Türkische Demonstrativa. Eine empirische Untersuchung zu den ...

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Foto genau anzuschauen. Dadurch entstand ein besonders schneller Durchgang der Untersuchung mit meist einem Ergebnis, in dem das Pronomen bu häufig bis sehr häufig auftauchte. Diese hohe Verwendung von bu, wirft die Frage auf, welche Rolle die Präsentation der Fotos spielt. Die Fotos sollten eine möglichst natürliche Situation darstellen und unterschieden sich demnach von denen in der Untersuchung von Peeters und Özyürek. In den Fotos war durchaus mehr zu sehen, als nur die Personen und das Objekt, auch das Umfeld war gut zu erkennen. Daraus könnte man schließen, dass sich die Probanden eventuell mehr auf die Umgebung konzentriert haben, und dadurch nicht mehr den Blickpunkt auf die Sprecher- Hörer-Objekt Konstellation hatten. Ein weiterer Faktor ist die Darstellung von Nähe und Ferne auf den Fotos. Es wurde darauf geachtet, dass der Proband möglichst dieselbe Entfernung zu dem Objekt hat, wie der Sprecher auf dem Foto. Jedoch hat sich bei dem Feedback nach der Untersuchung herausgestellt, dass kaum einer der Probanden erkannt hat, dass die Objekte in unterschiedlicher Entfernung zu Sprecher und Hörer standen. Man könnte also sagen, dass die Distanz auf den Fotos nicht deutlich genug dargestellt ist. Versucht man aber die Begriffe Nähe und Distanz zu definieren, fällt auf, dass Nähe und Entfernung relativ sind, jeder nimmt nah und fern anders wahr. Müsste man also eine Definition für Distanz aufstellen, wie würde diese lauten? Eine Möglichkeit bestünde darin, zu behaupten, dass Objekte in naher Umgebung erreichbar sind, während Objekte in Entfernung unerreichbar sind. Dies wäre also eine Basis, um Distanz zu definieren. Alles was man erreichen und berühren kann, nimmt man als nah wahr, während alles, was unerreichbar und nicht zu berühren ist als weit empfunden wird (Kemmerer 1999). Geht man nun von dieser Behauptung aus und schaut sich die Fotos in meiner Erhebung nochmals an, fällt auf, dass in sechs „Weitszenarien“ die Objekte immer erreichbar sind. In den restlichen Szenarien, die sich größtenteils draußen abspielen (zum Beispiel im Garten oder an der Straße) sind die Objekte weder für den Sprecher noch für den Hörer erreichbar. Also müsste sich hier die Verwendung von bu reduzieren, jedoch ist dies in den Ergebnissen nicht festzustellen. In diesem Fall muss also davon ausgegangen werden, dass diese Definition von Distanz nicht zutrifft. Somit stellt sich die Frage was das Phänomen Distanz ist und wie es überprüft werden könnte. Eine weitere interessante Beobachtung ist die Aussage eines Probanden, der nach der Untersuchung sagte, dass er immer dann, wenn der Hörer seine Aufmerksamkeit auf dem Objekt hatte, bu verwendet habe und wenn die Aufmerksamkeit nicht auf dem Objekt lag şu benutzt habe. Auf meine Frage hin, wieso er es gerade so gemacht habe und nicht 32
andersherum, oder o benutzt habe, enthielt ich die Antwort, dass es halt so wäre, und er es aus dem Bauch heraus entschieden habe. 7 Fazit Diese Untersuchung stützt die bisherigen Studien von Asli Özyürek und Aylin Küntay (1998, 2002, 2006) und David Peeters (2011), die behaupten, dass das türkische Demonstrativsystem nicht nur abhängig von einem Distanzkontrast ist, sondern auch von der gemeinsamen Aufmerksamkeit. Somit können die vorher aufgestellten Hypothesen unter Punkt 5 angenommen werden. Wichtig ist dabei besonders die dritte Hypothese. In der Untersuchung von Peeters und Özyürek zeigen die Ergebnisse, dass das Demonstrativum şu verwendet wird, wenn das Objekt weiter weg ist, wohingegen sich in der vorliegenden Untersuchung herausstellt, dass şu unabhängig von der Entfernung des Objekts, lediglich von dem Aufmerksamkeitsparameter abhängig ist. Aufgrund dessen wird die Behauptung von Peeters und Özyürek in der vorliegenden Untersuchung nicht bestätigt. Das türkische Demonstrativsystem lässt sich wie folgt definieren: 1. Bu wird verwendet, wenn sich ein Objekt in unmittelbarer Nähe zu Sprecher und Hörer befindet. 2. O wird verwendet, wenn sich ein Objekt weiter weg von Sprecher und Hörer befindet. 3. Şu wird verwendet, wenn sich die Aufmerksamkeit des Adressaten nicht auf dem Objekt befindet; die Entfernung des Objekts spielt für die Verwendung von şu keine Rolle. Somit kodiert şu keine Distanzkontraste. Natürlich ist davon auszugehen, dass die Verwendung von bu und o auch von einem Aufmerksamkeitsparameter abhängig ist, da schließlich die Aufmerksamkeit des Adressaten auf dem Objekt liegen muss. Ausblick Ausgehend von der vorliegenden Untersuchung und die Diskussionspunkte berücksichtigend, ist es ersichtlich, dass weitere Studien bezüglich des türkischen Demonstrativsystems notwendig sind. Auch wenn meine Studie die bisherigen insoweit bestätigt, dass das türkische 33
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