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Italien-Reiseberichte zum Lesen und Herunterladen (pdf; 0,90 MB)

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erzählt, nur leider muss sie flüstern.<br />

Gerade erklingt der Hochzeitsmarsch <strong>und</strong> wir nehmen in der Krypta Deckung. Dies ist meine erste<br />

Kirchenbesichtigung mit Hochzeit <strong>und</strong> ich danke der ENIT nochmals für diese perfekte Inszenierung.<br />

Sankt Michael als Erzengel der himmlischen Heerscharen war ein Krieger wie die Langobarden auch,<br />

die sich mit ihm identifizierten <strong>und</strong> deshalb die Kirche ihm geweiht haben. Faszinierend ist das große<br />

silberne Kruzifix aus dem 10.Jahrh<strong>und</strong>ert, das hier verwahrt wird: Es zeigt - dem Volto Santa in Lucca<br />

bzw. dem Imervard-Kreuz in Braunschweig ähnlich - einen lebensbejahend aufschauenden, aufrecht<br />

Stehenden statt einen leidenden Jesus dazu in Lucca mehr).<br />

Wir müssen uns beeilen, denn Pavias Kirchen (wer weiß warum) schließen um 12 Uhr. Schnell gehen<br />

in den Straßen fällt schwer, denn sie sind überwiegend mit Kieselsteinen aus dem Ticino gepflastert.<br />

Der Augustinermönch steht schon mit seinem Telefonino vor San Pietro in Ciel d'Oro von 1132, die so<br />

heißt, weil ursprünglich eine goldene Decke geplant war. Hier werden die Gebeine des Heiligen<br />

Augustinos verwahrt, die Langobardenkönig Luitprand 722 aus Sardinien herschaffen ließ. Der<br />

Altaraufsatz, in dem der Schrein steht, ist ein einzigartiges Meisterwerk.<br />

Am 28.August wird der Schrein geöffnet, für den vier Menschen einen Schlüssel besitzen. Seit Papst<br />

Benedikt XVI. dieser Prozedur beiwohnte, wird der gesamte Augustiner-Konvent hier wieder belebt.<br />

An die Fassade der Kirche ist die Gendarmarie angemauert - das gibt Sicherheit. Das Westwerk von<br />

San Pietro in Ciel d'Oro wirkt asymetrisch, <strong>und</strong> auch dafür hat Caterina eine Erklärung parat: Auch<br />

eine Kirche sollte nicht zu perfekt sein!<br />

Caterina führt uns auf dem Weg <strong>zum</strong> Mittagessen noch an dem Schloss der Visconti vorbei, in dem<br />

sich heute ein Museum befindet. An das Schloss schloss sich früher ein acht Kilometer langer Park<br />

an, der bis zur Certosa di Pavia reichte - wir besuchen sie am Nachmittag. Weiter führt der<br />

Stadtspaziergang an der Universität vorbei. Sie verschachtelt sich in mehreren hinter einander<br />

liegenden Arkaden umsäumten Höfen. Dabei lag das Hospital zu Forschungszwecken direkt neben<br />

der medizinischen Fakultät. Alessandro Volta, dem mit der Batterie, ist ein Denkmal gewidmet. In<br />

jüngere Zeit hat die Uni Pavia <strong>zum</strong> Beispiel den Wirtschafts-Nobelpreisträger Carlo Rubbia<br />

hervorgebracht.<br />

Wir bew<strong>und</strong>ern die erhalten gebliebenen Geschlechtertürme - in einem von ihnen ist heute ein<br />

Restaurant. Eine Konditorei bietet Vera Torta Paradiso an, <strong>und</strong> auf meine Frage, was das wohl sei,<br />

erfahre ich: ein Miracoli - ein W<strong>und</strong>er! Jemand wollte die Stadt erobern <strong>und</strong> in Schutt <strong>und</strong> Asche legen,<br />

da habe man ihm diesen Kuchen gebacken, der ihm so gut schmeckte, dass er Pavia verschonte.<br />

Okay: eine Legende.<br />

Renata Crotti erwartet uns im Ristorante Bardelli direkt am Fluss mit herrlichem Blick auf die Ponte<br />

Coperto. Crotti ist Landrätin für Tourismus in der Provinz Pavia <strong>und</strong> eine wahre Poetin. Das Vorwort<br />

<strong>zum</strong> Stadtporträt ist Dichtung par excellence: "Der Dunst der Morgenröte hat sich noch nicht ganz<br />

verzogen, als der leichte Schritt, das lautlose Rad <strong>und</strong> der Atem des Rosses in die schwebende<br />

Wirklichkeit einer Landschaft einzieht, wo sich Tradition, Geschichte <strong>und</strong> Natur vermischen <strong>und</strong> ein auf<br />

der Welt einzigartiges Gewebe aus Farben bildet."<br />

Sonst läuft das Gespräch mit Bodenhaftung. Auch sie beklagt, das H<strong>und</strong>ebesitzer die Geschäfte ihrer<br />

liebsten Vierbeiner in den Flussauen verrichten lassen. Auch sie beklagt, dass der Ticino alle fünf<br />

Jahre über seine Ufer tritt <strong>und</strong> das "Bardelli" dann unter Wasser setzt - der Kellner bringt wie bestellt<br />

das Aqua Alta Beweisfoto. Aber alle zusammen loben wir die Pavaneser Küche <strong>und</strong> eine Erfindung<br />

namens "Grancio da tavola per borsetta da signora", eine Halterung für Damenhandtaschen am Tisch,<br />

um sie nicht über die Stuhllehne hängen zu müssen - una novita di Pavia, scherzt Renata, denn<br />

gesichert ist das natürlich nicht.<br />

Pavia unternimmt enorme Anstrengungen zur Ankurbelung des Tourismus. Dazu gehört die<br />

Einbeziehung der Francigena ebenso wie Nachwuchsarbeit. Crotti hat ein Treffen mit Studentinnen<br />

der Tourismuswirtschaft organisiert, die uns allerhand Fragen stellen.<br />

Einen Lokalredakteur der hiesigen Zeitung haben sie auch mitgebracht, <strong>und</strong> wir verankern das Thema<br />

"800 Jahre Otto IV." In der lombardischen Tagespresse. Pavia ist Partnerstadt von Hildesheim <strong>und</strong><br />

man unterhält einen regen Austausch von Tourismus-Studenten. Wieder was gelernt.<br />

Unser Treffen findet auf der besagten überdachten Brücke statt. Solche kannte ich bislang nur aus<br />

dem Kino: Meryl Streep <strong>und</strong> Clint Eastwood, der die "Brücken am Fluss" fotografiert. Die von Pavia<br />

gab es schon 1400 <strong>und</strong> etwas, die Francigena verläuft drüberweg <strong>und</strong> im Zweiten Weltkrieg wurde sie<br />

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