16.10.2012 Aufrufe

Was hat diese Stadt der Welt eigentlich getan?

Was hat diese Stadt der Welt eigentlich getan?

Was hat diese Stadt der Welt eigentlich getan?

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

www.GLVerlag.de GL KOMPAKT Nr. 02<br />

44<br />

FHDW-Finanzexperte zum Europäischen Rettungsschirm<br />

„Das Ganze ist ein Agieren unter<br />

höchster Unsicherheit.“<br />

Andreas Dartsch (Foto) ist Professor<br />

<strong>der</strong> Betriebswirtschaft und lehrt an<br />

<strong>der</strong> Fachhochschule <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

(FHDW), die auch in Bergisch Gladbach<br />

einen Standort <strong>hat</strong>. Daneben ist<br />

er für eine Beratungsgesellschaft für<br />

Risikomanagement tätig.<br />

Dartsch war von 2000 bis 2007<br />

Bereichsleiter <strong>der</strong> Abteilung Risk<br />

Management bei <strong>der</strong> Nationalbank<br />

in Essen, danach leitete er die Kreditrisikostreuung<br />

bei Sal. Oppenheim.<br />

.Zuletzt war er nach Übernahme durch<br />

die Deutschen Bank Managing Director<br />

Risk Management für Deutschland<br />

und Luxemburg.<br />

Im Sommer soll <strong>der</strong> Rettungsfonds <strong>der</strong> Eurolän<strong>der</strong><br />

die finanziell angeschlagenen Staaten in<br />

<strong>der</strong> Eurozone unterstützen.<br />

Der Europäisch Stabilitätsmechanismus (ESM) soll mit dem<br />

Fonds Gel<strong>der</strong> bereitstellen, um den finanziellen Spielraum<br />

<strong>der</strong> Eurolän<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> herzustellen, die aktuell o<strong>der</strong> in Zukunft<br />

Probleme mit <strong>der</strong> Bonität haben. Der auf Dauer angelegte<br />

Fonds soll im Juli stehen und insgesamt mit 500 Milliarden<br />

Euro ausgestattet sein. Darin enthalten ist sowohl<br />

Barkapital, das die Län<strong>der</strong> direkt einzahlen als auch weiteres,<br />

abrufbares Kapital. Deutschland ist mit dem größten<br />

Anteil dabei. 21,75 Prozent des Fonds werden von Berlin<br />

aus bereitgestellt. Insgesamt sind das 22 Milliarden Euro<br />

an bar eingezahltem Geld und noch mal 168 Milliarden<br />

Alle reden über den ESM, aber kaum<br />

einer weiß, was da wirklich passiert.<br />

Können Sie uns erklären, wie <strong>der</strong> ESM<br />

eine Staatskrise wie in Griechenland<br />

in Zukunft verhin<strong>der</strong>n soll?<br />

Dartsch: Es geht um Bürgschaften und Notfallkredite.<br />

Und eine Bürgschaft ist ja nichts<br />

an<strong>der</strong>es als das Verleihen einer Bonität. Das<br />

heißt, die Gesamtheit <strong>der</strong> Euro-Zone bürgt für<br />

einen Staat, damit es <strong>diese</strong>m ermöglicht wird,<br />

an neue finanzielle Mittel zu kommen. Damit<br />

aber alle Eurostaaten zusammengefasst die<br />

beste Bonitätseinstufung erhalten, muss es<br />

eine so genannte Übersicherung geben. Das<br />

heißt, es muss mehr Geld bereitgestellt werden,<br />

als gem. gegenwärtigen Überlegungen<br />

gebraucht wird.<br />

Klingt doch vernünftig, warum sind<br />

so viele Menschen unsicher, ob das<br />

<strong>der</strong> richtige Weg ist?<br />

Dartsch: Es ist ein Agieren unter höchster<br />

Unsicherheit. Keiner weiß, an welchem<br />

Punkt <strong>der</strong> Entwicklung wir gerade sind. Ob<br />

es nicht vielleicht schon zu spät ist. Aber<br />

wenn man Verantwortung übernehmen will,<br />

muss man agieren. Entwe<strong>der</strong> so o<strong>der</strong> so. Ob<br />

es <strong>der</strong> richtige Weg ist, das weiß im Moment<br />

wohl wirklich niemand. Die Analogie<br />

ist <strong>der</strong> Fall <strong>der</strong> Lehmann Bank in New York.<br />

Der Staat <strong>hat</strong>te die Rettung einer weiteren<br />

Rettungsfonds ab Sommer 2012<br />

insolvenzbedrohten Bank abgelehnt und bis<br />

drei Tage nach <strong>der</strong> Insolvenz glaubten alle,<br />

dass es ganz gut läuft. Dann begann eine<br />

weltweite Kettenreaktion und hinterher sind<br />

wir zu <strong>der</strong> Aussage gekommen, man hätte<br />

die Bank nicht in die Insolvenz gehen lassen<br />

sollen.<br />

Gibt es weitere Beispiele, die eine Einschätzung,<br />

ob das Vorgehen richtig<br />

o<strong>der</strong> falsch ist, leichter machen?<br />

Dartsch: Ich nehme mal ein Beispiel aus einem<br />

ganz an<strong>der</strong>en Bereich. Der Yosemite-<br />

Nationalpark in den USA. Über Jahrzehnte<br />

<strong>hat</strong> man hier intensive Brandschutzvorsorge<br />

betrieben – mit dem Ziel, einen Großbrand<br />

zu verhin<strong>der</strong>n. Dann ist 2008 <strong>der</strong> Blitz eingeschlagen<br />

und es kam zur größten Feuerkatastrophe,<br />

die man dort je erlebt <strong>hat</strong>. Es fehlten<br />

die bereinigenden kleinen Feuer zwischendurch,<br />

die den Wald resistenter gemacht hätten.<br />

Im Moment versucht man in Europa eine<br />

ähnliche Prophylaxe zu betreiben, durch eine<br />

Beruhigung <strong>der</strong> Märkte. Das ist viel Psychologie,<br />

doch niemand weiß, was passiert, wenn<br />

<strong>der</strong> Funke doch überspringt. Und wir sind,<br />

wenn wir alle Zahlen zusammenrechnen,<br />

mittlerweile bei zwei Billionen Euro, die im<br />

Rahmen <strong>der</strong> ESM bereitgestellt wurden. Und<br />

da stellt sich die Frage: Kann ein Staatshaushalt<br />

das verkraften?<br />

Euro, die bei akuter<br />

Notlage abgerufen<br />

werden können.<br />

Zum Vergleich: Der<br />

vom Bundestag beschlossene<br />

Haushalt<br />

für Deutschland in 2012 sieht Ausgaben von insgesamt<br />

306,2 Milliarden Euro vor – inklusive <strong>der</strong> Neuverschuldungen.<br />

Der ESM soll im Juli den bisherigen Rettungsfonds ablösen.<br />

Es gibt verschiedene Meinungen darüber, ob das Geld<br />

reicht, um zukünftige Staatspleiten zu verhin<strong>der</strong>n. Im März<br />

treffen sich die EU-Regierungschefs, um darüber zu entscheiden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!