>zlei: Zumindest in dieser bestimmten<br />
Personenkonstellation konnten<br />
sie nicht auf veränderte Lebensformen<br />
und Prioritäten Einzelner reagieren.<br />
Vor drei Jahren löste sich das zu seiner<br />
Zeit größte Anwältinnenkollektiv<br />
Europas auf. Mit einer ehemaligen Mitstreiterin<br />
ist Wessel heute in einer Sozietät<br />
zusammengeschlossen, also zur<br />
gemeinschaftlichen Berufsausübung<br />
mit gemeinsamer Kasse, mit zwei weiteren<br />
Anwälten und einer Anwältin teilt<br />
sie sich das Büro.<br />
Wessel meint,, dass viele Frauen<br />
auch die fin<strong>an</strong>zielle Unsicherheit fürchten,<br />
die die Selbstständigkeit mit sich<br />
bringt. In einer Bürogemeinschaft hängen,<br />
wenn es nicht gut läuft, alle im Risiko<br />
mit drin. Wessel ist Mitglied im Republik<strong>an</strong>ischen<br />
Anwaltsverein, der sich<br />
als Teil einer Bürgerrechtsbewegung<br />
versteht und auf fortschrittliche Rechtsentwicklung<br />
hinwirken will.<br />
Arbeitsklima und Verhaltenstypen,<br />
das macht Wessel im Gespräch aber<br />
klar, sind sehr von der juristischen Spezialisierung<br />
bestimmt. „AnwältInnen<br />
werden je nach Arbeitsbereich stark in<br />
Rollen gezwungen: Selbstdarstellungsund<br />
Behauptungsdruck variieren sehr.“<br />
Ob sie etwa lautstark auftreten, weil<br />
dies auch von den M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>tInnen so<br />
gewünscht und zuweilen mit Kompetenz<br />
verwechselt wird, sei ebenso von<br />
Fachgebiet zu Fachgebiet sehr unterschiedlich.<br />
Solidarische Kooperativen. Für Lisa Griesehop,<br />
Fach<strong>an</strong>wältin für Arbeits- und<br />
Sozialrecht in Berlin-Mitte, war der<br />
Schritt in ein kooperatives Anwältinnenbüro<br />
nach ihren selbstorg<strong>an</strong>isierten<br />
Erfahrungen während des Jura- und Soziologie-Studiums<br />
nur konsequent. Seit<br />
1996 teilt sie sich mit zwei Kolleginnen<br />
ein Büro in der ehemaligen Fabriks<strong>an</strong>lage<br />
WeiberWirtschaft, wo mehr als sechzig<br />
Frauen in Genossenschaften ihren<br />
Initiativen und Unternehmungen nachgehen.<br />
Griesehop, ebenfalls aktiv in der AG<br />
Anwältinnen, sieht eine eindeutige Tendenz,<br />
nicht in Großk<strong>an</strong>zleien zu gehen.<br />
Die Ch<strong>an</strong>cen, Richterin zu werden, seien<br />
eher gering. Die Aussicht auf Stellungen<br />
bei der Staats<strong>an</strong>waltschaft seien besser,<br />
aber als Anklägerin des Staates zu wirken<br />
sei für viele auch nicht wünschenswert.<br />
Der Weg in die Selbstständigkeit<br />
hingegen sei g<strong>an</strong>z realistisch und dennoch<br />
für viele nicht vorstellbar.„Hier gibt<br />
es eine große Diskrep<strong>an</strong>z zwischen den<br />
Vorstellungen und der Realität des Berufswunsches.<br />
Viele scheuen die Ver<strong>an</strong>twortung,<br />
eine K<strong>an</strong>zlei zu führen.“<br />
„Die Entscheidung für das Kollektivbüro war klar politisch begründet – nicht weil<br />
ich nicht mit Männern zusammenarbeiten könnte, sondern um eine klarere, gesellschaftlich<br />
sichtbare Parteinahme für Frauen herauszuarbeiten.“<br />
Anwältin Griesehop und ihre zwei<br />
Kolleginnen treten nach außen hin gemeinsam<br />
auf, rechnen intern aber individuell<br />
ab. Das ermöglicht jeder – egal<br />
ob mit jungen oder älteren Kindern<br />
oder eben ohne –, den Arbeitsaufw<strong>an</strong>d<br />
den übrigen Lebenserfordernissen und<br />
-bedürfnissen <strong>an</strong>zupassen. „Aufgrund<br />
der Org<strong>an</strong>isation als Bürogemeinschaft<br />
besteht ein hohes Maß <strong>an</strong> Flexibilität.<br />
Jede arbeitet, so viel wie sie will.“ Es gilt<br />
das Solidarprinzip, Griesehop selbst ist<br />
vierzig Stunden pro Woche vor Ort.<br />
„In US-K<strong>an</strong>zleien ist es g<strong>an</strong>g und<br />
gäbe, zwölf Stunden zu arbeiten und<br />
bis 22 Uhr im Büro zu sitzen,“ sagt sie,<br />
„selbst wenn nichts mehr zu tun ist.“<br />
Acht Stunden am Tag würden reichen,<br />
d<strong>an</strong>ach sei m<strong>an</strong> sowieso nicht mehr<br />
leistungsfähig. „Hier wie dort gibt es<br />
aber Frauen, die sich zusammentun wie<br />
z. B. im Deutschen Anwaltsverein und<br />
sagen, dass es so nicht weitergeht.“ ❚<br />
kollektiv <strong>an</strong>wältinnen<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 31
medien raum<br />
„Ein sehr, sehr seltsames Terrain“<br />
Die k<strong>an</strong>adische Medienkünstlerin Michelle Ter<strong>an</strong> sieht in den Bildern aus YouTube & Co. und der realen lokalen<br />
Nachbarschaft kein Entweder-Oder. Doch der Sprung von der digitalen Karte auf die Straße k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong>chmal auf den<br />
Magen schlagen. Ein Interview von Katharina Ludwig.<br />
Links zum Projekt „Busc<strong>an</strong>do al Sr.<br />
Goodbar“ von Michelle Ter<strong>an</strong>:<br />
http://techform<strong>an</strong>ce.blogspot.com<br />
www.ubermatic.lftk.org<br />
32 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Der junge Billardspieler aus<br />
Murcia in Sp<strong>an</strong>ien hatte nicht<br />
mit Kameras gerechnet und<br />
auch nicht damit, dass auf ein<br />
YouTube-Video hin bald eine<br />
Gruppe Interessierter in seinem<br />
Schlafzimmer sitzen würde. Ver<strong>an</strong>twortlich<br />
für diese Verwirrung ist Michelle<br />
Ter<strong>an</strong>, diesjährige Preisträgerin<br />
des tr<strong>an</strong>smediale-Festivals für digitale<br />
Kunst. Mit ihrem Stadtprojekt „Busc<strong>an</strong>do<br />
al Sr. Goodbar“ hat die von Berlin<br />
aus tätige K<strong>an</strong>adierin ein Interface für<br />
hybrid menschlich-mediale Räume geschaffen:<br />
Dazu nutzte sie die Funktion<br />
„Geotagging“, mit der YouTube-Broadcaster<br />
seit 2007 ihre Videos geografisch<br />
lokalisieren und auf GoogleEarth<br />
verzeichnen lassen können. Sie kreierte<br />
damit eine Stadtwahrnehmungstour<br />
entl<strong>an</strong>g heimproduzierter Bilder:<br />
Während sich ein Bus durch die<br />
Straßen bewegt, sind auf Bildschirmen<br />
lokale YouTube-Clips von Klavierspielern,<br />
Betrunkenen, jungen Akrobaten<br />
im Park und der jeweils aktuelle St<strong>an</strong>dort<br />
auf Google Earth zu sehen.<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Hatten die Leute aus den<br />
YouTube-Videos, die ihr mit der Bustour<br />
in Murcia besucht habt, eigentlich<br />
Angst, ihre Anonymität zu verlieren?<br />
Michelle Ter<strong>an</strong>: Nein, überhaupt<br />
nicht. Der Filter hat ja schon vorher <strong>an</strong>gesetzt:<br />
Die, die Angst hatten, haben<br />
wahrscheinlich erst gar nicht auf meine<br />
YouTube-Nachricht reagiert. Das waren<br />
fünf von zehn. Die <strong>an</strong>dere Hälfte, die<br />
mir ge<strong>an</strong>twortet hat, hatte sich bereits<br />
auf das Abenteuer eingelassen. Ich habe<br />
die Leute bei diesem Projekt ja dezidiert<br />
um Erlaubnis gefragt und sie eingeladen,<br />
sich aktiv bei der Produktion<br />
eines Kunstwerkes zu beteiligen. Sie<br />
sind also Mitwirkende, die wissen, was<br />
sie tun.<br />
Du hast dich in den letzten Jahren<br />
viel mit Bildern von privaten Überwachungskameras<br />
beschäftigt und sie etwa<br />
in Oslo als interventionistisches Freiluftkino<br />
übertragen. Dabei ging es stark um<br />
Verfremdung. Zielst du jetzt mit „Busc<strong>an</strong>do<br />
al Sr. Goodbar“ eher darauf ab, die<br />
mediatisierte Umgebung wieder vertraut<br />
zu machen?<br />
Mir geht es um Dekontextualisierung<br />
und Entwöhnungsprozesse. Menschen<br />
entwickeln bestimmte Einstellungen<br />
und Beziehungen zu dem, was<br />
sie tun. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n diese aber ein wenig<br />
untergraben – gar nicht im Sinne von<br />
Attacke, sondern mehr als kleine Verschiebungen.<br />
Diese Destabilisierung erlaubt<br />
<strong>an</strong>dere Interpretationen und Gefühle<br />
in der Beziehung zwischen Medien<br />
und physischem Raum. Das ist ja ein<br />
sehr, sehr seltsames Terrain, so hybrid,<br />
fragmentiert und verflochten. Diese Erfahrung,<br />
simult<strong>an</strong> zwischen physischen<br />
und mediatisierten Situationen zu operieren,<br />
dieses Schw<strong>an</strong>ken möchte ich<br />
beleuchten.<br />
Wie gehst du dabei vor, etwa beim<br />
Projekt „Busc<strong>an</strong>do al Sr. Goodbar“?<br />
Zuerst habe ich zwei, drei Monate<br />
für mich alleine recherchiert. Habe auf<br />
Google Maps herumgesucht, YouTube-<br />
K<strong>an</strong>äle gesichtet und begonnen Playlisten<br />
zu erstellen. In Murcia habe ich<br />
d<strong>an</strong>n mit Irene Verdú, einer Schauspielerin<br />
aus der Stadt, zusammengearbeitet<br />
und mich mit ihr über die Videos
und die Menschen darin ausgetauscht.<br />
Erst d<strong>an</strong>n beg<strong>an</strong>nen wir durch die Stadt<br />
zu gehen. Was das für ein Unterschied<br />
ist, in einem Büro Videos zu sichten<br />
oder plötzlich in der Straße zu versuchen,<br />
sich zu orientieren! Das war eine<br />
unglaublich verwirrende Realitätsverschiebung.<br />
Du hast dich <strong>an</strong> eine gewisse<br />
Stadt<strong>an</strong>sicht auf der digitalisierten<br />
Karte gewöhnt und plötzlich stehst du<br />
da und fragst dich:Wie komme ich jetzt<br />
dorthin? Ziemlich ekelerregend, beim<br />
ersten Mal fühlte ich mich zerknittert,<br />
und mir wurde übel.<br />
Warum denn?<br />
Auf einer Karte ist alles geordnet<br />
und in sich geschlossen. Auf der Straße<br />
sind die Dist<strong>an</strong>zen aber <strong>an</strong>ders, du<br />
weißt nicht, wo du l<strong>an</strong>g sollst und musst<br />
dich erst eingewöhnen oder wieder<br />
eingewöhnen. M<strong>an</strong> muss sich die Beziehung<br />
zwischen der Karte und dem Geschehen<br />
vor Ort <strong>an</strong>sehen und das irgendwie<br />
zusammenbringen.<br />
Hat sich dadurch auch dein Blick auf<br />
die Karte verändert?<br />
Ja, absolut. Üblicherweise navigiert<br />
m<strong>an</strong> ja mithilfe von Gebäuden und Zeichen,<br />
verschiedenen visuellen Hinweisen<br />
und nicht nach Straßennamen.<br />
Nicht „Biegen Sie auf Straße xy rechts<br />
ein und folgen Sie dem Streckenverlauf“.<br />
Schließlich kam noch der Busfahrer<br />
unserer Tour zu uns dazu. Der war<br />
natürlich Profi. So kamen verschiedene<br />
Einstiegsebenen zur Stadt zusammen.<br />
Oft werden Online-Netzwerke ja solchen<br />
in der greifbaren Wirklichkeit gegenübergestellt<br />
– als wären sie abgetrennt<br />
und würden die <strong>an</strong>deren Netzwerke<br />
verdrängen.<br />
Für mich ist das Interess<strong>an</strong>te <strong>an</strong> der<br />
Arbeit mit diesen Technologien, dass es<br />
keine Entweder-Oder-Situation gibt.<br />
Das hat auch mit meinen eigenen Kollaborationen<br />
zu tun. M<strong>an</strong> arbeitet online<br />
zusammen, aber trifft sich auch im<br />
echten Leben. Die Beziehung bewegt<br />
sich immer wieder, betritt dieses unterschiedliche<br />
Terrain und verlässt es wieder.<br />
Das ist kein theoretisches Konzept,<br />
sondern die gegenwärtige Realität. An<br />
separate Online- und Offline-Gruppen<br />
zu denken, rationalisiert und stabilisiert<br />
bereits das Erlebnis. Was in Wirklichkeit<br />
passiert, ist hybrid. Wir sind sehr fragmentierte<br />
Individuen mit all diesen verschiedenen<br />
komplexen körperlichen<br />
und mentalen Erfahrungen, sozialen Interaktionen,<br />
kulturellen Tr<strong>an</strong>sformationen<br />
und ästhetischen Erscheinungen.<br />
Zum Beispiel?<br />
Wenn jem<strong>an</strong>d sagt, er/sie macht<br />
ein Video für dich, denkt m<strong>an</strong> <strong>an</strong> eine<br />
Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Eigentlich<br />
ist es das aber nicht. Es ist<br />
Broadcast/Rundfunk, also leckt es überall.<br />
Du bekommst unbeabsichtigtes Publikum.<br />
Mit meinen urb<strong>an</strong>en Interventionen<br />
zu privaten Überwachungsbil-<br />
dern zeige ich diese Lecks und bringe<br />
das unbeabsichtigte Publikum ein.<br />
Du arbeitest auch mit großen Plattformen<br />
wie Google und YouTube. Welche<br />
Rolle spielt es für dich, wer diese Plattformen<br />
besitzt?<br />
Was ich mache, bezieht sich immer<br />
auf eine alltägliche Produktion von Bildern.<br />
Egal, ob sie beabsichtigt ist oder<br />
nicht. Ich arbeite also mit gefundenen<br />
Bildern und deshalb dort, wo diese entstehen<br />
– das sind nun mal kommerzielle<br />
Plattformen. Ich sehe darin aber keine<br />
große Veränderung. Es wurde immer<br />
auch schon in kommerziellen Kontexten<br />
gearbeitet, zum Beispiel bei der<br />
Schnappschuss-Fotografie mit Kodak.<br />
Was sich ändert, betrifft die Produktion<br />
von Daten und deren Vernetzung.<br />
… womit viele kritische Punkte verbunden<br />
sind. Siehst du hier einen Bewusstseinsw<strong>an</strong>del?<br />
Es gibt viel Diskussion über digitale<br />
Arbeit und Datenschutz, die sehr wichtig<br />
und komplex ist. Mich interessiert<br />
aber vor allem, über Agency zu sprechen,<br />
über H<strong>an</strong>dlungskompetenz und<br />
Übertragbarkeit von Daten. Wer interpretiert<br />
die Bilder, und wer gibt ihnen<br />
Bedeutung? Welche Ver<strong>an</strong>twortung haben<br />
Firmen gegenüber den Menschen,<br />
die diese Umgebungen online mitgestalten<br />
und die sich mit ihren selbstproduzierten<br />
Medien zum Beispiel aktiv <strong>an</strong><br />
solchen Karten beteiligen? Ich rede<br />
nicht von Entlohnung, aber sie müssen<br />
doch etwas zurückbekommen. Firmen<br />
können große Datenmengen nach Belieben<br />
einfach löschen, das Interface ändern<br />
oder bestimmte Angebote streichen.<br />
Das Beispiel Facebook zeigt, dass<br />
hier aber auch Petitionen entstehen<br />
können, Information weitergegeben<br />
und auch von Mainstream-Medien aufgenommen<br />
wird und schließlich Einfluss<br />
auf Entscheidungen möglich ist.<br />
Gab es einen Punkt, wo sich dein Interesse<br />
für Dist<strong>an</strong>z/Nähe verschoben<br />
hat, als du begonnen hast mit Live-Video,<br />
Telepräsenz und Perform<strong>an</strong>ce zu experimentieren?<br />
In der Tschechischen Republik, An-<br />
Der Diskurs in den 1990ern, das Internet sei ein ortloser Ort,<br />
war eine Fehlkonzeption.<br />
f<strong>an</strong>g der 1990er, hatte ich erstmals die<br />
Gelegenheit, mit geografischem Bezug<br />
zu arbeiten, und beg<strong>an</strong>n über das Verhältnis<br />
von Information und Ort nachzudenken.<br />
Information wie Architektur,<br />
im Verhältnis zu Geschichte und Politik.<br />
Gleichzeitig zeigte mir die Zusammenarbeit<br />
mit tschechischen und russischen<br />
KünstlerInnen das Performative<br />
des Raums und die vielen Schichten, die<br />
ihn ausmachen. Das hat mich geprägt,<br />
genauso wie später das Arbeiten in<br />
Netzwerken mit KünstlerInnen aus Ostund<br />
Westeuropa, K<strong>an</strong>ada und den USA.<br />
Als ich 1999 mit Online-Perform<strong>an</strong>ces<br />
beg<strong>an</strong>n, waren über die Videokonferenz-Software<br />
CuSeeMe Menschen <strong>an</strong><br />
diesen unterschiedlichen Orten mitein<strong>an</strong>der<br />
verbunden, aber jedeR hatte eine<br />
Kamera, die auf einen Punkt in der eigenen<br />
Wohnung gerichtet war. MusikerInnen<br />
spielten ihre Instrumente, m<strong>an</strong>che<br />
machten bewegungsorientierte Perform<strong>an</strong>ces<br />
– aber es brauchte immer einen<br />
Anf<strong>an</strong>gsort, das eigene Wohnzimmer<br />
oder wo auch immer die Perform<strong>an</strong>ce<br />
stattf<strong>an</strong>d. Das Ereignis war also schon<br />
immer in der äußerlichen Realität begründet.<br />
Der Diskurs in den 1990ern, das<br />
Internet sei ein ortloser Ort, war eine<br />
Fehlkonzeption.Wir sind nicht plötzlich<br />
in eine 3D-Welt eingetaucht, sondern haben<br />
unsere Umgebung geschaffen und<br />
d<strong>an</strong>n online gestellt. ❚<br />
raum medien<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 33
Modersohn-Becker, Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag, 25. Mai 1906<br />
kultur <strong>an</strong>.riss<br />
ausstellung<br />
Ohne frauliche Empfindsamkeit<br />
Fassungslos zeigten sich BetrachterInnen Ende des 19. Jahrhunderts <strong>an</strong>gesichts<br />
der Bilder der Künstlerin Paula Modersohn-Becker:„Roh“ und<br />
„brutal“ wären sie – und vor allem ohne das „Mütterliche, Frauliche,<br />
Empfindsame“, das sie doch eigentlich hätten haben müssen. Modersohn-Becker<br />
gab wenig auf diese bürgerlichen Erwartungen, privat<br />
ebenso wie auf der Leinw<strong>an</strong>d. Beeinflusst von Vorbildern wie Céz<strong>an</strong>ne<br />
oder V<strong>an</strong> Gogh verzichtete sie auf Naturtreue und reduzierte auf das<br />
Wesentliche. Auf dem „Porträt am 6. Hochzeitstag“ malt sie sich selbst:<br />
halbnackt, schw<strong>an</strong>ger und frisch getrennt von ihrem M<strong>an</strong>n. Eine junge,<br />
alleinstehende Frau mit Kinderwunsch – im Jahr 1906 ein ebenso großer<br />
Sk<strong>an</strong>dal wie Modersohn-Beckers Bilder. Während ihres kurzen Lebens (sie<br />
starb mit 31 Jahren) verkaufte sie nur drei Bilder. Heute gehört sie zum<br />
K<strong>an</strong>on der westeuropäischen Kunstgeschichte. h<strong>an</strong><br />
Paula Modersohn-Becker: Pionierin der Moderne, 14.3.-4.6., Kunsthalle Krems, 3500 Krems, Fr<strong>an</strong>z-Zeller-Platz 3, T.: 02732/90 80<br />
10, www.kunsthalle.at<br />
dokumentation<br />
Das Recht auf Glück<br />
1994 erhob sich die zapatistische Befreiungsarmee EZLN im südmexik<strong>an</strong>ischen<br />
Bundesstaat Chiapas gegen kapitalistische Ausbeutung sowie<br />
rassistisch motivierte Diskriminierung und patriarchale Unterdrückung.<br />
34 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Zapatistische Frauen luden zum Jahreswechsel 2006/07 zu einem tr<strong>an</strong>snationalen<br />
„Ersten Treffen der zapatistischen Frauen mit den Frauen der<br />
Welt“ in das selbstverwaltete Aufst<strong>an</strong>dsgebiet ein, in den Lak<strong>an</strong>donischen<br />
Regenwald nach La Garrucha.<br />
Auch der Verein Zwischenzeit aus Münster nahm <strong>an</strong> der Versammlung<br />
teil und präsentiert im <strong>März</strong> die Buch- und DVD-Edition „Das Recht<br />
glücklich zu sein – El derecho de ser feliz“, die die Redebeiträge jenes<br />
Treffens dokumentiert: Darin wird sowohl von den individuellen Biografien<br />
der indigenen Frauen vor dem Aufst<strong>an</strong>d vom 1.1.1994 als auch von<br />
ihren Aufgaben, Schwierigkeiten und Erfolgen im Prozess der Partizipation<br />
von Frauen innerhalb der EZLN berichtet. Ihnen geht es um den Aufbau<br />
einer zivilen Selbstverwaltung wie auch um den alltäglichen Kampf<br />
um Anerkennung als Frauen, Indigene und Arme.<br />
Teile der Gewinne aus dem Verkauf gehen <strong>an</strong> zapatistische Frauenprojekte.<br />
vers<br />
Die Buch-DVD-Edition kostet 16 Euro und k<strong>an</strong>n bestellt werden unter: buch@zwischenzeit-muenster.de. Weitere Infos:<br />
www.zwischenzeit-muenster.de<br />
dj.line<br />
Frequenz fürs Herz<br />
Dinky, Electric Indigo, Jennifer Cardini oder Cio d’Or – hört sich schon mal<br />
gut <strong>an</strong> und nach den richtigen Ingredienzen für einen feinen, t<strong>an</strong>zbaren<br />
Abend. Die female:pressure-DJ<strong>an</strong>es Misonica und Thielephon laden gemeisam<br />
mit dem Club Pl<strong>an</strong>etarium ab jetzt monatlich in eben gen<strong>an</strong>nte<br />
Location zur female DJ-Line Hertzbeat und präsentieren internationale<br />
Labels, weltweit bek<strong>an</strong>nte Acts der Techno- und Minimal-Szene und vergessen<br />
auch nicht auf Newcomer-Geheimtipps. Vor allem weibliche,<br />
denn die wollen die Ver<strong>an</strong>stalterinnen auf der Bühne sehen – männliche<br />
Konkurrenzver<strong>an</strong>staltungen gibt es ja genug. mij<br />
Hertzbeat Opening, 12.3.<strong>2010</strong>, mit Dinky, Electric Indigo, VJ: c++, ab 22.00, d<strong>an</strong>ach monatlich, www.myspace.com/hertzbeat<br />
steirische.kulturförderung<br />
Feigenblatt<br />
In diesem Jahr möchte die steirische Kulturservicegesellschaft KSG<br />
den weiblichen Anteil am Kulturschaffen des L<strong>an</strong>des sichtbar machen.<br />
Das für Juni gepl<strong>an</strong>te Symposium „frauen.kultur.steiermark“ soll zeigen,<br />
was Frauen im Kulturbetrieb alles leisten können, erklärt Geschäftsführerin<br />
Angelika Vauti-Scheucher. D<strong>an</strong>eben wird den Frauen<br />
ein „besonderer Platz“ in der KSG-Galerie „Kon-Temporär“ eingeräumt.<br />
Dabei sollte das L<strong>an</strong>d Steiermark doch gar nicht selbst kulturell tätig<br />
sein, gibt Anita Hofer, Obfrau der IG Kultur Steiermark, der Interessensgemeinschaft<br />
autonomer Kulturinitiativen im Bundesl<strong>an</strong>d, zu bedenken.<br />
Und weist darauf hin, dass die KSG als Eigentum des L<strong>an</strong>des aus<br />
dem Kulturressort fin<strong>an</strong>ziert wird und mit ihren 1,5 Millionen Euro<br />
Budget fast ebenso viel erhält, wie die gesamte autonome Kulturszene<br />
zusammen.<br />
„Anstatt selbst Programm zu machen und einen teuren Verwaltungsapparat<br />
zu unterhalten, sollte das Geld zu den Kulturschaffenden<br />
fließen“, sagt Hofer. „Ein Frauenschwerpunkt ist nur als Förderungsschwerpunkt<br />
nachhaltig. Ohne direkte Förderung <strong>an</strong> Künstlerinnen oder<br />
feministische Projekte erfüllt die vermeintliche Sichtbarmachung lediglich<br />
eine Feigenblattfunktion.“ h<strong>an</strong><br />
KSG: http://kulturservice.steiermark.at; IG Kultur Steiermark: http://igkultur.mur.at
staats.preis<br />
„Nicht einmal Koproduktionen“<br />
Die Position der „Komponistin in Österreich“, sagt Olga Neuwirth, habe<br />
es in Österreich schlicht „nicht gegeben“. Auch jetzt hat sie noch darum<br />
zu kämpfen:„Ich muss in Österreich, wahrscheinlich weil ich eine Frau<br />
bin, jedes Mal wieder beweisen, dass ich komponieren k<strong>an</strong>n.“<br />
Am 4. April wird die 41-jährige Grazerin als zehnte Frau mit dem<br />
Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. Für Neuwirth eine<br />
„Ehre“ – wenn auch eine „erstaunliche“: Ihr Verlag befindet sich in<br />
Berlin, in näherer Zukunft sind „nicht einmal Koproduktionen“ mit<br />
Österreich gepl<strong>an</strong>t. „Wäre ich von Österreich abhängig gewesen, wäre<br />
ich keine Komponistin.“ Ministerin Schmied jedenfalls hat dem Vorschlag<br />
des Kunstsenats, Neuwirth auszuzeichnen, „mit besonderer<br />
Freude“ zugestimmt: Sie verfüge „über differenzierte Kenntnisse in<br />
der Bildenden Kunst, dem Film, der Neurowissenschaften und der Philosophie“.<br />
h<strong>an</strong><br />
regie.preis<br />
Unter Frauen-Regie<br />
Zum ersten Mal zeichnete der US-amerik<strong>an</strong>ische RegisseurInnenverb<strong>an</strong>d<br />
(Directors Guild of America) in diesem Jahr eine Frau aus: Die<br />
amerik<strong>an</strong>ische Filmemacherin Kathryn Bigelow bekam den Preis der<br />
DGA für ihr Kriegs-Drama „Tödliches Komm<strong>an</strong>do“ („The Hurt Locker“).<br />
Der Film h<strong>an</strong>delt von einem Bombenentschärfer in den frühen Tagen<br />
der Irak-Besetzung und von der Droge, die der Krieg sein k<strong>an</strong>n. Die 58-<br />
Jährige setzte sich damit unter <strong>an</strong>derem gegen James Cameron<br />
(„Avatar“) durch. Zuvor war das Kriegsdrama bereits von Hollywoods<br />
ProduzentInnen zum Film des Jahres gewählt worden, kurz darauf<br />
wurde es für neun Oscars nominiert – unter <strong>an</strong>derem für die beste Regie.<br />
Bis auf sechs Ausnahmen ging der Regie-Oscar seit 1948 immer <strong>an</strong><br />
den Gewinner des DGA-Awards. Daumendrücken k<strong>an</strong>n aber trotzdem<br />
nicht schaden. h<strong>an</strong><br />
http://diest<strong>an</strong>dard.at<br />
ausstellung<br />
Role-Taking, Role-Making<br />
Die erste österreichische Einzelausstellung der in Sarajevo geborenen<br />
Installations- und Videokünstlerin D<strong>an</strong>ica Dakiç gibt es noch bis Mai<br />
in Wien zu sehen. Von eigenen und fremden Migrationserfahrungen<br />
berichtet Dakiçs Werk, etwa von der Diskriminierung der Sinti und Roma<br />
im Kosovo wie auch in Deutschl<strong>an</strong>d, und beschäftigt sich mit der<br />
Macht von Sprache, Identität und kulturellem Gedächtnis. Zur Erforschung<br />
von Stereotypen nutzt D<strong>an</strong>ica Dakiç Strategien des Theaters<br />
und der Performativität: Eine Methode ist dabei die Nachahmung<br />
konventioneller Darstellungen, die dokumentarischem Material gegenübergestellt<br />
werden und die Objekte selbst zu Wort kommen lassen.<br />
Die Künstlerin spielt mit Klischees, Erwartungshaltungen und<br />
Vorstellungen von Identität, die im Zuge von Exil und Globalisierung<br />
brüchig werden. fis<br />
D<strong>an</strong>ica Dakiç: Role-Taking, Role-Making, 22.1.-16.5., Generali Foundation, 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 15<br />
Michèle Thoma<br />
Raus hier!<br />
„Wird aber auch höchste Zeit“, sagt Älteste Tochter. „Na endlich!“, sagt<br />
Jüngere Tochter. Jüngster Sohn schaut vor sich hin. „Armer Jüngster<br />
Sohn“, sagt Älteste Tochter zu Jüngstem Sohn, über Jüngsten Sohn.<br />
„Jetzt sitzt du mit den beiden Verrückten da.“<br />
Die beiden Verrückten sind der Vater und die Mutter. Oder die beiden<br />
Alten. Die verrückten Alten und die alten Verrückten. Mit denen sitzt<br />
Jüngster Sohn jetzt bald allein da. Wenn Ältester Sohn auszieht, was<br />
ziemlich bald sein wird. Ältester Sohn ist einfach zu alt, um noch weiter<br />
mit zwei Alten und einem Jüngsten und lauter Verrückten zu leben.<br />
„Ich muss hier raus“, sagt er und rüttelt <strong>an</strong> den Stäben. Den Letzten<br />
beißen die zahnlosen Hunde.<br />
Jüngster Sohn schaut beklommen drein.<br />
„Ich weiß nicht, warum er so schnell auszieht, so plötzlich“, sagt die<br />
Mutter, und weiß es natürlich. „Er hätte noch ein, zwei Jahre hier chillen<br />
können. Alles all inclusive.“<br />
„All inclusive euch“, sagt Älteste Tochter, die wie die meisten ältesten<br />
Töchter eine Nestflüchterin war. „Wir sind doch echt locker“, sagt die<br />
Mutter. „Wir sind doch ein bisschen wie eine WG.“ – „WG … wer will<br />
schon mit seinen Eltern in einer WG leben!“, sagt Älteste Tochter. Jüngste<br />
Tochter verzieht das Gesicht ironisch. Gott sei D<strong>an</strong>k hat sie den Absprung<br />
aus der Möchtegern-WG der Mutter geschafft: Mit all ihren Farben,<br />
Stoffen, Düften ist sie ausgezogen und hat die Mutter in einem<br />
Männerheim voll schwarzer Socken, sumpffarbener Bundesheerunterhosen<br />
und düsterer Duschgels zurückgelassen.<br />
„Er könnte in einer WG leben, in der zwei Verrückte, zwei Alte, zwei verrückte<br />
Alte alles machen“, sagt die Mutter. „Und er k<strong>an</strong>n machen, was<br />
er will.“<br />
„Vielleicht will er nicht machen, was er will, während er alles gemacht<br />
bekommt“, sagt Älteste Tochter.<br />
„Schon gut, dass er geht“, sagt Jüngste Tochter. „Aber Jüngster Sohn<br />
k<strong>an</strong>n einem echt Leid tun.“<br />
„Ich bin schneller weg, als ihr schauen könnt“, sagt Jüngster Sohn.<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 35
theater experiment<br />
Learning by Doing<br />
Regina Fichtner ist freie Perfomerin in London. Das bedeutet ein Leben mit Callcenter-Job, Warehouse-Festivals und<br />
Arbeitsbek<strong>an</strong>ntschaften. Ein Porträt von Irmi Wutscher.<br />
Regina Fichtner, geboren und aufgewachsen<br />
in Deutschl<strong>an</strong>d/Mainz.<br />
Studierte Theaterwissenschaft in<br />
Mainz und absolvierte eine MA in<br />
Perform<strong>an</strong>ce in Hamburg. Sie lebt<br />
als freischaffende Perform<strong>an</strong>cekünstlerin,<br />
Schauspielerin und<br />
Theaterpädagogin in London.<br />
Die nächste Möglichkeit, das<br />
Ophelia Collective live zu sehen:<br />
Sonntag, 21. <strong>März</strong>,„Scratch at the<br />
Jack“, Brockley Jack Theatre London<br />
Weitere Infos :<br />
www.brockleyjack.co.uk<br />
36 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Ein windiger November-Sonntag<br />
in London. Im Proberaum<br />
im obersten Stockwerk eines<br />
aufgelassenen Warehouses<br />
hängen drei leere, goldene Bilderrahmen<br />
von der Decke. Rhi<strong>an</strong>non<br />
Brace, Sonja Brühlm<strong>an</strong>n und Regina<br />
Fichtner bemühen sich, den Raum mit<br />
einer Gasheizk<strong>an</strong>one auf halbwegs akzeptable<br />
Arbeitstemperatur zu bekommen.<br />
Sieben Pfund kostet er pro Stunde,<br />
er ist für zehn Stunden gemietet. Wertvolle<br />
Zeit, denn immerhin soll <strong>an</strong> mehreren<br />
Projekten weitergearbeitet werden.<br />
Daher beginnen die drei zügig mit<br />
dem Aufwärmen, Körper- und Kontaktimprovisation.<br />
D<strong>an</strong>ach arbeiten sie <strong>an</strong><br />
einer Perform<strong>an</strong>ce, die sich mit der Figur<br />
von Katharina der Großen beschäftigt.<br />
Die Frauen schauen unverw<strong>an</strong>dt<br />
durch die Bilderrahmen durch, sie nehmen<br />
künstliche, steife, majestätische<br />
Positionen ein. Eine der drei ist meine<br />
gute Freundin Regina.<br />
Machen statt Denken. Seit J<strong>an</strong>uar 2009<br />
lebt Regina Fichtner als freie Performerin<br />
in London. Nach einem Studium der<br />
Theaterwissenschaft und einem Master<br />
in Performing Arts in Hamburg ist sie<br />
hierher gekommen, um in der Londoner<br />
Kunstszene Fuß zu fassen. Angezogen<br />
hat sie vor allem die hier vorherrschende<br />
Learning-by-Doing-Mentalität:„In<br />
Engl<strong>an</strong>d ist es so, dass m<strong>an</strong> am besten<br />
was zeigen soll. Bevor m<strong>an</strong> überhaupt<br />
erwartet, dass m<strong>an</strong> Geld kriegt. In<br />
Deutschl<strong>an</strong>d, hab ich das Gefühl, ist es<br />
ein bisschen umgekehrt: M<strong>an</strong> reicht ein<br />
Konzept ein, das theoretisch und toll<br />
sein muss, und erst wenn das irgendwo<br />
<strong>an</strong>genommen wird, beginnt m<strong>an</strong> zu arbeiten.“<br />
Und das entspricht nicht so<br />
g<strong>an</strong>z ihrer Arbeitsweise. „Ich möchte<br />
A Homeless Queen, Installation 2, Foto: Luca Paglia<br />
nicht hinter ’nem Blatt sitzen und über<br />
meine Kunst nachdenken, ich möchte<br />
einfach tun.“<br />
Und das Tun, das funktioniert, denn<br />
in London finden sich – über Festivals,<br />
bei Vorsprechen und bei sogen<strong>an</strong>nten<br />
Scratch-Nights – junge KünstlerInnen<br />
zusammen, die auf eigene Faust Perform<strong>an</strong>ces<br />
entwickeln und ihr Work-in-Progress<br />
auf Mini-Festivals zeigen. So wie<br />
Regina mit den <strong>an</strong>deren Frauen vom<br />
Ophelia Collective.<br />
Im Kollektiv. Das Kollektiv hat sich 2009<br />
gegründet, ursprünglich mit vier Mitgliedern,<br />
als Zusammenschluss von „female<br />
movement artists“, also Künstlerinnen,<br />
die sich mit Bewegung beschäftigen.<br />
Mittlerweile hat sich das Konzept<br />
allerdings erweitert, denn jede verfolgt<br />
eine eigene Richtung:„Jo<strong>an</strong>na macht<br />
Film, ich Perform<strong>an</strong>ce eher in Richtung
Schauspiel, Rhi<strong>an</strong>non und Shriya Zakaria<br />
machen Bewegung und T<strong>an</strong>z. Das ist<br />
sehr sp<strong>an</strong>nend, weil m<strong>an</strong> sich gegenseitig<br />
inspiriert.“<br />
Auch thematisch gehen die vier<br />
KünstlerInnen jeweils ihre eigenen Wege:„Ich<br />
versuche immer ein bisschen<br />
aktuell zu sein, in irgendeiner Art und<br />
Weise gesellschaftliche Realitäten aufzugreifen“,<br />
meint Regina. „Rhi<strong>an</strong>non arbeitet<br />
gerade sehr stark mit historischen<br />
Bildern aus der Kunst.“ Aus dieser<br />
Arbeit ist auch der Name der Gruppe<br />
entst<strong>an</strong>den: Denn Rhi<strong>an</strong>nons Projekt,<br />
das sich mit Bildern von Ophelia aus<br />
Shakespeares „Hamlet“ beschäftigt,<br />
wurde zur Namensgeberin für das Kollektiv:„Für<br />
das Projekt haben wir die<br />
Website gemacht“, erinnert sich Regina,<br />
„und da mussten wir dem G<strong>an</strong>zen einen<br />
Namen geben. Das f<strong>an</strong>den eigentlich<br />
alle g<strong>an</strong>z nett.“ Etwas ernster meint<br />
sie d<strong>an</strong>n:„Ophelia ist schon eine sehr<br />
inspirierende Figur. Sei es in der bildenden<br />
Kunst, im Theater, in der Theatergeschichte.<br />
Sie ist auch eine Figur, die Shakespeare<br />
nicht klar gestrickt hat. Das<br />
finde ich auch interess<strong>an</strong>t, nämlich ein<br />
Kollektiv so zu benennen, dass es auch<br />
nicht klar definiert ist. Wir haben unsere<br />
eigenen Ideen, aber eigentlich kein<br />
Ideal, das wir hier verfolgen. Also was<br />
Inspirierendes, aber trotzdem unverbindlich.“<br />
Female artists. Dass das Kollektiv nur aus<br />
Frauen besteht, ist vor allem wegen der<br />
starken Konkurrenz wichtig. Und:„Weil<br />
Männer es ein bisschen leichter haben<br />
in der Kunst. Es ist leider auch so, dass<br />
es zwar viele Frauen gibt, aber die Männer,<br />
gerade im Bereich Schauspiel, halt<br />
schneller einen Job kriegen. Und Performerinnen<br />
eben nicht.“ Gerade deswegen<br />
findet Regina es wichtig, dass Frauen<br />
sich zusammentun, sich gegenseitig<br />
stärken und gemeinsam etwas aufbauen.<br />
„Sich nicht immer alleine durchschlagen<br />
müssen, zwischen der g<strong>an</strong>zen<br />
Konkurrenz. Denn das finde ich ein bisschen<br />
<strong>an</strong>strengend.“ Dem Kollektiv geht<br />
es nicht nur um die Zusammenarbeit in<br />
künstlerischer Hinsicht. „Die einen<br />
hören das, die <strong>an</strong>deren jenes, wo m<strong>an</strong><br />
sich bewerben k<strong>an</strong>n, wo m<strong>an</strong> was zeigen<br />
k<strong>an</strong>n, da schiebt m<strong>an</strong> sich die Informationen<br />
zu.“ Auch org<strong>an</strong>isatorisch<br />
k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> die Aufgaben aufteilen, sei es<br />
Räume und Auftritte org<strong>an</strong>isieren, die<br />
Website aktualisieren oder die jeweils<br />
<strong>an</strong>deren bei Proben filmen und fotografieren<br />
und Feedback geben. Und natürlich<br />
sich gemeinsam für Fin<strong>an</strong>zierungen<br />
bewerben. „Der Alltag ist hier schon<br />
<strong>an</strong>strengend genug“, meint Regina.<br />
„M<strong>an</strong> hat das Projekt, geht abends proben,<br />
tagsüber arbeitet m<strong>an</strong>. Da ist es<br />
einfach schön, ein wenig Rückhalt zu<br />
haben.“<br />
Theaterpädagogik und Callcenter. Denn<br />
auch das reine Überleben, Geld aufzutreiben<br />
für grundlegende Dinge wie<br />
Essen und Miete, ist aufwändig. „Wenn<br />
m<strong>an</strong> in London <strong>an</strong>kommt, darf m<strong>an</strong> die<br />
Erwartungen bezüglich Jobs nicht zu<br />
hoch schrauben“, meint Regina. Denn<br />
neu in der Kunst und auch in der Stadt<br />
zu sein, ist nicht einfach. Regina hat als<br />
ausgebildete Theaterpädagogin über<br />
das Goethe-Institut einen Job in einem<br />
Deutschkurs für Kindergartenkinder<br />
bekommen. Nebenbei arbeitet sie<br />
auch noch im Callcenter, aus dem einfachen<br />
Grund, dass m<strong>an</strong> dort keine fixen<br />
Dienstzeiten hat, sondern Woche<br />
für Woche zu- oder absagen k<strong>an</strong>n. Der<br />
prekäre Status kommt in diesem Falle<br />
der KünstlerInnen-Karriere entgegen.<br />
„Ich kenn genug KünstlerInnen, die als<br />
KellnerInnen arbeiten, die einen festen<br />
Vertrag haben und feste Stunden. Aber<br />
wenn d<strong>an</strong>n irgendwas kommt, eine<br />
Produktion, eine Aufführung, eine Audition,<br />
was weiß ich, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> da<br />
nicht so leicht absagen. Beim Callcenter<br />
geht das immer.“ Aus demselben<br />
Grund nimmt sie auch nicht mehr Kindergartenkurse<br />
<strong>an</strong>, auch wenn sie<br />
prinzipiell lieber mit Kindern arbeiten<br />
würde.<br />
Trotzdem hofft Regina, dass es mit<br />
dem Callcenter-Job irgendw<strong>an</strong>n vorbei<br />
ist, dass sie von ihren Projekten früher<br />
oder später leben k<strong>an</strong>n. „Ich denke, es<br />
wird trotzdem unregelmäßiges Geld<br />
sein. Da muss ich einfach schauen, wie<br />
das jetzt läuft, das k<strong>an</strong>n ich jetzt noch<br />
gar nicht so richtig sagen.“ Bis dahin<br />
werden eben Abstriche gemacht.<br />
Londoner Leben. Regina wohnt in einem<br />
Schuhkarton von Zimmer in einem klassischen<br />
englischen Einfamilienhaus im<br />
Londoner East End. Deswegen bezahlt<br />
sie auch nur wenig Miete. In „normal“<br />
großen Räumen wohnen meist zwei<br />
Leute, Pärchen. „Das machen hier alle<br />
so.“ Bis auf eine Küche gibt es keine Gemeinschaftsräume<br />
und auch sonst keine<br />
Gemeinsamkeiten im Leben der BewohnerInnen.<br />
„Jede macht hier so ihr<br />
Ding und sieht zu, dass sie sich so<br />
„Ich möchte nicht hinter ’nem Blatt sitzen und über meine Kunst nachdenken,<br />
ich möchte einfach tun.“<br />
durchschlägt“, so Regina. „Alle sind perm<strong>an</strong>ent<br />
busy und mit Überleben beschäftigt.<br />
Für Privatkontakte, die sich<br />
außerhalb deiner Arbeit, deiner Projekte<br />
abspielen, bleibt eigentlich kaum Zeit.<br />
Es ist zum Beispiel auch schwer, sich<br />
jetzt mal kurz auf einen Kaffee zu treffen,<br />
weil London ja auch sehr riesig ist.<br />
Das geht in Hamburg oder Mainz, wo<br />
ich herkomme, viel, viel leichter.“<br />
Ob sich das harte Leben ausgezahlt<br />
hat, wird Regina wohl erst in einigen<br />
Jahren wissen. „Es läuft gerade<br />
g<strong>an</strong>z schlecht hier in London, weil die<br />
Olympischen Spiele sehr viel Geld bekommen<br />
und die Kunst eher gekürzt<br />
wird.“<br />
Derzeit ist Regina als eine von vielen<br />
Hamlets in der experimentellen<br />
Theaterproduktion „Tower Hamlet“ zu<br />
sehen. Denn sie performt nicht nur in<br />
ihren eigenen Produktionen, sondern<br />
experimentiert auch gerne für <strong>an</strong>dere<br />
KünstlerInnen, um selbst inspiriert und<br />
„im Training“ zu bleiben. „Genügend interess<strong>an</strong>te<br />
Leute für Projekte trifft m<strong>an</strong><br />
in London ja.“<br />
Bald möchte sie ein, zwei eigene<br />
Szenen fertig haben, mit denen sie auf<br />
Festivals auftreten k<strong>an</strong>n. Der nächste<br />
große Traum: Im kommenden Sommer<br />
in irgendeiner Form beim Edinburgh<br />
Festival dabei zu sein. „Nicht mit einem<br />
eigenen Stück, aber als Performerin<br />
oder mit meinem Projekt. Das sieht im<br />
Lebenslauf erstmal gut aus, und d<strong>an</strong>n<br />
muss m<strong>an</strong> weitersehen.“ ❚<br />
experiment theater<br />
Ophelia Collective:<br />
http://theopheliacollective.<br />
blogspot.com<br />
Tower Hamlet Projekt:<br />
www.towerhamlets.gov.uk/lgsl/<br />
451-500/461_parks/mile_end<br />
_park/mile_end_art_pavilion.asp<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 37
ild kunst<br />
Ausstellung<br />
BIRGIT JÜRGENSSEN. Pulsschlag einer<br />
Sinnlichkeit. Bis 10. <strong>März</strong> <strong>2010</strong><br />
Vertikale Galerie in der Verbund-<br />
Zentrale, Am Hof 6a, 1010 Wien,<br />
www.sammlung.verbund.at<br />
Öffentlich zugänglich nur im Rahmen<br />
der Kunstgespräche während der Laufzeit<br />
der Ausstellung jeden Mittwoch<br />
um 18 Uhr; Eintritt frei, Anmeldung<br />
erforderlich:<br />
sammlung.verbund@artphal<strong>an</strong>x.at<br />
oder Tel.: +43 1 5249803-11<br />
Buch<br />
Gabriele Schor, Abigail Solomon-<br />
Godeau (Hginnen): Birgit Jürgenssen<br />
Hatje C<strong>an</strong>tz Verlag 2009, 39,80 Euro<br />
38 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Was k<strong>an</strong>n ich der so mächtig<br />
einsetzenden Rezeption des Gesamtwerks<br />
der 2003 verstorbenen<br />
heimischen Künstlerin Birgit<br />
Jürgenssen hinzufügen? Vielleicht<br />
das: Die Sammlung Verbund wurde<br />
2004 gegründet und „hat sich von<br />
Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong> zum Werk von Birgit Jürgenssen<br />
als eine der bedeutendsten Positionen<br />
österreichischer Kunst nach 1945<br />
bek<strong>an</strong>nt“. Das schreibt Gabriele Schor,<br />
die Sammlungsleiterin und eine der<br />
Herausgeberinnen der die Ausstellung<br />
begleitenden Publikation, in ihrer Vorbemerkung.<br />
Das verbindende Anliegen der<br />
Autorinnen des Katalogs (Gabriele Schor,<br />
Abigail Solomon-Godeau, Elisabeth<br />
Bronfen, Sigrid Schade, Geraldine Spiekerm<strong>an</strong>n)<br />
sei es,„die historischen Koordinaten<br />
der feministischen Kunst seit<br />
1968 dahingehend zu korrigieren, dass<br />
eine von Peter Weibel ausgesprochene<br />
Einschätzung möglichst erkennbar<br />
wird“: Birgit Jürgenssen sei das Missing<br />
Link, das endlich entdeckt werde.<br />
Haltung bewahren. Als eine ihrer ehemaligen<br />
Student_innen verbindet mich<br />
Birgit Jürgenssen, Ohne Titel (Frau), 1972, S/W-Fotografie, überzeichnet, 21 x 33,7 cm, Nachlass Birgit Jürgenssen, ph1037, VBK, Wien<br />
Mit Beerenzweigen peitschen<br />
Noch bis zum 10. <strong>März</strong> <strong>2010</strong> sind in der Vertikalen Galerie der Verbund-Zentrale im ersten Wiener Gemeindebezirk<br />
rund vierzig Werke der bildenden Künstlerin Birgit Jürgenssen zu sehen. Ein Ausstellungsrundg<strong>an</strong>g von Lise Steger.<br />
bzw. verbinde ich mit Birgit Jürgenssen<br />
nicht nur Kunst, diese epigenetische<br />
Aktivität, mit der die Menschen <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gen,<br />
„eine neue, zweite Linie der Evolution,<br />
die der Revolution (Gegen-Windung),<br />
zu produzieren“, wie Elisabeth<br />
Samsonow 1998 zur Arbeit von Birgit<br />
Jürgenssen in ihrem Text „Maske extra“<br />
schrieb. Ich denke auch <strong>an</strong> persönliche<br />
Begegnungen. Jetzt, <strong>2010</strong>, k<strong>an</strong>n<br />
ich versuchen, einen veränderten Blick<br />
auf die Bilder von Birgit Jürgenssen zu<br />
werfen.<br />
„Jeder hat seine Ansicht“ ist der Titel<br />
eines Fotos von Birgit Jürgenssen,<br />
das in der Vertikalen Galerie vertreten<br />
ist. Birgit Jürgenssen kehrt im Jahr 1975<br />
singulär feministisch der politischen<br />
Welle ihren Rücken zu, sie wendet sich<br />
ab, zeigt mit ihrer Einstellung Rückgrat,<br />
bewahrt Haltung. Sie trägt den Titelsatz<br />
zudem auf einem lediglich mit<br />
sprachlichen Zeichen bedeckten Körperteil,<br />
der hochgradig erotisch besetzt<br />
ist. Sie wendet sich ab, dist<strong>an</strong>ziert sich<br />
von denen, die Ansichten mit-teilen<br />
wollen und übersetzt lieber Wortsprache<br />
in Bilder.<br />
Match mit sich selbst. Da Ausstellungsbesucher_innen<br />
sich ernsthaft darüber<br />
mokieren, wieso die Künstlerfrau sich<br />
eigentlich nicht Modell-mäßig von einem<br />
Kameram<strong>an</strong>n hat ablichten lassen,<br />
möchte m<strong>an</strong> sich doch schon fragen<br />
dürfen: Ja, haben Sie denn gar keinen<br />
blassen Dunst? Aber wir wollen uns<br />
nicht zu sehr über hierzul<strong>an</strong>de versäumte<br />
Erwachsenenbildung im Fach<br />
Sehen-Lernen aufregen, auch ewig gestrige<br />
Entdecker-Gelüste und schier endlose<br />
Orientierungslosigkeit von Kunstgeschichtler_innen<br />
im männlichen<br />
Mastermind-Denken sollen uns nicht<br />
weiter stören.<br />
Es ist natürlich gut, Birgit Jürgenssens<br />
Bilder sehen zu können. Ihren<br />
künstlerischen Weg nach g<strong>an</strong>z oben<br />
verfolgend, <strong>an</strong> der Grafik vorbei, die Jürgenssens<br />
Match zeigt, das sie mit sich<br />
selbst austrägt, gel<strong>an</strong>gt m<strong>an</strong> fast bis<br />
zum Schachspielraum im obersten<br />
Stockwerk der Verbundzentrale und resümiert<br />
vor der Glastür, dass das<br />
Schweigen Marcel Duchamps noch immer<br />
überbewertet wird. Während des<br />
Aufstiegs k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> sich <strong>an</strong> Zettel-
kästen bedienen – m<strong>an</strong> fingert ein bisschen<br />
mühselig herum, um ein Begleitblatt<br />
aus dem Behältnis zu fischen.<br />
Auf diesen Blättern sind die auf<br />
der jeweiligen Ebene ausgestellten Arbeiten<br />
reproduziert abgebildet und mit<br />
kurzen erläuternden Texten versehen.<br />
Wie ein Versehen liest sich auch m<strong>an</strong>ches:<br />
Neben einem Foto aus dem Jahr<br />
1979/80 etwa, auf dem Birgit Jürgenssen,<br />
ausstaffiert mit Feuerlöscher, <strong>an</strong>alogem<br />
Telefon, Leuchtbrille und Fersenschützern,<br />
einen semionautischen<br />
Schatten voraus <strong>an</strong> die W<strong>an</strong>d hinter<br />
sich wirft, steht, dass m<strong>an</strong> „einen Großteil<br />
ihrer fotografischen Serien wohl<br />
auch als Perform<strong>an</strong>ce ohne Publikum<br />
umschreiben“ könne. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n vielleicht<br />
durchaus – und möglicherweise<br />
mit Absicht – weibliche Kunstgeschichten<br />
umschreiben, aber: Eine Perform<strong>an</strong>ce<br />
ist eine Perform<strong>an</strong>ce ist eine Perform<strong>an</strong>ce.<br />
Und wenn ein_e Künstler_in zu<br />
schüchtern ist, um vor Publikum zu<br />
agieren (so eine Aussage von Birgit Jürgenssen),<br />
d<strong>an</strong>n möchte m<strong>an</strong> sich hier<br />
<strong>an</strong> dieser Stelle g<strong>an</strong>z einfach wünschen<br />
dürfen, dass das, was Künstler_innen<br />
protokollieren, so gelesen wird, wie es<br />
aufgezeichnet wurde. Wozu soll es gut<br />
sein, die reflektierte und mutig dem öffentlichen<br />
Urteil preisgegebene Selbsterkenntnis<br />
einer zutiefst sinnlichen<br />
Künstlerin, Frau und Dame nachträglich<br />
zu verwässern?<br />
Brotwecken und Bratrohre. Jürgenssen hat<br />
sich durch ihre Werke im Überg<strong>an</strong>g Moderne/Postmoderne<br />
entfaltet. Die Kraft<br />
ihrer Bilder liegt in dem Vermögen,<br />
Menschen in Bewegung zu versetzen,<br />
uns emotional zu berühren. Vor ihrer<br />
H<strong>an</strong>dlinienzeichnung zum Beispiel verw<strong>an</strong>deln<br />
wir uns fast automatisch in<br />
Chirom<strong>an</strong>tinnen.<br />
Birgit Jürgenssen, eine Frau mit Kamera,<br />
geleitet von ihrer Liebe zur Fotografie,<br />
hat uns sehr viele, spielerisch<br />
leicht <strong>an</strong>mutende Traumbilder hinter-<br />
Schwarze Frauen Community, Bild: Petja Dimitrova<br />
lassen. Für besonders scharf gewürzt<br />
k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> diejenigen Produkte ihrer<br />
jahrzehntel<strong>an</strong>gen Kamera-Arbeit erachten,<br />
die auf der Fokussierung des Themenkomplexes<br />
Opfer/Täterin beruhen –<br />
wie etwa ihre berühmt-berüchtigte<br />
Küchenschürze, die aus einem tragbaren<br />
Herd mit geöffnetem Bratrohr plus<br />
daraus hervorragendem Brotlaib besteht.<br />
„Phallus klebt allus“ heißt ein Liebesgedicht-Werbetext<br />
von Ernst J<strong>an</strong>dl,<br />
<strong>an</strong> den m<strong>an</strong> denken k<strong>an</strong>n, wenn m<strong>an</strong><br />
der Bildinterpretation der jungen Ausstellungsgesprächsführerin<br />
zuhört, die<br />
uns den Brotwecken als Phallussymbol<br />
vorführt – uns für jung und dumm verkaufend.<br />
Bicasso Birgit Jürgenssen. Jürgenssen hält<br />
mit diesen Fotos, die aus einer Verbrecherkartei<br />
zu stammen scheinen, der<br />
Gesellschaft, in der sie lebte, doch einfach<br />
einen Spiegel vor. Was wurde verl<strong>an</strong>gt<br />
von der Frau: Dass sie sich der ihr<br />
zugedachten Rolle als Hausfrau und<br />
Jürgenssen hat sich durch ihre Werke im Überg<strong>an</strong>g<br />
Moderne/Postmoderne entfaltet. Die Kraft ihrer<br />
Bilder liegt in dem Vermögen, Menschen in Bewegung<br />
zu versetzen, uns emotional zu berühren.<br />
Mutter fügt. Die Künstlerin hat sich dagegen<br />
urpoetisch, als Objekt und Subjekt<br />
zugleich, dem kriminalistischen<br />
Blick einer Foto-Grafikerin, die sie war,<br />
ausgesetzt. Das Unschuldstheater des<br />
kollektiven Opfer-Spielens wird hier fotografisch/performativ<br />
gebrochen<br />
durch den feministischen Shot.<br />
Niki de St. Phalle hat Schießbilder<br />
gemacht, Birgit Jürgenssen hat Papier<br />
mit Beerenzweigen gepeitscht. Ja, Bicasso<br />
Birgit Jürgenssen – wie sie sich<br />
mal als Kind selbst n<strong>an</strong>nte – ist eine edle<br />
Künstlerin. Ob m<strong>an</strong> sich auf die diesjährige<br />
Retrospektive im Wiener Kunstforum<br />
freuen k<strong>an</strong>n, weiß ich nicht. „Ich<br />
weiß nicht“ war auch der Titel einer Einzelausstellung<br />
Jürgenssens in der Galerie<br />
Hubert Winter 2001. Auf einem Foto<br />
im Katalog steht die Frau Künstlerin in<br />
rotem M<strong>an</strong>tel neben ihrem gelben<br />
Renault R4 auf dem Bürgersteig vor<br />
dem Galerieschaufenster. Und ich habe<br />
den Eindruck, dass der R4 den Kindern<br />
der Generation, zu der Birgit gehört,<br />
wohl etwas bedeutet. ❚<br />
denice<br />
It's cold here in Lesbol<strong>an</strong>d<br />
I wish that this title me<strong>an</strong>t something deep <strong>an</strong>d political. But<br />
sorry, no, it doesn’t. It is simply based on the weather. Because<br />
I am, slowly <strong>an</strong>d completely, going b<strong>an</strong><strong>an</strong>as. When I moved<br />
south from the freezing tundras of Sweden, I made a deal with<br />
Ms God that I would never be that cold again, <strong>an</strong>d winter<br />
would never feel that long again. And I just got completely<br />
fucked in the arse this year. And not in a good way. My brain is<br />
as useable as the cheap peas that have been in our WG freezer<br />
for almost two years now. I c<strong>an</strong>'t come up with <strong>an</strong>ything witty<br />
to write about at all. The only thing spinning around in my<br />
head is the sentence, "I blame the cold, I would have never done<br />
this if it hadn’t been for this fucking cold." Because what<br />
happens to me when it is cold <strong>an</strong>d dark for too long is that I<br />
get depressed <strong>an</strong>d stupid. And when I get depressed, I drink. A<br />
lot. And this of course makes me even more stupid.<br />
Here are some of the less charming things I have been doing<br />
habitually for the last couple of months when going out:<br />
Talking to this girl while placing my h<strong>an</strong>d on her cleavage, <strong>an</strong>d<br />
keeping it there throughout the whole conversation …! Like<br />
everybloodytime I met her. Afterwards I turned to my other<br />
friend <strong>an</strong>d explained: "She's got such a nice rack!" I me<strong>an</strong> …<br />
hello?! Rack? Really? What's wrong with me? It's like my brain<br />
got replaced by a penis.<br />
Turning into the lesbi<strong>an</strong> Godmother. Where every damn dyke<br />
is part of my "famiglia", <strong>an</strong>d in my par<strong>an</strong>oid little head there<br />
are a lot of threats out there … "Don"t fuck with my friends,<br />
you dick! They are my family, <strong>an</strong>d if you piss on my family, you<br />
are history! You get that, assssshoooole? (Here I spit a little<br />
while having problems trying not to say asscchhole since I'm a<br />
bit "tipsy".) I know what you are up to! I'm Denice! I know<br />
everything!"<br />
Especially the part about "I'm Denice" gives me the shivers. As<br />
if I were Zorro.<br />
And if that weren’t enough, there is also me, sitting on the bar,<br />
doing a Marilyn Monroe- impersonation (where I think I'm<br />
sexy as hell. Am not, of course), jumping up on stage at fluc,<br />
ripping my blouse off to Hole, thinking I really am Courtney<br />
Love, singing along with (<strong>an</strong>d much, much louder th<strong>an</strong>) the<br />
music, trying to force people to make out with me when they<br />
clearly don't w<strong>an</strong>t to, hitchhiking (alone) in the middle of the<br />
night, in the middle of the road, from University campus to the<br />
6th district (very far … very necessary), <strong>an</strong>d so on …<br />
Do you remember the video to that horrible song from Prodigy,<br />
"Smack My Bitch Up"? That chick is me. But when you read<br />
this, it will hopefully be spring already, <strong>an</strong>d I will have turned<br />
back into my lovely, well-behaved self again. I promise.<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 39
Von Power-Pop zu „found sound“<br />
Auf der Route von Calgary über M<strong>an</strong>chester nach Berlin mit Sonja Eism<strong>an</strong>n.<br />
40 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Der Welt liebste Power-Pop-<br />
Zwillinge, Teg<strong>an</strong> & Sara, geben<br />
ihren vielen glühenden F<strong>an</strong>s<br />
endlich wieder neue Nahrung:<br />
Sainthood (Warner) ist das bereits<br />
sechste Studioalbum der queeren<br />
K<strong>an</strong>adierinnen mit dem bombensicheren<br />
Händchen für Ohrwurm-Melodien.<br />
Teg<strong>an</strong> und Sara Quin, vor knapp dreißig<br />
Jahren in Calgary geboren und mit bereits<br />
zehn Jahren Bühnenerfahrung auf<br />
den schmalen Buckeln, treiben hier, wieder<br />
mit Unterstützung von Chris Walla<br />
von Deathcab for Cutie als Produzenten,<br />
das weiter, was sie so perfekt beherrschen:<br />
Herzschmerz-Texte zu kraftvollen,<br />
ebenso rockigen wie poppigen Balladen,<br />
die sogar all jene bis auf die Knochen<br />
erweichen, die sonst bei der Erwähnung<br />
von „Ballade“ mit<br />
Übelkeits<strong>an</strong>fällen kämpfen. Fast noch<br />
ein wenig glatter und synthiepoppiger<br />
als die beiden überaus erfolgreichen<br />
Vorgängeralben „The Con“ und „So<br />
Jealous“, erscheint „Sainthood“ beim<br />
ersten Hören beinahe trivial, bis einen<br />
die Magie des abwechselnden, sehnsuchtsvollen<br />
Ges<strong>an</strong>gs der Schwestern<br />
d<strong>an</strong>n doch wieder kriegt.<br />
Auch aus K<strong>an</strong>ada, und zwar aus<br />
V<strong>an</strong>couver, kommt die Singer/Songwriterin<br />
Olivia Fetherstonhaugh, die sich<br />
für die Veröffentlichung ihres Debütalbums<br />
Dark Eyes (Mint) d<strong>an</strong>kenswerter<br />
Weise für den etwas weniger komplizierten<br />
Namen F<strong>an</strong>shaw entschieden<br />
hat. G<strong>an</strong>ze fünf Jahre hat sich die Musikerin,<br />
die sich in der Presseinfo auf<br />
Anais Nin als Inspirationsquelle beruft,<br />
für die neun Songs mit vagem Retro-<br />
Country-Flair und schmelzendem Ges<strong>an</strong>g<br />
Zeit gelassen – und <strong>an</strong> einigen<br />
Stücken <strong>an</strong>geblich sogar bis zu einem<br />
Jahr gefeilt. Es wird sich zeigen, ob sich<br />
die Geduldsarbeit der Perfektionistin<br />
tatsächlich gelohnt hat, wenn die zart<br />
verhaltenen Songs über traurige Lieben<br />
es schaffen, aus der Flut der Veröffentlichungen<br />
weiblicher Singer/Songwriter<br />
dauerhaft herauszustechen.<br />
Mit dem Hervorstechen haben<br />
Scream Club noch nie ein Problem gehabt<br />
– dafür sind die Bühnenoutfits<br />
und die Perform<strong>an</strong>ces des queeren Duos<br />
aus Olympia, Washington, das jetzt<br />
in Berlin residiert, einfach viel zu aufregend.<br />
Für ihre gemeinsame Remix-Platte<br />
(auf Rock Machine Records) mit Electrosexual,<br />
die eine Vorbotin des im<br />
Sommer erscheinenden neuen Albums<br />
ist, haben sich die beiden Electro-Rapperinnen<br />
für einen clubbigeren Sound<br />
entschieden, der weitgehend mit der<br />
Domin<strong>an</strong>z der spaßigen bis derben<br />
Raps, für die m<strong>an</strong> Cindy Wonderful und<br />
Sarah Adorable früher k<strong>an</strong>nte, bricht.<br />
Break You Nice ist mit seinen stampfenden<br />
Beats und schrillen Synths-Effekten<br />
fast Gay-Großraumdisko tauglich,<br />
und Screaming And Crying, die B-<br />
Seite, für die auch Shunda K. von Yo Majesty<br />
als Gast-Rapperin verpflichtet<br />
werden konnte, bewegt sich in Richtung<br />
einer Deep-Tr<strong>an</strong>ce-Hymne mit<br />
Spoken-Word-Einlagen.<br />
Optisch extravag<strong>an</strong>t gibt sich auch<br />
eine junge Künstlerin aus M<strong>an</strong>chester,<br />
die bekleidungstechnisch wie auch musikalisch<br />
den Blick zurück in die 1980er<br />
Jahre wirft. Julie Campbell aka Lonelady<br />
sieht sich auf ihrem in einer verfallenden<br />
Fabrikhalle aufgenommenen Debüt<br />
Nerve Up (Warp) von geografischen wie<br />
mentalen NachbarInnen wie Joy Division,<br />
The Fall oder ESG beeinflusst. Die individualistische<br />
Platte, fast komplett im<br />
Alleing<strong>an</strong>g eingespielt, ist mit ihrem<br />
kalt-metallischen Sound und dem<br />
scharfen, mark<strong>an</strong>ten Ges<strong>an</strong>g zu scheppernder<br />
Gitarre, Drums und Synth-<br />
Sounds aber nicht die x-te Emulation<br />
der Verg<strong>an</strong>genheit, sondern beweist<br />
sich im Gegenteil als ausreichend denkund<br />
merkwürdig, um für sich selbst zu<br />
bestehen.<br />
Zu guter Letzt noch der Hinweis<br />
auf eine neue Serie des stets so verdienstvoll<br />
um weibliche Artists bemühten<br />
Berliner Labels Monika Records:<br />
Nachdem dessen Betreiberin Gudrun<br />
Gut vor einigen Jahren bereits die Reihe<br />
„4 Women No Cry“ mit je vier internationalen<br />
Produzentinnen pro Platte aus<br />
der Taufe gehoben hat, agiert sie jetzt<br />
lokal und stellt in City Splits je zwei Musikerinnen<br />
aus einer Stadt vor. Den Anf<strong>an</strong>g<br />
machen zwei Wahl-Berlinerinnen:<br />
Theresa Stroetges aka Golden Diskó<br />
Ship mit ihrer melodiösen Rumpel-Raschel-Elektronik<br />
und Jasmina Maschina<br />
(eigentlich Jasmine Guffond aus Australien),<br />
die elektronische Improvisationselemente<br />
ebenso wie mel<strong>an</strong>cholisches<br />
Songwriting in ihre oft mit „found sound“-Quellen<br />
versetzten Tracks einfließen<br />
lässt. Auch beim nächsten Trip<br />
der City Splits bleibt es sp<strong>an</strong>nend – der<br />
führt nach L.A. und zeigt g<strong>an</strong>z sicher,<br />
dass die Klischees der männerdominierten<br />
Rock-City ausgedient haben. ❚
Wirtschaftswunder-Working-Class<br />
Ulla Hahn hat mit „Aufbruch“ die Fortsetzung ihres Erfolgsrom<strong>an</strong>s „Das verborgene Wort“<br />
geschrieben. Arbeitertochter Hildegard kämpft weiter gegen kleine Verhältnisse.<br />
Von Lea Susemichel<br />
Mit dem Konkurs des Vers<strong>an</strong>dhauses<br />
Quelle im letzten Jahr<br />
ging nicht nur ein Stück Wirtschafts-,<br />
sondern auch eine<br />
wichtige Episode deutscher<br />
Kulturgeschichte zu Ende. Ulla Hahn<br />
erzählt diese Geschichte, wenn sie in<br />
ihrem neuen Rom<strong>an</strong> das Eintreffen des<br />
Quelle-Katalogs in der rheinischen<br />
Nachkriegsdörflichkeit schildert. Denn<br />
die im weiblichen Familienkreis<br />
getätigte Bestellung von „Nummer<br />
fünfzehn, Größe einhundertvier, Hüftgürtel<br />
mit dreifach verstärkter Magenplatte,<br />
zweiundvierzig Zentimeter hoher<br />
Rückenschnürung, elastische<br />
Einsätze aus Elastinova-Gummi um<br />
Taille, Schenkelpartie und Schritt“ war<br />
ein von Kaffee und Kuchen begleitetes<br />
Großereignis. Bei dem das Betrachten<br />
von Damenhosen und Hauskitteln immer<br />
wieder auch zur Verh<strong>an</strong>dlung von<br />
Geschlechterrollen einlud.<br />
„Aufbruch“ ist die Fortsetzung von<br />
Hahns 2001 erschienenem Erfolgsrom<strong>an</strong><br />
„Das verborgene Wort“. Erneut<br />
geht es um die in den 1950/60ern in der<br />
Altstraße 2 in Dondorf verbrachte Kindheit<br />
und Adoleszenz von Hildegard „Hilla“<br />
Palm. Um rheinländischen Katholizismus<br />
und kleinste Verhältnisse, in denen<br />
unter röhrenden Hirschen Marmelade<br />
auf Graubrot gegessen und aus<br />
Tassen ohne Unterteller – m<strong>an</strong> will<br />
schließlich nicht vorgeben, etwas Besseres<br />
zu sein – getrunken wird.<br />
Hilla ist „dat Kenk vun nem Prolete“.<br />
Und von klein auf liegt für sie die<br />
Verheißung von Klassenmobilität in<br />
der Welt der Bücher („Bööscher“). Die<br />
Flucht zu Hugo von Hofm<strong>an</strong>nsthal<br />
schützt sie vor proletarischem Kleingeist,<br />
dem heimischen Kölsch setzt sie<br />
Latein entgegen, das sie mit ihrem<br />
Bruder als verschwisternden Geheimcode<br />
gegen die Eltern kultiviert. Die<br />
promovierte Germ<strong>an</strong>istin Ulla Hahn<br />
vertraut auf die em<strong>an</strong>zipatorische Wirkung<br />
einer hum<strong>an</strong>istischen Bildung,<br />
und so ist es letztlich der im Schuppen<br />
verschlungene literarische K<strong>an</strong>on, dem<br />
Hilla in diesem stark autobiografisch<br />
geprägten Buch ihre persönliche Befreiung<br />
abringt. Eine Befreiung, die sie<br />
am Ende <strong>an</strong> die Universität nach Köln<br />
führt.<br />
Die große Erzählung von der strebsamen<br />
Autodidaktin ist freilich auch in<br />
fordistischen Zeiten nicht weniger<br />
fragwürdig als in neoliberalen. Aber<br />
der Rom<strong>an</strong> enthält darüber hinaus<br />
auch eine präzise Milieustudie, die sich<br />
nicht nur durch eine fast kulturwissenschaftliche<br />
Analysegenauigkeit auszeichnet,<br />
sondern die durch ihre narrative<br />
Opulenz dabei auch großes Lesevergnügen<br />
bereitet. In kölschem Dialekt<br />
offenbart sich darin, dass sich<br />
Klassenzugehörigkeit am Sortiment<br />
im Einkaufswagen ebenso ablesen<br />
lässt wie am Zust<strong>an</strong>d der Zähne (weshalb<br />
Hilla ihr erstes selbst verdientes<br />
Geld für eine Überkronung all ihrer<br />
Vorderzähne opfert). Hahn zeichnet<br />
das Sitten- und Selbstbild der Wirtschaftswunder-Working-Class<br />
und<br />
gibt einen gleichermaßen belustigenden<br />
wie beklemmenden Einblick in die<br />
Adenauer-Ära. Eine Zeit, in der m<strong>an</strong><br />
sich vor dem Fernseher schick machte,<br />
„wenn Robert Lembke in seiner Sendung<br />
‚Was bin ich?‘ auftrat“ (so die Autorin<br />
in einem Interview), und in der<br />
Lehrer zum Direktor zitiert wurden,<br />
wenn sie im Unterricht zu einer Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />
mit dem Nationalsozialismus<br />
<strong>an</strong>hielten.<br />
Es sind aber nicht nur die Kämpfe<br />
eines Arbeiterkindes, die Hilla führen<br />
muss, als sie sich etwa bei ihrem ersten<br />
Job in der Fabrik mit den dortigen nichtdeutschen<br />
Arbeiterinnen solidarisiert.<br />
Es sind immer auch die Kämpfe einer<br />
Arbeitertochter. Denn es ist nicht allein<br />
Klassismus, es ist auch der allgegenwärtige<br />
Sexismus, der ihre Ausbruchsversuche<br />
aus der Dondorfer Miefigkeit<br />
erschwert. Im Mittelpunkt des Rom<strong>an</strong>s<br />
steht eine Vergewaltigung, die Hillas<br />
sämtlichen Leidenschaften ein vorläufiges<br />
Ende setzt – auch jener für Literatur.<br />
So bringt auch der Aus- und Aufbruch<br />
ins Kölner Studentinnenleben, mit dem<br />
der Entwicklungsrom<strong>an</strong> endet, nicht<br />
den ersehnten Befreiungsschlag. Allerdings<br />
schreibt Ulla Hahn dem Vernehmen<br />
nach bereits am letzten Teil der<br />
Trilogie. ❚<br />
Ulla Hahn: Aufbruch<br />
DVA 2009, 24,95 Euro (D)<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 41
lese zeichen<br />
42 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Funny Murmels<br />
„Vor zehn Jahren wurde<br />
Murmel Comics <strong>an</strong> einem<br />
Wiener Küchentisch gegründet“,<br />
heißt es im Vorwort<br />
zur Jubiläumsauswahl<br />
„Me, Making Funny<br />
Faces“. Seit 1999 erscheinen<br />
Anthologien zu Themen<br />
wie Einkaufen, Sich verlieben, Pläne machen<br />
und vielem mehr. Das lose Murmel-Kollektiv<br />
ist dem Credo verpflichtet:Wer eine Geschichte<br />
erzählen will, soll sie auf-zeichnen, und<br />
zeichnen k<strong>an</strong>n grundsätzlich jede/r.<br />
Meine persönlichen Highlights aus den<br />
Werken der vielen tollen Zeichnerinnen im Murmel-Kollektiv:„In<br />
den Alpen“ von Ulrike Müller<br />
kompiliert einen Satz von Kathy Acker mit feinen<br />
Bildern einer jungen Frau, die auf den Eing<strong>an</strong>gsstufen<br />
einer Almhütte sitzt und sich einen<br />
gepflegten Bierrausch zulegt. „Eine schwere<br />
Entscheidung“ von VerenaW beschreibt den hohen<br />
logistischen und intellektuellen Aufw<strong>an</strong>d<br />
beim Kauf einer neuen Daunenjacke (dicke vs.<br />
schicke Jacke). Jule K. schildert mit „New Love“ in<br />
g<strong>an</strong>z bezaubernden Bildern die Geschichte<br />
zweier Heavy-Metal-Girls auf einer Parkb<strong>an</strong>k, die<br />
sich im gemeinsamen Ätzen über Frühlingsgefühlsterror<br />
und Liebe als Unterdrückungsmech<strong>an</strong>ismus<br />
näher kommen. Sonja Eism<strong>an</strong>n war<br />
mal in „D.C. ohne Cash“ und arbeitete sich in der<br />
Youth-Hostel-Hierarchie hinauf. Lisa Berger erzählt<br />
in „Unsere Musik in Temesoara“, wie sie<br />
mit ihrer B<strong>an</strong>d „etwas irritiert“ am dortigen Ladyfest<br />
2005 auftrat.<br />
Und zuletzt noch Gwendolin Althöfer mit<br />
„Noch so jung! Schon so alt!“: Wie Viola „in sich“<br />
ging und ihre Gebärmutter f<strong>an</strong>d. Wer Murmel<br />
Comics noch nicht kennt, k<strong>an</strong>n mit „Me, Making<br />
Funny Faces“ eine richtige kleine Schatzkiste<br />
öffnen.<br />
Sylvia Köchl<br />
Murmel Comics: Me, Making Funny Faces<br />
Luftschacht 2009, 15 Euro (A)<br />
www.murmel-comics.org<br />
Lieben und Lügen<br />
Anita ist ein „Chaosgirl“.<br />
Sie ist Mutter zweier kleiner<br />
Buben und steht ihnen<br />
in punkto Wildheit in<br />
nichts nach. Sie klettert<br />
auf Bäume, liebt die Geschwindigkeit<br />
und verabscheut<br />
Autoritäten. Anita<br />
tritt in das Leben von Irene,„besser, sie r<strong>an</strong>nte<br />
beinahe in mich hinein, ich konnte ihr gerade<br />
noch ausweichen, bevor wir zusammenprallten.“<br />
Irene verliebt sich unsterblich in Anita, verfällt<br />
ihrer Leidenschaftlichkeit – und verfängt<br />
sich in ihrem Lügennetz. Denn als Lebenskünstlerin<br />
nimmt Anita es mit der Wahrheit über ihr<br />
Leben nicht gerade genau. Mit der Liebe und der<br />
Lüge widmet sich Karin Rick in ihrem neusten<br />
Rom<strong>an</strong> zwei alten Themen. Und fragt sich d<strong>an</strong>eben,<br />
wie Kinder die neue Liebe ihres Elternteils<br />
wahrnehmen.<br />
Andrea Heinz<br />
Karin Rick: Chaosgirl<br />
Konkursbuch Verlag 2009, 9,90 (D)<br />
Kein Vertrauen<br />
Mit Cornelia Travniceks Erzählb<strong>an</strong>d<br />
„Fütter mich“,<br />
deren Protagonistinnen<br />
zumeist junge Heldinnen<br />
wie die Autorin selbst sind,<br />
liegen uns Geschichten<br />
vor, denen <strong>an</strong>zusehen ist,<br />
dass da was schlummert.<br />
Dabei tut die unprätentiöse Sprache nur zu gerne<br />
so, als wäre hier eigentlich eh nichts, also g<strong>an</strong>z<br />
ehrlich nichts los. Die Fährten zu dem, was da im<br />
Busch sein könnte, lässt die Autorin in das Erzählte<br />
hinein tröpfeln, kaum merkbar, l<strong>an</strong>ge erwartet<br />
und ohne via billigem Wink mit dem Zaunpfahl<br />
die Sache zur Auflösung zu bringen. Die Geschichten<br />
wirken zumal, als hätte m<strong>an</strong> die Brille<br />
verlegt und sehe bloß unscharf. Sicher aber dreht<br />
sich‘s allerorts um’s Sterben und den Tod, um<br />
unmögliche Beziehungen, um sogen<strong>an</strong>nte Normalitäten<br />
und Abweichungen:„‚Hast du die gesehen‘,<br />
zupft sie mich am Ärmel. Die hat ja<br />
Oberschenkel, da sind meine Oberarme dicker.<br />
[...]‘ Ich lache mit.“ Es geht ums füttern, sich füttern<br />
lassen, zu viel, zu wenig essen, um mästen<br />
und kotzen und Radiergummi futtern. Was den<br />
Körpern in Travniceks Erzählb<strong>an</strong>d zugeführt<br />
oder vorenthalten wird und warum, ist von zahlreicher<br />
Motivation. Eine Hauptkomponente, die<br />
aber fast allen Erzählungen zueigen ist, ist die<br />
Routine. Um dieser zu entkommen, entwickeln<br />
die Held_innen nicht ungerne absurde bis grausame<br />
Ged<strong>an</strong>ken. Doch alles Personal gilt als<br />
mündig und muss den Knoten selber lösen.<br />
Schließt die Autorin eine Geschichte ausnahmsweise<br />
mit einem Happy End, k<strong>an</strong>n ihr darin<br />
scheinbar nicht vertraut werden. Elf Erzählungen<br />
über all das, was in Körpern und Köpfen vorgeht,<br />
den eigenen und <strong>an</strong>deren. „Ich kaufe mir<br />
Bücher und verstecke sie unter meinem Bett.<br />
Roald Dahl. Edgar All<strong>an</strong> Poe. Haruki Murakami.<br />
Keine Geschichten für ein Ungeborenes.“<br />
Nadine Kegele<br />
Cornelia Travnicek: Fütter mich<br />
Skarabaeus 2008, 14,90 Euro (Ö)<br />
Armut ist vermeidbar<br />
Weniger Jobs, weniger<br />
Lohn, weniger Zukunft,<br />
weniger Sicherheit sind<br />
keine Naturereignisse, die<br />
über uns hereinbrechen.<br />
„Es reicht! Für alle!“, sind<br />
die SozialexpertInnen<br />
Michaela Moser und Martin<br />
Schenk, beide seit Jahren in der Armutskonferenz<br />
engagiert, überzeugt. Den Beweis treten<br />
sie in ihrem seit Anf<strong>an</strong>g Februar erhältlichen<br />
neuesten Buch <strong>an</strong> und zeigen Wege aus der Armut.<br />
Sie bringen internationale Beispiele und<br />
Modelle, wie Umverteilung funktionieren<br />
k<strong>an</strong>n. Was Armut bedeutet, und wie schnell
Menschen zu „Betroffenen“ werden, zeigen individuelle<br />
Geschichten von Menschen, denen<br />
die AutorInnen in der Sozialberatung begegnet<br />
sind: „Die Biografien der Betroffenen sind bunter,<br />
als der schnelle Blick glauben macht. Die<br />
Dauerpraktik<strong>an</strong>tin mit Uni-Abschluss und der<br />
Schulabbrecher, die Alleinerzieherin mit drei<br />
kleinen Kindern, die früher als Dolmetscherin<br />
in der Welt herumkam, und der L<strong>an</strong>gzeitarbeitslose,<br />
der einmal eine Firma geleitet hat.<br />
Der junge M<strong>an</strong>n mit Depressionen, der sich in<br />
sozialen Initiativen engagiert, und die perfekt<br />
Deutsch sprechende Migr<strong>an</strong>tin in der Leiharbeitsfirma.<br />
Der Freund, der sich als Ich-AG<br />
durchschlägt, und die – nach einem B<strong>an</strong>dscheibenvorfall<br />
des Vaters – überschuldete Familie.<br />
Ihre Geschichten sind unterschiedlich, ihre Lebensverhältnisse<br />
allesamt prekär.“ Eine Pflichtlektüre<br />
im Europäischen Jahr der Armutsbekämpfung.<br />
Gabi Horak<br />
Martin Schenk, Michaela Moser: Es reicht! Für alle! Wege aus der Armut.<br />
Deuticke <strong>2010</strong>, 20,50 Euro (A)<br />
Ziemlich düster<br />
Im Jahr 2025 tötet eine<br />
Seuche,„die wasserlose<br />
Flut“, fast alle Menschen.<br />
Nur wenige überleben,<br />
wie zum Beispiel die beiden<br />
Frauen Toby und Ren.<br />
Beide kennen sich von<br />
früher, als sie noch bei den<br />
„Gottesgärtnern“ waren, einer sektenartigen<br />
Vereinigung, die auf dem Dach eines Hochhauses<br />
versucht, sich den Zwängen des herrschenden<br />
ökonomisierten und technisierten Systems<br />
zu entziehen. Die „Gärtner“ sind strenge VegetarierInnen,<br />
die ihr Gemüse selbst <strong>an</strong>bauen und<br />
eine Rückkehr zur Natur predigen. In Rückblenden<br />
erfährt die Leserin durch die Erinnerungen<br />
der Hauptfiguren Toby und Ren von der Zeit vor<br />
der P<strong>an</strong>demie.<br />
Die fast 70-jährige K<strong>an</strong>adierin Margaret Atwood<br />
beschreibt in ihrem dystopischen Rom<strong>an</strong><br />
„Das Jahr der Flut“ eine düstere, ökologisch ruinierte,<br />
von totalitären Biotech-Konzernen regierte<br />
Welt. Der Sicherheitsapparat „CorpSEcorps“<br />
überwacht die Ordnung im Staat. Wenige Reiche<br />
wohnen in Luxuswohn<strong>an</strong>lagen, während<br />
die Masse der Gesellschaft, die „Plebsler“, in<br />
Sinkhole, einem heruntergekommenen Ghetto<br />
leben. Genm<strong>an</strong>ipulationen, Konsumrausch, Org<strong>an</strong>h<strong>an</strong>del,<br />
Verbrechen und B<strong>an</strong>denkriege<br />
gehören zum Alltagsleben. Jede/r kämpft gegen<br />
jede/n. Nur die „Gärtner“ sagen dem System<br />
den Kampf <strong>an</strong>, denn sie sehen die „wasserlose<br />
Flut“ kommen.<br />
Mit ihrem neuen Rom<strong>an</strong> knüpft Atwood <strong>an</strong><br />
ihre <strong>an</strong>ti-utopischen Rom<strong>an</strong>e „Der Report der<br />
Magd“ von 1985 und „Oryx und Crake“ von 2003<br />
<strong>an</strong>.„Das Jahr der Flut“ wurde großartig von Monika<br />
Schmalz übersetzt, leider ist die Geschichte<br />
teilweise sehr verwirrend und l<strong>an</strong>gatmig. Trotzdem<br />
macht Atwoods Warnung vor Umweltzerstörung<br />
und Biokapitalismus nachdenklich.<br />
Claire Benedikt<br />
Margaret Atwood: Das Jahr der Flut<br />
Berlin Verlag 2009, 22,70 Euro (A)<br />
„General“ Tubm<strong>an</strong><br />
Sie ist eine der bedeutendsten<br />
KämpferInnen der<br />
afroamerik<strong>an</strong>ischen Geschichte:<br />
Harriet Tubm<strong>an</strong><br />
(1820-1913), von ihren AnhängerInnen<br />
und Freund-<br />
Innen – mehr als dreihundert<br />
befreite SklavInnen –<br />
nur „Moses“, von ihrem weißen Mitkämpfer<br />
John Brown auch „General Tubm<strong>an</strong>“ gen<strong>an</strong>nt.<br />
Tubm<strong>an</strong> wächst als Sklavin auf einer Pl<strong>an</strong>tage in<br />
Maryl<strong>an</strong>d auf, als 14-Jährige wird sie durch einen<br />
Schlag auf den Kopf mit einem Bleigewicht gesundheitlich<br />
beeinträchtigt. 1850 flieht sie, weil<br />
sie verkauft werden soll, und wird erfolgreicher<br />
„Conductor“ (Schaffnerin) der „Underground<br />
Railroad“, jener „Untergrundbahn“, die Versklavte<br />
befreit und in den sicheren Norden oder sogar<br />
nach K<strong>an</strong>ada bringt. Tubm<strong>an</strong> hat immer eine<br />
Pistole bei sich, und dies nicht nur, um sich<br />
gegen Sklavenjäger zur Wehr setzen zu können,<br />
weil auf sie eine „F<strong>an</strong>gprämie“ ausgesetzt ist.<br />
Verliert einer ihrer Schützlinge den Mut, zwingt<br />
sie ihn/sie mit Waffengewalt, weiterzugehen.<br />
Unter ihrer Leitung findet auch eine der spektakulärsten<br />
militärischen Aktionen gegen die Südstaaten<br />
statt – was die Militärgeschichtsschreibung<br />
des 20. Jahrhunderts gern unterschlägt:<br />
Tubm<strong>an</strong> war die einzige Frau, die im amerik<strong>an</strong>ischen<br />
Bürgerkrieg mitgekämpft hat. Ihre<br />
schwarzen Brüder „durften“ zwar trotz großer<br />
Widerstände kämpfen, doch wurden sie<br />
schlechter bezahlt als die weißen Soldaten.<br />
Rassismus ist keine ausschließliche Angelegenheit<br />
der sklavenhaltenden Südstaaten, denn<br />
auch Tubm<strong>an</strong> wird um ihren Arbeitslohn geprellt<br />
– erst dreißig Jahre später wird er ihr ausgezahlt.<br />
„Freiheit oder Tod“ von Anna-Maria Benz ist<br />
die erste deutschsprachige Biografie einer Frau,<br />
deren Forderung nach Freiheit für alle Menschen<br />
immer noch nicht eingelöst ist – und die Lebensgeschichte<br />
Harriet Tubm<strong>an</strong>s zeigt uns, dass „die<br />
Verg<strong>an</strong>genheit niemals tot ist“, wie William Faulkner<br />
schrieb,„sie ist nicht einmal verg<strong>an</strong>gen.“<br />
Julia Olajnek<br />
Anna-Maria Benz: Freiheit oder Tod. Harriet Tubm<strong>an</strong> (um 1820-1913).<br />
Afroamerik<strong>an</strong>ische Freiheitskämpferin.<br />
Verlag Edition AV, 18 Euro (D)<br />
Popodrücken und<br />
Froschküsse<br />
Was macht eine verwöhnte<br />
Prinzessin, wenn der Vater<br />
sich mit der Köchin auf<br />
eine Seniorenresidenz auf<br />
Mallorca absetzt, er ihr nur<br />
das halbe Königreich vermacht<br />
und sie sich für die <strong>an</strong>dere Hälfte von einem<br />
Helden retten und heiraten lassen muss?<br />
Toben und Schreien helfen da wenig. Für Annabel<br />
muss ein Held her. Trotz ihrer eher kümmerlichen<br />
Märchenkenntnisse wird die Zofe Moldau<br />
als Ratgeberin her<strong>an</strong>gezogen. Nun schleppt Anna<br />
– das „bel“ hat sie mittlerweile abgelegt,<br />
denn was nützt ein g<strong>an</strong>zer Name in einem halben<br />
Königreich – Matratzen. Denn bek<strong>an</strong>ntlich<br />
werden echte Prinzessinnen gerettet, wenn sie<br />
auf weichen Matratzen liegen und trotzdem Popodrücken<br />
haben. Sie schminkt sich ihr Gesicht<br />
mit schwarzer Schuhcreme, zieht sich ihr rotes<br />
Nachthemd <strong>an</strong> und setzt sich die schneeweiße<br />
Kochmütze ihrer Stiefmutter auf (Anna verdreht<br />
damit „Schneewittchen“:„So weiß wie Schnee,<br />
so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz.“).<br />
D<strong>an</strong>n baut Anna winzige, mittelgroße<br />
und riesige Zwerge, um die sie sich kümmert.<br />
Als letzten Versuch fischt die Prinzessin mit spitzen<br />
Fingern einen Frosch aus dem Schlossteich,<br />
der sich ziemlich ungern und – mit Rücksicht<br />
auf seine Verlobte – nur auf die Backen küssen<br />
lässt. Doch weit und breit ist kein Held in Sicht.<br />
Anna nimmt die Angelegenheit nun doch selbst<br />
in die H<strong>an</strong>d, und die LeserInnen dürfen gesp<strong>an</strong>nt<br />
sein, auf welchen Helden die im Laufe<br />
der Geschichte merklich bescheidener werdende<br />
Prinzessin stößt. Neben dem witzigen und<br />
unkonventionellen Inhalt sind es auch die f<strong>an</strong>tasievollen<br />
und mit kleinen Details gespickten Bilder,<br />
die mir die Aussage entlocken: Es darf auch<br />
mal wieder eine Prinzessinnengeschichte sein.<br />
Svenja Häfner<br />
Sus<strong>an</strong>ne Opel-Götz: Prinzessin Anna oder Wie m<strong>an</strong> einen Helden findet.<br />
Friedrich Oetinger Verlag, Hamburg 2009; 12,90 Euro (D)<br />
lese zeichen<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 43
ge. sehen<br />
Tr<strong>an</strong>s-Formiert!<br />
„DesTravArte“, das erste Festival für Tr<strong>an</strong>s-Kunst und Forum für Tr<strong>an</strong>s-Aktivist_innen in Buenos Aires,<br />
war phänomenal, meint Daphne Ebner.<br />
http://festivaldestravarte.blogspot.com<br />
44 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Vom 14. bis zum 16. Dezember<br />
2009 f<strong>an</strong>d das „DesTravArte – 1º<br />
Encuentro de Arte Tr<strong>an</strong>s de Buenos<br />
Aires 2009“ statt, das erste<br />
Festival für Tr<strong>an</strong>s-Kunst und Forum<br />
für Tr<strong>an</strong>s-Aktivist_innen aus allen<br />
Bereichen der Tr<strong>an</strong>s-Bewegungen aus<br />
Argentinien, Brasilien und Uruguay. Über<br />
1.000 Besucher_innen bescherten der<br />
Org<strong>an</strong>isationsgruppe eine phänomenale<br />
Premiere.<br />
Das dynamische Festivalprogramm<br />
spiegelte gekonnt die zwei<br />
wichtigsten Anliegen des Tr<strong>an</strong>s-Kollektivs<br />
wider: Einerseits ging es darum,<br />
auf die schwierige Lebenssituation von<br />
Tr<strong>an</strong>s-Personen in Südamerika aufmerksam<br />
zu machen, <strong>an</strong>dererseits, sich<br />
einem breiten Publikum in seiner<br />
g<strong>an</strong>zen glamourösen Vielseitigkeit und<br />
Kreativität zu zeigen.<br />
Zwischen Gewalt und Glamour.. Das Festivalprogramm<br />
umfasste Konzerte, Lesungen,<br />
eine Kunstausstellung und<br />
Theaterinszenierungen – darunter ein<br />
Aufklärungstheater von und für tr<strong>an</strong>ssexuelle<br />
Sexarbeiterinnen, das mit einem<br />
unschlagbar satirisch-bissigen<br />
Tonfall die wichtigsten Fragen zu AIDS-<br />
Prävention, Silikoneinlagen und Risiken<br />
bei der Selbstmedikation mit Hormonen<br />
klärte. Zu sehen waren auch Kurzfilme,<br />
die meisten davon Dokumentationen<br />
über die Arbeits- und Lebensbedingungen<br />
von Tr<strong>an</strong>s-Frauen in Argentinien.<br />
So erzählt beispielsweise der 2009<br />
entst<strong>an</strong>dene Doku-Film „Tamara“ (Regie:<br />
Hernán Bonfiglio) vom Leben der<br />
gleichnamigen Sexarbeiterin auf dem<br />
Straßenstrich in Constitución bis zu ihrer<br />
Ermordung durch einen bis heute<br />
nicht gefassten bzw. nicht gesuchten<br />
Täter. Die Straflosigkeit bei Gewaltverbrechen<br />
<strong>an</strong> Tr<strong>an</strong>s-Personen ist hoch und<br />
eine der vielen Folgen des nicht vorh<strong>an</strong>denen<br />
öffentlichen Interesses.<br />
Die Tr<strong>an</strong>s-Gemeinde nutzte das<br />
Festival aber auch, um mit Stolz zu zeigen,<br />
dass sie nicht nur Opfer von<br />
Schutzlosigkeit und Repression ist.<br />
Hochstimmung herrschte zum Beispiel,<br />
als die Designerin Valeria Licciardi ihre<br />
aktuelle Modekollektion mit Tr<strong>an</strong>s-Frauen<br />
präsentierte und sie so bewusst in<br />
ihrer Schönheit und erotischen Anziehungskraft<br />
inszenierte. Licciardi formulierte<br />
damit geschickt eine Antwort auf<br />
die gesellschaftliche Doppelmoral gegenüber<br />
Tr<strong>an</strong>s-Frauen, die sich gerne<br />
über die Körper von Tr<strong>an</strong>s-Personen als<br />
„unnatürlich“ oder „monströs“ lustig<br />
macht, während die nachts gut besuchten<br />
Straßenstriche belegen, dass Tr<strong>an</strong>s-<br />
Frauen durchaus im sexuellen Begehren<br />
der Gesellschaft vorkommen.<br />
Identidad de Género. Den Kern des Festivalprogramms<br />
bildeten jedoch die öffentlichen<br />
Gesprächsrunden. Eröffnet<br />
wurden diese durch eine Ver<strong>an</strong>staltung<br />
zum Thema „Ley de Identidad de Género“,<br />
einem aktuellen Gesetzesentwurf<br />
zur Gender-Identität, über den nächstes<br />
Fotos: Romina Morozovich<br />
Jahr in Argentinien und Uruguay abgestimmt<br />
werden soll. Das neue Gesetz<br />
soll es Tr<strong>an</strong>s-Personen künftig erlauben,<br />
ihren Namen und die registrierten Daten<br />
zu ihrer Person in einem unkomplizierten,<br />
außergerichtlichen Verfahren<br />
ihrem Gender, das heißt ihrem real gelebten<br />
Geschlecht, <strong>an</strong>zupassen und innerhalb<br />
von neunzig Tagen einen neuen,<br />
aktualisierten Pass zu erhalten.<br />
Auf dem Festival entwickelt und<br />
vorgestellt wurde das Projekt der<br />
sozialistischen Abgeordneten Silvia<br />
Augsburger und Marcela Romero, Vorsitzende<br />
von ATTTA (Asociación de Travestis,<br />
Tr<strong>an</strong>sexuales y Tr<strong>an</strong>sgénero Argentinas).<br />
Romero ist die erste Tr<strong>an</strong>s-Frau<br />
Argentiniens, die nach jahrel<strong>an</strong>gem<br />
Kampf im August 2009 erfolgreich ihre<br />
Identität als Frau durch einen neuen<br />
Personalausweis bestätigt bekam.<br />
„Keinen Ausweis zu haben bedeutet<br />
für uns die Verweigerung des Grundrechts<br />
auf unsere Identität “, so Marcela<br />
Romero.„Neben dem psychischen Druck<br />
versperrt es uns außerdem den Zug<strong>an</strong>g<br />
zum öffentlichen Gesundheits- und Erziehungswesen,<br />
zum Arbeitsmarkt, zum<br />
Anspruch auf Rente und Sozialversicherung<br />
und macht jede Art von Vertragsabschlüssen<br />
unmöglich. Sogar um zu<br />
wählen, müssen wir uns in die Schl<strong>an</strong>ge<br />
der Männer stellen. Für die Tr<strong>an</strong>s-Personen<br />
hat die Demokratie noch nicht begonnen.<br />
Wir leben wie während der Diktatur,<br />
unter der systematischen Verletzung<br />
unserer Menschenrechte.“ ❚
musik.t<strong>an</strong>z.fest<br />
6.3., 22.00, Wien<br />
Stayin’ alive – Betty! Being a Wom<strong>an</strong>.<br />
Being Betty! Don’t come as you are!<br />
Come as Betty!<br />
brut im Künstlerhaus/Bar brut deluxe,<br />
1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/587 87 74,<br />
www.brut-wien.at<br />
7.3., 19.00, Wien<br />
Florence <strong>an</strong>d the Machine<br />
Arena, 1030 Wien, Baumgasse 80,<br />
T. 01/798 85 95, arena@arena.co.at,<br />
www.arena.co.at, Kosten: 19,- Euro<br />
9.3., 20.00, Wien<br />
Baby Dee<br />
WUK, Foyer, 1090 Wien, Währingerstraße 59,<br />
T.01/408 54 62, info@wuk.at, www.wuk.at,<br />
Kosten: 16,-<br />
11.3., 21.00, Wien<br />
Madita: Pacemaker<br />
WUK Saal, 1090 Wien, Währingerstraße 59,<br />
T. 01/401 21 0, info@wuk.at, www.wuk.at,<br />
Kosten: 19,-/18,-/17,- Euro<br />
12.3., 22.00, Wien<br />
Hertzbeat Opening<br />
Club Pl<strong>an</strong>etarium, 1020 Wien, Oswald-<br />
Thomas-Platz 1, www.pl<strong>an</strong>etarium.com,<br />
www.hertzbeat.at<br />
13.3., 22.00, Wien<br />
Anna Jermolaewa: Single Party<br />
(Or<strong>an</strong>gent<strong>an</strong>zperform<strong>an</strong>ce)<br />
brut im Künstlerhaus/Bar brut deluxe,<br />
1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/587 87 74,<br />
www.brut-wien.at<br />
18.3., 20.00, Hittisau<br />
Konzert: pforte im Frauenmuseum.<br />
Komponieren Frauen <strong>an</strong>ders?<br />
Louise Adolpha Le Beau und Robert<br />
Schum<strong>an</strong>n<br />
Frauenmuseum, 6952 Hittisau,<br />
Platz 501, T. 05513/620 930,<br />
kontakt@frauenmuseum.at,<br />
www.frauenmuseum.at<br />
19.3., Wien<br />
ÖFA-kollektivet (Stockholm): imarsch<br />
(Party-Perform<strong>an</strong>ce)<br />
brut im Konzerthaus, 1030 Wien,<br />
Lothringerstraße 20, T. 01/587 87 74,<br />
www.brut-wien.at, im Anschluss <strong>an</strong> die<br />
imaget<strong>an</strong>z-Ver<strong>an</strong>staltung<br />
20.3., 21.00, Wien<br />
4. Afrika Frühlingsball<br />
Parkhotel Schönbrunn, 1130 Wien,<br />
Hietzinger Hauptstraße 10-20, T. 0699/<br />
111 022 62, afrikaball@radioafrika.net,<br />
Kosten: 25,-/20,- Euro<br />
film<br />
derzeit<br />
Bock for President<br />
in ausgewählten Kinos<br />
derzeit<br />
Die Frauenkaraw<strong>an</strong>e<br />
in ausgewählten Kinos<br />
derzeit<br />
Louise Hires a Contract Killer<br />
in ausgewählten Kinos<br />
derzeit<br />
Verdammnis<br />
in ausgewählten Kinos<br />
bis 4.3., Wien<br />
FrauenFilmTage <strong>2010</strong><br />
Filmhaus Kino, 1070 Wien, Spittelberggasse 3,<br />
T. 01/522 48 16, office@stadtkinowien.at,<br />
kontakt@frauenfilmtage.at,<br />
www.frauenfilmtage.at<br />
4.-8.3., Wien<br />
Tricky Women <strong>2010</strong><br />
Top Kino, 1060 Wien, Rahlgasse 1, T. 01/208<br />
30 00, office@topkino.at, www.topkino.at<br />
© DV8-Film<br />
ab 5.3., Deutschl<strong>an</strong>d/Österreich<br />
MALI und die Kunst des Teilens, 108<br />
Minuten, dt. Fassung z.T. mit Dialogen<br />
in Bambara und Fr<strong>an</strong>zösisch mit dt.<br />
Untertiteln<br />
Votivkino, 1090 Wien, Rechbauerkino,<br />
8010 Graz, Movimento, 4020 Linz,<br />
Casabl<strong>an</strong>ca, 01097 Dresden, Cineplex,<br />
97337 Dettelbach, Union, 12587 Berlin,<br />
VH Ulm, 89073 Ulm<br />
ab 19.3.<br />
Die Fremde. Mit Sibel Kekili u.a.<br />
in ausgewählten Kinos<br />
25.-28.3., 21.00, Wien<br />
Queer Film Nights: Eloïse.<br />
Topkino, 1060 Wien, Rahlgasse 1,<br />
T. 0699/120 96 100,<br />
reservierung@identities.at<br />
8.4., Wien<br />
Mia H<strong>an</strong>sen-Løve: Le Père de mes<br />
enf<strong>an</strong>ts<br />
Österreichisches Filmmuseum, 1010 Wien,<br />
Augustinerstraße 1, T. 01/533 70 54,<br />
office@filmmuseum.at,<br />
www.filmmuseum.at<br />
bühne<br />
1.3., 10.00, Wien<br />
Laika, Inti & Culturcentrum Hasselt:<br />
Nu (T<strong>an</strong>z)<br />
brut im Künstlerhaus, 1010 Wien, Karsplatz 5,<br />
T. 01/587 87 74, www.brut-wien.at<br />
bis 26.3., Wien<br />
“Die X Gebote”: 10 AutorInnen – 10<br />
Auftragswerke – 10 Uraufführungen<br />
Schauspielhaus Wien, 1090 Wien,<br />
Porzell<strong>an</strong>gasse 19, T. 01/317 01 01 11,<br />
office@schauspielhaus.at,<br />
www.schauspielhaus.at<br />
4.3., 20.30, Wien<br />
Annie Sprinkle & Elisabeth Stevens<br />
im Künstlerinnenzimmer<br />
KosmosTheater, 1070 Wien,<br />
Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,<br />
karten@kosmostheater.at,<br />
www.kosmostheater.at<br />
5., 6.3., 20.00, Wien<br />
Alix Eynaudi & Agata Maszkiewicz:<br />
long long short long short (Perform<strong>an</strong>ce)<br />
brut im Künstlerhaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5,<br />
T. 01/587 87 74, www.brut-wien.at<br />
5., 6.3., 20.30, Wien<br />
Annie Sprinkle & Elisabeth Stevens:<br />
Dirty Sexecology. 25 Ways to Make<br />
Love to Earth<br />
KosmosTheater, 1070 Wien,<br />
Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,<br />
karten@kosmostheater.at,<br />
www.kosmostheater.at<br />
5.3., 22.00, Wien<br />
Club Burlesque Brutal: La tristesse. Von<br />
Katrina Daschner, mit Denice Fredriksson,<br />
Kathrin Füßl, Sabine Marte,<br />
S<strong>an</strong>dra Ortm<strong>an</strong>n<br />
brut im Konzerthaus, 1030 Wien,<br />
Lothringerstraße 20, T. 01/587 87 74,<br />
www.brut-wien.at<br />
8., 9.3., 20.00, Wien<br />
An Kaler: Save a Horse ride a Cowboy<br />
(Perform<strong>an</strong>ce)<br />
brut im Konzerthaus, 1030 Wien,<br />
Lothringerstraße 20, T. 01/587 87 74,<br />
www.brut-wien.at<br />
8.-13.3., Wien<br />
Das Theater mit dem Gender – 10 Jahre<br />
KosmosTheater. Jubiläumswoche<br />
KosmosTheater, 1070 Wien,<br />
Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,<br />
office@kosmostheater.at,<br />
www.kosmostheater.at<br />
9.-14.3., Wien<br />
DR. PICCOLO. Comedy und T<strong>an</strong>ztheater<br />
ohne viel Sprache, ab 5 jahren<br />
WUK Museum, 1090 Wien, Währinger<br />
Straße 59, www.wuk.at<br />
12.3., 20.00, Wien<br />
Zoë Knights: Drama Queen<br />
brut im Künstlerhaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5,<br />
T. 01/587 87 74, www.brut-wien.at<br />
15., 16.3., 20.00, Wien<br />
Martina Ruhsam: ] SCORE [<br />
brut im Konzerthaus, 1030 Wien,<br />
Lothringerstraße 20, T. 01/587 87 74,<br />
www.brut-wien.at<br />
16.3., Wien<br />
Magdalena Chow<strong>an</strong>iec/mariamagdalena:<br />
Emphaty Project Vol.1 (Perform<strong>an</strong>ce)<br />
brut im Künstlerhaus/Bar brut<br />
deluxe/Foyer, 1010 Wien, Karlsplatz 5,<br />
T. 01/587 87 74, www.brut-wien.at, im<br />
Anschluss <strong>an</strong> die imaget<strong>an</strong>z-Ver<strong>an</strong>staltung<br />
] SCORE [<br />
19.3., 12.4., 19.30, Wien<br />
Auf den Punkt. Solostück von und mit<br />
Martha Laschkolnig. Die Geschichte<br />
der Clownin “Martha Labil”.<br />
3raum – Anatomietheater, 1030 Wien,<br />
Beatrixgasse 11, T. 0650/323 33 77,<br />
info@3raum.or.at, http://3raum.or.at<br />
<strong>an</strong>. künden<br />
Erste Liebe<br />
Der Sp<strong>an</strong>ien-Schwerpunkt von identities09 hat eindrucksvoll bewiesen, mit welcher B<strong>an</strong>dbreite und Selbstverständlichkeit<br />
das sp<strong>an</strong>ische Kino queere Themen beh<strong>an</strong>delt. Noch ein gutes Argument: Die junge „Eloïse“ und ihr<br />
Coming of Age.<br />
Queer Film Nights: Eloïse, Sp<strong>an</strong>ien 2009, OmdU, 25.-28.3., 21.00, Filmhaus Kino, 1070 Wien, Spittelberggasse 3,<br />
T. 0699/120 96 100, reservierung@identities.at, www.identities.at<br />
20.3., Wien<br />
Schätze. Eine Erlebnisnacht für die<br />
g<strong>an</strong>ze Familie, ab 8 Jahren<br />
WUK Museum, 1090 Wien, Währinger<br />
Straße 59, T. 01/401 21 52,<br />
kinderkultur@wuk.at, www.wuk.at,<br />
Kosten: 30,- pro Person<br />
25., 27.3., 20.30, Wien<br />
UNO: UNA - Fragmentiert<br />
(Paola Bi<strong>an</strong>chi/Comp<strong>an</strong>y Homunculus)<br />
KosmosTheater, 1070 Wien,<br />
Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,<br />
karten@kosmostheater.at,<br />
www.kosmostheater.at<br />
9., 10.4., 18.00, Wien<br />
Helen Cole: We see Fireworks<br />
(Installation)<br />
brut im Konzerthaus, 1030 Wien,<br />
Lothringerstraße 20, T. 01/587 87 74,<br />
www.brut-wien.at<br />
seminar.workshop<br />
16.3., 15-18.00, Wien<br />
Jobwerkstatt<br />
Sprungbrett, 1150 Wien,<br />
Pilgerimgasse 22-24/1/1, T. 01/789 45 45,<br />
sprungbrett@sprungbrett.or.at,<br />
www.sprungbrett.or.at<br />
19., 20.3., 23., 24.4., 28., 29.5., Salzburg<br />
Lehrg<strong>an</strong>g De-Eskalation<br />
Jeweils Freitag 14.00 bis Samstag 17.00,<br />
Anmeldung und Information unter:<br />
Friedensbüro, 5020 Salzburg,<br />
Fr<strong>an</strong>z-Josef-Straße 3, T. 0662/87 39 31,<br />
ronacher@friedensbuero,<br />
www.friedensbuero.at<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 45
<strong>an</strong>. künden<br />
vortrag.diskussion<br />
bis 22.6.<strong>2010</strong>, Di, 18-20.00, Wien<br />
Obskure Differenzen: Psycho<strong>an</strong>alyse<br />
und Gender Studies? 9. Ringvorlesung<br />
im Rahmen des Masterstudiums<br />
Gender Studies sowie des Erweiterungscurriculums<br />
Gender Studies<br />
Hörsaal B, Campus der Universität Wien,<br />
Hof 2, 1090 Wien, Spitalgasse 2,<br />
www.univie.ac.at/gender<br />
9.3., 20.00, Wien<br />
„Kultureller Rassismus“ – Neues<br />
Paradigma oder alter Hut?<br />
1010 Wien, Wipplingerstraße 23,<br />
http://aua.blogsport.de<br />
11.3., 17.00, Wien<br />
Gespräche zur Kunst im öffentlichen<br />
Raum: Für wen, warum und wie weiter?<br />
Kunstraum Niederösterreich, 1014 Wien,<br />
Herrengasse 13, T. 01/90 42 111,<br />
www.kunstraum.net<br />
29.3., 19.00, Wien<br />
Nachdrücklich vorbildlich: Auf den<br />
Spuren von Pionierinnen und Zukunftsfrauen.<br />
Auguste Fickert: Vorkämpferin<br />
und Frauenrechtlerin der<br />
Ersten österreichischen Frauenbewegung<br />
KosmosTheater, 1070 Wien,<br />
Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,<br />
karten@kosmostheater.at,<br />
www.kosmostheater.at<br />
31.3., 20.00, München<br />
J<strong>an</strong> Kündemund: Good old queer cinema<br />
- Zur St<strong>an</strong>dortbestimmung einer<br />
historischen Befreiung des Kinos<br />
Glockenbachwerkstatt, 80331 München,<br />
Blumenstr. 7, www.glockenbachwerkstatt.de,<br />
www.gender.soziologie.uni-münchen.de<br />
ausstellung<br />
bis 11.4., Salzburg<br />
Sonia Leimer<br />
Kabinett, Salzburger Kunstverein/Künstlerhaus,<br />
5020 Salzburg, Hellbrunner straße 3,<br />
T. 0662/842 294 0,<br />
www.salzburger-kunstverein.at<br />
bis 4.4., Innsbruck<br />
Kristine Roepstorff: Illuminating<br />
Shadows<br />
Galerie im Taxispalais, 6020 Innsbruck,<br />
Marien-Theresien-Straße 45, T. 0512/508 31<br />
71, taxis.galerie@tirol.gv.at, www.galerieimtaxispalais.at.<br />
Di.-So. 11-18.00,<br />
Do. 11-20.00<br />
bis 4.4., Hittisau<br />
Stilles Holz. die Architektin Wenche<br />
Selmer<br />
Frauenmuseum, 6952 Hittisau, Platz 501,<br />
T. 05513/620 930, kontakt@frauenmuseum.at,<br />
www.frauenmuseum.at<br />
46 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
bis April, Wien<br />
photo wall & video wall: Isa<br />
Rosenberger<br />
KUNSTHALLE wien, 1070 Wien,<br />
Museumsplatz 1, T. 01/521 89 33,<br />
www.kunsthallewien.at<br />
bis 13.3., Wien<br />
Wir wohnen<br />
Kunstraum Niederösterreich, 1014 Wien,<br />
Herrengasse 13, T. 01/90 42 111,<br />
www.kunstraum.net, Di.-Fr. 11.00,<br />
Sa. 11-15.00<br />
bis 16.5., Wien<br />
D<strong>an</strong>ica Dakic: Role-Taking, Role-<br />
Making<br />
Generali Foundation, 1040 Wien, Wiedner<br />
Hauptstraße 15, T. 01/504 98 80,<br />
foundation@generali.at,<br />
http://foundation.generali.at<br />
bis 24.3., Wien<br />
Corinne L. Rusch: Solo I<br />
Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien,<br />
Währingerstraße 59, T.01/408 54 62,<br />
fotogalerie-wien@wuk.at, www.wuk.at<br />
bis 26.10., Graz<br />
l[i]eben. uferlos und <strong>an</strong>dersrum<br />
Volkskundemuseum, 8010 Graz,<br />
Paulustorgasse 11-13a, T. 0316/801 798 81,<br />
volkskunde@museum-jo<strong>an</strong>neum.at,<br />
www.museum-jo<strong>an</strong>neum.at, 9-16.00<br />
4.3.-22.4., Wien<br />
HANDS ON – Photographs by four<br />
British Artists:<br />
ALIKI BRAINE, LAURA MEDLER, ANNA<br />
MOSSMAN, LINDSAY SEERS<br />
Galerie RAUM MIT LICHT, 1070 Wien,<br />
Kaiserstraße 32, galerie@raum-mitlicht.at,<br />
www.raum-mit-licht.at,<br />
Mi., Do., Fr. 14-18.00, Sa. 11-14.00<br />
14.3.-4.7., Krems<br />
Paula Modersohn-Becker: Pionierin<br />
der Moderne<br />
Kunsthalle Krems, 3500 Krems <strong>an</strong> der<br />
Donau, Fr<strong>an</strong>k-Zeller-Platz 3, T. 02732/90 80<br />
10, www.kunsthalle.at<br />
30.3.-28.4., Wien<br />
Wunderwelt. Julie Monaco (A), Chloe<br />
Potter (USA/A), Simona Reisch (A),<br />
Magda Tóthová (SK/A)<br />
Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien,<br />
Währinger Straße 59, T. 01/40 854 62,<br />
www.fotogalerie-wien.at<br />
lesung<br />
3.3., 20.00, Wien<br />
Herta Müller liest aus „Atemschaukel“<br />
Burgtheater, 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 2,<br />
literarisches.quartier@alte-schmiede.at,<br />
www.alte-schmiede.at<br />
8.3., 19.00, Wien<br />
Ruth Schweikert:„Soll und Haben des<br />
zivilen und literarischen Lebens im<br />
Jahr 2003“ und Nico Bleutge. Im Rahmen<br />
von “Doppelte Buchführung.<br />
Leben und Schreiben.”<br />
Alte Schmiede Kunstverein, 1010 Wien,<br />
Schönlaterngasse 9, T. 01/512 83 29,<br />
info@alte-schmiede.at,<br />
www.alte-schmiede.at<br />
10.3., 19.00, Wien<br />
Anna Mitgutsch:„Wenn du wiederkommst“<br />
Alte Schmiede Kunstverein, 1010 Wien,<br />
Schönlaterngasse 9, T. 01/512 83 29,<br />
info@alte-schmiede.at,<br />
www.alte-schmiede.at<br />
17.3., 19.00, Wien<br />
Barbara Frischmuth liest aus ihren<br />
neuen Fabeln „Die Kuh, der Bock, die<br />
Geiss und ihr Liebhaber“<br />
Literarisches Quartier, Alte Schmiede<br />
Kunstverein, 1010 Wien, Schönlaterngasse<br />
9, T. 01/512 83 29, info@alte-schmiede.at,<br />
www.alte-schmiede.at<br />
Montag<br />
fixtermin<br />
Offener Treff für junge Lesben … und<br />
solche, die es noch werden wollen.<br />
Treffen für Mädchen und Frauen<br />
zwischen 13 und 20 Jahren<br />
Lesbenberatung lila tipp, 1060 Wien, Linke<br />
Wienzeile 102, lesbenberatung@villa.at,<br />
www.villa.at, jeden Montag 17-19.00<br />
Diskuthek im Frauencafé<br />
Autonomes Frauenzentrum, 4020 Linz,<br />
Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200,<br />
www.frauenzentrum.at,<br />
jeden 1. Mo im Monat, 18-22.00<br />
Frauencafé<br />
Autonomes Frauenzentrum, 4020 Linz,<br />
Humboldtstr. 43, T. 0732/60 22 00,<br />
www.frauenzentrum.at, jeden Mo 18-<br />
22.00<br />
„Dykes on bikes“ Stammtisch. Der<br />
Motorradclub für Lesben<br />
7Stern Bräu, 1070 Wien, Siebensterng.19,<br />
dob@dykesonbiles.at,<br />
www.dykesonbikes.ist-im-netz.at, jeden<br />
2. Montag<br />
Encounter-Gruppe für Lesben und<br />
Frauen, die sich da nicht so sicher sind<br />
Institut Frauensache, 15., Reindorfg. 29,<br />
T. 01/89 58 440, office@frauensache.at,<br />
www.frauensache.at,<br />
jeden 2. u. 4. Mo 19.30-21.00,<br />
Anm. erforderlich, Kosten: 21,- Euro<br />
Freizeittreffpunkt des Rechtskomitees<br />
Lambda<br />
X-Bar, 6., Mariahilferstr. 45/<br />
Raimundpassage 2,<br />
office@RKLambda.at,<br />
www.rklambda.at, jeden 1. Montag<br />
„Zwischen den Welten“ –<br />
Mamazonen. Erfahrungsaustausch<br />
für lesbische [Co]Mütter<br />
Institut Frauensache, 15., Reindorfg. 29,<br />
T. 01/89 58 440, office@frauensache.at,<br />
www.frauensache.at, jeden 1. Mo 19.30-<br />
21.00, Anmeldung erforderlich,<br />
Kosten: 3,60 Euro<br />
First love. Sexualberatung für<br />
Jugendliche zwischen 12 u. 19<br />
Rudolfstiftung, Schw<strong>an</strong>geren Ambul<strong>an</strong>z,<br />
3., Juchg. 25, jeden Mo u. Mi 14-18.00<br />
Dienstag<br />
Frauencafé der Frauengruppe<br />
ABRAXA<br />
4060 Wels, Spitalhof 3, T. 07242/556 40,<br />
abraxa@goplay.com, jeden Di 14-18.00<br />
Q-motion Stammtisch<br />
Bar/Café Dacato, 4600 Wels, Bahnhof<br />
Wels, 1. Stock , www.hosilinz.at, jeden 1. Di<br />
im Monat ab 19.00<br />
Selbsthilfegruppe „Überlebt“, für<br />
Frauen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen<br />
Frauengesundheitszentrum ISIS, 5020<br />
Salzburg, Alpenstraße 48, wöchentlich<br />
jeden Di von 18-20.00; T. 0664/82 84 263,<br />
shg.ueberlebt@inode.at, Anmeldung<br />
erforderlich, kostenlos,<br />
www.akzente.net/Selbsthilfegruppen_fuer<br />
_Maedchen_un.747.0.html<br />
Babykino. Für Mütter und Väter mit<br />
Babys ein Film aus dem aktuellen Angebot,<br />
bei dem Kleinstkinder in den<br />
Kinosaal mitgenommen werden können.<br />
Votivkino, 1090 Wien, Währinger Str. 12,<br />
T. 01/317 35 71, www.votivkino.at/<br />
f-1baby.htm, jeden zweiten Di ab 11.00<br />
Modern-Afro-Latin-D<strong>an</strong>ce für Frauen<br />
aller Altersgruppen<br />
Autonomes Frauenzentrum, 9.,<br />
Währingerstr. 59/Stiege 6, 2. Stock,<br />
Info: T. 01/545 43 93<br />
ViennaMix. Verein von und für<br />
les.bi.schwul.tr<strong>an</strong>sgender<br />
Migr<strong>an</strong>tInnen in Wien<br />
Marea Alta-Keller, 6., Gumpendorferstr. 28,<br />
jeden 2. Di ab 20.00<br />
Selbsthilfegruppe „Wenn Frauen zu<br />
sehr lieben“<br />
Frauenservice, 8020 Graz, Idlhofg. 20,<br />
T. 0316/716 02 20, office@frauenservice.at,<br />
jeden Di 19.30-21.00<br />
Mittwoch<br />
Chatberatung – frauenspezifisch<br />
und <strong>an</strong>onym<br />
jeden Mittwoch von 17 bis 19.00,<br />
Terminvereinbarung unter<br />
www.frauenberatenfrauen.at –<br />
Onlineberatung<br />
Ehe ohne Grenzen, Kundgebung jeden<br />
Mittwoch, 17.00, Innenministerium<br />
Innenministerium, 1010 Wien, Herrengasse<br />
7, Info: www.ehe-ohne-grenzen.at<br />
Frauencafé<br />
Jugendzentrum Agathon,<br />
3002 Purkersdorf, Kaiser-Josef-Str. 49,<br />
Kontakt: Ulrike Putz-Alb, T. 0664/191 61 20,<br />
jeden 1. Mi ab 19.30<br />
Frauencafé<br />
Linzer Frauengesundheitszentrum, 4020<br />
Linz, Kapl<strong>an</strong>hofstr. 1, T. 0732/77 44 60,<br />
www.fgz-linz.at, jeden Mi von 16.30-18.00<br />
Tr<strong>an</strong>sgender-Treff<br />
HOSI Vereinszentrum, 5020 Salzburg,<br />
Müllner Hauptstr. 11, T. 0662/435 927-27,<br />
www.hosi.or.at, jeden 2. und 4. Mi<br />
ab 20.00<br />
Deutsch-Konversation<br />
Frauen aller Länder-Café, 6020 Innsbruck,<br />
Schöpfstr. 4, T. 0512/564 778,<br />
jeden Mi von 14-18.00<br />
Vereinscafé Anchorage.<br />
Das Café der erfüllbaren Wünsche:<br />
Offen für alle Frauen und Lesben<br />
Autonomes FrauenLesbenzentrum, 6020<br />
Innsbruck, Liebeneggstraße 15, T. 0512/580<br />
839, info@frauenlesbenzentrum.at,<br />
www.frauenlesbenzentrum.at, jeden Mi<br />
und Fr ab 20.30<br />
Gesprächsgruppe für Frauen mit<br />
sexuellen Gewalterfahrungen.<br />
Leitung: Bettina Reinisch<br />
Räumlichkeiten des Notrufs, 17.,<br />
Telefonische Anmeldung: T. 01/523 22 22,<br />
www.frauenweb.at/notruf, Dauer: 7<br />
Abende, 14-tägig, Kosten: 20,– Euro/Termin<br />
Lesben-Fußballgruppe<br />
Aufschlag-BALLerinas<br />
PAHO-Halle, 10., Jura Soyfer G. 3,<br />
Garderobe 2, aufschlag.gay.or.at,<br />
19.30-21.30<br />
Lesbengruppe<br />
HOSI-Zentrum, 2., Novarag. 40,<br />
T. 01/216 66 04, www.hosiwien.at,<br />
jeden Mi ab 19.00<br />
Offene Frauengruppe<br />
Familienberatungsstelle, 6., Kaunitzg. 33/8,<br />
T. 01/581 09 60, www.le-kri.at,<br />
Kosten: 1,50 Euro, jeden Mi 18-20.00<br />
Offene Gruppe für Alleinerzieherinnen<br />
Kontaktstelle für Alleinerzieherinnen,<br />
1., Steph<strong>an</strong>spl. 6/V/30, jeden 1. u. 3. Mi,<br />
18-20.00,<br />
Resis.d<strong>an</strong>se. FrauenT<strong>an</strong>zClub.<br />
Café St<strong>an</strong>dard, 5., Margaretenstr. 63, Infos:<br />
www.resisd<strong>an</strong>se.at, jeden Mi u. Fr ab 21.00
Sappho – Selbsterfahrungsgruppe für<br />
lesbische und bisexuelle Frauen.<br />
Leiterin: Christine Swarowsky<br />
Beratungsstelle Courage, 6., Windmühlg.<br />
15/1/7, T. 01/ 585 69 66, info@courageberatung.at,<br />
www.courage-beratung.at,<br />
14-tägig, Mi 18.30–22.00, Kosten/Abend:<br />
48,- Euro, kostenloses Vorgespräch erforderlich<br />
Donnerstag<br />
HelpChat „Halt der Gewalt“<br />
Der Helpchat www.haltdergewalt.at bietet<br />
<strong>an</strong>onyme Hilfestellung, jed. Do 20-23.00<br />
Regenbogenstammtisch Vöcklabruck<br />
Restaur<strong>an</strong>t „Zur Brücke“, 4840<br />
Vöcklabruck, Vorstadt 18,<br />
www.hosilinz.at/gruppen/<br />
hosi_regenbogenstammtisch.html, jeden<br />
Do ab 20.00<br />
Lesbenabend<br />
HOSI Vereinszentrum, 5020 Salzburg,<br />
Müllner Hauptstr. 11, T. 0662/43 59 27-27,<br />
www.hosi.or.at, jeden 1. u. 3. Do ab 19.00<br />
Salon de Femme<br />
2 Stein, 5020 Salzburg, Giselakai 9,<br />
ab 18.00<br />
Offener Abend<br />
Hosi-Lokal, 6020 Innsbruck, Innrain 100,<br />
www.queertirol.com, T. 0512/562 403,<br />
jeden Do 20.30<br />
Barbetrieb von und für Frauen/Lesben<br />
FZ-Bar, 9., Währinger Str. 56/6, Eing<strong>an</strong>g<br />
Prechtlg., T. 01/402 87 54, jeden Do<br />
u. Fr 19-24.00, bzw. nach Vor<strong>an</strong>kündigung<br />
FZ-Plenum<br />
FZ-Bar, 9., Währiger Str. 56/6,<br />
T.01/402 87 54, jeden 1. Do ab 18.30<br />
Mahnwache und Speakerscorner<br />
Treffpunkt vor dem K<strong>an</strong>zleramt zwischen<br />
20 u. 20.15, jeden Do<br />
Selbsterfahrungsgruppe für Frauen,<br />
Lesben, Mädchen!<br />
Praxis: 9., Gussenbauerg. 1/8, Anmeldung<br />
erforderlich! T. 01/283 24 90, Infos:<br />
http.://fachfrauen.wolfsmutter.com/392,<br />
Kosten: 17,- Euro, jeden Do 18-19.30<br />
Selbsthilfegruppe Anonyme Ess-<br />
Süchtige<br />
7., Stiftg. 8, T. 0676/7879144,<br />
jeden Do 19.00<br />
Treffen der „Jungen Herzen“<br />
HOSI Wien, 2., Novaragasse 40,<br />
jeden Do ab 19.00<br />
Freitag<br />
ARGE Dicke Weiber – Feministische<br />
Initiative dicker Frauen<br />
FZ-Bar im Autonomen FrauenLesben-<br />
MädchenZentrum,Währinger Straße 59/<br />
Eing<strong>an</strong>g Prechtlgasse, 1090 Wien<br />
Kontakt: argedickeweiber@gmx.at, jeden<br />
2. Fr im Monat, 17.30<br />
1. Linzer Lesbenstammtisch<br />
Café Sax, 4020 Linz, Klammstr.,<br />
www.hosilinz.at, jeden 3. Fr ab 20.00<br />
Die Grünen Andersrum OÖ- Lesben,<br />
Schwule u. TG-Personen Treffen<br />
Grünes Haus, 4040 Linz, L<strong>an</strong>dgutstraße 17,<br />
Sozialraum, jeden 1. Fr ab 19.00<br />
Linzer Gehörlosen Lesben-Schwulen-<br />
Bi Stammtisch<br />
Coffee Corner, 4020 Linz, Bethlehemstr. 30,<br />
SMS unter 0664/380 70 42, jeden 1. Fr<br />
Welser Frauen-Stammtisch –<br />
gemütlicher Frauentreffpunkt<br />
Schubert-Stüberl, 4600 Wels, Schubertstr.<br />
13, jeden 1. u. 3. Fr ab 20.00<br />
Frauencafé der Rosa-Lila-<br />
P<strong>an</strong>therinnen – der Abend für<br />
Lesben und Freundinnen<br />
Schwul-Lesbische ARGE, 8020 Graz,<br />
Annenstr. 26, www.rlp.homo.at/<br />
frauencafe, T. 0316/366 601,<br />
Fr 19-23.00<br />
Vereinscafé Anchorage.<br />
Das Café der erfüllbaren Wünsche.<br />
Offen für alle Frauen und Lesben<br />
Autonomes FrauenLesbenzentrum,<br />
6020 Innsbruck, Liebeneggstraße 15,<br />
T. 0512/580 839,<br />
info@frauenlesbenzentrum.at,<br />
www.frauenlesbenzentrum.at,<br />
jeden Mi und Fr ab 20.30<br />
Barbetrieb mit Musik, Billard,<br />
Fernsehen, Zeitschriften und mehr.<br />
Von und für Frauen/Lesben<br />
FZ-Bar, 9., Währinger Str. 56/6 Eing<strong>an</strong>g<br />
Prechtlg., T. 01/402 87 54, Do und Fr<br />
19-24.00, bzw. nach Vor<strong>an</strong>kündigung<br />
g.spot for queers to check in &<br />
freak out<br />
Subzero, 7., Siebensterng. 27,<br />
jeden 1. Fr ab 22.00<br />
Offenes Treffen feministischer<br />
Migr<strong>an</strong>tinnen<br />
Café Längenfeld, 12., Längenfeldg. 8,<br />
jeden 1. Fr<br />
Resis.d<strong>an</strong>se. FrauenT<strong>an</strong>zClub.<br />
Café St<strong>an</strong>dard, 5., Margaretenstr. 63, Infos:<br />
www.resisd<strong>an</strong>se.at, jeden Mi und Fr ab<br />
21.00<br />
First love. Sexualberatung für<br />
Jugendliche zwischen 12 u. 19<br />
Donauspital SMZ-Ost, Gyn. Ambul<strong>an</strong>z, 22.,<br />
L<strong>an</strong>gobardenstr. 122<br />
Queerul<strong>an</strong>tinnen – die neue Unigruppe.<br />
Anlaufstelle für Lesben, Feministinnen,<br />
Feizeitphilosophinnen u. <strong>an</strong>dere<br />
blümer<strong>an</strong>te Identitäten<br />
Gewi, Altes AKH, 9., Spitalg. 2-4,<br />
Kontakt: queerul<strong>an</strong>tinnen@gmx.at<br />
Samstag<br />
Frauenstammtisch – Treffen für<br />
Lesben, bisexuelle und tr<strong>an</strong>sgender<br />
Frauen und Freundinnen<br />
Lilith Frauencafe, 3504 Krems/Stein,<br />
Steiner L<strong>an</strong>dstr. 76, T. 02732/855 55,<br />
www.stammtischkrems.info<br />
/Frauen/Lilith, jeden 3. Sa ab 16.00<br />
Mostviertel Andersrum.<br />
Lesbisch/schwules Treffen<br />
mostviertel_<strong>an</strong>dersrum@hotmail.com,<br />
T. for girls 0664/655 46 94, jeden 1. Sa<br />
Orl<strong>an</strong>do-Party<br />
6., Theobaldg. 10, jeden 2. Sa ab 22.00<br />
Sonntag<br />
HOSI Sonntagsbrunch<br />
Café Steinschlag, 5020 Salzburg, Glockeng.<br />
4, Frühstücksbuffet, jeden 3. So ab 11.00<br />
Sonntagsfrühstück. Für Lesben und<br />
interessierte Frauen<br />
Frauengetriebe, 6900 Bregenz, Schillerstr.<br />
2, T. 05574/455 38, frauengetriebe@aon.at,<br />
jeden 1. So ab 10.30<br />
Weiber-Frühstück: Videos, Diskussion,<br />
Provokation, feministische Literatur,<br />
veg<strong>an</strong>es Buffet<br />
E.K.H., 10., Wiel<strong>an</strong>dg. 2-4, jeden 1. So<br />
Frauenbadeträume<br />
Badehaus Sargfabrik, 1140 Wiien,<br />
Goldschlagstr. 169, www.sargfabrik.at,<br />
Kosten: 12,90 + 4,- Euro Kosmetik, jeden<br />
3. So, 16-20.00, Einlass: 16-bis 17.00,<br />
Anmeldung möglich unter<br />
badehaus@sargfabrik.at oder T. 01/988 98<br />
111. Gerne können Sie auch spont<strong>an</strong> kommen.<br />
Infos: 0664/55 42 656<br />
Nach Vereinbarung<br />
Aus.Weg. Beim nächsten Mal wird<br />
alles <strong>an</strong>ders? Beratung und Mediation<br />
für Lesben und Schwule<br />
aus.weg, D-80469 München,<br />
Baaderstr. 36/4, www.aus-weg.de<br />
Frauenberatung<br />
Verein Frauen für Frauen Burgenl<strong>an</strong>d,<br />
7400 Oberwart, Spitalg. 5, T. 03352/338 55;<br />
7540 Güssing, Hauptstr. 26, T. 03322/430 01<br />
Psychologische, juristische und<br />
arbeitsmarktpolitische Beratung<br />
sowie Sozialberatung für Frauen<br />
Die Tür – Frauenservicestelle, 7210<br />
Mattersburg, Brunnenpl. 3/2, T. 02626/626<br />
70, 7000 Eisenstadt, Joachimstr. 11/2,<br />
T. 02682/661 24<br />
Gruppen, Kurse, Vorträge für Frauen.<br />
Auch muttersprachliche Beratung<br />
Wendepunkt, 2700 Wr. Neustadt, Raug. 16,<br />
T. 02622/825 96, Mo, Do, Fr 9-12.00,<br />
Di 17-19.00<br />
maiz – Autonomes Integrationszentrum<br />
von & für Migr<strong>an</strong>tinnen<br />
maiz, 4020 Linz, Hofg. 11, T. 0732/77 60 70,<br />
maiz@servus.at, www.servus.at/maiz,<br />
Mo u. Do 10-16.00, Di u. Mi 10-14.00<br />
Beratung im Schw<strong>an</strong>gerschaftskonflikt,<br />
zu Verhütung und Essstörungen<br />
ISIS, 5020 Salzburg, Alpenstr. 48,<br />
T. 0662/442 255, kostenlos<br />
Hotline Essstörungen des<br />
Frauengesundheitszentrums Graz<br />
Telefon zum Ortstarif: T. 0810/810 400, Mo<br />
u. Fr 10-12.00; Di u. Mi 9-12.00, Do 16-19.00<br />
Patchwork-Familien-Service<br />
Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz,<br />
Jo<strong>an</strong>neumring 3, T. 0664/231 14 99, Anmeldung<br />
erforderlich, Kosten: 5,-/10,- Euro<br />
<strong>an</strong>. künden<br />
Gar nicht traurig<br />
Katrina Daschner alias Frau Professor La Rose lädt wieder zur Brutalen Burlesque. Pomp und Glamour inklusive.<br />
Auch dabei sind Denice Fredriksson (D<strong>an</strong>dies & Darlings), Kathrin Füßl, Sabine Marte und S<strong>an</strong>dra Ortm<strong>an</strong>n<br />
(Sissy Boyz und Ärzte ohne Ängste). Anschließend gibt’s die große imaget<strong>an</strong>z-Eröffnungsfeier.<br />
Club Burlesque Brutal: La Tristesse, 5.3., 22.00, brut im Konzerthaus, 1030 Wien, Lothringerstraße 20,<br />
T. 01/587 87 74<br />
Verhütungsberatung für Mädchen<br />
und junge Frauen. Mit Monika Vucsak<br />
Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz,<br />
Jo<strong>an</strong>neumring 3, T. 0316/837 998,<br />
Anmeldung erforderlich, www.fgz.co.at<br />
abz.get ready. Die Beratungsstelle für<br />
junge schw<strong>an</strong>gere Frauen und junge<br />
Frauen mit Kind<br />
abz.austria, 8., Wickenburgg. 26/5,<br />
T. 0699/166 70 318, getready@abzaustria.at,<br />
www.abzaustria.at,<br />
Terminvereinbarung erforderlich!<br />
Beratung, Kurse, Information für<br />
geistig oder mehrfach behinderte<br />
Frauen und ihre Angehörigen<br />
Verein Ninlil, 3., Untere Weißgerberstr. 41,<br />
T. 01/714 39 39<br />
Bright Future für Frauen und<br />
Mädchen. 1. Beratungsstelle für FGM<br />
Bright Future, Afro-Asiatisches Institut,<br />
9., Türkenstraße 3, T. 01/319 26 93, Mo-Fr<br />
9-17.00, Terminvereinbarung erforderlich!<br />
Coming Out Gruppe<br />
Lila Tip, 6., Linke Wienzeile 102, T. 01/586<br />
8150, www.villa.at/lilatip/modules/news,<br />
Anmeldungen: Mi 17-20.00<br />
Einzelberatung für Frauen in<br />
Krisensituationen<br />
Anm.: F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,<br />
T. 01/476 15-5771, Erstgespräch kostenlos!<br />
Mädchenworkshop: Besuch bei der<br />
Frauenärztin. Mit Gabriele<br />
Knappitsch<br />
F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,<br />
T. 01/476 15-5771<br />
Medizinische Sprechstunde für<br />
Mädchen und Frauen mit Essstörungen<br />
F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,<br />
T. 01/476 15-57 71<br />
märz <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 47<br />
Foto: Dorit Margreiter
<strong>an</strong>. künden<br />
Progressive Muskelentsp<strong>an</strong>nung.<br />
Mit Petra Öllinger<br />
6 Abende, Infos: T. 01/597 75 54,<br />
petra.oellinger@web.de,<br />
www.petra-oellinger.at<br />
radio.fixtermin<br />
Mo 18.00-19.00<br />
Khorschid Kh<strong>an</strong>um – die persischsprachige<br />
Frauensendung<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.00 MHz (Telekabel Wien 92.7),<br />
jeden 1. Mo<br />
Di 13.00-14.00<br />
Globale Dialoge. Wom<strong>an</strong> on Air.<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.00 MHz<br />
Di 18.00-19.00<br />
Weibertalk. Eine Sendung des Frauen-<br />
Lesben Zentrums Innsbruck<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.0, jeden 2. Di monatlich<br />
Mi 18.00-18.30<br />
Frauenzimmer. Die Plattform für<br />
frauenspezifische Information<br />
Freies Radio Salzburg, FM 94.00 MHz<br />
Mi 18.00-19.00<br />
Or<strong>an</strong>gina bzw. Bauch, Bein, Po: Die<br />
Sendung für die g<strong>an</strong>ze Frau<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.00 MHz<br />
Do 18.00-19.00<br />
HOSI Lesbenradio<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.00 MHz, jeden 1. Do<br />
Fr 19.00-20.00<br />
Space FEM FM Frauenradio<br />
Radio FRO. 105.00 MHz in Linz,<br />
jeden 1., 3. u. 4. Fr<br />
48 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Bild: © FIFTITU%/femoffensive<br />
Shout out Loud!<br />
„Sei deine eigene Demo! Stell dein Radio <strong>an</strong>s Fenster<br />
und drehe es auf!“, fordert die Feministische Offensive<br />
ihre HörerInnen zum 100. Frauentag auf. Zwölf<br />
Frauen-Redaktionen aus Österreich und der Schweiz<br />
senden jeweils eine Stunde ihr Programm und werden<br />
auf allen Freien Radios ausgestrahlt.<br />
Feministische Offensive, 8.3., 07.00-19.00,<br />
http://femoffense.servus.at<br />
Fr 18.00-19.00<br />
Radio UFF. Sendung des Unabhängigen<br />
FrauenForums<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.00 MHz, jeden 1. Fr<br />
Sa 13.00-14.00<br />
Rainbow City-Radio für Lesben<br />
und Schwule<br />
Livestream: www.radiorainbowcity.de<br />
HOSI WIEN, 1020 Wien, Novaragasse 40,<br />
Kosten: 3,- Euro<br />
So 20.00-21.00<br />
Weibertalk. Eine Sendung des Frauen-<br />
Lesben Zentrums Innsbruck<br />
Freies Radio Innsbruck FREIRAD 105.9MHz<br />
und im Netz von UPC Tirol auf 88,80MHz,<br />
jeden 1. So<br />
aktivitäten<br />
Do, 17.30-20.45, Wien<br />
SAPPHO – Psychotherapeutische<br />
Gruppe für lesbische und bisexuelle<br />
Frauen. Das zufriedene les-bi-sche Ich<br />
bin Ich<br />
Beratungsstelle COURAGE, 1060 Wien,<br />
Windmühlgasse 15/1/7, 14tägig jeweils<br />
Donnerstag (4 Therapieeinheiten), Kosten:<br />
Euro 48,- pro Abend, Anmeldung:<br />
www.courage-beratung.at, T. 01 / 585 69 66,<br />
info@courage-beratung.at<br />
2., 9.3., 15-18.00, Wien<br />
Deine Designlampe<br />
Sprungbrett, 1150 Wien, Pilgerimgasse 22-<br />
24/1/1, T. 01/789 45 45,<br />
sprungbrett@sprungbrett.or.at,<br />
www.sprungbrett.or.at<br />
19.3., 19-24.00, Wien<br />
Orientalischer Badeabend für Frauen<br />
Badehaus Sargfabrik, 1140 Wien,<br />
Goldschlagstraße 169, T. 01/988 98 131,<br />
badehaus@sargfabrik.at,<br />
www.sargfabrik.at<br />
23.3., 15-18.00, Wien<br />
Girls, Girls, Girls. Der Badenachmittag<br />
für Mädchen<br />
Badehaus Sargfabrik, 1140 Wien,<br />
Goldschlagstraße 169, T. 01/988 98-131,<br />
badehaus@sargfabrik.at,<br />
www.sargfabrik.at<br />
28.3., 16-20.00, Wien<br />
Frauenbadeträume. Entsp<strong>an</strong>nen -<br />
pflegen - genießen<br />
Badehaus Sargfabrik, 1140 Wien,<br />
Goldschlagstraße 169, T. 01/988 98-131,<br />
badehaus@sargfabrik.at,<br />
www.sargfabrik.at<br />
7.4., 19-24.00, Wien<br />
Venus im Bade. Wohlfühlabend für<br />
Frauen und ihre Freundinnen<br />
Badehaus Sargfabrik, 1140 Wien,<br />
Goldschlagstraße 169, T. 01/988 98-131,<br />
badehaus@sargfabrik.at,<br />
www.sargfabrik.at<br />
Selbstverteidigung<br />
20., 21.3., 10-19.00, Wien<br />
Wen Do Grundkurs. Gegen Sexismus<br />
h<strong>an</strong>deln<br />
FZ, Autonomes feministisches<br />
FrauenLesbenMädchen-Zentrum, 1090<br />
Wien, Währingerstraße 59/Stiege 6, 2.<br />
Stock, T. 01/408 50 57, Anmeldung durch<br />
Überweisung der Kurskosten bis 10.3.<br />
10., 11.4., 10-19.00, Wien<br />
Wen Do Schwerpunkt: Eingreifen<br />
gegen Rassismus<br />
FZ, Autonomes feministisches<br />
FrauenLesbenMädchen-Zentrum, 1090<br />
Wien, Währingerstraße 59/Stiege 6, 2.<br />
Stock, T. 01/408 50 57, Anmeldung durch<br />
Überweisung der Kurskosten bis 31.3.,<br />
Erfahrungen eines Wen Do-Grundkurses<br />
wären gut, sind aber keine Voraussetzung<br />
‘<br />
frauentag<br />
8.3., 15-23.00, Berlin<br />
Den Frauentag im Hamam feiern<br />
Frauenzentrum Schokofabrik e.V., 10997<br />
Berlin, Treffpunkt: Türkisches Bad, Hamam,<br />
Mari<strong>an</strong>nenstraße 6, T. +49/30/615 14 46,<br />
frauenzentrum@schokofabrik.de,<br />
www.schokofabrik.de,<br />
www.hamamberlin.de<br />
8.3., 19.00, Berlin<br />
Internationaler Frauentag. Szenische<br />
Lesung der 36 Ladies: Mittel … klein …<br />
GROSS<br />
Frauenzentrum Schokofabrik e.V., 10997<br />
Berlin, Treffpunkt: Café Mari<strong>an</strong>ne,<br />
Mari<strong>an</strong>nenstraße 6,<br />
frauenzentrum@schokofabrik.de,<br />
www.schokofabrik.de<br />
8.3., 7-19.00, Österreich/Schweiz<br />
100 Jahre Internationaler Frauentag<br />
im Freien Radio<br />
http://femoffensive.servus.at<br />
Redaktionsschluss<br />
Termine 04/10: 9.3.<strong>2010</strong><br />
termine@<strong>an</strong>schlaege.at<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> im April<br />
film<br />
Im Bazar der Geschlechter<br />
Sexualpolitiken im Ir<strong>an</strong>: Interview mit Doku-Regisseurin<br />
Sudabeh Mortezai<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> gibt’s z. B. in folgenden Buchh<strong>an</strong>dlungen<br />
Fachbuchh<strong>an</strong>dlung ÖGB<br />
Kuppitsch<br />
Morawa<br />
Winter<br />
Frick International<br />
tiempo<br />
Facultas<br />
Lhotzkys Literaturbuffet<br />
Buchh. Polycollege<br />
phil<br />
Südwind<br />
Tabak Trafik Brosenbauch<br />
Riedl<br />
Löwenherz<br />
Südwind<br />
Infoladen Infomaden<br />
Infoladen Treibs<strong>an</strong>d<br />
Kulturver. Waschaecht<br />
Rupertusbuchh<strong>an</strong>dlung<br />
Wagnersche Buchh.<br />
Amazone-Zentrum<br />
Berta – Bücher & Produkte<br />
KiG<br />
Hacek-Bücherei<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong><br />
T V<br />
1010<br />
1010<br />
1010<br />
1010<br />
1010<br />
1010<br />
1010<br />
1020<br />
1050<br />
1060<br />
1070<br />
1070<br />
1080<br />
1090<br />
1090<br />
1100<br />
4040<br />
4600<br />
5020<br />
6020<br />
6900<br />
8020<br />
8020<br />
9020<br />
29.03.,<br />
21.00<br />
AUF OKTO<br />
WEBSTREAM:<br />
WWW.OKTO.TV<br />
und auch in vielen deutschen Städten<br />
Rathausstr. 21<br />
Schottengasse 4<br />
Wollzeile 11<br />
Rathausstr. 18<br />
Schulerstr. 1-3<br />
Joh<strong>an</strong>nesgasse 16<br />
Universitätsstr. 7<br />
Taborstr. 28<br />
Reinprechtsdorferstr. 38<br />
Gumpendorferstr. 10-12<br />
Mariahilferstr. 8<br />
Kaiserstraße 96<br />
Alser Str. 39<br />
Berggasse 8<br />
Schwarzsp<strong>an</strong>ierstr. 15<br />
Wiel<strong>an</strong>dgasse 2-4<br />
Rudolfstr. 17<br />
Dragonerstr. 22<br />
Dreifaltigkeitsg. 12<br />
Museumstr. 4<br />
Brockm<strong>an</strong>ng. 15<br />
Siebenundvierzigerg. 27<br />
Feuerbachgasse 25<br />
Paulitschgasse 5/7<br />
www.<strong>an</strong>schlaege.at<br />
www.myspace.com/<strong>an</strong>schlaege
Der Grüne Frauenbericht<br />
<strong>2010</strong> ist da!<br />
Raus aus der Krise!<br />
Frauenleben in Österreich<br />
Grüner Frauenbericht <strong>2010</strong><br />
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Nähere Infos sowie die UnterstützerInnenplattform „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auf www.frauen.spoe.at
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aboni<br />
paroli!<br />
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<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> Nr. 03/10, 24. Jahrg<strong>an</strong>g, e 3,8 (Ö) e 4,8 (D) sfr 9,- , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M