März 2010 (PDF) - an.schläge
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ge. sehen<br />
Tr<strong>an</strong>s-Formiert!<br />
„DesTravArte“, das erste Festival für Tr<strong>an</strong>s-Kunst und Forum für Tr<strong>an</strong>s-Aktivist_innen in Buenos Aires,<br />
war phänomenal, meint Daphne Ebner.<br />
http://festivaldestravarte.blogspot.com<br />
44 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> märz <strong>2010</strong><br />
Vom 14. bis zum 16. Dezember<br />
2009 f<strong>an</strong>d das „DesTravArte – 1º<br />
Encuentro de Arte Tr<strong>an</strong>s de Buenos<br />
Aires 2009“ statt, das erste<br />
Festival für Tr<strong>an</strong>s-Kunst und Forum<br />
für Tr<strong>an</strong>s-Aktivist_innen aus allen<br />
Bereichen der Tr<strong>an</strong>s-Bewegungen aus<br />
Argentinien, Brasilien und Uruguay. Über<br />
1.000 Besucher_innen bescherten der<br />
Org<strong>an</strong>isationsgruppe eine phänomenale<br />
Premiere.<br />
Das dynamische Festivalprogramm<br />
spiegelte gekonnt die zwei<br />
wichtigsten Anliegen des Tr<strong>an</strong>s-Kollektivs<br />
wider: Einerseits ging es darum,<br />
auf die schwierige Lebenssituation von<br />
Tr<strong>an</strong>s-Personen in Südamerika aufmerksam<br />
zu machen, <strong>an</strong>dererseits, sich<br />
einem breiten Publikum in seiner<br />
g<strong>an</strong>zen glamourösen Vielseitigkeit und<br />
Kreativität zu zeigen.<br />
Zwischen Gewalt und Glamour.. Das Festivalprogramm<br />
umfasste Konzerte, Lesungen,<br />
eine Kunstausstellung und<br />
Theaterinszenierungen – darunter ein<br />
Aufklärungstheater von und für tr<strong>an</strong>ssexuelle<br />
Sexarbeiterinnen, das mit einem<br />
unschlagbar satirisch-bissigen<br />
Tonfall die wichtigsten Fragen zu AIDS-<br />
Prävention, Silikoneinlagen und Risiken<br />
bei der Selbstmedikation mit Hormonen<br />
klärte. Zu sehen waren auch Kurzfilme,<br />
die meisten davon Dokumentationen<br />
über die Arbeits- und Lebensbedingungen<br />
von Tr<strong>an</strong>s-Frauen in Argentinien.<br />
So erzählt beispielsweise der 2009<br />
entst<strong>an</strong>dene Doku-Film „Tamara“ (Regie:<br />
Hernán Bonfiglio) vom Leben der<br />
gleichnamigen Sexarbeiterin auf dem<br />
Straßenstrich in Constitución bis zu ihrer<br />
Ermordung durch einen bis heute<br />
nicht gefassten bzw. nicht gesuchten<br />
Täter. Die Straflosigkeit bei Gewaltverbrechen<br />
<strong>an</strong> Tr<strong>an</strong>s-Personen ist hoch und<br />
eine der vielen Folgen des nicht vorh<strong>an</strong>denen<br />
öffentlichen Interesses.<br />
Die Tr<strong>an</strong>s-Gemeinde nutzte das<br />
Festival aber auch, um mit Stolz zu zeigen,<br />
dass sie nicht nur Opfer von<br />
Schutzlosigkeit und Repression ist.<br />
Hochstimmung herrschte zum Beispiel,<br />
als die Designerin Valeria Licciardi ihre<br />
aktuelle Modekollektion mit Tr<strong>an</strong>s-Frauen<br />
präsentierte und sie so bewusst in<br />
ihrer Schönheit und erotischen Anziehungskraft<br />
inszenierte. Licciardi formulierte<br />
damit geschickt eine Antwort auf<br />
die gesellschaftliche Doppelmoral gegenüber<br />
Tr<strong>an</strong>s-Frauen, die sich gerne<br />
über die Körper von Tr<strong>an</strong>s-Personen als<br />
„unnatürlich“ oder „monströs“ lustig<br />
macht, während die nachts gut besuchten<br />
Straßenstriche belegen, dass Tr<strong>an</strong>s-<br />
Frauen durchaus im sexuellen Begehren<br />
der Gesellschaft vorkommen.<br />
Identidad de Género. Den Kern des Festivalprogramms<br />
bildeten jedoch die öffentlichen<br />
Gesprächsrunden. Eröffnet<br />
wurden diese durch eine Ver<strong>an</strong>staltung<br />
zum Thema „Ley de Identidad de Género“,<br />
einem aktuellen Gesetzesentwurf<br />
zur Gender-Identität, über den nächstes<br />
Fotos: Romina Morozovich<br />
Jahr in Argentinien und Uruguay abgestimmt<br />
werden soll. Das neue Gesetz<br />
soll es Tr<strong>an</strong>s-Personen künftig erlauben,<br />
ihren Namen und die registrierten Daten<br />
zu ihrer Person in einem unkomplizierten,<br />
außergerichtlichen Verfahren<br />
ihrem Gender, das heißt ihrem real gelebten<br />
Geschlecht, <strong>an</strong>zupassen und innerhalb<br />
von neunzig Tagen einen neuen,<br />
aktualisierten Pass zu erhalten.<br />
Auf dem Festival entwickelt und<br />
vorgestellt wurde das Projekt der<br />
sozialistischen Abgeordneten Silvia<br />
Augsburger und Marcela Romero, Vorsitzende<br />
von ATTTA (Asociación de Travestis,<br />
Tr<strong>an</strong>sexuales y Tr<strong>an</strong>sgénero Argentinas).<br />
Romero ist die erste Tr<strong>an</strong>s-Frau<br />
Argentiniens, die nach jahrel<strong>an</strong>gem<br />
Kampf im August 2009 erfolgreich ihre<br />
Identität als Frau durch einen neuen<br />
Personalausweis bestätigt bekam.<br />
„Keinen Ausweis zu haben bedeutet<br />
für uns die Verweigerung des Grundrechts<br />
auf unsere Identität “, so Marcela<br />
Romero.„Neben dem psychischen Druck<br />
versperrt es uns außerdem den Zug<strong>an</strong>g<br />
zum öffentlichen Gesundheits- und Erziehungswesen,<br />
zum Arbeitsmarkt, zum<br />
Anspruch auf Rente und Sozialversicherung<br />
und macht jede Art von Vertragsabschlüssen<br />
unmöglich. Sogar um zu<br />
wählen, müssen wir uns in die Schl<strong>an</strong>ge<br />
der Männer stellen. Für die Tr<strong>an</strong>s-Personen<br />
hat die Demokratie noch nicht begonnen.<br />
Wir leben wie während der Diktatur,<br />
unter der systematischen Verletzung<br />
unserer Menschenrechte.“ ❚