Touristische Geschichten
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Hauptstadt Konstantinopel vertriebenen Herrschern des verkleinerten ost-römischen, also des<br />
Byzantinischen Reiches. Dessen Kaiser, Michael Paläologos, suchte seinerseits Verbündete, um<br />
den Franken und Venezianern das wieder zu entreißen, was diese Byzanz abgenommen hatten,<br />
nämlich Konstantinopel, Griechenland und die Inseln der Ägäis. 1271 stellte sich daher der<br />
abtrünnige West-Römer Licario in den Dienst der Ost-Römer und erhielt dafür vom Kaiser eine<br />
Söldnertruppe, mit der er im Süden Euböas zunächst Karystos eroberte. Zum Dank für diesen<br />
ersten Streich gegen die Franken erhielt Licario nominell die ganze Insel Euböa als kaiserliches<br />
Lehen, musste sich jedoch verpflichten, mit seinen Söldnern dem byzantinischen Kaiser weiterhin<br />
zu Diensten zu sein. Licario kam dieser Verpflichtung nur allzu gerne nach, eroberte nacheinander<br />
die Sporaden-Inseln Skyros, Skopelos und Skiathos und brachte auch, von Halkida (Negroponte)<br />
abgesehen, ganz Euböa in seine Gewalt. Negroponte belagerte und bedrohte Licario mit<br />
Hilfe eben der Türme und Burgen, die die Venezianer und Franken selber erst kurz zuvor zum<br />
Schutz ihrer wichtigen Handelsstadt am Egripos errichtet hatten. Der Burg von Phylla, die die<br />
ganze Region weithin beherrschte, fiel bei dieser Belagerung ganz natürlich eine zentrale Rolle zu.<br />
Die Herrscher von Halkida widersetzten sich jedoch der Belagerung Licarios, und so kam es 1279<br />
zur Schlacht von Vatonda, einem kleinen Ort wenige Kilometer nördlich von Halkida. Die<br />
Schlacht vor den Mauern der umstrittenen Stadt endete mit der Niederlage der Franken. Ihre<br />
Anführer, Giberto da Verona, ein Bruder von Felisa della Carceri-Licario, und Jean de la Roche,<br />
der Herzog von Athen-Theben, der seinen fränkischen Landsleuten zu Hilfe geeilt war, konnten<br />
von Licarios Söldnertruppe gefangen genommen werden. Ganz überraschend jedoch verzichtete<br />
Licario darauf, Halkida sofort in Besitz zu nehmen, sondern er entschied sich, mit seinen Soldaten<br />
und mit den adeligen Gefangenen nach Konstantinopel zu ziehen, wohin sein byzantinischer<br />
Kaiser inzwischen seine Residenz wieder hatte verlegen können. Der Kaiser erhob Licario in Anerkennung<br />
seiner Verdienste in den Rang des „Megas Dux“, also des Befehlshabers über alle<br />
lateinischen Söldner des Reiches. Diese Beförderung ist die letzte Information, die über Licario<br />
erhalten ist. Wahrscheinlich ist er, ähnlich wie die beiden von ihm vor Halkida besiegten fränkischen<br />
Herzöge, sehr bald danach in Konstantinopel eines natürlichen Todes gestorben. Wir<br />
wissen nur, dass es nicht mehr dazu gekommen ist, dass Licario die ihm rechtmäßig zustehende<br />
Herrschaft über seine Heimatinsel Euböa und ihre Hauptstadt antreten konnte. Stattdessen<br />
gelang es Venedig wieder, seine Stellung in Negroponte (Halkida) und schließlich auf ganz Euböa<br />
auszubauen und auch die fränkischen Dreiherren ganz in seine Abhängigkeit zu zwingen. Die<br />
neuen Herren, denen Venedig sich schließlich beugen musste, waren nicht Licario und seine<br />
Mannen, sondern die osmanischen Türken, und zwar erst im Jahre 1470.<br />
(Schöne Ausblicke, schlechte Aussichten)<br />
Die steile, enge und kurvenreiche Straße hinauf zur Burg von Phylla, von der aus Licario mit<br />
seinen Söldnern Halkida bedrohte, kann, vorsichtig, mit jedem noch so kleinen Auto bewältigt<br />
werden. Schwierig ist es allein, die Auffahrt zu finden. Im Ort Phylla selber zweigt, wenn man von<br />
Vasiliko kommt, von der Hauptstraße nach rechts (nach Süden) eine enge Nebenstrecke zum<br />
Kloster „Agios Georgios Arma“ ab. Am Abzweig weist ein kleines Schild auf dieses religiöse Ziel<br />
hin. Folgt man dieser Route, so kommt man nach ca. 400 m am Ortsausgang zum Friedhof von<br />
Phylla, und genau dort, und zwar oberhalb der linken Friedhofsmauer beginnt die kleine Bergstraße<br />
hinauf zur Burg. In den wenigen Führern, die es über Euböa gibt, wird die Burg von<br />
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