Italien-Reiseberichte zum Lesen und Herunterladen (pdf; 0,90 MB)
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Zuallererst: Es war eine Bildungsreise <strong>und</strong> kein Urlaub. Hatten wir anfangs gehofft, abseits der<br />
Strecke auch einmal ein wenig ausspannen zu können, mussten wir bald erkennen, dass die Überfülle<br />
an neuen Eindrücken, die wir aufnehmen <strong>und</strong> verarbeiten mussten, kaum Freizeit zuließ.<br />
Der Tagesablauf sah so aus, dass ich morgens früher raus musste als zu Hause, wenn’s ins Büro<br />
geht. Es folgten Vorbereitungen auf den Tag, Einlesen in die Stationen, Kartenstudium, Kurs <strong>und</strong><br />
Kleidung festlegen, Ziel orten (wo legen wir heute Abend an)- wie beim Segeltörn, nur um das Wetter<br />
mussten wir uns nicht kümmern, das stimmte immer! Heißer dürfte es nicht sein, <strong>und</strong> ich kann<br />
empfehlen, diese Jahreszeit für eine solche Reise zu wählen.<br />
Nach dem Frühstück saß meistens schon ein Fremdenführer an der<br />
Rezeption, der ein Dreitages-Besichtigungsprogramm im Gepäck hatte,<br />
da musste erst mal abgespeckt werden; einigen mussten wir erzählen,<br />
was unser Interesse war, nämlich das zu sehen, was Otto sah - die<br />
wenigsten waren darauf vorbereitet, bisweilen wollten die örtlichen<br />
Fremdenverkehrsbüros ihr ganzes Schaufenster ausleuchten. Manchmal<br />
hatten sie die Mittagspause eingeplant, manchmal wartete im nächsten<br />
Ort aber schon der nächste Guide. So ging’s im Schweinsgalopp die Via<br />
Fancigena entlang. Die war für uns die ganz große Entdeckung,<br />
landschaftlich, historisch, religions- <strong>und</strong> kommunikationsgeschichtlich. Wir haben zugesehen, dass wir<br />
so gegen 18 Uhr unser nächstes Quartier erreichten, uns dort installierten <strong>und</strong> ich zu schreiben<br />
begann. Vor 21 Uhr kamen wir nie <strong>zum</strong> Abendessen. Danach war ich ziemlich platt.<br />
Unterwegs waren wir r<strong>und</strong> 1100 Kilometer <strong>und</strong> haben 50 Stationen<br />
besucht, sechs davon waren allerdings Städteführungen, in denen wir<br />
5-6 Orte angelaufen sind, so dass wir sicher 75 Stätten besichtigt<br />
haben. Was war diese Reise für mich? In jedem Fall anstrengend <strong>und</strong><br />
lohnend zugleich, ein Lehrstück in europäischer Geschichte,<br />
Kirchengeschichte, Sozialgeschichte der Städte. Ein Eintauchen in<br />
die Philosophie des Pilgerns war es allemal, eine Begegnung mit<br />
Orten, Landschaften <strong>und</strong> Menschen, die ich als "normaler" Tourist so<br />
niemals gehabt hätte. Würde ich das noch mal machen? In jedem<br />
Fall, aber anders, mit mehr Zeit, mehr zu Fuß als das diesmal möglich<br />
war. Manchmal würde ich einige Stationen nicht mehr anlaufen,<br />
insgesamt würde ich einen anderen Weg wählen.<br />
Ursprünglich hatte ich ja gedacht, Ottos Heer habe, wie andere<br />
Kaiserzüge auch, die Frankenstraße von Anfang an gewählt, über Köln<br />
den Rhein rauf, Lausanne, den St. Bernardpass, das Aosta-Tal hindurch<br />
<strong>und</strong> dann ab Pavia die Strecke, die wir auch gezogen sind. Aber Karin,<br />
die die meisten Recherchen gemacht hat, fand dann den Weg durchs<br />
Etschtal als authentische Otto-Route heraus.<br />
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