magazin 02/2007 - St. Peter-Ording
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Der richtige Schliff<br />
Wir staunen nicht schlecht, dass<br />
Bernstein mit Schleifpapier bearbeitet<br />
werden kann. Boy Jöns, Betreiber<br />
des Bernsteinmuseums in <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong>-<br />
<strong>Ording</strong>, liefert die Erklärung: „Der<br />
Härtegrad von 2,5 ähnelt unserem<br />
Fingernagel; er lässt sich bestens in<br />
Form bringen.“ Wir verstehen.<br />
Unsere Gruppe von sechs Teilnehmern<br />
freut sich auf einen zweistündigen Bearbeitungskurs<br />
– und auf die entstehenden<br />
individuellen Schmuckstücke.<br />
Ringe, Anhänger, Broschen, Colliers:<br />
Alles ist möglich. Boy Jöns berät uns,<br />
welcher <strong>St</strong>ein zu welchem Anhänger<br />
oder zu welcher Fassung passt. Nach<br />
einer kurzweiligen Einführung in die<br />
Technik suchen sich alle „Künstler“ aus<br />
dem riesigen Fundus der Schleiferei die<br />
<strong>St</strong>eine aus, die sie bearbeiten wollen.<br />
Kaum zu glauben, wie viele Farben<br />
Bernstein haben kann. Bernsteinschleifer<br />
<strong>Peter</strong> Bossel zählt mühelos auf, dass<br />
die Natur neben dem bekannten bräunlichen<br />
Cognac-Ton auch grünliche,<br />
schwarze, sogar bläuliche und weiße<br />
Färbungen hervorbringt. Das seltene<br />
Weiß forme sich aus Millionen Luftbläschen,<br />
die im Harz eingeschlossen wurden.<br />
In der einen Hand den leichten,<br />
warmen <strong>St</strong>ein, in der anderen das<br />
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Schleifpapier, wollen wir sofort losschmirgeln.<br />
Aber <strong>Peter</strong> Bossel mahnt<br />
lächelnd, die Natur des <strong>St</strong>eines zu<br />
berücksichtigen: „Für mich ist der Bernstein<br />
kein <strong>St</strong>ein, sondern ein Lebewesen.<br />
Er erzählt die Geschichte seiner<br />
Herkunft. Auch die Ungleichmäßigkeit<br />
eines <strong>St</strong>eines macht seinen Charme<br />
aus.“<br />
Wenig später sind nur noch die Schleifgeräusche<br />
zu hören. Es staubt ein<br />
wenig. Aber <strong>Peter</strong> Bossel beruhigt:<br />
„Keine Sorge, Bernstein gilt als Heilstein<br />
und auch sein Pulver spielt seit<br />
Jahrhunderten eine große Rolle in der<br />
Medizin.“<br />
Als das Gespräch auf die Bernsteinsuche<br />
kommt, wird es lebhaft. Jeder kennt<br />
das angestrengte „Nachuntengucken“<br />
auf <strong>St</strong>randspaziergängen. Ehepaar Reimer<br />
aus Kiel weiß ein bewährtes<br />
SCHMUCKSTEIN<br />
Bernstein zählt zu den ältesten Schmuckund<br />
Heilsteinen der Welt. Die Bezeichnung<br />
Bernstein leitet sich vom mittelniederdeutschen<br />
„bernen“ (brennen) ab und ist auf<br />
die auffällige Brennbarkeit des <strong>St</strong>eins<br />
zurückzuführen. Der meist gelbe bis rotbraune<br />
Schmuckstein besteht aus Harz,<br />
das vor Jahrmillionen aus den Wunden von<br />
Nadelhölzern ausgetreten und im Laufe der<br />
Epochen ausgehärtet ist.<br />
<strong>Peter</strong> Bossel zeigt, wie Bernstein zu<br />
Schmuck verarbeitet wird.<br />
Gegenmittel: „Wir lassen anschließend<br />
immer Drachen steigen. Die Kopfhaltung<br />
gleicht sich dann wieder aus!“<br />
Mittlerweile arbeiten wir mit feuchtem<br />
Schmirgelpapier, um den Abrieb zu<br />
erhöhen.<br />
Es ist faszinierend, wie die <strong>St</strong>eine durch<br />
den Schliff immer neue „innere Werte“<br />
freigeben und welchen Glanz sie entwickeln.<br />
Zum Schluss wird poliert. Mit<br />
Zahnpasta! Fertig. <strong>St</strong>olz betrachten wir<br />
unsere Werke. Frau Maurer aus Frankfurt<br />
würde am liebsten gleich noch<br />
einen <strong>St</strong>ein bearbeiten: „Es macht so<br />
viel Spaß. Man mag gar nicht aufhören.“<br />
Wie wahr! Offenbar sind wir alle<br />
rettungslos der viel beschworenen<br />
Anziehung des <strong>St</strong>eins erlegen. UB<br />
Zum Thema<br />
Nordsee Bernsteinmuseum<br />
Dorfstraße 15, 25826 <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong>-<strong>Ording</strong>,<br />
Telefon 04863–5611<br />
Kurse für Erwachsene: ganzjährig – von<br />
März bis Oktober jeden Donnerstag ab<br />
11 Uhr, sonst nach Absprache.<br />
Preise: Materialkosten ab 10 Euro,<br />
abhängig von der Auswahl des zu bearbeitenden<br />
<strong>St</strong>eines und der Weiterverarbeitung.<br />
Die Schmuckstücke können<br />
nach dem Kurs mitgenommen oder am<br />
nächsten Tag abgeholt werden.<br />
Kinderschleifkurse: nur in den Hauptferienzeiten<br />
– mittwochs, 9.30 Uhr,<br />
Materialkosten 6 Euro.<br />
Fotos: Ute Barkow, photocase