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Innovation – West und Ost<br />
Erwartungsdruck auf Grossprojekte<br />
Auch niederländische Experten arbeiten an neuen Landwirtschaftskonzepten.<br />
Die knappen Agrarflächen im kleinen Land<br />
zwangen schon früh, die Produktivität zu erhöhen. Doch nicht<br />
immer ist man erfolgreich: So scheiterten Projekte mit urbaner<br />
Tierhaltung am Widerstand der Bevölkerung. Auch die im<br />
Rahmen der CO2-freien Musterstadt Dongtang geplante riesige<br />
Agrofabrik «Greenparc Shanghai» in China wird nur zum<br />
Teil umgesetzt. Madeleine van Mansfeld von der Universität<br />
Wageningen sagt: «Aus dem Scheitern haben wir gelernt.<br />
So arbeiten wir nun nur noch mit Schlüsselinvestoren und -akteuren<br />
zusammen, die im Landwirtschaftsbereich Erfahrung<br />
haben.» Anlagen, in denen verschiedene landwirtschaftliche<br />
Bereiche der Produktion, der Verarbeitung und der Logistik<br />
zusammengezogen werden, würden momentan für Indien,<br />
China, Mexiko und Afrika entwickelt.<br />
Stadtentwicklung integriert Landwirtschaft<br />
Erfolge einer ganz anderen Art der urbanen Landwirtschaft<br />
verbucht die RUAF Foundation. Direktor Henk van Zeeuw<br />
sitzt in den Niederlanden. In sieben Zentren in Entwicklungsländern<br />
werden Projekte angestossen, betreut und in finanzielle<br />
Unabhängigkeit entlassen. In Kooperation mit öffentlichen<br />
Verwaltungen und anderen Akteuren will man für ärmere<br />
Bevölkerungsgruppen den Zugang zu Nahrungsmitteln verbessern.<br />
«Das Interesse daran, urbane Landwirtschaft in die<br />
Stadtentwicklung zu integrieren, wächst rapide. Nicht nur,<br />
weil nach der Wirtschafts- und Finanzkrise Lebensmittel<br />
immer teurer wurden. Man erkennt die Multifunktionalität<br />
urbaner Landwirtschaft», so de Zeeuw. Sie kann unter anderem<br />
einen Beitrag zu Abfallmanagement, Katastrophenschutz,<br />
Biodiversität und zur Verbesserung des sozialen Gefüges leisten.<br />
Somit wird sie zu einem entscheidenden Aspekt moderner<br />
Strategien «grüner Infrastruktur».<br />
Lebensqualität steigern<br />
In der Schweiz ist der Druck gering – doch längst hat man erkannt,<br />
dass urbane Landwirtschaft einen Beitrag zur Lebensqualität<br />
leisten kann. Dieser wird momentan durch die vom<br />
Schweizer Forschungsfonds SNF geförderte «Food Urbanism<br />
Initiative» ausgelotet. In einem ersten Schritt wurde eine Bevölkerungsumfrage<br />
in Lausanne durchgeführt. Eine klare<br />
Mehrheit wünschte sich in der Stadt Pflanzen eher zu Dekorationszwecken,<br />
doch die meisten stehen urbaner Landwirtschaft<br />
positiv gegenüber. Nun erarbeiten die Experten, wie in<br />
der Schweiz konkret Lebensmittelproduktion in die Stadt integriert<br />
werden könnte.<br />
In Basel macht das Jungunternehmen «UrbanFarmers» derweil<br />
einen Anfang. Auf dem Dach des Lok-Depots der Christoph-<br />
Merian-Stiftung werden vielleicht bald Fische und Gemüsesorten<br />
produziert. Und die Pilotanlage mit geschlossenem<br />
Nährstoffkreislauf soll Schule machen: Weitere Dachfarm-<br />
Projekte sind in Planung.<br />
Eine komplette Selbstversorgung der Städte sei schlicht unmöglich,<br />
sagt RUAF-Direktor de Zeeuw. Doch realistischerweise<br />
könnte eines Tages bis zu einem Viertel der Nahrung der<br />
Städter aus urbaner Landwirtschaft stammen.<br />
28 Sarasin Nachhaltigkeitsbericht 2011